1. Eine spezifische Betriebsgefahr, die zu einem Unfallversicherungsschutz auch in einer Zeit ohne betriebsbezogene Verrichtung führt, verwirklicht sich, wenn ein Beschäftiger, der sich zu einem arbeitsrechtlich gestattenten "Luftschnappen" in einem ausgewiesenen Pausenbereich auf dem Betriebsgelände aufhält, von einem Gabelstapler angefahren und verletzt wird.
2. Der Betrieb von Gabelstaplern ist eine spezifische Betriebsgefahr, der ein Beschäftigter im alltäglichen Straßenverkehr nicht ausgesetzt ist.
3. Der Unfallversicherungsschutz besteht bei Verwirklichung einer spezifischen besonderen Betriebsgefahr nicht nur im unmittelbaren "räumlich-zeitlichen" Umfeld des konkreten Arbeitsplatzes (zu diesem Punkt Revision zugelassen).
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Mai 2022 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2021 aufgehoben. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 14. Januar 2021 um einen Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Der 1961 geborene Kläger wurde von der I GmbH, einem Unternehmen der Personaldienstleistung, als Monteur bei der J AG in L eingesetzt. Am 14. Januar 2021 begab sich der Kläger kurz vor 10 Uhr in den Außenbereich und hielt sich in einem ausgewiesenen Raucherbereich auf. Hierbei wurde er von einem mit einer Gitterbox beladenen Gabelstapler angefahren und am rechten Ellenbogen sowie dem rechten Kniegelenk verletzt. G diagnostizierte im Durchgangsarztbericht vom Unfalltag eine dislozierte proximale Unterarmfraktur rechts sowie eine Kniegelenksdistorsion rechts. Am 19. Januar 2021 folgte auf Basis der Diagnose „Monteggia like lesion“ mit Radiushalsfraktur und proximaler Ulnaschaftfraktur rechts eine operative Versorgung.
Die Arbeitgeberin schilderte der Beklagten am 15. Januar 2021 folgenden Unfallhergang: „Herr K stand auf dem J - Gelände auf dem markierten Fußgängerweg im Raucherbereich. Er stand unmittelbar hinter einem der Werkstore, direkt an der Grenze zur Straße. Hinter Herrn K fuhr ein Gabelstaplerfahrer beladen mit einer Gitterbox aus dem Tor und durch die glatten Straßenverhältnisse an diesem Tag geriet der Stapler etwas ins Rutschen und ist dabei beim Linksabbiegen an die Markierung des Fußgängerbereiches, an der Herr K direkt stand, gerutscht. Herr K stand mit dem Rücken zum Gabelstaplerfahrer, sodass er nicht bemerkte, dass der Gabelstaplerfahrer ins Rutschen geriet. Er wurde von der Gitterbox, die auf der Gabel transportiert wurde, von hinten angefahren. Herr K taumelte und fiel dann auf die linke Körperhälfte.“ Im Rahmen einer späteren Nachfrage der Beklagten teilte die Arbeitgeberin ergänzend mit, es sei dem Kläger jederzeit gestattet, den Arbeitsplatz zu verlassen, um eine Pause zu verrichten. Er sei in der Wahl des Pausenortes flexibel, an seinem Arbeitsplatz dürfe jedoch nicht gegessen werden.
Am 25. Januar 2021 kontaktierte eine Mitarbeiterin der Abteilung „Rehabilitation“ der Beklagten den Kläger telefonisch. Im hierzu erstellten Gesprächsvermerk hielt sie fest, die Arbeitsvorgaben des Klägers würden auf einem Monitor angegeben. Als am Unfalltag keine Arbeit angezeigt worden sei, habe sich der Kläger entschlossen, einen Kollegen zur Raucherpause zu begleiten. Er selbst rauche nicht, habe lediglich etwas frische Luft schnappen wollen. Zum Unfallzeitpunkt sei ein beladener Stapler aus einem Tor gefahren. Der Fahrer habe auf Grund der Ladung nicht richtig sehen können, habe dann den Sicherheitsbereich geschnitten und ihn erwischt, so dass er gestürzt sei. Bis zum Unfall habe er sich zwei bis drei Minuten im Raucherbereich aufgehalten.
Mit Bescheid vom 17. Februar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2021 entschied die Beklagte, der Kläger habe am 14. Januar 2021 keinen Arbeitsunfall erlitten. Der Aufenthalt im Raucherbereich sei eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit und stehe nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Entferne sich ein Beschäftigter zu privaten Zwecken vom Arbeitsplatz und ereigne sich ein Unfall durch einen Betriebsvorgang, dem er ohne die private Unterbrechung nicht ausgesetzt gewesen sei, so bestehe nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kein innerer Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Juli 2021 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, sein Arbeitsplatz beschränke sich nicht auf einen näher definierten Bereich an der Werkbank vor dem Monitor. Die Arbeitsaufgabe umfasse auch, im Betrieb umherzugehen, um Material für den jeweiligen Arbeitsgang zu sammeln und zusammenzustellen. Sei kein Auftrag zu bearbeiten, sei es ihm gestattet und sogar erwünscht, dass er sich für eine kurze Pause zur Wiederherstellung seiner Arbeitskraft an die frische Luft begebe. Hierzu seien Verweilzonen und Raucherplätze eingerichtet. Er habe am Unfalltag ein flaues Gefühl im Magen gehabt, weshalb er habe Luft schnappen wollen, um seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Er habe seine Tätigkeit nicht erheblich unterbrochen. Für eine Pause sei er von der Arbeitgeberin nicht freigestellt gewesen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Mai 2022 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei unbegründet, da der Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses keiner versicherten Verrichtung nachgegangen sei. Der Unfall habe sich beim Aufenthalt in einem ausgewiesenen Raucherbereich ereignet, in dem sich der Kläger aufgehalten habe, um eine Arbeitspause in Gesellschaft eines Arbeitskollegen zu überbrücken. Er habe damit die zuvor ausgeübte versicherte Tätigkeit als Monteur für eine eigenwirtschaftliche, nicht versicherte Verrichtung mehr als nur geringfügig unterbrochen und noch nicht wiederaufgenommen gehabt. Da er sich den mit dem Aufenthalt im Raucherbereich verbundenen Risiken und Gefahren durch vorbeifahrende Arbeitsmaschinen freiwillig ausgesetzt habe, sei er auch keiner besonderen Gefahr ausgesetzt gewesen, der er während seines normalen Verweilens am Wohn- oder Beschäftigungsort nicht begegnet wäre.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Juni 2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen, er habe zum Unfallzeitpunkt in einem für ihn ausgewiesenen Sicherheitsbereich gestanden. Der Gabelstapler sei (entgegen den Angaben in der Unfallmeldung des Arbeitgebers) auch nicht bei glatten Wegeverhältnissen ins Rutschen gekommen. Es sei trocken gewesen und der Gabelstapler sei nicht ins Rutschen gekommen. Der Gabelstaplerfahrer habe den Kläger vielmehr angefahren, weil er die Kurve geschnitten und hierbei mit seinem Gabelstapler über den ausgewiesenen Raucherbereich gefahren sei. Hierdurch seien dann die bekannten unstreitigen Verletzungen des Klägers entstanden. Der Kläger habe auch nicht einen Kollegen zur Raucherpause begleitet. Der Kläger selbst rauche gar nicht. Er habe sich zum „Luft schnappen“ nach draußen begeben und sei in den Raucherbereich gegangen, weil sich dort bereits der Kollege aufgehalten habe und er selbst davon ausgegangen sei, dass er sich dort gefahrlos aufhalten könne. Er habe seine Tätigkeit als Monteur nicht unterbrochen und sei in ständiger Arbeitsbereitschaft gewesen. Er habe den Eingang eines neuen Auftrages erwartet und sich für die Bearbeitung dieses Auftrages bereitgehalten. Er sei nicht einer eigenwirtschaftlichen und damit nicht versicherten Verrichtung nachgegangen oder habe seine bisherige Tätigkeit mehr als nur geringfügig unterbrochen. Anders als das SG meine, habe sich der Kläger auch nicht den betrieblichen Risiken quasi sehenden Auges und freiwillig ausgesetzt. Der Raucherbereich sei als sicherer Bereich ausgewiesen, weshalb ein Arbeitnehmer hierauf auch vertrauen dürfe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27. Mai 2022 sowie den Bescheid vom 17. Februar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2021 aufzuheben und das Ereignis vom 14. Januar 2021 als Arbeitsunfall festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft (§§ 143, 144 SGG) und wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1, 2 SGG). Sie ist auch begründet.
Zulässiger Streitgegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 17. Februar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2021, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, das Ereignis vom 14. Januar 2021 als Arbeitsunfall festzustellen. Die hiergegen erhobene Anfechtungs- und Feststellungsklage ist statthaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) und zulässig. Sie ist auch in der Sache begründet. Bei dem Ereignis vom 14. Januar 2021 handelt es sich um einen Arbeitsunfall. Der Bescheid vom 17. Februar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2021 ist daher rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Auch im Rahmen einer gerichtlichen Feststellung nach § 55 Abs. 1 SGG stützt sich der Anspruch für das Begehren des Klägers auf § 102 SGB VII. Danach haben die Versicherten gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger einen Anspruch auf Feststellung eines Versicherungsfalls (oder von Unfallfolgen), wenn ein Unfall vorliegt, der die Voraussetzungen von § 8 Abs. 1 SGB VII erfüllt. § 102 SGB VII ist damit nicht nur eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des feststellenden Verwaltungsaktes für den Unfallversicherungsträger, sondern zugleich auch Anspruchsgrundlage für den Versicherten (ausführlich hierzu BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R - juris, Rn. 15 ff.). Der Tatbestand des § 102 SGB VII setzt voraus, dass der Versicherte einen Versicherungsfall und, soweit die Feststellung von Unfallfolgen begehrt wird, weitere Gesundheitsschäden erlitten hat, die im Wesentlichen durch den Gesundheitserstschaden verursacht oder einem (u.U. nur behaupteten) Versicherungsfall aufgrund besonderer Zurechnungsnormen zuzurechnen sind.
1.)
Der Senat hat sich von folgendem Geschehensablauf am Unfalltag überzeugt:
Am 14. Januar 2021 kurz vor 10 Uhr begab sich der Kläger in den Außenbereich, um dort in dem für Fußgänger ausgewiesenen Raucherbereich, in dem sich ein weiterer Kollege aufhielt, eine kurze Erholungspause im Rahmen einer arbeitsrechtlich zulässigen freien Verteilzeit einzulegen. Dem Kläger war es jederzeit gestattet, den Arbeitsplatz zu verlassen, um sich eine Pause zu nehmen, wobei er in der Wahl des Pausenortes flexibel war. Der Kläger selbst ist Nichtraucher, wollte aber etwas frische Luft schnappen und sich in der Pause mit einem Kollegen unterhalten und suchte deshalb den ausgewiesenen Aufenthalts- /Raucherbereich im Freien auf. Bereits wenige Minuten nach Beginn dieser Pause wurde er, im ausgewiesenen Aufenthaltsbereich stehend, von einem mit einer Gitterbox beladenen Gabelstapler angefahren und am rechten Ellenbogen und rechten Kniegelenk verletzt.
Nicht genau aufklärbar und damit nicht zur Überzeugung des Senats im Vollbeweis feststehend ist hingegen, ob der Gabelstapler durch glatte Straßenverhältnisse ins Rutschen geriet (so die Angaben der Arbeitgeberin) oder ob die Sicht des Fahrers durch die Gitterboxen behindert war (so die Angaben des Klägers) und es deswegen zu dem Unfall kam. Ebenso nicht im Vollbeweis gesichert ist die spätere Ergänzung des Klägers, er habe ein flaues Gefühl im Magen gehabt, weshalb er die Arbeit unterbrochen habe, um seine Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Auf diese Punkte kommt es zur Überzeugung des Senats aber nicht entscheidungserheblich an.
2.)
Auf Basis des zur Überzeugung des Senats feststehenden Sachverhaltes ist das Ereignis vom 14. Januar 2021 ein Arbeitsunfall. Der Kläger hat an diesem Tag einen Arbeitsunfall erlitten, als er während einer kurzen Pause in einem ausgewiesenen Pausenbereich von dem Gabelstapler angefahren und verletzt wurde.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 S. 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 - B 2 U 13/13 R = SozR 4-2700 § 2 Nr. 31; Urteil vom 31. Januar 2012 - B 2 U 2/11 R = SozR 4-2700, § 8 Nr. 43; Urteil vom 29. November 2011 - B 2 U 10/11 R = SozR 4-2700, § 8 Nr. 42; Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 9/10 R = BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 17 Rn. 10; Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R = SozR 4-2700, § 8 Nr. 30, Rn. 10 m.w.N.). Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt, dass die Merkmale „versicherte Tätigkeit“, „Verrichtung zur Zeit des Unfalls“, „Unfallereignis“ sowie „Gesundheitserstschaden“ bzw. (evtl.) „Gesundheitsfolgeschaden“ im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103 45).
Indem der Kläger während seiner Erholungspause durch ein Betriebsgerät in Form des Gabelstaplers angefahren wurde, hat er zunächst einen Unfall erlitten, da es sich hierbei um ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis gehandelt hat, welches beim Kläger einen Gesundheitserstschaden in Form einer dislozierten proximale Unterarmfraktur rechts sowie eine Kniegelenksdistorsion rechts verursacht hat.
Zwar fehlt es - in Abweichung vom gesetzlichen Regelfall des Arbeitsunfalls - zur Zeit des Unfalls an einer Verrichtung des Klägers, die einer versicherten Tätigkeit unmittelbar zuzurechnen ist (hierzu unter a). Das Unfallgeschehen stellt aber dennoch einen Arbeitsunfall dar, da das streitige Ereignis unabhängig von der zur Zeit des Unfalls ausgeübten Verrichtung und der dabei zugrundeliegenden Handlungstendenz aufgrund eines spezifischen Gefahrzusammenhangs der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (hierzu unter b).
a.)
Zur Zeit des Unfalls fehlt es zunächst an einer Verrichtung des Klägers, die einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist.
Für den Versicherungsschutz muss (hierzu und zum Nachfolgenden BSG, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 5/04 R -, in SozR 4-2700 § 2 Nr. 4, m.w.N.) eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der innere bzw. sachliche Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Entscheidend für die Beurteilung, ob eine bestimmte Handlung in einem solchen rechtlich wesentlichen inneren Zusammenhang mit dem Kernbereich der versicherten Tätigkeit steht, ist die Gesamtheit aller tatsächlichen Umstände des Einzelfalls. Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck des Handelns mit im Vordergrund. Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten.
Es genügt für die Annahme eines Arbeitsunfalls grundsätzlich nicht, dass sich ein Unfall im räumlichen Verantwortungsbereich des Arbeitgebers ereignet. Ein sogenannter Betriebsbann, nach dem der Versicherungsschutz im Falle der Einwirkung besonderer, dem Betrieb eigentümlicher Gefahren auch auf Unfälle bei eigenwirtschaftlichen Tätigkeiten erstreckt wird, existiert in der allgemeinen Unfallversicherung mangels entsprechender gesetzlicher Regelungen nicht (BSG, Urteil vom 27. März 1990 - 2 RU 45/89 -, juris, Rn. 21).
Die Verrichtung des Klägers zur Zeit des Unfalls erfüllt nicht den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010 - B 2 U 14/10 R -, juris, Rn. 22). Eine Verrichtung ist in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, wenn sie subjektiv - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 27/11 R -, juris, Rn. 17). Diese als „Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache. Wenn das objektive Verhalten allein noch keine Subsumtion unter den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes die Subsumtion tragen, soweit die Intention objektiviert ist (sogenannte objektivierte Handlungstendenz; vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012, a.a.O.). Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII kommt es objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll (vgl. BSG, Urteil vom 13. November 2012 - B 2 U 27/11 R -, juris, Rn. 23). Der Kläger hat zum Unfallzeitpunkt eine Unterbrechung, in der von ihm keine aktive Arbeitsleitung gefordert war, dazu genutzt, den im Freibereich liegenden und als solchen ausgewiesenen Raucher- /Pausenbereich aufzusuchen, um im Rahmen einer Arbeitspause frische Luft „zu schnappen“ und sich dort mit einem Kollegen zu unterhalten. Die konkrete Verrichtung des Klägers bestand mit anderen Worten im Verbringen einer Erholungspause an der frischen Luft. Während einer solchen Pause wird keine Tätigkeit verrichtet, die auf die Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten gerichtet ist. Da eine arbeitsrechtliche (Neben-)Pflicht zu gesundheitsfördernden, der Aufrechterhaltung (oder Wiederherstellung) der Arbeitsfähigkeit dienenden Handlungen prinzipiell nicht besteht (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 - B 2 U 5/15 R = BSGE 122, 1 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 35), scheidet ein sachlicher Zusammenhang der Erholungspause mit arbeitsvertraglichen Pflichten aus (Hessisches LSG, Urteil vom 14. Juni 2019 - L 9 U 208/17 -, juris). Richtig ist zwar, dass eine Pause der geistigen oder körperlichen Erholung dient, um Kraft und Konzentration für die Weiterarbeit zu sammeln. Dieses (mittelbare) unternehmerische Interesse allein reicht jedoch regelmäßig nicht aus, um eine Verrichtung während der Pause, der in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Risikosphäre zuzurechnen. Etwas Anderes kann im Ausnahmefall nur dann gelten, wenn, beispielsweise auf Grund die Arbeit besonderes erschwerender Bedingungen, die Verrichtung während der Pause unabdingbar für die Fortsetzung der Arbeit war (BSG, Urteil vom 26. Juni 2001 - B 2 U 30/00 R -, juris, Rn.17; Ziegler in Nomos LPK, SGB VII, § 8, Rn. 68). Eine solche Ausnahmesituation ist weder aus dem Vortrag des Klägers noch sonst ersichtlich.
Die durch die Erholungspause bedingte Unterbrechung der Arbeitstätigkeit war auch nicht nur geringfügig. Zwar kann auch bei einer privat veranlassten Unterbrechung ausnahmsweise der Versicherungsschutz fortbestehen, wenn die Unterbrechung nur geringfügig ist. Ob eine Unterbrechung geringfügig ist, richtet sich nicht allein danach, wie weit sich der Versicherte räumlich von seinem Arbeitsplatz entfernt; rechtlich wesentlich ist auch die Zeit, die der Versicherte für die private Besorgung aufgewendet hat und voraussichtlich hätte aufwenden müssen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 1974
- 2 RU 37/73 - USK 74212). Der Begriff der Geringfügigkeit kann nicht nach absoluten Maßstäben gemessen werden. Abgesehen von dem besonders wichtigen Zeitfaktor sind daher die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Unterbrechungen, die wesentlich allein dem privaten Lebensbereich dienen, sind nur dann zeitlich und räumlich als geringfügig anzusehen, wenn sie Verrichtungen dienten, die „im Vorbeigehen“ und „ganz nebenher“ erledigt werden (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 22/99 R -, juris, Rn. 22, m.w.N.). Nach diesen Maßstäben hat der Kläger, in dem er nicht nur seinen unmittelbaren Arbeitsplatz, sondern sogar das entsprechende Gebäude verlassen hat, seine Arbeit räumlich und zeitlich mehr als nur geringfügig unterbrochen. Zwar sind auch nur geringfügige Erholungspausen denkbar, dieser Rahmen wird jedoch jedenfalls dann überschritten, wenn der Arbeitsplatz verlassen und ein Pausenbereich aufgesucht wird.
b.)
Obwohl der Kläger damit zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet hat, ist das Unfallereignis im Wege einer wertenden Betrachtung dennoch der versicherten Tätigkeit zuzurechnen, da sich hier eine spezifische Gefahr aus der Sphäre der versicherten Tätigkeit verwirklicht hat.
Hat ein Versicherter zur Zeit des Unfallereignisses keine versicherte Tätigkeit verrichtet, kann die Beschäftigung ausnahmsweise dennoch wesentliche Ursache des Unfalls geworden sein. Das ist dann der Fall, wenn der Versicherte wegen seiner versicherten Tätigkeit Einwirkungen auf seinen Körper ausgesetzt war, in denen sich eine „besondere Betriebsgefahr“ verwirklichte (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R -, juris, Rn. 25). Es entspricht ständiger BSG-Rechtsprechung, dass ein abhängig Beschäftigter ausnahmsweise auch bei eigenwirtschaftlichen Verrichtungen unter Versicherungsschutz gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII stehen kann, wenn sich im Wesentlichen wegen seiner versicherten Tätigkeit eine „besondere Betriebsgefahr“ oder anders formuliert eine „spezifische Gefahr der versicherten Tätigkeit“ (vgl. Mutschler, SGb 2011, 684, 685) verwirklichte. Versicherte erleiden danach unabhängig von der zur Zeit des Unfalls ausgeübten Verrichtung und der dabei zugrundeliegenden Handlungstendenz einen Arbeitsunfall, wenn der Unfall durch eine spezifische Gefahr verursacht wird, die der versicherten Tätigkeit aufgrund ihrer besonderen Beziehung zu dieser Gefahr zuzurechnen ist (BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 31/07 R -, juris, Rn. 24; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Mai 2016 - L 6 U 836/16 -, Rn. 32, juris). Erleidet ein versicherter beispielsweise während einer Pause, durch eine Explosion oder ausströmendes Gas eine Verletzung, so handelt es sich um einen mit der versicherten Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Arbeitsunfall (so das illustrative Beispiel in: BSG, Urteil vom 22. Januar 1976 - 2 RU 101/75 -, SozR 2200 § 548 Nr. 15, Rn. 21). Eine Betriebsgefahr, deren Verwirklichung die Einbeziehung in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung begründen kann, kann einer betrieblichen Einrichtung entspringen, die objektiv besondere Gefahren bietet. Dazu zählen z. B. die betrieblichen Gebäude und Maschinen (Keller in: Hauck/Noftz SGB VII, § 8 Arbeitsunfall, Rn. 45a).
Bei der Annahme einer Versicherung wegen der Verwirklichung einer „besonderen Betriebsgefahr“ handelt sich mithin um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Erfordernis einer betrieblichen Tätigkeit im Zeitpunkt des Versicherungsfalls (vgl. Mutschler, NZS 2014, S. 647 ff., 648). Der Versicherungsschutz auf dieser Grundlage ist durch den Sinn und Zweck der Unfallversicherung begründet, die Beschäftigten gegen die Gefahren des Betriebs zu versichern, denen sie wegen ihrer Beschäftigung dort ausgesetzt sind, und die Unternehmen von möglichen Schadensersatzansprüchen ihrer Beschäftigten freizustellen (BSG, 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R -, juris, Rn. 25f; Keller a.a.O., Rn. 45). Der für die Annahme der Verwirklichung einer „besonderen Betriebsgefahr“ erforderliche Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem geprüft wird, ob eine sich verwirklichende Gefahr der Sphäre der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (Mutschler, SGb 2011, 684, 691).
Bei wertender Betrachtung hat sich der Senat davon überzeugt, dass sich bei dem Unfallereignis vom 14. Januar 2021 eine Gefahr aus der Sphäre der versicherten Tätigkeit - hier in Form des unfallverursachenden Gabelstaplers - verwirklicht hat. Der unmittelbar zum Unfall führende Einsatz des Betriebsmittels Gabelstapler ist als gefahrerhöhend im Sinne einer „besonderen Betriebsgefahr“ zu qualifizieren. Der Gabelstapler stellt ein objektiv gefährliches Betriebsmittel dar, dessen Präsenz nicht vom Willen des Klägers abhing, sondern von diesem nicht beeinflussbar war. In jedem Betrieb, in dem Stapler und andere Flurförderzeuge unterwegs sind, besteht ein erhöhtes Unfallrisiko. Das betrifft zum einen den Staplerfahrer selbst, doch häufig auch unbeteiligte Dritte, die durch falsches Verhalten, unangemessene Geschwindigkeit, Fahrlässigkeit oder das Zusammentreffen ungünstiger Umstände in einen Unfall verwickelt werden (https://www.staplerberater.de/sicher-stapler-fahren/unfallsituationen). Auch die DGUV führt auf ihre Homepage aus, dass in Bewegung befindlichen Gabelstapler eine hohes Gefährdungspotential zukommt (wörtlich: „Außerordentlich gefährlich können Gabelstapler, aber auch Gabelhubwagen, Elektrokarren, Kräne und fahrerlose Flurförderzeuge dann werden, wenn sie in Bewegung sind“; vgl: https://www.dguv.de/de/praevention/themen-a-z/verkehrssicherheit/vorschriften/index.jsp?query=webcode+d25864) und weist Unfälle mit Flurfördermitteln, zu denen Gabelstapler gehören, statistisch als gegenstands-/themenbezogenen Schwerpunkt aus (vgl. Statistik Arbeitsunfallgeschehen 2021, S. 82, https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4590).
Der für die Annahme der Verwirklichung einer „besonderen Betriebsgefahr“ erforderliche enge zeitliche und örtliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit ist hier nicht dadurch entfallen, dass der Kläger seinen unmittelbaren Arbeitsplatz verlassen und einen speziell ausgewiesenen Aufenthalts-/Pausenbereich aufgesucht hat. Der Senat sieht die für die Annahme einer „besondere Betriebsgefahr“ erforderliche zeitliche und örtliche Nähe zum Arbeitsplatz auch dann als gegeben an, wenn wie vorliegend eine Erholungspause an einem hierfür vom Arbeitgeber speziell eingerichteten Ort auf dem Betriebsgelände verbracht wird.
Der Kläger hat seine Pause ausschließlich wegen der ausgeübten und versicherten Beschäftigung in dem örtlichen Bereich verbracht, in dem sich die spezifische Gefahr aus der Sphäre der versicherten Tätigkeit in Form des Unfalls mit einem Gabelstapler verwirklicht hat. Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Annahme einer sich verwirklichten „besonderen Betriebsgefahr“ ist, dass sich der Kläger in Folge seiner versicherten Tätigkeit im Betrieb aufgehalten hat und seine zulässige Pause in einem hierfür besonders ausgewiesenen Aufenthalts-/Pausenbereich verbringen durfte (vgl. auch Ziegler, a.a.O.; Rn. 69 ff, 178). Sind die Beschäftigten angehalten, sich in bestimmten Bereichen des Betriebs aufzuhalten, dürfen sie davon ausgehen, dass der dortige Aufenthalt frei von betrieblichen Gefahren ist. Eine arbeitsrechtlich zulässige Erholungspause ist durch den beschäftigungsbedingten Aufenthalt an der Arbeitsstätte erforderlich und schafft daher eine hinreichende Verknüpfung zum versicherten Risikobereich der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sich in diesem Rahmen eine betriebliche Gefahr verwirklicht. Das BSG hat mit Blick auf eine Erholungspause („Luftschnappen“) eine rechtliche Parallele zur Aufnahme von fester oder flüssiger Nahrung gesehen, die aufgrund einer besonderes belastenden betrieblichen Tätigkeit erforderlich geworden war (BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 - B 2 U 6/00 R -, Rn. 19, juris, mwN). Zwar steht auch der eigentliche Verzehr von Nahrungsmitteln während der Arbeitszeit grundsätzlich nicht unter Unfallversicherungsschutz. Die gefestigte Rechtsprechung des BSG geht jedoch davon aus, dass ein Versicherungsschutz auf den Wegen zu und von etwa der Werkskantine (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1993 - 2 RU 2/93 -, juris) und auch auf Wegen zur Besorgung von Nahrungsmitteln, zB Erfrischungsgetränken auf dem Betriebsgelände oder außerhalb während der Arbeitszeit oder der Arbeitspause (BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 - 2 RU 5/89 -, SozR 2200 § 548 Nr. 97) besteht.
Vor diesem Hintergrund ist zutreffend und folgerichtig in der sozialrechtlichen Literatur anerkannt, dass, wenn sich ein Versicherter während seiner Pause an seinem Arbeitsplatz, im Pausenraum oder sonstigen, dem Erholungszweck entsprechenden Orten (z.B. Bank im Freigelände des Betriebs) aufhält, er in dieser Zeit gegen Unfälle aufgrund betrieblicher Gefahren versichert ist (so explizit Ziegler a.a.O.; Rn. 69). Während einer Arbeitspause in einem Pausenraum besteht ein ausreichender zeitlicher und örtlicher Zusammenhang, um nach dem Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt der Auswirkung einer Betriebsgefahr zu rechtfertigen (Keller a.a.O., Rn. 45b). Auch in der Rechtsprechung des BSG ist anerkannt, dass Versicherungsschutz während der Arbeitspause auf der Arbeitsstätte besteht, da die „auf der Arbeitsstätte“ verbrachte Arbeitspause mit dem Beschäftigungsverhältnis im Zusammenhang steht (grundlegend: BSG, Urteil vom 22. Januar 1976 - 2 RU 101/75 -, SozR 2200 § 548 Nr 15, Rn. 21, juris). Ebenso wie die Nahrungs- und (nichtalkoholische) Getränkeaufnahme dient auch eine arbeitsrechtlich zulässige Pause im Rahmen einer freien Verteilzeit der geistigen oder körperlichen Erholung, um Kraft und Konzentration für die Weiterarbeit zu sammeln. Insoweit ist es weder erforderlich noch sinnvoll möglich, Feststellungen dazu zu treffen, ob ohne die konkrete Pause zur konkreten Zeit ein Weiterarbeiten unmöglich gewesen wäre. Es ist vielmehr ausreichend, dass es sich um einer arbeitsrechtlich zulässige bzw. vom Arbeitgeber genehmigte Pause handelte, da insoweit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Erholungsbedarf in abstrakter Form geregelt wurde und ein konkreter unabdingbarer Pausenbedarf ohnehin derart subjektiv geprägt ist, dass eine objektive Feststellung hierzu ausscheidet.
Würde man hingegen den Aufenthalt in zu Erholungszwecken aufgesuchten und speziell eingerichteten Orten von der Zurechnung einer „besonderen Betriebsgefahr“ ausnehmen, brächte dies unplausible Wertungswidersprüche mit sich. Soweit in der Literatur daher vereinzelt angenommen wird, der Versicherte müsse sich im Zeitpunkt des Unfallereignisses an seinem unmittelbaren Arbeitsplatz im Betrieb oder unweit entfernt davon aufhalten (Winter, SozVers 2003, S. 317 ff., 319: nicht mehr als 5 - 6 Meter entfernt) und auch in der Rechtsprechung des BSG für die Annahme der Grundsätze einer besonderen Betriebsgefahr teilweise deren Einwirkung „im räumlich-zeitlichen Bereich des Arbeitsplatzes“ (vgl. BSG, Urteil vom 19. Januar 1995 - 2 RU 3/94 -, SozR 3-2200 § 548 Nr. 22, Rn. 24, juris; anders noch BSG - 2 RU 101/75 -, juris, in dem nur allgemein von „Arbeitsstätte“ gesprochen wird) gefordert wird, überzeugt diese Einschränkung nicht (wie hier: Keller a.a.O., Rn. 45b). Es fehlt dieser einschränkenden Auffassung an einer plausiblen Begründung, weshalb ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Erholungspause direkt am Arbeitsplatz oder an einem unmittelbar in der Nähe gelegenen Pausen- /Aufenthaltsort gegen Unfälle aufgrund besonderer betrieblicher Gefahren versichert sein soll, nicht hingegen, wenn der Arbeitgeber einen Pausenaufenthaltsort in weiterer Entfernung eingerichtet hat. Weder kann ein Arbeitnehmer beeinflussen, wo Pausen- /Aufenthaltsorte durch den Arbeitgeber eingerichtet werden, noch sind Gründe dafür ersichtlich, das Verbringen einer Pause am unmittelbaren Arbeitsplatz aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht gegenüber einer Pause an einem speziell vom Arbeitgeber eingereichten Pausen- /Aufenthaltsbereich zu privilegieren. Schließlich vermag diese Ansicht auch nicht überzeugend zu erklären, weshalb eine innerbetriebliche Entfernung vom konkreten Arbeitsplatz zur Verbringung der Erholungspause den Versicherungsschutz auch bei Betriebsgefahren ausschließen soll, demgegenüber nach Rechtsprechung des BSG Versicherungsschutz unter dem Gesichtspunkt der Auswirkung einer durch betriebliche Umstände begründeten Gefahr auch an einem weiter entfernten Ort bestehen kann, wenn das kausale Geschehen aus der betrieblichen Sphäre heraus so in den Vordergrund tritt, dass das Fehlen der auf die grundsätzlich versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz des Betroffenen belanglos erscheint (vgl. im Fall von Überfällen, Racheakten: BSG, 18. November 2008, B 2 U 27/07 R, juris; und BSG, 18. Juni 2013 - B 2 U 7/12 R - , juris; Keller a.a.O., Rn. 45d).
Dem Kläger kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe sich erst durch die eigenwirtschaftlich motivierte Handlung in den konkreten Betriebsbereich begeben, in dem sich der Unfall ereignete und dadurch wesentlich zur Unfallgefahr beigetragen hat. Richtig ist, dass der Kläger den engeren räumlichen Bereich seines Arbeitsplatzes verlassen hat. Er hat jedoch einen vom Arbeitgeber ausdrücklich als solchen ausgewiesenen Aufenthalts- /Pausenbereich aufgesucht, um seine Erholungspause zu verbringen und durfte daher berechtigt davon ausgehen, dass hiermit keine Gefahrerhöhung verbunden ist. Vielmehr darf ein Arbeitnehmer erwarten, dass ein ausgewiesener Aufenthalts- /Pausenbereich ein geringeres Gefahrenpotential aufweist, als der Aufenthalt unmittelbar am Arbeitsplatz in einer Produktionsstätte. Hinsichtlich des konkreten Unfallgeschehens hat sich der Kläger selbst rein passiv verhalten und die von außen kommende Betriebsgefahr (in Form des Gabelstaplers) hat auf ihn eingewirkt, ohne dass er durch seine private Verrichtung (Erholungspause an der frischen Luft) in irgendeiner Form wesentlich zur Bedrohung durch die Betriebsgefahr beigetragen hat. Er hat auch insbesondere nicht gezielt aus privaten Gründen einen Bereich mit einer bestehenden Betriebsgefahr aufgesucht (etwa um eine potentiell gefährliche Betriebseinrichtung privat zu nutzen).
Nach alledem war bei wertender Betrachtung für den Unfall nicht die private Verrichtung maßgeblich, sondern in diesem Rahmen hat sich in Form des unvorsichtig geführten Gabelstaplers eine aus der spezifischen betrieblichen Sphäre stammende Gefahr verwirklicht. Nicht die private Verrichtung, sondern die versicherte Tätigkeit stellt daher die rechtlich wesentliche Ursache für das Zustandekommen des Unfalls vom 14. Januar 2021 dar.
c.)
Soweit in der Rechtsprechung des BSG eine „besondere Betriebsgefahr“ verneint wurde, weil der Versicherte zur Zeit des Unfalls den räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes verlassen hatte, sind die dort entschiedenen Fallkonstellationen mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar.
Das BSG hat im Urteil B 2 U 6/00 R (a.a.O.) Versicherungsschutz wegen einer besonderen Betriebsgefahr verneint, weil der Kläger dort im Rahmen einer Pause nicht durch das von ihm betretene ungesicherte Flachdach gebrochen wäre, wenn er nicht den räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes für eigenwirtschaftliche Zwecke verlassen hätte. Im Leitsatz dieses Urteils hat das BSG ausgeführt, ein Arbeitnehmer stehe während einer selbstbestimmten Arbeitsunterbrechung beim Aufsuchen eines vom Arbeitgeber geduldeten Pausenaufenthaltsortes (ungesichertes Flachdach) zwecks Verrichtung einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Allerdings beruht diese Entscheidung - was das BSG explizit in den Entscheidungsgründen betont hat - jedoch maßgeblich auf den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, wonach - anders als vorliegend - gerade nicht festgestellt werden konnte, dass der dortige Kläger im Unfallzeitpunkt noch auf dem Weg zum „Luftschnappen“ war, weil nicht einmal feststand, wie es zu dem Sturz gekommen war (B 2 U 6/00 R, a.a.O., Leitsatz). In einem obiter dictum hat das BSG in dieser Entscheidung ausgeführt, dass der dort nicht feststellbare Umstand einer Pause zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit („Luftschnappen“) durchaus geeignet ist, den notwendigen inneren Zusammenhang (zur Arbeitstätigkeit) zu begründen (B 2 U 6/00 R, a.a.O., Rn. 19).
Im Urteil vom 27. Juni 2000 (-B 2 U 22/99 R-, juris) hat das BSG ausgeführt, Versicherungsschutz bestehe nicht, weil der dortige Kläger den räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes aus privaten Gründen (Holen eines Biers am Getränkeautomaten) verlassen hatte und dieser privat motivierte Besorgungsgang erst die Ursache dafür bildete, dass er von einem rücksichtslos fahrenden Gabelstaplerfahrer angefahren wurde. Der vorliegende Fall unterscheidet sich hiervon maßgeblich, da der Kläger sich nicht vom Arbeitsplatz entfernte, um sich private Genussmittel (beispielsweise Alkohol oder Zigaretten) zu besorgen, sondern um eine arbeitsrechtliche zulässige Erholungspause einzulegen. Das Einlegen einer Erholungspause, um „frische Luft zu schnappen“ ist - wie bereits ausgeführt - strukturell einer Pause zur Nahrungsaufnahme vergleichbar (BSG - B 2 U 6/00 R -, Rn. 19, juris). Insoweit hat das BSG in der Entscheidung B 2 U 22/99 R ausdrücklich betont, dass sich Wege zur Besorgung von Genussmitteln von Wegen zur Besorgung von Nahrungsmitteln oder zur Einnahme einer Mahlzeit grundsätzlich unterscheiden, da nur bei Letzteren davon ausgegangen werden kann, dass deren Verzehr der Erhaltung oder Wiederherstellung der Arbeitskraft dient und damit versichert ist (BSG, a.a.O., Rn. 20).
Auch soweit das BSG im Urteil B 2 U 12/08 R eine spezifische Betriebsgefahr bei Verwendung einer defekten Hebebühne des Arbeitgebers, um am eigenen Pkw eine Schadensursache festzustellen, verneint hat, weil die eigenwirtschaftlich motivierte Handlung die allein wesentliche Ursache dafür war, dass der Beschäftigte in die betriebliche Gefahrenzone geraten war (so BSG Urteil vom 12.05.2009 - B 2 U 12/08 R ‑, juris Rn. 31; ebenso in dem der Entscheidung - 2 RU 101/75 -, a.a.O. zu Grunde liegenden Sachverhalt), besteht auch insoweit keine Vergleichbarkeit. Gleiches gilt für die Entscheidung des BSG in dem Versicherungsschutz für einen Kaufhausmitarbeiter verneint wurde, der erst wegen des Abholens seines privaten Einkaufs auf betriebliche Einrichtungen - nämlich den Paternosteraufzug - als besondere betriebliche Gefahr gestoßen war (vgl. BSG vom 19. Januar 1995 - 2 RU 3/94 -, juris). Beide Urteile sind auf den hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht übertragbar. Da sich die dortigen Unfälle maßgeblich auf Grund der privaten, mit Risiken verbunden Verrichtung der Versicherten (Arbeiten am eigenen PKW, Nutzung eines Paternosters beim Zurücklegen einer Wegstrecke aus rein privaten Gründen) ereigneten, fehlte dort richtigerweise der Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfallereignis. In den genannten Fällen sind die Versicherten erst durch eine private Tätigkeit auf eine betriebliche Einrichtung und die daraus resultierende besondere Gefahren gestoßen, so dass die private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die Betriebsgefahr beigetragen hat. Demgegenüber hat die konkrete Verrichtung des Klägers (Verbringen einer Erholungspause an der frischen Luft) bei wertender Betrachtung keinen relevanten Ursachenbeitrag zum Unfallgeschehen beigetragen, sondern der Unfall ist allein durch eine von der konkreten Verrichtung des Klägers selbst unabhängigen, von außen kommenden und aus der betrieblichen Sphäre stammenden Gefahr in Form des Gabelstaplers versuracht worden.
Mit anderen Worten der Kläger hat den Unfall vorliegend nur „während“ und nicht „bei“ einer privaten Verrichtung erlitten (vgl. bereits grundlegend: BSG - 2 RU 101/175 -, a.a.O., Rn. 21).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Frage, ob der für die Annahme der Verwirklichung einer besonderen Betriebsgefahr erforderliche enge örtliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit auch dann gegeben ist, wenn der Kläger seinen unmittelbaren Arbeitsplatz verlassen und einen speziell ausgewiesenen Aufenthalts- /Pausenbereich aufgesucht hat, um eine arbeitsrechtlich zulässige Erholungspause einzulegen, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG nicht eindeutig geklärt.