Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.12.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1962 geborene Kläger erlernte von Anfang September 1979 bis Ende Januar 1983 den Beruf des Industriekaufmanns. Von Anfang März 1983 - mit Unterbrechungen durch Zeiten der Arbeitslosig- und Arbeitsunfähigkeit - bis Ende November 2014 war er seinen Angaben nach (s. S. M3 ÄT-VerwA) sozialversicherungspflichtig als Kaufmännischer Angestellter bzw. als Verwaltungsangestellter respektive als Call-Center Agent tätig. Seither ist er arbeitsunfähig bzw. arbeitsuchend.
Am 18.05.2017 (s. S. 16, 17 VerwA) beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog ärztliche Unterlagen bei und holte das Gutachten des T vom 21.12.2017 ein, der nach Untersuchung (Mitte Dezember 2017) eine rezidivierende depressive Störung - gegenwärtig mittelgradige Episode -, eine soziale Phobie und Anzeichen einer diabetischen Polyneuropathie diagnostizierte (psychischer Befund: Gesprächsführung durchgängig flüssig; in allen Qualitäten gut orientiert; keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen; keine Wahnwahrnehmungen oder Wahninhalte der Gedanken; kein Anhalt für eine endogene Psychose i.S. einer wahnhaften Depression oder Schizophrenie; überwiegend jovial, freundlich zugewandt, sehr kooperativ; nur beim Thema Verlustangst, speziell der Tod des Vaters, weinen; keine Anhaltspunkte für kognitive Defizite oder gar eine hirnorganische Beeinträchtigung; neurologischer Befund: Hirnnervenstatus altersentsprechend regelgerecht; keine Muskelatrophien; keine zentralen oder peripheren Paresen; sämtliche MER symmetrisch mittellebhaft; keine Pyramidenbahnzeichen; keine radikulären Sensibilitätsstörungen; Normpallästhesie; Koordination, Feinmotorik, Stand- und Gangproben unauffällig; keine akute Denervierung der Kennmuskeln L5 links; s. zum Vorstehenden S. 5 des Gutachtens). Die Erwerbsfähigkeit erscheine aktuell erheblich gefährdet, es solle daher eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt werden. Nach einer solchen Behandlung bestünden berechtigte Aussichten, dass der Kläger wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen könne. In Ansehung dessen schätzte T das zeitliche Leistungsvermögen für mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung auf sechs Stunden und mehr täglich ein (s. S. 8 des Gutachtens).
Gestützt darauf und nach sozialmedizinischer Beurteilung der D lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 05.02.2018 ab. Während des anschließenden Widerspruchsverfahrens nahm der Kläger auf Kosten der Beklagten von Mitte Juni bis Mitte Juli 2018 an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik S - Psychosomatik - in B teil, aus der er ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 23.07.2018 mit einem Leistungsvermögen von unter drei Stunden täglich entlassen wurde (Diagnosen: rezidivierende depressive Störung - gegenwärtig mittelgradige Episode -, Zustand nach mehreren Bandscheibenvorfällen und Operation L5/S1, Innen- und Außenmeniskusriss beidseits, Periarthritis humeroscapularis - PHS - links, Diabetes mellitus Typ II). Die Beklagte holte sodann das Gutachten vom 11.12.2018 bei D ein. Diese gelangte nach Untersuchung Anfang Dezember 2018 zu folgenden Diagnosen: Angst und depressive Störung gemischt, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, selbstverletzendes Verhalten („Ritzen“). Die Lebensführung des Klägers sei nicht beeinträchtigt (namentlich: stundenlanges Sitzen am Laptop, Haushalt machen, einkaufen), eine depressive Störung mit mittelgradiger Episode bestehe auch auf der Grundlage des klinischen Befunds (bewusstseinsklar, zu allen Qualitäten orientiert, Gedankengang inhaltlich und formal unauffällig, keine Hinweise auf eine Psychose, keine Anhaltspunkte für ein höhergradiges Psychosyndrom, Grundstimmung lediglich moros verstimmt und sehr klagsam, affektive Schwingungsfähigkeit, Antrieb und Psychomotorik unauffällig, keine Agitation oder Hemmung, Mimik unauffällig, s. S. 7 f. des Gutachtens) sicherlich nicht. Auch körperlich hätten sich keine wesentlichen Beeinträchtigungen ergeben (vgl. Gutachten a.a.O.). Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Darauf gestützt wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2019 als unbegründet zurück, da eine Erwerbsminderung in Ermangelung einer zeitlichen Leistungseinschränkung nicht vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 19.02.2019 beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben und sein Begehren auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf den Entlassungsbericht der Ärzte in B sowie auf die Einschätzung seiner behandelnden Psychiaterin verwiesen. Auch der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit G habe ein Leistungsvermögen von unter drei Stunden angenommen (s. dazu die sozialmedizinische Stellungnahme ohne Untersuchung des J vom 13.08.2018, unblattiert ÄT-VerwA).
Das SG hat die S1 (Psychiatrische Institutsambulanz des Klinikums C G) schriftlich als sachverständige Zeugin gehört (s. Auskunft vom 11.06.2019, Bl. 21 f. SG-Akte nebst Anlagen), die ausgehend von einer rezidivierenden depressiven Störung - aktuell mittelgradige Episode - von einem Leistungsvermögen nicht über drei Stunden täglich ausgegangen ist.
Nach sozialmedizinischer Stellungnahme durch die Beratungsärztin der Beklagten, D1 (Bl. 45 SG-Akte), hat das SG von Amts wegen das Sachverständigengutachten des E vom 17.01.2020 eingeholt, der den Kläger am selben Tag untersucht hat. Der Sachverständige hat psychiatrischerseits eine Depression und Angst gemischt, eine Anpassungsstörung sowie den Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung (emotional instabile Persönlichkeit) diagnostiziert und auf inkonsistente Beschwerdeangaben hingewiesen. Von neurologischer Seite bestünden keine relevanten Störungen. Der Kläger könne noch sechs Stunden und mehr täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten, wobei Tätigkeiten unter starkem Zeitdruck sowie Schichtarbeit zu vermeiden seien. Die Leistungseinschätzung der S1 sei nicht nachvollziehbar, zumal sie selbst Kompensationsmöglichkeiten des Klägers in Gestalt der Hobbypflege (u.a. langjähriges Fotografieren, teilweise gegen Honorar, s. Bl. 60 SG-Akte) sowie des positiven Erlebens durch zwischenmenschliche Begegnungen bestätigt, aber nicht gewürdigt habe.
Mit Urteil vom 16.12.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass der Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch in der Lage sei, täglich sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Dabei hat es sich im Wesentlichen auf das Sachverständigengutachten gestützt und unter Darstellung des von E erhobenen klinischen Befunds sowie der ihm gegenüber vom Kläger geschilderten Alltagsaktivitäten im Einzelnen begründet, dass die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen überzeugt, nicht hingegen die Leistungseinschätzung der S1 und die der Ärzte in B.
Gegen das - seinen Prozessbevollmächtigten am 30.01.2021 zugestellte - Urteil hat der Kläger am 26.02.2021 Berufung eingelegt. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, E habe keine Begründungen geliefert und den „Längsschnitt“ seiner Erkrankungen nicht gewürdigt. Außerdem seien aus seiner Tagesgestaltung unzutreffende Schlüsse gezogen worden und sein psychischer Gesundheitszustand habe sich seit der Begutachtung verschlechtert, seine Konzentrationsfähigkeit sei „gleich null“, er sei vergesslich, brauche auch tagsüber Schlaf und verletze sich wieder vermehrt selbst. Die Einschätzung der S1 stütze sein Begehren, zumal sie auch eine Dissimulationsneigung beschrieben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 16.12.2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 05.02.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zumindest auf Zeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Der Senat hat S1 schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Diese hat mitgeteilt (Auskunft vom 24.08.2021), dass der Gesundheitszustand des Klägers seit ihrer Auskunft gegenüber dem SG im Wesentlichen gleichgeblieben ist.
Zuletzt hat die Klägerseite die „ärztliche Stellungnahme“ der S1 vom 18.11.2021 vorgelegt, in der sie ihre Leistungseinschätzung wiederholt hat - wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme (Bl. 60 Senats-Akte) Bezug genommen - und geltend gemacht, dass es beim Kläger zu panikartigen Zuständen komme, wenn es um das „Thema Beschäftigung“ gehe, sowie dass der Kläger sich weiterhin in Stresssituationen selbst ritze.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung des Klägers nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 05.02.2018 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 28.01.2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger ist im Sinne der maßgeblichen gesetzlichen Regelungen weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Ihm steht daher keine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Das SG hat die rechtlichen Grundlagen des geltend gemachten Anspruchs auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) zutreffend dargelegt und gestützt auf das Sachverständigengutachten des E mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass der Kläger diese Voraussetzungen nicht erfüllt, weil er trotz der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Tätigkeiten bei Berücksichtigung der vom Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen zumindest sechs Stunden täglich zu verrichten, und mit diesem Leistungsvermögen weder volle noch teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Ebenso zutreffend hat es dargelegt, dass und warum der entgegenstehenden Einschätzung der behandelnden S1 und der Ärzte in B nicht gefolgt werden kann. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Zu einer anderen Einschätzung gelangt der Senat auch nicht nach der im Berufungsverfahren durchgeführten weiteren medizinischen Sachaufklärung.
Die vom Kläger behauptete Verschlimmerung seines psychiatrischen Gesundheitszustands hat sich gerade nicht bestätigt, was der Senat auf die Auskunft der S1 vom 24.08.2021 stützt. Auch aus ihrer „ärztlichen Stellungnahme“ vom 18.11.2021 lässt sich nichts dergleichen ableiten, weil sie schon keinen entsprechenden klinischen Befund - und nicht einmal eine erneute Untersuchung des Klägers (zumal auch in der Vergangenheit teilweise auch lediglich telefonische Kontakte stattfanden, s. Auskunft gegenüber dem Senat) - mitgeteilt, sondern im Wesentlichen ihre Einschätzung (aus ihrer Auskunft gegenüber dem SG) wiederholt und die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers wiedergegeben hat. Dass und warum ihre Leistungseinschätzung in ihrer Auskunft gegenüber dem SG nicht geeignet ist, eine zeitliche Leistungsminderung zu begründen, hat bereits D in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.10.2019 (Bl. 45 SG-Akte, die als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar ist) dargelegt und im Einzelnen begründet. Insbesondere hat sie zu Recht darauf hingewiesen, dass S1 im Wesentlichen die subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers zu Grunde gelegt hat, ohne diese - auch in Ansehung der vom Kläger selbst geschilderten noch möglichen Alltagsaktivitäten (Ausflüge mit Kindern, Fotografieren) - kritisch zu hinterfragen und einer Konsistenz- und Plausibilitätsüberprüfung zu unterziehen. Der Senat nimmt darauf Bezug und macht sich die Ausführungen in der Stellungnahme der D zu eigen. Auch der Sachverständige hat diese Einwände aufgenommen und bestätigt (s. Bl. 72 SG-Akte).
Unabhängig davon ist die Leistungseinschätzung der S1 durch das Gutachten der D (im Wege des Urkundenbeweises verwertbar) und das Sachverständigengutachten des E - der die Einschätzung der D bestätigt hat - widerlegt, und weder die Auskunft der S1 gegenüber dem Senat, noch ihre „ärztliche Stellungnahme“ vom 18.11.2021 sind - weil eine seitherige wesentliche Verschlimmerung gerade nicht vorliegt (s.o.) - geeignet, die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen und die der Gutachterin zu erschüttern.
Auf der Grundlage des sowohl von D (s. dazu oben im Tatbestand) als auch von E (s. dazu die Darstellung im angefochtenen Urteil) jeweils erhobenen klinischen Befunds lassen sich - worauf beide in ihren Gutachten überzeugend hingewiesen haben - nicht einmal mittelgradige seelische Funktionsdefizite ableiten und erst recht keine höhergradigen mit Auswirkung auf das zeitliche Leistungsvermögen. Daran ändert es auch nichts, dass sie die beim Kläger bestehenden psychiatrischen Gesundheitsstörungen teilweise abweichend diagnostisch bezeichnet haben. Denn im Rahmen der Prüfung von Erwerbsminderung kommt es nicht entscheidend auf eine bestimmte Diagnosestellung, die Art oder Anzahl von Diagnosen oder auf die Bezeichnung von Befunden an, sondern auf die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen (Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 28.02.2017, B 13 R 37/16 BH, in juris), also auf die durch die Gesundheitsstörungen verursachten funktionellen Beeinträchtigungen, sodass auch die Ursachen der Gesundheitsstörung nicht maßgeblich sind (BSG, a.a.O.). Derartige Funktionsstörungen anhand objektiv-klinischer Befunde, die geeignet wären, eine rentenrechtlich relevante zeitliche Leistungseinschränkung zu begründen, haben weder D noch der Sachverständige zu erheben vermocht. Nämliches gilt im Übrigen auch hinsichtlich T (dessen Gutachten ebenfalls urkundbeweislich verwertbar ist). Auch er hat nur einen leichtgradig auffälligen psychischen Befund erhoben (s. oben im Tatbestand) - obgleich er in nicht nachvollziehbarer Weise die Diagnose einer mittelgradigen Störung gestellt hat -, der ebenfalls (darauf hat D bereits in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme im Verwaltungsverfahren zutreffend aufmerksam gemacht) nicht geeignet ist, eine zeitliche Leistungslimitierung zu begründen.
Soweit die Klägerseite gemeint hat, E habe keine Begründungen geliefert, ist dies unzutreffend. Er hat (wie bereits D und zuvor T) einen klinischen Befund erhoben und daraus sowie aus den ihm vom Kläger geschilderten noch möglichen Alltagsaktivitäten (s. im Einzelnen Bl. 59 f. SG-Akte) und unter Berücksichtigung der Beschwerdeangaben des Klägers - soweit er diese zu objektivieren oder jedenfalls zu plausibilisieren vermocht hat - eine in jeder Hinsicht schlüssige und nachvollziehbare Leistungsbeurteilung abgeleitet und begründet. Unabhängig davon übersieht die Klägerseite, dass es auch bei einem „Hinwegdenken“ des Gutachtens des E bei der befundgestützten und ebenfalls in jeder Hinsicht überzeugenden Leistungseinschätzung der D in ihrem Gutachten verbliebe.
Die vom Kläger im Rechtsmittelverfahren geklagten weiteren Beschwerden, namentlich die behaupteten Konzentrationsstörungen, hat keiner der Gutachter zu objektivieren vermocht (s. insbesondere auch E: kein Nachlassen der Aufmerksamkeit und Konzentration während der etwa zweistündigen Anamneseerhebung, Bl. 62 SG-Akte) und E hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass und warum die angegebenen Beschwerden (auch in Ansehung des Validierungstests) nicht konsistent und nicht mit dem klinischen Befund in Einklang zu bringen sind (s. Bl. 63 f., 67 SG-Akte). Auch darauf hat bereits D hingewiesen. Die Selbsteinschätzung des Klägers ist mithin nicht geeignet, die Leistungsbeurteilung des E und die der D in Frage zu stellen.
Soweit der Kläger sich auf eine Dissimulationsneigung berufen hat, ist das Gegenteil der Fall. Er hat vielmehr Störungen geltend gemacht, die widerlegt sind und auch eine Verschlimmerung behauptet, die - entsprechend den obigen Ausführungen - nicht vorliegt. Unabhängig davon ändert sein diesbezügliches Vorbringen auch nichts an den namentlich von D und E erhobenen klinischen Befunden. Nämliches gilt, soweit er gemeint hat, der „Längsschnitt“ seiner Störungen sei nicht berücksichtigt worden. Eine Relevanz erschließt sich bereits deshalb nicht, weil weder T, noch D noch der Sachverständige E - in einem Zeitraum von rund drei Jahren - Befunde erhoben haben, die über leichtgradige seelische Anomalien hinausgehen. Nur am Rande merkt der Senat an, dass die Einschätzung der Ärzte in B dem bereits deshalb nicht entgegensteht, weil T vor der Rehabilitationsmaßnahme klinisch einen lediglich leichtgradig auffälligen Befund beschrieb (s.o.) und D wenige Monate nach der Rehabilitationsmaßnahme ebenso. Höhergradige überdauernde seelische Funktionsstörungen lassen sich damit aus dem Reha-Entlassungsbericht gerade nicht ableiten, zumal der Kläger ausweislich des Entlassungsberichts auch mit einer (wenn auch nur leichten) Befundverbesserung entlassen wurde; auch darauf hat D zutreffend hingewiesen.
In Ansehung all dessen ändert auch die Stellungnahme des J vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit G vom 13.08.2018 nichts. Auch dessen Einschätzung einer zeitlichen Leistungsminderung ist durch das Gutachten der D und das Gutachten des Sachverständigen E widerlegt. Ohnehin hat J den Kläger ausweislich seiner Stellungnahme nicht untersucht und auch er hat seiner Beurteilung im Wesentlichen allein die subjektiven Angaben des Klägers zu Grunde gelegt.
Die beim Kläger bestehenden somatischen Leiden - insoweit wird auf die entsprechende Darstellung im Tatbestand verwiesen - begründen ebenfalls keine zeitliche Leistungslimitierung, nachdem keiner der Gutachter in körperlicher Hinsicht wesentliche Auffälligkeiten hat finden können. Gegenteiliges hat auch der Kläger nicht dargetan, sondern seine seelischen Leiden ganz in den Vordergrund gestellt.
Unter Zugrundelegung all dessen steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Kläger noch in der Lage ist, jedenfalls leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung der oben genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, sodass er nicht erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 3 Halbsatz 1 SGB VI). Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 Halbsatz 2 SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Dass und warum die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit vorliegend nicht erforderlich ist, hat das SG zutreffend dargelegt, darauf wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 777/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 768/21
Datum
3. Instanz
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Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Rechtskraft
Aus
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