I. Die Klage gegen den Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 26.05.2021 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am XX.XX.XXXX geborene Kläger stellte am 13.02.2018 bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Aufklärung des Sachverhalts zog die Beklagte Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und holte ein Gutachten der Dr. W., Fachärztin für Orthopädie und Sozialmedizinerin, vom 16.07.2018 ein.
Diese stellte nach ambulanter Untersuchung des Klägers mit Gutachten vom 16.07.2018 Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet fest, vermochte jedoch wesentliche Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit in quantitativer Hinsicht nicht festzustellen. Der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von sechs Stunden und mehr täglich tätig sein, wobei diverse qualitative Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen seien. Die Beklagte lehnte vor diesem Hintergrund den Antrag des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung mit Bescheid vom 25.07.2018 ab.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2018 als unbegründet zurück. Dem Kläger seien noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Vermieden werden sollten bei diesen Tätigkeiten häufig wirbelsäulenbelastende Zwangshaltungen und Nachtschichten.
Dagegen erhob der Kläger am 28.11.2018 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (Az.: S 12 R 892/18). Der Kläger brachte insbesondere vor, dass seine Erkrankungen schon seit langem vorliegen würden und er seinen Leistungsanspruch auf die volle Erwerbsminderung mindestens seit 2009 geltend mache, obwohl die Leistungseinschränkungen größtenteils wahrscheinlich schon früher eingetreten seien. Das Gericht führte Ermittlungen durch und ließ den Kläger vor einem Erörterungstermin am 28.08.2019 durch Dr. Sch., Facharzt für Orthopädie, untersuchen. In der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2019 nahm der Kläger die Klage zurück. Mit Schreiben vom 17.10.2019 hatte der Kläger mitgeteilt, er habe sich nun doch entschieden, eine Entscheidung des Gerichts zu verlangen. Daraufhin hatte das Gericht das Verfahren fortgeführt und mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2019 festgestellt, dass der Rechtsstreit durch die Erklärung der Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung vom 16.10.2019 erledigt sei. Die hiergegen eingelegte Berufung des Klägers wurde mit Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 10.08.2020 als unzulässig verworfen. Eine gegen dieses Urteil beim Bundessozialgericht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Beschluss vom 22.09.2020 zurückgewiesen.
Am 29.09.2020 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung des Bescheides vom 25.07.2018 gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X). Er beantragte die Rücknahme des Bescheides vom 25.07.2018 und ihm rückwirkend ab 2009 eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25.02.2021 ab. Die Überprüfung des Bescheides vom 25.07.2018 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Alle Unterlagen und neu eingereichten ärztlichen Unterlagen seien nochmal durchgesehen und ausgewertet worden. Nach Auswertung all dieser Unterlagen habe sich keine Änderung an der sozialmedizinischen Beurteilung ergeben.
Hiergegen hat der Kläger am 11.03.2021 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (Az.: S 24 R 207/21). Zur Begründung trägt der Kläger im Wesentlichen sinngemäß vor, dass das erwerbsmindernde Ausmaß der bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.
Mit Schreiben vom 23.04.2021 hat das Gericht den Kläger darauf hingewiesen, dass gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 25.02.2021 kein Widerspruch bei der Beklagten eingelegt worden sei. Die ohne vorherigen Widerspruch - jedoch innerhalb der Widerspruchsfrist erhobene Klage - werde der Beklagten zugeleitet und sei von dieser als Widerspruch zu behandeln. Gleichzeitig hat das Gericht die Beklagte mit Schreiben vom 23.04.2021 darum gebeten, über den Widerspruch des Klägers binnen drei Monaten zu bescheiden.
Die Beklagte hat den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 25.02.2021 mit Widerspruchsbescheid vom 26.05.2021 zurückgewiesen. Dem Kläger seien noch leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus mindestens sechs Stunden täglich zumutbar. Vermieden werden sollten bei diesen Tätigkeiten Nachtschichten. Die Beurteilung beruhe auf den vorhandenen Befundunterlagen, dem Ergebnis der orthopädischen Begutachtung vom 16.07.2018, auf der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes der Beklagten vom 17.10.2018, dem Gerichtsbescheid des Eufach0000000024s vom 17.12.2019, der Stellungnahme der Dr. S. vom 09.02.2021 sowie der Stellungnahme der ärztlicher Sachverständigen Frau A., vom 17.05.2021.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2021 hat der Kläger am 07.06.2021 Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben (Az.: S 24 R 485/21).
Mit Beschluss vom 14.06.2021 hat das Gericht das Verfahren S 24 R 207/21 - nach vorheriger Anhörung - abgetrennt, soweit es die mit Schriftsatz vom 11.03.2021 geltend gemachten Entschädigungen bzw. Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung betroffen hat. Zudem hat das Gericht die Streitsachen S 24 R 207/21 und S 24 R 485/21 - nach vorheriger Anhörung - mit Beschluss vom 29.07.2021 gemäß § 113 Abs.1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und diese unter dem Aktenzeichen S 24 R 207/21 fortgeführt.
Nachdem der Kläger mitgeteilt hat, dass er dem Gericht keine Schweigepflichtsentbindungen erteile und den Fragebogen über die medizinische Behandlung nicht ausfülle, hat das Gericht den Kläger mit Schreiben vom 16.06.2021 darauf hingewiesen, dass ihn eine Mitwirkungslast treffe. Demnach habe er die Folgen mangelnder Mitwirkung zu tragen, wenn er dem Gericht nicht bei der Ermittlung der anspruchsbegründenden Tatsachen und der Aufklärung des Sachverhalts helfe. So könne der Kläger später nicht rügen, das Gericht habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt. Gemäß dem Schreiben des Klägers vom 25.03.2021 gelten die Befundberichte und Atteste aus dem Vorverfahren sowie die von ihm übersandten Atteste.
Das Gericht hat die Gerichtsakte des Sozialgerichts Nürnberg, Az.: S 12 R 892/18, beigezogen und ein Gutachten nach Aktenlage des Dr. E., Facharzt für Innere Medizin und Sozialmediziner, vom 06.11.2021 eingeholt.
Dr. E. hat unter Berücksichtigung der vorliegenden Aktenunterlagen folgende Gesundheitsstörungen festgestellt:
> Chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren
> Chronisches Lendenwirbelsäulen- und Halswirbelsäulensyndrom ohne höhergradige funktionale Defizite und ohne motorische oder sensible Ausfallserscheinungen
> Impingementsyndrom der linken Schulter
> Asthma bronchiale
> Nasenatmungsbehinderung
> Arterielle Hypertonie, medikamentös therapiert
> Seborrhoisches Ekzem.
Zusammenfassend führt Dr. E. aus, dass dem Kläger noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in wechselnden, möglichst frei zu wählen Körperposition (überwiegend sitzend) täglich sechs Stunden und mehr möglich seien. Auszuschließen seien Nacht-, Schicht- und Akkordarbeiten, übermäßiger Zeitdruck, besondere nervliche Anspannungen, wirbelsäulen- bzw. gelenkbelastende Zwangshaltungen, witterungsausgesetzte Tätigkeiten, Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, Umgang mit hautreizenden Substanzen sowie ständige Feuchtarbeiten. Auch die Tätigkeit als Musiklehrer/Musikproduzent wäre mit diesem Leistungsprofil vollständig zu vereinbaren und mit einem täglichen Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr zu belegen. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege nicht vor. Die Wegefähigkeit im sozialmedizinischen Sinn sei bei dem Kläger noch erhalten. Über die persönliche Verteilzeit hinausgehende Pausen seien nicht erforderlich. Auch seien keine weiteren fachärztlichen Gutachten erforderlich.
Der Kläger hat mit Schreiben vom 13.11.2021 Akteneinsicht beantragt. Mit Schreiben vom 24.11.2021 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ihm Akteneinsicht im Gericht nach entsprechender telefonischer Terminvereinbarung gewährt werde. Mit Schreiben vom 25.11.2021 teilte der Kläger dem Gericht mit, dass er keine Akteneinsicht in den Räumen der Gerichtsbarkeit durchführen könne, da er ohne Maske nicht in das Gericht könne. Er habe Hausverbot ohne Maske das Sozialgericht zu betreten. Er könne auf keinen Fall mit Maske des Sozialgerichts betreten, weil ihm nach spätestens 15 Minuten schlecht werde. Dies werde durch zahlreiche Atteste bestätigt. Deswegen verlange er Akteneinsicht in seine Privaträume. Das Schreiben des Sozialgerichts Nürnberg vom 10.05.2021, mit welchem ihm ein Hausverbot angekündigt wurde, hat der Kläger der Kammer vorgelegt.
Das Gericht hat dem Kläger mit Schreiben vom 07.12.2021 nochmals mitgeteilt, dass ihm Akteneinsicht gewährt werde. Der Anspruch auf Akteneinsicht bestehe jedoch nur unter Aufsicht in den Räumen des Sozialgerichtes N. oder in den Räumen des Amtsgerichtes C. Die Akteneinsicht sei bis zum 30.12.2021 wahrzunehmen.
Die Beteiligten wurden mit gerichtlichen Schreiben vom 11.01.2022 zur beabsichtigten Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG angehört. Dieses gerichtliche Schreiben ist den Beteiligten nachweislich zugegangen. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu bis zum 04.02.2022 gewährt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides vom 25.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 (rückwirkend) eine Rente wegen Erwerbsminderung ab 2009 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie insbesondere auf das Sachverständigengutachten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I. Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und insbesondere die Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben. Die Beteiligten sind vor Erlass des Gerichtsbescheides zu hören. Es muss allgemein rechtliches Gehör gewährt werden (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 105 Rn. 10). Das Einverständnis der Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist nicht erforderlich (vgl. Herold-Tews/Merkel, Der Sozialgerichtsprozess, 7. Auflage 2017, Rn. 328). Wenn die Voraussetzungen des § 105 SGG vorliegen, entscheidet das Gericht nach Ermessen, ob es einen Gerichtsbescheid erlassen oder mündlich verhandeln will (vgl. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 105 Rn. 9). Das Gericht hält vorliegend eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände für angemessen.
II. Die Klage vom 07.06.2021 (Az.: S 24 R 485/21), welche mit dem Verfahren S 24 R 207/21 gemäß § 113 Abs. 1 SGG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden wurde, ist bereits unzulässig.
Gemäß § 94 Satz 1 SGG wird durch die Erhebung der Klage (d.h. mit Eingang der Klage beim zuständigen Gericht) die Streitsache rechtshängig (vgl. auch Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 94 Rn. 3). Während der Rechtshängigkeit ist nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) eine weitere Klage über denselben Streitgegenstand unzulässig. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat, vgl. § 95 SGG.
Die Klage vom 07.06.2021 gegen den Widerspruchsbescheid vom 26.05.2021 ist demnach bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Absatz 1 S. 2 GVG unzulässig. Der Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2021 ist Gegenstand des seit dem 11.03.2021 rechtshängigen Verfahrens, Az.: S 24 R 207/21.
III. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er kann daher nicht die Rücknahme des Bescheides der Beklagten vom 25.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2018 gemäß § 44 SGB X beanspruchen. Die Beklagte hat bei Erlass dieses Bescheides das Recht richtig angewandt und ist auch nicht von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erwiesen hat. Deshalb ist die ablehnende Entscheidung der Beklagten mit Bescheid vom 25.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.05.2021 nicht zu beanstanden.
Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, ist gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 25.07.2018 zurückzunehmen, mit welchem die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt worden war. Dem Kläger steht keine Rente wegen Erwerbsminderung zu.
Nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge
für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI.
Der Nachweis für die den Anspruch begründenden Tatsachen muss hierbei im Wege des Vollbeweises erfolgen. Dies erfordert, dass die Tatsachen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen (vgl. BSG vom 14.12.2006, Az.: B 4 R 29/06 R; BayLSG vom 26.07.2006, Az.: L 16 R 100/02). Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden kann. Das Gericht muss also von der zu beweisenden Tatsache mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit ausgehen können. Es darf kein vernünftiger, in den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (vgl. BayLSG a.a.O.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht der Überzeugung, dass der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat. Die vorliegenden Gesundheitsstörungen rechtfertigen nicht die Annahme einer Erwerbsminderung in rentenberechtigendem Grade. Der Kläger kann in zeitlicher Hinsicht unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen noch sechs Stunden und mehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein.
Dieses Leistungsvermögen ergibt sich aus dem Gutachten der Beklagten vom 16.07.2018, aus dem Gutachten des Dr. Sch. vom 28.08.2019 sowie aus dem vom Gericht von Amts wegen eingeholten Gutachten des Dr. E. vom 06.11.2021. Die über den Gesundheitszustand des Klägers abgegebenen Beurteilungen sind für das Gericht durchweg überzeugend. Sie begründen in sich schlüssig, widerspruchsfrei und unter folgerichtiger Würdigung der vorliegenden Befundberichte, dass das Leistungsvermögen des Klägers in quantitativer Hinsicht nicht gemindert ist.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Kläger durch die bei ihm vorliegenden Erkrankungen durchaus stark subjektiv belastet ist. Unabhängig hiervon konnte insbesondere aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens des Dr. E. und der vorstehend aufgezeigten hohen Beweismaßstäbe keine andere Beurteilung erfolgen.
So zeigt Dr. E. unter Würdigung der vorliegenden Befunde und Akten auf, dass die zentrale Gesundheitsstörung des Klägers die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sei, die insbesondere durch degenerative Wirbelsäulen - und Gelenkveränderungen (vor allem des linken Schultergelenkes) unterhalten werde. Nach Auswertung der vorliegenden Befundberichte sowie nach Durchsicht der letzten gutachterlichen persönlichen Untersuchung im Rahmen des vorherigen sozialgerichtlichen Verfahrens im August 2019, zeige sich erfreulicherweise kein höhergradig funktionales Defizit. Auch würden keine sensiblen oder motorischen Ausfallserscheinungen bestehen. Insofern könne den orthopädischen Gesundheitsstörungen durch entsprechende qualitative Leistungsausschlüsse und Begrenzung der generellen Arbeitsschwere hinreichend Rechnung getragen werden. Von Seiten der chronischen Schmerzstörung liege ein Behandlungsfall vor. Der Kläger weise zwar regelmäßige krankengymnastische Übungstermine nach, ganz offensichtlich nicht durchgeführt worden sei bisher jedoch eine zu fordernde multimodale Schmerztherapie. Insbesondere eine psychotherapeutische Begleitung beziehungsweise der Einsatz schmerzdistanzierender Psychopharmaka sei bisher offensichtlich nicht erfolgt. Die Therapieoptionen seien somit nicht ausgeschöpft. Von Seiten des Asthma bronchiale bestehe gemäß der vorliegenden Lungenfunktionsuntersuchungen unter inhalativer medikamentöser Therapie eine kompensierte Situation, ohne dass daraus eine generelle quantitative Erwerbsminderung resultieren würde. Es sei allerdings auf relevante qualitative Leistungsausschlüsse zu achten. So dürften vom Kläger keine witterungsausgesetzten Tätigkeiten und Tätigkeiten mit inhalativen Reizstoffen abverlangt werden. Von Seiten der Nasenatmungsbehinderung resultiere keine höhergradige sozialmedizinische Relevanz. Die seitens der behandelnden Ärzte attestierte Befreiung von einer Mundnasenmaske, führe nicht zum Ausschluss von einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Die arterielle Hypertonie sei medikamentös offensichtlich hinreichend eingestellt. Hinweise auf eine relevante Rückwirkung auf das Herz haben sich bisher nicht ergeben. Bezüglich des seborrhoischen Ekzems sei darauf zu achten, dass der Umgang mit hautreizenden Substanzen beziehungsweise ständige Feuchtarbeit zu vermieden sei. Dr. E. legt demnach dar, dass in der Summe das vorgestellte sozialmedizinische Leistungsbild vollumfänglich zu bestätigen sei. Insbesondere sollten bisher ungenutzte ambulante Therapieoptionen zur Symptomverbesserung ausgeschöpft werden.
Unter Würdigung der erhobenen Befunde und der vorliegenden Unterlagen kommt Dr. E. schlüssig und für die erkennende Kammer durchweg überzeugend zu dem Ergebnis, dass eine Leistungseinschränkung in quantitativer Hinsicht nicht vorliegt. Dr. E. bestätigt damit die Leistungseinschätzung der Dr. W. und des Dr. Sch. in quantitativer Hinsicht.
Die bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen führen zu qualitativen Leistungseinschränkungen. Quantitative Leistungsminderungen sind nicht zu begründen. Das Ergebnis der Beweisaufnahme hat mithin ergeben, dass das Leistungsvermögen des Klägers seit 2009 nicht rentenberechtigend eingeschränkt ist.
Es liegen auch keine Anhaltspunkte für eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, welche ausnahmsweise die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich machen würden (vgl. BSG, Urteil v. 20.10.2004, B 5 RJ 48/03 R m.w.N.). Ein zusätzliches Pausenerfordernis wie auch eine eingeschränkte Wegefähigkeit wurden nicht festgestellt. Die bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen - Vermeidung von Nacht-, Schicht- und Akkordarbeit, übermäßiger Zeitdruck, besondere nervliche Anspannungen, wirbelsäulen- bzw. gelenkbelastende Zwangshaltungen, witterungsausgesetzte Tätigkeiten, Exposition gegenüber inhalativen Reizstoffen, Umgang mit hautreizenden Substanzen sowie ständige Feuchtarbeiten - schränken die für den Kläger verbleibenden Arbeitsfelder nicht in erheblichem Umfang ein. Der Maßstab sind leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, insoweit auch ungelernte Tätigkeiten und leichte Anlernarbeiten. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund der festgestellten Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, ungelernte Tätigkeiten und auch leichte Anlernarbeiten, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. auszuüben.
Sofern der Kläger mit Schreiben vom 25.01.2022 beantragt, "seine Beweisaufnahmeanträge mit den darin enthaltenen bzw. geschickten Attesten vom 25.03.2021, 05.06.2021, 09.08 2021, 19.08.2021, 02.09.2021, 23.09.2021, 29.10.2021 und vom 13.11.2021, sowie seine Erfahrungen mit den Krankheiten, die er dem Gericht mitgeteilt hat, in die Beweisaufnahme aufzunehmen", wird darauf hingewiesen, dass sich die eingereichten Atteste und Schriftsätze in den Verwaltungs- und Gerichtsakten befinden. Diese wurden von dem Sachverständigen Dr. E. umfassend in seinem Gutachten gewürdigt.
Der Kläger kann daher nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts Arbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten, wobei die aufgezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen zu berücksichtigen sind. Es besteht somit nach § 43 SGB VI kein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Da der Kläger nach dem 02.01.1961 geboren ist, scheidet auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI aus. Auf die quantitative Leistungsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf kommt es somit nicht an.
Nach alledem steht dem Kläger keine Rente wegen Erwerbsminderung ab 2009 zu. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht den Überprüfungsantrag abgelehnt. Die Klage ist damit abzuweisen.
IV. Bezüglich der geltend gemachten Entschädigungen und Schadensersatzansprüche wegen Amtspflichtverletzung wurde das Verfahren mit Beschluss vom 14.06.2021 abgetrennt und an das zuständige Landgericht F. verwiesen. Dem Kläger war aufgrund der vorherigen Anhörung bekannt, dass für diese Ansprüche die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig ist.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.