L 4 R 217/22

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 40 R 1217/20
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 217/22
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 129/22 AR
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2021 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Der Kläger begehrt anlässlich der Rentenanpassung zum 01.07.2020 insbesondere höhere Altersrente, zuletzt noch mindestens in Höhe von monatlich 1.131,24 Euro.

 

Der 1939 geborene Kläger bezieht seit August 2004 Regelaltersrente von der Beklagten bzw. von deren Rechtsvorgängerin. Zum 01.07.2020 passte die Beklagte die Rentenhöhe an. Hierüber informierte sie den Kläger mit undatierter Rentenanpassungsmitteilung. Der aktuelle Rentenwert steige um 3,45%, d.h. von 33,05 Euro auf 34,19 Euro; Grundlage sei eine Verordnung der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates. Die laufende Rentenzahlung betrage nunmehr monatlich 734,57 Euro. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthielt diese Mitteilung nicht.

 

Am 13.11.2020 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben – S 40 R 1217/20 – und die Zahlung einer Rente in Höhe von 1.436,69 Euro sowie den Ersatz allen materiellen und immateriellen Schadens verlangt.

 

Die Beklagte hat die Klage als Widerspruch gegen ihre Rentenanpassungsmitteilung gewertet und diesen mit Widerspruchsbescheid vom 20.01.2021 zurückgewiesen. Die Anpassung der Rente zum 01.07.2020 folge den gesetzlichen Vorgaben. Sie berücksichtige, dass der in der Formel für die Berechnung des Monatsbetrages der Rente enthaltene aktuelle Rentenwert durch den neuen Rentenwert zu ersetzen und die Rente mit den bisher ermittelten persönlichen Entgeltpunkten neu zu berechnen sei.

 

Die hiergegen am 05.02.2021 erhobene Klage – S 40 R 113/21 – hat das SG mit Beschluss vom 25.02.2021 zu dem bereits anhängigen Verfahren S 40 R 1217/20 verbunden.

 

Der Kläger hat vorgetragen, er sei durch die vorsätzliche Absenkung der monatlichen Rentenzahlungen auf 734,57 Euro und deren Auswirkungen in seinen grundrechtsgleichen Rechten grob verletzt und erleide persönlich einen besonders schweren Schaden, die Absenkung habe eine „erdrosselnde Wirkung“. Die Nichtanpassung der Rente zehre die monatliche Rente aus und greife in den Eigentumsschutz des Art. 14 Grundgesetz (GG) ein. Gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürften verfassungswidrige Eingriffe in seine Rentenzahlungen zu Gunsten der Beklagten und des Sozialsystems nicht vorgenommen werden. Es liege ein Verstoß gegen die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) vor, es bestehe auch die Notwendigkeit einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Vor dem Hintergrund von Art. 20a GG müsse die Rente zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen 1.436,69 Euro betragen; Geld der Beitragszahler i.H.v. 355 Mio. Euro sei von der Beklagten widerrechtlich an die Europäische Zentralbank weitergeleitet worden.

 

Der Kläger hat schriftsätzlich ausdrücklich beantragt,

 

1. seine monatliche Rentenzahlungen gemäß des Grundrechts auf Gewährleistung stabiler und dauerhafter, existentieller und menschenwürdiger Lebensgrundlagen aus Art. 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) mit 1.436,69 Euro zu sichern und die materiellen Voraussetzungen zu gewähren, die zum Leben unerlässlich sind;

2. es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm allen und weiteren materiellen Schaden zu ersetzen.

 

Die Beklagte hat schriftlich beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Das SG hat die verbundenen Klagen nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 16.12.2021 abgewiesen. Die Rentenanpassung betreffe nur Regelungen zur Rentenhöhe; dies berücksichtigend scheide eine Überprüfung der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank aus, weil dazu keine Regelung getroffen werde. Daneben sei das Schadensersatzbegehren des Klägers Streitgegenstand, welcher sich aus einer rechtswidrigen Rentenanpassung ergeben könnte. Die Klagen seien jedoch unbegründet. Der aktuelle Rentenwert werde nach § 69 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt. Ausgehend davon habe die Beklagte zu Recht entschieden, dass die Rente des Klägers durch Berücksichtigung des neuen Rentenwertes von 34,19 Euro anzupassen sei. Diese Anpassung begegne auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Gründe dafür, dass die hier streitige Rentenanpassung einen rechtswidrigen Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG darstelle, seien nicht ersichtlich. Da die Rentenanpassung rechtmäßig und eine Verletzung der Rechte des Klägers durch die Rentenanpassung nicht festzustellen sei, komme auch die Gewährung von Schadensersatz nicht in Betracht. Für eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG bleibe kein Raum. Eine Verletzung der Grund- und Freiheitsrechte aus der EMRK sei nicht ersichtlich. Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder an den EuGH komme nicht in Betracht; es sei schon nicht dargelegt, welche Rechte aus der EMRK verletzt seien. Soweit sein staatlich garantiertes wirtschaftliches Existenzminimum nicht gewährleistet sei, müsse der Kläger sich auf die ergänzende Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) verweisen lassen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.

 

Gegen den am 21.12.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger sich mit am 12.01.2022 beim SG eingegangenen Schreiben gewandt und weiterhin (Schreiben vom 14.07.2022) noch höhere Altersrente begehrt: Wegen der extrem sachverhaltswidrigen Arbeits- und Verhaltensweisen des SG, die sich gegen den begründeten Prozessstoff richteten, habe es in den richterlichen Sachverhaltsaufklärungspflichten versagt, die Entscheidung könne daher wegen Grundgesetzmissbräuchlichkeit keinen Bestand haben. Seine Rente sei wegen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, des Ukraine-Kriegs und des extremen Anstiegs der Euro-Inflation um 54 % auf monatlich mindestens 1.131,24 Euro anzupassen.

 

Die mit Verfügung vom 26.08.2022 erfolgte Ladung zur mündlichen Verhandlung am 30.09.2022 ist dem Kläger nicht nachweislich vor dem 19.09.2022 zugegangen. Im Hinblick auf den Vortrag des im Termin erschienen Klägers, es sei ihm nicht möglich gewesen, so kurzfristig einen Rechtsbeistand zu mandatieren, hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2022 in Gegenwart des Klägers und der Vertreterin der Beklagten erstens den Rechtsstreit vertagt und zweitens den neuen Verhandlungstermin auf den 21.10.2022 bestimmt.

 

In der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2022 hat der nach wie vor unvertretene Kläger mit Schriftsatz vom selben Tag beantragt, das Verfahren auszusetzen, da die Einsicht in die umfangreiche Akte mit der Beiordnung eines Rechtsanwaltes dringend geboten sei. Außerdem sei der Prozessstoff rechtlich außergewöhnlich schwierig. Dieser Schriftsatz hat ferner den Antrag enthalten, die Frist zur Begründung um einen Monat zu verlängern unter Bezugnahme auf § 160a Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). In einem anderen Schriftsatz vom 21.10.2022 hat der Kläger „die Klage erweitert“: Die Beklagte beachte die gesetzlichen Vorgaben nicht und verletze diese grob, hierzu hat er auf § 87 Abs. 1 SGB VI Bezug genommen; er hat insoweit beantragt, dass ihm die Beklagte einen „Ausgleichsbetrag in unbegrenzter Höhe“ zur Verfügung stelle. Die Folgen der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges und des extremen Anstiegs der Euro-Inflation zehrten seine Rente praktisch auf und wirkten enteignend. Er habe diesbezüglich Verfassungsbeschwerde eingelegt; diese hat er zur Kenntnis überreicht. Weitere Begründungen folgten.

 

Der Kläger beantragt in der Sache ausdrücklich,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 16.12.2021 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2021 zu verurteilen, ihm höhere Altersrente ab Juli 2020 in Höhe von monatlich mindestens 1.131,24 EUR zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, der insgesamt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

A. In der mündlichen Verhandlung am 21.10.2022 konnte eine Sachentscheidung des Senats ergehen. Dem Aussetzungsantrag des Klägers war nicht stattzugeben, da keiner der in § 114 SGG genannten Aussetzungsgründe vorliegt. Auch eine Frist zur weiteren Berufungsbegründung – unter erneuter Vertagung der mündlichen Verhandlung – war dem Kläger nicht einzuräumen. Die Vorschrift des § 160a Abs. 2 SGG, auf den sich der Kläger ausdrücklich bezieht, ist bereits nicht anwendbar, da sich die darin geregelte Möglichkeit einer Fristverlängerung allein auf das Verfahren einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) bezieht. Auch unabhängig davon war der Senat nicht gehalten, die Frist zur weiteren Begründung der Berufung abermals zu verlängern und die Verhandlung deswegen erneut zu vertagen (§§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung <ZPO>). Erhebliche Gründe im Sinne des Gesetzes sind nur solche Umstände, die eine weitere Vorbereitung der Entscheidung
oder die Gewährung rechtlichen Gehörs sachlich gebieten (vgl. Bundesverwaltungsgericht <BVerwG>, Beschluss vom 23.01.1995 – 9 B 1/95 –, Rn. 3, juris). Solche Umstände lagen nicht vor; denn der Kläger hatte die Berufung bereits bei Einlegung am 12.01.2022 und mit Schriftsatz vom 14.07.2022 begründet; danach hat er sich inhaltlich nicht mehr – auch nicht nach der mündlichen Verhandlung vom 30.09.2022, die gerade zur begehrten Einholung von Rechtsrat vertagt worden ist – geäußert. Dass und warum er keinen Rechtsbeistand hat mandatieren können, hat der Kläger weder vorgetragen noch ist dies dem Senats angesichts des keine besonderen Schwierigkeiten aufweisenden Streitstoffes sonst ersichtlich. Dass er selber ohne einen „beigeordneten Rechtsanwalt“ Einsicht in die Gerichtsakte nehmen möchte, hat der Kläger nicht beantragt. Bis zur Entscheidung sind ferner keine neuen Aspekte zu Tage getreten, zu denen der Kläger sich zur Wahrung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG) nicht hätte äußern können; weder hat die Beklagte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme abgegeben, noch hat der Senat den Beteiligten bis zur mündlichen Verhandlung Hinweise erteilt. Allein aus der im Schriftsatz vom 21.10.2022 erwähnten „Beiordnung eines Rechtsanwaltes“ lässt sich kein Antrag auf Prozesskostenhilfe entnehmen; selbst wenn dies vom Kläger gewollt gewesen sein sollte, wäre ein solcher mangels Erfolgsaussicht im Sinne des § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO abzulehnen.

 

B. Die zulässige, insbesondere statthafte (§ 144 Abs. 1 SGG) und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung – das am 12.01.2022 eingegangene Schreiben des Klägers ist als solche auszulegen – ist unbegründet.

 

I. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind die nach § 113 Abs.1 SGG verbundenen Klageverfahren S 40 R 1217/20 (= Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung ab 01.07.2020) und S 40 R 113/21 (= Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung ab 01.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2021). Inhaltlich begehrt der Kläger nach seinem ausdrücklichen Sachantrag mit diesen Klagen zuletzt noch eine Altersrente in Höhe von monatlich mindestens 1.131,24 Euro.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist hingegen nicht mehr das Begehren des Klägers auf Schadensersatz. Soweit der Kläger ursprünglich Schadensersatz (auch nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch <BGB> i.V.m. Art. 34 GG) geltend gemacht und das SG hierfür – den Amtshaftungsanspruch betreffend entgegen § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG – seine sachliche Zuständigkeit angenommen hat, hat der Kläger diesen Antrag oder bei Berufungseinlegung noch im weiteren Berufungsverfahren ausdrücklich noch konkludent gestellt und damit in der Berufungsinstanz die hierauf gerichtete Klage nicht weiterverfolgt. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist damit insoweit rechtskräftig geworden (§ 141 Abs. 1 SGG).

 

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren von der Beklagten erstmals einen „Ausgleichsbetrag in unbegrenzter Höhe“ wegen grober Verletzung gesetzlicher Pflichten verlangt, handelt es sich um eine unzulässige Klageerweiterung. Die in der mündlichen Verhandlung am 21.10.2022 ausdrücklich erklärte Klageerweiterung, die Beklagte möge ihm einen Ausgleichsbetrag in unbegrenzter Höhe zur Verfügung stellen, auch weil die Folgen der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges und des extremen Anstiegs der Euro-Inflation seine Rente praktisch aufzehre und enteignend wirke, ist unzulässig. Es handelt sich dabei um eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG, weil sie mit einer Änderung des Klagegrundes einhergeht und daher kein Fall einer Privilegierung nach § 99 Abs. 3 SGG vorliegt. Der Kläger stützt seine Forderung auf einen anderen Lebenssachverhalt als die auf die Gewährung höherer Altersrente gerichtete Klageforderung. Eine solche Klageänderung ist zwar gemäß § 153 Abs. 1 SGG grundsätzlich auch im Berufungsverfahren möglich (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 99 Rn. 12); es fehlt indes am Vorliegen der dafür in § 99 Abs. 1 SGG aufgestellten Voraussetzungen. Denn die Beklagte hat nicht in die Änderung der Klage eingewilligt und der Senat hält sie auch nicht für sachdienlich: Die vom Kläger geltend gemachte höhere Altersrente steht nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem nun geltend gemachten „unbegrenzten Ausgleichsbetrag“; im Übrigen würde die Klageänderung dazu führen, dass der Rechtsstreit insoweit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird. Hinzu kommt, dass das Verfahren entscheidungsreif ist und für die geänderte Klage die bisherigen Ergebnisse nicht verwertet werden könnten. Ferner könnte über die geänderte Klage mangels Prozessvoraussetzungen nicht entschieden werden, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht dargelegt hat, dass eine die Gewährung eines „unbegrenzten Ausgleichsbetrags“ ablehnende (Widerspruchs-)Entscheidung der Beklagten, jedenfalls aber eine Vorbefassung der Beklagten vorliegt. Im Übrigen ist für ein solches Ausgleichsbegehren weder eine Rechtsgrundlage ersichtlich noch handelt es sich allein wegen der fehlenden konkreten Bezifferung um einen zulässigen Leistungsantrag.

 

II. Von den verbundenen Klagen ist nur die unter dem Az. S 40 R 1217/20 geführte Klage zulässig.

 

Die vom Kläger am 13.11.2020 erhobene Klage gegen die Rentenanpassungsmitteilung ist zulässig (geworden). Sie ist statthaft als Anfechtungs- und (unechte) Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG), denn bei der Rentenanpassungsmitteilung handelt es sich um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X, der die Änderung des Monatsbetrags des Rechts auf Rente dem einzelnen Rentenberechtigten gegenüber individuell und verbindlich regelt (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007 – B 4 RA 9/05 R –, Rn. 15, juris). Mit Erteilung des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2021 hat auch das vor der Erhebung einer Anfechtungsklage notwendige Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) stattgefunden.

 

Die unter dem Aktenzeichen S 40 R 113/21 am 05.02.2021 erhobene Klage ist hingegen wegen doppelter Rechtshängigkeit (§ 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG) unzulässig. Die Klage richtet sich gegen die undatierte Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.01.2021, die im Zeitpunkt ihrer Erhebung bereits Gegenstand des anhängigen Verfahrens S 40 R 1217/20 war. Diese anderweitige Rechtshängigkeit steht einer Sachentscheidung entgegen.

 

III. Die unter dem Az. S 40 R 1217/20 geführte Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Altersrente, auch nicht in Höhe von mindestens 1.131,24 Euro monatlich.

 

Der Regelungsgehalt einer Rentenanpassungsmitteilung ist nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur auf die Umsetzung der jährlich vorzunehmenden Rentenanpassung durch Aktualisierung des Rentenwertes beschränkt. Die bereits festgestellten und vom Rentenversicherungsträger in einem bestandskräftigen Rentenbescheid anerkannten Versicherungszeiten und Entgeltpunkte bleiben von dieser Anpassung unberührt (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2007 – B 4 RA 9/05 R –, a.a.O.; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 23.02.2022 – L 19 R 25/21 –, Rn. 21, juris, m.w.N.).

 

Hiervon ausgehend hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheides zutreffend die rechtlichen Grundlagen des ab 01.07.2020 zugrunde zu legenden Rentenwerts (insbesondere die Verordnungsermächtigung in § 69 SGB VI) bei der Berechnung des Monatsbetrages des Rechts auf Rente dargelegt. Die von der Bundesregierung erlassene Verordnung zur Bestimmung der Rentenwerte in der gesetzlichen Rentenversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte zum 01.07. 2020 (Rentenwertbestimmungsverordnung 2020), in deren § 1 Abs. 1 der aktuelle Rentenwert ab dem 01.07.2020 auf 34,19 Euro festgesetzt wurde, ist weder rechts- noch verfassungswidrig; sogar eine Aussetzung der Rentenanpassung ist nicht verfassungswidrig (BSG, Urteil vom 27.03.2007 – B 13 R 37/06 R –, Rn. 9 ff, juris; Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 03.06.2014 – 1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1289709, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10 –, juris). Insbesondere sind Gründe dafür, dass die hier erfolgte Erhöhung des Rentenwertes zum 01.07.2020 einen Eingriff in die Eigentumsgarantie gemäß Art. 14 GG darstellen könnte, nicht ersichtlich. Der angefochtene Bescheid, der die Verordnung umgesetzt hat, ist damit nicht zu beanstanden. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren uneingeschränkt an und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

 

Einer Vorlage nach Art. 100 GG an das Bundesverfassungsgericht bedarf es daher ebenso wenig wie einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (Art. 267 AEUV) bzw. den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere sind Fragen der Auslegung des Vertrages über die Europäische Union nicht betroffen.

 

Im Berufungsverfahren hat der Kläger keinerlei neuen Gesichtspunkte vorgebracht, die zu einer anderen Einschätzung führen könnten. Soweit der Vortrag des Klägers so zu verstehen sein sollte, dass ihm der monatliche Rentenbetrag nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes ausreicht, ist er auf die Leistungen zur Grundsicherung im Alter nach den Vorschriften des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – SGB XII – zu verweisen.

 

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

D. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG bestehen nicht.

 

Rechtskraft
Aus
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