L 8 BA 51/08

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 KR 253/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 BA 51/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Personen, die auf einer Baustelle einfache, gleichförmige Arbeiten (Verkleidung von Säulen mit Brennschutzplatten) verrichten, bei denen ihnen das Material und das wesentliche Werkzeug vom Hauptauftraggeber gestellt wird und bei denen eine individuelle, auf einzelne Bauprojekte bezogene Preiskalkulation nicht stattfindet, sind abhängig beschäftigt. 

Ein auf eine selbständige Tätigkeit hindeutender „Nachunternehmervertrag“ hat für die Statusbeurteilung keine Bedeutung, wenn dieser tatsächlich in keiner Weise gelebt wird. 

Der Abschluss eines Nachunternehmervertrags, der mit den tatsächlichen Verhältnissen in keiner Weise übereinstimmt, ist ein Indiz für Vorsatz hinsichtlich der Umgehung der gesetzlichen Sozialabgabenpflicht. 
 


Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 25. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Im Streit steht die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung aufgrund der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) für den Kläger in den Jahren 2013 und 2014 einschließlich der hierauf entfallenden Säumniszuschläge, insgesamt 103.624,46 €. 

Der Kläger betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum ein Einzelunternehmen für Trockenbau und Brandschutz. Als sozialversicherungspflichtig Beschäftigte führte er in dieser Zeit allein seine Ehefrau. Auftraggeberin des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum war die P. GmbH. Zur Durchführung der ihm von dieser erteilten Aufträge bediente sich der Kläger der Beigeladenen zu 1) bis 3).

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) sind ungarische Staatsangehörige. Sie unterhielten – anfänglich mit weiteren wechselnden Gesellschaftern – bis zum Jahr 2015 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die D.-Trockenbau GbR, für die sie ein Gewerbe anmeldeten. Die GbR war in die Handwerksrolle eingetragen, verfügte über eine sogenannte Freistellungsbescheinigung zum Steuerabzug bei Bauleistungen und erstellte (jedenfalls für die Jahre 2013 und 2014) vorläufige Einnahmen-Überschuss-Rechnungen. Als Firmensitz war ein Büro in der Nähe von E-Stadt („Internationaler Büroservice“ in F-Stadt) angegeben. 

Der Kläger und die D.-Trockenbau GbR schlossen am 17. August 2013 einen Nachunternehmervertrag, als dessen Gegenstand in § 1 „die selbstständige Ausführung von jeweils separat spezifiziert vereinbarten Arbeiten“ durch die GbR genannt wurde. Der Vertrag enthält detaillierte Regelungen zu den anzuwendenden rechtlichen Grundlagen, der – laut Vertrag jeweils individuell zu erstellenden – Kalkulationen und Leistungsvereinbarungen, Auftragsschreiben, Abschlags- und Schlussrechnungen, zum Umfang der Gewährleistung, u. s. w. 

Die Beigeladenen zu 1) bis 3) wurden in der Folge für den Kläger tätig, ohne dass dieser Sozialversicherungsbeiträge für sie entrichtete. Hierbei wurden gesonderte Auftragsschreiben – anders als im Nachunternehmervertrag vorgesehen – nicht erstellt. Hinsichtlich der für die Tätigkeit abgerechneten Leistungen führen die in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Rechnungen der GbR die Baustelle, den Leistungsmonat sowie (teilweise) die Anzahl der erstellten Promatverkleidungen auf. Weitere Angaben zur Konkretisierung der erbrachten Arbeiten enthalten die Rechnungen nicht.

Zu der durch die Beklagte durchgeführten Betriebsprüfung kam es aufgrund eines durch das Hauptzollamt Gießen eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger wegen des Verdachts des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen. Dem war eine gemäß §§ 2 ff. des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz) am 12. Februar 2014 durchgeführte Überprüfung einer Baustelle in B-Stadt durch das Hauptzollamt Schweinfurt vorausgegangen, bei der unter anderem die Beigeladenen zu 1) bis 3) bei der Arbeit angetroffen worden waren. Ausweislich des Schlussberichts des HZA Gießen trugen sie gelbe Warnjacken mit dem Logo „P.“ und arbeiteten getrennt voneinander an der Anbringung von Dämmstoffplatten.

Bei der späteren Vernehmung durch das Hauptzollamt Gießen am 10. November 2015 erklärte der Beigeladene zu 2) unter anderem:  
„[…] Aktuell sind F. F., mein Vater und ich noch in der GbR. Wir haben uns in G-Stadt von einer Frau beraten lassen. Sie hieß mit Vornamen H., aber den Nachnamen weiß ich nicht mehr. Sie hat auch den ersten GbR-Vertrag geschrieben. […] Zu der H. sind wir über eine zufällige ungarische Bekannte von der Straße gekommen. […] Wir haben eine GbR gegründet. Ich weiß aber nicht mehr, was wir für Papiere vorlegen mussten, wir mussten aber eine Adresse und einen Personalausweis beim Rathaus vorlegen. Die Adresse war [...] in J-Stadt. […] Die Wohnung haben wir angemietet. Die Vermieterin […] ist auch die Ungarin, die uns wie vorgenannt auf der Straße angesprochen hat. Alle [damals] fünf GbR-Teilhaber haben da gewohnt. Wir haben dort ein Jahr bis Januar 2012 gewohnt. Anschließend haben wir den Sitz der Firma nach F-Stadt verlegt. Dies kam über den Büroservice K. […] Der K. macht die Post. Das heißt die Briefe werden eingescannt und per Mail weitergeleitet. Wir zahlen dafür 119 € im Monat. […]
A. hat uns dann Arbeit angeboten. In K-Stadt hat der A. Brandschutz gemacht, hat uns dann gezeigt, wie das geht, und uns dann angeboten, das für ihn zu machen. Wir haben einen schriftlichen Vertrag aufgesetzt […]. Über die Preise haben wir eine mündliche Vereinbarung getroffen, manchmal pro Stück und manchmal für eine pauschale Summe, je nach Arbeit. Pro Stück wurden 10-11 € verhandelt und bei einer Gesamtsumme konnte es auf 10-11 € pro Stütze berechnet werden. Die Preise wurden von A. vorgeschlagen. 
[…] An einer Stütze kann man alleine arbeiten, d.h. allein verkleiden. Die Promatplatten werden schon zugeschnitten und nummeriert geliefert, sie müssen nur noch in der Höhe angepasst werden. […]
Wir haben keine weiteren [Arbeits-]Anweisungen erhalten. […] Die Baustelle wurde uns gesagt und innerhalb der Baustelle hat der Bauleiter der jeweiligen Baustelle Anweisungen gegeben. Zur Baustelle sind wir immer mit A. gekommen und sind auch mit ihm wieder gefahren. […] Tagsüber ist der A. vorbeigekommen und hat geguckt, ob und wie wir arbeiten. […] Wenn irgendwas falsch war, hat der Bauleiter oder A. gesagt, dass es sofort korrigiert werden muss.
[…] Wir haben keine Anlagen [zu dem Nachunternehmervertrag] bekommen wie Verzeichnisse etc. den Vertrag haben wir mit A. gelesen und er hat ihn uns erklären. Wir haben das zusammen auf Deutsch durchgesprochen. Genau verstehe ich den Inhalt des Vertrages nicht. […] Ein Abnahmeprotokoll über die geleisteten Arbeiten wurde nie erstellt. […] Wir haben eine Firmen-/Betriebsversicherung. Die Versicherung haben wir bei Gründung der GbR abgeschlossen, weil es die Buchhalterin gesagt hat. […]
Im Monat habe ich ca. 800 € aus meiner Arbeit zur Verfügung. […]
Bei der Gründung der GbR habe ich einen Vordruck für das Rechnungslayout bekommen. Wo genau ich das Muster gesehen oder bekommen habe, weiß ich nicht mehr. […]
[Auf die Frage, welche Betriebs-Geschäftsausstattung die GbR besitze:] Einen Kompressor, einen Akkuschrauber, eine Schlagbohrmaschine, eine Schleifmaschine, Staubsauger. Ein Auto haben wir nicht. […] Momentan habe ich ein privates Auto, welches später ein Firmenwagen werden soll. Ich habe das Auto seit einem Jahr. Vorher sind wir mit A. gefahren. […] 
Wir bezahlen [die Verpflegung und Unterbringung auf Montagereisen] vom Firmenkonto und die Rechnung schicken wir dann zur Buchhalterin.
[Auf die Frage, ob die Beigeladenen selbst weitere Auftraggeber geworben hätten:] Nein, die Aufträge hat immer A. besorgt.“

Der Beigeladene zu 1) hat in seiner Vernehmung am 10. November 2015 unter anderem ausgesagt: 
„[Ich bin] im Jahr 2011 wieder nach Deutschland gekommen. Dann habe ich die GbR gegründet, wo ich jetzt arbeite. […] Ich habe das in 2011 angemeldet, mit der Hilfe eines Buchhalters. Die Buchhalterin hat mir gesagt, dass dies der einfachste Weg ist, in Deutschland zu arbeiten und die GbR leicht zu gründen sei. […]. 
Als Subunternehmer habe ich für [A.] gearbeitet. Seit Mai 2013. Wir haben uns im Jahr 2012 bei der Firma M. kennengelernt und da hat er schon gefragt, ob ich nicht für ihn Brandschutz mache. […] In 2013 sind die Aufträge bei M. weniger geworden, dann habe ich zu ihm gewechselt. Ich habe bei der Firma M. 15 € pro qm erhalten. Bei A. müsste ich ca. 45 Stunden pro Woche arbeiten, um davon leben zu können. Da müsste ich pro Woche 650 € pro Person erhalten (wir sind ja zu Dritt). Pro Stütze 10 €, 15-16 Stück am Tag. Die 10 € pro Stütze hat der A. vorgeschlagen. Nach den ersten Arbeiten haben wir festgestellt, dass es so passt, und so sind wir dabei geblieben. Ich weiß nicht, was A. mit P. abgerechnet hat. Wir machen ausschließlich die Verkleidung von Feuerschutz (Promatverkleidung) für A. […]
Anweisungen erhalte ich nicht, da es ja immer das Gleiche ist. […] Die Werkzeuge wie Kompressor habe ich von A. bekommen, außer kleine Werkzeuge wie Hammer, Zange etc. Zuerst haben wir einen Rahmenvertrag gemacht. Den hat der Buchhalter von A. geschrieben – das hat A. mir gesagt. Ich habe keine Durchschrift der Verträge mehr. […] Der A. hat uns unsere Arbeitsorte (Baustellen) vorgegeben. Ich habe mich nicht selbst um andere Auftraggeber gekümmert. Arbeitszeit haben wir gegenseitig angepasst. Ich habe dem A. gesagt, wie lange wir brauchen. Der Zeitraum auf der Baustelle war durch A. vorgegeben, wann wir fertig sein mussten. Herr A. hat mir sonst keine Anweisungen gegeben. Der A. hat einen Mercedes Vito und hat uns damit zur Baustelle gefahren. Der A. hat auch an der Baustelle gearbeitet. Wenn es zum Beispiel zwei Stockwerke gab, hat der A. ein Stockwerk gemacht und wir. Aber nie zusammen, sondern getrennt. […] Die Firma P. hat zusammen mit A. den Vertrag geschlossen und der A. hat mir Anweisungen gegeben und nicht einer von P. Seit Mai/Juni 2013 arbeite ich für A. Seit der ersten Kontrolle arbeite ich nicht mehr für A., seitdem arbeite ich für S. […] Der A. hat uns die Firma empfohlen, weil wir nicht mehr für A. arbeiten wollten. […] Bei S. mache ich dieselbe Arbeit wie für den A.. S. arbeitet auch für die Firma P.
[…] Wenn ich krank bin, dann geh ich zum Arzt und dann geh ich nicht arbeiten. Krankschreiben gibt es nicht. Ich muss keinen Ersatz stellen. Wir sind zu dritt und wenn jemand krank ist, wird die Arbeit weiter gemacht von den anderen. […]
Jede Baustelle hat einen eigenen Bauleiter, der ist nicht von A. Der Bauleiter hat dem A. dann gesagt, wo man weiterarbeiten soll und wenn der A. nicht da ist, hat der Leiter uns das direkt gesagt. An den einzelnen Tagen wurde uns nur gesagt, ob wir unten oder oben anfangen sollen. 
Der Subunternehmervertrag war auf Deutsch. Jeder Vertrag wurde zur Buchhalterin geschickt und die hat entschieden, ob ich unterschreiben soll. Ich selber konnte den Vertrag nicht lesen und verstehen. […]
Der Vertrag war mit A., also nach der Beendigung der Arbeit hat er es kontrolliert und hat die Qualität angeschaut.
Alle haben dann gezählt, wer in der GbR wieviel gearbeitet hat und dann mit den Aufzeichnungen von A. verglichen. Mein Sohn hat dann die Rechnung für die GbR an A. geschrieben.
[…] Der A. hat die Arbeiten kontrolliert und bei Fehlern mussten wir diese sofort beheben. 
[…] Wir haben eine Haftpflichtversicherung bei XY. In G-Stadt ist mir zum Beispiel eine Glasscheibe kaputt gegangen, da hat die Versicherung das geregelt. […]
Bei A. habe ich das [die Tätigkeit „Promatverkleidung“] erlernt.
[Zu der Frage, wie sie während der Tätigkeit auf Montage gereist seien:] Ich bin mit A. hingefahren, wir waren zu dritt und er hat uns zu Hause abgeholt. […]
Aufgrund meiner sprachlichen Schwierigkeiten kann ich kein Arbeitnehmer sein. Ich hatte mich mal als Tischler beworben, da sagte man mir, dass ich besser Deutsch sprechen soll.“

Auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse des Hauptzollamtes hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21. März 2016 dazu an, dass beabsichtigt sei, für die Jahre 2013 und 2014 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) bis 3) sowie weitere namentlich unbekannte Personen nachzufordern. 

Mit angegriffenem Bescheid vom 29. Dezember 2016 erhob die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Beigeladenen zu 1) bis 3) nebst sonstigen Umlagen und Säumniszuschlägen (20.480,50 €) in Höhe von insgesamt 103.624,46 €. Die durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) vom 1. Mai 2013 bis zum 31. Dezember 2014 als sog. Scheinselbständige in einem Beschäftigungsverhältnis zum Kläger gestanden hätten. Als versicherungspflichtig Beschäftigte unterlägen sie der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger sich darüber im Klaren gewesen sei, dass die Beigeladenen ihm gegenüber weisungsgebunden und ohne unternehmerische Eigenverantwortung tätig gewesen seien und dass sie wider besseres Wissen nicht zur gesetzlichen Sozialversicherung angemeldet worden seien. In der Folge sei der nachträglichen Beitragsberechnung die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Vergütung im Sinne eines Nettoarbeitsentgelts zugrunde zu legen, § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Da zum Zeitpunkt der Beitragsfälligkeit die individuellen Steuermerkmale zeitweise nicht nachgewiesen gewesen seien, erfolge die Berechnung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts nach den Grundsätzen der Hochrechnung eines Nettolohns auf einen Bruttolohn (§ 39b Einkommenssteuergesetz [EStG] i. V. m. R 39b Lohnsteuer-Richtlinien [LStR]) auf Grundlage der Lohnsteuerklasse VI (§ 39c EStG i. V. m. R 39c LStR). Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV seien ab dem 1. Mai 2013 zu berechnen. Bei Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung habe der Beitragsschuldner mindesten grob fahrlässig keine Kenntnis von der Beitragsschuld, so dass unverschuldete Unkenntnis im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV nicht geltend gemacht werden könne.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein.

Ein gegen den Kläger eingeleitetes Strafverfahren wurde noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens gegen Zahlung einer Auflage gemäß § 153a Strafprozessordnung eingestellt (Beschluss des Amtsgerichts Kassel vom 27. Juni 2017). 

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2018 als unbegründet zurück. 

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben und zudem gerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt. 

Das Eilverfahren (S 5 KR 22/18) endete durch übereinstimmende Erledigungserklärung, nachdem die Beklagte erklärt hatte, den Vollzug der Beitragsnachforderung aufgrund der vom Kläger geltend gemachten unbilligen Härte bis zum Abschluss des Klageverfahrens auszusetzen. 

Zur Begründung seiner Klage trug der Kläger vor, dass es die GbR, die seine Vertragspartnerin sei, bereits seit 2012 gebe. Er verwies auf das in der Nähe von E-Stadt betriebene Büro sowie die durch das Finanzamt München ausgestellte Freistellungsbescheinigung. Es sei unzutreffend, dass der Kläger der einzige Auftraggeber der GbR gewesen sei, da die GbR zumindest im Jahr 2014 auch für S. in A-Stadt gearbeitet habe. Des Weiteren habe die GbR Aufträge für das Unternehmen M. in L-Stadt durchgeführt. Die erste in 2013 an den Kläger gerichtete Rechnung habe die Rechnungsnummer 06/2013 getragen, so dass die Rechnungen 01/2013 bis 05/2013 offenbar an andere Auftraggeber gerichtet gewesen seien. In 2014 seien die Rechnungen 11, 14, 16, 17 und 21 (von insgesamt 22) nicht an den Kläger gegangen. Hinsichtlich der Bezahlung habe man für gesonderte Reparaturarbeiten einen Stundenlohn in Höhe von 15,00 € und im Übrigen pro zu verkleidender Säule einen Festbetrag von 10,00 bzw. 11,00 Euro ausgehandelt, wobei er, der Kläger, 11 - 13 Minuten pro Säule kalkuliert habe. Damit komme man auf einen Stundenlohn von rund 45,00 €. Es seien nie alle drei Beigeladenen zugleich auf der Baustelle gewesen. Der Kläger sei auch nicht immer vor Ort gewesen. Er habe keine Anweisungen erteilt und keine Arbeitszeiten vorgegeben. Die Baupläne habe er mit dem Beigeladenen zu 1) und dem Beigeladenen zu 3), der keinerlei Sprachschwierigkeiten aufweise, besprochen. Die Beigeladenen hätten über einen Toyota Firmenbus und eigene Arbeitsmaterialien, über eine eigene Buchhaltung und über eine Betriebshaftpflichtversicherung verfügt. Sie hätten, wie sich aus ihren vorläufigen Einnahmen-Überschuss-Rechnungen ergebe, in 2013 Kapital in Form von Reisekosten von mehr als 10.000 Euro, Rechts- und Beratungskosten von knapp 1.600 Euro und Fremdleistungen von mehr als 1.500 Euro investiert. In 2014 seien es mehr als 24.000 bzw. 1.500 bzw. 1.380 Euro gewesen. Das zu verbauende Material habe die Firma P. gestellt. Teilweise habe die GbR eigenes Werkzeug mitgebracht. Er habe einen Kompressor, Schläuche und verschiedene Klammergeräte gestellt. Die Beigeladenen seien einen Toyota Bus gefahren und mit diesem an die Arbeit gekommen. Ihr Werkzeug hätten sie darin transportiert. Er selbst besitze einen Mercedes Bus. Es sei zutreffend, dass sie in diesem ab und an gemeinsam zur Arbeit gefahren seien. Der Toyota sei nämlich irgendwann abgeschafft worden und dann sei man nur noch in dem Mercedes Bus gefahren. Er gehe davon aus, dass man maximal 20 Minuten für eine Säule benötige. 

Die Beklagte verwies demgegenüber unter anderem darauf, dass den Buchungsunterlagen keine Anhaltspunkte für ein offizielles Firmenfahrzeug zu entnehmen seien. Eigenes Kapital sei von den Beigeladenen nicht eingesetzt worden. Eigenes Werkzeug im größeren Umfang sei nicht vorhanden gewesen, nur Kleinwerkzeug. Die drei Beigeladenen hätten letztlich nur ihre eigene Arbeitskraft eingesetzt. Sie hätten auch nicht werbend am Markt auftreten können, schon aufgrund der unzureichenden Deutschkenntnisse. Im Wesentlichen hätten die Beigeladenen im streitigen Zeitraum nur für den Kläger gearbeitet. Den Auftrag mit Herrn S., der für denselben Hauptauftraggeber wie der Kläger, die P. GmbH, tätig gewesen sei, habe der Kläger vermittelt; zu der Tätigkeit sei es überhaupt erst ab Mitte 2014 und nur aufgrund des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gegen den Kläger gekommen. Hervorzuheben sei, dass der Beigeladene zu 3) in den Jahren 2015 und 2016 mit genau der gleichen Arbeit wie im streitgegenständlichen Zeitraum bei dem Kläger sozialversicherungspflichtig angestellt gewesen sei. 

Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2019 den Kläger sowie die Beigeladenen zu 1) bis 3) persönlich angehört, die sich dabei ausweislich des Sitzungsprotokolls wie folgt geäußert haben: 
Kläger: 
„Seit Februar 2016 war der Beigeladene zu 3. auch für mich sozialversicherungspflichtig tätig, jetzt ist das nicht mehr der Fall, das war in 2016 der Fall. [...] Er hat dort letztlich die gleiche Arbeit gemacht, Stützen und Träger verkleidet. Aber er hatte feste Arbeitszeiten, das hab ich bestimmt. Ausgehend von einem Stundenlohn von ungefähr 13,00 € ergab sich ein Nettomonatslohn von vielleicht 1.200,00 € bis 1.300,00 €. Als die Drei dann selbständig waren damals, haben wir für Reparaturarbeiten 15,00 € Stundenlohn abgemacht und pro zu verkleidender Säule ca. 10,00 € oder 11,00 €. Das Material hat die Firma P. gestellt. Teilweise hatte die GbR auch eigenes Werkzeug, ich habe einen Kompressor, einen Schlauch und ein Klammergerät gestellt. Die gehen schnell kaputt, es waren mehrere Klammergeräte. Die Drei hatten auch einen Toyota-Bus und sie sind auch häufig mit dem Toyota-Bus an die Arbeit gekommen oder haben Werkzeug transportiert. Ich habe einen Mercedes und es ist durchaus zutreffend, dass wir auch ab und zu zusammen zur Arbeit gefahren sind. Der Toyota ist dann irgendwann abgeschafft worden. Danach sind wir ausschließlich mit meinem Mercedes-Bus gefahren. Davor sind wir überwiegend mit zwei Bussen gefahren.“

Beigeladener zu 1):
„Es war so, dass der Toyota in meinem Privatbesitz war und auf mich zugelassen und er ist irgendwann in 2014 abgeschafft worden. Als ich den Toyota hatte, habe ich ihn quasi der Gesellschaft geliehen. Solange es den Toyota noch gab, sind wir überwiegend mit dem Toyota gefahren, danach mit dem Kläger. Wenn ich gefragt werde, wie lange man für das Verkleiden von so einer Säule durchschnittlich braucht, so kann das eine halbe bis eine Stunde sein. Das kommt ganz darauf an.
[Auf den Einwurf des Beigeladenen zu 3): ‚Ich würde mal sagen 20 Minuten.‘:]
Wenn ich alle Vor- und Nacharbeiten einkalkuliere, dann kann es aber auch schon eine Stunde pro Säule sein, dass Material muss dahin getragen werden und das Werkzeug auch. Wenn ich gefragt werde, was VOB und BGB bedeutet, so weiß ich das nicht. Wenn ich gefragt werde, was eine Gefahrtragung ist, so weiß ich das schon, das kommt darauf an, was für eine Gefahr es ist. Was Generalunternehmer oder Nachunternehmer bedeutet, das weiß ich schon.
[Befragt dazu, wer die Rechnungen geschrieben habe:]
Das waren ich und E. Das Rechnungsmuster hatten wir von unserem Buchhalter. [...] Wenn ich vom Kläger-Vertreter zum alltäglichen Arbeitsablauf gefragt werde, so war das so, dass wir zusammen zu der Baustelle hin sind und dann besprochen haben, ob der Kläger zwei oder drei Leute auf der Baustelle braucht. Manchmal waren es drei, manchmal aber auch zwei. Solange wir noch den Toyota-Bus hatten, konnten andere auch auf einer anderen Baustelle tätig sein. Wir haben uns das dann angeschaut, wieviel zu machen ist und wie groß das ist und haben das besprochen. Die Firma P. hat das Material geliefert, wir haben das dann hochgetragen und bei den einzelnen Säulen abgelegt. Auch das Werkzeug. Der Kläger war meistens dabei, besonders am Anfang. Abends musste der Kläger kommen und uns abholen, als es den Toyota-Bus nicht mehr gab. Zwischendurch war er aber auch mal weg. Es ist nicht so, dass er zwischendurch konkret gesagt hat, welche Säule wer bearbeiten soll. Wir Drei zusammen haben das besprochen, wie wir die Etage machen. Welche Etage wir machen müssen, hat der Kläger vorgegeben, weil ihm das ja auch vom Bauleiter vorgegeben war. Kontrolliert hat er uns im Wesentlichen eigentlich nicht. Es war so, dass der Kläger ja von der Firma P. Baupläne und Ähnliches hatte, die er an uns weitergegeben hat. Der Kläger hat uns gesagt, was wir machen sollen und hat uns auch die Pläne gegeben und wir haben dann auch selber in die Pläne geguckt. Das war aber nicht so kompliziert. Die Hotels haben wir uns im Wesentlichen selbst besorgt, es gab auch keine vorgegebene Liste oder sowas vom Kläger, wir haben selbst telefoniert. Wenn ich von dem Anwalt des Klägers gefragt werde, ob am Ende eines Arbeitstages noch feststellbar ist, welcher Arbeiter welche Säule verkleidet hat, so ist das ganz schwer und eigentlich kaum mehr festzulegen, wer welche Säule gemacht hat. Konkret hatten wir eine Gewährleistung nicht vereinbart. Wenn mir vorgehalten wird, dass in dem Nachunternehmervertrag in § 10 eine Gewährleistung nach VOB und BGB vereinbart ist, so kann ich mich daran nicht erinnern, das weiß ich nicht. Wenn ich gefragt werde vom Kläger-Vertreter, ob der Nachunternehmervertrag übersetzt wurde, so kann ich dazu sagen, nicht alles. [...] Ich denke, wir haben als Selbständige für ihn [den Kläger] gearbeitet. Wir haben Rechnungen geschrieben, wir haben unsere Beiträge zur Handwerkskammer gezahlt und die Versicherungen. Ich denke, wir waren selbständig.“

Der Kläger erklärte hierzu, dass seiner Auffassung nach auch bei Hinzurechnung der Zeiten für die Bereitlegung des Materials nicht mehr als maximal 20 Minuten Arbeitszeit pro Säule veranschlagt werden dürften. Übereinstimmend mit dem Beigeladenen zu 3) erklärte er zudem, dass dessen Arbeit als Angestellter ab 2016 sich nicht von der Tätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum unterschieden habe mit dem einzigen Unterschied, dass der Kläger in der Zeit der Anstellung bestimmt habe, wann sie kämen, wann sie gingen und wann Feierabend sei. 

Mit Urteil vom 25. Oktober 2019 wies das Sozialgericht die Klage ab. Die Beklagte habe die Beigeladenen zu 1) bis 3) zu Recht als abhängig Beschäftigte angesehen. Insbesondere die Beigeladenen selbst hätten bei ihren Vernehmungen am 10. November 2015 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht das Arbeitsverhältnis so dargestellt, dass auf eine abhängige Beschäftigung geschlossen werden müsse. Die Beigeladenen hätten hierbei, teils gemeinsam mit dem Kläger, arbeitsteilig auf den Baustellen der P. GmbH gearbeitet. Angesichts der Bezahlung in Höhe von 10,00 bzw. 11,00 € pro Säule und einer Arbeitszeit zwischen 20 Minuten und einer Stunde pro Säule zeige sich, dass hieraus ein selbständiges Unternehmen mit Betriebsstätte, Kapital und ähnlichem nicht zu führen gewesen wäre. Des Weiteren verfüge die GbR weder über eine eigene Betriebsstätte, noch über Materialien oder Werkzeug in wesentlichem Umfang. Bei dem Büro in E-Stadt handele es sich letztlich um eine Briefkastenanschrift. Der Nachunternehmervertrag sei in keiner Weise tatsächlich umgesetzt, zum Teil schon nicht einmal verstanden worden. Er sei letztlich auf die Berater der Beteiligten zurückzuführen und habe zur Überzeugung der Kammer lediglich der Verschleierung der tatsächlich ausgeübten abhängigen Tätigkeit gedient. Die Beigeladenen seien selbst nicht werbend am Markt tätig geworden. Mit Ausnahme des Beigeladenen zu 3) sprächen sie kein bzw. nur bruchstückhaft Deutsch, mit typischen rechtlichen Begriffen aus dem Baugewerbe seien sie weder vertraut noch könnten sie diese verstehen. Abweichend vom Nachunternehmervertrag habe es keine Abschlagsrechnungen, keine korrekten Schlussrechnungen, keine separaten Auftragsschreiben und keine Leistungsverzeichnisse gegeben. Daran ändere sich nichts dadurch, dass die Beigeladenen angegeben hätten, dass man auf der Baustelle zusammen in die Pläne geschaut habe. Letztlich sei auch in keiner Weise feststellbar gewesen, welche Arbeiten von wem auf der Etage oder der Baustelle durchgeführt worden seien. Es seien ja auch noch andere Arbeiter vor Ort gewesen und der Kläger habe auch gearbeitet. Auch hätten die Beigeladenen behauptet, keine Gewährleistung übernommen zu haben, obwohl dies ausdrücklich im Nachunternehmervertrag so geregelt gewesen sei. Gewährleistungsansprüche hätte der Kläger auch gar nicht durchsetzen können, da angesichts des Umstandes, dass auch andere Arbeiter auf den Baustellen gearbeitet hätten, eine Schlechtleistung den Beigeladenen gar nicht hätte zugerechnet werden können. Letztlich habe auch der Kläger die Anweisungen auf der Baustelle erteilt. Bei dem Verkleiden der Säulen sei es nicht nötig gewesen, dass der Kläger konkret gesagt hätte, wie man eine Säule verkleide, da er dies den Beigeladenen am Anfang gezeigt und ihnen beigebracht habe. Er habe aber aufgrund der seinerseits erhaltenen Anweisungen von der Firma P. bestimmt, welche Baustelle in welchem Bauzeitenabschnitt und konkret welche Etagen zu bearbeiten seien. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten allenfalls selbst bestimmen können, in welcher Reihenfolge sie die Säulen verkleideten und wann sie Pausen machten; das Ende der Arbeitstage war demgegenüber schon durch den Kläger vorgegeben, der die Beigeladenen am Abend von der Baustelle abholte. Die formelle Gründung einer GbR, die erhaltene Freistellungsbescheinigung und Gewerbeanmeldung – alles auf Anraten ihrer Berater, um in Deutschland arbeiten zu können – seien völlig untergeordnete Indizien. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) hätten faktisch nicht über eine Betriebsstätte verfügt, kein Kapital eingesetzt und keinerlei unternehmerisches Risiko – nicht einmal, wie dargelegt, eine Gewährleistungspflicht – getragen. Die Beigeladenen hätten auch nicht über einen Toyota Firmenbus verfügt, weil es sich bei diesem Bus um ein Privatfahrzeug des Beigeladenen zu 1) gehandelt habe, welches in den Buchungsunterlagen der GbR nicht aufgetaucht sei. Selbst wenn teilweise mit zwei Bussen zur Arbeit gefahren worden sei, könne hieraus nicht auf die Selbständigkeit der Beigeladenen geschlossen werden. Insgesamt stehe zur Überzeugung der Kammer zweifelsfrei fest, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) lediglich ihre Arbeitskraft zu einem geringen Stundenlohn zur Verfügung gestellt hätten und von einer selbständigen Subunternehmertätigkeit nicht die Rede sein könne. Der Kläger seinerseits habe, davon sei auszugehen, bewusst die abhängige Beschäftigung verschleiern wollen. Deshalb sei bei ihm auch von vollem Vorsatz auszugehen. Ein Indiz hierfür sei schließlich auch, dass der Beigeladene zu 3) ab 2015/2016 sozialversicherungspflichtig für den Kläger tätig gewesen sei, wobei sich die Arbeit in keiner Weise von der zuvor ausgeübten unterschieden habe. Denn die Arbeitszeiten (Beginn und Ende) habe der Kläger faktisch auch schon zuvor für die Beigeladenen festgelegt. Auch die Nettolohnhochrechnung sei rechtlich nicht zu beanstanden. Da seitens des Klägers keine Unterlagen oder Aufzeichnungen geführt worden seien, sei das Vorgehen rechtmäßig. Schließlich seien angesichts des anzunehmenden Vorsatzes des Klägers auch die Säumniszuschläge zu Recht erhoben worden.

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 25. November 2019 zugegangene Urteil hat der Kläger anwaltlich vertreten am 23. Dezember 2019 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Das Sozialgericht sei teils von falschen Umständen ausgegangen, teils habe es die Fakten falsch bewertet. So hätten die Beigeladenen zu 1) bis 3) tatsächlich „in 2014/2015“ einen eigenen Kompressor gekauft, den sie ein Jahr lang benutzt hätten, wie der Beigeladene zu 1) als Zeuge im Strafverfahren bei seiner Vernehmung am 25. April 2017 ausgesagt habe. Vom Beginn ihrer Tätigkeit für den Kläger im Mai 2013 an habe die GbR auch über einen Toyota-Firmenbus verfügt. Kapital habe sie, wie bereits erstinstanzlich vorgetragen, ebenfalls eingesetzt. Dass die am Bau zu verarbeitenden Materialien von dem Hauptunternehmer, der Firma P., bereitgestellt worden seien, sei demgegenüber unschädlich. Die GbR sei, wie bereits dargestellt, auch für andere Auftraggeber tätig geworden. Vor Beginn ihrer Tätigkeit für den Kläger habe sie diesem eine Gewerbeanmeldung, die Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes, die Handwerkskarte und die U-Bescheinigung der Soka-Bau, die nur an Selbständige erteilt werde, vorgelegt. Alle Beigeladenen seien kranken- und unfallversichert gewesen, auch dazu habe die GbR dem Kläger Bescheinigungen der XY-Versicherung vorgelegt. Hinsichtlich des Nachunternehmervertrages sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass mindestens zwei der drei Beigeladenen über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt hätten, so dass der Kläger sich ohne Probleme mit ihnen habe verständigen können. Die Annahme, bereits das Fehlen ausreichender Sprachkenntnisse spreche gegen die Unternehmereigenschaft, sei insofern unzutreffend. Die Beigeladenen hätten sich ihre Arbeit am Bau im Rahmen der Vorgaben des Bauherrn selbst eingeteilt. An manchen Tagen seien sie nur zu zweit erschienen, bisweilen auch nur ein Gesellschafter. Die zu bearbeitenden Etagen seien bauseits vorgegeben gewesen; dass sie insoweit keine Entscheidungen hätten treffen können, spreche nicht gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit. Hinsichtlich der Gewährleistung gelte bereits die gesetzliche Gewährleistung nach § 633 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dass der Kläger bei Schlechtleistungen nicht auf einen einzelnen der Gesellschafter habe zurückgreifen können, sondern nur auf die GbR als solches, sei unschädlich. Die GbR habe ihm gegenüber gehaftet unabhängig davon, welcher der Gesellschafter eine Schlechtleistung zu verantworten gehabt hätte. Da es stets um dieselbe Art von Arbeit (Verkleidung von Säulen) gegangen sei, sei die Erstellung separater Auftragsschreiben oder Leistungsverzeichnisse entbehrlich gewesen. Die GbR habe als Entgelt 10,00 Euro pro Säule erhalten, woraus sich ein erheblich höherer Stundensatz ergebe. Im Übrigen sei die Überprüfung der internen Kalkulation nicht Aufgabe des Klägers. Schließlich sei es für den Kläger das erste Mal gewesen, dass er sich zur Ausführung angenommener Arbeitsaufträge auch der Arbeitskraft Dritter bedient habe; insofern habe ihm hier jede Erfahrung gefehlt. Selbst wenn die Beigeladenen zu 1) bis 3) objektiv keine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben sollten, habe er, der Kläger, angesichts der vorgenannten Gesamtumstände, insbesondere der ihm vorgelegten Papiere, auf die vorgebliche Selbständigkeit der Beigeladenen vertrauen dürfen. Er habe damit nicht vorsätzlich rechtswidrig eine Meldung zur Sozialversicherung nicht vorgenommen. Die Berechnung der Beitragsforderungen auf der Grundlage einer Nettolohn-Vereinbarung gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV sei daher nicht zulässig. 

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 25. Oktober 2019 und den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2018 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, 
die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet ihre Bescheide und das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Im Ergebnis seien die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht als Selbständige tätig geworden, sondern hätten lediglich ihre Arbeitskraft zu einem geringen Stundenlohn angeboten. Es habe sich um einfache Trockenbauarbeiten mit vom Auftraggeber bereitgestellten, bereits zugeschnittenen Fertigelementen gehandelt. Eigener Kapitaleinsatz, der ein Unternehmerrisiko begründe, sei nicht erfolgt. Insbesondere hinsichtlich der Existenz weiterer Auftraggeber sei noch einmal darauf hinzuweisen, dass die Tätigkeit für die Firma M. GmbH gemäß den Aussagen der Beigeladenen zu 1) und 2) zeitlich vor der Tätigkeit für den Kläger gelegen habe, und es zu der Tätigkeit der Beigeladenen für den Auftraggeber S. erst ab Mitte 2014 und nur aufgrund des gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungsverfahrens gekommen sei (Nachunternehmervertrag vom 10. Juli 2014). Soweit der Kläger auf § 633 BGB verweise, greife dieser nicht durch. Die Vorschrift regele die allgemeine Gewährleistung bei der Erbringung von Werkleistungen. Die Beigeladenen hätten aber keine abgrenzbaren Werkleistungen erbracht, sondern lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt.

Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt und sich im Berufungsverfahren nicht zur Sache geäußert. 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist, wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 25. Oktober 2019 sowie der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat darin zu Recht die gegenständliche Forderung in Höhe von 103.624,46 Euro gegen den Kläger festgesetzt, da die Beigeladenen zu 1) bis 3) im Zeitraum vom 1. Mai 2013 bis 31. Dezember 2014 im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für diesen tätig waren und hierfür Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen nicht entrichtet worden sind. 

An der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen keine Zweifel. Die Beklagte war für den Erlass des die Beitragsfestsetzung regelnden Verwaltungsakts sachlich zuständig. Nach § 28p Abs. 1 Satz 1 und 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen, insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre, und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Die Beklagte ist auch zur Überwachung des Umlageverfahrens nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) bzw. Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und § 358 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) sowie zum Erlass eines entsprechenden Umlagebescheids berechtigt (§ 10 AAG, § 359 Abs. 1 SGB III).

Die Bescheide sind auch materiell-rechtlich rechtmäßig. Der Kläger war als Arbeitgeber der Beigeladenen zu 1) bis 3) im streitgegenständlichen Zeitraum verpflichtet, den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zu zahlen (§ 28e Abs. 1 SGB IV). Für die Beigeladenen zu 1) bis 3) bestand Sozialversicherungs- und Beitragspflicht, da sie aufgrund ihrer Tätigkeit für den Kläger in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis standen. 

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SBG V -, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - SGB XI -, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI -, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der Senat angeschlossen hat (etwa Hessisches Landessozialgericht [HLSG], Beschluss vom 30. August 2017 – L 8 KR 21/17), erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, juris). 

Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, juris Rn. 16; stRspr.).

Das Sozialgericht ist anhand dieser Grundsätze zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, das die Beigeladenen zu 1) bis 3) in dem der Beitragsfestsetzung zu Grunde liegenden Zeitraum in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum Kläger standen. 

Der vorliegende Nachunternehmervertrag zwischen der „Firma A. Trockenbau“ und der „D. Trockenbau GbR“ ist für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen nur von geringer Aussagekraft. Denn nach den von den Beteiligten insoweit übereinstimmenden Darlegungen der tatsächlichen Umstände der Tätigkeit der Beigeladenen wurde der Vertrag in der Praxis in keinem seiner wesentlichen Punkte umgesetzt. So sollte Vertragsgegenstand „die selbständige Ausführung von jeweils separat spezifiziert vereinbarten Arbeiten“ sein (§ 1 des Vertrages), für die die Vergütung gemäß den für die jeweilige Baustelle zu erbringenden Leistungen in einem separaten Auftragsschreiben festgelegt und Abschlags- und Schlussrechnungen auf dieser Grundlage erstellt werden sollten. Maßgebend für die Art und den Umfang der auszuführenden Leistungen und Lieferungen sollten unter anderem das Auftragsschreiben, das Angebot des Generalunternehmers die jeweilige Baustelle betreffend einschließlich der vereinbarten Änderungen und Ergänzungen aufgrund der Verhandlungen, die in dem jeweiligen Protokoll festzuhalten seien, das Leistungsverzeichnis, Leistungsbeschreibung, der Bauzeitenplan sowie die einschlägigen neuesten DIN-Vorschriften, VDE- und VDI-Richtlinien sein. Der Nachunternehmer sollte jeweils bestätigen, sämtliche Ausschreibungsunterlagen erhalten zu haben, insbesondere die Leistungsbeschreibung und die Vormerkungen zum Leistungsverzeichnis, und auf dieser Grundlage die von ihm geforderte Leistung nach Ausführung, Art und Umfang vollständig kalkulieren (§ 2 des Vertrages). Die sich ergebende Vergütung sollte alles enthalten, was zur ordnungsgemäßen vollständigen und termingerechten Ausführung der Leistung notwendig sei; spätere Materialpreiserhöhungen oder sonstige Kostensteigerungen sollten nicht automatisch zu einer Änderung der vereinbarten Vergütung führen (§ 3 des Vertrages). Der genaue Arbeitsablauf und die Erbringung von Einzelleistungen innerhalb eines festen Terminplans sollten vereinbart und bei Nichteinhaltung der Vertragstermine der Nachunternehmer – die GbR – für alle Schäden und Nachteile haften (§ 5 des Vertrages). Weiterhin verpflichtete sich der Nachunternehmer, für seine Arbeiten nur einwandfreies Material zu verwenden und die Arbeiten durch geschultes, zuverlässiges Fachpersonal ausführen zu lassen sowie etwaige Mindestlohnvorschriften und Vorschriften über Mindestbedingungen am Arbeitsplatz einzuhalten (§ 6 des Vertrages). Dem Vertragstext lässt sich damit zwar kein konkreter Auftragsgegenstand entnehmen. Die gesamte Konstruktion der vertraglichen Regelungen unterstellt indes ein echtes Bau-Subunternehmer-Verhältnis zwischen dem Kläger als Generalunternehmer und der von den Beigeladenen zu 1) bis 3) betriebenen GbR als Nachunternehmerin, bei der konkrete Aufträge unterschiedlicher Art bei Einsatz ggf. auch dritter Arbeitskräfte und unter Verwendung von durch die GbR gestellten zu verbauenden Materials individuell ermittelt, ausgehandelt, kalkuliert und abzurechnen wären. In der Praxis stellte sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3) für den Kläger in hierzu kaum zu überbietendem Kontrast dar. Danach setzte der Kläger die Beigeladenen auf den von ihm akquirierten Baustellen der Firma P. GmbH als Arbeitskräfte zur Erfüllung seiner eigenen vertraglichen Verpflichtungen ein. Hierbei transportierte er die Beigeladenen zumeist in seinem eigenen Bus zu den Baustellen. Dort taten die Beigeladenen nichts anderes, als – so wie der Kläger es ihnen anfänglich einmal gezeigt hatte – bestimmte, ihnen vom Kläger ausgewiesene Säulen mit Brennschutzplatten zu versehen. Die Arbeit war insofern immer gleich. Material – das in die Preiskalkulation für einen Auftrag hätte mit eingestellt werden können – wurde tatsächlich vom Hauptauftraggeber gestellt, das wesentliche Werkzeug vom Kläger. Eine individuelle, auf einzelne Bauprojekte bezogene Preiskalkulation durch die Beigeladenen bzw. die GbR fand nicht statt. Stattdessen vereinbarten die Beteiligten auf Vorschlag des Klägers einmal am Anfang ihrer Zusammenarbeit eine Bezahlung in Höhe von 10 bzw. 11 € pro verkleideter Säule, die dann auf allen weiteren Baustellen – für die immer gleiche von den Beigeladenen verrichtete Arbeit – galt. Der Kläger bzw. in dessen Abwesenheit ein Vorarbeiter der P. GmbH überwachten die Arbeiten der Beigeladenen laufend und forderten, wenn diese im Einzelfall nicht zufriedenstellend waren, die sofortige Korrektur noch während der laufenden Arbeitszeit. Nach alledem bestand die damit tatsächlich gelebte (Vertrags-)Beziehung der Beigeladenen zu 1) bis 3) zu dem Kläger damit alleine darin, dass sie dem Kläger ihre persönliche Arbeitskraft nach dessen Vorgaben und zur Erfüllung von dessen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der P. GmbH zur Verfügung stellten. Wer als Erfüllungsgehilfe eine Dienstleistung für einen Auftraggeber erbringt, die dieser einem Dritten vertraglich als Hauptleistungspflicht schuldet, ist nach allgemeinen Grundsätzen indes auch typischerweise als in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert zu betrachten (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. November 2021 – L 14 KR 474/16 –, Rn. 112; Urteil vom 17. Februar 2021 – L 14 KR 52/16 –; Urteil vom 28. Oktober 2020 – L 9 KR 352/17 –, Rn. 36 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Juni 2020 – L 8 BA 78/18 –, Rn. 52; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 12/17 R -, Rn. 33; jeweils juris). Weisungen und Vorgaben der Kunden wirken dann gegenüber dem Erwerbstätigen, als ob sein Auftraggeber sie geäußert hätte; von den Kunden zur Verfügung gestellte Arbeits- und Betriebsmittel – wie hier den zu verbauenden Brandschutzplatten – kommt die gleiche Bedeutung zu wie den unmittelbar vom Auftraggeber überlassenen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 23. Juni 2022 – L 4 BA 52/18 –, juris Rn. 122). Dies gilt auch für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bis 3). Von einer selbständigen Durchführung baulicher Aufträge im Rahmen einer Subunternehmerstellung oder gar einem wesentlichen eigenen unternehmerischen Gestaltungsspielraum kann demgegenüber nach dem tatsächlichen Erscheinungsbild ihrer Tätigkeit nicht die Rede sein. 

Hinzu kommt, dass auch ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht erkennbar ist. Alle wesentlichen Kosten für die Tätigkeit auf den Baustellen wurden vom Kläger bzw. seiner Auftraggeberin, der P. GmbH, getragen. Arbeitsmaterialien, Arbeitsmittel und Werkzeuge, bis auf Kleinwerkzeuge, wurden den Beigeladenen gestellt. Die GbR-Gesellschafter setzten kein Kapital ein, sondern stellten nur ihre Arbeitskraft zur Verfügung, so wie es jeder Arbeitnehmer tut. Die von den Beigeladenen betriebene GbR verfügte weder über eine eigene Betriebsstätte oder auch nur Büroräume, noch über Materialien oder Werkzeug in wesentlichem Umfang. Der von ihnen genutzte Toyota Bus des Beigeladenen zu 1) gehörte diesem persönlich. Er fiel nicht ins Betriebskapital und tauchte auch nicht in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung auf. Die angegebene Firmenadresse gehörte zu dem Büro, das die Beigeladenen bei der Abwicklung ihrer Verträge sowie den erforderlichen Formalien gegenüber den Behörden unterstützte, nicht zu einem eigenen Büro der GbR. Die GbR verfügte nicht über Angestellte. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) waren auch nicht werbend in eigener Sache bzw. für die GbR am Markt tätig. Auf der Baustelle, auf der sie durch das Hauptzollamt angetroffen wurden, trugen sie Sicherheitswesten der Firma P. Im streitgegenständlichen Zeitraum haben sie im Wesentlichen nur für den Kläger gearbeitet. Soweit der Kläger auf die Tätigkeit der Beigeladenen für das Unternehmen M. verweist, lag diese zeitlich vor der Tätigkeit für den Kläger. Soweit die Beigeladenen in 2014 auch für S. arbeiteten, kam es hierzu erst durch Vermittlung des Klägers und nach der Überprüfung durch das Hauptzollamt, aufgrund derer die Beigeladenen nicht mehr für den Kläger arbeiten wollten. Die Beigeladenen haben hierbei für Herrn S. dieselben Tätigkeiten wie zuvor für den Kläger – und damit auch hier letztlich für die P. GmbH – ausgeführt. An der rechtlichen Bewertung ihrer Tätigkeit für den Kläger ändert sich hierdurch selbst bei einer partiellen zeitlichen Überschneidung der Tätigkeiten in 2014 nichts. Dies gilt umso mehr, als die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber ohnehin zwar Indiz für eine selbständige Tätigkeit sein kann, grundsätzlich aber die zu beurteilenden Tätigkeiten jeweils für sich zu betrachten sind, zumal auch mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse parallel denkbar sind. 

Soweit der Kläger im Übrigen darauf verweist, dass die Beigeladenen zu 1) bis 3) Kapital in Form von Übernachtungs- und Verpflegungskosten aufgewandt hätten, so folgt auch hieraus keine Unternehmerstellung. Die Beigeladenen zu 1) bis 3) setzten insoweit zwar finanzielle Mittel unmittelbar mit dem Zweck der Generierung von Einkommen bzw. der Schaffung der hierfür erforderlichen Voraussetzungen ein. Hierdurch entstand ihnen indes kein unternehmerisches Risiko, weil sie Übernachtungs- und Verpflegungsmehraufwendungen jeweils erst in Zusammenhang mit einem bestimmten Auftrag und dem damit kalkulierbar erforderlichen Aufenthalt vor Ort eingingen. Der Begriff des unternehmerischen Risikos setzt demgegenüber voraus, dass der Unternehmer in Erwartung von Erwerbsmöglichkeiten Finanzen und Arbeitsleistungen investiert und dabei das Risiko eingeht, dass sich das Investment nicht realisiert und somit auch ein Verlustrisiko des eingesetzten Kapitals besteht. In der Praxis bezieht sich das so verstandene unternehmerische Risiko in erster Linie darauf, dass der Unternehmer Betriebsräume, Arbeitsmittel und Materialien oder Waren beschafft und vorhält, Arbeitskräfte einstellt und bezahlt, womöglich auch bereits Produkte herstellt und diese oder die angebotenen Dienstleistungen unter Aufwendung von Kapital auf dem Markt bewirbt, ohne dass er sicher sein kann, dass die auf dem Markt angebotenen Waren oder Dienstleistungen überhaupt oder zu dem gewünschten oder wenigstens einem kostendeckenden Preis verkäuflich sind (so etwa das auch im Bescheid der Beklagten zitierte LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. Juli 2008 – L 10 R 248/06 –, juris, Rn. 88). Ein derartiges Risiko sind die Beigeladenen zu 1) bis 3) nicht eingegangen.

Die Beklagte hat auch die Höhe der festgesetzten Sozialversicherungsbeiträge in nicht zu beanstandender Weise ermittelt. 

Zutreffend hat die Beklagte die Beitragsnachberechnung auf der Grundlage einer Hochrechnung der von der GbR gegenüber dem Kläger in Rechnung gestellten Nettoentgelte auf ein fiktives Bruttoentgelt vorgenommen. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, so gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Der Begriff der illegalen Beschäftigung geht hierbei über die Fälle der einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer verabredeten „Schwarzarbeit“ hinaus. Erfasst sind alle Formen bewusster Zuwiderhandlungen des Arbeitgebers, bei denen der Verpflichtung nicht nachgekommen wird, Meldungen zur Sozialversicherung zu erstatten (§ 28a Abs. 1 SGB IV, § 111 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) und Beiträge für die Beschäftigten zu zahlen (§ 28e Abs. 1 SGB IV, § 266a Strafgesetzbuch [StGB]) (Werner, in: jurisPK-SGB IV, 4. Auflage, § 14 [Stand: 01.08.2021] Rn. 315, 326). 

Soweit hierbei Voraussetzung der jedenfalls bedingte Vorsatz des Klägers zur illegalen Beschäftigung ist, ist von einem solchen angesichts der Gesamtumstände auch zur Überzeugung des Senats auszugehen. Dass dem Kläger als Arbeitgeber bekannt war, dass Beschäftigte zur Sozialversicherung anzumelden sind, ist zu unterstellen. Der Kläger hat dies auch in Bezug auf seine bei ihm als sozialversicherungspflichtig gemeldete Ehefrau getan. Dass auch die Beigeladenen dem Kläger gegenüber weisungsgebunden und ohne unternehmerspezifische Eigenverantwortung wie Arbeitnehmer tätig waren, war angesichts der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit offensichtlich und auch für den Kläger zu erkennen. Die von den Beigeladenen beigebrachten schriftlichen Nachweise für ihre Unternehmereigenschaft waren nicht geeignet, dieses tatsächliche Bild zu modifizieren. Im Gegenteil spricht gerade der zwischen dem Kläger und der GbR geschlossene Nachunternehmervertrag dafür, dass dem Kläger sehr bewusst war, dass die Beigeladenen im Rahmen einer sog. Scheinselbständigkeit für ihn tätig waren. Denn der Vertrag stellt sich zwar formal als Subunternehmervertrag dar, der quasi sämtliche Elemente einer abhängigen Beschäftigung ausschließt. Die Beteiligten haben sich jedoch, wie bereits dargestellt, in keiner Weise an diese vereinbarten Regelungen gehalten, die Tätigkeit der Beigeladenen entsprach diesen in keiner Weise. Der Senat gewinnt hieraus die Überzeugung, dass der zwischen den Beteiligten geschlossene Nachunternehmervertrag letztlich nur der Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse dienen sollte, um die gesetzlichen Sozialabgabepflichten zu umgehen. Dies gilt umso mehr, als der Vertrag erst im August 2013 geschlossen wurde, nachdem die Beigeladenen bereits seit Mai 2013 für den Kläger gearbeitet hatten, den Beteiligten also vollständig bewusst war, dass die zwischen ihnen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen in keiner Form dem gelebten Vertragsverhältnis entsprachen.

Die auf der damit zutreffenden Annahme einer Nettolohnvereinbarung beruhende Hochrechnung der Beiträge wurde mit Blick auf ihre rechnerische Richtigkeit als solche von dem Kläger nicht in Abrede gestellt und ist auch seitens des Senats nicht zu beanstanden. 

Schließlich ist auch die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Säumniszuschläge nicht zu beanstanden. Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Arbeitgeber nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag in Höhe von 1 v.H. zu zahlen (§ 24 Abs. 1 SGB IV). Für Beiträge aufgrund einer Betriebsprüfung gilt dies nach § 24 Abs. 2 SGB IV nicht, soweit der Auftraggeber unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Von einer solchen unverschuldeten Unkenntnis kann im Falle der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung von vornherein nicht ausgegangen werden, da diese – wie dargelegt – ein entsprechendes Wissenselement definitionsgemäß voraussetzen. Die Beklagte hat damit zu Recht Säumniszuschläge für die Zeit ab dem 1. Mai 2013 berechnet. Auch insoweit gilt, dass die Berechnung als solche von dem Kläger nicht angegriffen wurde und Beanstandungen durch den Senat nicht veranlasst sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten, da diese weder einen Antrag gestellt noch ein Rechtsmittel eingelegt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
 

Rechtskraft
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