Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.10.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig sind Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Am 19.02.2007 beantragte die am 00.00.1966 geborene und zum Zeitpunkt der Antragstellung in Spanien lebende Klägerin beim damals zuständigen Versorgungsamt Stuttgart die Gewährung von Leistungen nach dem OEG wegen körperlicher Misshandlung durch ihren ehemaligen Lebensgefährten F am 01.12.2000 in Freiburg. Sie leide deswegen an einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie an einem Zervikalsyndrom. Dem Antrag waren u.a. ein Bericht der Praxisklinik Chirurgie in Freiburg vom 06.12.2000 mit der Diagnose „multiple Schürfwunden li Knie, li OSG, Kontusion li Knie, li OSG und re Fuß“, Bescheinigungen der Psych. E vom 03.10.2001 und 08.05.2002, der ärztliche Entlassungsbericht der Fachklinik S vom 16.06.2004 (stationäre Rehabilitationsmaßnahme vom 06.05.2004 bis zum 09.06.2004) sowie ein ärztliches Attest des in Spanien tätigen Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. D vom 22.11.2006 beigefügt.
Das Versorgungsamt Stuttgart zog Unterlagen des Facharztes für Psychotherapeutische Medizin R sowie die Akte des Amtsgerichts Freiburg (27 Cs 22 Js 28117/2001 - AK 548102) bei. Danach war aufgrund einer Strafanzeige der Klägerin ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn F eingeleitet und ein Strafbefehl wegen vorsätzlicher Körperverletzung erlassen worden. Ausweislich der Angaben im Strafbefehl ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass Herr F die Klägerin am 01.12.2000 in ihrer Wohnung am Nacken gepackt, gewürgt, zu Boden geworfen und anschließend mit den Fäusten auf den Kopf, den Rücken und in die Rippen geschlagen habe. Hierdurch habe die Klägerin multiple Schürfwunden am linken Knie, am linken oberen Sprunggelenk, am rechten Fuß sowie am 3. Finger und Prellungen am linken Knie und am linken oberen Sprunggelenk erlitten. In der aufgrund des gegen den Strafbefehl eingelegten Einspruchs durchgeführten Hauptverhandlung am 10.07.2002 gab Herr F an, er habe die Klägerin mit der Faust drei Mal am Knie geschlagen. Das Verfahren wurde nach § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.
In einer ärztlichen Stellungnahme vom 27.06.2007 gelangte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G zu der Einschätzung, dass Art und Ausmaß der Tat am 01.12.2000 nach allgemeiner ärztlicher Erfahrung und aufgrund der Kenntnis der Unterlagen bis 2004 nicht geeignet seien, als gleichwertig zu den vorliegenden konkurrierenden Ursachen (problembehaftetes Elternhaus, psychosoziale Belastungssituation, berufliche Perspektivlosigkeit, familiäre Streitigkeiten, schwierige finanzielle Lage, Missbrauch im Kindesalter) eingeschätzt zu werden. Ein schädigungsbedingter krankheitswertiger Dauerschaden ab dem 01.02.2007 liege nicht vor.
Daraufhin lehnte das Versorgungsamt Stuttgart den Antrag mit Bescheid vom 05.07.2007 ab. Zwar sei die Klägerin Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden. Das schädigende Ereignis vom 01.12.2000 könne jedoch im Verhältnis zu den übrigen psychisch belastenden Faktoren nicht als gleichwertig eingeschätzt werden. Ein zu den schädigungsunabhängig vorliegenden psychischen Belastungen durch dieses einmalige Ereignis hinzukommender krankheitswertiger Dauerschaden könne nicht angenommen werden.
Am 06.01.2016 beantragte die nunmehr in L wohnhafte Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 05.07.2007 nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Bescheid sei materiell rechtswidrig und verletze ihre subjektiv-öffentlichen Rechte. Die Voraussetzungen des § 1 OEG seien sämtlich gegeben. Der im Rahmen des Antragsverfahrens ausreichend glaubhaft geschilderte Übergriff vom 01.12.2000 sei allein- bzw. weitüberwiegend ursächlich für ihren psychischen, körperlichen und seelischen Schaden. Die Annahme, dass ihr heutiger Gesundheitszustand nicht allein auf die damalige Gewalttat zurückzuführen sei, könne nicht ohne Hinzunahme eines Sachverständigen ohne weiteres rechtmäßig beantwortet werden.
Das Landratsamt Stuttgart zog daraufhin erneut ärztliche Unterlagen sowie ein in einem Rentenverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin (S 21 R 3802/06) eingeholtes Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A vom 04.05.2009 bei. Dieser hatte nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 22.04.2009 eine situationsgebunden vermehrte psychovegetative Erregbarkeit nach posttraumatischer Belastungsstörung, rezidivierende Unterbauchbeschwerden bei Ovarialzysten und Endometriose, einen Zustand nach HWS-Schleudertrauma 2005 sowie einen Zustand nach Fraktur des Kreuzbeines 2008 diagnostiziert und eine vollschichtige Erwerbsfähigkeit angenommen. Es sei im Verlauf der posttraumatischen Belastungsstörung zu einer progredienten Besserung der psychopathologischen Symptomatik gekommen.
In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme gelangte die Sozialmedizinerin Dr. M zu der Einschätzung, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Ereignis und dem geltend gemachten Zervikalsyndrom auch aufgrund der im Überprüfungsverfahren vorgelegten Befunde weiterhin nicht begründet werden könne. Es seien weder ein adäquates Trauma noch eine zeitnahe Diagnose und auch keine entsprechende Symptomkette nachweisbar. Eine Verletzung der Halswirbelsäule sei bei der Erstversorgung im Jahr 2000 nicht dokumentiert worden. Erstmals 2004 sei im Bericht der Fachklinik S die Diagnose zervikozephales Syndrom gestellt worden. Die Klägerin habe zudem im November 2005 bei einem Autounfall ein HWS-Schleudertrauma erlitten. Sowohl die Folgen des Schleudertraumas im Jahr 2005 (Autounfall) als auch die weiter beschriebenen degenerativen Veränderungen der Halswirbelsäule seien naturgemäß Nachschäden. Bezüglich des seelischen Leidens werde die Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme empfohlen (Stellungnahme vom 13.10.2016).
In der daraufhin eingeholten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. G gelangte dieser zu der Einschätzung, dass sich aus medizinischer Sicht nach Vorlage des Rentengutachtens kein hinreichender Verdacht auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 05.07.2007 ergebe. Dr. A habe nicht die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt, sondern einen Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung mit geringen Restsymptomen angenommen. Zudem bestehe ausweislich der dokumentierten Unterlagen seit 2005 kein psychotherapeutischer Behandlungsbedarf mehr (Stellungnahme vom 12.11.2016).
Mit Bescheid vom 06.12.2016 lehnte das Versorgungsamt Stuttgart den Antrag ab. Die Voraussetzungen von § 44 SGB X seien nicht erfüllt, da sich aus medizinischer Sicht kein hinreichender Verdacht auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 05.07.2007 ergebe.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 05.07.2017 zurückgewiesen. Auch die im Zugunstenverfahren vorgelegten Behandlungsunterlagen seien nicht geeignet, mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit feststellen zu können, dass die Gewalttat vom 01.12.2000 für die mit Antrag vom 19.02.2007 geltend gemachten seelischen Gesundheitsstörungen eine mindestens gleichwertige Bedingung neben einer Vielzahl anderer schädigungsunabhängiger Belastungsfaktoren darstelle. Darüber hinaus habe auch kein kausaler Zusammenhang zwischen der Gewalttat und dem geltend gemachten Zervikalsyndrom hergestellt werden können. Verletzungen am Hals bzw. der Halswirbelsäule oder an den oberen Extremitäten seien bei der ambulanten Vorstellung in der Praxisklinik N am 01.12.2000 nicht dokumentiert worden.
Dagegen hat die Klägerin am 17.07.2017 Klage beim SG Köln erhoben und ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt. Sie leide noch heute an den Folgen des Übergriffes, dies insbesondere im HWS-Bereich sowie psychisch im Rahmen einer PTBS.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 05.07.2007 aufzuheben und der Klägerin ab dem 01.01.2012 Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Vorbringen im Klageverfahren sei nicht geeignet, eine abweichende Entscheidung zu begründen.
Das SG hat nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. U. Dieser hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 22.11.2017 und 05.12.2017 auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren festgestellt. Diese sei nicht ursächlich im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung auf den tätlichen Angriff vom 01.12.2000 zurückzuführen. Das schädigende Ereignis sei angesichts des Vorhandenseins zahlreicher anderer konkurrierender psychischer Einflussfaktoren und vor allem der vorliegenden wesentlichen organpathologischen Verursachung des Schmerzsyndroms nicht als ursächlich anzusehen. Eine posttraumatische Belastungsstörung oder andere psychoreaktive Erkrankung liege nicht mehr vor (Gutachten vom 06.02.2018).
Zu den von der Klägerin gegen das Gutachten vorgebrachten Einwendungen hat das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr. U eingeholt. Danach enthalte die klägerseitige Stellungnahme keine relevanten zusätzlichen Angaben oder Argumente, von seiner Einschätzung abzuweichen. Zum Zeitpunkt der Begutachtung habe eine psychoreaktive Störung im engeren Sinne nicht (mehr) vorgelegen. Die diagnostizierte Schmerzstörung unterliege zwar psychischen Einflüssen, sei jedoch bei Vorhandensein konkurrierender - aktuellerer und länger einwirkender - Faktoren sowie deutlichen Hinweisen auf körperlich-organpathologische Mitverursachung nicht als Schädigungsfolge gewertet worden (Stellungnahme vom 10.04.2018).
Die Klägerin hat dazu erneut umfangreich Stellung genommen.
Mit Urteil vom 08.10.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Kammer habe das geltend gemachte Versorgungsbegehren im wohlverstandenen Interesse der Klägerin dahingehend ausgelegt, dass diese die Gewährung einer Beschädigtenrente begehre. Zu anderen Ansprüchen, etwa auf Heil- oder Krankenbehandlung, fehle es an ersichtlichen Anhaltspunkten. Die Klägerin habe jedoch keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 05.07.2007 und Gewährung einer Beschädigtenrente ab dem 01.01.2012. Zu diesem Ergebnis gelange die Kammer unter Berücksichtigung der sich in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen sowie des Gutachtens von Dr. U. Dieser habe plausibel und ausführlich dargelegt, dass die chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, bei der zunächst davon auszugehen sei, dass eine körperliche Ursache für die Schmerzsymptomatik im Vordergrund stehe, psychische Faktoren allerdings mit einbezogen werden müssten, nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die am 01.12.2000 von der Klägerin erlittene Körperverletzung zurückzuführen sei und insofern auf zahlreiche weitere als ursächlich in Betracht kommende biographische Belastungsfaktoren bei der Klägerin, insbesondere aber auf die zu berücksichtigende wesentliche organpathologische Verursachung eines Schmerzsyndroms verwiesen. Die Kammer habe nach Prüfung des Gutachtens, das sich zudem anamnestisch weitgehend mit dem bereits am 04.05.2009 für das SG Berlin durch Dr. S erstellten Gutachten decke, keine Zweifel, dass die von der Klägerin erlittene Tat zwar zunächst eine stärkere Beeinträchtigung der Klägerin verursacht habe. Anhand der ärztlichen Befunde und dem durch die Klägerin berichteten weiteren Werdegang sei die Tat jedoch nicht mehr in einem solchen Ausmaß Ursache für die bestehenden Gesundheitsstörungen der Klägerin, dass ein Anspruch auf Rente gerechtfertigt wäre. Bezüglich des Zustands nach Operation eines zervikalen Bandscheibenprolaps C4 bis C6 habe Dr. U plausibel auf degenerative Veränderungen verwiesen. Zudem komme diesbezüglich auch in Betracht, dass der von der Klägerin im November 2005 erlittene Autounfall und ein darauf beruhendes Halswirbelsäulen-Schleudertrauma maßgeblich für die von der Klägerin geltend gemachten Rückenschmerzen ursächlich sein könne.
Gegen das ihrer Prozessbevollmächtigten am 11.11.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 08.12.2021 Berufung eingelegt und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Der Angriff durch ihren Expartner habe zu einer HWS-Überstreckverletzung und einer PTBS geführt.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 08.10.2021 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 06.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2017 zu verpflichten, den Bescheid vom 05.07.2007 aufzuheben und ihr ab dem 01.01.2012 Beschädigtenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz zu gewähren.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Mit Beschluss vom 15.02.2022 hat der Senat den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die Berichterstatterin hat die Beteiligten mit Schreiben vom 21.03.2022 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen.
Die Klägerin hat dazu mit Schreiben vom 13.04.2022 Stellung genommen und insbesondere ausgeführt, entgegen der Angaben des Täters im Strafverfahren habe dieser sie mit Gewalt am Nacken gepackt und auf die Kehle gedrückt. Ihr Kopf sei auf die Kacheln gefallen und sie habe das Bewusstsein verloren. Zudem habe er ihr auf den Rücken, die Rippen und den Kopf geschlagen und sie auch getreten.
Mit Schreiben vom 10.06.2022 hat die Berichterstatterin erneut darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt sei.
Weiterer Einzelheiten wegen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten.
II.
Der Senat kann die Berufung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen, da die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halten. Dabei hat der Senat im Rahmen der in seinem pflichtgemäßen Ermessen stehenden Entscheidung berücksichtigt, dass weder äußerst schwierige tatsächliche oder rechtliche Fragen zu beantworten sind und es sich auch nicht um eine Sache von grundsätzlicher Bedeutung handelt. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung ist nicht erforderlich, da auch der Tatsachenvortrag der Klägerin im Berufungsverfahren zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führt. Andere Aspekte, die nach dem Grundsatz des fairen Verfahrens die Durchführung einer mündlichen Verhandlung notwendig erscheinen lassen, sind nicht erkennbar. Die Klägerin hatte ausreichend Gelegenheit, sich zu äußern. Die Beteiligten sind unter dem 21.03.2022 sowie dem 10.06.2022 gehört worden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid vom 06.12.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2017 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert ist. Sie hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 05.07.2007 und Gewährung einer Beschädigtenrente ab dem 01.01.2012.
Richtiger Beklagter ist der Landschaftsverband B, da nach § 4 Abs. 2 OEG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes zum Ausbau der Tagesbetreuung für Kinder und des Kinderbetreuungsfinanzierungsgesetzes 15.04.2020 (BGBl. I S. 811, 812) für die Entschädigung ab dem 01.07.2020 dasjenige Land zuständig ist, in dem die berechtigte Person ihren Wohnsitz hat. Durch den somit kraft Gesetzes eingetretenen Beteiligtenwechsel war das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen (vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 18.11.2015 - B 9 V 1/15 R, juris, Rn. 14).
Da der erstinstanzlich gestellte Antrag auf „Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz“ - worauf das SG in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat - unzulässig war, hat der Senat das im Berufungsverfahren verfolgte Begehren mangels ausdrücklich gestellten Antrags dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin neben der Rücknahme des Bescheides vom 05.07.2007 die Gewährung einer Beschädigtenrente begehrt.
Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 05.07.2007 nach § 44 SGB X aufzuheben.
Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Beschädigtenrente ab dem 01.01.2012.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält derjenige, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG besteht aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind. Grundsätzlich bedürfen diese drei Glieder der Kausalkette des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG die Wahrscheinlichkeit (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.04.2013 - B 9 V 3/12 R, juris Rn. 26, 33). Eine Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein „deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt, wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt (BSG, Urteil vom 15.12.2016 - B 9 V 3/15 R, juris Rn. 27 m.w.N.).
Die Versorgung umfasst nach dem insoweit entsprechend anwendbaren § 9 Abs. 1 Nr. 3 BVG die Beschädigtenrente (§§ 29ff. BVG). Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der Grad der Schädigungsfolgen (GdS) nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen, die durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind, in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25 besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung (vgl. Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 18.11.2021 - L 6 VG 815/20, juris Rn. 55 m.w.N.).
Die Klägerin ist am 01.12.2000 Opfer einer vorsätzlichen rechtswidrigen Körperverletzung durch ihren ehemaligen Lebensgefährten geworden. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Dabei kann dahinstehen, ob sich die Tat im Einzelnen so ereignet hat, wie es den Schilderungen der Klägerin entspricht. Auch wenn man zugunsten der Klägerin den von ihr geschilderten Verlauf zugrunde legt, lag jedenfalls ab dem 01.01.2012 keine Schädigungsfolge mehr vor, die einen GdS von mindestens 25 v.H. bedingt.
Hinsichtlich der von der Klägerin als Schädigungsfolge geltend gemachten psychischen Beschwerden hat der im erstinstanzlichen Verfahren gehörte Sachverständige Dr. U in seinem Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin sowie Auswertung der aktenkundigen Unterlagen schlüssig und überzeugend dargelegt, dass hinsichtlich der ursprünglich von der Psych. E im Mai 2002 und nachfolgend im Entlassungsbericht der S Klinik vom 16.06.2004 gestellten Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung bereits im Verlauf der stationären Behandlung 2004 eine Besserung eingetreten sei. Dies wird nach seinen Ausführungen auch durch die Feststellungen des Dr. S in dessen Gutachten gestützt. Danach sei bereits zum damaligen Beurteilungszeitpunkt lediglich noch eine situationsgebunden vermehrte Erregbarkeit und Ängstlichkeit bei der Beschäftigung mit dem traumatisierenden Ereignis feststellbar gewesen, darüber hinaus habe ein weitestgehend unauffälliger psychopathologischer Befund bestanden. Es sei eine „situationsgebunden vermehrte Erregbarkeit nach posttraumatischer Belastungsstörung“ diagnostiziert worden, eine ärztliche Behandlung sei aufgrund der „derzeit noch vorhandenen geringgradigen Fehlhaltung“ nicht erforderlich gewesen. Auch im Rahmen der Untersuchung durch Dr. U fand sich nach dessen Ausführungen noch eine starke emotionale Beteiligung bei der Schilderung des tätlichen Übergriffs. Andere Auffälligkeiten, wie sie bei Betroffenen mit floriden posttraumatischen Belastungsstörungen typerweise festzustellen sind, fanden sich nach seinen Angaben nicht. Eine posttraumatische Belastungsstörung oder andere psychoreaktive Erkrankung liegt somit nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht mehr vor. Soweit dieser eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren diagnostiziert hat, handelt es sich nach seinen überzeugenden Ausführungen, denen sich der Senat ebenso wie das SG anschließt, nicht um eine Schädigungsfolge.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren weiter die Auffassung vertritt, dass auch ihre Wirbelsäulenbeschwerden auf das schädigende Ereignis zurückzuführen seien, gibt es dafür - wie bereits das SG ausgeführt hat - keine objektivierbaren Befunde. Ausweislich des Berichts über die ambulante Untersuchung der Klägerin am 01.12.2000 wurden multiple Schürfwunden und Prellungen an den unteren Extremitäten diagnostiziert. Eine traumatische Schädigung der Wirbelsäule ist hingegen nicht dokumentiert. Somit fehlt es - worauf Dr. U zu Recht hinweist - bereits an der Dokumentation eines Primärschadens an der Halswirbelsäule. Im Übrigen nimmt der Senat - ebenso wie der Sachverständige Dr. U - auf die ausführlichen Ausführungen in der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M vom 13.10.2016 Bezug. Medizinische Unterlagen, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, wurden nicht vorgelegt.
Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991 - 2 RU 31/90, juris Rn. 17). Zudem ist im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X zu berücksichtigen, dass nach Unanfechtbarkeit des zu überprüfenden Verwaltungsakts die objektive Beweislast für Tatsachen, aus denen sich eine Unrichtigkeit des Verwaltungsakts wegen fehlerhafter Sachverhaltsannahme ergeben kann, beim Adressaten liegt. Können diese Voraussetzungen nicht festgestellt werden, geht dies zu Lasten des die Überprüfung begehrenden Adressaten (Schütze, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2020, § 44 Rn. 13 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.