B 2 U 5/22 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 R 250/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 175/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 5/22 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Das Recht, Vorschlagslisten zu der Wahl der Vertreterversammlung für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte einzureichen, setzt für berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft sowie deren Verbände voraus, dass sie als Zusammenschluss von in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung versicherten Personen vorrangig deren Interessen vertreten.

 

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 2022  L 9 U 175/18  aufgehoben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018  S 11 R 250/17  zurückgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner auch die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.


G r ü n d e :

I

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2017 durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ungültig ist und wiederholt werden muss.

2
Zur Vorbereitung der bei der Beklagten durchzuführenden Sozialversicherungswahlen im Jahr 2017 bestellte der Vorstand der Beklagten einen Wahlausschuss. Dieser setzte das Unterschriftenquorum für sog freie Vorschlagslisten von Versicherten, Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und Arbeitgebern auf 1000 fest. Die Kläger zu 1 und 2, die Verbände von Vereinigungen von Jägern sind, reichten eine gemeinsame Vorschlagsliste für die Wahl der Vertreterversammlung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte mit dem Kennwort "Jagd" ein. Der Kläger zu 3 wurde als Listenvertreter benannt; die Kläger zu 4 und 5 kandidierten auf den Listenplätzen 2 und 3 dieser Liste. Der Wahlausschuss ließ die Liste unter Streichung des Kennwortes mit der Bezeichnung "Freie Liste" und Nennung der Namen von fünf Vorgeschlagenen zu. Die gegen die Änderung der Listenbezeichnung eingelegte Beschwerde des Klägers zu 3 wies der Bundeswahlausschuss zurück. Die Kläger zu 1 und 2 seien keine vorschlagsberechtigten berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft. Deshalb könne die Liste nur als freie Liste mit den Namen der Vorgeschlagenen und dem entsprechenden Zusatz zugelassen, das Kennwort "Jagd" jedoch nicht verwendet werden. Die Anträge auf Wahlausweise übersandte die Beklagte sodann vor der Wahl an die in ihrem Mitgliederverzeichnis eingetragenen Unternehmer. Diese bat sie, Kopien der Anträge von nicht im Unternehmensverzeichnis geführten wahlberechtigten Mitunternehmern, Pächtern, Erben und Besitzgemeinschaften ausfüllen und deren Wahlberechtigung durch Übersendung entsprechender Unterlagen belegen zu lassen. Die als freie Liste zugelassene gemeinsame Vorschlagsliste erhielt durch die Wahl zur Vertreterversammlung einen Sitz in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte.

3
Das SG hat die Klage, die Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte für ungültig zu erklären, abgewiesen (Urteil vom 9.8.2018). Die Wahl ausschließlich im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung verletze keine bundesrechtlichen Wahlvorschriften. Der Wahlausschuss sei nicht fehlerhaft besetzt gewesen. Das Unterschriftenquorum habe er zutreffend festgesetzt. Zu Recht habe er auch die Liste mit dem Kennwort "Jagd" lediglich als freie Liste unter Verwendung der Namen der Vorgeschlagenen zugelassen, denn die Kläger zu 1 und 2 seien keine vorschlagsberechtigten berufsständischen Personenvereinigungen oder Verbände der Landwirtschaft. Hinsichtlich der weiteren Durchführung der Wahl lägen ebenfalls keine mandatsrelevanten Wahlfehler vor.

4
Dagegen hat das LSG auf die Berufung der Kläger festgestellt, dass die im Jahr 2017 in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte durchgeführte Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten ungültig ist und wiederholt werden muss (Urteil vom 28.1.2022). Zu Unrecht habe der Wahlausschuss die Sozialwahl nur in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durchgeführt und dadurch die Alters- und Erwerbsminderungsrentner, die in den anderen Zweigen der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV) versichert gewesen seien, von ihrem aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen. Zwar hätten in der Vergangenheit Sozialwahlen nur in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung stattgefunden, weil die Vertreterversammlungen der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften zugleich die Vertreterversammlungen der anderen Zweige der LSV gewesen seien (sog Organleihe). Mit der Neuorganisation eines bundeseinheitlichen Sozialversicherungsträgers für alle vier Zweige der landwirtschaftlichen Unfall, Renten, Kranken und Pflegeversicherung zum 1.1.2013 finde eine Beschränkung des Wahlrechts auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung im Gesetz aber keine Stütze mehr. Der Wahlfehler wiege schwer und sei mandatsrelevant.

5
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV. Die Wahl zur Vertreterversammlung sei auch bei den Wahlen 2017 allein im Zweig der gesetzlichen Unfallversicherung durchzuführen gewesen. Der Gesetzgeber habe das Wahlrecht weder mit der Neuorganisation der LSV zum 1.1.2013 noch später geändert. Auch im Übrigen lägen keine mandatsrelevanten Wahlfehler vor.

6
Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. Januar 2022  L 9 U 175/18  aufzuheben und die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 9. August 2018  S 11 R 250/17  zurückzuweisen.

 

7
Die Kläger beantragen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

8
Sie halten das Urteil des LSG für zutreffend, denn die Beschränkung des Wahlrechts auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung sei weder dem Gesetz zu entnehmen noch verfassungsrechtlich zulässig. Auch lägen weitere mandatsrelevante Wahlmängel vor. Diese beträfen die Bestellung des Wahlvorstands, die Festsetzung des Unterschriftenquorums, die Zulassung der Liste der Kläger zu 1 und zu 2 lediglich als freie Liste ohne das Kennwort "Jagd", die Abänderung des Textes der zur Information der Wahlberechtigten erfolgten Veröffentlichung der Liste, die Ausstellung von Wahlausweisen, die Übersendung von Wahlunterlagen sowie die Auszählung der Stimmzettel.


II

9
Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Zu Unrecht hat das LSG das erstinstanzliche Urteil aufgehoben, die Sozialwahl 2017 zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte für ungültig erklärt und deren Wiederholung angeordnet. Die Wahlanfechtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Die Durchführung der Wahl durch die Beklagte ausschließlich im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung steht im Einklang mit den bundesrechtlichen Wahlvorschriften. Auch sonst liegen keine zur Ungültigkeit der Wahl führenden Wahlfehler vor.

10
Der Senat ist nicht gehindert, das klageabweisende Urteil des SG zu bestätigen, obwohl weder die gewählten Vertreter noch der Bundeswahlbeauftragte zum Verfahren beigeladen worden sind. Gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG sind Dritte zu einem Rechtsstreit beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Es kann dahinstehen, ob diese Voraussetzung hier vorliegt (in diesem Sinne BSG Urteil vom 23.4.1975  2/8 RU 62/73  BSGE 39, 244, 252 = SozR 5334 Art 3 § 1 Nr 1 S 10 <noch zum Selbstverwaltungsgesetz  SVwG>) oder aufgrund der Besonderheiten des Wahlanfechtungsverfahrens nicht erfüllt ist (so BSG Urteile vom 8.9.2015  B 1 KR 28/14 R  BSGE 119, 286 = SozR 42400 § 48 Nr 2, RdNr 9; vom 14.10.1992  14a/6 RKa 58/91  BSGE 71, 175, 180 f = SozR 31500 § 55 Nr 14 S 26 und vom 23.9.1982  8 RK 19/82  BSGE 54, 104, 105 f = SozR 2100 § 57 Nr 1 S 2). Denn die Zurückweisung der Sache an das LSG wegen einer unterlassenen notwendigen Beiladung ist nicht erforderlich, wenn sich im Revisionsverfahren ergibt, dass die zu treffende Entscheidung aus Sicht des Revisionsgerichts die potentiell Beizuladenden weder verfahrens- noch materiell-rechtlich benachteiligt (vgl BSG Urteile vom 20.3.2018  B 2 U 13/16 R  BSGE 125, 219 = SozR 42700 § 2 Nr 41, RdNr 2324 mwN und vom 24.10.2013  B 13 R 35/12 R  SozR 42600 § 118 Nr 12 RdNr 18; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 75 RdNr 13c mwN; Straßfeld in Roos/Wahrendorf/Müller, SGG, 2. Aufl 2022, § 75 RdNr 342). Dies ist hier der Fall, weil die Klageabweisung in keine Rechtsposition der gewählten Vertreter oder des Bundeswahlbeauftragten eingreift. Insoweit bedurfte es auch keiner Beiladung mit Zustimmung der potentiell Beizuladenden im Revisionsverfahren (§ 168 Satz 2 SGG).

11
A. Die Wahlanfechtungsklage ist zulässig. Gegenstand der Wahlanfechtung ist allein "die Wahl" (§ 57 Abs 2 SGB IV) als solche, nicht dagegen der Beschluss des Wahlausschusses, auf dem der vermeintliche Wahlfehler beruht (BSG Urteil vom 8.9.2015  B 1 KR 28/14 R  BSGE 119, 286 = SozR 42400 § 48 Nr 2, RdNr 13 mwN). Die Kläger haben die Anfechtung im ersten Rechtszug zulässigerweise auf die Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte beschränkt. Die Möglichkeit, den gerichtlichen Prüfungsumfang im Rahmen der Dispositionsmaxime (§ 123 SGG) von sich aus zu begrenzen, ist mit der objektiv-rechtlichen Zielsetzung des Wahlanfechtungsverfahrens vereinbar, das vorrangig den gesetzmäßigen Ablauf der Wahl und die gesetzmäßige Zusammensetzung des zu wählenden Organs im öffentlichen Interesse sichern und subjektive Rechte allenfalls nachrangig schützen soll (BSG Urteile vom 14.10.1992  14a/6 RKa 58/91  BSGE 71, 175 = SozR 31500 § 55 Nr 14 = juris RdNr 24 und grundlegend vom 14.6.1984  1/8 RK 18/83  BSGE 57, 42 = SozR 2100 § 48 Nr 1 = juris RdNr 30; vgl auch BVerfG Beschluss vom 23.11.1993  2 BvC 15/91  BVerfGE 89, 291, 298 = juris RdNr 37 und vom 1.9.2009  2 BvR 1928/09  BVerfGK 16, 153 = juris RdNr 11). Die Teilanfechtung der Wahl zur Vertreterversammlung ist zulässig, weil sie sich auf abgrenzbare Teile der gesamten Wahl bezieht, dh der angegriffene Teil  hier der Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte  nicht in einem untrennbaren rechtlichen Zusammenhang mit den übrigen Teilen  hier den Wahlen in den übrigen Gruppen der Versicherten und Arbeitgeber  steht. Denn nach § 46 Abs 1 SGB IV wählen die Versicherten, Arbeitgeber und Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte die Vertreter ihrer Gruppen in die Vertreterversammlung getrennt aufgrund gesonderter Vorschlagslisten. Die Wahlen erfolgen damit unabhängig voneinander; Fehler bei der Wahl in einer Gruppe wirken sich nicht auf die Wahlen in den übrigen Gruppen aus (Schmitt, SGb 2022, 403, 406). Diese rechtliche Eigenständigkeit der Wahlen in den jeweiligen Gruppen rechtfertigt die Zulässigkeit entsprechender Teilanfechtungsklagen in Wahlprüfungsverfahren (so im Ergebnis auch BSG Urteile vom 8.9.2015  B 1 KR 28/14 R  BSGE 119, 286 = SozR 42400 § 48 Nr 2; vom 13.9.2005  B 2 U 21/04 R  SozR 42400 § 57 Nr 2 sowie vom 15.11.1973  3 RK 57/72  BSGE 36, 242, 243 = SozR Nr 1 zu § 7 SVwG; vgl auch BAG Beschluss vom 12.2.1960  1 ABR 13/59  BetrR 1960,188 = juris RdNr 9 f).

12
Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrenshindernisse, die einer Sachentscheidung entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Die Wahlanfechtungsklage ist statthaft, weil die Kläger Entscheidungen bzw Maßnahmen angreifen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren beziehen (§ 57 Abs 1 SGB IV). Sie rügen, bestimmte Rentenbezieher seien von der Wahl rechtswidrig ausgeschlossen worden und es lägen weitere, das Wahlergebnis beeinflussende Mängel des Wahlverfahrens vor. Die in subjektiver Klagehäufung als notwendige Streitgenossen (§ 74 SGG iVm § 62 Abs 1 ZPO) klagenden Kläger zu 1 bis 5 gehören auch zum Kreis der Anfechtungsberechtigten iS des § 57 Abs 2 SGB IV. Nach dieser Vorschrift können die in § 48 Abs 1 SGB IV genannten Personen und Vereinigungen, der Bundeswahlbeauftragte und der zuständige Landeswahlbeauftragte die Wahl durch Klage gegen den Versicherungsträger anfechten. Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und 4 SGB IV kann die Wahl ua von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft sowie deren Verbänden, von Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte sowie von freien Listen angefochten werden. Die Kläger zu 1 und 2 sind danach zur Anfechtung berechtigt, denn sie machen geltend, als Jagdverbände zu den in § 48 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB IV genannten berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft bzw der entsprechenden Verbände zu gehören. Der Kläger zu 3 ist als Listenvertreter und Listenträger der zugelassenen freien Liste anfechtungsberechtigt. Er vertritt diese Liste, die selbst nicht klagen kann (vgl zur Anfechtungsbefugnis eines Listenträgers einer freien Liste BSG Urteil vom 16.12.2003  B 1 KR 26/02 R  BSGE 92, 59SozR 42400 § 48 Nr 1, juris RdNr 17). Die Kläger zu 4 und 5 sind als Jagdunternehmer ohne fremde Arbeitskräfte zur Wahlanfechtung berechtigt. Dass der Kläger zu 4 inzwischen auf einen Sitz in der Vertreterversammlung nachgerückt ist, lässt seine Anfechtungsberechtigung nicht entfallen. Die Wahlanfechtungsklage kann gemäß § 57 Abs 2 SGB IV durch die dort genannten Personen und Personenvereinigungen unabhängig von deren persönlicher Betroffenheit in eigenen Rechten erhoben werden, denn sie dient nicht dem Schutz subjektiver Rechte des Wählers, einer vorschlagsberechtigten Vereinigung oder eines zu wählenden Kandidaten, sondern der Einhaltung des objektiven Rechts (vgl dazu BSG Urteile vom 14.10.1992  14a/6 RKa 58/91  BSGE 71, 175SozR 31500 § 55 Nr 14, juris RdNr 24 und vom 6.2.1991  1 RR 1/89  BSGE 68, 132139 = SozR 32400 § 57 Nr 1, juris RdNr 18). Des Weiteren haben die Kläger die einmonatige Klagefrist eingehalten (§ 57 Abs 3 Satz 2 SGB IV). Das vor der Klageerhebung für deren Zulässigkeit erforderliche Rechtsbehelfsverfahren wurde durchgeführt (vgl § 57 Abs 4 SGB IV iVm § 24 Abs 1 SVWO idF der Zweiten Verordnung zur Änderung der SVWO vom 10.11.2003  BGBI I 2274). Die hinsichtlich der Änderung der Listenbezeichnung und des Kennwortes eingelegte Beschwerde gegen die Entscheidung des Wahlausschusses wurde durch den Bundeswahlausschuss zurückgewiesen; andere Rechtsbehelfe waren nicht gegeben. Der Durchführung eines Vorverfahrens iS von §§ 83 ff SGG bedurfte es gemäß § 57 Abs 3 Satz 3 SGB IV nicht.

13
B. Die Wahlanfechtungsklage ist unbegründet. Die Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ist gültig und ist nicht zu wiederholen, denn es liegen keine mandatsrelevanten, zur Ungültigkeit der Wahl führende und die Anordnung einer erneuten Wahl rechtfertigende Wahlfehler vor.

14
Wahlfehler sind Verletzungen von Wahlrechtsvorschriften. Ausgenommen sind solche Rechtsverstöße, die das Ergebnis der Wahl nicht beeinflusst haben können (sog mandatsirrelevante Wahlmängel, vgl BSG Urteile vom 8.9.2015  B 1 KR 28/14 R  BSGE 119, 286 = SozR 42400 § 48 Nr 2, RdNr 27; vom 16.12.2003  B 1 KR 26/02 R  BSGE 92, 59SozR 42400 § 48 Nr 1, RdNr 22; vom 28.1.1998  B 6 KA 98/96 R  BSGE 81, 268, 270 f = SozR 32500 § 80 Nr 3 S 22 und vom 14.6.1984  1/8 RK 18/83  BSGE 57, 42, 45 = SozR 2100 § 48 Nr 1 S 5; vgl auch die Begründung zum Regierungsentwurf eines § 58 SGB IV, BTDrucks 7/4122, S 36: "Zu § 58 ist zu bemerken, daß in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht eine Wahlanfechtung keinen Erfolg haben kann, wenn durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte; ein ausdrücklicher Hinweis hierauf im Gesetz erscheint entbehrlich"). Die Wahl zur Vertreterversammlung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ausschließlich im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung verletzte keine bundesrechtlichen Wahlvorschriften; der Senat ist auch nicht von deren Verfassungswidrigkeit überzeugt, sodass eine Aussetzung des Verfahrens zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht zu erfolgen hat (dazu I.). Auch lagen keine sonstigen mandatsrelevanten Mängel dieser Wahl vor (dazu II.). Deshalb durfte auch keine Wahlwiederholung angeordnet werden (dazu III.).

15
I. Mit seiner Entscheidung, die Wahl zur Vertreterversammlung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ausschließlich im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durchzuführen, hat der Wahlausschuss der Beklagten keine bundesrechtlichen (§ 162 SGG) Wahlvorschriften verletzt. Nach § 45 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV in seiner bis zum 24.6.2020 geltenden Fassung (der Neubekanntmachung des SGB IV vom 12.11.2009, BGBl I 3710) sind die Sozialversicherungswahlen frei und geheim. Die Versicherten und die Arbeitgeber wählen die Vertreter ihrer Gruppen in die Vertreterversammlung getrennt aufgrund von Vorschlagslisten; das Gleiche gilt bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau zusätzlich für die Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (§ 46 Abs 1 SGB IV idF des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung  LSV-Neuordnungsgesetz  LSVNOG vom 12.4.2012, BGBl I 579). Zu deren Gruppe gehören gemäß § 47 Abs 3 SGB IV idF des LSVNOG die versicherten Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und ihre versicherten Ehegatten oder Lebenspartner; dies gilt nicht für Personen, die in den letzten zwölf Monaten 26 Wochen als Arbeitnehmer in der Land oder Forstwirtschaft unfallversichert waren (Nr 1) sowie die Rentenbezieher, die der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben (Nr 2). Wer gleichzeitig die Voraussetzungen der Zugehörigkeit zu den Gruppen der Versicherten und der Arbeitgeber oder der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte desselben Versicherungsträgers erfüllt, gilt nur als zur Gruppe der Arbeitgeber oder der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehörig (§ 47 Abs 4 SGB IV). Rentenbezieher im Sinne der Vorschriften über die Selbstverwaltung ist, wer eine Rente aus eigener Versicherung von dem jeweiligen Versicherungsträger bezieht (§ 47 Abs 5 SGB IV). Wahlberechtigt bzw wählbar unter jeweils weiteren Voraussetzungen ist, wer am Tag der Wahlausschreibung (Stichtag für die Wählbarkeit) bzw an dem in der Wahlausschreibung bestimmten Tag (Stichtag für das Wahlrecht) bei dem Versicherungsträger zu einer der Gruppen gehört, aus deren Vertretern sich die Selbstverwaltungsorgane des Versicherungsträgers zusammensetzen (§ 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB IV und § 51 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB IV). Die Selbstverwaltungsorgane (Vertreterversammlung und Vorstand, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB IV) setzen sich bei der Beklagten  in Abweichung vom Regelfall der paritätischen Besetzung durch Versicherte und Arbeitgeber (§ 29 Abs 2 SGB IV)  je zu einem Drittel aus Vertretern der versicherten Arbeitnehmer (Versicherten), der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der Arbeitgeber zusammen (sog Drittelparität, § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV).

16
Das BSG hat sich noch nicht mit der Frage beschäftigt, ob Bezieher einer Versichertenrente aus der Alterssicherung der Landwirte (AdL) auch dann in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte aktiv und passiv wahlberechtigt sind, wenn sie weder in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert sind noch Verletztenrente aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung erhalten (sog unversicherte AdL-Einfachrentner). Während das SG Kassel (Beschluss vom 13.4.2017  S 9 U 3/17 ER  juris) und der 2. Senat des Hessischen LSG (Beschluss vom 12.5.2017  L 2 AR 1/17 B ER  juris) die Frage im einstweiligen Rechtschutzverfahren verneint haben, hat sie  anders als zuvor das SG (Urteile vom 9.8.2018  S 11 R 246/17, S 11 R 248/17 und S 11 R 250/17, alle juris)  der 9. Senat des Hessischen LSG bejaht (Hessisches LSG Urteile vom 28.1.2022  L 9 U 173/18, L 9 U 174/18 und L 9 U 175/18, alle juris). Der zuletzt genannten Ansicht hat sich ein Teil der Literatur angeschlossen (Bünnemann in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.6.2022, § 47 RdNr 17; Palsherm, jurisPK-SGB IV, Stand 10.3.2022, § 47 SGB RdNr 39.1). Überwiegend wird die Wahlberechtigung jedoch abgelehnt (Becher/Plate, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Stand Juni 2021, § 44 Anm 3.1; Rombach, Leitfaden zu den Sozialversicherungswahlen, 2. Aufl 2022, S 39; ders in Hauck/Noftz, SGB IV, Februar 2022, § 44 RdNr 14a; ders, WzS 2022, 114, 115; kritisch auch Roßkopf, NZS 2022, 548; vgl auch die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 8.5.2017 über Fragen zur Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung - WD 6  3000  028/17 sowie das Schreiben des BMAS vom 16.4.2016). Diese Auffassung trifft zu.

17
Der Wahlausschuss der Beklagten hat den Kreis der Personen, die gemäß § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehören, richtig bestimmt. Es handelt sich dabei um Personen, die am jeweiligen Stichtag (1.4.2016 bzw 1.1.2017) eine (Verletzten)Rente aus eigener Versicherung als vorläufige Entschädigung (§ 62 Abs 1 SGB VII) oder auf unbestimmte Zeit (§ 62 Abs 2 SGB VII) von der Beklagten beziehen (§ 47 Abs 5 SGB IV) und der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben. Damit hat sie die Bezieher einer Regelaltersrente (§ 11 ALG), vorzeitigen Altersrente (§ 12 ALG) und Rente wegen Erwerbsminderung (§ 13 ALG), die zugleich weder eine Verletztenrente von der Beklagten erhielten noch in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert waren, zu Recht aus der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte mit der Folge ausgeschlossen, dass sie in dieser Gruppe weder wahlberechtigt noch wählbar waren. Das ergibt die Auslegung des § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV nach Wortlaut (dazu insbesondere 1.), Systematik (dazu insbesondere 2.), Entstehungsgeschichte (dazu insbesondere 3.) sowie Sinn und Zweck der Norm (dazu insbesondere 4.) in der Gesamtbetrachtung (dazu 5.). Die Wahlvorschrift ist mit höherrangigem Recht vereinbar (dazu 6.).

18
1. Im Rahmen der sprachlich-grammatikalischen Wortlautinterpretation ist nicht nur die Bedeutung (Semantik) einzelner Wörter oder Rechtsbegriffe zu analysieren (dazu a), sondern der gesamte (Rechts)Satz, in dem der auslegungsbedürftige Begriff verwendet wird (dazu b). Daraus ergibt sich, dass das Gesetz die Gruppenzugehörigkeit eng an das Unfallversicherungsrecht koppelt, indem es an die "versicherte Tätigkeit" entsprechend den Regeln der allgemeinen Unfallversicherung anknüpft, um den erfassten Personenkreis zu präzisieren (dazu c).

19
a) Isoliert betrachtet erfasst der Wortsinn des Ausdrucks "Rentenbezieher" in § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV alle Personen, die am jeweiligen Stichtag aus einem Stammrecht einen regelmäßig zahlbaren Einzelanspruch auf einen bestimmten Geldbetrag haben (zur Unterscheidung zwischen Rentenstammrecht und zahlungsanspruch BSG Urteile vom 23.6.2020  B 2 U 5/19 R  BSGE 130, 226 = SozR 42700 § 202 Nr 1, RdNr 16 f und vom 25.5.2018  B 13 R 3/17 R  SozR 41300 § 48 Nr 35 RdNr 14 mwN). Allerdings begrenzt schon § 47 Abs 5 SGB IV dieses weite Wortverständnis auf Versichertenrenten ("Rente aus eigener Versicherung") von dem jeweiligen Versicherungsträger ("Träger der Sozialversicherung", § 29 Abs 1 SGB IV) und schließt damit alle anderen Renten außerhalb der Sozialversicherung sowie deren Hinterbliebenenrenten (§§ 14 bis 16 ALG, §§ 46 bis 49 SGB VI und §§ 65 bis 67 SGB VII) von vornherein aus (Rombach in Hauck/Noftz, SGB IV, Februar 2022, § ?47 RdNr 18; Stäbler in Krauskopf, Soziale KV, PV, SGB IV, 114. EL April 2022, § 47 RdNr 12; Woltjen in jurisPK-SGB IV, Stand 1.3.2016, § 47 RdNr 42; Zabre in Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl 2022, § 47 RdNr 11).

20
b) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Rechtsbegriff des Rentenbeziehers in § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV  anders als zB in § 47 Abs 1 Nr 3 SGB IV  durch einen nachfolgenden Nebensatz näher erläutert und dort auf solche Personen beschränkt wird, "die der Gruppe der Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben". Bezugspunkt des Nebensatzes ist danach die "versicherte Tätigkeit", die der gegenwärtige Rentenbezieher in der Vergangenheit aufgegeben haben muss. Dabei sind der Begriff der versicherten Tätigkeit und das Faktum ihrer Aufgabe sowohl entstehungszeitlich als auch geltungszeitlich eng mit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung assoziiert: Als § 47 SGB IV (idF des Art 1 Sozialgesetzbuch IV  Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung  vom 23.12.1976, BGBl I 3845) am 1.7.1977 in Kraft trat, vermittelte die "versicherte Tätigkeit" Unfallversicherungsschutz, und ihre Aufgabe war notwendige Voraussetzung für den Eintritt des Versicherungs und Leistungsfalls bei bestimmten Berufskrankheiten sowie für die Gewährung von Übergangsleistungen (§ 3 Abs 2 BKVO).

21
c) Diese enge Verbindung mit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung stellte § 47 Abs 3 SGB IV in seiner bis zum 31.12.2012 geltenden Ursprungsfassung zusätzlich dadurch sicher, dass er ausdrücklich nur Rentenbezieher "bei den Trägern der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, mit Ausnahme der Gartenbau-Berufsgenossenschaft" erfasste. Damit war gesetzlich klargestellt, dass sich der Begriff des Rentenbeziehers allein auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung bezog und alle übrigen Rentner ausschloss. Die Verknüpfung mit dem Unfallversicherungsrecht hat sich nicht aus Anlass der Neuorganisation der LSV erledigt. Angesichts der fortdauernden Bezugnahme auf die zwischenzeitlich legal definierte "versicherte Tätigkeit" in § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII (idF des Gesetzes zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch  Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz  UVEG vom 7.8.1996, BGBl I 1254, mWv 1.1.1997) ist sie im Gegenteil zu einer stillschweigenden Verweisung erstarkt. Denn die Verwendung eines legal definierten Begriffs darf in aller Regel als konkludente Verweisung auf diese Definition verstanden werden (Debus, Verweisungen in deutschen Rechtsnormen, 2008, S 55). Insoweit beschränkt sich die zum 1.1.2013 vorgenommene Änderung in § 47 Abs 3 SGB IV auf die durch Art 1 § 1 LSVNOG vorgegebene Neubezeichnung der LSV.

22
Der Gesetzeswortlaut erfasst zudem nur den Rentenbezieher, der unmittelbar vor Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehörte, dh entweder versicherter Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte oder dessen versicherter Ehegatte bzw Lebenspartner war (§ 47 Abs 3 Nr 1 SGB IV). Um den Kreis der fremden von den nichtfremden Arbeitskräften (Bünnemann in BeckOK Sozialrecht, Stand 1.6.2022, § 47 SGB IV RdNr 15; Krause in GKSGB IV, 2. Aufl 1992, § 47 RdNr 55; Winkler in ders, SGB IV, 3. Aufl 2020, § 47 RdNr 9; Zabre in Kreikebohm/Dünn, SGB IV, 4. Aufl 2022, § 47 RdNr 9) abzugrenzen, greift die Praxis ebenfalls auf unfallversicherungsrechtliche Maßstäbe zurück, nämlich die Legaldefinition des Familienangehörigen in § 2 Abs 1 Nr 1 Buchst b iVm Abs 4 SGB VII (Becher/Plate, Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, Stand Juni 2021, § 47 Anm 3; Palsherm in jurisPK-SGB IV, Stand 10.3.2022, § 47 RdNr 37; Rombach in Hauck/Noftz, Stand Februar 2022, SGB IV, § 47 RdNr 13). War die betreffende Person unmittelbar vor der Tätigkeitsaufgabe versicherter Selbstständiger ohne fremde Arbeitskräfte oder dessen versicherter Ehegatte bzw Lebenspartner, gehört sie dennoch nicht zu dieser, sondern zur Gruppe der Versicherten, wenn sie in den letzten zwölf Monaten vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit 26 Wochen als Arbeitnehmer in der Land oder Forstwirtschaft unfallversichert gewesen ist. Auch dies belegt die enge Verknüpfung mit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung.

23
Insgesamt enthält der Gesetzeswortlaut des § 47 Abs 3 SGB IV somit deutliche Hinweise darauf, dass die Gruppenzugehörigkeit an das Unfallversicherungsrecht gekoppelt ist: Die Verwendung des Begriffs der versicherten Tätigkeit und die Notwendigkeit ihrer Aufgabe, die konkludente Verweisung auf ihre Legaldefinition in § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII, der ursprüngliche Bezug zu den Trägern der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, die Legaldefinition des Familienangehörigen in § 2 Abs 4 SGB VII und der unfallversicherungsrechtlich geprägte Ausschlusstatbestand in § 47 Abs 3 Nr 2 Halbsatz 2 SGB IV. Von diesen Bezügen auf das Unfallversicherungsrecht ist zum 1.1.2013 mit der Schaffung der Beklagten als Verbundträgerin nur der direkte Verweis auf die Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung entfallen, wobei einschränkend zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte auch Unfallversicherungsträgerin ist und insofern die Bezeichnung landwirtschaftliche Unfallversicherung führt (§ 114 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VII). Aufgrund der fortbestehenden stillschweigenden Verweisung auf § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII erfasst § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV gleichwohl nur solche Tätigkeiten, die Versicherungsschutz nach § 23 oder 6 SGB VII bzw §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO begründen. Dies legt es nahe, als "Rentenbezieher" iS des § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV nur Personen anzusehen, die von der Beklagten eine Verletztenrente erhalten, sofern sie der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben.

24
2. Dafür sprechen auch die systematischen Zusammenhänge des § 47 Abs 3 SGB IV zu den übrigen Absätzen der Vorschrift (dazu a) und die Wechselwirkungen insbesondere mit § 44 Abs 1 Nr 2 und Abs 3 SGB IV (dazu b).

25
a) Bei binnensystematischer Auslegung auf der Ebene der Norm fallen die identischen Formulierungen in § 47 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 Nr 2 SGB IV auf, die sich jeweils ausdrücklich auf die Gruppenzugehörigkeit "bei den Trägern der Unfallversicherung" beziehen. Benutzt das Gesetz einen Rechtsbegriff in vorangehenden Absätzen derselben Vorschrift in einem bestimmten Sinne, ist aus systematischer Sicht davon auszugehen, dass dieses Begriffsverständnis auch den weiteren Absätzen zugrunde liegt. Denn das vom Rechtsetzer gewählte System der Textgestaltung, die Stellung eines Ausdrucks in einem systematisch gegliederten Bedeutungszusammenhang und eine bestimmte Systematik von Äußerungen prägen deren Sinngehalt. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung gleicher Worte  jedenfalls im unmittelbaren textlichen Zusammenhang  dieselben Inhalte verbindet und einen wiederholt verwendeten Begriff  wie hier in aufeinander folgenden Absätzen  einheitlich verstanden wissen will. Dass § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV  anders als § 47 Abs 1 Nr 2 und Abs 2 Nr 2 SGB IV  die Träger der Unfallversicherung eingangs nicht mehr erwähnt, beruht darauf, dass die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als Verbundträgerin seit dem 1.1.2013 auch Trägerin der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ist (§ 114 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VII idF des LSVNOG) und daher eine ausdrücklich differenzierende Bezeichnung entbehrlich war. Folglich ist auch bei systematischer Betrachtung dem Ausdruck "versicherte Tätigkeit" in § 47 Abs 3 SGB IV die Bedeutung zuzumessen, die sie im Äußerungskontext der vorangehenden Absätze bereits nachweislich hat, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass die Absätze nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern § 47 Abs 2 Nr 2 SGB IV das Konkurrenzverhältnis zu § 47 Abs 3 SGB IV mit dem Einschub  "soweit Absatz 3 nichts Abweichendes bestimmt"  ausdrücklich regelt.

26
b) Mittelbar bestätigt auch § 44 Abs 3 SGB IV dieses Ergebnis. Nach Satz 1 dieser Vorschrift wirken in den Selbstverwaltungsorganen der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in Angelegenheiten der Krankenversicherung der Landwirte und der Alterssicherung der Landwirte die Vertreter der Selbstständigen, die in der betreffenden Versicherung nicht versichert sind und die nicht zu den in § 51 Abs 4 SGB IV genannten Beauftragten (der Verbände) gehören, sowie die Vertreter der Arbeitnehmer nicht mit. An die Stelle der nicht mitwirkenden Vertreter der Selbstständigen treten die Stellvertreter, die in der betreffenden Versicherung versichert sind; sind solche Stellvertreter nicht in genügender Zahl vorhanden, ist die Liste der Stellvertreter (im Wege der Nachfolge) nach § 60 SGB IV zu ergänzen (Satz 2). Dass  umgekehrt  Vertreter, die ausschließlich der Krankenversicherung und/oder der Alterssicherung der Landwirte angehören, in Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ausgeschlossen sind, ist indes ebenso wenig geregelt wie das Nachrücken unfallversicherter Stellvertreter oder Ersatzvertreter. Ein entsprechender Mitwirkungsausschluss und die Festlegung eines Nachrückverfahrens wären aber geboten und nach der gesetzlichen Konzeption zu erwarten gewesen, um das in § 44 Abs 3 SGB IV verankerte Prinzip der Selbstverwaltung durch die Betroffenen zu wahren und zu verhindern, dass Mandatsträger über Angelegenheiten der landwirtschaftlichen Unfallversicherung mitbestimmen, ohne dort selbst versichert zu sein. Aus der Inexistenz entsprechender gesetzlicher Regelungen lässt sich somit folgern, dass derartige Fallkonstellationen  nach Vorstellung des Gesetzgebers  nicht auftreten können, weil die Zugehörigkeit zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung Grundvoraussetzung für die Mitwirkung in den Selbstverwaltungsorganen ist (Becher/Plate, Das Selbstverwaltungsrecht der Sozialversicherung, SGB IV, Stand Juni 2021, § 44 Anm 3.1; vgl auch Rombach in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand Februar 2022, § 44 RdNr 14a). Damit kann es entgegen der Auffassung des LSG von vornherein nicht zu "Unstimmigkeiten zwischen § 44 Abs 3 SGB IV einerseits und § 47 SGB IV andererseits" kommen, die "gegebenenfalls als Folge der Schaffung eines einheitlichen Trägers zu akzeptieren und vom Gesetzgeber zu korrigieren" seien (Seite 18 des Urteils).

27
Zudem wird aus dem systematischen Zusammenhang des § 29 Abs 2, § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV mit § 47 SGB IV deutlich, dass der Status als Bezieher einer Alters oder Erwerbsminderungsrente aus der Alterssicherung der Landwirte in der LSV gruppenübergreifend keine hinreichende Bedingung für die Zugehörigkeit zu einer Gruppe iS des § 47 SGB IV ist. Zwar sieht dessen Abs 1 Nr 3 ausdrücklich vor, dass "zur Gruppe der Versicherten … bei den Trägern der Rentenversicherung … die Rentenbezieher" gehören. Demgegenüber genügt der bloße Bezug einer Alters oder Erwerbsminderungsrente aus der Alterssicherung der Landwirte nicht, um der Gruppe der Versicherten zugeordnet zu werden. Denn nach § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV setzen sich die Selbstverwaltungsorgane (Vertreterversammlung und Vorstand, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB IV) bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau  in Abweichung vom Regelfall (§ 29 Abs 2 SGB IV)  je zu einem Drittel aus Vertretern der versicherten Arbeitnehmer (Versicherten), der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte und der Arbeitgeber zusammen. Folglich können wegen der abweichenden gesetzlichen Festlegung auf Seiten der Versicherten nur "versicherte Arbeitnehmer" (als Vertretene) ihre Repräsentanten (Vertreter) in die Vertreterversammlung entsenden. Das bedeutet für die Gruppe der Versicherten, dass ihr keine Personen angehören können, die entweder keine Arbeitnehmer sind oder als Arbeitnehmer nicht versichert sind. Dies schließt erwerbslose Bezieher von Alters und Erwerbsminderungsrenten mangels Arbeitnehmereigenschaft von vornherein aus. Dasselbe gilt für nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige, die in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht versicherungspflichtig sind. Denn der Versicherungspflichttatbestand des § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst c SGB VII erfasst nur Personen, die im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind.

28
Ausgeschlossen sind ferner Alters und Erwerbsminderungsrentner, die zwar als "Arbeitnehmer" im Zuständigkeitsbereich der Beklagten beschäftigt und deshalb bei ihr gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII iVm § 7 Abs 1 SGB IV kraft Gesetzes unfallversichert sind, aber diese Beschäftigung nicht regelmäßig wenigstens 20 Stunden im Monat ausüben (§ 47 Abs 1 Nr 2 Halbsatz 1 SGB IV). Sind Alters und Erwerbsminderungsrentner als Arbeitnehmer regelmäßig wenigstens 20 Stunden im Monat beschäftigt, gehören sie  vorbehaltlich der Kollisionsregel des § 47 Abs 4 SGB IV  der Gruppe der Versicherten aufgrund der Beschäftigung und nicht wegen des Bezugs von Alters oder Erwerbsminderungsrente an (§ 47 Abs 1 Nr 2 Halbsatz 1 SGB IV). Der Gruppe der Arbeitgeber sind "bei den Trägern der Unfallversicherung" nur die Rentenbezieher zuzuordnen, die der Gruppe der Arbeitgeber unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört haben (§ 47 Abs 2 Nr 2 Halbsatz 2 SGB IV). Damit sind nur die Bezieher von Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung und nicht auch die Alters und Erwerbsminderungsrentner aus der Alterssicherung der Landwirte angesprochen, die nur zur Arbeitgebergruppe gehören, wenn sie  außerhalb ihres Haushalts  regelmäßig mindestens einen bei der Beklagten versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen. Genügt der Status als Bezieher einer Alters oder Erwerbsminderungsrente aus der Alterssicherung der Landwirte in der LSV weder für die Zugehörigkeit zur Gruppe der Versicherten noch der Arbeitgeber, so ist anzunehmen, dass dieser Ausschluss auch für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gelten soll.

29
Schließlich darf bei der systematischen Auslegung des § 47 SGB IV nicht übersehen werden, dass die Vorschrift ursprünglich für eigenständige Versicherungsträger eines einzigen Versicherungszweigs konzipiert worden ist. Dies legt es nahe, die Gruppenzugehörigkeit auch bei Verbundträgern, unter deren Dach mehrere Versicherungszweige vereinigt sind (bei der Beklagten die gesetzliche Kranken, Unfall und Rentenversicherung in der Sonderform der Alterssicherung der Landwirte sowie die soziale Pflegeversicherung, § 1 Abs 1 Satz 1 SGB IV), nach einem dieser Versicherungszweige zu bestimmen. In der LSV erfasst die landwirtschaftliche Unfallversicherung alle Unternehmen und damit alle versicherten Arbeitnehmer, während die Alterssicherung der Landwirte und die landwirtschaftliche Krankenversicherung im Allgemeinen nur die selbstständigen Unternehmer und ihre Familienangehörigen einbezieht (§ 1 Abs 1 ALG, § 2 KVLG 1989). Als einziger Versicherungszweig ist daher die landwirtschaftliche Unfallversicherung dafür prädestiniert, die im Agrarsektor Tätigen möglichst lückenlos zu erfassen. Aus dem Umstand, dass die Bezieher von Alters und Erwerbsminderungsrenten aus der Alterssicherung der Landwirte, die nicht zugleich in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung versichert sind, weder der Gruppe der Versicherten noch der Gruppe der Arbeitgeber angehören, lässt sich auf das allgemeine Prinzip schließen, dass diese Rentenbezieher für die Sozialwahlen zur Vertreterversammlung der Beklagten generell weder wahlberechtigt noch wählbar sind. Insofern trifft es zu, dass die Sozialwahlen in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung nur in der Unfallversicherung durchzuführen und dort nicht versicherte Bezieher von Alters und Erwerbsminderungsrenten ausgeschlossen sind.

30
3. Auch die historische Interpretation spricht für diese Sichtweise. Bis zur Errichtung der Beklagten zum 1.1.2013 als alleinigem Träger der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) durch das LSVNOG zählten zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte nur die Verletztenrentenbezieher, wie sich aus § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV in seiner bis zum 31.12.2012 geltenden Ursprungsfassung vom 23.12.1976 (BGBl I 3845) ergab. Danach gehörten "bei den Trägern der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, mit Ausnahme der Gartenbau-Berufsgenossenschaft", nur die Rentenbezieher zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte, die dieser Gruppe unmittelbar vor dem Ausscheiden aus der versicherten Tätigkeit angehört hatten. Damit war gesetzlich klargestellt, dass sich der Begriff des Rentenbeziehers allein auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung bezog, die ihrerseits Verletztenrenten an Versicherte gewährte, und (alle) Alters und Erwerbsminderungsrentner (§§ 11 bis 13 ALG) nicht gruppenzugehörig waren. Zugleich ergab sich aus § 32 SGB IV (in der Ursprungsfassung vom 23.12.1976, BGBl I 3845), dass die Organe (Vertreterversammlung und Vorstand, § 31 Abs 1 Satz 1 SGB IV) der landwirtschaftlichen Alters und Krankenkassen zugleich die Organe der Berufsgenossenschaft waren, bei der sie jeweils errichtet waren (Gemeinsame Organe, Organidentität). Für die (landwirtschaftlichen) Pflegekassen regelte § 46 Abs 1 Satz 2 SGB XI, dass sie bei den (landwirtschaftlichen) Krankenkassen errichtet werden, deren Organe gemäß § 46 Abs 2 Satz 2 SGB XI zugleich Organe der (landwirtschaftlichen) Pflegekassen waren. Folglich fungierten die Vertreterversammlungen (§ 33 SGB IV) der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften im Wege der Organleihe mit weitgehender Personalunion (§ 44 Abs 3 SGB IV) zugleich als Vertreterversammlungen der landwirtschaftlichen Alters, Kranken und Pflegekassen. Die Selbstverwaltung in diesen Versicherungszweigen wurde auf die Vertretungsregelungen des § 44 Abs 3 SGB IV beschränkt (vgl Rombach in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand Februar 2022, § 44 RdNr 14; dazu I. 2. b). Soweit daher bei der früher rechtlich selbstständigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Mittel und Ostdeutschland im Rahmen der Sozialwahlen 2005 und 2011 in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte Wahlhandlungen stattfanden, waren die Bezieher von Renten aus der Alterssicherung der Landwirte weder wahlberechtigt noch wählbar (Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 8.5.2017 über Fragen zur Selbstverwaltung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung  WD 6  3000  028/17, S 6 mwN). An der Beschränkung der Selbstverwaltung in der landwirtschaftlichen Alters, Kranken und Pflegeversicherung hat sich seither nichts geändert.

31
Mit Wirkung zum 1.1.2013 errichtete der Gesetzgeber allerdings die Beklagte als Trägerin für die gesamte landwirtschaftliche Sozialversicherung und gliederte in diese bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung neben dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung alle bisherigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften sowie alle landwirtschaftlichen Alters, Kranken und Pflegekassen ein (Art 1 LSVNOG § 1 Satz 1 und § 3 Abs 1 des Gesetzes zur Errichtung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau vom 12.4.2012  SVLFGG, BGBl I 579). Die bisherigen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung wurden zum 1.1.2013 aufgelöst (§ 2 Abs 3 SVLFGG). Seitdem ist die Beklagte für die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, der Alterssicherung der Landwirte, der landwirtschaftlichen Krankenversicherung und der landwirtschaftlichen Pflegeversicherung allein zuständig (§ 2 SVLFGG). Zugleich hob der Gesetzgeber auch § 32 SGB IV auf (Art 7 Nr 9 LSVNOG) und ersetzte in § 47 Abs 3 SGB IV die Worte "den Trägern der landwirtschaftlichen Unfallversicherung, mit Ausnahme der Gartenbau-Berufsgenossenschaft," durch die Worte "der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" (Art 7 Nr 13 LSVNOG). Die Entwurfsverfasser begründeten dies lediglich mit "Folgeänderungen zur Schaffung eines Bundesträgers" (Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 28.11.2011, BTDrucks 17/7916 S 48). Denn die modifizierte Organleihe nach § 32 SGB IV war mit der Errichtung eines Einheitsträgers der landwirtschaftlichen Sozialversicherung obsolet geworden und selbstständige Träger der landwirtschaftlichen Unfallversicherung einschließlich der Gartenbau-Berufsgenossenschaft existierten nicht mehr. Die Regelungen zur Durchführung der Sozialwahlen im SGB IV und in der SVWO hatten nicht nur unter Beibehaltung der Beschränkung der Selbstverwaltung in der landwirtschaftlichen Alters, Kranken und Pflegeversicherung nach Maßgabe des § 44 Abs 3 SGB IV Bestand. Auch § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV blieb mit dem einschränkenden, spezifisch unfallversicherungsrechtlichen Bezug auf die "versicherte Tätigkeit" iS des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII unverändert. Auch dies spricht dafür, dass weiterhin nur die Bezieher einer Verletztenrente aus der landwirtschaftlichen Unfallversicherung zur Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehören sollten.

32
4. Die Beschränkung der Selbstverwaltung in der landwirtschaftlichen Alters, Kranken und Pflegeversicherung steht im Einklang mit dem primären Sinn und Zweck der Sozialwahlen im Allgemeinen (dazu a) und der Gruppenwahl im Besonderen (dazu b), die betroffenen Zwangsmitglieder mit einem angemessenen Aufwand an Zeit und Kosten (dazu c) am Willens und Entscheidungsprozess des Versicherungsträgers zu beteiligen (Betroffenenpartizipation) und ihre spezifischen Gruppeninteressen zu wahren (Gruppenschutzprinzip).

33
a) Die Sozialwahlen in der LSV sollen die Partizipation der sachnah Betroffenen verwirklichen, um die Qualität der Entscheidungen und die Akzeptanz der Maßnahmen in der Versichertengemeinschaft zu steigern. Die unmittelbar Betroffenen sollen die Verwaltung des Versicherungsträgers mittragen (Verwaltungspartizipation), bei dessen Aufgabenerledigung sachkundig mitwirken, ihre Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis in die Arbeit des Verbundträgers einbringen, die Bedarfs und Adressatengerechtigkeit sozialstaatlicher Maßnahmen gewährleisten, den solidarischen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessengruppen organisieren und darauf achten, dass die Beiträge und sonstigen Mittel nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sachgerecht und effizient verwendet werden. Bereits der Allgemeine Teil der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Wiederherstellung der Ehrenämter und der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung vom 20.1.1950 (Anl zur BTDrucks Nr 444) enthielt entsprechende Aussagen zum Sinn und Zweck der Selbstverwaltung und den Sozialversicherungswahlen. Danach sollten die unmittelbar Betroffenen den Versicherungsträger "als eigene Angelegenheit mitgestalten und verwalten", und zwar "in der Form der genossenschaftlichen Selbsthilfe" (aaO, S 1). Hierfür sollte es zur "gleichberechtigten Zusammenarbeit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber als den Trägern der gesamten Wirtschaft" in den Gremien der Sozialversicherungsträger kommen (aaO, S 2). Daraus folgte, dass den Arbeitnehmern  anders als ehedem  eine Vertretung in den Organen der Unfallversicherung nicht mehr mit dem Argument vorenthalten werden durfte, dass die Arbeitgeber die Beiträge alleine tragen (aaO, S 2). Die Mitglieder der Organe sollten "zu dem Kreis der an dem betreffenden Sozialversicherungsträger unmittelbar beteiligten Personen gehören"; ihre Aufgaben sollten "nicht fernstehenden Funktionären wirtschaftlicher Vereinigungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber überlassen werden" (aaO, S 4). "Die in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung vorgesehene Besetzung der Organe je zu einem Drittel mit versicherten Arbeitnehmern, Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte und Arbeitgebern" sollte "den besonderen Verhältnissen der Landwirtschaft Rechnung" tragen und berücksichtigen, dass "die Selbständigen ohne fremde Arbeitskräfte … den Versicherten zugerechnet werden, ihrem tatsächlichen Verhältnis nach aber als Unternehmer anzusehen sind." (aaO, S 3 f). An diesen Erwägungen hat sich seitdem nichts geändert.

34
Sinn und Zweck der Sozialversicherungswahlen war und ist somit die Beteiligung der betroffenen Zwangsmitglieder am Willens und Entscheidungsprozess des Versicherungsträgers. Aus der Fülle möglicher Repräsentanten derartiger Partizipationsinteressen greift § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV die versicherten Arbeitnehmer (Versicherte), Arbeitgeber und Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte heraus, deren spezifische Gruppeninteressen durch paritätische Mitwirkung ausgeglichen werden sollen. Diese sog Drittelparität existiert nur in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, die im Kern eine geschlossene, berufsständische Solidargemeinschaft von Unternehmern im primären Wirtschaftssektor ist. Sie verfügt deshalb über ein entsprechendes Klientel, weil weder eine freie Wahl der landwirtschaftlichen Krankenkasse möglich ist (§ 173 Abs 1 SGB V) noch die Zuordnung Versicherter nach dem Zufallsprinzip erfolgt, wie dies in der allgemeinen Rentenversicherung vorgesehen ist (vgl §§ 126 ff SGB VI). Damit werden die Regelungen den Besonderheiten des Agrarsektors gerecht, der strukturell durch kleinere und mittlere Familienbetriebe geprägt ist. Diese bewirtschaften ihre landwirtschaftlichen Flächen größtenteils nur durch den Betriebsinhaber (Landwirt/in) und ggf weitere Familienangehörige (zum Begriff vgl § 2 Abs 4 SGB VII). Um den daraus resultierenden besonderen sozialen Sicherungsbedürfnissen Rechnung zu tragen, schreibt § 2 Abs 2 Nr 3 SGB IV für den  als Solo-Selbstständige  besonders schutzbedürftigen Personenkreis der selbstständigen Landwirte vor, dass sie in allen Zweigen der Sozialversicherung (zwangs)versichert sind (vgl § 2 KVLG 1989, § 2 Abs 1 Nr 5 SGB VII, § 1 Nr 1 ALG, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB IX) und regelt damit die bedeutsamste Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass Selbstständige versicherungsfrei sind (vgl Padé, jurisPK-SGB IV, Stand 11.7.2022, § 2 RdNr 22). Aufgrund ihrer Bedeutung für die Landwirtschaft und ihrer Zwitterstellung als Versicherte, Beitragspflichtige (§§ 47, 48 KVLG 1989, § 150 Abs 1 SGB VII, § 70 ALG, § 59 SGB XI) und Betriebsleiter (mit gewissen Direktionsfunktionen und -befugnissen gegenüber Familienmitgliedern) dürfen die Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte (und ihre Ehegatten bzw Lebenspartner) nicht unberücksichtigt bleiben. Sie bilden daher neben den versicherten Arbeitnehmern und den Arbeitgebern (mit fremden, versicherungspflichtigen Arbeitskräften) gemäß § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV eine eigene Gruppe in der LSV, die im Kern eine genossenschaftlich organisierte Selbsthilfe der Unternehmer im primären Wirtschaftssektor darstellt. Diese gruppenplurale Struktur ermöglicht es, die Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis für die Arbeit des Verbundträgers umfassend zu nutzen, zwingt zur konstruktiven Zusammenarbeit und zum Interessenausgleich der Gruppierungen untereinander und fördert durch die Beteiligung der unmittelbar Betroffenen Akzeptanz und Verständnis für die Belange des Versicherungsträgers. Damit steht in Einklang, dass § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV den jeweiligen Gruppen mit den versicherten Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte vornehmlich aktiv Erwerbstätige zuordnet, zu denen  typisiert betrachtet  auch die Verletztenrentenbezieher gehören. Denn die Verletztenteilrente gleicht nur die schadensbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit aus und geht unausgesprochen davon aus, dass der Verletzte im Rahmen der verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten weiter erwerbstätig ist. Dagegen unterstellt § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV, dass die Bezieher einer Regelaltersrente (§ 11 ALG), vorzeitigen Altersrente (§ 12 ALG) oder Rente wegen Erwerbsminderung (§ 13 ALG)  typisiert betrachtet  ihre Erwerbsbiographien beendet und den direkten Kontakt zur aktuellen Arbeitswelt verloren haben. Damit ist ihr Partizipationsinteresse an den Entscheidungen und Maßnahmen des Versicherungsträgers gemindert, weil sie ihre verfassungsfesten (Art 14 Abs 1 GG) Leistungen dem Grunde und der Höhe nach aufgrund gesetzlicher Regelungen erhalten, die durch Satzungsbeschlüsse der Vertreterversammlung weder verschlechtert noch durch Mitwirkung der Rentenbezieher verbessert werden können. Die dauernde Leistungsfähigkeit des Alterssicherungssystems stellt § 78 ALG sicher, wonach der Bund den Unterschiedsbetrag zwischen den Einnahmen und den Ausgaben der Alterssicherung der Landwirte eines Kalenderjahres trägt. Gegenüber diesen reduzierten Interessen der Rentenbezieher räumt das Gesetz den aktiven Arbeitnehmern, Arbeitgebern und sonstigen pflichtversicherten Selbstständigen eine höhere Gestaltungsmacht ein, weil sie als Versicherte und Selbstständige sowohl auf die Leistungen als auch auf die Leistungsfähigkeit des Sozialversicherungsträgers angewiesen und deshalb an dessen möglichst effizienten und effektiven Funktionieren interessiert sind, während sie als Arbeitgeber und Selbstständige ein unmittelbares Interesse an dem wirtschaftlichen Einsatz der bereitgestellten Mittel und daraus resultierenden niedrigen Beitragssätzen haben. Diese Belange sollen nicht durch die Gruppe der Rentenbezieher beeinträchtigt werden, deren Zahl sich durch den demographischen Wandel und deutlich längere Rentenbezugszeiten stetig erhöht. Deshalb sind Wahlrecht und Wählbarkeit in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung an den Erwerbsstatus gekoppelt.

35
b) Das Gruppenwahlrecht ist Ausdruck des Gruppenschutzprinzips, das die LSV besonders prägt. Denn die versicherten Arbeitnehmer, ihre Arbeitgeber und die Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte stellen keine homogene Einheit dar, sondern haben verschiedene, teils gegenläufige Interessen. Die Gruppeneinteilung in der LSV dient somit der Durchsetzung spezifischer Gruppeninteressen im Rahmen der gemeinsamen Aufgabenwahrnehmung in der Vertreterversammlung. Die genaue Abgrenzung der Gruppen und ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die jeweiligen Gruppeninteressen nicht durch gruppenfremde Interessen relativiert werden. Dazu käme es insbesondere in der Gruppe der Versicherten, weil ihr gemäß § 47 Abs 1 Nr 3 SGB IV alle "Rentenbezieher" aus der Alterssicherung der Landwirte zuzuordnen wären, bei denen es sich aber im Kern um ehemals versicherungspflichtige Landwirte und ihre mitarbeitenden Familienangehörigen handelt (vgl § 1 Abs 1 ALG). Deshalb begrenzt § 44 Abs 1 Nr 2 SGB IV die Mitgliedschaft in der Gruppe der Versicherten auf die aktiv erwerbstätigen, "versicherten Arbeitnehmer" und schließt erwerbslose Bezieher von Alters oder Erwerbsminderungsrenten aus und beugt so einer Majorisierung durch deren spezifische Interessen vor.

36
c) Der Ausschluss der nicht mehr unfallversicherten AdL-Einfachrentner soll zudem die Durchführung der Sozialversicherungswahlen in der LSV erleichtern, die durch die Drittelparität gekennzeichnet ist. Die Drittelparität erschwert die Abgrenzung zwischen den drei Gruppen und erhöht den Verwaltungsaufwand. Denn die Prüfung, ob und in welcher Gruppe welche Personen wahlberechtigt und wählbar sind, ist zeit und kostenaufwändig und erfordert die Identifizierung von Mehrfachversicherungen, weil gemäß § 49 Abs 1 SGB IV jeder Versicherte nur eine Stimme hat. Dieser Aufwand würde durch die Beteiligung aller AdL-Rentenbezieher sehr wesentlich steigen und dadurch die Ziele einer effektiveren und wirtschaftlicheren Aufgabenerledigung in Frage stellen, die der Gesetzgeber mit der Neuorganisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung durch das LSVNOG im Interesse eines eigenständigen Fortbestands dieser berufsständischen Solidargemeinschaft verfolgt hat (BTDrucks 17/7916 S 1, 27 f).

37
5. Ergibt somit die Gesamtbetrachtung aller vier Auslegungskriterien, dass der Wahlausschuss der Beklagten die Wahl zur Vertreterversammlung in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte zu Recht nur im Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung durchgeführt und damit die dort nicht (mehr) versicherten AdL-Einfachrentner zu Recht ausgeschlossen hat, bleibt für eine verfassungskonforme Auslegung, wie sie das LSG vorgenommen hat, kein Raum. Denn das Gebot der verfassungskonformen Gesetzesauslegung greift nur ein, wenn mehrere Normdeutungen möglich sind, die teils zu einem verfassungswidrigen, teils zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führen. Dann ist diejenige vorzuziehen, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht (BVerfG Beschlüsse vom 19.9.2007  2 BvF 3/02  BVerfGE 119, 247, 274 = juris RdNr 92 und vom 8.3.1972  2 BvR 28/71  BVerfGE 32, 373, 383 f = juris RdNr 30). Vorliegend ist jedoch mit Blick auf das einfache Recht nur ein Normverständnis möglich. Lässt sich der Regelungsgehalt der Norm  wie hier  mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden konkret erschließen, liegt von vornherein auch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Normenklarheit und -bestimmtheit aus Art 20 Abs 3 GG vor (BVerfG Beschlüsse vom 4.6.2012  2 BvL 9/08  BVerfGE 131, 88 RdNr 91, 106 und vom 12.10.2010  2 BvL 59/06  BVerfGE 127, 335 RdNr 64, jeweils mwN).

38
6. Legt man das gewonnene Normverständnis zugrunde, so ist die Regelung des § 47 Abs 3 Nr 2 SGB IV (iVm § 50 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 51 Abs 1 Satz 1 Nr 1, § 44 Abs 1 Nr 2, § 29 Abs 2 SGB IV), auf deren Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, mit dem Grundrecht aus Art 3 Abs 1 GG iVm dem Demokratieprinzip (Art 20 Abs 2, Art 28 Abs 1 Satz 1 GG) vereinbar. Der Senat hält die Beschränkung der Wahl auf den Zweig der landwirtschaftlichen Unfallversicherung und den damit einhergehenden Ausschluss der AdL-Einfachrentner von der Wahl nicht für verfassungswidrig. Folglich ist das Revisionsverfahren nicht auszusetzen, um gemäß Art 100 Abs 1 Satz 1 GG eine Entscheidung des BVerfG über die Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften des Bundesrechts einzuholen.

39
Der Ausschluss der nicht mehr unfallversicherten AdL-Einfachrentner von der Sozialwahl in der LSV ist nicht an Art 38 Abs 1 Satz 1 GG zu messen, weil diese Vorschrift unmittelbar nur für Bundestagswahlen und im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit mittelbar auch für Landtags und Kommunalwahlen gilt (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 3.7.2009  2 BvR 1291/09  BVerfGK 16, 31 RdNr 3 f). Für die Sozialwahlen ist stattdessen Art 3 Abs 1 GG und der dort verankerte Prüfmaßstab der Wahlgleichheit im Arbeits und Sozialwesen heranzuziehen (BVerfG Beschluss vom 22.10.1985  1 BvL 44/83  BVerfGE 71, 81 = juris RdNr 37), auch wenn § 45 Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die verfassungsrechtlichen Wahlrechtsgrundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit für Sozialwahlen gerade nicht wiederholt. Denn das aktive und passive Wahlrecht soll auch außerhalb politischer Wahlen in formal möglichst gleicher Weise ausgeübt werden können. Art 3 Abs 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber indes nicht jede Differenzierung. Einschränkungen der Wahlgleichheit sind möglich (BVerfG Beschlüsse vom 12.7.2017  1 BvR 2222/12  BVerfGE 146, 164 RdNr 121 und vom 9.4.1975  1 BvL 6/74  BVerfGE 39, 247, 254), soweit sie durch die spezifischen Sachaufgaben der Sozialversicherungsträger geboten sind und die interessengerechte Selbstverwaltung einerseits sowie die effektive öffentliche Aufgabenwahrnehmung andererseits gewährleisten (BVerfG Beschlüsse vom 12.7.2017  1 BvR 2222/12  BVerfGE 146, 164 RdNr 121 und vom 5.12.2002  2 BvL 5/98  BVerfGE 107, 59, 99 f). Denn trotz autonomer Selbstverwaltung besteht die Hauptaufgabe der Sozialversicherungsträger in dem Vollzug einer detaillierten Sozialgesetzgebung (BVerfG Beschluss vom 9.4.1975  2 BvR 879/73  BVerfGE 39, 302 = juris RdNr 69). Mit Blick auf die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch Sachgründe gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (stRspr, vgl ua BVerfG Urteil vom 19.2.2013  1 BvL 1/11, 1 BvR 3247/09  BVerfGE 133, 59 RdNr 72 mwN). Die Anforderungen verschärfen sich umso mehr, je weniger Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind, je mehr sie sich den in Art 3 Abs 3 GG genannten Merkmalen annähern oder je mehr zugleich Freiheitsrechte beeinträchtigt werden (BVerfG Urteil vom 18.7.2018  1 BvR 1675/16  BVerfGE 149, 222 RdNr 64 und Beschluss vom 7.4.2022  1 BvL 3/18  juris RdNr 279 und vom 26.3.2019  1 BvR 673/17  BVerfGE 151, 101 RdNr 64).

40
Die Ungleichbehandlung der nicht mehr unfallversicherten AdL-Einfachrentner im Vergleich zu wahlberechtigten Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte einschließlich ihrer Ehegatten einerseits und gleichgestellten Verletztenrentnern andererseits, ist gerechtfertigt. Die auf die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte erweiterte Gruppenwahl in der LSV ist dem Umstand geschuldet, dass den spezifisch berufsständischen Interessen der Solo-Selbstständigen im Agrarsektor Rechnung getragen werden soll. Damit ist eine Zusammensetzung der Vertreterversammlung nicht vereinbar, in der sich die besondere Wirtschaftsstruktur in der Landwirtschaft nicht mehr widerspiegelt, wenn berufsfernen Personengruppen ein Wahlrecht zur Vertreterversammlung eingeräumt wird. Berücksichtigt man die ausgeprägte Verrechtlichung und die staatliche Aufsicht (§ 87 SGB IV), ist die Handlungskompetenz der Vertreterversammlung ohnehin limitiert. Die Verfassungsfestigkeit der Renten auch nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (BVerfG Beschluss vom 23.5.2018  1 BvR 97/14  BVerfGE 149, 86 = SozR 45868 § 21 Nr 4, juris RdNr 71 ff) und die Garantie der Leistungsfähigkeit dieses Alterssicherungssystems durch den Bund (§ 78 ALG) minimiert die rentnerbezogenen Handlungskompetenzen der Vertreterversammlung zusätzlich. Insoweit ist dem Ausschluss vom Wahlrecht kein besonders starkes Gewicht beizumessen. Alters und Erwerbsminderungsrentnern ist es (nach Abschaffung der Hofabgabeklausel, § 21 Abs 7 ALG, auch ohne Flächenlimitierung) unbenommen, durch den Rückbehalt von Flächen die Unfallversicherungspflicht aufrechtzuerhalten und auf diese Weise  auch losgelöst vom Renteneintritt  als Erwerbstätige wahlberechtigt und wählbar zu bleiben (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB VII).

41
Anders als die passiven Rentenbezieher aus der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung, die gemäß § 47 Abs 1 Nr 3 SGB IV in der Gruppe der Versicherten wählen dürfen und dort wählbar sind, werden die AdL-Einfachrentner komplett vom Wahlrecht ausgeschlossen. Auch diese Ungleichbehandlung ist gerechtfertigt. Denn die Alterssicherung der Landwirte ist  anders als die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung  nicht als Vollersatz des Einkommens und als Vollversicherung, sondern nur als Teilsicherung ausgestaltet, die Altenteilleistungen und Einnahmen aus der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens lediglich ergänzt (vgl dazu auch BVerfG Beschluss vom 23.5.2018  1 BvR 97/14, 1 BvR 2392/14  BVerfGE 149, 86 = SozR 45868 § 21 Nr 4, RdNr 44, 92). Zudem müssen die Sozialwahlen im Verbundträger praktikabel bleiben. Wären alle AdL-Rentner wahlberechtigt, so müssten entsprechende Mehrfachversicherungen identifiziert und herausgefiltert werden, was den Aufwand an Kosten und Zeit ganz wesentlich steigern und die Ziele konterkarieren würde, die der Gesetzgeber mit der Neuorganisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung mit dem LSVNOG verfolgt hat: eine effektivere und wirtschaftlichere Aufgabenerledigung als ehedem zu erreichen (BTDrucks 17/7916 S 1, 27 f; dazu I. 4. c). Angesichts der überwiegend steuerfinanzierten Teilrenten der landwirtschaftlichen Alterssicherung, deren Einnahmen sich 2017 zu 79 % und 2021 zu 81 % aus Bundesmitteln speisten (Tabelle 5 des Lageberichts der Bundesregierung über die Alterssicherung der Landwirte 2021, BTDrucks 20/151 S 9), sieht der Senat auch keine Notwendigkeit zu einer Gleichstellung mit den Vollrentnern der allgemeinen Rentenversicherung.

42
II. Sonstige, insbesondere von den Klägern geltend gemachte mandatsrelevante Mängel des Wahlverfahrens lagen nicht vor. Dies ergibt die Prüfung anhand des Vorbringens der Beteiligten und der vorliegenden Unterlagen.

43
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind auf eine Wahlanfechtungsklage berechtigt und verpflichtet, alle Wahlvorgänge von Beginn des Wahlverfahrens bis zur Feststellung des Ergebnisses und bis zur endgültigen Verteilung der Sitze sowohl auf ihre formale Gesetzmäßigkeit als auf ihre materielle Richtigkeit zu überprüfen. Ausgenommen sind  wie oben ausgeführt  mandatsirrelevante Wahlmängel, um Wahlen nicht wegen geringfügiger Wahl- oder Zählfehler zu wiederholen und dadurch die Funktionsfähigkeit der Selbstverwaltung in Frage zu stellen (vgl BSG Urteil vom 28.1.1998  B 6 KA 98/96 R  BSGE 81, 268, 270 f = SozR 32500 § 80 Nr 3 S 22, juris RdNr 17). Bei der Ausgestaltung eines Wahlprüfungsverfahrens ist ferner zu berücksichtigen, dass die richtige Mandatsverteilung binnen angemessener Zeit geklärt werden soll. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, dass nach den Wahlprüfungsgesetzen die richtige Zusammensetzung nur unter bestimmten Einschränkungen in Zweifel gezogen werden kann. Dem dient ein verfahrensrechtliches Substantiierungsgebot. Das Substantiierungsgebot soll sicherstellen, dass die sich auf der Grundlage der Feststellung des endgültigen Wahlergebnisses ergebende Zusammensetzung nicht vorschnell in Frage gestellt wird und dadurch Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit geweckt werden. Wahlbeanstandungen, die über nicht belegte Vermutungen oder die bloße Andeutung der Möglichkeit von Wahlfehlern nicht hinausgehen und einen konkreten, der Überprüfung zugänglichen Tatsachenvortrag nicht enthalten, dürfen deshalb als unsubstantiiert zurückgewiesen werden. Lässt sich ausschließen, dass sich Mängel der Wahl auf das im konkreten Fall in Zweifel gezogene Wahlergebnis und die Zuteilung von Mandaten ausgewirkt haben, so bedarf es regelmäßig keiner Ermittlungen (vgl dazu BVerfG Beschluss vom 12.12.1991  2 BvR 562/91  BVerfGE 85, 148, juris RdNr 37 ff). Der Umfang der Ermittlungspflicht hängt dabei wesentlich von der Art des beanstandeten Wahlergebnisses sowie dem konkret gerügten Wahlmangel ab (vgl zuletzt BVerfG Beschluss vom 12.1.2022  2 BvC 17/18  BVerfGE 160, 129, juris RdNr 46). Dies gilt auch für die Klage auf Feststellung der Ungültigkeit einer Sozialversicherungswahl. Zur weiteren Ermittlung von Amts wegen ist erforderlich, dass behauptete Wahlfehler hinreichend substantiiert geltend gemacht werden, um dem Interesse an der raschen und verbindlichen Klärung der ordnungsgemäßen Mandatsverteilung Rechnung zu tragen. Danach sind hinsichtlich des Verfahrens der im Jahr 2017 durchgeführten Wahl zur Vertreterversammlung der Beklagten in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte weitere mandatsrelevante Mängel weder substantiiert aufgezeigt noch sonst ersichtlich. Dies gilt entgegen dem Vorbringen der Kläger sowohl für das Verfahren der Bestellung des Wahlvorstands (dazu 1.), die Festsetzung des Unterschriftenquorums (dazu 2.), die Zulassung der Liste der Kläger zu 1 und zu 2 lediglich als freie Liste ohne Kennwort "Jagd" (dazu 3.), die Abänderung des Textes der Veröffentlichung zur Information der Wahlberechtigten (dazu 4.), die Ausstellung von Wahlausweisen und die Übersendung von Wahlunterlagen (dazu 5.) als auch die Auszählung der Stimmzettel (dazu 6.).

44
1. Die Besetzung des Wahlausschusses durch die Beklagte lässt entgegen der Auffassung der Kläger keine Wahlfehler erkennen. Weder verstieß die Besetzung gegen gesetzliche Vorschriften noch begründete eine nur behauptete Interessenkollision einen Ausschluss vom Amt im Wahlvorstand.

45
Gemäß § 3 Abs 2 Satz 3 bis 5 SVWO ist zum Vorsitzenden und dessen Vertreter eines Wahlausschusses der Geschäftsführer, ein Mitglied der Geschäftsführung oder eine andere Person zu bestellen, die die Gewähr bietet, dass sie dieses Amt sachkundig und unparteiisch wahrnimmt. Bei der Berufung der Beisitzer sollen die einzelnen Wählergruppen berücksichtigt werden. Wer beabsichtigt, sich für die Wahl zur Vertreterversammlung oder zum Verwaltungsrat zu bewerben oder die Aufgabe eines Listenvertreters oder seines Stellvertreters zu übernehmen, soll bei dem betreffenden Versicherungsträger nicht Mitglied oder Stellvertreter eines Mitglieds des Wahlausschusses sein; er ist von seinem Amt zu entbinden, wenn eine Vorschlagsliste eingereicht wird, in der er mit seiner Zustimmung als Wahlbewerber oder Listenvertreter oder dessen Stellvertreter benannt ist. Diese Vorschriften hat die Beklagte nicht verletzt und nicht gegen den Grundsatz der "fairen Wahl" verstoßen.

46
Es ist nicht ersichtlich, dass gemäß § 3 Abs 2 Satz 3 bis 5 SVWO ausgeschlossene Personen im Wahlausschuss mitgewirkt haben könnten. Soweit die Kläger geltend machen, die von ihnen namentlich benannten Personen seien im Wahlausschuss tätig gewesen, obwohl diese selbst bei der Wahl angetreten seien, wird damit ein möglicher mandatsrelevanter Wahlfehler nicht substantiiert dargelegt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten sind die Mitglieder des Wahlvorstandes, soweit sie Listenvertreter bzw Wahlbewerber gewesen waren, von ihren Ämtern im Wahlvorstand entbunden worden.

47
Dem weiteren Vorbringen der Kläger, von ihnen namentlich benannte Personen hätten dem Wahlvorstand angehört, obwohl sie Funktionäre bzw leitende Mitarbeiter von Verbänden gewesen seien, die eine Liste eingereicht hätten, ist ebenfalls ein Wahlfehler nicht zu entnehmen. Deren Stellung bzw Tätigkeit begründete keinen Ausschluss von dem Amt im Wahlausschuss. Denn die Tätigkeit für einen Verband, der eine Liste einreicht, schließt nach den Regelungen des § 3 Abs 2 Satz 3 bis 5 SVWO die Bestellung als Mitglied eines Wahlausschusses nicht aus. Ein Ausschluss ergibt sich auch nicht daraus, dass die aufgrund der Ermächtigung des § 56 Nr 1 SGB IV erlassenen Regelungen gegen höherrangiges Recht verstoßen. Aus den allgemeinen Wahlgrundsätzen des § 45 SGB IV folgt nicht, dass Funktionäre bzw leitende Mitarbeiter von Verbänden, die eine Liste eingereicht haben, von der Tätigkeit in dem Wahlausschuss auszuschließen sind. Der Grundsatz der Gleichheit der Wahl und der Schutz vor Manipulationen gebietet nicht deren Ausschluss, weil dieser Personenkreis keinen wesentlichen Ermessenspielraum im Hinblick auf die Durchführung der Wahl hat (vgl hierzu zB BAG Beschluss vom 4.10.1977  1 ABR 37/77  juris RdNr 19 ff). So ist das Wahlverfahren im Einzelnen durch die Vorschriften des SGB IV und der SVWO geregelt. Auch sollen nach der Regelung des § 3 Abs 2 SVWO einerseits die einzelnen Wählergruppen bei der Besetzung des Wahlausschusses berücksichtigt werden. Andererseits sollen die Mitglieder des Wahlausschusses sachkundig sein. Diese Anforderungen können leitende Mitglieder von Verbänden erfüllen. Würden sie generell als Mitglieder im Wahlausschuss ausgeschlossen, würde sich der Kreis der geeigneten Personen in einer den Zielen der Selbstverwaltung zuwiderlaufenden Weise verkleinern. Allein der Umstand, dass der Verband eine entsprechende Liste eingereicht hat, lässt im Übrigen weder den Eindruck entstehen noch gar den Schluss zu, das diesem Verband angehörende Mitglied des Wahlausschusses würde nicht unparteiisch entscheiden. Sollte die konkrete Besetzung des Wahlvorstandes dennoch fehlerhaft gewesen sein, ist der damit einhergehende Einfluss auf die Sitzverteilung in der Vertreterversammlung nicht substantiiert aufgezeigt.

48
2. Ein mandatsrelevanter Wahlfehler ist auch nicht dargetan oder ersichtlich, soweit die Kläger beanstanden, der Wahlausschuss habe das Unterschriftenquorum für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte fehlerhaft mit 1000 festgesetzt und dadurch freie Listen benachteiligt.

49
Gemäß § 48 Abs 2 Satz 2 SGB IV (in der hier anwendbaren Neufassung durch Bekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) mussten Vorschlagslisten der Versicherten und der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte bei einem Versicherungsträger mit 1 000 001 bis 3 000 000 Versicherten von 1000 Personen unterzeichnet sein. Ein geringeres Quorum von nur noch 300 Unterschriften bei 500 001 bis 3 000 000 Versicherten gilt erst seit dem 18.2.2021 (Gesetz zur Verbesserung der Transparenz in der Alterssicherung und der Rehabilitation sowie zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen und zur Änderung anderer Gesetze - Gesetz Digitale Rentenübersicht  vom 11.2.2021, BGBI I 154). Die von den Klägern zu 1 und 2 eingereichte Liste hatte indes als freie Liste das ursprünglich höhere Quorum erreicht. Es ist nichts dazu vorgetragen, inwieweit die Festsetzung dieses Quorums anderweitig zu einem Ausschluss einer freien Liste von Wahlbewerbern in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte geführt haben könnte.

50
3. Zu Recht hat der Wahlausschuss auch die von den Klägern zu 1 und 2 eingereichte Liste lediglich mit der Bezeichnung als freie Liste und unter Nennung der Namen von fünf Vorgeschlagenen zugelassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die von den Klägern begehrte Verwendung des Kennwortes "Jagd" lagen nicht vor.

51
Gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB IV haben das Recht, Vorschlagslisten einzureichen, Gewerkschaften sowie andere selbstständige Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) sowie deren Verbände (Nr 1), Vereinigungen von Arbeitgebern sowie deren Verbände (Nr 2), für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ua berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft sowie deren Verbände (Nr 3) sowie Versicherte, Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte und Arbeitgeber  freie Listen  (Nr 4). § 15 Abs 2 SVWO regelt die Bezeichnung der jeweiligen Listen unterschiedlich und ua abhängig davon, ob eine Liste gemäß Nr 1 bis 3 oder eine solche sog freie Liste nach Nr 4 des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB IV vorliegt.

52
a) Die von den Klägern unterstützte Liste konnte nur als sog freie Liste nach Maßgabe des § 48 Abs 1 Nr 4 SGB IV zugelassen werden, weil die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Nr 1 bis 3 SGB IV nicht vorlagen. Insbesondere sind die Kläger zu 1 und 2 keine vorschlagsberechtigten berufsständischen Personenvereinigungen oder Verbände der Landwirtschaft iS des § 48 Abs 1 Nr 3 SGB IV. Das Vorschlagsrecht berufsständischer Vereinigungen der Landwirtschaft sowie deren Verbände für die Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte ist begrenzt auf Vereinigungen, die die Interessen der ihnen als Mitglieder angehörenden und bei der Beklagten Versicherten  hier die Inhaber von Jagden  vertreten. Die Kläger zu 1 und 2 sind dagegen Vereinigungen, die generell die Interessen der Jäger bzw Jagdscheininhaber wahrnehmen.

53
Zu den berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und ihrer Verbände iS des § 48 Abs 1 Nr 3 SGB IV können auch berufsständische Vereinigungen auf dem Gebiet der Jagd gehören. Denn zu den landwirtschaftlichen Unternehmen zählt § 123 Abs 1 Nr 5 SGB VII auch Jagden. Als berufsständisch einzuordnen ist eine Vereinigung in der Regel, wenn die überwiegende Anzahl der zugehörigen Personen der sie verbindenden Tätigkeit beruflich nachgehen, dh wenn ihre Mitglieder demselben Berufsstand angehören, und wenn der Zweck der Vereinigung darin besteht, die den Berufsstand im Ganzen betreffenden Interessen zu verfolgen (vgl BAG Urteil vom 22.10.2003  10 AZR 13/03  BAGE 108, 155, juris RdNr 96). Erforderlich ist die Verbundenheit der Mitglieder im Hinblick auf die Wahrnehmung beruflicher Standesinteressen (vgl BGH Urteil vom 20.11.2003  I ZR 104/01  BB 2004, 241, juris RdNr 23). Hiervon ausgehend hat der Senat zwar einen Landesjagdverband als die Landwirtschaft im Sinne der Jagd unmittelbar und überwiegend förderndes Unternehmen iS des § 123 Abs 1 Nr 7 SGB VII angesehen, aber Zweifel geäußert, ob Jagdverbände auch zu den Berufsverbänden der Landwirtschaft iS des § 123 Abs 1 Nr 6 Alt 2 SGB VII zählen, weil sich der Verband nicht als Interessenverband eines bestimmten Berufsstandes und damit nicht als Berufsverband verstand, der zuvörderst die Belange zB von Berufsjägerinnen und jägern vertrat und förderte (vgl Urteil des BSG vom 10.8.2021  B 2 U 15/20 R  BSGE 132, 295 = SozR 41300 § 44 Nr 42, RdNr 23).

54
Allerdings spricht der Zweck des § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB IV für eine Einbeziehung von Personenvereinigungen, die gleiche, in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung versicherte, insbesondere selbstständige Tätigkeiten ausüben, ohne dass diese Tätigkeiten beruflich zu Erwerbszwecken ausgeübt werden müssen. Durch § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB IV wird den als berufsständisch bezeichneten Vereinigungen der Landwirtschaft ein gesondertes Vorschlagsrecht zur Wahl in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte eingeräumt. Es besteht neben den Vorschlagsrechten der Arbeitnehmer, der Arbeitnehmervereinigungen, der Versicherten, der Arbeitgeber und der Arbeitgebervereinigungen. Die Gruppe der bei der Beklagten versicherten Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte besteht aus Personen, die keine Arbeitnehmer sind und die als selbstständige Unternehmer ihrerseits auch keine fremden Arbeitnehmer beschäftigen. Zu den bei der Beklagten versicherten Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte gehören ua Landwirte, Waldbesitzer, aber auch Inhaber von Jagden, ohne dass es darauf ankommt, ob diese ihre Tätigkeit im engeren Sinne beruflich ausüben oder ob sie mit dieser Tätigkeit ihren Lebensunterhalt bestreiten. Durch das besondere Vorschlagsrecht des § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB IV sollen die Interessen dieser Personen berücksichtigt werden. Das Vorschlagsrecht von Vereinigungen der Landwirtschaft bzw deren Verbänden setzt deshalb voraus, dass sie die Interessen dieser Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte vertreten und sachgerechte Wahlvorschläge unterbreiten können. Dies ist idR bei Vereinigungen zu bejahen, die gerade auf der Grundlage dieser versicherten Tätigkeiten zur Wahrung der Interessen ihrer Mitglieder gebildet sind. Für die Zuordnung einer Personenvereinigung oder eines Verbandes zu einer vorschlagsberechtigten berufsständischen Vereinigung der Landwirtschaft iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB IV kann es deshalb genügen, dass die Vereinigung vorrangig der Interessenwahrnehmung der bei der Beklagten versicherten Unternehmer dient.

55
Die Kläger zu 1 und 2 bzw ihre Mitgliedsverbände und -vereine nehmen nicht vorrangig die hier in Betracht kommenden Interessen der bei der Beklagten versicherten Jäger, Jagdinhaber oder Jagdpächter wahr. Vielmehr vertreten sie im Wesentlichen die allgemeinen Interessen von Jägern bzw Jagdscheininhabern, ohne dass es auf deren Mitgliedschaft bei der Beklagten bzw deren Eigenschaft als Versicherte der LSV ankommt. Dies ist entsprechend ihren eigenen Angaben bereits der Mitgliederstruktur der Kläger zu 1 und 2 zu entnehmen. So waren zwar 2016 von ca 380 000 Jägern bzw Jagdscheininhabern ca 75 % in den Landesjagdverbänden und damit den Verbänden und Vereinigungen der Kläger zu 1 und 2 organisiert. Die in den Mitgliedsverbänden bzw -vereinigungen der Kläger zu 1 und 2 organisierten Jäger übten die Jagd jedoch in der Regel nicht beruflich aus. Nach Angaben der Beteiligten sind von ca bundesweit 1000 Berufsjägern lediglich 0,3 % in den Mitgliedsvereinigungen der Kläger zu 1 und 2 organisiert. Auch sind nicht alle Personen mit Jagdschein, die Mitglieder der Jagdvereinigungen der Kläger zu 1 und 2 sind, versicherungspflichtige Mitglieder der Beklagten. Nur Mitglieder mit einer Eigenjagd oder Pächter einer Jagd kommen als bei der Beklagten als Selbstständige versicherte Unternehmer in Betracht. In den Landesverbänden des Klägers zu 1 waren 2016 von ca 243 000 Mitgliedern 51 % der Mitglieder (ca 123 930) Inhaber oder Pächter einer Jagd und damit bei der Beklagten versicherungspflichtig. In den Vereinen des Klägers zu 2 waren 2016 von ca 47 000 Mitgliedern rund 57 % der Mitglieder (ca 27 000) bei der Beklagten versicherte Eigentümer oder Pächter eines Jagdreviers. Die Beklagte konnte lediglich 60 076 im Jahr 2016 als Jagdunternehmen erfasste Jagden benennen. Dieser Mitgliederstruktur der Kläger zu 1 und 2 ist zu entnehmen, dass sie keine Zusammenschlüsse von im Wesentlichen bei der Beklagten als Selbstständige versicherten Jäger zu deren Interessenvertretung waren.

56
Sollten in der Vergangenheit von Landesjagdverbänden eingereichte Listen von Wahlausschüssen zur Wahl zugelassen worden sein, war die Beklagte bzw ihr Wahlausschuss an diese Entscheidungen nicht gebunden unabhängig davon, aus welchen Gründen und ob zu Recht diese Zulassungen erfolgten. Für die Vorschlagsberechtigung der Kläger zu 1 und 2 spricht auch nicht, wenn Vereinigungen der Waldbesitzer bzw deren Verbände von der Beklagten als vorschlagsberechtigt anerkannt werden. Deren Vorschlagsberechtigung kann darauf beruhen, dass  anderes als bei den Klägern zu 1 und 2  Mitglieder dieser Vereinigungen idR bei der Beklagten als forstwirtschaftliche und damit landwirtschaftliche Unternehmer versichert sind und diese Vereinigungen bzw deren Verbände im Wesentlichen die Interessen ihrer in der LSV versicherten Mitglieder wahrnehmen.

57
b) Zu Recht hat der Wahlvorstand der Beklagten den Wahlvorschlag der Kläger zu 1 und 2 nur unter der Bezeichnung "Freie Liste" ohne Kennzeichnung mit dem Kennwort "Jagd" zugelassen.

58
Nach der auf der Ermächtigung des § 56 Nr 5 SGB IV beruhenden Vorschrift des § 15 Abs 2 SVWO ist in den Vorschlagslisten ein Kennwort anzugeben (Satz 1). Als Kennwort ist bei Vorschlagslisten von Personenvereinigungen oder Verbänden, die nach § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 oder Satz 2 SGB IV vorschlagsberechtigt sind, der Name der Personenvereinigung oder des Verbandes einzusetzen bzw bei einer Vorschlagsliste von mehreren Personenvereinigungen oder Verbänden ein gemeinsam bezeichnendes Kennwort zu verwenden. Bei freien Listen iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB IV ist einer oder bis zu fünf Familiennamen der Listenunterzeichner einzusetzen; ausschließlich der Zusatz "Freie Liste" kann den Familiennamen vorangestellt werden. Ein unzulässiges Kennwort ist vom Wahlausschuss durch ein zulässiges Kennwort zu ersetzen (Satz 2 bis 7). Diese Regelungen hat der Wahlausschuss der Beklagten zutreffend bei der Zulassung der mit dem Kennwort "Jagd" eingereichten Liste angewandt.

59
Zulässig war nur die von der Beklagten vorgenommene Benennung der vorgeschlagenen Liste, weil es sich um eine sog freie Liste iS des § 48 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB IV handelte. Entgegen der Auffassung der Kläger verstoßen diese Regelungen nicht gegen höherrangiges Recht und wird das Neutralitätsgebot nicht verletzt. Die Regelungen zur Bezeichnung der Listen bezwecken eine nachvollziehbare und klare Benennung und dienen damit der Transparenz der Sozialwahlen. Sie greifen in Anwendung auf die von den Klägern unterstützte Liste auch nicht unverhältnismäßig in die Möglichkeit der Darstellung der vorgeschlagenen Wahlbewerber ein. Auch bei einer freien Liste ist es zulässig, in den Informationen für die Wahlberechtigten gemäß § 27 Abs 1 SVWO auf die Ziele der vorgeschlagenen Bewerber und die von ihnen vertretenen Interessen  hier die der Jäger  hinzuweisen. Schon deshalb bleibt auch nach dem Vortrag der Kläger offen, ob die Bezeichnung der Liste unter Streichung des Zusatzes "Jagd" ein mandatsrelevanter Verfahrensmangel sein konnte, sich also auf die Mandatsverteilung hätte auswirken können.

60
4. Den unzulässigen Zusatz "Jagd" konnte sich die freie Liste allerdings nicht wieder über die nach Maßgabe des § 27 SVWO zu gestattende Selbstdarstellung in den Informationen der Wahlberechtigten zu eigen machen. Die Streichung des Hinweises in der Selbstdarstellung, dass die Liste als Liste "Jagd" eingereicht, aber nur als freie Liste zugelassen wurde, war nicht wahlfehlerhaft.

61
Die auf der Ermächtigung des § 56 Nr 3 und 5 SGB IV beruhende Vorschrift des § 27 SVWO trifft Regelungen zur Information der Wähler. Gemäß § 27 Abs 1 Satz 1 SVWO ist den Trägern der zugelassenen Vorschlagslisten durch den Versicherungsträger Gelegenheit zu geben, die Liste, Wahlbewerber sowie die sozialpolitische Zielsetzung der die Liste tragenden Vereinigung für die Wahlberechtigten darzustellen. Gemäß § 27 Abs 1 Satz 3 und 4 SVWO ist die geeignete Form der Darstellung festzulegen und sicherzustellen, dass sich jede der zugelassenen Vorschlagslisten in gleichem Umfang und auf die gleiche Weise darstellen kann. § 27 Abs 2 SVWO bestimmt des Weiteren, dass der Wahlausschuss die erforderlichen Entscheidungen trifft, um sicherzustellen, dass die Darstellung der festgelegten Form entspricht. Dass in der durch die Beklagte veranlassten Streichung des Zusatzes ein mandatsrelevanter Verstoß gegen diese Vorschriften liegen könnte, ist nicht ersichtlich.

62
Für die Zulässigkeit der von den Klägern gerügten Streichung spricht, dass durch den Hinweis auf die beabsichtigte, aber nicht zugelassene Verwendung des Kennwortes "Jagd" im Ergebnis lediglich die durch den Wahlvorstand nach Maßgabe des § 15 Abs 2 SVWO unterbundene Verwendung dieses Kennwortes umgangen werden sollte. Die Selbstdarstellung der Liste mit Informationen über vorgeschlagene Bewerber und deren Ziele und Interessen war im Übrigen unverändert möglich. Insbesondere konnte auch auf die besondere Beziehung der Vorgeschlagenen zur Jagd hingewiesen werden. Insoweit fehlen Anhaltspunkte dafür, dass die Streichung die Wahlchancen so verschlechtert haben könnte, dass sich dies auf die Mandatsverteilung hätte auswirken können. Es fehlt jeglicher Vortrag der Kläger dazu, dass und warum diese weiterhin mögliche Darstellung dennoch nicht ausreichend zur Information der Wahlberechtigten und zur Wahrung der Wahlchancen der Listenbewerber gewesen sein könnte.

63
5. Mandatsrelevante Verstöße gegen Wahlvorschriften sind auch hinsichtlich des von der Beklagten gewählten Verfahrens zur Erteilung von Wahlausweisen nicht ersichtlich. Dies gilt gleichermaßen im Hinblick auf die Übersendung von Wahlunterlagen.

64
Beruhend auf der Ermächtigung des § 56 Nr 8 SGB IV sind gemäß § 36 Abs 1 SVWO die Wahlausweise für wahlberechtigte Unternehmer vom Versicherungsträger auf Antrag auszustellen. Hierzu hat der Versicherungsträger gemäß § 36 Abs 2 Satz 1 SVWO jedem bei ihm im Unternehmerverzeichnis verzeichneten Unternehmer ein Rückantwortschreiben mit einem vorbereiteten Antrag zu übersenden. Weder ergibt sich aus dem Vorbringen der Beteiligten noch den vorliegenden Unterlagen, dass die Beklagte diese Vorschriften verletzt hat. Die Kläger behaupten nicht, dass die Beklagte die bei ihr im Unternehmerverzeichnis verzeichneten Unternehmer nicht entsprechend angeschrieben hat. Soweit ihr Unternehmerverzeichnis unvollständig war und deshalb wahlberechtigte Eigentümer oder Pächter von Jagden nicht erfasst waren, weil lediglich ein Mitunternehmer  insbesondere bei Pachtjagden  im Unternehmerverzeichnis aufgeführt war, wurden zwar ggf keine Anträge auf Ausstellung eines Wahlausweises an Wahlberechtigte direkt übersandt. Dies beruhte jedoch nicht auf einer Verletzung des § 36 SVWO, sondern auf der Unvollständigkeit des Unternehmerverzeichnisses und mittelbar der Verletzung von Mitteilungspflichten der Unternehmer, wie die von den Beteiligten mitgeteilten Zahlen zu Eigenjagden, Jagdpächtern und bei der Beklagten erfassten Jagdunternehmen belegen (dazu B.II.3.a). Grundsätzlich sind die Unternehmer gemäß § 59 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 Nr 1 der Satzung der Beklagten (ua in der ab 1.1.2013 gültigen Fassung des Nachtrags vom 23.11.2013) verpflichtet, jede das Unternehmen betreffende Änderung, die für die Zuständigkeit oder die Veranlagung wichtig ist, der Beklagten binnen vier Wochen anzuzeigen. Dies gilt insbesondere für den Wechsel der Unternehmer und auch den Eintritt oder das Ausscheiden von Mitunternehmern.

65
Die Beklagte hat allerdings wegen eines möglichen mangelhaften Datenbestandes im Hinblick auf wahlberechtigte Mitunternehmer die bei ihr gemeldeten Unternehmer aufgefordert, die Anschreiben entsprechend an diese weiterzugeben. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verfahrensweise der Beklagten, an die in ihrem Unternehmerverzeichnis verzeichneten Eigentümern und Pächtern von Jagden Unterlagen mit dem Hinweis zu übersenden, Mitpächtern diese zugänglich zu machen, nicht ebenfalls geeignet war, möglichst allen Wahlberechtigten Zugang zu Wahlscheinen und Wahlunterlagen zu ermöglichen. Soweit Miteigentümer und Mitpächter betroffen waren, konnte die Beklagte grundsätzlich davon ausgehen, dass die im Unternehmerverzeichnis bezeichneten Unternehmer zu diesen in Kontakt standen. Diese Verfahrensweise der Beklagten ist zwar in den Wahlvorschriften der SVWO nicht vorgesehen, lag jedoch nahe, weil gerade die Anzeige der Unternehmer- und Mitunternehmereigenschaft zu den Obliegenheiten der bei der Beklagten versicherten Unternehmern gehört. Des Weiteren werden auch sonst Arbeitgeber für die Mitwirkung im Wahlverfahren in Dienst genommen. So haben gemäß § 55 Abs 3 SGB IV Arbeitgeber den Unfallversicherungsträgern die notwendigen Angaben zu machen, wenn es in der SVWO vorgesehen ist, dass an Stelle der Arbeitgeber die Unfallversicherungsträger die Wahlausweise ausstellen. Gemäß § 37 Abs 1 SVWO werden Wahlausweise vom Arbeitgeber für im Unternehmen beschäftigte Wahlberechtigte ausgestellt, soweit deren Wahlrecht unzweifelhaft ist, und vom Versicherungsträger auf Antrag ausgestellt, soweit das Wahlrecht dem Arbeitgeber zweifelhaft ist. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SVWO hat der Arbeitgeber Zweifelsfälle unverzüglich dem Versicherungsträger mitzuteilen. Auch die Regelungen des § 37 SVWO gehen davon aus, dass Arbeitgeber die ihnen auferlegten Pflichten ordnungsgemäß erledigen und somit sichergestellt ist, dass Wahlberechtigte Wahlscheine erhalten.

66
Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass ein aufgrund dieser Verfahrensweise möglicherweise erfolgter Fehler bei der Übersendung von Anträgen auf Wahlausweisen und von Wahlunterlagen mandatsrelevant gewesen sein könnte. Zwar haben die Kläger diverse eidesstattliche Versicherungen eingereicht, nach denen Pächter keine Wahlunterlagen erhalten hätten und nicht an der Wahl hätten teilnehmen können. Diese eidesstattlichen Versicherungen haben sich im Detail jedoch als nicht belastbar erwiesen. Die Beklagte hat im Einzelnen dargelegt, dass hinsichtlich der betreffenden Personen überwiegend Anträge fehlerhaft ausgefüllt worden und eidesstattliche Versicherungen falsch abgegeben worden seien. So hätten in den von 128 Personen vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen 41 Personen angegeben, keinen zum Antrag auf Ausstellung eines Wahlausweises gehörenden Fragebogen erhalten zu haben, und 34 Personen angegeben, keine Wahlunterlagen erhalten zu haben. Tatsächlich seien von den 41 Personen 8 Personen nicht bekannt. An die übrigen Personen sei ein Fragebogen versandt worden. Die 84 Personen, die in den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen erklärt hätten, keine Wahlunterlagen erhalten zu haben, seien alle in der Datenbank erfasst gewesen. Von 12 dieser Personen sei kein Fragebogen bei der Beklagten eingegangen, sodass auch keine Wahlunterlagen versandt worden seien. Bezüglich 20 dieser Personen seien  wie im Einzelnen vom externen Dienstleister dokumentiert  Wahlunterlagen versandt worden. Bezüglich 52 Personen sei nach Auswertung des Fragebogens festgestellt worden, dass eine Wahlberechtigung nicht bestehe. Diesem Vorbringen sind die Kläger nicht entgegengetreten, sodass keine Hinweise dafür vorhanden sind, dass diese Ausführungen der Beklagten unzutreffend sein und mögliche Fehler bei der Versendung der Anträge auf Wahlausweise und der Wahlunterlagen auf die Mandatsverteilung Auswirkungen gehabt haben könnten.

67
6. Schließlich besteht auch kein Anhalt für mandatsrelevante Verfahrensverstöße hinsichtlich der Stimmenauszählung.

68
Zwar kann die Erheblichkeit eines Mangels für das Wahlergebnis und die Mandatsverteilung nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, wenn die Verletzung von Vorschriften beanstandet wird, die das Verfahren der Stimmenauszählung und der Ermittlung des Wahlergebnisses regeln. Ist gegen die betreffenden Vorschriften verstoßen worden, so fehlt es an hinreichender Gewähr dafür, dass das ermittelte Wahlergebnis den Wählerwillen korrekt wiedergibt. Dabei ist die Aufklärung entsprechend dem Sinn des Substantiierungsgebots zunächst auf die Prüfung zu beschränken, ob sich die gerügten Verfahrensfehler bei der Auszählung der Stimmen ereignet haben. Ist dies der Fall, so haben sich die Ermittlungen der Frage zuzuwenden, ob die festgestellten Mängel des Zählverfahrens Auswirkungen auf das im konkreten Fall in Zweifel gezogene Wahlergebnis und darüber hinaus auf die Zuteilung von Mandaten haben (vgl dazu BVerfG Beschluss vom 12.12.1991  2 BvR 562/91  BVerfGE 85, 148, juris RdNr 40). Allein die Behauptung einer fehlerhaften Auszählung der Stimmen genügt jedoch nicht, um schlüssig einen mandatsrelevanten Wahlfehler darzulegen. Einen mandatsrelevanten Mangel während der Auszählung der Stimmen haben die Kläger danach nicht substantiiert dargelegt.

69
Soweit die Kläger eine fehlerhafte und unzulässige Auszählung der Stimmen durch Externe rügen und dies mit der Anzahl der ungültigen Stimmen begründen, wird ein Wahlfehler nicht schlüssig behauptet. Die Auszählung der Stimmen ist nicht durch Externe erfolgt. Der gegenteiligen Behauptung der Kläger ist die Beklagte entgegengetreten und hat erklärt, die Auszählung sei nicht durch Externe erfolgt. Dies hat sie mit ihrem Schreiben vom 15.11.2016 an das Bundesversicherungsamt über die Meldung einer Unterstützungsleistung für die Wahl durch Externe im Gerichtsverfahren belegt. Danach sollte die Unterstützung durch externe Dienstleister ua die prozessbegleitende Dokumentation und Verwaltung von Versanddaten, die versandfertige Bereitstellung der Wahlunterlagen sowie den Versand und die Zustellung von Wahlunterlagen, nicht jedoch die Auszählung der Stimmen betreffen. Entsprechend den gesetzlichen Regelungen zählten die Mitglieder des Wahlausschusses als Mitglieder der Briefwahlleitung die Stimmen aus (vgl § 5 Abs 1 Satz 2 SVWO). Belegt wird dies durch die gemäß § 5 Abs 7 sowie § 57 Abs 2 SVWO erstellte Wahlniederschrift vom 20.6.2017 nebst Besucherliste. Danach erfolgte die Behandlung der Wahlbriefe und die Ermittlung der Wahlergebnisse durch die täglich anwesenden Mitglieder in öffentlicher Sitzung an den in der Niederschrift genannten Tagen. Die Kläger haben die Richtigkeit des Inhaltes der Niederschrift nicht angezweifelt und erst recht nicht den Beweis der Unrichtigkeit angetreten. Soweit die Niederschrift eines Wahlausschusses eine öffentliche Urkunde iS des § 415 Abs 1 ZPO ist, erbringt sie nach § 415 Abs 2 ZPO iVm § 202 SGG vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs, der nur durch Gegenbeweis nach Maßgabe des § 415 Abs 2 ZPO widerlegbar ist (vgl hierzu Hessischer VGH Beschluss vom 11.3.2021  7 A 2615/20.Z  juris RdNr 19). Der von den Klägern beanstandete hohe Anteil ungültiger Stimmen spricht nicht gegen die ordnungsgemäße Auszählung der Stimmen. Die Beklagte hat dazu unwidersprochen ausgeführt, dass sich deren Anzahl im Rahmen des Üblichen halte.

70
III. Eine Wahlwiederholung war nicht anzuordnen, denn die Wahl war gültig; es lagen keine mandatsrelevanten Wahlmängel vor.

71
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungs und Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner (§ 159 Satz 2 VwGO).

 

Rechtskraft
Aus
Saved