Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2022 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2022.
Die 1933 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie bezieht Leistungen nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nach Pflegegrad 5 und ist seit September 2018 in einem Pflegeheim untergebracht, wofür monatliche Kosten in Höhe von 3.755,96 € (Stand März 2021) anfielen. Diese Kosten wurden durch Leistungen der Pflegekasse gemäß § 43 SGB XI (2.005,00 €), den aus der Altersrente der Klägerin (1.071,27 € brutto, Stand März 2021) zu erbringenden Eigenanteil sowie Leistungen des Landratsamts B in Form von Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) gedeckt.
Auf den im Februar 2021 durch den Betreuer gestellten Antrag der Klägerin, sie von weiteren Zuzahlungen für das Kalenderjahr 2021 zu befreien, setzte die Beklagte mit Bescheid vom 3. März 2021 die Belastungsgrenze auf der Grundlage der Renteneinkünfte der Klägerin (Altersrente 1.071,27 € x 12 Monate = 12.855,24 €) mit 1% der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt in Höhe von 128,55 € fest. Den dagegen mit der Begründung eingelegten Widerspruch der Klägerin, die Belastungsgrenze errechne sich nicht aus den tatsächlichen Einkünften, sondern aus dem Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1, da sie Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XII beziehe, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2021 zurück und führte zur Begründung aus, für Bezieher von „Hilfe zur Pflege“ werde die Belastungsgrenze nur dann nach dem Regelbedarf berechnet, sofern sie auch Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII (Hilfe zum Lebensunterhalt) oder dem 4. Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) bezögen. Soweit Betroffene, wie die Klägerin, über Einkommen verfügten, das so hoch sei, dass kein Anspruch auf Grundsicherung bestehe, sei eine individuelle Belastungsgrenze anhand des bezogenen Einkommens zu ermitteln.
Mit ihrer am 6. September 2021 beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, gemäß § 62 Abs. 2 Satz 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) berechne sich die Belastungsgrenze nicht nur dann nach der Regelbedarfsstufe 1, wenn die betroffene Person Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt beziehe (Nr. 1), sondern nach Nr. 2 der Regelung auch dann, wenn die Kosten der Unterbringung in einem Heim von der Sozialhilfe getragen würden, was bei ihr der Fall sei.
Die Beklagte trat der Klage mit der Begründung entgegen, von § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V würden nur Versicherte erfasst, die in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung tatsächlich untergebracht seien und die Kosten der Unterbringung tatsächlich von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen würden. Versicherte, die, wie die Klägerin, lediglich Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII bezögen und denen nur ein Taschengeldbetrag verbleibe, müssten den Leistungsbeziehern nach §§ 27 ff. SGB XII nicht gleichgestellt werden.
Mit Urteil vom 2. August 2022 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 3. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2021, die für die Erteilung der Befreiung zu leistende Zuzahlung für das Jahr 2021 auf 53,52 € festzusetzen und führte zur Begründung aus, die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt seien nach dem Regelbedarf zu bemessen. Zwar erhalte die Klägerin im Sinne des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 SGB V nicht die dort genannte Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII, jedoch unterfalle die Klägerin der Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V, da sie tatsächlich in einem Heim untergebracht sei und die Kosten der Unterbringung (auch) von einem Träger der Sozialhilfe getragen würden. Die vom Landkreis nach Anrechnung des Renteneinkommens (abzüglich des Barbetrages) geleistete Hilfe zur Pflege beziehe sich auch auf die ebenfalls ungedeckten Kosten der Unterbringung im Heim. Die Auffassung der Beklagten, wonach auch für § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V der Bezug von Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB XII vorausgesetzt werde, überzeuge nicht, da diese Personen bereits von Nr. 1 der Vorschrift erfasst würden und es für Nr. 2 der Regelung an einem eigenständigen Anwendungsbereich fehle. Zu Recht habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr im Ergebnis nur der Barbetrag zur Verfügung stehe, so dass sich ihre Situation wirtschaftlich nicht von derjenigen eines Beziehers von Hilfe zum Lebensunterhalt in einem Heim unterscheide, der auch nach Auffassung der Beklagten von § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V erfasst werde. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen, da Gründe hierfür nicht vorlägen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung hat die Beklagte am 22. August 2022 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung zu. Streitig sei, ob bei Heimbewohnern mit einem Bezug von Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII (7. Kapitel) die Berechnung der Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung nach ihrem tatsächlichen Einkommen oder nach dem Regelbedarf vorzunehmen sei. Diese Rechtsfrage sei klärungsfähig und auch klärungsbedürftig, da sie höchstrichterlich nicht entschieden sei und zu deren Beantwortung unterschiedliche Auffassungen vertreten würden. Im 7. Kapitel (Hilfe zur Pflege) des SGB XII werde selbst nicht definiert, welche konkreten Leistungen inhaltlich als Hilfe zur Pflege im Rahmen stationärer Aufenthalte relevant seien. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass der Anspruch auf stationäre Pflege dem Inhalt des Anspruchs auf stationäre Pflege nach § 43 Abs. 1 SGB XI entspreche. Auch § 43 Abs. 1 SGB XI verstehe unter vollstationären Pflegeleistungen zunächst keine Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Nach § 43 Abs. 2 SGB XI seien unter vollstationärer Pflege alle Leistungen zu verstehen, die während eines vollstationären Aufenthaltes pflegerisch erforderlich seien. Nach der Definition des § 43 Abs. 2 SGB XI seien dies „pflegebedingte Aufwendungen sowie Aufwendungen für Betreuung und Aufwendungen für die in der Einrichtung notwendigen Leistungen der medizinischen Behandlungspflege“. Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII sei demnach eine zweckgebundene Leistung. Darunter würden nur die Kosten für die Pflege, die nicht durch die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung abgedeckt seien, übernommen. Nicht hiervon erfasst seien die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Soweit in § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V vorausgesetzt werde, dass die Kosten der Unterbringung in einem Heim (Kosten für Unterkunft und Verpflegung) von einem Sozialhilfeträger übernommen werden, würden diese Kosten allein über Hilfen zum Lebensunterhalt nach §§ 27 ff. SGB XII übernommen. Versicherte, die lediglich die Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII bezögen und denen nur ein Taschengeldbetrag verbleibe, seien den Leistungsbeziehern nach §§ 27 ff. SGB XII nicht gleichzustellen. § 62 SGB V lasse es nicht zu, fiktive Bruttoeinnahmen zugrunde zu legen. Sofern kein Anspruch auf Sozialleistungen im Sinne des 3. oder 4. Kapitels des SGB XII, also Leistungen zum Lebensunterhalt bestehe, würden diese Versicherten nicht von den Ausnahmeregelungen des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 und 2 SGB V erfasst.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2022 zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nicht vorlägen. Die von der Beklagten aufgeworfene Rechtsfrage sei nicht klärungsbedürftig, da sie sich völlig unproblematisch aus dem Gesetz beantworteten lasse. Soweit die Beklagte vortrage, die Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V erfasse nur Personen, deren Einkommen nicht ausreiche, um den Bedarf nach dem 3. Kapitel SGB XII zu decken, ergebe sich aus der Regelung in Nr. 1 der Vorschrift eindeutig, dass dies nicht zutreffe, weil die Unterscheidung zwischen Nr. 1 und Nr. 2 ansonsten keinen Sinn ergebe. Auch mit dem Hinweis auf § 43 Abs. 2 SGB XI könne man zu keinem anderen Ergebnis gelangen, da sich aus Satz 3 der Regelung ergebe, dass die Pflegekasse auch die Kosten der Unterkunft und Verpflegung tragen könne. Im Übrigen handele es sich bei § 43 Abs. 2 SGB XI mitnichten um eine Legaldefinition des Begriffs Kosten der Unterbringung, der in § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB XI verwandt werde. Mit Kosten der Unterbringung seien gerade nicht die Kosten der Unterkunft gemeint, sondern schon dem Wortlaut nach, die der Unterbringung, d.h. alle Leistungen, die im Zusammenhang mit der Unterbringung in einem Pflegeheim anfielen. Dies sei nicht klärungsbedürftig, da dies der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sei.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 2. August 2022 ist statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.
Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der hier anwendbaren, ab 1. April 2008 geltenden Fassung bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 € nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Der Beschwerdewert beträgt 75,03 € (Differenz zwischen 128,55 € und 53,52 €).
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.
a) Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 20. Dezember 1955 – 10 RV 225/54 – juris, Rn. 18, zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 28; vgl. dort auch § 160 Rn. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsbedürftig, wenn sie der Klärung bedarf, sie also weder bereits geklärt noch so gut wie unbestritten ist. Damit fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften ergibt und von vornherein praktisch außer Zweifel steht (BSG, Beschluss vom 11. August 2016 – B 3 P 22/16 B – juris, Rn. 7 m.w.N.).
So liegt der Fall hier. Der Rechtsstreit wirft keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung auf. Die von der Beklagten als klärungsbedürftig aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei Heimbewohnern mit einem Bezug von Hilfe zur Pflege nach den §§ 61 ff. SGB XII (7. Kapitel) die Berechnung der Belastungsgrenze für die Zuzahlungsbefreiung nach dem tatsächlichen Einkommen oder nach dem Regelbedarf vorzunehmen ist, ergibt sich unmittelbar aus der Reglung des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V. Die Rechtsfrage ist daher nicht klärungsbedürftig.
Nach § 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V ist abweichend von den Sätzen 1 bis 3 bei Versicherten, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder die ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach einem Gesetz, dass dieses für anwendbar erklärt, erhalten (Nr. 1), bei denen die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden (Nr. 2) sowie für den in § 264 genannten Personenkreis als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelsatz für die Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 SGB XII maßgeblich. § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V bestimmt somit, dass sich die Belastungsgrenze bei Versicherten, die in einem Heim untergebracht sind, nach dem Regelbedarf bestimmt, wenn die Kosten der Unterbringung von einem Träger der Sozialhilfe getragen werden. Nach dem Wortlaut der Regelung ist Tatbestandsvoraussetzung die Unterbringung des Versicherten in einem Heim oder einer anderen Einrichtung und die entsprechende Kostentragung (zumindest teilweise) durch den Sozialhilfeträger. Der Wortlaut der Vorschrift bietet keine Anhaltspunkte dafür, dass zur Erfüllung der Tatbestandvoraussetzungen darüber hinaus erforderlich ist, dass Versicherte auch Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII beziehen. Die Regelung knüpft – anders als Nr. 1 der Vorschrift – gerade nicht an einen Bezug der genannten Leistungen an, sondern ganz allgemein an die Kostentragung durch den Sozialleistungsträger. Daher ist nicht zweifelhaft, dass der Anwendungsbereich des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V auch dann eröffnet ist, wenn der Sozialleistungsträger im Hinblick auf die Unterbringungskosten andere als die genannten Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel erbringt. § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V stellt sich als Sonderregelung für Versicherte dar, die nicht von Nr. 1 der Regelung erfasst werden, weil sie keine Leistungen nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII beziehen, gleichwohl jedoch wegen der Heimunterbringung bedürftig sind und deshalb Anspruch auf Leistungen des Sozialhilfeträgers, wie Hilfe zur Pflege haben. Damit verbietet es sich, die Regelung im Sinne der Auffassung der Beklagten nur dann anzuwenden, wenn die im Heim untergebrachten Versicherten auch Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem 3. Kapitel des SGB XII oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung nach dem 4. Kapitel des SGB XII beziehen. Unter diesen Voraussetzungen wäre die Regelung des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V gänzlich entbehrlich, da im Heim untergebrachte Versicherte, die Leistungen nach dem 3. oder 4. Kapitel des SGB XII beziehen, bereits von § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 1 SGB V erfasst werden. Die Tatbestandsalternative des § 62 Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 SGB V wäre dann entbehrlich.
b) Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor.
Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des Sozialgerichts zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das Sozialgericht muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 160 Rn. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil vom 2. August 2022 nicht aufgestellt. Etwas Anderes hat auch die Beklagte nicht behauptet. Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3. März 1994 – 1 RK 33/93 – juris) zur früher in § 61 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB V (in der bis 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) geregelten vollständigen Befreiungsmöglichkeit, dass dieses ebenfalls die Tragung der Heimkosten von einem Sozialhilfeträger (§ 61 Abs. 2 Nr. 3 SGB V a.F.) als eigenständigen Tatbestand ansah, d.h. unabhängig vom Bezug von Hilfen zum Lebensunterhalt (§ 61 Abs. 2 Nr. 2 SGB V a.F.).
c) Auch ein Verfahrensmangel im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG liegt nicht vor und ist auch von der Beklagten nicht vorgetragen worden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
4. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
5. Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 2674/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 2403/22 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Rechtskraft
Aus
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