Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der den Festbetrag gem. § 36 Sozialgesetzbuch, fünftes Buch– Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) übersteigenden Kosten des von der Klägerin angeschafften Hörsystem Widex Unique 330-FS.
Die 1964 geborene Klägerin ist als Mitglied bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet unter einer an Taubheit grenzenden Minderung des Hörvermögens.
Im Jahr 2018 führte die Klägerin bei der Hörgeräte C. GmbH in C-Stadt wegen einer Verschlechterung ihres Hörvermögens eine Ausprobe verschiedener Hörsysteme durch. Dabei testete sie sowohl aufzahlungsfreie Geräte, als auch solche mit Eigenbeteiligung. Die Klägerin entschied sich danach für das Hörsystem Widex Unique 330-FS, welches ihr in ruhiger Umgebung ein Sprachverstehen von 50% und in geräuschvoller Umgebung ein Sprachverstehen von 20% ermöglichte. Dabei handelt es sich um ein nicht voll von der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) gezahltes Gerät. Das aufzahlungsfreie von der GKV gezahlte Hörgerät Magna 2 MG290-DVI ermöglichte in ruhiger Umgebung ein Sprachverstehen von 45 % und in geräuschvoller Umgebung von 20%.
Am 5. Dezember 2018 lieferte die Hörgeräte C. GmbH die Geräte Widex Unique 330-FS für beide Ohren an die Klägerin aus.
Am 21. Dezember 2018 sandte die Hörgeräte C. GmbH ein Schreiben an die Beklagte, in welchem sie Details zum Verlauf der Ausprobe der Hörgeräte darlegte und erklärte, dass die Klägerin die komplette Kostenübernahme für ihre Hörsysteme durch die Beklagte beantrage. Dabei verwies sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 17. Dezember 2009 - B3 KR 20/08 R wonach die Krankenkasse auch die Zuzahlung für leistungsstärkere und höherwertige Hörgeräte vollständig übernehmen müsse, wenn dadurch die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder für den Hörgeschädigten erreicht werde. Mit den Hörgeräten Widex Unique 330-FS würden die besten Ergebnisse erzielt.
Die Kosten für die beiden Hörgeräte des Typs Widex Unique 300-FS beliefen sich auf 4.510,00 €.
Am 24. Juli 2019 ging ein Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für die Hörgeräte bei der Beklagten ein.
Mit zwei identischen Bescheiden vom 25. Juli 2019 jeweils für ein Hörgerät teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie von den angefallenen Kosten insgesamt 1939,00 € abzüglich 20,00 € gesetzlicher Zuzahlung, im Ergebnis also 1939,00 € übernehme, die restlichen 2.591,00 € müsse die Klägerin selbst zahlen. Zu dem Bewilligungsbetrag sei eine angemessene Versorgung gewährleistet, eine höherwertige Versorgung werde nicht von der GKV bezahlt.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin mit Schreiben vom 14. August 2019 Widerspruch ein. Darin führte sie aus, dass ihr das gewählte Modell Hörgerät die Teilnahme an Gruppengesprächen, die Gesprächsführung in Räumen mit mehreren Leuten und das Telefonieren ermögliche, was mit keinem der zuzahlungsfreien Geräte möglich gewesen sei. Das Sprachverstehen sei mit dem Gerät Widex Unique 300-FS in ruhiger Umgebung gut gewesen, im Gegensatz zu den zuzahlungsfreien Geräten hätten auch wegen der hochgradigen Hörbehinderung schwer verständliche Worte verstanden werden können. Die Widex Geräte ermöglichten ihr eine Teilnahme am öffentlichen Leben. Mit den aufzahlungsfreien Geräten sei eine angemessene Versorgung gerade nicht gewährleistet. Bei zuzahlungsfreien Geräten habe es entweder Rückkopplungen gegeben oder sie habe kaum etwas gehört, das sei nur bei dem gewählten Modell besser. Sie trage die Hörgeräte von früh bis spät, diese seien für sie kein Luxus, sondern ein notwendiges Übel, um überhaupt am täglichen Leben teilzuhaben. Ein Anspruch ergebe sich auch nach den Maßstäben des BSG im Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 3 KR 20/08 R. Da die gewählten Hörgeräte einen Gebrauchsvorteil böten, seien sie zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich und überschritten nicht das Maß der Notwendigkeit.
Am 20. August 2019 legte die Hilfsmittelberaterin und Hörgeräteakustikmeisterin M. der Beklagten ihr Beratungsergebnis vor. Darin kam sie zu der Empfehlung, die Kosten der von der Klägerin gewünschten Versorgung nur im Rahmen der Vertragspreise zu übernehmen. Für eine höherwertige Versorgung bestehe aus fachlicher Sicht keine Notwendigkeit. Eine Versorgung zum Vertragspreis sei möglich. Der Messunterschied in Ruhe von 5% könne als Messtoleranz gewertet werden. Subjektive Empfindungen der Klägerin könnten nicht bewertet werden. Auch Geräte zum Vertragspreis verfügten über Rückkopplungsunterdrückungen.
In Kenntnis der Mitteilung dieses Beratungsergebnisses hielt die Klägerin den Widerspruch mit Schreiben vom 26. November 2019 ausdrücklich aufrecht.
Mit Schreiben vom 16. April 2020 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach Kontakt mit dem Akustiker gebe es keine nachvollziehbare Begründung für eine ausschließliche Versorgbarkeit der Klägerin mit den Hörgeräten Widex Unique 330-FS. Mit zuzahlungsfreien Geräten würden ausweislich der Anpassberichte vergleichbare Ergebnisse erzielt. Sie teilte mit, dass die Unterlagen jetzt an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Unter Verweis auf die §§ 31 Abs. 1, 34 Abs. 4, 12 Abs. 1 und 127 SGB V führte die Beklagte aus, dass das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits gelte, die Leistungspflicht der GKV aber durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt werde. Die Krankenkasse müsse nicht jede vom Versicherten gewünschte, von ihm für optimal gehaltene Versorgung zur Verfügung stellen. Wenn eine kostengünstige Alternative verfügbar sei, müsse keine teure bezahlt werden, wenn Vorteile nur in bestimmten Lebenssituationen zum Tragen kämen, wenn einer geringfügigen Verbesserung ein unverhältnismäßiger Mehraufwand gegenüberstehe, oder wenn es nicht um Funktionalität, sondern Bequemlichkeit, Komfort oder Ästhetik gehe.
Am 16. Juni 2020 hat die Klägerin Klage hiergegen vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.
Am 25. November 2020 hat die Klägerin eine Kopie einer Rechnung der Hörgeräte C. GmbH vom 23. November 2020 über 2.895,00 € vorgelegt.
Die Klägerin meint, der Bescheid der Beklagten in Gestalt des Widerspruchsbescheides sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Sie habe aus § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V einen Anspruch gerichtet auf Versorgung mit einem System, das einen möglichst vollständigen funktionellen Ausgleich ihrer Behinderung erreiche und an das Hörvermögen Gesunder angleiche.
Die Klägerin behauptet, dies sei bei dem System Widex Unique FS-330 der Fall, da dieses als einziges Gerät ein rückkopplungsfreies Hören und Verstehen ermögliche. Trotz diverser Tests habe sie kein gleichwertiges Gerät gefunden. Beruflich führe sie viele Telefonate, deshalb sei die Versorgung mit einem geeigneten Hörsystem besonders wichtig. Dass die aufzahlungsfreien Hörgeräte über geeignete Technik zur Rückkopplungsunterdrückung verfügen sollen, sei unrichtig.
Die Klägerin meint, sie habe gem. § 13 Abs. 3 S. 1 Var. 2 SGB V einen Anspruch auf Kostenübernahme in voller Höhe, da die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe und der Klägerin für die notwendige selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden seien. Sie habe die Rechnung für die Hörgeräte erst nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhalten und sich erst zum Erwerb der Geräte entschlossen, als die Beklagte ihren Antrag schon abgelehnt hatte. Die Beklagte habe vor Rechnungstellung Gelegenheit zur Prüfung des Antrags gehabt, der Beschaffungsweg sei daher eingehalten. Da die Klägerin nicht vom Hörgeräteakustiker auf die Einhaltung des Beschaffungsweges hingewiesen worden sei, sei die Leistungsablehnung und Kostenbelastung ohnehin nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu fingieren.
Die Klägerin beantragt:
den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für das Hörsysteme „Widex U_FS 330“ zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags verweist die Beklagte auf die Kassenakten und insbesondere auf ihren Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2020. Sie verweist außerdem auf die technische Hilfsmittelberatung der Hörakustikmeisterin.
Außerdem habe die Klägerin den gesetzlich festgeschriebenen Beschaffungsweg nicht eingehalten. Entscheidend sei nicht das Ausstellungsdatum der Rechnung, sondern wann sich Klägerin für die Geräte entschieden und diese erhalten habe. Die Rechnung und die ärztliche Verordnung wiesen als Auslieferungsdatum für die Hörgeräte den 5. Dezember 2018 aus, der Antrag auf Kostenübernahme sei aber erst am 24. Juli 2019 bei der Beklagten eingegangen.
Mit Verfügung vom 26. März 2021 hat das Gericht die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) angehört und eine Frist von drei Wochen zur Stellungnahme gesetzt.
Am 20. April 2021 hat die Beklagte sich mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt. Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2021 hat die Klägerin erklärt, mit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht einverstanden zu sein, da der Sachverhalt nicht geklärt und weiter aufklärbar sei und da durchaus Schwierigkeiten besonderer und tatsächlicher Art bestünden.
Entscheidungsgründe
Das Gericht kann gem. § 105 Abs. 1 S. 1 (SGG) ohne mündliche Verhandlung und gem. § 12 Abs. 1 S. 2 SGG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 1 S. 2 SGG mit Verfügung des Gerichts vom 26. März 2021 angehört worden. Das Einverständnis der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid ist nicht erforderlich.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Mai 2020 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der über den Festbetrag hinausgehenden Kosten der Hörgeräteversorgung.
Als Anspruchsgrundlage für die Erstattung bereits entstandener Kosten kommt allein § 13 Abs. 3 S. 1 SGB V in Betracht. Danach sind dem Versicherten die für eine selbstbeschaffte Leistung entstandenen Kosten in der angefallenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch Kosten entstanden sind.
Eine Kostenerstattung gem. § 13 Abs. 3 Satz 1 Var. 2 SGB V kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin den notwendigen sog. Beschaffungsweg nicht eingehalten hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG scheidet ein auf § 13 Abs. 3 S. 1 Var. 2 SGB V gestützter Erstattungsanspruch aus, wenn der Versicherte sich die Leistung verschafft hat, ohne vorher die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Beschluss vom 02.07.2015, B 3 KR 3/15 BH; BSG, Beschluss vom 21.02.2008, B 1 KR 123/07 B; BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R).
In der Rechtsprechung des BSG ist geklärt, dass eine Hilfsmittel-Leistung nicht schon mit ihrer Ausprobe und Auswahl selbst verschafft ist, da die Auswahl dem Hilfsmittelbewilligungsverfahren notwendig vorgeschaltet ist und deshalb außer in Fällen von Vorfestlegung als Anknüpfungspunkt für den Zeitpunkt der Hilfsmittelbeschaffung ausscheidet. Anspruchshindernd ist deshalb erst ein endgültiges Verpflichtungsgeschäft im Verhältnis zwischen dem Versicherten und dem Leistungserbringer, wonach der Leistungserbringer auch im Falle der Ablehnung des Leistungsbegehrens durch den Träger eine Bezahlung des Hilfsmittels verlangen kann (vgl. BSG, Urteil vom 24. 1. 2013 – B 3 KR 5/12 R, Rn. 44).
Nicht anspruchshindernd sind danach Auswahlentscheidungen, die den Versicherten nicht endgültig binden und die üblicherweise für den Leistungsantrag Voraussetzung sind, wie die Prüfung der Eignung und die Anpassung der fraglichen Hörgeräte oder auch eine probeweise Überlassung der Hörgeräte. Eine endgültige rechtliche Verpflichtung des Versicherten gegenüber dem Leistungserbringer vor Stellung des Leistungsantrags verletzt hingegen den Beschaffungsweg und schließt eine Kostenerstattung aus (BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R, Rn. 14).
Für eine Vorfestlegung der Klägerin vor Ausprobe der verschiedenen Hörsysteme gibt es keine Anhaltspunkte. Nach einer Würdigung aller Umstände des Einzelfalls ist das Gericht allerdings überzeugt, dass spätestens mit Auslieferung der Hörgeräte an die Beklagte, die bereits am 5. Dezember 2018 erfolgte, ein Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Hörgeräte C. GmbH endgültig geschlossen wurde, der die Klägerin einer Honorarforderung der Hörgeräte C. GmbH unabhängig von der Bewilligung des Leistungsantrags durch die Beklagte aussetzte. Ob bereits das Schreiben der Firma C. vom 21. Dezember 2018 als Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme zu werten ist, oder erst der Antrag der Klägerin vom 24. Juli 2019 kann offenbleiben, da beide Zeitpunkte nach Vertragsschluss liegen.
Der Gesamtcharakter der Transaktion zwischen der Klägerin und der C. GmbH weist auf einen endgültigen Vertragsschluss hin. Die Auslieferung der Hörgeräte am 5. Dezember 2018 an die Klägerin erfolgte ohne irgendeinen Vorbehalt, sie erfolgte nicht nur zur Erprobung der Hörgeräte, sondern diese verblieben endgültig bei der Klägerin. Dass dies von vorneherein so beabsichtigt war, zeigt sich auch daran, dass die Hörgeräte C. GmbH sie im Folgejahr zu keinem Zeitpunkt, auch nicht nach Antragsablehnung durch die Beklagte, von der Klägerin zurückforderte, was bei wirtschaftlicher Betrachtung nur dann Sinn ergibt, wenn die C. GmbH davon ausging, in jedem Fall, unabhängig von der Entscheidung der Beklagten, von der Klägerin die Kostenforderung beglichen zu bekommen.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass es sich um einen Kauf auf Probe gem. § 454 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) handelte. Nach den vorgelegten Anpassberichten war die Ausprobe verschiedener Hörsysteme abgeschlossen, es wurden auch keine anderen Hörsysteme probeweise auf Zeit überlassen. Eine Evaluation der Leistung des Hörsystems nach einer bestimmten Zeitspanne erfolgte nicht.
Die Argumentation der Klägerin, die Kaufentscheidung sei erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids durch die Beklagte gefallen, vermag das Gericht nicht zu überzeugen. Im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch am 18. Mai 2020 durch die Beklagte hatte die Klägerin die Hörgeräte bereits seit etwa eineinhalb Jahren ohne Unterbrechung im Gebrauch. Dass die Hörgeräte C. GmbH nach dieser Zeit zu einer kostenfreien Rücknahme der Geräte nach einer ablehnenden Entscheidung der Beklagten bereit gewesen wäre, ist lebensfremd. Eine derart lange Überlassung spricht für einen endgültigen Vertragsschluss. Dass die C. GmbH zu einer Stundung des Kaufpreises bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens bereit war und erst am 23.11.2020 eine bis 03.12.2020 zahlbare Rechnung ausstellte, ändert nichts daran, dass bereits mit Auslieferung der Geräte ein endgültiger Kaufvertrag geschlossen wurde, durch den sich die Klägerin einer Honorarforderung ausgesetzt sah. Diese endgültige rechtliche Verpflichtung ohne Einhaltung des Beschaffungswegs schließt die Verpflichtung zur Übernahme der den Festpreis übersteigenden Mehrkosten aus.
Unabhängig davon, würde ein Anspruch auf Kostenerstattung aber auch unter der Annahme der Einhaltung des sog. Beschaffungswegs nicht bestehen. Der Erstattungsanspruch gem. § 13 Abs. 3 S. 1 Var. 2 SGB V reicht nach ständiger Rechtsprechung des BSG nicht weiter, als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Leistung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (BSG, Urteil vom 24.09.1996 - 1 RK 33/95; BSG Urteil vom 17.12.09 B 3 KR 20/08 R, Rn. 10).
Nach § 33 Abs. 2 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind. Gem. § 33 Abs. 1 S. 9 SGB V haben Versicherte die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen, wenn sie Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen.
Danach besteht ein Anspruch auf Hörhilfen, die weder ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens sind, noch gem. § 34 Abs. 4 SGB V aus der GKV-Versorgung ausgeschlossen sind, soweit sie im Rahmen des Notwendigen und Wirtschaftlichen gem. § 12 Abs. 1 SGB V für den von der GKV geschuldeten Behinderungsausgleich erforderlich sind. Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. In diesem Bereich ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich vom Ziel eines vollständigen funktionellen Ausgleichs geleitet. Versicherte müssen sich deshalb nicht auf einen Basisausgleich verweisen lassen (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 17. 12. 2009 - B 3 KR 20/08 R, Rn. 15 ff.).
Dennoch ist dieser Anspruch durch das Wirtschaftlichkeitsgebot aus § 12 Abs. 1 SGB V begrenzt. Danach müssen Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen und darf die Krankenkasse nicht bewilligen. Deshalb haben Versicherte gem. § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V keinen Anspruch auf jede gewünschte und von ihnen für optimal gehaltene Versorgung. Ansprüche auf teure Hilfsmittel sind deshalb ausgeschlossen, wenn eine kostengünstigere Versorgung den angestrebten Nachteilsausgleich ebenso gut erreicht. Eine kostenaufwendige Versorgung kann hingegen verlangt werden, wenn sie gegenüber einer kostengünstigeren Alternative einen wesentlichen Gebrauchsvorteil bietet. In diesem Fall dürfen Versicherte nicht darauf verwiesen werden, dass lediglich eine Versorgung zum gem. § 36 Abs. 1 SGB V festgesetzten Festpreis übernommen wird. Wenn einer geringfügigen Verbesserung des Nutzens hingegen ein als unverhältnismäßig einzuschätzender Mehraufwand gegenübersteht, kann die Leistungspflicht begrenzt sein. Eine Leistungspflicht besteht auch nicht, wenn eine Innovation nicht die Funktionalität betrifft, sondern in erster Linie den Komfort oder die Ästhetik (BSG, Urteil vom 17. 12. 2009 - B 3 KR 20/08 R, Rn. 21).
Vorliegend war eine Versorgung der Klägerin zum Festpreis möglich, sodass kein Anspruch auf höherwertige Versorgung bestand. Das von der Klägerin ausgewählte Hörsystem Widex U FS-330 bietet höchstens geringfügige Vorteile gegenüber dem zuzahlungsfreien Hörsystem Magna 2 MG290-DVI. In einer Umgebung mit Störgeräuschen ermöglichen beide Geräte ein Sprachverstehen von 20%. Lediglich in ruhiger Umgebung ermöglicht das von der Klägerin gewählte System 50% Sprachverstehen gegenüber 45% Sprachverstehen bei Nutzung des zuzahlungsfreien Geräts. Das Gericht schließt sich der Auffassung an, dass die Abweichung von lediglich 5% im Toleranzbereich liegt und nicht den Schluss zulässt, dass das Gerät Widex U FS-330 ein signifikant besseres Hören ermöglicht (ebenso zu einem im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalt LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20.10.2009 - L 11 KR 1229/09, Rn. 41). Soweit die Klägerin sonstige Vorteile empfindet, ergeben sich diese nicht aus der Dokumentation der Ausprobe der Hörsysteme und wurden auch auf Rückfrage der Beklagten vom Hörgeräteakustiker nicht nachvollziehbar dargelegt. Weshalb das ansonsten gleichwertige Hörsystem Magna 2 MG290-DVI nicht rückkopplungsfrei eingestellt werden konnte, konnte der Akustiker auch auf mehrmalige Nachfrage nicht in einer Weise begründen, die den Schluss rechtfertigen würde, allein das gewählte Hörsystem sei zum Ausgleich der Beeinträchtigung der Klägerin geeignet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.