I. Die Antragsgegnerin wird vorläufig im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Antragstellerin mit der begehrten Immunadsorptionstherapie bis 31.03.2023 als Sachleistung zu versorgen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
G r ü n d e
I.
Streitig ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die vorläufige Versorgung der Antragstellerin mit einer Immunadsorptionstherapie.
Die Antragstellerin ist 1992 geboren.
Die Praxis Dr. S1/Dr. C1 stellte mit Schreiben vom 08.07.2022 bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf einen individuellen Heilversuch mit einer Immunadsorption und einer HELP-Apherese. Es liege bei der Antragstellerin ein ausgeprägtes chronisches Müdigkeitssyndrom vor und eine dramatische klinische Situation. Die zwei beantragten Behandlungen seien die einzigen Therapieoptionen, da laut Studienlage ansonsten keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten mehr vorhanden seien.
Mit Bescheid vom 19.07.2022 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab. Es handle sich jeweils um eine neue Behandlungsmethode, für die die Krankenkasse keine Kosten übernehmen könne. Eine Ausnahme sei bei lebensbedrohlichen Erkrankungen möglich, für die keine andere Behandlungsmethode vorhanden sei. Vor diesem Hintergrund käme vorliegend jedoch keine Kostenübernahme in Betracht.
Hiergegen erhob die Antragstellerin Widerspruch.
Die behandelnde Praxis Dr. C1/Dr. S1 verwies mit Schreiben vom 10.08.2022 darauf, dass die Antragstellerin mittlerweile bettlägerig sei, es liege eine lebensbedrohliche Situation vor wegen der sich verschlechternden Ernährungssituation. Jede Möglichkeit der ausreichenden Nahrungszufuhr entfalle, es drohe Tod durch Verhungern. Die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 a SGB V würden vorliegen.
Außerdem liegt ein Schreiben des M-Zentrum vom 10.08.2022 an die Antragsgegnerin vor. Auch das M-Zentrum beantragte die Kostenübernahme für beide Behandlungsmethoden. Die Antragstellerin sei in einem äußerst reduzierten Allgemeinzustand, es seien keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten laut Studienlage vorhanden.
Der MDK kam im September 2022 zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 a SGB V bezüglich der HELP-Apherese nicht vorliegen. Es liege keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, zudem würden noch Behandlungsoptionen vorliegen, es sei schon mehrfach auf eine Optimierung der psychiatrischen Therapie hingewiesen worden. Zudem hätten die beantragten Behandlungen keine Erfolgsaussichten.
Am 17.11.2022 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Die Antragsgegnerin warte auf eine Antwort des Medizinischen Dienstes. Ein erstes Gutachten habe trotz des Hinweises auf die lebensbedrohliche Situation acht Wochen gedauert und sei dann aber inhaltlich und formal so fehlerhaft gewesen, dass ein zweites Gutachten angefordert wurde. Dieses liege jedoch immer noch nicht vor. Ihre Lage werde täglich kritischer, da sie wegen einer schweren gastrointestalen Motilitätsstörung verbunden mit spastischen Krämpfen kaum noch essen und trinken könne. Eine parenterale Ernährung habe sie nicht vertragen (weitere Verschlechterung der Magen-/Darmfunktion). Wegen der ausgeprägten Medikamentenunverträglichkeit bestünden keine weiteren Therapieoptionen, es liegen pathologische Werte im Bereich Autoantikörper vor und es gebe zahlreiche wissenschaftliche Berichte über den vermutlich autoimmunen Ursprung von POTS und ME/CFS. Die Antragstellerin teilte mit, bis auf Zinseinkünfte keine Einkünfte zu haben.
Die Antragsgegnerin erwiderte, dass der Antrag abzulehnen sei. Der Antrag sei bei ihr am 11.07.2022 eingegangen. Laut der Beurteilung des MDK von 09/22 seien aus den Laborbefunden allenfalls grenzwertige Befunde zu erkennen, lediglich das IgG sei signifikant erhöht. Der MDK habe um Vorlage weiterer Befunde gebeten. Nach dem MDK seien die Voraussetzungen nach § 135 SGB V bezüglich der HELP-Apherese nicht erfüllt. Wegen der Immunadsorption liege die Stellungnahme des MDK noch nicht vor. Bezüglich dieser Behandlung habe der GBA jedoch keine Empfehlung abgegeben, es handle sich daher um eine außervertragliche Behandlungsmethode, für die die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen könne. Sollte diese Behandlung stationär erfolgen, gelte § 137 c Abs. 3 SGBV. Die Norm treffe keine Aussage über einen Leistungsanspruch des Versicherten. Außerdem werde davon ausgegangen, dass bei Vorliegen von Behandlungsbedürftigkeit die beantragte Behandlung nach § 137 c Abs. 3 SGB V vom Krankenhaus durchgeführt werde. Bezüglich § 2 Abs. 1 a SGB V sei festzustellen, dass keine Erkrankung im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, insoweit wurde auf die MDK-Stellungnahme vom 22.09.2022 hingewiesen. Schließlich sei auch kein Anordnungsgrund dargelegt, es müssten die wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft gemacht werden sowie dass sich die Versicherte die Leistung nicht selbst beschaffen könne.
Auf gerichtliche Nachfrage erklärte die Antragstellerin, dass sich der Antrag nur im gerichtlichen Eilverfahren auf die Immunadsorption beschränke. Sie legte außerdem Kontoauszüge der letzten drei Monate vor und teilte mit, dass ihr Lebensunterhalt durch ihre Mutter bestritten werde. Beim M-Zentrum K-Stadt koste eine Therapiesitzung ca. 2100 €. Beim M-Zentrum sehe das Therapieschema vorerst 5 Sitzungen im Abstand von 2 Tagen vor.
Die HELP-Apherese im M-Zentrum K-Stadt konnte sie nicht mehr wahrnehmen, da sie nicht mehr transportfähig sei. Sie versuche nun eine wohnortnahe Behandlung zu bekommen. Die HELP-Apherese sei im Klinikum A-Stadt mangels Gerät nicht möglich. Eine Immunadsorption sei dort aus haftungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Das Problem sei, dass nur wenige Ärzte mit ME/CFS vertraut seien. Es würden alle Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 a SGB V vorliegen, es wurde auf den "Nikolausbeschluss" des Bundesverfassungsgerichts verwiesen. Zudem gebe es zu der Behandlung neue Veröffentlichungen. Die Antragstellerin legte eine Stellungnahme des M-Zentrums K-Stadt vor, in dem dieses Ausführungen zum aktuellen wissenschaftlichen Stand bezüglich der streitigen Behandlungen machen.
Das Sozialgericht zog einen Befundbericht des M-Zentrums K-Stadt bei.
Die Antragsgegnerin teilte mit, dass das Gutachten des MDK zur Immunadsorption nicht vorliege bisher. Es wurde auf die Entscheidungen des LSG Bayern vom 19.07.05 und des BSG vom 28.03.2000 verwiesen, eine Kostenübernahme käme daher nicht in Betracht. Außerdem seien die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 a SGB V nicht erfüllt. Es sei nicht erkennbar, dass die Immunadsorption eine auf Indizien gestützte nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf hat. Die Ausführungen des M-Zentrums seien nicht relevant, da ME/CFS keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung sei. Die Antragstellerin habe ein Kontoguthaben von 10.000 € und könne in Vorleistung gehen.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin vorläufig zu verpflichten, sie mit einer Immunadsorptionstherapie als Sachleistung zu versorgen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vorliegende Akte der Antragsgegnerin.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierfür muss der Antragsteller grundsätzlich einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft machen, § 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 in Verbindung mit § 920 Zivilprozessordnung (ZPO).
Vorliegend wurde ein Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund hinreichend glaubhaft gemacht.
a)
Versicherte haben nach § 27 Abs. 1 SGB V (SGB V) Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, um ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Hierbei umfasst die Krankenbehandlung nach Maßgabe des § 27 SGB V die ärztliche Behandlung einer Krankheit, mithin auch die Tätigkeit des Arztes, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Krankheiten nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig ist, § 28 SGB V. Dazu zählt nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V auch die Krankenbehandlung in Form von Krankenhausbehandlung. Die vollstationäre Behandlung ist dann angezeigt, wenn diese nach § 39 SGB V erforderlich ist. Diese Leistungen müssen nach dem im SGB V unter § 12 Abs. 1 statuierten Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
Aus dem Sachleistungsprinzip nach § 2 SGB V folgt, dass die Krankenkassen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung dieses Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellen, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen, wobei Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen müssen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen haben.
Vorliegend handelt es sich bei der streitigen Behandlung um keine Standardtherapie, sondern um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
Im stationären Bereich gilt insoweit § 137 c Abs. 3 SGB V.
Im ambulanten Bereich gilt insoweit Folgendes:
Als "neu" im Sinne des§ 135 Abs. 1 SGB V, also als noch nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugehörig, gilt eine Untersuchungs- und Behandlungsmethode dann, wenn sie noch nicht als abrechnungsfähige ärztliche Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM-Ä) enthalten oder die dort zwar aufgeführt sind, deren Indikationen aber eine wesentliche Änderung oder Erweiterung erfahren haben. Unter einer neuen Behandlungsmethode versteht die Rechtsprechung ein medizinisches Vorgehen, dem ein eigenes theoretisch-wissenschaftliches Konzept zu Grunde liegt, das es von anderen Therapieverfahren unterscheidet und das die systematische Anwendung in der Behandlung bestimmter Krankheiten rechtfertigen soll (BSG 04.04.06, B 1 KR 12/05 R).
Die hier streitige Behandlung stellt grundsätzlich noch keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung dar, weil es sich um keine ausdrücklich anerkannte Behandlungsmethode handelt; es obliegt aber gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V grundsätzlich dem Gemeinsamen Bundesausschuss, Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu beschließen, die einerseits die ärztliche Versorgung sicherstellen und andererseits eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten gewährleisten. Dadurch wird zugleich der Umfang der den Versicherten geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgelegt (BSG 29.03.06, B 1 KR 3/06 R).
Vorliegend handelt es sich daher um eine neue Behandlungsmethode und es liegt keine positive Empfehlung des GBA vor.
Die streitige Behandlung gehört damit grundsätzlich nicht zu den von den gesetzlichen Krankenkassen geschuldeten Leistungen.
Es ist jedoch ein Ausnahmefall glaubhaft gemacht, in dem es keiner Empfehlung des GBA bedarf, d.h. es ist ein Anordnungsanspruch nach § 2 Abs. 1 a S. 1 SGB V glaubhaft gemacht.
Insoweit ist unerheblich, ob die Behandlung stationär oder ambulant erfolgt, da jedenfalls ein Anspruch nach § 2 Abs. 1 a S. 1 SGB V glaubhaft gemacht ist.
Dort ist Folgendes geregelt:
Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Vorliegend ist hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine lebensbedrohliche Erkrankung nach § 2 Abs. 1 a SGB V vorliegt.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass laut den Ausführungen der Praxis Dr. S1/Dr. C1 im Juli 2022 an die Krankenkasse bei der Antragstellerin seit Jahren ein massiv ausgeprägtes chronisches Müdigkeitssyndrom besteht, diese sei vollständig bettlägerig und mittlerweile wegen intestinaler Motilitätsstörung kachektisch. Eine parenterale Ernährung über einen existierenden Port sei nicht toleriert worden. Es fänden sich pathologische Werte sowohl im Bereich der Autoantikörper als auch in der speziellen Gerinnungsdiagnostik. Es liege eine dramatische klinische Situation vor. Laut Studienlage gebe es keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Die gleiche Praxis teilt im August 2022 mit, dass das lebensbedrohliche Moment in der sich stetig verschlechternden Ernährungssituation besteht, die zu massiver Kachexie geführt habe. Es liege ein BMI von 14,0 vor. Jede Nahrungsaufnahme führe zu heftigen Beschwerden im Bauchraum, Übelkeit, Verstopfungsgefühl auch nach geringen Nahrungsmengen sowie zu einem Spannungsgefühl mit ziehenden und krampfartigen Schmerzen. Es liege eine Gastroparese und ausgeprägte intestinale Motilitätsstörung unklarer Genese vor. Die enterale Ernährung sei nicht ausreichend möglich, es drohe ein Tod durch Verhungern. Leider sei die parenterale Ernährung nicht toleriert worden, da wegen der Grunderkrankung eine Hypersensitivität bestehe und auch bei parenteraler zentraler Zufuhr heftige Bauchkrämpfe auftraten. Jeder Versuch, eine medikamentöse Therapie zu etablieren, scheiterte an Unverträglichkeiten. Es entfalle jede Möglichkeit einer ausreichenden Nahrungszufuhr.
Das M-Zentrum K-Stadt gab im August 2022 an, dass ein chronisches Fatigue-Syndrom bekannt sei, mit massiver Erschöpfung, Post-Exertionale-Malaise, Verdauungsproblemen seit Jahren, die Antragstellerin sei kachektisch. Sie habe Schwierigkeiten visuelle und auditive Eindrücke zu verarbeiten, sie sei in einem äußerst reduzierten Allgemeinzustand.
Es fanden sich pathologische Werte sowohl im Bereich Autoantikörper als auch in der speziellen Gerinnungsdiagnostik.
In seinem Befundbericht vom Dezember 2022 an das Sozialgericht teilte das M-Zentrum mit, dass eine generalisierte Energie- und Kraftlosigkeit bei vorbekanntem chronischem Fatigue-Syndrom vorliege, sowie eine Mangelernährung. Es gebe keine anderen Therapien mehr, die Klägerin sei bettlägerig und kachektisch.
Vor diesem Hintergrund ist das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung bei der Antragstellerin nach § 2 Abs. 1 a SGB V glaubhaft gemacht.
Es besteht außerdem nach Einschätzung der mit dem Fall der Antragstellerin befassten Ärzte keine anderen erfolgsversprechenden und zugelassenen Behandlungsalternativen.
Laut der Praxis Dr. S1/Dr. C1 zeigten allgemein anerkannten Behandlungsmethoden keine Besserung, es sei keine Behandlungsalternative mehr vorhanden. Laut M-Zentrum seien nach der aktuellen Studienlage keine alternativen Behandlungsmöglichkeiten vorhanden, es gebe auch keine medikamentöse Behandlung. Soweit die Antragsgegnerin auf eine psychiatrische Mitbehandlung verweist, ist dennoch angesichts der Ausführungen der behandelnden Ärzte glaubhaft gemacht, dass es keine anderen erfolgsversprechenden und zugelassenen Behandlungsalternativen gibt. In den vorliegenden Befunden sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass eine psychiatrische Mitbehandlung alternativ in Betracht käme und damit ein Behandlungserfolg erreicht werden könnte.
Insoweit ist auch die zweite Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 a S. 1 SGB V glaubhaft gemacht.
Schließlich ist glaubhaft gemacht, dass die Immunadsorption hinreichende Aussicht auf einen Behandlungserfolg hat. Nach der Rechtsprechung des BSG ist es bei der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts bei der abstrakten und konkreten Prüfung von Nutzen und Risiken geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel i.S. von § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V zu berücksichtigen. Der insoweit zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab unterliegt aufgrund des Grundgesetzes Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen. Wenn eine nach allgemeinen Standard anerkannte Behandlungsmethode aber nicht zur Verfügung steht, unterliegt der Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Anforderungen an die "ernsthaften Hinweise" auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg sind daher umso geringer, je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation ist (BSG 02.09.2014, B 1 KR 4/13 R). Eine positive Auswirkung auf den Krankheitsverlauf ist schon dann zu bejahen, wenn zumindest das Fortschreiten der Krankheit aufgehalten werden kann (BSG 04.04.06, B 1 KR 7/05 R).
Vor diesem Hintergrund und in Anbetracht der Schwere der Erkrankung der Antragstellerin ist auch eine hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne glaubhaft gemacht.
Die Praxis Dr. S1/Dr. C1 wies daraufhin, dass Herr Dr. I1 bereits im März 2021 von einem immunologischem Geschehen ausgegangen sei. Aktuelle Studien würden deutliche Hinweise zeigen, dass die Immunadsorption spürbar positive Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf habe.
Das M-Zentrum K-Stadt wies daraufhin, dass pathologische Autoantikörper mit einer Immunadsorption entfernt werden könnten. Diese Therapie sei jedoch mit hohen Sachkosten verbunden. Ein Behandlungsversuch mit der Immunadsorption sei sinnvoll, um das Krankheitsbild nachhaltig zu verbessern.
Patienten mit chronischem Fatigue-syndrom würden Autoantikörper aufweisen, die zu autoimmunologischen Phänomenen führen und möglicherweise auch für die chronische Fatigue mitverantwortlich sein können. Diese Autoantikörper könnten mit Immunadsorption entfernt werden und eine klinische Besserung evtl. erreicht werden. Diese Option sei hier sinnvoll und auch anzustreben. An der Charite sei 2018 eine Studie mit 10 Personen mit chronischem Fatigue-syndrom erfolgt, durch die Behandlung mit einer Immunadsorption sei eine klinische Besserung erreicht worden. Diese Behandlung sei eine gute und letzte Möglichkeit, der Antragstellerin gesundheitlich zu helfen.
Außerdem wurde im gerichtlichen Eilverfahren eine weitere Stellungnahme des M-Zentrums eingereicht, wonach eine auf pathophysiologischen Indizien, Fallbeobachtungen und beginnende Studienlage begründete Aussicht auf Verbesserung der Symptomatik durch die streitige Behandlung bestehe. Dass den Patienten durch den Einsatz von verschiedenen extrakorporalen Eliminationsverfahren kein Schaden zugeführt werde, belegen nach den Ausführungen des M-Zentrum über 3000 dort durchgeführte Immunadsorptionsbehandlungen.
Vor diesem Hintergrund ist eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 2 Abs. 1 a S. 1 SGB V glaubhaft gemacht, so dass insgesamt alle Voraussetzungen für einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wurden.
Soweit die Antragsgegnerin auf die Entscheidungen des LSG Bayern vom 19.07.05 und des BSG vom 28.03.2000 verweist, ergibt sich keine andere Beurteilung, da sich diese nicht auf § 2 Abs. 1 a SGB V beziehen.
Außerdem ist auch ein Anordnungsgrund im Hinblick auf die Schwere der Erkrankung sowie der hohen Kosten der Behandlung und der finanziellen Verhältnisse der Antragstellerin ausreichend glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin ist nicht erwerbstätig. Die Antragsgegnerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Antragstellerin in Vorleistung gehen könne und kein Anordnungsgrund vorliege. Die behandelnden Ärzte haben auf die hohen Kosten der streitigen Therapie verwiesen. Die Antragstellerin hat selbst mitgeteilt, dass z.B. im M-Zentrum eine Sitzung bereits 2100 € ca. koste und zunächst 5 Sitzungen im Abstand von 2 Tagen vorgesehen sei, über die voraussichtlichen Kosten im Klinikum A-Stadt oder anderen Kliniken konnte sie keine Angaben machen. Vor diesem Hintergrund ist ein Anordnungsgrund trotz des Kontoguthabens der Antragstellerin glaubhaft gemacht, da auch noch nicht voraussehbar ist, wie viele Behandlungen überhaupt notwendig sind.
b)
Selbst wenn man die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen bewerten wollte, würde eine Abwägung der durch die begehrte Entscheidung berührten Rechtsgüter zu einem Überwiegen der Interessen der Antragstellerin und damit zu einem Anordnungsanspruch führen. Insoweit wäre auch bei einer Folgenabwägung zugunsten der Antragstellerin zu entscheiden.
Die Sozialgerichte dürfen sich bei der Prüfung des Anordnungsanspruchs in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, in denen Leistungsansprüche eines Versicherten gegen eine gesetzliche Krankenkasse streitig sind, nicht schlechthin auf die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren beschränken. Drohen dem Versicherten ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare anders nicht anwendbare Nachteile, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre, verlangt Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz (GG) von den Sozialgerichten bei der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache grundsätzlich eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage, die sich von der im Hauptsacheverfahren nicht unterscheidet. Besteht die Gefahr, dass die dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zugrunde liegende Beeinträchtigung des Lebens, der Gesundheit oder der körperlichen Unversehrtheit des Versicherten sich jederzeit verwirklichen kann, verbieten sich jedoch zeitraubende Ermittlungen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren. In diesem Fall, der in der Regel vorliegen wird, hat sich die Entscheidung an einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu orientieren. Dabei ist in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerfG eine Folgenabwägung vorzunehmen, bei der die Erwägung wie die Entscheidung in der Hauptsache ausfallen wird, regelmäßig außer Betracht zu bleiben hat. Abzuwägen sind stattdessen die Folgen, die eintreten würden, wenn die Anordnung nicht erginge, obwohl dem Versicherten die streitbefangene Leistung zusteht, gegenüber den Nachteilen, die entstünden, wenn die begehrte Anordnung erlassen würde, obwohl er hierauf keinen Anspruch hat. Hierbei ist insbesondere die in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG durch den Verfassungsgeber getroffene objektive Wertentscheidung zu berücksichtigen. Demnach haben alle staatlichen Organe die Pflicht, sich schützend und fördernd für die Rechtsgüter des Lebens, der Gesundheit und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen. Für das vorläufige Rechtsschutzverfahren bedeutet dies, dass diese die Grundrechte der Versicherten auf Leben, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit zur Geltung zu bringen haben, ohne dabei die ebenfalls der Sicherung des Art. 2 Abs. 2 GG dienende Pflicht der gesetzlichen Krankenkasse, ihren Versicherten nur wirksame und hinsichtlich der Nebenwirkungen unbedenkliche Leistungen zur Verfügung zu stellen sowie die verfassungsrechtlich besonders geschützte finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung aus den Augen zu verlieren. Besteht die Gefahr, dass der Versicherte ohne die Gewährung der strittigen Leistung vor Beendigung des Hauptsacheverfahrens stirbt oder er schwere oder irreversible gesundheitliche Benachteiligungen erleidet, ist ihm die begehrte Leistung regelmäßig zu gewähren, wenn das Gericht nicht aufgrund eindeutiger Erkenntnisse davon überzeugt ist, dass die begehrte Leistung unwirksam oder medizinisch nicht indiziert ist oder ihr Einsatz mit dem Risiko behaftet ist, die abzuwendende Gefahr durch die Nebenwirkungen der Behandlung auf andere Weise zu verwirklichen. Besteht die Beeinträchtigung des Versicherten dagegen im Wesentlichen nur darin, dass er die begehrte Leistung zu einem späteren Zeitpunkt erhält, ohne dass sie dadurch für ihn grundsätzlich an Wert verliert, weil die Beeinträchtigung der in Art. 2 GG genannten Rechtsgüter durch einen späteren Leistungsvollzug beseitigt werden kann, dürfen die Sozialgerichte die begehrte Leistung im Rahmen der Folgenabwägung versagen (LSG Berlin vom 10.02.2014, L 9 KR 293/13 B ER).
Vor diesem Hintergrund ergibt sich vorliegend auch im Rahmen einer Folgenabwägung ein Anspruch auf die begehrte Leistung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.
Insoweit wird bezüglich der medizinischen Befunde Bezug genommen auf die obigen Ausführungen.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin bei Nichtdurchführung der begehrten Therapie aktuell eine Gefährdung ihres Lebens oder schwere oder irreversible gesundheitliche Beeinträchtigungen drohen. Demgegenüber steht das Interesse der Antragsgegnerin, keine nicht indizierten Kosten für eine teure Behandlung aufwenden zu müssen, das jedoch angesichts der Schwere der Erkrankung der Antragstellerin und der zu befürchtenden Folgen für sie hinter dem Interesse an einer schnellen Behandlung zurückstehen muss.
Auch im Rahmen einer Folgenabwägung besteht der Anspruch der Antragstellerin in dem tenorierten Umfang.
Die Leistungsgewährung war ausgehend vom Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht auf einen Zeitraum bis 31.03.2023 zu befristen. Eine solche Befristung ist geboten, um eine Vorwegnahme der Hauptsache zu vermeiden und dem vorläufigen Charakter der Entscheidung Rechnung zu tragen.
Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu tragen, § 193 SGG analog.