L 6 SF 20/20 EK AS

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungsklage bei überlanger Verfahrensdauer
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 20/20 EK AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 10 ÜG 8/22 B
Datum
-
Kategorie
Urteil

Es wird festgestellt, dass das Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main – S 11 AS 192/14 – unangemessen lange gedauert hat. 

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 

Die Kläger tragen 4/5, das beklagte Land 1/5 der Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Kläger auf Entschädigung bzw. Wiedergutmachung wegen der nach ihrer Auffassung unangemessenen Dauer des vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen S 11 AS 192/14 geführten Ausgangsverfahrens.

Die Kläger wohnten früher in C-Stadt/Sachsen und bezogen laufende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) von dem Landkreis D-Stadt. Sie erhoben am 23. Dezember 2013 Klage zum Sozialgericht Dresden gegen den Landkreis D-Stadt und begehrten höhere Leistungen für die Leistungszeiträume vom 1. Januar 2007 bis 30. April 2007 und 1. Mai 2007 bis 30. November 2007 unter Änderung der zu Grunde liegenden Bescheide bzw. Widerspruchsbescheide (Bl. 1 der Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens – GA –). Bereits vor Klageerhebung waren die Kläger nach F-Stadt/Hessen verzogen.

Nach rechtlichem Hinweis zur örtlichen Zuständigkeit vom 6. Januar 2014 (Bl. 58 GA) verwies das Sozialgerichts Dresden durch Beschluss vom 21. Januar 2014 den Rechtsstreit an das Sozialgericht Frankfurt am Main (Bl. 65 GA), wo der Aktenvorgang am 3. Februar 2014 einging (Bl. 71 GA). Mit Eingangsverfügung vom 4. Februar 2014 forderte das Sozialgericht den Beklagten zur Stellungnahme binnen vier Wochen auf (Bl. 72 GA), woraufhin der Beklagte mit am 14. März 2014 eingegangenem Schreiben mitteilte, er werde sich nach Eingang der Klagebegründung zur Sache äußern (Bl. 75 GA). Die Verwaltungsakte legte er dem Gericht am 25. März 2014 vor (Bl. 76 GA). Der Kammervorsitzende des Sozialgerichts verfügte am 26. März 2014 die Übersendung der Verwaltungsakte an die Prozessbevollmächtigte der Kläger (Bl. 77 GA), die Akte ging am 17. April 2014 wieder bei Gericht ein (Bl. 80 GA). Am 9. Mai 2014 beantragte die Prozessbevollmächtigte im Hinblick auf die Klagebegründung Fristverlängerung bis zum 5. Juni 2014 (Bl. 81 GA), die der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 15. Mai 2014 gewährte (Bl. 82 GA).

Am 27. Mai 2014 (laut Eingangsstempel) ging bei dem Sozialgericht ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 16. Mai 2014 ein, das diese als Klagebegründung bezeichnete (Bl. 83 GA). Sie beanstandete drei Fehler in den Berechnungen des Beklagten (betreffend Freibeträge, Riester-Rente und Höhe der Heizkosten), ohne hierauf im Einzelnen näher einzugehen. Nach der Aktenlage verfügte der Kammervorsitzende am 26. Mai 2014 die Weiterleitung der Klagebegründung an den Beklagten zur Stellungnahme, Erledigung der Verfügung durch die Serviceeinheit erfolgte am 17. Juni 2014 (Bl. 84R GA).

Mit am 20. Juni 2014 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schreiben fragte die Prozessbevollmächtigte der Kläger nach dem Sachstand (Bl. 85 GA). Der Kammervorsitzende antwortete mit Schreiben vom 24. Juni 2014 dahingehend, es stehe die Stellungnahme des Beklagten zur Klagebegründung aus, aufgrund hoher Arbeitsbelastung habe die entsprechende Verfügung nicht ganz zeitnah ausgeführt werden können (Bl. 86 GA).

Die Klageerwiderung des Beklagten ging sodann am 18. Juli 2014 bei dem Sozialgericht ein, Weiterleitung an die Prozessbevollmächtigte der Kläger zur Stellungnahme wurde am 21. Juli 2014 verfügt (Bl. 89 GA). Diese teilte mit Schreiben vom 13. August 2014 mit, eine Stellungnahme werde voraussichtlich bis zum 1. September 2014 erfolgen (Bl. 91 GA). Mit weiterem Schreiben vom 1. September 2014 bat die Prozessbevollmächtigte um weiteres Zuwarten bis zum 22. September 2014 (Bl. 92 GA). Eine kurze Stellungnahme ging sodann am 12. September 2014 ein mit dem Hinweis, es werde noch bis zum 18. September 2014 weiter vorgetragen (Bl. 94 GA). Am 22. September 2014 teilte die Prozessbevollmächtigte unter Bezugnahme auf ihren vorangegangenen Schriftsatz mit, die Beheizung der Wohnung der Kläger erfolge über eine elektrische Fußbodenheizung (Bl. 99 GA). Der Kammervorsitzende verfügte die Weiterleitung des Schreibens an den Beklagten zur Stellungnahme noch am selben Tag (Bl. 99R GA). Der Beklagte äußerte sich mit am 17. Oktober 2014 bei dem Sozialgericht eingegangenem Schreiben dahingehend, dass für eine Schätzung des Heizstromes die gemachten Angaben unzureichend seien. (Bl. 101 GA). Mit Verfügung vom selben Tag leitete der Kammervorsitzende das Schreiben an die Prozessbevollmächtigte zur Stellungnahme weiter, wobei die Ausführung durch die Serviceeinheit am 20. Oktober 2014 erfolgte (Bl. 101R GA).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger bat am 25. November 2014 um Sachstandsmitteilung (Bl. 103 GA), worauf der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 26. November 2014 auf die angeforderte und ausstehende Stellungnahme verwies und das entsprechende Schreiben nochmals beifügte. Die Prozessbevollmächtigte bat am 4. Dezember 2014 um Zusendung des Schreibens des Beklagten, da dieses bislang nicht beigefügt gewesen sei (Bl. 105 GA). Dem kam der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 9. Dezember 2014 nach (Bl. 105R GA). Erledigung der Verfügung erfolgte jedoch erst am 12. Januar 2015. Zuvor, am 22. Dezember 2014, war ein Schreiben der Prozessbevollmächtigten der Kläger mit der Bitte um Erledigung des Schreibens vom 4. Dezember 2014 eingegangen (Bl. 106 GA). Schließlich äußerte sich die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 3. Februar 2015, eingegangen am 6. Februar 2015, dahingehend, sie bitte um Mitteilung, welche weiteren Angaben für eine Schätzung nach Ansicht des Gerichts erforderlich seien (Bl. 108 GA).

Nachdem hierauf keine Antwort erfolgte, übermittelte die Prozessbevollmächtigte der Kläger am 8. April 2015 (Bl. 109 GA) sowie am 15. Mai 2015 (Bl. 110 GA) Sachstandsanfragen. Mit Verfügung vom 19. Mai 2015 erteilte der Kammervorsitzende längere Hinweise mit Berechnungen zu dem heizungs- und warmwasserbedingten Stromverbrauch und bat beide Beteiligte um Mitteilung, ob auf dieser Grundlage eine Einigung möglich sei (Bl. 111 GA).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger antwortete am 5. Juni 2015 unter Vorlage weiterer Stromrechnungen (Bl. 116 GA), der Beklagte am 24. Juni 2015 mit einer Stellungnahme vom 19. Juni 2015 (Bl. 120 GA). Vorlage an den Kammervorsitzenden erfolgte am 25. Juni 2015 (Bl. 120R GA).

Am 10. August 2015 ging eine weitere Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten der Kläger bei dem Sozialgericht ein (Bl. 122 GA). Der Kammervorsitzende verfügte am 20. August 2015 die Übersendung des Schreibens des Beklagten vom 19. Juni 2015 an die Prozessbevollmächtigte mit dem Hinweis, aufgrund eines Versehens werde dieses erst jetzt weitergeleitet (Bl. 121 GA).

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger nahm mit Schreiben vom 21. August 2015, eingegangen am 26. August 2015, erneut Stellung (Bl. 123 GA). Die Weiterleitung an den Beklagten zur Stellungnahme erfolgte mit gerichtlicher Verfügung vom 28. August 2015 (Bl. 125R GA). Eine erneute Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten ging am 21. Oktober 2015 ein (Bl. 127 GA), worauf der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 22. Oktober 2015 den Beklagten an die ausstehende Stellungnahme erinnerte und dies der Prozessbevollmächtigten mitteilte (Bl. 127R GA).

Die Stellungnahmen des Beklagten ging am 10. November 2015 bei dem Sozialgericht ein (Bl. 130 GA), die der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 12. November 2015 an die Prozessbevollmächtigte der Kläger zur Stellungnahme weiterleitete (Bl. 130R GA). Diese ging jedoch in der Folgezeit nicht ein.

Nach Wechsel im Kammervorsitz und Vorlage der Akte am 16. Februar 2016 verfügte der nunmehr zuständige Kammervorsitzende am selben Tag die Erinnerung der Prozessbevollmächtigten unter Fristsetzung von vier Wochen. Diese antwortete am 5. April 2016 kurz dahingehend, es verbleibe bei den bisherigen Ausführungen (Bl. 133 GA). Weiterleitung an den Beklagten erfolgte mit gerichtlicher Verfügung vom 7. April 2016 (Bl. 133R GA).

Nach Wiedervorlage der Akte am 9. Mai 2016 verfügte der Kammervorsitzende am 12. Mai 2016 den Rechtsstreit zur Sitzung (Bl. 135R GA).

Mit am 12. Juli 2016 eingegangenem Schreiben vom selben Tag erhob die Prozessbevollmächtigte der Kläger „aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht“ Verzögerungsrüge (Bl. 136 GA), die der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 13. Juli 2016 an den Beklagten zur Kenntnisnahme weiterleitete und den Rechtsstreit erneut zur Sitzung schrieb (Bl. 136R GA).

Eine weitere Verzögerungsrüge erhob die Prozessbevollmächtigte der Kläger am 20. Januar 2017 (Bl. 139 GA) und fragte am 22. März 2017 nach dem Sachstand (Bl. 141 GA). Hierauf antwortete der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 27. März 2017, die Sache sei für eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung vorgemerkt, ein Kammertermin könne jedoch wegen der Vielzahl früher eingegangener Klagen derzeit nicht genannt werden (Bl. 142 GA).

Am 29. September 2017 bat die Prozessbevollmächtigte der Kläger erneut um Mitteilung des Sachstandes (Bl. 145 GA). Hierauf fragte der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 5. Oktober 2017 die Beteiligten, ob Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe. Beide Beteiligte stimmten dem zu, die Prozessbevollmächtigte der Kläger am 12. Oktober 2017 (Bl. 147 GA) und der Beklagte am 19. Oktober 2017, wobei dieser darauf hinwies, mangels Bezifferung des Klageantrags könne nur ein Grundurteil ergehen (Bl. 148 GA). In der Folge bat die Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 8. November 2017, eingegangen am 14. November 2017, um einen richterlichen Hinweis, ob für die Zulässigkeit der Klage ein bezifferter Antrag erforderlich sei. Der Kammervorsitzende antwortete mit Verfügung vom 16. November 2017 dahingehend, entgegen der Rechtsansicht des Beklagten werde ein bezifferter Klageantrag nicht für erforderlich gehalten; den Rechtsstreit verfügte er erneut zur Sitzung (Bl. 149R GA).

Auf eine erneute Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 19. Februar 2018 (Bl. 152 GA) teilte der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 22. Februar 2018 mit, die Sache sei für eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung vorgemerkt und mit einer Ladung zu einem Kammertermin sei innerhalb der nächsten drei Monate zu rechnen (Bl. 152R GA).

Eine erneute Sachstandsanfrage der Prozessbevollmächtigten der Kläger ging am 19. März 2018 bei dem Sozialgericht ein (Bl. 154 GA). Zudem erhob sie eine weitere Verzögerungsrüge am 22. Mai 2018 (Bl. 155 GA).

Nach erneutem Wechsel im Kammervorsitz erteilte der nunmehr zuständige Kammervorsitzende am 26. Mai 2018 beiden Beteiligten rechtliche Hinweise (Bl. 156 GA), worauf der Beklagte mit Schreiben vom 13. Juni 2018 entsprechend dem richterlichen Hinweis ein Teilanerkenntnis abgab (Bl. 159 GA). Die Weiterleitung des Schreibens des Beklagten erfolgte mit Verfügung vom 26. Juni 2018. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger nahm das Teilanerkenntnis des Beklagten am 15. August 2018 an (Bl. 162 GA) und im Übrigen am 4. September 2018 die Klage zurück (Bl. 165 GA), so dass an diesem Tag Beendigung des Verfahrens eintrat.

Die Kläger haben am 11. Dezember 2018 Entschädigungsklage erhoben, mit der sie die Verurteilung des beklagten Landes Hessen begehren, ihnen wegen überlanger Dauer des Verfahrens vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main (S 11 AS 192/14) eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch pro Kläger nicht weniger als 1.500,00 €, nebst Verzugszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Zur Begründung schildern die Kläger den Verfahrensverlauf aus ihrer Sicht und tragen vor, insbesondere nach ihren Schreiben vom 3. Februar 2015, 2. Juni 2015 und 21. August 2015 sowie nach April 2016 sei jeweils eine zeitnahe Bearbeitung durch das Gericht nicht erfolgt. Dies gelte auch für die Zeit nach der Verzögerungsrüge vom 12. Juli 2016. Das Ausgangsverfahren sei unangemessen lang im Sinne des § 198 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gewesen, es habe rund 56 Monate gedauert, wobei 34 Monate keine Bearbeitung durch das Gericht stattgefunden habe. Im Einzelnen seien dies folgende Zeiträume: 
3. Februar 2015 bis 18. Mai 2015, 3 ½ Monate, 
3. Juni 2015 bis 19. August 2015, 2 ½ Monate, 
22. August 2015 bis 20. Oktober 2015, 2 Monate, 
5. April 2016 bis 4. Oktober 2017,18 Monate und 
17. November 2017 bis 12. Juni 2018, 8 Monate. 

Die Verfahrenslänge sei darauf zurückzuführen, dass das Sozialgericht die Sache nicht zügig bearbeitet habe. Insbesondere habe es das Verfahren über einen Zeitraum von mindestens 15 Monaten „liegengelassen“. Von den insgesamt 34 Monaten, in denen keine Bearbeitung stattgefunden habe, sei eine angemessene Dauer für die Entscheidungsfindung in Abzug zu bringen. Ausreichend sei ein Zeitraum von 12 Monaten. Selbst bei Ansatz eines großzügigeren Rahmens verbleibe jedenfalls eine Verzögerung von 15 Monaten. Das Sozialgericht habe die drei erhobenen Verzögerungsrügen nicht zum Anlass genommen, das Verfahren zu beschleunigen. Infolgedessen habe der Beklagte die entstandenen immateriellen Nachteile zu entschädigen, wobei mindestens die Regelentschädigung gemäß § 198 Abs. 2 S. 3 GVG zustehe, die sich bei einer Verfahrensverzögerung von 15 Monaten auf 1.500,00 € je Kläger belaufe.

Nach Einzahlung des Kostenvorschusses durch die Kläger – ausgehend von einem vorläufigen Streitwert von 6.000,00 € – ist die Entschädigungsklage dem Beklagten am 21. Januar 2019 zugestellt worden.

Die Kläger beantragen sinngemäß, 
 
den Beklagten zu verurteilen, ihnen wegen der unangemessenen Dauer des vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen S 11 AS 192/14 geführten Verfahrens eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch pro Kläger nicht weniger als 1.500,00 €, jeweils nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Der Beklagte beantragt, 

die Entschädigungsklage abzuweisen. 

Er tritt dem geltend gemachten Entschädigungsanspruch entgegen und trägt vor, zunächst könne der Klägerseite nicht dahingehend gefolgt werden, dass jedem der vier Kläger ein Entschädigungsanspruch in voller Höhe zustehe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) sei nicht ohne Einfluss auf den Nichtvermögensschaden, wenn der einzelne Kläger einer Personengruppe angehöre, die sich entschlossen habe, ein gerichtliches Verfahren gemeinsam zu führen. Dies habe zur Folge, dass neben den Vorteilen auch die Nachteile zu teilen seien (Hinweis auf das Urteil vom 15. Februar 2008, 38311/02). Diese Rechtsprechung führe insbesondere im Bereich des SGB II dazu, dass nicht jedes Mitglied einer gemeinsam klagenden Bedarfsgemeinschaft die volle Entschädigung wie bei einem Einzelverfahren verlangen könne, sondern entsprechend seiner individuellen Beteiligung nur eine anteilige Entschädigung erhalte. Zur Dauer des Ausgangsverfahrens trägt der Beklagte vor, es seien durchaus Zeiträume feststellbar, in denen das Verfahren von dem Sozialgericht nicht betrieben worden sei. Hierzu zählten die Zeiträume vom 6. Februar 2015 bis 15. Mai 2015 (3 volle Monate), vom 12. Mai 2016 bis 15. Oktober 2017 (16 volle Monate) und vom 16. November 2017 bis 26. Mai 2018 (6 Monate). Insgesamt sei von 25 Monaten gerichtlicher Inaktivität auszugehen. Soweit das Schreiben des Beklagten des Ausgangsverfahrens vom 19. Juni 2015 versehentlich erst mit Verfügung vom 20. August 2015 übersandt worden sei, könne dieser Zeitraum von knapp 2 Monaten nicht als entschädigungsrelevant angesehen werden. Unter Abzug der Vorbereitungs- und Bedenkzeit von 12 Monaten verbleibe noch eine zu entschädigende Verfahrensdauer von 13 Monaten. Gleichwohl stehe den Klägern keine Entschädigung zu, weil die Verfahrensdauer insbesondere unter Berücksichtigung der von § 198 Abs. 1 S. 2 GVG vorgegebenen Gesichtspunkte „Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens“ und „Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter“ nicht als unangemessen angesehen werden könne. Der Umfang der im Ausgangsverfahren streitigen SGB II-Leistungen sei gering gewesen und hätte einen lang zurückliegenden Zeitraum betroffen, so dass ein schneller Verfahrensabschluss für die Kläger nur geringe Bedeutung gehabt habe. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass die Prozessbevollmächtigte der Kläger erbetene Stellungnahmen teilweise erst nach Fristverlängerungsgesuchen und gerichtlichen Erinnerungsschreiben vorgelegt habe. Es dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die streitige Berechnung Einfluss auf die Höhe von insgesamt vier Leistungsansprüchen nach dem SGB II gehabt habe, wodurch die Bedeutung für jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nochmals geschmälert worden sei. Weiter dürfe das Verhalten der Beteiligten des Ausgangsverfahrens nicht unberücksichtigt bleiben. Sowohl die Kläger als auch der Beklagte des Ausgangsverfahrens hätten das Verfahren nicht sachgerecht gefördert. Bereits mit Schriftsatz vom 21. August 2015 sei die Prozessbevollmächtigte der Kläger zu dem Ergebnis gelangt, dass diesen kein Anspruch auf weitergehende Stromheizkosten zustehe als bei der Bedarfsberechnung bereits berücksichtigt. Dennoch sei das Klagebegehren zunächst fortgeführt und erst nach richterlichem Hinweis mit Androhung der Verhängung von Mutwillenskosten nach § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Klage zurückgenommen worden. Im Hinblick auf den Beklagten des Ausgangsverfahrens sei nicht ersichtlich, warum dieser nicht von sich aus, sondern erst auf richterlichen Hinweis eine Einkommensberichtigung vorgenommen habe. Im Ergebnis seien beide Beteiligte des Ausgangsverfahrens bereits ab dem 21. August 2015 in der Lage gewesen, den Fortgang des Ausgangsverfahrens durch sachgerechte Prozesserklärung zu fördern. Die dann verbliebene Streitfrage (Berücksichtigung der Beiträge zur Riester-Rente im Rahmen der Einkommensbereinigung) sei ohne weiteres aus dem Gesetz zu beantworten gewesen und insoweit habe kein Anspruch der Kläger bestanden, was der Prozessbevollmächtigten hätte bekannt sein müssen. Bereits in der Klageerwiderung habe der Beklagte des Ausgangsverfahrens auf diese eindeutige Rechtslage hingewiesen, so dass nicht verständlich sei, warum die Frage überhaupt weiter zur gerichtlichen Überprüfung gestellt bzw. die Klage insoweit nicht schon vorher zurückgenommen worden sei. Vor diesem Hintergrund verringere sich die Bedeutung des Verfahrens weiter, so dass das Sozialgericht durchaus berechtigt gewesen sei, die Bearbeitung zurückzustellen. Nach allem könne nicht von einer allein durch das Sozialgericht verursachten unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens ausgegangen werden. Vielmehr hätte das Ausgangsverfahren bei sachgerechter Prozessführung seitens der Beteiligten bereits nach knapp 1 ½ Jahren zum Abschluss gebracht werden können. Wenn stattdessen das Verfahren streitig weitergeführt werde, stehe dies zwar mit Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) im Einklang, löse jedoch keinen Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer aus.

Im weiteren Verlauf trägt der Beklagte vor, er beantrage das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das Verfahren B 10 ÜG 2/18 R vor dem Bundessozialgericht, in dem es um die Rechtsfrage gehe, inwieweit ein minderjähriges Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft einen Anspruch auf Geldentschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines die Bedarfsgemeinschaft betreffenden Verfahrens habe, wenn bereits ein Anspruch auf eine Geldentschädigung für einen volljährigen Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft bestehe. Im Übrigen werde die Rechtsfrage, ob sämtlichen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft ein Anspruch auf volle Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer zustehe, in der Rechtsprechung der Landessozialgerichte unterschiedlich beantwortet.

Nach Zustimmung der Kläger hat der Senat durch Beschluss vom 30. Juli 2019 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Das Verfahren vor dem Bundessozialgericht B 10 ÜG 2/18 R endete durch Rücknahme der Revision. Sodann haben die Kläger mit Schreiben vom 12. November 2020 das Verfahren wieder aufgerufen und tragen ergänzend vor, entgegen der Auffassung des Beklagten sei das Ausgangsverfahren weder besonders umfangreich noch besonders schwierig gewesen. Auch hätte eine Begrenzung des Streitgegenstandes nicht zu einem schnelleren Fortgang des Verfahrens geführt. Im Übrigen halten die Kläger an ihrer Auffassung fest, dass jedem Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft ein eigener Entschädigungsanspruch zustehe, weil es sich bei dem Anspruch auf Entschädigung des immateriellen Nachteils um einen personenbezogenen Anspruch handele. Dies lege bereits der Wortlaut des § 198 Abs. 1 S. 1 GVG nahe. Der Entschädigungsanspruch sei als ein Jedermann-Recht konzipiert und stehe in Fällen einer subjektiven Klagehäufung jeder am Gerichtsverfahren beteiligten Person einzeln zu (Hinweis auf Urteile des Sächsischen LSG vom 12. Juli 2016, L 11 SF 50/15 EK, des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2014 und des Bundesfinanzhofs vom 4. Juni 2014, X K 12/13).

In der Folge haben die Kläger am 20. Mai 2021, 10. November 2021 und 8. Juli 2022 Verzögerungsrüge erhoben.

Beide Beteiligte haben übereinstimmend erklärt, dass sie mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und der beigezogenen Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens S 11 AS 192/14, der jeweils Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen ist. 


Entscheidungsgründe

Das Landessozialgericht ist für die erhobene Klage zuständig (§ 51 Abs. 1 Nr. 10, § 202 S. 2 SGG i.V.m. §§ 198 ff. GVG), da es sich bei dem Ausgangsverfahren um ein Verfahren aus dem Bereich der Sozialgerichtsbarkeit handelt.

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).

Die Klage ist zulässig, insbesondere haben die Kläger sie form- und fristgerecht erhoben. Die Wartefrist des § 198 Abs. 5 S. 1 GVG (i.V.m. § 202 S. 2 SGG), wonach eine Entschädigungsklage frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden kann, haben die Kläger eingehalten. Verzögerungsrügen haben die Kläger am 12. Juli 2016, 20. Januar 2017 und 22. Mai 2018 erhoben. Bezogen auf alle drei Verzögerungsrügen war die Sechsmonatsfrist abgelaufen und die Klage damit nicht zu früh erhoben. Damit ist unter jedem Gesichtspunkt die Wartefrist eingehalten.

Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Kläger können wegen der unangemessenen Dauer des vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen S 11 AS 192/14 geführten Verfahrens als Wiedergutmachung nur deren Feststellung verlangen. Im Übrigen, also wegen der von den Klägern geltend gemachten Entschädigungszahlungen, kann die Klage keinen Erfolg haben.

Gegenstand der Klage ist zum einen der von den Klägern ausdrücklich geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen der nach ihrer Auffassung überlangen Dauer des Ausgangsverfahrens, wobei die Kläger dessen Höhe auf zumindest 1.500,00 € pro Kläger beziffert haben. Die Klage ist insofern als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG; vgl. für viele BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL).

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist zudem die mögliche Feststellung einer unangemessenen Dauer des Ausgangsverfahrens als Form der Wiedergutmachung auf andere Weise im Sinne von § 198 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG. Dies setzt einen gesonderten, gerade hierauf gerichteten Antrag nicht voraus (§ 198 Abs. 4 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG).

Die materielle Ausschlussfrist des § 198 Abs. 5 S. 2 GVG, wonach die Entschädigungsklage spätestens sechs Monate nach Rechtskraft der Entscheidung, die das Ausgangsverfahren beendet hat, oder nach einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden muss, haben die Kläger eingehalten. Erledigung des Ausgangsverfahrens trat am 4. September 2018 mit Eingang der Rücknahme der Klage (nach zuvor angenommenen Teilanerkenntnis) ein, die Entschädigungsklage ist am 11. Dezember 2018 eingegangen. Für den Zeitpunkt der Klageerhebung kommt es insoweit auch auf den Eingang der Entschädigungsklage bei Gericht an und nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage an den Beklagten (am 21. Januar 2019). Insoweit regelt § 167 Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 202 S. 1 SGG, dass die Zustellung zurückwirkt auf den Zeitpunkt des Eingangs, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. So liegt der Fall hier, denn die am 11. Dezember 2018 eingegangene Entschädigungsklage ist nach Einzahlung des entsprechenden Gerichtskostenvorschusses am 21. Januar 2019 und damit noch innerhalb des durch die Formulierung „demnächst“ eröffneten Zeitfensters zugestellt worden. Dessen ungeachtet liegt auch der Zeitpunkt der Zustellung noch innerhalb der Frist von sechs Monaten.

Ein Anspruch auf Entschädigung in Geld scheitert auch nicht von vornherein an dem Fehlen einer Verzögerungsrüge im Sinne von § 198 Abs. 3 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG (vgl. zur Verzögerungsrüge für viele BSG, Urteil vom 27. Juni 2013, B 10 ÜG 9/13 B). Die erforderliche Verzögerungsrüge haben die Kläger sowohl formell als auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten wirksam erhoben. In der Sache setzt die wirksame Erhebung einer Verzögerungsrüge voraus, dass Anlass zur Besorgnis besteht, das Verfahren werde nicht in angemessener Zeit abgeschlossen (§ 198 Abs. 3 S. 2 Halbs. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG). Dies trifft zwar auf die erste am 12. Juli 2016 erhobene Verzögerungsrüge nicht zu, denn bis zu diesem Zeitpunkt sind nur insgesamt acht Monate an gerichtlicher Inaktivität zu verzeichnen, wobei es sich nicht um einen zusammenhängenden Zeitraum gehandelt hat, sondern Zeiten der gerichtlichen Bearbeitung einerseits und der Inaktivität andererseits sich abgewechselt haben. Einer weiteren Vertiefung bedarf es jedoch nicht, denn jedenfalls zum Zeitpunkt der am 20. Januar 2017 erhobenen zweiten Verzögerungsrüge kann der erforderliche Anlass zur Besorgnis, das Verfahren werde nicht in angemessener Zeit abgeschlossen, nicht mehr verneint werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwischen der ersten und der zweiten Verzögerungsrüge – abgesehen von der Weiterleitung an den Beklagten und der Verfügung zur Sitzung – keine weitere Förderung des Verfahrens durch das Sozialgericht stattgefunden hat. Im Übrigen ist die zweite Verzögerungsrüge nicht verfrüht erfolgt. Insoweit regelt § 198 Abs. 3 S. 2 Halbs. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG, dass eine Wiederholung der Verzögerungsrüge frühestens nach sechs Monaten möglich ist, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Ob eine kürzere Frist geboten war, kann dahingestellt bleiben, jedenfalls liegt zwischen der ersten und der zweiten Verzögerungsrüge der Kläger ein Zeitraum von sechs Monaten und acht Tagen, so dass die genannte Frist eingehalten worden ist. Dies gilt im Übrigen auch für die am 22. Mai 2018 erhobene dritte Verzögerungsrüge, die die Kläger 16 Monate nach der zweiten Verzögerungsrüge erhoben haben. Auch insoweit bestand Anlass zur Besorgnis, das Verfahren werde nicht in angemessener Zeit abgeschlossen, weil nach der zweiten Verzögerungsrüge – abgesehen von einer Anfrage im Hinblick auf eine Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung – keine weitere Aktivität des Sozialgerichts zu verzeichnen ist.

Ist eine Verzögerungsrüge formgerecht und wirksam erhoben, so ist bei der Beurteilung einer Überlänge auch die zu diesem Zeitpunkt bereits verstrichene Dauer des Verfahrens einzubeziehen. Dies gilt auch dann, wenn die Verzögerungsrüge schon früher hätte erhoben werden können (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2017, B 10 ÜG 3/16 R; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 12. Februar 2020, L 12 SF 39/17 EK AS).

Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass das Ausgangsverfahren unangemessen lang dauerte.

Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG nicht nach starren Fristen, sondern nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und der Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (vgl. zum Maßstab ausführlich BSG, Urteil vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13 R; BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hessisches LSG – erkennender Senat –, Urteil vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB). 

Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die durch § 198 Abs. 6 Nr. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG definierte Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von dessen Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste relevante Zeiteinheit ist hierbei der (Kalender ) Monat. In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens insbesondere anhand der in § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG genannten Kriterien zu beurteilen. Auf dieser Grundlage und im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände ist schließlich in einem dritten Schritt zu entscheiden, ob die Verfahrensdauer die Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL). 

Ausgehend von diesem Rahmen ist die Festlegung eines Zeitraums, bei dessen Überschreiten ein Verfahren generell als unverhältnismäßig lange dauernd zu bewerten ist, nicht möglich (vgl. am Maßstab von Art. 19 Abs. 4 GG: BVerfG, Beschwerdekammerbeschluss vom 30. August 2016, 2 BvC 26/14 – Vz 1/16; BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2011, 1 BvR 232/11). Das gilt zumal, da Zügigkeit oder Verfahrensbeschleunigung keine absoluten Werte sind, sondern stets im Zusammenhang und im Spannungsverhältnis mit den übrigen Verfahrensgrundsätzen, insbesondere dem Amtsermittlungsgrundsatz, und dem damit korrespondierenden Interesse der Verfahrensbeteiligten an einer gründlichen und zutreffenden Bearbeitung durch das Gericht zu sehen sind. Konkretisierend geht der Senat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts davon aus, dass vorbehaltlich besonderer Gesichtspunkte des Einzelfalls die Dauer eines Verfahrens noch als angemessen anzusehen ist, soweit sie auf einer vertretbaren aktiven Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht und, soweit sie darüber hinausgeht, eine regelmäßig jedem Gericht zuzubilligende Vorbereitungs- und Überlegungszeit, in der eine aktive Verfahrensförderung nicht erkennbar sein muss, nicht überschreitet (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hessisches LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB und 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR). 

Die sich aus § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG ergebenden Maßstäbe für eine unangemessene Verfahrensdauer sind nach Entstehungsgeschichte und Zielsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu Art. 6 und Art. 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) auszulegen (vgl. nur BGH, Urteil vom 14. November 2013, III ZR 376/12; Schenke, NVwZ 2012, 257, 258). § 198 Abs. 1 S. 2 GVG benennt in diesem Rahmen beispielhaft und ohne abschließenden Charakter Umstände, die für die Beurteilung der Angemessenheit besonders bedeutsam sind.

Wie der Senat in seinen Entscheidungen vom 1. August 2018 (L 6 SF 2/18 EK SB) und 18. Mai 2022 (L 6 SF 36/21 EK KR) dargelegt hat, ergibt sich die für die Beurteilung der Verfahrensdauer relevante Bedeutung des Verfahrens aus der Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen des um Entschädigung nachsuchenden Beteiligten. Entscheidend ist deshalb, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf dessen Verfahrensposition und das ggf. geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf seine weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteil vom 3. September 2014, B 10 ÜG 2/13). Dagegen sind, da § 198 GVG auf die Entschädigung (oder allgemeiner: die Wiedergutmachung) individueller Belastungen gerade des Entschädigungsklägers durch eine unangemessene Verfahrensdauer zielt, allgemeine Aspekte bzw. eher für die Allgemeinheit maßgebliche Fragen nicht von entscheidendem Gewicht.

Ausgehend von diesen Maßstäben erweist sich das Ausgangsverfahren, das vom Zeitpunkt des Eingangs des Vorgangs bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main im Februar 2014 nach Verweisung durch das Sozialgericht Dresden bis zur Klagerücknahme im September 2018 insgesamt 56 Monate gedauert hat, als unangemessen lang.

Für die Beurteilung der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens im Hinblick auf seine Angemessenheit bzw. Unangemessenheit sind zunächst Zeiten, in denen das Verfahren aktiv betrieben wurde, und Zeiten gerichtlicher Inaktivität gegenüberzustellen, wobei zu den Zeiten, in denen das Verfahren aktiv betrieben wurde, auch Zeiten des gerechtfertigten Zuwartens zählen (z.B. um auf angeforderte Stellungnahmen der Beteiligten zu warten). Danach ist in jedem Monat seit Februar 2014 bis einschließlich Oktober 2014 verfahrensfördernde Aktivität des Sozialgerichts feststellbar. Soweit im Oktober 2014 die Weiterleitung einer Stellungnahme des Beklagten an die Prozessbevollmächtigte der Kläger verfügt worden ist und diese versehentlich nicht mitübersandt wurde (mit nachfolgenden Anfragen bzw. Sachstandsanfragen der Prozessbevollmächtigten), zählt die Zeit ab November 2014 bis einschließlich April 2015 als Zeit der Inaktivität des Sozialgerichts. Im Mai 2015 sind rechtliche Hinweise erteilt worden mit entsprechenden Stellungnahmen der Beteiligten, die im Juni 2015 eingegangen sind. Der Monat Juli 2015 ist wiederum ein Kalendermonat mit Inaktivität. Der Kammervorsitzende hat insoweit die Prozessbevollmächtigte der Kläger darauf hingewiesen, dass der Posteingang vom Juni 2015 durch ein Versehen erst spät (im August 2015) bearbeitet worden ist. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der entsprechende Zeitraum nicht entschädigungsrelevant ist, wie dies der Senat bereits in seinem Urteil vom 18. Mai 2022 (L 6 SF 36/21 EK KR) ausgeführt hat. Auch wenn das Entschädigungsrecht nicht primär darauf zielt, kleinere, alsbald korrigierte und auf einem Versehen beruhende Fehler, wie sie in allen gesellschaftlichen Zusammenhängen auftreten können, zu entschädigen oder auch nur auf andere Weise wiedergutzumachen, können Versehen wie das hier vorliegende nicht außer Betracht bleiben. Für die Angemessenheit der Dauer ist die Frage des Verschuldens einzelner am Gericht tätiger Personen nicht von Belang. Vielmehr ist maßgeblich, ob der Beteiligte eine entsprechende Verfahrensdauer als (noch) angemessen hinzunehmen hat. Es kommt daher nicht darauf an, aus welchen Gründen das Verfahren keinen Fortgang nimmt, sofern die maßgeblichen Umstände dem Gericht und nicht Dritten zuzurechnen sind. Mithin zählt der Monat Juli 2015 zur Zeit der Inaktivität des Gerichts. Sodann, ab August 2015 bis zur Verfügung zur Sitzung im Mai 2016, ist das Verfahren wieder seitens des Sozialgerichts betrieben worden. Nach der Verfügung zur Sitzung, ab Juni 2016 bis einschließlich September 2017 ist trotz zweier Verzögerungsrügen keine weitere Bearbeitung des Rechtsstreits erfolgt. Gerichtliche Aktivität ist wieder im Oktober 2017 mit der Anfrage im Hinblick auf eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung feststellbar, wobei die Zustimmungen der beiden Beteiligten im November 2017 eingegangen sind. Es folgten wiederum Zeiten der Inaktivität vom Dezember 2017 bis einschließlich April 2018. Im Monat Mai 2018 erfolgte die dritte Verzögerungsrüge und zugleich ein erneuter Wechsel im Kammervorsitz. Der nunmehr zuständige Kammervorsitzende erteilte rechtliche Hinweise an beide Beteiligte, die zu einem Teilanerkenntnis des Beklagten (Eingang im Juni 2018), Annahme des Teilanerkenntnisses durch die Prozessbevollmächtigte der Kläger (Eingang August 2018) und schließlich zur Zurücknahme der Klage im Übrigen (Eingang im September 2018) führten.

Alles in allem ergeben sich Zeiten, in denen das Verfahren keinen erkennbaren Fortgang nahm und dies nicht auf dem Gericht nicht zurechenbaren Verhalten Dritter beruhte, in einem Umfang von 28 Monaten. Dieser Zeitraum begründet jedoch nicht in vollem Umfang eine Überlänge des Ausgangsverfahrens. Dem Ausgangsgericht sind vielmehr Vorbereitungs- und Bedenkzeiten, die regelmäßig je Instanz 12 Monate betragen, zuzubilligen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Schritte der Verfahrensförderung als gerechtfertigt angesehen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2015, B 10 ÜG 11/13 R; Hess. LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 1. August 2018, L 6 SF 2/18 EK SB und vom 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR). Anlass, die Zeitspanne von 12 Monaten zu reduzieren, besteht vorliegend nicht. Eher wäre in Betracht zu ziehen, den Zeitraum mit Blick auf die geringe Bedeutung des Verfahrens und das Verhalten der Prozessbeteiligten zu erhöhen. Hintergrund ist, dass dem Gericht ein Spielraum zuzubilligen ist, der es ihm ermöglicht, der Bedeutung, dem Umfang und der Schwierigkeit der einzelnen Rechtssachen ausgewogen Rechnung zu tragen und darüber zu entscheiden, wann es welches Verfahren mit welchem Aufwand sinnvollerweise fördern kann und muss und welche Verfahrenshandlungen dazu erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015, III ZR 141/14). In diesem Rahmen kann und wird es vielfach sachgerecht sein, Verfahren mit vergleichsweise geringer Bedeutung jedenfalls über einen gewissen Zeitraum hinter andere zurückzustellen, so dass auch Zeiten gerichtlicher Inaktivität, die über die regelmäßige Vorbereitungs- und Bedenkzeit hinausgehen, von den Beteiligten an Verfahren mit geringer Bedeutung noch hinzunehmen sind. Einer weiteren Vertiefung bedarf es an dieser Stelle jedoch nicht, weil zum einen unter Abwägung mit den sonstigen für die Beurteilung maßgeblichen Faktoren eine Verlängerung in einem Umfang, der zur Folge hätte, dass von einer insgesamt angemessen Verfahrensdauer ausgegangen werden könnte, nicht in Betracht kommt, und zum anderen auch bei Zugrundelegung (nur) des 12-monatigen Zeitraumes für die Vorbereitungs- und Bedenkzeit sich keine andere Sicht der Dinge im Hinblick auf die geltend gemachte Entschädigung ergibt.

Im Ergebnis sind von den Zeiten gerichtlicher Inaktivität im Umfang von 28 Monaten 12 Monate Vorbereitungs- und Bedenkzeit abzuziehen, so dass eine Überlänge des Verfahrens im Umfang von 16 Monaten verbleibt.

Allerdings ist nach Auffassung des Senats eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch eine Entschädigungszahlung ausreichend. Zwar erlaubt diese in § 198 Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 S. 1 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG vorgesehene Möglichkeit auf Grund der für die Entschädigungsregelung maßgeblichen europarechtlichen Vorgaben nur in Ausnahmefällen das Absehen von einem Entschädigungsanspruch in Geld, auch wenn der Gesetzeswortlaut auf den ersten Blick ein umgekehrtes Regel-Ausnahme-Verhältnis nahezulegen scheint (vgl. hierzu B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 13. Aufl., § 202 Rn. 26a). Eine Feststellung der Überlänge ist aber dennoch, wie der Senat in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur bereits entschieden hat, jedenfalls dann ausreichend, wenn der mit dem Ausgangsverfahren erstrebte finanzielle, ideelle oder sonstige Vorteil erkennbar geringfügig ist oder/und die Rechtsverfolgung erkennbar aussichtslos ist oder/und der Beteiligte auf Grund seines Gesamtverhaltens wesentlich zur Verzögerung beigetragen hat (vgl. in diesem Sinne die Begründung zum Gesetzentwurf BT-Drucks. 17/3802, S. 20; außerdem BSG, Urteil vom 21. Februar 2013, B 10 ÜG 1/12 KL; BFH, Urteil vom 17. April 2013, X K 3/12; Hess. LSG – erkennender Senat –, Urteile vom 8. Juli 2020, L 6 SF 6/19 EK AS und vom 18. Mai 2022, L 6 SF 36/21 EK KR; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Oktober 2017, L 2 SF 248/17 EK AS; Engel-Boland, in: Roos/Wahrendorf, Sozialgerichtsgesetz, 2014, § 202 Rn. 53; B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 202 Rn. 26a). 

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass andernfalls ein Anreiz geschaffen würde, Klagen, die für den Betroffenen von (auch für ihn erkennbar) nur geringem Gewicht sind, nur oder doch in erster Linie deswegen weiter durchzuführen, um auf diese Weise einen finanziellen Vorteil, nämlich eine Geldentschädigung auf der Grundlage von § 198 GVG zu erlangen, die über das Interesse an dem Ausgangsverfahren, u.U. sogar deutlich, hinausgeht. Dementsprechend ist ein Entschädigungsanspruch in Geld regelmäßig ausgeschlossen, wenn das mit dem Ausgangsverfahren absehbar zu verwirklichende Interesse nur gering und die Klage (jedenfalls im Übrigen) aussichtslos und dies für den Betroffenen erkennbar war (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Mai 2020, L 13 SF 5/19 EK AS; zurückhaltend dagg. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 12. Februar 2020, L 12 SF 33/18 EK AS). 

Davon ausgehend hält der Senat im vorliegenden Verfahren eine Wiedergutmachung auf andere Weise für ausreichend. Hierfür sind weiter folgende Erwägungen bedeutsam:

Das Ausgangsverfahren hatte für die Kläger aus mehreren Gründen nur geringe Bedeutung: Zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 23. Dezember 2013 vor dem Sozialgericht Dresden lagen die streitgegenständlichen Leistungszeiträume zumindest bereits sechs Jahre zurück, was zwanglos nahelegt, dass hierdurch keine maßgebliche Relevanz für den aktuellen Lebensunterhalt mehr gegeben sein konnte. Dies gilt umso mehr, als die Kläger (lediglich) geltend machten, für den Kläger zu 2. sei ein Freibetrag i.H.v. 113,00 € monatlich (zeitweise) in Abzug zu bringen, für die Kläger zu 1. und 2. seien die Beiträge zur sog. Riester-Rente nicht berücksichtigt worden und der Beklagte habe die Heizkosten nicht in tatsächlicher Höhe anerkannt. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich insgesamt nur um geringfügigere Korrekturen der Leistungsberechnungen gehandelt hat, die die Kläger begehrt haben, konnte von vornherein nur das Begehren im Hinblick auf den Freibetrag von 113,00 € (und auch nur für die Monate Januar bis März 2007, damit in einem Umfang von gesamt 339,00 €) erfolgreich sein. Dementsprechend hat der Beklagte des Ausgangsverfahrens auf die richterlichen Hinweise vom 26. Mai 2018 ein Teilanerkenntnis abgegeben. Die beiden übrigen Begehren der Kläger (Berücksichtigung der Beiträge zur Riester-Rente und Anerkennung weiterer Heizkosten) waren von vornherein aussichtslos bzw. auch aus der Sicht der Prozessbevollmächtigten der Kläger nicht begründet (ihr Schreiben vom 21. August 2015, Bl. 123 GA), so dass sie auch keine wirtschaftliche Bedeutung für die Kläger entfalten konnten. Zutreffend hat der Beklagte des vorliegenden Verfahrens weiter darauf hingewiesen, dass sich eine Verminderung der Bedeutung auch dadurch ergibt, dass die Kläger als Bedarfsgemeinschaft aus vier Personen bestehen. Die Korrektur der Berechnung im Hinblick auf den Kläger zu 2. bzw. die damit einhergehende Leistungserhöhung, die letztlich nur die Monate Januar bis März 2007 betraf, konnte damit ausgehend von dem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft für jeden einzelnen Kläger nur anteilige Bedeutung haben.

Darüber hinaus spricht auch der Gesichtspunkt des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten, der gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG ebenfalls zu berücksichtigen ist, für eine Wiedergutmachung auf andere Weise. Insoweit kann nicht übersehen werden, dass die Prozessbevollmächtigte der Kläger nur äußerst knapp vorgetragen bzw. die Klage des Ausgangsverfahrens begründet hat. So beschränkt sich die Klagebegründung im Wesentlichen auf die Darlegung des Klagebegehrens, ohne dieses jedoch ausreichend zu konkretisieren. Zudem hat die Prozessbevollmächtigte auf den Hinweis des Beklagten des Ausgangsverfahrens, ohne weitere Angaben sei eine realistische Schätzung der Heizkosten nicht möglich (Schreiben des Beklagten vom 14. Oktober 2014, Bl. 101 GA), nicht die erbetene Stellungnahme vorgelegt, sondern lediglich das Sozialgericht um Mitteilung gebeten, welche weiteren Angaben für eine Schätzung erforderlich seien, obwohl der Beklagte die von ihm für erforderlich gehaltenen Angaben konkret benannt hat (Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 3. Februar 2015, Bl. 108 GA). Auch hat sie teilweise erst nach Fristverlängerungsgesuchen und gerichtlichen Erinnerungsschreiben ergänzend vorgetragen. Im Übrigen war das Begehren im Hinblick auf die Berücksichtigung von Beiträgen zur Riester-Rentenversicherung von vornherein unbegründet und insoweit hätte es einer gerichtlichen Geltendmachung gar nicht bedurft. Nach Klärung aller Streitpunkte war die Prozessbevollmächtigte der Kläger erst nach deutlichem Hinweis des Kammervorsitzenden des Sozialgerichts vom 27. August 2018 auf Verschuldenskosten gemäß § 192 SGG zur Rücknahme der Klage im Übrigen bereit, wodurch weiterer gerichtlicher Aufwand entstanden ist. Aber auch das Verhalten des Beklagten des Ausgangsverfahrens kann nicht außer Acht gelassen werden. Zutreffend hat der Beklagte des vorliegenden Verfahrens darauf hingewiesen, dass auch dieser das Verfahren nicht sachgerecht gefördert hat, weil die Einkommensbereinigung infolge der Berücksichtigung des Freibetrages von Amts wegen hätte erfolgen können und müssen, ohne dass es eines richterlichen Hinweises bedurft hätte. Mithin haben beide Beteiligte des Ausgangsverfahrens dieses nicht ausreichend gefördert, was bei der Gesamtbetrachtung gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG i.V.m. § 202 S. 2 SGG zu berücksichtigen ist und nicht zu Lasten des beklagten Landes gehen kann.

Im Ergebnis ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls eine Wiedergutmachung auf andere Weise als durch die Zuerkennung eines Entschädigungsbetrages bzw. durch die Feststellung, dass das Ausgangsverfahren unangemessen lange gedauert hat, ausreichend.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 Halbs. 1 und 3 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 S. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach sind, wenn – wie hier – ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Die Kläger haben lediglich mit dem deutlich weniger gewichtigen, wenn auch nicht bezifferbaren Feststellungsantrag obgesiegt, mit dem auf Entschädigung in Geld zielenden Begehren sind sie dagegen vollständig erfolglos geblieben. Daher erscheint es sachgerecht, dass die Kläger die Kosten des Verfahrens zu einem deutlich überwiegenden Anteil zu tragen haben.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgezählten Gründe hierfür vorliegt.
 

Rechtskraft
Aus
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