1. Der Bescheid der Beklagten vom 07.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2016 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Klägerin zur Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen wegen einer Beschäftigung der Beigeladenen 1 im Streit.
Im Zeitraum vom 10.12.2013 bis zum 02.10.2015 unterzog die Beklagte die Klägerin wegen des von ihr betriebenen Theaters bezüglich des Zeitraums vom 01.01.2006 bis 31.12.2013 einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV. Die Beigeladene 1 war in der Spielzeit 2007/2008 als Schauspielerin für die Produktion „Ulrike Maria Stuart“ engagiert. Der Tätigkeit der Beigeladenen 1 lag der am 01.06.2007 geschlossene „Gastvertrag“ zu Grunde.
Nach § 2 (Termine) war ein Probenzeitraum vom 02.04.2007 bis 17.07.2007 (Vorproben) und vom 10.09.2007 bis zum 05.10.2007 vereinbart. Als Premiere war der 05.10.2007, 20:00 Uhr festgelegt. Weitere Aufführungen waren für den 11.10., 16.10, 17.10, 24.10 und 01.11.2007, jeweils 20:00 Uhr vorgesehen. Es wurden acht Vorstellungen garantiert. Nach § 2 kann sich der Premierentermin - soweit erforderlich - um einige Tage verschieben. Verschiebt sich dadurch auch der Probenbeginn, informiert nach § 2 die Bühne den Gast so früh wie möglich. § 2 sieht weiter vor, dass weitere Vorstellungen gemäß Absprache mit dem künstlerischen Betriebsbüro stattfinden. Bindend ist der monatliche Gästebrief.
§ 3 regelt „Vergütung, Reise- und Nebenkosten“. Danach erhält der Gast von der Bühne für die Vorstellungen eine Vergütung von 340 €, für die Proben eine Vergütungspauschale von 3.000 € monatlich, für die Probenzeiträume und die Vorstellungen im Oktober 2007 übernimmt das Theater die Monatskarte für die Bahnfahrt gegen Beleg, zu den weiteren Vorstellungen übernimmt das Theater die Fahrten gegen Beleg, die Hälfte der Kosten für eine BahnCard 50, Übernachtungskosten zu den Vorstellungen bei Bedarf. Alle weiteren Kosten sind durch das Honorar abgegolten. Nach § 3 Nr. 2 S. 1 sind Urlaubsansprüche mit 6,67% des Bruttohonorars berücksichtigt und darin enthalten. Der Berechnung der Urlaubsabfindung liegen die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes zu Grunde (§ 3 S. 2).
§ 4 regelt die „Leistungspflichten des Gastes“. Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nach § 4 Nr. 1 auch auf Ensembledarbietungen der Bühne im In- und Ausland sowie auf Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger und auf Direktwiedergaben, auch im Rundfunk (insbesondere Hörfunk und Fernsehen). Nach § 4 Nr. 2 ist der Gast außerdem verpflichtet, sich über Beginn und Ort von Aufführungen und Proben bei der Bühne rechtzeitig zu unterrichten, allen Weisungen der Bühne nachzukommen, auch hinsichtlich Regie sowie Kostüm und Maske, mit gelernter Rolle/Partie zu den Proben zu erscheinen, an allen Proben teilzunehmen, die seine Anwesenheit erfordern, einschließlich Sonn-, Feiertags- und Umbesetzungsproben sowie Wiederaufnahmeproben, die von der Bühne festgelegte Applausordnung zu beachten, sich bei allen Aufführungen mindestens eine halbe Stunde vor Beginn des Aktes, in dem er aufzutreten hat, in seinem Ankleideraum einzufinden. Der Gast hat der Bühne für Werbe-/Informationszwecke ausreichend Bild- und Biografiematerial über seine Person zur Verfügung zu stellen (§ 4 Nr. 3).
Nach § 9 (Nebenbeschäftigung) ist der Gast grundsätzlich berechtigt, während und neben der Gasttätigkeit für die Bühne auch andere (Gast-) Tätigkeiten auszuüben (S. 1). Es muss jedoch gewährleistet sein, dass dadurch seine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Bühne nicht beeinträchtigt wird (§ 9 S. 2). Der Gast muss insbesondere die Bühne über seine anderweitigen Tätigkeiten stets rechtzeitig informieren (§ 9 S. 3).
§ 5 regelt die Fälle der Nichterfüllung. Nach § 5 Nr. 4 ist die Bühne, wenn eine angesetzte Probe/Aufführung aufgrund von höherer Gewalt oder aus anderen Gründen, z.B. betriebliche Störung, Streik, notwendige bauliche Maßnahmen, behördliche Anordnung, Theaterbrand, Stromausfall, Verbot durch den Autor oder Erkrankung im Ensemble, Niederlegung der Regie, nicht in der vorgesehenen Weise durchgeführt werden kann, nicht zur Nachholung verpflichtet (S. 1). Der Gast verliert seinen für die Aufführung bestehenden Honoraranspruch, wenn ihm die Absage 8 Werktage vor der geplanten Aufführung zugegangen ist (§ 5 Nr. 4 S. 2).
Mit Bescheid vom 07.10.2015 forderte die Beklagte von der Klägerin die Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschläge unter anderem auch wegen der Tätigkeit der Beigeladenen 1. Das BSG habe entschieden, dass gastspielverpflichtete Künstler, die in einem Ensemble mitwirkten und in den Betrieb des Theaters eingegliedert seien, nicht nur für den Probezeitraum und an den einzelnen Vorstellungstagen in einem abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stünden, sondern auch für die Zeit zwischen den einzelnen Aufführungen (Vorstellungstagen), wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung der Tätigkeit vom ersten Probetag bis zum letzten Vorstellungstag das Bild einer durchgehenden Beschäftigung ergebe und in den Zwischenzeiträumen eine Arbeitsverpflichtung nach Art einer Dienstbereitschaft bestehe. Dies habe zur Folge, dass die bezogenen Arbeitsentgelte (Gagen und gegebenenfalls Probepauschalen) nicht nur kalendertäglich auf den jeweiligen Tag des Auftritts zu beziehen, sondern gleichmäßig auf die Laufzeit des Vertragsverhältnisses zu verteilen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass neben dieser Beschäftigung noch weitere Beschäftigungen ausgeübt würden. Die Klägerin habe zu Unrecht die Vergütungen für die Aufführungen einzeln als tägliches Beschäftigungsverhältnis gemeldet. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei dadurch regelmäßig unzutreffender Weise eine Begrenzung des Arbeitsentgelts auf die anteilige tägliche Beitragsbemessungsgrenze erfolgt. Der Gastspielvertrag sehe eine Verpflichtung auch zur Mitwirkung an nicht datierten Ensembledarbietungen im In- und Ausland sowie bei Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger und Direktwiedergaben vor. Eine Beschränkung der Verfügbarkeit zur einseitigen Konkretisierung von Arbeitseinsätzen innerhalb der vereinbarten Probezeiten oder Aufführungszeiten etwa dergestalt, dass entsprechende Aufnahmetermine nur nach Rücksprache mit dem Gast und unter Berücksichtigung anderweitiger Verpflichtungen anberaumt werden dürften, ergebe sich aus den Verträgen nicht. Es bestehe eine grundsätzliche Arbeitsverpflichtung der Künstler auch in den Zwischenzeiträumen. Den einzelnen Vorstellungen hätten keine nur jeweils einen Tag umfassende Beschäftigungen zugrunde gelegen. Die Vorstellungen seien vielmehr in eine (zeitlich befristete) Dauerbeschäftigung eingebettet gewesen.
Zur Begründung des gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, entgegen der Annahme der Beklagten seien die Gastschauspieler während der proben- und aufführungsfreien Zeiträume ungebunden gewesen. Es habe keine durchgehende Beschäftigung vorgelegen. Die Forderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die auf der Berücksichtigung des gesamten Gastspielzeitraums einschließlich der Probentage beruhe, sei deshalb rechtswidrig.
Die Beklagte wies den Widerspruch jedoch mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2016 zurück. Die Regelungen der Termine in § 2 der „Gastverträge“ erfassten einen Gesamtzeitraum. Die verpflichteten Künstler müssten an allen Proben und Umbesetzungsproben nach dem Probenplan, der auch nicht vertraglich vereinbarte Daten beinhalte, teilnehmen. Sie müssten sich damit zur Verfügung halten. Auch die Umbesetzungsproben seien nicht vertraglich vorab geregelt. Auch daraus ergebe sich, dass sich die Künstler bereithalten müssten. Gleiches gelte im Falle einer Verschiebung von Proben. Zudem müssten die Künstler sich zur Mitwirkung bei Rundfunk- und Fernsehübertragungen sowie Aufzeichnungen bereithalten. Nach den Verträgen sei das Einverständnis der Künstler nicht erforderlich gewesen, wenn Proben bzw. Vorstellungstermine verschoben, neu angesetzt oder ausgefallen seien. Die Termine seien vielmehr mit den „Gästebriefen“ bindend vorgegeben worden und die Terminpriorität habe bei der Bühne gelegen. Für ein Dauerbeschäftigungsverhältnis spreche auch die in den „Gastverträgen“ vorgesehene Urlaubsabgeltung, die nur im Falle eines auf Dauer angelegten Beschäftigungsverhältnisses in Betracht komme. Für die Beurteilung der Tätigkeit als Dauerbeschäftigungsverhältnis sei unerheblich, dass die gastspielverpflichteten Künstler in den Zeiten zwischen den Aufführungen für andere Bühnen tätig werden könnten oder arbeitslos gemeldet seien. Zu Recht seien Säumniszuschläge gefordert worden, weil die Klägerin mit einem Bescheid vom 16.01.2006 darüber unterrichtet worden sei, dass gastspielverpflichtete Künstler nicht nur an den einzelnen Gastspiel- und Probentagen, sondern für die gesamte Dauer des Gastspielvertrags in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis stünden. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht verjährt, weil die Klägerin über die anzuwendende Verfahrensweise im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse unterrichte gewesen sei und deshalb Vorsatz vorgelegen habe, der der Anwendung der kurzen, vierjährigen Verjährungsfrist entgegenstehe.
Deswegen hat die Klägerin am 08.09.2016 Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass eine Verpflichtung zur Dienstbereitschaft zwischen den einzelnen Vorstellungen bestanden habe. Die Bühne habe über Termine nicht einseitig bestimmen können und die Gastkünstler hätten sich auch während der Zeiten zwischen den Vorstellungen nicht zur Verfügung halten müssen. Die Vorstellungstermine seien bereits bei Vertragsschluss konkret vereinbart gewesen. Weitere Vorstellungstermine neben den vertraglich fixierten und alle Änderungen und/oder Ergänzungen hätten nur „gemäß Absprache“, also einvernehmlich zwischen dem Theater und dem Gastkünstler vereinbart werden können. Wenn ein Gastkünstler zeitlich nicht frei gewesen sei, habe das Theater angedachte Vorstellungstermine wieder verwerfen oder auf andere Künstler ausweichen müssen. Im „Gastvertrag“ sei zwar vereinbart, dass der Premierentermin „um einige Tage“ habe verschoben werden können. Die vereinbarten Vorstellungstermine hätten aber nicht einseitig geändert werden können. Änderungen oder Ergänzungen der Termine hätten nur einvernehmlich zwischen dem Theater und den Gastkünstlern vereinbart werden können. Die in den „Gastverträgen“ erwähnten „Gastbriefe“ fixierten lediglich die terminlich vorab zwischen den Parteien getroffenen Absprachen. Einseitige Festlegungen beinhalteten sie nicht. Wenn das Theater zusätzlich zu den vereinbarten weitere Aufführungstermine geplant habe, hätten die „Gastschauspieler“ diese ablehnen können. Ohne vorherige Absprache habe ein weiterer Termin nicht festgelegt werden können. Eine Verpflichtung der Künstler zur Erreichbarkeit habe nicht bestanden. Auch die Regelung in § 5 Z. 4 zeige, dass die Künstler grundsätzlich über ihre Tätigkeitszeiten zwischen den Vorstellungsterminen frei hätten verfügen können. Die sich in § 4 findende Regelung bezüglich einer Mitwirkungspflicht bei Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger auch im Rundfunk beziehe sich auf Aufnahmen während der Proben und Aufführungen. Auch aus den Regelungen zur Nebenbeschäftigung in § 9 ergebe sich kein Hinweis auf ein zeitlich befristetes Dauerbeschäftigungsverhältnis. Es lasse sich vielmehr entnehmen, dass die Künstler ungebunden seien. Ausgenommen seien lediglich die vertraglichen Verpflichtungen, also die Zusage zu den vereinbarten und fixierten einzelnen Aufführungsterminen zur Verfügung zu stehen. Die Aufnahme von Nebenbeschäftigungen stehe nicht unter einem Zustimmungsvorbehalt des Theaters.
den Bescheid der Beklagten vom 07.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2016 aufzuheben.
die Klage abzuweisen.
Das Vorliegen einer Beschäftigung für den gesamten Zeitraum der Vorstellungen, also auch in den Zwischenzeiträumen, ergebe sich aus § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV. Voraussetzung für das Bestehen einer Beschäftigung sei lediglich die rechtliche Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses, nicht aber die kontinuierliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Sinne einer kurzfristig realisierbaren Dienstbereitschaft. Insoweit sei der Rechtsprechung des LSG Niedersachsen Bremen im Urteil vom 16.11.2016 - L 2 R 579/16 - zu folgen. Selbst wenn aber eine stete Verfügungsmacht Voraussetzung für das Vorliegen der Beschäftigung wäre, könnte eine durchgehende Beschäftigung nicht verneint werden. Diese habe nämlich zumindest im Sinne einer latenten Verfügungsbereitschaft für weitere Aufführungen während der jeweiligen Produktion vorgelegen. Die latente Verfügungsbereitschaft ergebe sich aus dem Ungleichgewicht der Stärke der Vertragsparteien, nämlich der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Künstlers und dessen Wunsch nach weiteren Engagements in der Produktion. Im Übrigen weise die in § 9 des „Gastvertrags“ enthaltene Verpflichtung, über eine anderweitige Tätigkeit stets rechtzeitig zu informieren, auf eine Dienstbereitschaft der Künstler auch zwischen den Terminen hin. Diese Verpflichtung diene einzig dem Zweck der Gewährleistung der Dispositionsfreiheit des Theaters. Aus dem „Gastvertrag“ folge, dass das Theater auch während der vertraglich nicht fixierten Zeiten über die Arbeitskraft der Künstler habe verfügen können.
Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten beigezogen. Im Termin zur Beweisaufnahme ist am 08.10.2020 die Zeugin O. vernommen worden. Mit Beschluss vom 02.11.2020 sind die streitgegenständlichen Beitragsforderungen, soweit sie nicht die Beigeladene 1 betreffen, abgetrennt worden.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und für die weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig. Sie ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben.
Nach § 28p Abs. 1 S. 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten oder ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle 4 Jahre. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insofern gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 98 Abs. 5 SGB X nicht (§ 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV). Danach war die Beklagte zwar zum Erlass eines Bescheids befugt. Die Beklagte hat jedoch die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zu Unrecht festgesetzt.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI und § 25 Abs. 1 SGB III unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, in der gesetzlichen Krankenversicherung, der Pflegeversicherung, der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung der Versicherungs- und Beitragspflicht. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Für eine Beschäftigung spricht die Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsabläufe des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV). Das Vorliegen einer Beschäftigung der Beigeladenen 1 ist zu Recht zwischen den Beteiligten wegen der für eine Beschäftigung sprechenden Merkmale der Tätigkeit auf der Grundlage des „Gastvertrags“ unstreitig. Damit bestand auch grundsätzlich Versicherungs- und Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Nach § 223 Abs. 1 SGB V sind Beiträge für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft in der Krankenversicherung zu zahlen, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt. Beitragspflichtige Einnahmen sind gemäß § 223 Abs. 3 S. 1 bis zu einem Betrag von einem Dreihundertsechzigstel der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 SGB V für den Kalendertag zu berücksichtigen (Beitragsbemessungsgrenze). Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, bleiben außer Ansatz, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt (§ 223 Abs. 3 S. 2 SGB V). Nach § 54 Abs. 2 SGB XI werden die Beiträge in der Pflegeversicherung nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55 SGB XI) erhoben. Die Beiträge sind für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 54 Abs. 2 S. 2 SGB XI). In der Pflegeversicherung sind beitragspflichtige Einnahmen bis zu einem Betrag von 1/360 der in § 6 Abs. 7 SGB V festgelegten Jahresarbeitsentgeltgrenze für den Kalendertag zu berücksichtigen (§ 55 Abs. 2 SGB XI). In der gesetzlichen Rentenversicherung werden Beiträge nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von der Beitragsbemessungsgrundlage erhoben, die nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (§ 157 SGB VI). Nach § 341 Abs. 3 SGB III sind in der Arbeitslosenversicherung Beitragsbemessungsgrundlage die beitragspflichtigen Einnahmen, die bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt werden. Beitragsbemessungsgrenze ist die Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (§ 341 Abs. 4 SGB III). Die Beklagte hat zu Unrecht die beitragspflichtigen Einnahmen der Beigeladenen 1 einem Beschäftigungszeitraum vom 01.10.2007 bis 18.01.2008 zugeordnet und hat dadurch die sich im Falle einer Verteilung der beitragspflichtigen Einnahmen auf die tatsächlichen Vorstellungstermine ergebende Überschreitungen der Beitragsbemessungsgrenze nicht beachtet. Vom Vorliegen einer durchgehenden Beschäftigung auch zwischen den Vorstellungsterminen kann nämlich nicht ausgegangen werden.
Ein Beschäftigungsverhältnis knüpft grundsätzlich an die Erbringung einer tatsächlichen Arbeitsleistung an. Nach der Rechtsprechung des BSG gilt dieser Grundsatz jedoch nicht ausnahmslos. So ist vom Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses auch während der Zeiträume auszugehen, während der ein Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung gemäß §§ 1 ff BUrlG freigestellt ist (BSG, Urteil vom 24.09.2008 - B 12 KR 22/07 R - juris m.w.N. auf die Rechtsprechung des BSG). Ebenso besteht ein Beschäftigungsverhältnis fort, wenn die Vertragsparteien einverständlich am Arbeitsverhältnis festhalten, um es nach einer Zeit der Freistellung von der Arbeitsleistung fortzusetzen (BSG a.a.O., m.w.N.). Das BSG hat darüber hinaus ein Beschäftigungsverhältnis auch dann angenommen, wenn bei einer einseitigen Freistellung von der Pflicht zur Erbringung abhängiger Arbeit eine anschließende Fortsetzung der Beziehung im Blick auf eine bereits konkretisierte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr beabsichtigt war (BSG a.a.O., m.w.N.). Die Rechtsprechung des BSG ist auch von einer begrenzten Fortsetzung bzw. Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses in Übereinstimmung mit dem Arbeitsverhältnis ausgegangen, wenn über dessen Bestand im Rahmen arbeitsgerichtlicher Verfahren gestritten wurde (BSG a.a.O. m.w.N.). Voraussetzung des Fortbestehens einer Beschäftigung auch während Zeiträumen, in denen tatsächlich eine Arbeitsleistung nicht erbracht wird, ist aber grundsätzlich der Wille der Beteiligten, das Beschäftigungsverhältnis nach dem Wegfall der Unterbrechung fortzusetzen und darüber hinaus der Umstand, dass der Arbeitnehmer auch in der Zwischenzeit der Verfügungsmacht des Arbeitgebers untersteht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 31.08.1976 - 12/3/12 RK 20/74 m.w.N. auf die Rechtsprechung des RVA, juris; vgl.a. BSG, Urteil vom 20.12.1960 - 4 RJ 303/59 - juris; Urteil vom 12.11.1975 - 3/12 RK 13/74 - juris).
Das Vorliegen eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses hat damit nach Ansicht der Kammer neben dem Willen der Beteiligten, es nach dem Wegfall der Unterbrechung fortzusetzen grundsätzlich auch das in diesem Zwischenzeitraum zumindest grundsätzlich fortbestehende Verfügungsrecht des Arbeitgebers zur Voraussetzung. Dem steht auch die Regelung in § 7 Abs. 3 S. 1 SGB IV nicht entgegen. Danach gilt eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. § 7 Abs. 3 S. 1 beinhaltet lediglich die Fiktion, dass ein Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt als Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt. Damit wird allein die für den Eintritt von Versicherungspflicht erhebliche Entgeltlichkeit fingiert. Eine Regelung, ob in den Zwischenzeiträumen, in denen kein Arbeitsentgelt bezogen wird, ein Beschäftigungsverhältnis besteht, lässt sich aus der gesetzlichen Regelung aber nicht entnehmen. Ein anderweitiges Verständnis der Norm würde dieser den Charakter einer Tautologie verleihen und zur der Aussage führen, dass ein Beschäftigungsverhältnis als fortbestehendes Beschäftigungsverhältnis gilt.
Der Auffassung der Beklagten, die diese aus dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 16.11.2016 - L 2 R 579/16 - herleitet, die Fiktion einer fortbestehenden Beschäftigung habe eine fortbestehende kontinuierliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers namentlich im Sinne einer kurzfristig realisierbaren Dienstbereitschaft nicht zur Voraussetzung, folgt das Gericht nicht. § 7 Abs. 3 SGB IV fingiert nicht ein Fortbestehen der Beschäftigung während kurzfristiger Unterbrechungszeiträume, sondern lediglich, wie bereits dargelegt, die Entgeltlichkeit während eines fortbestehenden Beschäftigungsverhältnisses. Zur Klärung der Frage, ob das Beschäftigungsverhältnis im Zeitraum, in dem Arbeitsentgelt nicht bezogen wird, weiteren Bestand hat, trägt die gesetzliche Regelung nicht bei.
Nach der Rechtsprechung des BSG setzt die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus. Die Abhängigkeit drückt sich in dem Weisungsrecht des Arbeitgebers aus (vgl. BSG, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 m.w.N.). Zu Recht fordert deshalb die Rechtsprechung des BSG für das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses in Zwischenzeiträumen, in denen tatsächlich keine Arbeitsleistung erbracht wird, das Fortbestehen einer Verpflichtung zur Dienstbereitschaft (so BSG, Urteil vom 20.03.2013 - B 12 R 13/10 R - juris; vgl.a. BSG, Urteil vom 11.03.2014 - B 11 AL 5/13 R - juris). Der auch in der Zwischenzeit fortbestehenden Verfügungsmacht des Arbeitgebers genügt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, wenn zwischen den Vertragsparteien ein Ungleichgewicht der Stärke im Sinne einer wirtschaftlichen Abhängigkeit besteht und der Wunsch des einen Vertragspartners nach weiteren Engagements vorliegt. Wirtschaftliche Abhängigkeiten sind zwischen am Wirtschaftsleben teilnehmenden Unternehmen einer Marktwirtschaft üblich. Um eine Beschäftigung annehmen zu können, ist jedoch die persönliche Abhängigkeit festzustellen.
Hiervon ausgehend steht ein Beschäftigungsverhältnis auch in den Zwischenzeiträumen der Vorstellungen nicht fest. Aus dem „Gastvertrag“ mit der Beigeladenen 1 lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten eine Verpflichtung, sich auch in den Zwischenzeiträumen der Vorstellungen und auch für eventuell weitere Vorstellungstermine bereitzuhalten, nicht ableiten. § 2 des „Gastvertrags“ legt die Termine fest, zu denen die Beigeladene 1 die nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen zu erbringen hatte. Neben der Premiere werden fünf weitere Vorstellungstermine fixiert. Garantiert werden acht Vorstellungen. Wer die weiteren Vorstellungstermine festlegt, ergibt sich aus dem Vertrag nicht. Aus dem Vertrag lässt sich nicht entnehmen, dass die Festlegung der einseitigen Verfügungsbefugnis des Theaters untersteht. Gleiches gilt für die nach § 2 möglichen weiteren Vorstellungen gemäß Absprache mit dem Künstlerischen Betriebsbüro. Wenn in § 2 der monatliche „Gästebrief“ für bindend erklärt wird, ist damit nicht geklärt, was Inhalt des „Gästebriefs“ ist.
Nach der Aussage der Zeugin O. fixierten die Gästebriefe ausschließlich die mit den Künstlern getroffenen mündlichen Vereinbarungen schriftlich. Bei dem Engagement von Gastkünstlern wurden die Termine vorab im Vorfeld mit den jeweiligen Künstlern vereinbart. Wenn die Verschiebung eines Termins erforderlich geworden ist, musste, wie die Zeugin darlegt, zuvor beim jeweiligen Künstler angefragt werden, da die Gastkünstler in den Zwischenzeiträumen andere Termine aufgrund gleichzeitig bestehender anderer Engagements hatten. Wenn eine Verschiebung mit dem jeweiligen Künstler nicht vereinbart werden konnte, musste eine Vorstellung abgesagt oder eine Rolle anderweitig besetzt werden. Eine Verpflichtung der Künstler, sich bereitzuhalten, eventuell verschobene oder weitere Vorstellungstermine wahrnehmen zu können, bestand nach der Aussage der Zeugin nicht. Die Verpflichtung zur Mitwirkung bei Aufnahmen für Bild- und Tonträger bezog sich, wie die Zeugin ausführt, auf Aufzeichnungen der Proben. Eine Verpflichtung zur Mitwirkung an weiteren, vom Theater einseitig festzulegenden Aufführungen ergab sich daraus nicht. Nach alledem lässt sich zur Überzeugung des Gerichts eine irgendwie geartete Verfügungsmacht des Theaters in den Zwischenzeiträumen der Vorstellungen nicht feststellen.
Der Klage war deshalb stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.