S 4 R 850/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 R 850/16
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 357/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid

I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die für den Versicherten C. im Zeitraum 02.04.2013 bis 01.07.2015 gezahlten Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben in Höhe von 60.098,56 € zu erstatten.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 60.098,56 € festgesetzt.


T a t b e s t a n d :


Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten C. (E.G.) im Zeitraum vom 02.04.2013 bis 01.07.2015 in Höhe von 60.098,56 € streitig.

Der am XX.XX.XXXX geborene E.G. absolvierte von 1996 bis September 2009 verschiedene Ausbildungen ohne Abschluss und übte diverse versicherungspflichtige Tätigkeiten aus.

Vom 19.07.2012 bis 13.03.2013 führte E.G. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme im RPK O. durch, welche die Beklagte mit Bescheid vom 20.04.2012 für zunächst 13 Wochen bewilligte. Die Beklagte verlängerte die Bewilligung bis zum 26.11.2012, lehnte jedoch eine weitere Verlängerung wegen negativer Erwerbsprognose darüber hinaus ab. E. G. setzte die Maßnahme unter Trägerschaft der gesetzlichen Krankenkasse in der gleichen Einrichtung bis zum 13.03.2013 fort. Im Entlassungsbericht stellten die Ärzte folgende Diagnosen: Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis; Z. n. Alkohol-und Cannabis Abusus, abstinent; Z. n. Epilepsie in der Kindheit. Zurzeit bestehe bei E.G. keine gesundheitliche Belastbarkeit für eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Es habe sich jedoch im Verlauf der stationären Rehabilitation eine Besserung gezeigt. Nach Abschluss der medizinischen Rehabilitation werde die Aufnahme von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) empfohlen. Die Prognose, dass Herr C. hierüber die Arbeitsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt erreiche, sei insgesamt günstig, besonders vor dem Hintergrund der während der medizinischen Rehabilitation erreichten gesundheitlichen Besserung und Stabilisierung.
Am 12.02.2013 beantragte E.G. bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Werkstatttätigkeit im Berufsbildungszentrum  A..

Mit Schreiben vom 15.02.2013, eingegangen bei der Klägerin am 25.02.2013, leitete die Beklagte den Antrag zuständigkeitshalber an die Klägerin weiter, da die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Abs. 1-3 SGB VI nicht erfüllt seien. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 Absatz 2a Nr. 2 SGB VI seien nicht erfüllt, wenn als nachfolgende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine Leistung in einer Werkstatt für behinderte Menschen erforderlich sei. Unter einer erfolgreichen Rehabilitation in diesem Sinne sei die Wiedereingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verstehen. Eine Leistung im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich in einer WfbM erfülle diese Voraussetzungen nicht.

Mit Bescheid vom 26.04.2013 bewilligte die Klägerin E. G. die beantragten Leistungen in Form von Ausbildungsgeld und Lehrgangskosten für ein Eingangsverfahren und eine zweijährige Maßnahme im Berufsbildungsbereich für den Zeitraum vom 02.04.2013 bis 01.07.2015.

Mit Schreiben vom 13.05.2013 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie unter Berücksichtigung des § 14 Abs. 2 SGB IX im Einzelfall Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht habe. Nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen sei jedoch die Zuständigkeit der Beklagten gegeben. Sie mache somit für die im Zusammenhang mit der Teilhabe am Arbeitsleben anfallenden Leistungen einen Erstattungsanspruch dem Grunde nach gemäß § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX geltend.

Mit Schreiben vom 28.05.2013 wies die Beklagte den Erstattungsanspruch der Klägerin unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 15.02.2013 zurück, da aus ihrer Sicht die Zuständigkeit der Klägerin gegeben sei.

Die Klägerin hat am 02.09.2016 vor dem Sozialgericht Nürnberg Klage erhoben.

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, dass die Beklagte für die Erbringung der streitgegenständlichen Leistungen zuständig sei. Dies ergebe sich aus § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI. Es bestehe ein sachlicher Zusammenhang zwischen der medizinischen und der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme, da der Abschlussbericht der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme die Empfehlung enthalten habe, dass im Hinblick auf die gesundheitlichen Einschränkungen des Versicherten eine Aufnahme in einer WfbM angeraten sei. Weiterhin sei zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen worden, dass eine erfolgreiche Eingliederung erreicht werden könne. Nach ihrer Auffassung sei als prognostisch erreichbares Rehabilitationsziel im Sinne der genannten Vorschrift nicht die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verlangen. Vielmehr sei bereits die Erreichung von Wettbewerbsfähigkeit auf dem besonders geschützten Arbeitsmarkt der WfbM ausreichend. Deshalb stehe ihr ein Erstattungsanspruch aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX zu.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Beklagte zu verurteilen, ihr die verauslagten Kosten für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.


Eine Unmittelbarkeit im Sinne des § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI sei bereits dadurch nicht gegeben, da ihre Kostenträgerschaft für die medizinische Rehabilitationsmaßnahme am 27.11. 2012 geendet habe. Der Versicherte habe die Leistung sodann unter Zuständigkeit der Krankenkasse weitergeführt. Deshalb sei die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unmittelbar nach einer medizinischen Rehabilitation der Krankenkasse erforderlich geworden. Die RPK-Empfehlungsvereinbarung führe unter 9.1 zwar aus, dass die Voraussetzungen für die Durchführung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gemäß § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI grundsätzlich erfüllt seien, wenn der Rentenversicherungsträger die medizinische Leistung zur Rehabilitation durchführe. Diese Regelung könne aber nach ihrer Ansicht nicht in den Fällen gelten, in denen nach Durchführung des medizinischen Teils der RPK Leistungen in einer Werkstatt für behinderte Menschen erforderlich seien und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht nach § 11 Abs. 1 oder § 11 Absatz 2 a Nummer 1 SGB VI erfüllt seien. Die Leistungen für die Eingliederung in einer Werkstatt für behinderte Menschen im Sinne der §§ 39-43 SGB IX seien zwar im Teil I Kapitel V des Gesetzbuches unter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben enthalten, aber nicht den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in §§ 33-37 SGB IX unmissverständlich zugeordnet. Auch hinsichtlich ihrer Zielsetzung (Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung) würden Sie anders definiert. Nach § 7 Abs. 2 SGB IX richteten sich die Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe nach den für den jeweiligen Leistungsträger geltenden Leistungsgesetzen. Dementsprechend erscheine es erforderlich, die Zuständigkeit für Leistungen zur Eingliederung in eine Werkstatt für behinderte Menschen bei der Auslegung des § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI hinsichtlich des Kriteriums "voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation" in Anlehnung an §§ 9,10 SGB VI restriktiv zu dahingehend zu interpretieren, dass die Rehabilitationsziele der Leistungen der Rentenversicherung erfüllt sein müssten. Hier werde auf den allgemeinen ersten Arbeitsmarkt abgestellt, nicht aber auf die Mindestanforderungen zur Eingliederung in eine WfbM. Es sei auch zu bedenken, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach ihrer Auffassung nicht erbracht würden, um Leistungen zur Aufnahme in eine WfbM zu ermöglichen, da die Versicherten die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht erfüllten, sondern zur Erhaltung der Werkstattfähigkeit, wenn dies zum Rentenanspruch führen solle.

Das Gericht hat am 12.04.2018 in einer nichtöffentlichen Sitzung die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert. Nach Hinweis des Gerichts haben sich die Beteiligten ausdrücklich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten sowie auf die sozialgerichtliche Akte Bezug genommen.

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :


Der vorliegende Rechtsstreit kann durch Gerichtsbescheid nach § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten haben sich außerdem im Erörterungstermin mit dieser Vorgehensweise ausdrücklich einverstanden erklärt.

Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Nürnberg erhobene allgemeine Leistungsklage im Sinne der §§ 51, 54 Abs. 5, 57 Abs. 1 SGG ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung der von ihr für den Versicherten E.G. im Zeitraum vom 02.04.2013 bis 01.07.2015 erbrachten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Höhe von 60.098,56 € aus § 14 Abs. 4 Satz 1 SGB IX zu.


Wird nach Bewilligung der Leistung durch einen Rehabilitationsträger nach Abs. 1 Satz 2-4 festgestellt, dass ein anderer Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist, erstattet dieser dem Rehabilitationsträger, der die Leistung erbracht hat, dessen Aufwendungen nach den für diesen geltenden Rechtsvorschriften (§ 14 Abs. 4 Satz eins SGB IX). Demnach besteht ein spezialgesetzlicher Erstattungsanspruch des zweitangegangenen Rehabilitationsträgers gegen den materiell-rechtlich originär zuständigen Rehabilitationsträger. Er ist begründet, soweit der Versicherte von dem Träger, der ohne die Regelung in § 14 SGB IX zuständig wäre, die gewährte Maßnahme hätte beanspruchen können (BSG, Urteil vom 06.03.2013 - B 11 AL 2/12 R). Vorliegend ist diese Erstattungsvorschrift anwendbar, da die Beklagte den bei ihm gestellten Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an die Klägerin weitergeleitet hatte. Als zweitangegangene Rehabilitationsträger war die Klägerin gegenüber dem Versicherten E.G. endgültig und umfassend leistungspflichtig und hatte als nach allen Leistungsvorschriften überhaupt zuständiger Rehabilitationsträger zu leisten.

Der Erstattungsanspruch ist auch begründet, weil die Beklagte eigentlich zuständiger Rehabilitationsträger war.

Die Zuständigkeit für die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer WfbM im Sinne des § 40 SGB IX ist in § 42 Abs. 1 SGB IX geregelt. Nach § 42 Abs. 1 Ziffer 1 SGB IX erbringt die Klägerin diese Leistungen, soweit nicht einer der in den Nrn. 2-4 genannten Träger zuständig ist. Nach Ziffer 3 dieser Vorschrift sind die Träger der Rentenversicherung unter den Voraussetzungen der §§ 11-13 SGB VI für die Leistungserbringung zuständig.

Vorliegend hat die Beklagte das Vorliegen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI zu Unrecht verneint. Diese ergeben sich aus § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI. Demnach werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an Versicherte auch erbracht, wenn sie für eine voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation unmittelbar im Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation der Träger der Rentenversicherung erforderlich sind. Gemäß § 11 Absatz 2a Nummer 2 SGB VI soll der Rentenversicherungsträger für diejenigen Versicherten, die sowohl medizinische als auch daran unmittelbar anschließende berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation benötigen, das gesamte Rehabilitationsverfahren bis zu ihrer Wiedereingliederung in das Erwerbsleben durchführen, um auch in diesen Fällen einen zügigen und kontinuierlichen Ablauf des Rehabilitationsverfahrens und eine möglichst rasche und erfolgreiche Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu gewährleisten (vgl. BT-Drucksache 12/3423, Seite 61). Es soll damit die Einheitlichkeit des Rehabilitationsträgers gewährleistet werden, indem das gesamte Rehabilitationsverfahren von der medizinischen bis zur berufsfördernden Leistung in der Hand des Rentenversicherungsträgers liegt, der für die Wiedereingliederung in das Erwerbsleben des Versicherten zuständig ist.

Dabei müssen die Teilhabeleistungen unmittelbar im Anschluss an medizinische Leistungen erforderlich sein. Ein nahtloser Übergang ist im Rahmen der Unmittelbarkeit nicht nötig. Wesentlich ist vielmehr, dass gleichzeitig mit dem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein enger sachlicher Zusammenhang mit der vorangegangenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gegeben ist (vergleiche Luthe in Schlegel/Voelzke, juris PK -SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 11 SGB VI). Vorliegend ergab sich noch während des Verlaufs der medizinischen Rehabilitationsmaßnahme des E.G. die Notwendigkeit von Leistungen zur Teilhabe. Unschädlich ist dabei entgegen der Auffassung der Beklagten, dass die vorangegangene medizinische Rehabilitationsmaßnahme nur zum Teil unter ihrer Trägerschaft und ab dem 27.11.2012 unter der Trägerschaft der Krankenkasse erfolgte. Es besteht dennoch ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der hier streitgegenständlichen Leistung und der vorangegangenen medizinischen Rehabilitationsmaßnahme. Der Versicherte führte die von der Beklagten getragenen Leistung zur medizinischen Rehabilitation auch nach der Übernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenkasse im gleichen Haus fort. Der Entlassungsbericht, den die Ärzte des Klinikums verfassten wurde unter der Bezeichnung "DRV Bund, ärztlicher Entlassungsbericht" verfasst, als Dauer der Maßnahme wurde der gesamte stationäre Aufenthalt des Versicherten ohne Unterbrechung angegeben. Nach außen hin stellte sich die Maßnahme als einheitliche medizinische Rehabilitationsmaßnahme der Beklagten dar. Die Tatsache, dass der letzte Teil der Maßnahme von der gesetzlichen Krankenkasse getragen wurde, durchbricht diesen sachlichen Zusammenhang somit nicht.

Darüber hinaus bestand vorliegend tatsächlich zumindest nach der Einschätzung der Ärzte der medizinischen Rehabilitationsklinik eine positive Prognose, auf dem -ersten- allgemeinen Arbeitsmarkt wieder eingegliedert zu werden. Die Beklagte hat nicht substantiiert begründet, aus welchen Gründen sie sich über diese Einschätzung hinwegsetzte. Jedoch selbst wenn, wie die Beklagte meint, eine erfolgreiche Wiedereingliederung des Versicherten in den ersten Arbeitsmarkt zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu erwarten war, ist ihre Zuständigkeit nach den oben genannten Vorschriften gegeben. Eine "voraussichtlich erfolgreiche Rehabilitation" Im Sinne von § 11 Absatz 2 a Nummer 2 SGB VI liegt nicht nur dann vor, wenn eine erfolgreiche Wiedereingliederung in den ersten Arbeitsmarkt zu erwarten ist, sondern auch dann, wenn anstelle der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt lediglich die Erreichung von Wettbewerbsfähigkeit des Versicherten auf dem besonders geschützten Arbeitsmarkt der WfbM prognostisch erwartet werden kann.

Die Leistungen im Eingangsbereich und im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen gehören gerade zum Leistungskatalog der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 16 SGB VI i.V.m. § 40 SGB IX). Hierbei genügt es, dass die Leistungen erforderlich sind, um die Leistungsfähigkeit oder Erwerbsfähigkeit des behinderten Menschen so weit wie möglich zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen und erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach Teilnahme an diesen Leistungen in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung im Sinne des § 136 zu erbringen (§ 40 Abs. 1 Nummer 2 SGB IX). Eine Beschränkung der Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers in Bezug auf eine Entwicklung, Verbesserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt ist hiernach gerade nicht gegeben.

Außerdem verweist § 42 SGB IX ausdrücklich nur auf die §§ 11-13 SGB VI, nicht jedoch auf die von der Beklagten angewandte Vorschrift des § 10 SGB VI. Somit handelt es sich bei § 42 Abs. 1 Nummer 3 SGB IX um eine Sonderregelung zu § 10 SGB VI, in dem anstelle der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt lediglich die Erreichung von Wettbewerbsfähigkeit des Versicherten auf dem besonders geschützten Arbeitsmarkt einer Werkstatt für behinderte Menschen als prognostisch erreichbares Rehabilitationsziel verlangt wird (vergleiche Stähler in Schlegel/Voelzke, juris-PK SGB VI zu § 16 Rn. 28 und Kater in Kasseler Kommentar zu § 16 SGB VI Rn. 59).

Nach alledem war der Klage vollumfänglich stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
 

 

Rechtskraft
Aus
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