L 9 AS 823/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AS 1893/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 823/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger begehrt im Berufungsverfahren noch die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 01.10.2017 bis 31.03.2018, nachdem ein Versagungsbescheid für diesen Zeitraum durch den Beklagten aufgehoben worden ist, sowie die Zahlung von Zinsen.

Der 1984 geborene Kläger war ab dem Wintersemester 2015/2016 als Student an der R-K-Universität H eingeschrieben, für die Sommersemester 2016 und 2017 war er beurlaubt, zum Wintersemester 2018/2019 wurde er exmatrikuliert. Darüber hinaus befand sich der Kläger seit dem Jahr 2017 in einem Räumungsrechtsstreit mit seiner (früheren) Vermieterin – dem Studierendenwerk H -, der nach Angaben des Klägers schließlich am 25.10.2019 zur Zwangsräumung der Wohnung führte. Im streitigen Zeitraum war für das Wohnheimzimmer ein Mietzins in Höhe von 306,00 € zu entrichten.

Nachdem der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 06.10.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab dem 01.07.2017 versagte (diese Versagung war Gegenstand des Rechtsstreits S 16 AS 546/18 vor dem SG und des Verfahrens L 9 AS 720/20 vor dem erkennenden Senat), reichte der Kläger mit beim Beklagten am 11.10.2017 eingegangenen Schreiben umfangreiche Unterlagen zu den Akten.

Unter dem 30.11.2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er sein Studium auf ein Teilzeitstudium umgestellt habe und nunmehr Leistungen ab dem 01.10.2017 beantrage.

Mit Bescheid vom 05.03.2018 versagte der Beklagte die unter dem 30.11.2017 ab dem 01.10.2017 beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen fehlender Mitwirkung des Klägers. Dem Kläger seien zwei Termine zur Sofortberatung vergeben worden, zu denen er ohne Angabe von Gründen nicht erschienen sei. Der Kläger, der am 30.11.2017 erneut die Gewährung von Leistungen formlos beantragt habe, habe weder den notwendigen Antrag abgeholt noch den ausgefüllten Antrag und die zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit erforderlichen Unterlagen eingereicht, wozu er verpflichtet sei. Aufgrund der fehlenden Mitwirkung sei es dem Beklagten nicht möglich, den Sachverhalt aufzuklären und festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Leistungsbewilligung vorliegend erfüllt seien. Die Voraussetzungen für die Versagung der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung seien daher gegeben. Gründe, die einer Versagung der Leistung entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Leistungen könnten ab Vorlage der Unterlagen unter Umständen erst ab dem Datum des vollständigen Eingangs und nicht mehr rückwirkend erbracht werden.

Hiergegen erhob der Kläger am 08.04.2018 Widerspruch und führte zu dessen Begründung aus, dem Beklagten hätten sämtliche erforderlichen Unterlagen spätestens im Oktober 2017 vorgelegen. Er habe bei seiner erneuten Antragstellung Ende November 2017 lediglich darauf hingewiesen, dass er von der Universität nun nicht mehr beurlaubt sei, sondern in Teilzeit studiere. Weitere Unterlagen seien daher nicht erforderlich gewesen und seien von dem Beklagten auch nicht angefordert worden.

Ebenfalls unter dem 08.04.2018 stellte der Kläger beim SG einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (S 16 AS 986/18 ER), der nach der vorläufigen Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab dem 01.04.2018 bis zum 30.09.2018 durch den Beklagten mit Bescheid vom 24.05.2018 mangels Eilbedürftigkeit mit Beschluss vom 21.06.2018 abgelehnt wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.06.2018 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Versagungsbescheid vom 05.03.2018 als unbegründet zurück. Hinsichtlich des Leistungsanspruchs bis März 2018 habe der Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.03.2018 keinen Erfolg; der Kläger habe erstmals im Rahmen des am 08.04.2018 beim SG angestrengten Verfahrens durch sein Erscheinen bei einem Erörterungstermin am 18.05.2018 Bereitschaft zur Mitwirkung signalisiert. Insoweit könnten frühestens ab diesem Zeitpunkt Leistungen gewährt werden.

Hiergegen hat der Kläger am 09.07.2018 Klage beim SG erhoben, ohne diese weiter zu begründen. Er hat beantragt, den Widerspruchsbescheid vom 05.06.2018 aufzuheben und das Jobcenter zur Gewährung und Zahlung sowie Verzinsung der beantragten Leistungen für die Monate Oktober 2017 bis März 2018 in gesetzlicher Höhe vom 01.10.2017 bis 31.03.2018 zu verurteilen.

Mit Bescheid vom 17.01.2020 gewährte der Beklagte für den Zeitraum 01.10.2017 bis 31.03.2018 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 715,00 € monatlich für Oktober bis Dezember 2017 und in Höhe von 722,00 € monatlich für Januar bis März 2018.

Das SG hat den Beteiligten mit Schreiben vom 04.02.2020 mitgeteilt, dass nach seiner Auffassung der Bewilligungsbescheid vom 17.01.2020 nicht Gegenstand des Verfahrens geworden sei.

Mit Schriftsatz vom 05.02.2020 hat der Beklagte den Versagungsbescheid vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2018 aufgehoben.

Daraufhin hat das Gericht den Kläger um Mitteilung gebeten, ob er das Verfahren für erledigt erkläre und den Beteiligten mitgeteilt, dass für den Fall der Fortführung des Rechtsstreits die Absicht bestehe, das Verfahren durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Der Kläger hat gegen die Ankündigung, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, am 28.02.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Az. L 9 AS 718/20) eingelegt, die er unter dem 19.03.2020 zurückgenommen hat.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.01.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Die Klage gegen den Versagungsbescheid vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.06.2018 sei als reine Anfechtungsklage statthaft. Sofern der Kläger neben der Aufhebung des Versagungsbescheides die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum Oktober 2017 bis März 2018 begehre, sei dies von Anfang an nicht statthaft und mithin unzulässig gewesen.
Eine Fallkonstellation, in der ausnahmsweise bei einer Klage gegen einen Versagungsbescheid zusätzlich ein Antrag auf Leistungen in Betracht komme, sei vorliegend nicht gegeben. Aber auch im Übrigen sei die Klage nach Bewilligung der Leistungen durch Bescheid vom 17.01.2020 und der ausdrücklichen Aufhebung des hier streitbefangenen Bescheides vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2018 nunmehr unzulässig, da das Rechtsschutzbedürfnis an der Klage entfallen sei. Der vom Kläger angegriffene Versagungsbescheid habe sich erledigt, weil der Beklagte ihn aufgehoben habe. Der Anrufung des Gerichts bedürfe es daher nicht mehr, da der Versagungsbescheid vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.06.2018 nicht mehr existent sei. Der Bewilligungsbescheid vom 17.01.2020 ändere diese Bescheide weder ab noch ersetze er sie und werde nicht Gegenstand des Verfahrens. Sofern der Kläger sich gegen die Höhe der nunmehr für den hier streitbefangenen Zeitraum bewilligten Leistungen wenden wolle, so habe er sich gegen den Bewilligungsbescheid vom 17.01.2020 zu wenden.

Gegen den ihm am 21.01.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 22.02.2021, einem Montag, Berufung eingelegt, diese aber nicht begründet.

Der Kläger beantragt wörtlich:

Der Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung der bisherigen Bescheide, Widerspruchsbescheide und Änderungsbescheide, dem Kläger Leistungen wie folgt zu bewilligen und zu zahlen:
---2.286,00 €--- (Kosten der Unterkunft i.H.v. 306,00 € für die Monate Oktober, November und Dezember 2017, sowie Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 228,00 € für die Monate Oktober, November, Dezember 2017, Januar, Februar und März 2018)
Zinsen nach § 44 SGB I auf den - unter I. genannten Betrag (---2.286,00 €---) zuzüglich der ---3.438,00 €--- die im Januar 2020 bewilligt und gezahlt wurden, auf somit insgesamt ---5.724,00 €--- - ab dem 01.10.2017 bis zum 31.12.2019
Zinsen nach § 44 SGB I auf den unter I. genannten Betrag (---2.286,00 €---) ab dem 01.01.2020 bis zur Leistung

Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.

Mit Beschluss vom 24.06.2021 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berichterstatterin übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Der Senat konnte über die Berufung des Klägers entscheiden, obwohl dieser in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war. Auf diese Möglichkeit ist der Kläger in der Ladung zum Termin hingewiesen worden (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Kläger ist mit der ihm am 24.02.2022 zugestellten Ladung im Sinne des § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG darauf hingewiesen worden, dass auch im Falle seines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden könne. Dem Kläger war damit die Gelegenheit eingeräumt worden, sich zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung in der mündlichen Verhandlung zu äußern. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 Abs. 1 SGG war durch die Vorsitzende mit Blick auf die umfangreichen schriftlichen Hinweise und den aufgeklärten Sachverhalt nicht als erforderlich angesehen worden. Dem erst am Tag der Sitzung knapp 2,5 Stunden vor Sitzungsbeginn beim LSG Baden-Württemberg eingegangenen Terminverlegungsantrag war nicht stattzugeben und die mündliche Verhandlung nicht zu vertagen, weil der Kläger einen erheblichen Grund im Sinne des § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 227 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) zwar vorgetragen, jedoch nicht ausreichend glaubhaft gemacht hat. Gerade bei – wie hier – sehr kurzfristig vor dem Termin gestellten Anträgen auf Terminverlegung bestehen hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung des geltend gemachten erheblichen Grundes (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 28.09.2018, B 9 V 22/18 B, Juris m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt der vom Kläger gestellte Antrag auf Terminverlegung nicht. Zwar hat der Kläger gegenüber dem Senat vorgebracht, aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Termin erscheinen zu können. Er hat jedoch die gesundheitlichen Gründe nicht glaubhaft gemacht. Er hat bis zum Sitzungsbeginn (und auch danach) entgegen seiner Ankündigung kein Attest vorgelegt. Es liegt keine ärztliche Bescheinigung vor, aus der sich die Art oder Schwere und die voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen, was das BSG jedoch in der zitierten Entscheidung gefordert hat (BSG, a.a.O.). Denn nur dann kann das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst beurteilen. Aus dem Protokoll über den Termin vom 16.11.2021 geht hervor, dass zu prüfen sein wird, aufgrund welcher Befunde Verhandlungsunfähigkeit, wie von der Hausärztin bescheinigt, anzunehmen ist. Der Kläger konnte und durfte daher nicht davon ausgehen, dass das Attest der Hausärztin vom 29.10.2021 auch für künftige Termine ausreichend sein wird, um einem Antrag auf Terminverlegung zu entsprechen. Der Kläger hat trotz entsprechender Aufforderung vom 25.11.2021 schließlich keine Schweigepflichtentbindungserklärung vorgelegt, die dem Senat eigene Ermittlungen hinsichtlich seiner Verhandlungsfähigkeit ermöglicht hätte. Der Kläger durfte und musste, da er eine Terminsaufhebung nicht erhalten hat, auch davon ausgehen, dass der Termin stattfindet (BSG, Urteil vom 06.10.2010 - B 12 KR 58/09 B -, Juris). Aufgrund des kurzfristigen Terminverlegungsantrags, der erst 2,5 Stunden vor Sitzungsbeginn eingegangen ist, hätte der Kläger, etwa durch eine telefonische Rückfrage bei der Geschäftsstelle, klären müssen, ob der Termin zur mündlichen Verhandlung stattfindet oder aufgehoben wurde.

2. Die Berufung hat keinen Erfolg.

Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Übertragung gemäß § 153 Abs. 5 SGG mit Beschluss vom 24.06.2021 durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 SGG liegen nicht vor.

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid des SG vom 11.01.2021, mit dem das SG über den Antrag des Klägers auf Aufhebung des Bescheids vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2018 und die Gewährung von Leistungen in gesetzlicher Höhe für die Zeit vom 01.10.2017 bis 31.03.2018 sowie die Verzinsung der beantragten Leistungen entschieden hat. Mit dem Berufungsverfahren macht der Kläger wörtlich die Gewährung von Leistungen in Höhe von 2.286,00 € (Kosten der Unterkunft i.H.v. 306,00 € für die Monate Oktober, November und Dezember 2017, sowie Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung i.H.v. 228,00 € für die Monate Oktober, November, Dezember 2017, Januar, Februar und März 2018), Zinsen nach § 44 SGB I auf den - unter I. genannten Betrag (- 2.286,00 € -) zuzüglich der 3.438,00 €, die im Januar 2020 bewilligt und gezahlt wurden, auf somit insgesamt 5.724,00 € ab dem 01.10.2017 bis zum 31.12.2019 sowie Zinsen nach § 44 SGB I auf den unter I. genannten Betrag (-2.286,00 €-) ab dem 01.01.2020 bis zur Leistung geltend.

Die Berufung ist nicht begründet; das SG hat die Klage zu Recht insgesamt als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des SG Bezug genommen.

Soweit der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 16.03.2020 um die Gewährung von Zinsen erweitert hat, ist das Begehren nicht zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Dass der angefochtene Gerichtsbescheid in den Entscheidungsgründen dieses Begehren nicht ausdrücklich erwähnt, steht einer Prüfung im Berufungsverfahren nicht entgegen. Die Klageänderung war unzulässig. Gemäß § 99 SGG ist eine Klageänderung nur dann zulässig, wenn die Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Der Beklagte hat in die Klageänderung nicht eingewilligt; eine entsprechende Änderung war auch nicht sachdienlich.

Hinsichtlich der geltend gemachten Zinsen nach § 44 SGB I wurde keine Verwaltungsentscheidung getroffen. Ein solcher Anspruch wäre zunächst bei dem Beklagten geltend zu machen und durch diesen zu bescheiden, bevor eine diesbezügliche Klage zulässig wäre. Da der Rechtsstreit insoweit auf eine völlig neue Grundlage gestellt wird, ist eine Einbeziehung der geltend gemachten Zinsen nicht sachdienlich (zu den Voraussetzungen vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, § 99 Rdnr. 10a).

Es liegt auch keine rügelose Einlassung des Beklagten vor. Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist gemäß § 99 Abs. 2 SGG anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben. Eine rügelose Einlassung liegt bereits vor, wenn der andere Beteiligte in der mündlichen Verhandlung oder in einem Schriftsatz einen Gegenantrag stellt oder sich zur Sache äußert, ohne durch eine Gegenerklärung die Zulässigkeit der Klageänderung wenigstens vorsorglich zu rügen. Ob er sich der Rechtsfolgen seiner Erklärung beziehungsweise seines Verhaltens bewusst war, ist dabei nicht erheblich (vgl. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 99 Rdnr. 9, m.w.N.). Eine solche rügelose Einlassung des Beklagten liegt hier nicht vor, da der Beklagte weder Stellung zu den Anträgen des Klägers genommen noch sich zur Sache geäußert hat.

Nachdem der Kläger die Zinsen nicht als Prozesszinsen, sondern ausdrücklich nach § 44 SGB I geltend macht, greift auch § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG, wonach es nicht als Änderung der Klage anzusehen ist, wenn ohne Änderung des Klagegrunds der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird, nicht.

Soweit der Kläger die Gewährung von Leistungen für die Monate Oktober 2017 bis März 2018 begehrt, ist die Berufung nicht begründet.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegt, dass der auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Leistungen in gesetzlicher Höhe für den Zeitraum Oktober 2017 bis März 2018 gerichtete Antrag des Klägers von Anfang an unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zulässig war. Die vom Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 07.01.2009 (B 4 AS 78/08 R) aufgeführten besonderen Fallkonstellationen, in denen ausnahmsweise bei einer Klage gegen einen Versagungsbescheid zusätzlich ein Antrag auf Leistung in Betracht kommt, sind vorliegend nicht gegeben. Der Bescheid vom 17.01.2020, mit dem dem Kläger für die Zeit vom 01.10.2017 bis 01.03.2018 Leistungen bewilligt worden sind, ist nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, da er den aufgehobenen Versagungsbescheid vom 05.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.06.2018 weder abändert noch ersetzt (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 15.03.2022 - L 9 AS 720/20 -, n.v.).

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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