Der Umstand, dass der Beklagte seinerzeit den Sachverhalt nicht umfassend ermittelt und auf dieser unsicheren Grundlage eine Herabsetzung des zuerkannten GdB getroffen hat, geht zu seinen Lasten, wenn die in der Vergangenheit liegenden tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr vollständig aufgeklärt werden können (im Anschluss an LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.03.2019, L 13 SB 101/16, juris).
Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.07.18 abgeändert und der Bescheid vom 26.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2016 teilweise aufgehoben.
Der Grad der Behinderung beträgt über den 29.10.2015 hinaus 40.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten im Klage- und Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Herabsetzung des ihr zuerkannten Grades der Behinderung (GdB).
Mit Bescheid vom 30.10.2009 stellte der Beklagte bei der 1956 geborenen Klägerin den GdB mit 50 ab 29.01.2009 fest. Dem lag die versorgungsärztliche Stellungnahme vom 25.10.2009 zu Grunde, in welcher, unter anderem gestützt auf den vorläufigen Entlassbericht des Krankenhauses B vom 14.03.2009 mit den Diagnosen eines Zustands nach brusterhaltender Therapie der rechten Mamma bei Mamma-Karzinom am 18.02.2009 (pT2, pN0, G3, L0, V0, R0, MX) und nach Resektion der rechten Mamma caudal und dorsal hautschalenförmig unter Mitnahme eines noch axillären Nachresektats am 11.03.2009, die Erkrankung der rechten Brust in Heilungsbewährung mit einem Einzel-GdB (zugleich auch Gesamt-GdB) von 50 bewertet und eine Nachprüfung für März 2014 empfohlen wurde.
Im Februar 2010 erfolgte bei der Klägerin die Entfernung der Eierstöcke wegen eines erblichen Karzinomrisikos.
Im Zuge des im April 2015 eingeleiteten Nachprüfungsverfahrens von Amts wegen holte der Beklagte unter anderem eine Stellungnahme des behandelnden I ein, der unter dem 27.05.2015 bei der Klägerin eine Rezidivfreiheit und einen Eintritt der vollen Remission der Krebserkrankung bestätigte, Lymphstaubeschwerden verneinte und als verbliebene Auswirkungen lediglich Narbenschmerzen benannte. Der Beklagte zog weiterhin einen Bericht des Universitätsklinikums U vom 29.01.2015 bei, in welchem Hinweise auf ein Lokalrezidiv oder einen Zweittumor verneint wurden und berichtet wurde, aktuell bestünden keine Beschwerden seitens der Brust. In der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 26.06.2015 wurde nach Eintritt der Heilungsbewährung der Teilverlust der rechten Brust mit einem Einzel-GdB von 10 und der Verlust der Eierstöcke mit einem weiteren Einzel-GdB von 10 und auch der Gesamt-GdB mit 10 bewertet.
Mit Bescheid vom 26.10.2015 hob der Beklagte nach vorheriger Anhörung den Bescheid vom 30.10.2009 mit Wirkung ab 29.10.2015 auf, da kein GdB von mindestens 20 mehr vorliege. Im Zuge des anschließenden Widerspruchsverfahrens gelangten Arztbriefe bzw. Stellungnahmen des V, vom 23.11.2015 (Diagnosen: Ein- und Durchschlafstörungen, Angst und depressive Störung, gemischt), der T, vom 05.01.2016, welche über eine Anpassungsstörung der Klägerin, sowie Hitzewallungen, Schlafstörungen, mangelhafte Konzentration und mangelhafte Krankheitsbewältigung berichtete, des B1 vom 29.01.2016, der über ein multifaktorielles Krankheitsbild mit physischen und zunehmend auch psychischen Belastungen berichtete und des O, vom 04.07.2016, der unter anderem über eine Coxarthrose, rechts größer als links, und ein chronisches Lumbalsyndrom berichtete, zu den Akten.
Die M bewertete die Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin in ihren Stellungnahmen vom 09.04.2016 und vom 23.07.2016 mit einem Gesamt-GdB von 30 (Teilverlust der rechten Brust: GdB 10, Verlust der Eierstöcke: GdB 10, seelische Störung, Depression, psychovegetative Störungen: GdB 30, klimakterisches Syndrom: GdB 10, Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks: GdB 10, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule: GdB 10, Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke: GdB 10). Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2016 gab der Beklagte dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.10.2015 insoweit statt, als der GdB nunmehr 30 seit 29.10.2015 betrage und wies im Übrigen den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.11.2016 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben, mit der sie ihr Begehren auf Beibehaltung der Schwerbehinderteneigenschaft weiterverfolgt hat.
Das SG hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich vernommen. I hat unter dem 19.07.2017 über einen unauffälligen Verlauf der onkologischen Nachsorge seit Abschluss der Heilbehandlung, zuletzt im Februar 2017, berichtet. S hat unter dem 18.07.2017 in Vertretung des V bei Diagnosen unter anderem von Ein- und Durchschlafstörungen, Angst und depressiver Störung, gemischt, über eine Depression mit Tagesformschwankungen berichtet. B1 hat unter dem 31.07.2017 über eine wiederholt auftretende bzw. chronische Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule und beider Hüftgelenke, vor allem rechts, bei degenerativen Veränderungen berichtet. O hat in seiner Stellungnahme vom 28.08.2017 über eine Totalendoprothese der rechten Hüfte, eine Coxarthrose links und ein chronisches Lumbalsyndrom berichtet.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.12.2017 hat H die Auffassung vertreten, mangels objektivierbarer Funktionsbefundungen komme eine abweichende Beurteilung nicht in Betracht.
Im Erörterungstermin vor dem SG vom 04.04.2018 hat die Klägerin über ihre Wechseljahrbeschwerden und die Gestaltung ihres Tagesablaufs berichtet.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.07.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Ablauf der Heilungsbewährung für die rechte Brust sei noch ein Einzel-GdB von 10 gerechtfertigt, nachdem nachweislich Rezidivfreiheit bestehe, eine reizlose und unauffällige Narbe vorliege und der Lymphabfluss frei sei. Die Entfernung der Eierstöcke sei bei nicht nachgewiesenen Auswirkungen auf den Hormonhaushalt gleichfalls mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Für das Funktionssystem „Gehirn einschließlich Psyche“ sei ein Einzel-GdB von 30 anzusetzen. Eine darüberhinausgehende stärkere Behinderung lasse sich aus den Arztberichten sowie aus dem von der Klägerin im Erörterungstermin gewonnenen Eindruck und deren Angaben gegenüber dem Gericht nicht ableiten. Bezüglich des rechten Schultergelenks würden keine Befunde vorliegen, die eine höhere Bewertung als mit einem Einzel-GdB von 10 gestatten würden. Gleiches gelte für die Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund der Coxarthrose bzw. der Totalendoprothese(TEP) der Hüfte. Weder O noch B1 hätten relevante Befunde betreffend die Kniegelenke mitgeteilt, weshalb insoweit keine Zuerkennung eines Einzel-GdB in Betracht komme. Für das chronisch-rezidivierende Lendenwirbelsäulensyndrom nach Zustand nach Bandscheibenvorfall im Segment L4/L5 und die insoweit vorgetragenen Funktionsbeeinträchtigungen in Form eines Klopfschmerzes sowie eines Muskelhartspanns sei ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen. Nachdem die Einzel-GdB von 10 nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB beitragen würden, betrage dieser 30.
Gegen den der Klägerin am 25.07.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 08.08.2018 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen vorgetragen, die orthopädischen Leiden, insbesondere die Coxarthrose beidseits, der Zustand nach TEP der rechten Hüfte und das chronische Lumbalsyndrom, seien nicht sachgerecht bewertet worden. Der behandelnde Nervenarzt habe auf seinem Fachgebiet einen Einzel-GdB von mindestens 50 für gerechtfertigt erachtet.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23.07.2018 sowie den Bescheid vom 26.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2016 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat von Amts wegen eine Begutachtung auf orthopädisch-traumatologischem Fachgebiet durch H1 veranlasst. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 30.12.2019, beruhend auf der Aktenlage und einer ambulanten Untersuchung im Dezember 2019, ein Zervikalsyndrom mit Bewegungseinschränkung ohne Anhaltspunkte für Nervenwurzelreiz- oder Ausfallerscheinungen (leicht bis mittelschwer), einen Bewegungsschmerz der Lendenwirbelsäule mit diskreter Bewegungseinschränkung, gleichfalls ohne Anhaltspunkte für Nervenwurzelreiz- oder Ausfallerscheinungen (leicht bis mittelschwer), eine Hüft-TEP rechts, eine Coxarthrose beidseits (leicht bis mittelschwer), ein Impingementsyndrom der linken Schulter mit diskreter Funktionseinschränkung ohne Angabe von Beschwerden (geringfügig) und beginnende degenerative Veränderungen der Mittel- und Endgelenke der Langfinger ohne Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt und die Wirbelsäulenerkrankungen mit einem Einzel-GdB von 20, die unteren Extremitäten mit einem weiteren Einzel-GdB von 20 und die oberen Extremitäten mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet. Für den Zeitraum zwischen Oktober 2015 und der Endoprothesenimplantation im Jahr 2017 würden keine exakten Messwerte existieren; auch für diesen Zeitraum gehe er von einem anteiligen GdB für die Hüfte von 20 aus.
Der Beklagte hat hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme des W vom 03.03.2020 vorgelegt wonach für die Wirbelsäule und beide Hüftgelenke bei implantierter Hüftgelenks-TEP rechts jeweils ein Einzel-GdB von 20 und unter Berücksichtigung des Einzel-GdB von 30 für die seelische Störung ein Gesamt-GdB von 40, dies jedoch erst ab 10.12.2019 (Begutachtung durch H1), zuerkannt werden könne.
Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.08.2020 und die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.08.2020 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten des Beklagte sowie der Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist aber nur teilweise begründet.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 26.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2016, mit dem der Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 30.09.2010 den Gesamt-GdB ab 29.10.2015 mit nur noch 30 festgestellt hat. Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage ist zulässig, aber nur teilweise begründet. Bei der Klägerin liegt eine wesentliche tatsächliche Änderung vor, auf Grund derer dieser nur noch ein GdB von 40 zusteht.
Ermächtigungsgrundlage für die Herabsetzung des Gesamt-GdB ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist, soweit in den rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liegt vor, wenn sich durch das Hinzutreten neuer Gesundheitsstörungen oder eine Verschlimmerung der anerkannten Gesundheitsstörungen der Gesundheitszustand des behinderten Menschen verschlechtert oder er sich durch den Wegfall oder einer Besserung bereits anerkannter Gesundheitsstörungen gebessert hat. Von einer wesentlichen Änderung im Gesundheitszustand ist auszugehen, wenn aus dieser die Erhöhung oder Herabsetzung des Gesamt-GdB um wenigstens 10 folgt. Ob dies der Fall ist, ist durch einen Vergleich der für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebenden Befunde mit den jetzt vorliegenden Befunden zu ermitteln.
Für die Ermittlung des GdB gilt folgendes: Rechtsgrundlage ist § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung in Verbindung mit § 69 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung.
Nach § 2 Abs. 1 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.
Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest, wobei als GdB dabei nach § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX in den bis zum 14.01.2015 und 29.12.2016 geltenden Fassungen, nach § 69 Abs. 1 Satz 5 und 6 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft nach Zehnergraden abgestuft festgestellt werden und eine Feststellung hierbei nur dann zu treffen ist, wenn ein GdB von wenigstens 20 vorliegt.
Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 29.12.2016 geltenden Fassung wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Nach § 70 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung gilt diese Ermächtigung für die allgemeine – also nicht nur für die medizinische – Bewertung des GdB und die Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen sowie auch für die Kriterien für die Bewertung der Hilflosigkeit. Zwar ist von dieser Ermächtigung noch kein Gebrauch gemacht worden. Indes bestimmt § 159 Abs. 7 SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung, dass – soweit eine solche Verordnung nicht erlassen ist – die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 17 BVG in der bis zum 30.06.2011 geltenden Fassung beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der ab dem 01.07.2011 geltenden Fassung erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Mithin ist für die konkrete Bewertung von Funktionsbeeinträchtigungen die ab dem 01.01.2009 an die Stelle der „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ (AHP) getretene Anlage „Versorgungsmedizinische Grundsätze“ (VG) zu § 2 Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (VersMedV) vom 10.12.2008 (BGBl. I S. 2412), die durch die Verordnungen vom 01.03.2010 (BGBl. I S. 249), 14.07.2010 (BGBl. I S. 928), 17.12.2010 (BGBl. I S. 2124), 28.10.2011 (BGBl. I S. 2153) und 11.10.2012 (BGBl. I S. 2122) sowie das Gesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, heranzuziehen. In den VG sind unter anderem die Grundsätze für die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG festgelegt worden. Diese sind nach den VG, Teil A, Nr. 2 auch für die Feststellung des GdB maßgebend. Die VG stellen ihrem Inhalt nach antizipierte Sachverständigengutachten dar. Dabei beruht das für die Auswirkungen von Gesundheitsstörungen auf die Teilhabe an der Gesellschaft relevante Maß nicht allein auf der Anwendung medizinischen Wissens. Vielmehr ist die Bewertung des GdB auch unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben sowie unter Heranziehung des Sachverstandes anderer Wissenszweige zu entwickeln (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, in juris).
Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der GdB nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX in den bis zum 14.01.2015, 29.12.2016 und 31.12.2017 geltenden Fassungen nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Zur Feststellung des GdB werden in einem 1. Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen nach § 2 Abs. 1 SGB IX und die sich daraus ableitenden, für eine Teilhabebeeinträchtigung bedeutsamen Umstände festgestellt. In einem 2. Schritt sind diese dann den in den VG genannten Funktionssystemen zuzuordnen und mit einem Einzel-GdB zu bewerten. In einem 3. Schritt ist dann in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, B 9 SB 3/12 R, in juris). Nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. c ist bei der Bildung des Gesamt-GdB in der Regel von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und sodann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob der Ausgangswert also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen um 10, 20 oder mehr Punkte zu erhöhen ist, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Insoweit führen nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. d, von Ausnahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte, auch dann nicht, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem GdB von 20 ist es danach vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Außerdem sind nach den VG, Teil A, Nr. 3 Buchst. b bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle der VG feste Grade angegeben sind.
Die Bemessung des GdB ist grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe. Dabei hat insbesondere die Feststellung der nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen unter Heranziehung ärztlichen Fachwissens zu erfolgen (BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O.).
Nach dieser Maßgabe hat der Beklagte den Bescheid vom 30.10.2009 zu Recht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X aufgehoben, soweit darin ein Gesamt-GdB von mehr als 40 festgestellt war. Denn im entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als letzter maßgeblicher Verwaltungsentscheidung (BSG, Urteile vom 13.08.1997, 9 RVs 10/96, vom 10.09.1997, 9 RVs 15/96 und vom 11.08.2015, B 9 SB 2/15 R, alle in juris), somit im November 2016, lag eine wesentliche Änderung als materiell-rechtliche Voraussetzung des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor, aufgrund derer der Klägerin nur noch ein Gesamt-GdB von 40 zustand.
Die ursprünglich führende Behinderung der Klägerin in Gestalt eines Zustands nach brusterhaltender Therapie der rechten Mamma bei Mamma-Karzinom ist nach rezidivfreiem Verstreichen der Heilungsbewährung von 5 Jahren nach Entfernung des Karzinoms (vgl. VG, Teil B, Nr. 14.1) unter Berücksichtigung der verbliebenen Einschränkungen aufgrund der Brustresektion nur noch mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten, wie das SG in seiner Entscheidung ausführlich dargelegt hat und worauf der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen verweist. Gleiches gilt für die Entfernung der Eierstöcke im Jahre 2010 (VG, Teil B, Nr. 14.2). Der Senat sieht insoweit von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Mit zutreffender Begründung hat das SG weiterhin die Bewertung der Funktionsbeeinträchtigungen auf nervenärztlichem Gebiet durch den versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten mit einem weiteren Einzel-GdB von 30 bestätigt, weshalb der Senat auch insoweit gem. § 153 Abs. 2 SGG die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absieht.
Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht aufgrund des Berufungsvorbringens der Klägerin begründet. Sie stützt sich auf die sachverständige Zeugenaussage des S vom 18.07.2017, in welcher dieser einen Einzel-GdB von 50 mit der Begründung, die Klägerin sei „in ständiger Bereitschaft, sich erneut auf eine Verschlechterung des gegenwärtigen Gesundheitszustands einzustellen, was nicht unbedingt zu einer Stabilisierung der psychischen Situation" führe, fordert. Dabei lässt die Klägerin allerdings außer Acht, dass S, der die Stellungnahme nur in Vertretung für die behandelnden Kollegen abgegeben hat, selbst von einem „nur“ mittelgradigen Befund ausgeht. Vor allem steht die Einschätzung des S aber im Widerspruch zu den von ihm vorgelegten Befundberichten des N vom 10.07.2016 und vom 18.07.2017. Dort wird mitgeteilt, die Klägerin sei bei depressiver Stimmungslage affektiv noch ausreichend schwingungsfähig, bewusstseinsklar, allseits orientiert und bei fehlenden formalen oder inhaltlichen Denkstörungen seien die mnestischen Funktionen intakt. Im Vordergrund stünden derzeit Durchschlafstörungen. Zu Recht hat H in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 04.12.2017 in diesen Befunden eine bereits stärker behindernde psychische Störung im Sinne der VG, Teil B, Nr. 3.7 dokumentiert gesehen, die aber mit einem Einzel-GdB von 30 weiterhin umfassend und sachgerecht bewertet ist. Auch die Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vor dem SG vom 04.04.2018 lassen nicht den Schluss auf einen erheblichen sozialen Rückzug zu und imponieren im Hinblick auf den Arbeitsweg von arbeitstäglich 2 Stunden einfach, den die mittlerweile berentete Klägerin zu dieser Zeit noch regelmäßig zurückgelegt hat. Eine solch ausgeprägte Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, dass bereits eine Ausschöpfung des oberen Rahmenwerts für stärker behindernde Störungen im Sinne der VG, Teil B, Nr. 3.7 oder aber gar eine schwere Störung mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten gerechtfertigt wäre, lässt sich weder den Befundberichten des N noch dem Befund des S noch den Angaben der Klägerin gegenüber dem SG entnehmen.
Für das Funktionssystem Rumpf ist allenfalls ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Der Sachverständige hat bei der Klägerin ein leichtes bis mäßiges Funktionsdefizit im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einem korrespondierenden röntgenologischen Befund und eine ebenfalls leicht eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule, gleichfalls mit entsprechendem röntgenologischen Befund degenerativer Veränderungen festgestellt, wobei weder im Bereich der Lendenwirbelsäule noch im Bereich der Halswirbelsäule Anhaltspunkte für Nervenwurzelreiz- oder Ausfallserscheinungen festgestellt wurden. Angesichts des klinischen Befundes des Sachverständigen sind die Funktionsbeeinträchtigungen sowohl im Halswirbelsäulen- wie auch im Lendenwirbelsäulenbereich als leicht bis mittelschwer zu bewerten. Im Hinblick auf die VG, Teil B, Nr. 18.9, welche bei mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt einen Einzel-GdB von 20 vorsehen, erscheint es in der Gesamtschau und in Würdigung des Umstandes, dass 2 Wirbelsäulenabschnitte betroffen sind, in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen und dem Versorgungsarzt W vertretbar, auch bei der Klägerin für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule einen Einzel-GdB von 20 zu Grunde zu legen, wenngleich es sich hierbei um eine sehr weitreichende Bewertung handelt.
Wenngleich der Sachverständige naturgemäß den Zustand zum Zeitpunkt der Begutachtung im Dezember 2019 – und damit einen Zustand 3 Jahre nach dem hier maßgeblich interessierenden – abgebildet hat, ist der Senat überzeugt, dass bereits im November 2016 eine Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule im heutigen Ausmaß vorgelegen hat. Denn die Klägerin hat während des gesamten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgehend und konsistent den Beginn ihrer Rückenbeschwerden auf ein halbes Jahr nach Abschluss der Chemotherapie im Oktober 2009 datiert, ohne dass es Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung oder Verbesserung dieser Beschwerden im seither verstrichenen Zeitraum gibt oder die Klägerin solche geltend gemacht hat. Dies wird auch durch die Berichte und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte bestätigt. So hat B1 bereits im Januar 2016 über erhebliche Wirbelsäulenbeschwerden und O im Juli 2016 über ein chronisches unteres Zervikal- und Lumbalsyndrom mit Bewegungseinschränkungen berichtet.
Der Senat folgt dem Sachverständigen auch insoweit, als dieser von einem Einzel-GdB für die Hüftbeschwerden von 20 für den hier interessierenden Zeitpunkt ausgegangen ist. Der vom Sachverständigen im Rahmen seiner ambulanten Untersuchung im Dezember 2019 erhobene Befund nach im Jahr 2017 erfolgter Hüft-TEP rechts spielt allerdings nur insoweit eine Rolle, als er bei Diagnose einer beidseitigen Coxarthrose für die linke, bislang nicht mit einer TEP versorgten Hüfte nur geringgradige Bewegungseinschränkungen erhoben hat, die für sich genommen in Anwendung der VG, Teil B, Nr. 18.14 keinen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigen (Streckung/Beugung 110-0-0 Grad mit Störung der Drehfähigkeit) und es angesichts fehlender entsprechender Befunde und des degenerativen, voranschreitenden Charakters der Erkrankung keine Anhaltspunkte für eine schwerere Ausprägung der Bewegungseinschränkung zum damaligen Zeitpunkt gibt.
Im Hinblick auf die rechte Hüfte konnte die Begutachtung mehr als 3 Jahre nach Erlass des Widerspruchsbescheids und nach erfolgter TEP-Implantation 2017 keine tragfähigen Aussagen zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen zum relevanten Zeitpunkt erbringen. Auch liegen für die rechte Hüfte keine exakten Messwerte für den maßgeblichen Zeitpunkt vor. So hat B1 in seiner Stellungnahme gegenüber dem SG lediglich von einer deutlichen Zunahme von Bewegungsschmerz und Bewegungseinschränkung im Bereich vor allem der rechten Hüfte seit 2010 berichtet und O im Juli 2016 gegenüber dem Beklagten von einer „eingemauerten“ Coxarthrose „rechts größer links“ gesprochen. Zu Recht hat der Sachverständige aber darauf verwiesen, dass die Indikation zur TEP-Implantation lediglich bei deutlichen Beschwerden gestellt wird, weshalb davon auszugehen ist, dass bereits im November 2016 bei der Klägerin eine Beschwerdesituation im Hüftbereich vorgelegen hat, welche entsprechend dem oberen Rahmenwert des bei geringgradigen Bewegungseinschränkungen vorgesehenen Einzel-GdB mit 20 zu bewerten ist.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die aus einer Gesundheitsstörung resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen nachgewiesen sein müssen. Vorliegend hat es der Beklagte jedoch unterlassen, hinreichende Ermittlungen zum Ausmaß der bei der Klägerin vorhandenen Funktionseinschränkungen – beispielweise durch Einholung eines Sachverständigengutachtens – vorzunehmen, obgleich O auf eine nicht unerhebliche Funktionsbeeinträchtigung (unter anderem) im Bereich der Hüftgelenke hingewiesen hat. Die M hat sich in ihrer Stellungnahme vom 23.07.2016 dennoch darauf beschränkt, darauf hinzuweisen, dass die Funktionsminderungen und degenerativen Veränderungen in den Stellungnahmen der Ärzte nicht ausreichend beschrieben seien, weshalb nur eine Mindesteinstufung (mit einem Einzel-GdB von 10) empfohlen werden könne. Die Versorgungsärztin hat damit zum Ausdruck gebracht, dass die Funktionseinschränkungen nicht ausreichend aufgeklärt sind und hat, statt die sich damit aufdrängenden weiteren Beweiserhebungen durch den Beklagten zu fordern (zumal in der hier vorliegenden Aufhebungssituation, in welcher der Beklagte mit dem Nachweis einer Besserung des Gesundheitszustands der Klägerin grundsätzlich beweisbelastet ist), zulasten der Klägerin die Funktionsbeeinträchtigung mit einem (in der Gesamtbewertung regelmäßig irrelevanten) Einzel-GdB von 10 „veranschlagt“. Die insoweit fehlenden Ermittlungen sind auch nicht vom SG nachgeholt worden. Durch die vom Senat veranlasste Beweiserhebung konnten insoweit aus den oben beschriebenen Gründen keine tragfähigen Aussagen mehr zum maßgeblichen Zeitpunkt gewonnen werden, auf die sich der Senat hätte stützen können. Der Umstand, dass der Beklagte seinerzeit den Sachverhalt nicht umfassend ermittelt und auf dieser unsicheren Grundlage zeitlich unbefristete Feststellungen im Wege der Herabsetzung des zuerkannten GdB getroffen hat, geht daher zu seinen Lasten, wenn – wie hier – die in der Vergangenheit liegenden tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr vollständig aufgeklärt werden können (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.03.2019, L 13 SB 101/16, juris).
Für etwaige Gesundheitsstörungen im Bereich der Kniegelenke ist kein Einzel-GdB zu vergeben. Soweit O in seiner Stellungnahme vom Juli 2016 die Diagnose einer Retropatellararthrose ohne weitere Ausführungen zum Schweregrad genannt hat, hat er diese Diagnose in der gegenüber dem SG erfolgten sachverständigen Zeugenaussage nicht mehr wiederholt, worauf bereits das SG zutreffend hingewiesen hat, und hat auch B1 bezüglich der Kniegelenke keine Befunde mitgeteilt, weshalb bereits keine Behinderung nachgewiesen ist. Auch der Sachverständige hat für die beiden Kniegelenke Normalwerte erhoben und keinen auffälligen Befund festgestellt.
Gleiches gilt, soweit in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 19.01.2016, wohl gestützt auf den Reha-Entlassungsbericht W2 vom 03.12.2019 und die dort diagnostizierte Schulterläsion rechts, ein Einzel-GdB von 10 für eine Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks vorgeschlagen worden ist. Weder O noch B1 haben über einen relevanten Schulterbefund berichtet, geschweige denn eine entsprechende Diagnose gestellt. Das Fehlen einer relevanten Beeinträchtigung zum maßgeblichen Zeitpunkt wird im Übrigen durch das Gutachten des Sachverständigen bestätigt, der zum Zeitpunkt der Begutachtung nur eine geringe, die Funktion der oberen Extremitäten nicht erkennbar beeinträchtigende Funktionseinschränkung ohne radiologisch altersvorauseilenden Befund festgestellt und gleichfalls einen Einzel-GdB von wenigstens 10 verneint hat.
Im Hinblick auf das zuletzt vom Versorgungsarzt W mit einem Einzel-GdB von 10 bewertete klimakterische Syndrom kommt jedenfalls kein höherer Einzel-GdB in Betracht. Ausweislich der Angaben der Klägerin im Erörterungstermin vor dem SG und gegenüber dem Sachverständigen erschöpft sich dieses in vermehrten Hitzewallungen, die, so ihre Angaben gegenüber dem Sachverständigen, in vermehrten Durchschlafstörungen münden würden. Weitere mit dem klimakterischen Syndrom einhergehende Beschwerden lassen sich auch den ärztlichen Stellungnahmen und Befundberichten nicht entnehmen, soweit diese überhaupt hierzu Ausführungen enthalten. Dabei ist zu beachten, dass die Einschlaf- und Durchschlafstörungen bereits (als psychovegetative Begleitsymptomatik) für die Rechtfertigung des Einzel-GdB von 30 auf seelischen Gebiet herangezogen worden sind. Damit liegt eine Bewertung des klimakterischen Syndroms mit einem Einzel-GdB von 10 bereits an der Obergrenze des Vertretbaren.
Für weitere Gesundheitsbeeinträchtigungen gibt es weder Anhaltspunkte, noch hat die Klägerin solche geltend gemacht.
Der Gesamt-GdB im maßgeblichen Zeitpunkt beträgt damit 40.
Ausgangspunkt für die Bewertung des Gesamt-GdB ist der führende Einzel-GdB von 30 für die seelische Erkrankung, der sich durch das Hinzutreten der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertenden Funktionsbeeinträchtigungen für die Hüfterkrankung erhöht. Der weitere Einzel-GdB von 20 für die Wirbelsäulenerkrankung führt entgegen der Auffassung des Sachverständigen H1 nicht zu einer weiteren Erhöhung des Gesamt-GdB. Soweit der Sachverständige zur Begründung seiner Auffassung auf eine negative Überschneidung zwischen der Einschränkung der Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule und der Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich der rechten Hüfte verweist, lässt er unberücksichtigt, dass die nur leicht bis mittelschwer eingeschränkte Beweglichkeit im Bereich der Lendenwirbelsäule für sich genommen keinen Einzel-GdB von 20 rechtfertigt, sondern nur unter Berücksichtigung der weiteren Behinderung im Bereich der Halswirbelsäule mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet werden kann. Auch kann bei der Bestimmung des Gesamt-GdB nicht außer Betracht bleiben, dass die Bewertung der Wirbelsäulenbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 20 sehr weitreichend ist. Die weiteren Einzel-GdB von 10 führen zu keiner Erhöhung des Gesamt-GdB. Eine Gleichstellung der Klägerin mit einem behinderten Menschen, der an einer schweren psychiatrischen Störung, wie z.B. einer schweren Zwangskrankheit leidet (dann GdB 50, vergleiche VG, Teil B, Nr. 3.7) oder der ein Bein im Unterschenkel verloren hat (vgl. VG, Teil B, Nr. 18.14) ist daher nicht gerechtfertigt.
Nachdem der Beklagte den ursprünglich zuerkannten GdB von 50 mit den angefochtenen Bescheiden auf nur noch 30 festgesetzt hat, war der Gerichtsbescheid des SG abzuändern und der Bescheid vom 26.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.11.2016 insoweit aufzuheben und die Berufung im Übrigen, d.h. soweit sie auf die Zuerkennung eines GdB von mehr als 40 gerichtet war, zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt unter anderem den Umstand, dass der Beklagte mit seiner mangelhaften Beweiserhebung im Verwaltungsverfahren Anlass für die Klageerhebung gegeben hat.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.