L 21 AS 1251/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
21
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 24 AS 2447/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 21 AS 1251/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7 AS 224/22 BH
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.5.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Der Kläger wendet sich gegen fünf Eingliederungsverwaltungsakte, die in der Zeit von April 2014 bis Januar 2016 von dem Beklagten erlassen wurden und Eingliederungsvereinbarungen zwischen dem Kläger und dem Beklagten ersetzten.

 

Der 1962 geborene Kläger ist in verschiedenen künstlerischen Bereichen selbständig tätig. Seit dem Jahr 2010 bezog er vom Beklagten Leistungen nach dem Zwei­ten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsiche­rung für Arbeitsuchende - (SGB II). Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die selbständige Tätigkeit des Klägers wirtschaftlich tragfähig war. Dazu holte der Beklagte Stellungnahmen einer fachkundigen Stelle ein, die negative Wirtschaftsprognosen erstellte. Da der Kläger nur sehr geringe Gewinne erzielte, teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass dessen Selbständigkeit nicht tragfähig sei und er sich daneben dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen müsse, um die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu beenden.

 

In einem Beratergespräch bei der zuständigen Integrationskraft des Beklagten am 1.4.2014, in dem mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden und dem Kläger die Pflicht auferlegt werden sollte, sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen und Eigenbemühungen zur Arbeitsaufnahme zu unternehmen, weigerte sich der Kläger, die Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Da der Kläger nach Auffassung des Beklagten nicht bereit gewesen sei, einen sogenannten Perspektivwechsel zu vollziehen, erließ der Beklagte unter dem 1.4.2014 für den Zeitraum vom 1.4. bis 30.9.2014 einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt, der die Ziele, Unterstützungsleistungen des Beklagten und Verpflichtungen des Klägers enthielt, die Bestandteile der Eingliederungsvereinbarung sein sollten.

 

Mit seinem Widerspruch hiergegen vom 28.4.2014 trug der Kläger vor, dass bei Gewährung eines Darlehens im Jahre 2012 mit Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit zu rechnen gewesen wäre. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6.6.2014 zurück. Die Entscheidung, die Regelungen der Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt festzusetzen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Erlass des Verwaltungsaktes sei zweckmäßig gewesen, weil die Integrationsziele wegen der mangelnden Bereitschaft des Klägers, sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, nicht anderweitig hätten festgelegt werden können. Die Bestimmungen des Eingliederungsverwaltungsaktes seien zudem zumutbar, die Pflichten des Beklagten und des Klägers stünden in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Der Kläger sei auch in vorangegangenen Beratungsgesprächen darauf hingewiesen worden, dass die Selbstständigkeit nur unterstützt werden könne, sofern diese auch Gewinne erbringe und die Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II verringere. Die Darstellung, dass allein die Nichtgewährung des Darlehens ursächlich dafür sei, dass seit 2012 keine Gewinne erzielt würden, sei nicht glaubhaft und nicht nachvollziehbar. Unwirtschaftliche Geschäftsmodelle seien aufzugeben, wenn sich eine Tragfähigkeit nicht abzeichne. Neben einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit hätte die selbständige Tätigkeit aber auch fortgeführt werden können.

 

In einem weiteren Beratungsgespräch am 2.10.2014, in dem mit dem Kläger erneut eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen werden und dem Kläger die Pflicht auferlegt werden sollte, sich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen und Eigenbemühungen zur Arbeitsaufnahme zu unternehmen, weigerte sich der Kläger erneut, die Eingliederungsvereinbarung abzuschließen. Aus diesem Grund erließ der Beklagte unter dem 2.10.2014 einen die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt für den Zeitraum vom 2.10.2014 bis 28.2.2015, der die Ziele, Unterstützungsleistungen des Beklagten und Verpflichtungen des Klägers enthielt, die Bestandteile der Eingliederungsvereinbarung sein sollten. Den Widerspruch des Klägers vom 29.10.2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2014 mit einer vergleichbaren Begründung wie im Widerspruchsbescheid vom 6.6.2014 zurück.

 

Nachdem sich der Kläger in einem Beratungsgespräch am 18.3.2015 erneut weigerte, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, erließ der Beklagte am gleichen Tag einen weiteren Eingliederungsverwaltungsakt. Den vom Kläger erhobenen Widerspruch vom 15.4.2015 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.5.2015 mit einer vergleichbaren Begründung wie im Widerspruchsbescheid vom 6.6.2014 zurück.

 

Unter dem 13.10.2015 erließ der Beklagte einen weiteren Eingliederungsverwaltungsakt, gegen den der Kläger am 13.11.2015 Widerspruch erhob. Zuletzt erließ der Beklagte unter dem 12.1.2016 einen Eingliederungsverwaltungsakt für den Zeitraum vom 12.01. bis 11.07.2016.

 

Mit seinen vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klagen vom 4.7.2014 (S 24 AS 2447/14), vom 16.12.2014 (S 24 AS 4765/14), vom 16.6.2015 (S 24 AS 2167/15), vom 13.11.2015 (S 24 AS 4451/15) und vom 11.2.2016 (S 24 AS 488/16) hat der Kläger sämtliche Eingliederungsverwaltungsakte angegriffen.

 

Der Kläger hat sinngemäß beantragt,

 

den Bescheid vom 1.4.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2014, den Bescheid vom 2.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 und den Bescheid vom 18.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Bescheide vom 13.10.2015 und 12.1.2016 rechtswidrig waren, sowie ihm Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab dem 1.8.2014 zu gewähren und auszuzahlen.

 

Der Beklagte hat beantragt,

 

die Klagen abzuweisen.

 

Zur Begründung hat er sich auf die Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden bezogen. Die Klagen gegen die Bescheide vom 13.10.2015 und 12.1.2016 seien zudem bereits unzulässig.

 

Das Gericht hat mit Beschluss vom 13.5.2019 die Verfahren S 24 AS 2447/14, S 24 AS 4765/14, S 24 AS 2167/15, S 24 AS 4451/15 und S 24 AS 488/16 unter dem führenden Aktenzei­chen S 24 AS 2447/14 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbun­den.

 

Mit Urteil vom 13.5.2019 hat das SG Düsseldorf die Klagen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

 

Die Klagen, die sich auf die Bescheide vom 13.10.2015 und 12.01.2016 beziehen (S 24 AS 4451/15 und S 24 AS 488/16), seien bereits unzulässig. Soweit die Verwaltungsakte angefochten werden sollten, hätte vor Erhebung der Klagen jeweils ein Widerspruchsverfahren erfolglos durchgeführt werden müssen, welches nicht geschehen sei. Soweit eine Feststellung begehrt werde, dass die Bescheide rechtswidrig bzw. willkürlich gewesen seien, fehle das besondere erforderliche Feststellungsinteresse.

 

Die weiteren zulässigen Klagen (S 24 AS 2447/14, S 24 AS 4765/14 und S 24 AS 2167/15) seien indes unbegründet. Soweit der Kläger begehre, ihm Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab dem 1.8.2014 zu gewähren und auszuzahlen (vgl. S 24 AS 4765/14 und S 24 AS 2167/15), könne er dieses nicht im Rahmen der Klagen, die sich auf die Rechtmäßigkeit der Eingliederungsverwaltungsakte beziehen, geltend machen. Diese hätten keinen Einfluss auf seinen grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Soweit er die Rechtmäßigkeit der Minderung der Leistungen angreife, habe er diese Frage im Rahmen der Klageverfahren, die sich auf die Absenkung der Leistungen beziehen, klären zu lassen (Verweis auf Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 13.5.2019, S 24 AS 3494/14).

 

Darüber hinaus seien die zulässigen Klagen jedoch auch unbegründet. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II in der vom 1.4.2011 bis zum 31.7.2016 geltenden Fassung solle die Agentur für Arbeit im Einvernehmen mit dem kommunalen Träger mit jeder erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person die für ihre Eingliederung erforderlichen Leistungen vereinbaren (Eingliederungsvereinbarung). Die Eingliederungsvereinbarung solle insbesondere bestimmen, 1. welche Leistungen die oder der Erwerbsfähige zur Eingliederung in Arbeit erhält, 2. welche Bemühungen erwerbsfähige Leistungsberechtigte in welcher Häufigkeit zur Eingliederung in Arbeit mindestens unternehmen müssen und in welcher Form diese Bemühungen nachzuweisen sind, 3. welche Leistungen Dritter, insbesondere Träger anderer Sozialleistungen, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu beantragen haben. Gemäß Satz 4 sollten die Regelungen nach Satz 2 durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt.

 

Der Beklagte habe die Eingliederungsvereinbarungen zu Recht durch Verwaltungsakte ersetzt. Auch der Inhalt des jeweiligen Verwaltungsakts sei nicht zu beanstanden. Ein ersetzender Verwaltungsakt komme in Betracht, wenn der Grundsicherungsträger zuvor den Versuch unternommen habe, mit dem Arbeitsuchenden eine Vereinbarung zu schließen, oder im Einzelfall besondere Gründe vorliegen würden, die den Abschluss einer Vereinbarung als nicht sachgerecht erscheinen lassen (Hinweis auf Bundessozialgericht [BSG] vom 14.2.2013 - B 14 AS 195/11 R). Ein solcher atypischer Fall sei vorliegend aufgrund der beharrlichen Weigerung des Klägers, Eingliederungsvereinbarungen mit dem Beklagten schriftlich abzuschließen, gegeben (Hinweis auf Landessozialgericht des Landes Nordrhein-Westfalen [LSG NRW] vom 29.02.2016 - L 19 AS 1536/15). Der Kläger habe sich aufgrund der unterschiedlichen Beurteilung der Tragfähigkeit seiner selbständigen Tätigkeit geweigert, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt enthält. Der Beklagte habe versucht, eine konsensuale Einigung zu erzielen, welche misslang. Demnach sei ihm nach der erfolgten Grundentscheidung zur Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit des Klägers, die gerichtlich bestätigt worden sei (Hinweis auf Sozialgericht Düsseldorf vom 25.6.2014 - S 12 AS 468/13 und vom 13.5.2019 – S 24 AS 645/15), nur die Möglichkeit geblieben, von der Ersetzungsbefugnis Gebrauch zu machen. Auch der Inhalt der die Eingliederungsvereinbarungen ersetzenden Verwaltungsakte begegne keinen Bedenken. Die vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen zur Unterstützung der Bewerbungsaktivitäten stünden in einem ausgewogenen Verhältnis zu den Pflichten des Klägers. Dabei sei auch die Verpflichtung, pro Monat mindestens 10 Bewerbungen zu schreiben, als noch zumutbar zu bewerten. Darüber hinaus sei auf die überzeugenden Ausführungen in den Widerspruchsbescheiden vom 6.6.2014, vom 26.11.2014 und vom 20.5.2015 zu verweisen.

 

Der Kläger hat gegen das ihm am 3.7.2019 zugestellte Urteil am 1.8.2019 Berufung erhoben. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen.

 

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.5.2019 zu ändern, den Bescheid vom 1.4.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.6.2014, den Bescheid vom 2.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2014 und den Bescheid vom 18.3.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.5.2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Bescheide vom 13.10.2015 und 12.1.2016 rechtswidrig waren, sowie ihm Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab dem 1.8.2014 zu gewähren und auszuzahlen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er ist der Auffassung, die Entscheidung des Sozialgerichts sei rechtlich nicht zu beanstanden.

 

Ein erster Ablehnungsantrag des Klägers gegen die Richter des Senats ist mit Beschluss vom 6.12.2021 zurückgewiesen worden. Mit am 23.3.2022 zugestelltem Schreiben ist der Kläger zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.4.2022 geladen worden. Im Laufe des Vormittags des 29.4.2022 hat der Kläger weitere Ablehnungsanträge gestellt. Zum Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Kläger nicht erschienen. Der Senat hat im Termin zur mündlichen Verhandlung eine Vertagung abgelehnt.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Ge­richtsakten sowie die beigezoge­nen Verwaltungsakten des Beklagten Bezug ge­nommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Senat ist durch das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 29.04.2022 nicht an einer Entscheidung gehindert gewesen. Der Senat war befugt, sowohl über dieses Ablehnungsgesuch des Klägers (§ 60 SGG) als auch in der Sache zu entscheiden, denn das Ablehnungsgesuch war rechtsmissbräuchlich bzw. offensichtlich unzulässig.

 

Ist ein Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich oder sonst offensichtlich unzulässig, dürfen die abgelehnten Richter selbst über das Gesuch entscheiden. In diesem Fall ist auch in der Regel keine gesonderte Entscheidung über das Gesuch erforderlich. Die Gründe sind dann in der Entscheidung über die Sache zu nennen (Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 2020, § 60 Rn. 10d, 10e). Hier ist ein solcher Fall gegeben.

 

Ein Ablehnungsgesuch ist z.B. rechtsmissbräuchlich, wenn es allein der Verfahrensverschleppung oder der Erzwingung einer Terminsverlegung dient. Teilweise werden hierunter auch Fälle einer völlig unzureichenden Begründung subsumiert. Ein Ablehnungsgesuch ist z.B. unzulässig, wenn über den geltend gemachten Ablehnungsgrund bereits unanfechtbar entschieden worden ist, wenn die Begründung völlig ungeeignet ist bzw. keinerlei substantiierte Tatsachen angegeben werden oder ohne Individualisierbarkeit pauschal alle Mitglieder des Spruchkörpers abgelehnt werden (Nachw. bei Keller, a.a.O., Rn. 10c, 10b).

 

Der Ablehnungsantrag vom 29.4.2022 entspricht in Form und Inhalt weitgehend dem Ablehnungsantrag vom 21.10.2021, über den mit Beschluss vom 6.12.2021 unanfechtbar entschieden worden ist. Ein geordneter Vortrag zu etwaigen Ablehnungsgründen im vorliegenden Verfahren ist nicht ersichtlich. Die Ausführungen des Klägers betreffen zumindest in Teilen andere abgeschlossene Verfahren (etwa L 21 AS 1815/19 oder L 12 AS 940/17). Mit der Auflistung aller Berufsrichter des Senats ohne nähere Konkretisierung wird der Senat pauschal abgelehnt. Soweit auch RiLSG X genannt wird, war dieser am vorliegenden Verfahren gar nicht beteiligt.

 

Ein sachlicher Bezug zu den vorliegenden Verfahren insgesamt besteht allein insofern, als der Kläger die Ladung aller sechs von ihm im erkennenden Senat anhängigen Verfahren in 15minütigem Abstand rügt, was als Verhalten dem Senatsvorsitzenden zugeordnet werden kann. Im Verfahren L 21 AS 1251/19 rügt der Kläger die fehlende Beweisaufnahme in Gestalt eines Sachverständigengutachtens zu seiner selbständigen Tätigkeit, dies kann dem Berichterstatter RiLSG B bzw. erneut dem Senatsvorsitzenden zugeordnet werden.

 

Allerdings ist dieselbe Rüge einer fehlenden Sachaufklärung bereits im erwähnten vorangegangenen Ablehnungsantrag vom 21.10.2021 erhoben worden, über den mit Beschluss vom 6.12.2021 unanfechtbar entschieden worden ist. Sowohl der Umfang der Sachaufklärung als auch die konkrete Ausgestaltung der Ladung von Terminen betreffen die Verfahrensführung durch das Gericht und sind grundsätzlich nicht geeignet, eine Ablehnung der zuständigen Richter zu begründen (BSG vom 21.12.2017 – B 14 AS 4/17 B, Rn. 10; BSG vom 31.8.2015 - B 9 V 26/15 B, Rn. 15; Keller, a.a.O., Rn. 8g). Eine auch nur ansatzweise Begründung, warum die monierte Verfahrensführung auf einer unsachlichen Einstellung oder Willkür beruhe und damit ausnahmsweise einen Ablehnungsantrag rechtfertigen können sollte, gibt der Kläger nicht.

 

Soweit der Kläger mit dem Ablehnungsantrag die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 29.4.2022 und eine weitere Beweisaufnahme erzwingen wollte, handelte es sich um eine rechtsmissbräuchliche Anwendung des Ablehnungsrechts (vgl. BSG vom 7.12.2017 – B 5 R 208/17 B, Rn. 13 f.). Dass es dem Kläger maßgeblich um eine Behinderung des Verfahrens ging, zeigt der Umstand, dass er die Anträge trotz Zustellung der Ladung bereits am 23.3.2022 erst unmittelbar vor dem Termin am späten Vormittag des 29.4.2022 gestellt hat.

 

Ohne dass es für die Qualifizierung der Ablehnungsanträge als unzulässig noch darauf ankäme, weist der Senat darauf hin, dass er über die sechs nacheinander geladenen Verfahren des Klägers trotz seiner Abwesenheit mit der Beklagtenseite noch fast zwei Stunden verhandelt hat, nämlich von 13:30 Uhr bis 15:25 Uhr.

 

2. Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil der Kläger ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG; „einseitige mündliche Verhandlung“, vgl. Keller, a.a.O., § 126 Rn. 4).

 

Soweit die vom Kläger am 29.4.2022 gestellten Anträge zugleich als Verlegungsantrag zu verstehen gewesen sein sollten, hat der Senat diese mit Beschluss im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.4.2022 abgelehnt. Ein erheblicher Grund für eine Verlegung bzw. eine Vertagung des Termins im Sinne von § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Abs. 1 ZPO ist weder schlüssig vorgetragen worden noch sonst ersichtlich gewesen. Er ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger gestellten Ablehnungsanträgen und zwar schon wegen deren zuvor dargestellter Unzulässigkeit.

 

Eine Entscheidung noch vor Beginn des Termins und eine Bekanntgabe an den Kläger sind hier weder geboten noch überhaupt möglich gewesen (anders in dem Fall, der BSG vom 12.5.2017 – B 8 SO 69/16 B zugrunde lag). Die ersten Teile der Anträge gingen erst um 11:27 Uhr auf dem Server des LSG ein und waren nicht an den Senat, sondern den Präsidenten bzw. das Präsidium des Landessozialgerichts adressiert. Es folgten weitere, umfangreiche Schriftsätze. Vor Beginn des Termins war dem Vorsitzenden daher eine Sichtung und förmliche Beschlussfassung nicht mehr möglich. Schon der Umstand, dass die umfangreichen und redundanten Schriftsätze auch einen Verlegungsantrag enthalten könnten, war erst nach eingehender Lektüre und Würdigung im Rahmen der mündlichen Verhandlung ersichtlich. Ein „ordnungsgemäß gestellter“ Verlegungsantrag (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 7) lag jedenfalls nicht vor.

 

3. Die zulässige Berufung des Klägers ist in der Sache nicht begründet.

 

Das Sozialgericht hat die Klagen zu Recht abgewiesen, da diese zum Teil unzulässig und im Übrigen unbegründet sind.

 

Die Klagen betreffend die Eingliederungsverwaltungsakte vom 13.10.2015 und 12.01.2016 sind unzulässig. Der Kläger hat insofern ausdrücklich und anders als in den Fällen der anderen Eingliederungsverwaltungsakte Feststellungsklagen erhoben. Statthafte Klageart ist aber – nach erfolglosem Vorverfahren – die reine Anfechtungsklage (Kador, in: Eicher u.a., SGB II, 2021, § 15 Rn. 94). Ist eine Anfechtungsklage statthafte Klageart, ist eine Feststellungsklage unzulässig (Subsidiarität der Feststellungsklage, vgl. Keller, a.a.O., § 55 Rn. 19 ff.). Der prozesserfahrene Kläger ist an der von ihm bewusst gewählten Klageart festzuhalten. Insofern kann dahinstehen, ob im Fall einer Anfechtungsklage ohne Durchführung bzw. Abschluss des Vorverfahrens die Klage als unzulässig abzuweisen oder zuvor zwingend Gelegenheit zur Nachholung zu geben ist (vgl. hierzu Becker, in: BeckOGK-SGG, § 78 (Stand: 1.8.2022) Rn. 36 f.).

 

Im Übrigen ist der Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da diese rechtmäßig sind.

 

Der Senat nimmt auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug und macht sich diese nach Prüfung zu Eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).

 

Der Senat teilt insbesondere die Einschätzung des Sozialgerichts, dass die in den Eingliederungsverwaltungsakten vorgesehenen Pflichten und Leistungen in einem angemessenen Verhältnis stehen (vgl. hierzu Herbst, in: jurisPK-SGB II, § 15 (Stand: 10.6.2022) Rn. 113 ff.) und die Pflicht zum Nachweis von zehn Bewerbungen bei zugesagter Übernahme der damit verbundenen Kosten keine grundsätzlichen Bedenken begegnet (vgl. hierzu Weber, in: jurisPK-SGB II, § 31 (Stand: 31.2.2022) Rn. 53).

 

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es auch keinen Bedenken begegnet, dass der Beklagte im Zeitraum 2014/2015 wiederholt Eingliederungsvereinbarungen mit dem Kläger schließen wollte und diese wegen fehlender Kooperation des Klägers wiederholt durch Eingliederungsverwaltungsakte ersetzt hat. § 15 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB II in der bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung sah ausdrücklich wiederholte Eingliederungsvereinbarungen vor. Sowohl der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung als auch deren Ersetzung durch einen Eingliederungsverwaltungsakt bei Nichtzustandekommen einer Vereinbarung waren danach die Regel („soll“), von der entsprechend nur in Ausnahmefällen abgesehen werden konnte. Zwar darf sich der Leistungsträger bei wiederholtem Erlass eines Eingliederungsverwaltungsaktes nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen, etwa primär das Ziel einer Leistungsminderung durch nachfolgende Sanktionierung im Sinne einer Bestrafung verfolgen (vgl. Weber, a.a.O, Rn. 60; BSG vom 29.4.2015 – B 14 AS 19/14 R, Rn. 45 ff. zum Fall sieben aufeinanderfolgender Meldeaufforderungen zum selben Zweck). Im vorliegenden Fall ging es dem Beklagten zur Überzeugung des Senats jedoch um den legitimen Zweck der Eingliederung in Arbeit (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II a.F.). Würde bei beharrlicher Weigerung der leistungsberechtigten Person vorschnell die Möglichkeit der wiederholten Vereinbarung von Bewerbungsbemühungen bzw. deren Ersetzung durch einen Eingliederungsverwaltungsakt verneint, würde zum einen die Intention des SGB II konterkariert (vgl. auch § 2 SGB II: Grundsatz des Forderns). Zum anderen würden im Ergebnis diejenigen leistungsberechtigten Personen benachteiligt, die entsprechend ihrer gesetzlichen Pflicht kontinuierlich mitwirken. Anders als in dem vom BSG am 29.4.2015 entschiedenen Fall (BSG, a.a.O., Rn. 48) drängte es sich aus Sicht des Senats für den Beklagten hier auch nicht auf, von weiteren Verpflichtungen abzusehen und stattdessen den sich beharrlich weigernden Kläger allein wegen seiner Weigerung ärztlich untersuchen zu lassen.

 

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung, weil der Kläger im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt.

 

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

5. Anlass, die Revision zuzulassen (§ 160 SGG), bestand nicht.

 

 

 

Rechtskraft
Aus
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