1. Das Recht auf Akteneinsicht kann nicht in einem gesonderten Klage- oder einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen das Gericht durchgesetzt werden, sondern ist innerhalb des laufenden Verfahrens geltend zu machen.
2. Da der geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht für ein noch laufendes erstinstanzliches Verfahren weder im Klagewege noch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden kann, gibt es kein anderes Gericht der Hauptsache, an das der Rechtsstreit durch das LSG zu verweisen wäre.
3. Es besteht schon kein Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Verfahren, wenn noch nicht einmal Akteneinsicht beantragt worden ist und demzufolge keine Versagung oder Beschränkung der Akteneinsicht iSv § 120 Abs. 4 Satz 1 SGG vorliegt.
Der Antrag wird abgelehnt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1956 geborene Antragsteller, der über keinen festen Wohnsitz verfügt und als Postanschrift die Ökumenische Bahnhofsmission M. angibt, hat am 18. Juli 2022 beim Landessozialgericht (LSG) zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Als Antragsgegner hat er das Sozialgericht (SG) Magdeburg angegeben. In einem bei Antragstellung eingereichten Schriftstück hat er unter Verweis auf insgesamt 21 sozialgerichtliche Aktenzeichen – u.a. das Aktenzeichen S 14 VE 9/22 – ausgeführt, es gehe ihm um „die unverzügliche Gewährung [s]einer gesetzlich festgelegten Rechte und Informationen, insbesondere die Vorlage und Einsicht in alle Akten und Dokumente von Seiten der Beklagten und deren Mitbeteiligten und den Kammern des Sozialgerichts Magdeburg“ in den aufgeführten Verfahren. Dies werde ihm seit Jahren vorsätzlich verweigert.
Dem Verfahren S 14 VE 9/22 liegt eine Klage des Antragstellers vom 8. Juli 2022 gegen das Land Sachsen-Anhalt zugrunde. Der Antragsteller hat dort ausweislich des auch von ihm unterschriebenen Protokolls der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beim SG Magdeburg soziale Entschädigung sowie im Weiteren wörtlich Folgendes beantragt:
Alle Aufwendungen gehen zu Lasten der Beklagten.
Die unverzügliche Gewährleistung meiner Grund- und Menschenrechte, da ich kein Geld erhalte.
Die unverzügliche Gewährung meiner gesetzlich festgelegten Rechte und Informationen sowie notwendige Mittel zur Führung des Verfahrens.
Die unverzügliche Beantwortung folgender Fragen:
Was heißt Notfall?
Welche gesetzlichen Bestimmungen/Festlegungen gibt es dazu?
Ist Nixtun im Notfall eine Straftat?
Im Weiteren führt er aus, dass die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Angelegenheiten der sozialen Entschädigung entscheiden würden. Mit der Klage könne soziale Entschädigung begehrt werden, auch wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen habe. Alles sei aktenkundig. Da ihm die Akten und Dokumente verweigert würden, könne er keine beweiserheblichen Schriftstücke vorlegen.
Das im Verfahren S 14 VE 9/22 beklagte Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Landesverwaltungsamt, hat entgegnet, dass der Kläger nicht bekannt sei. Ein Vorgang habe nicht ermittelt werden können.
Der Senat hat die Prozessakte des SG Magdeburg beigezogen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Der Antragsteller begehrt vorliegend Akteneinsicht und Informationen in Bezug auf das erstinstanzlich beim SG Magdeburg unter dem Aktenzeichen S 14 VE 9/22 geführte Verfahren. Antragsgegner ist bei der entsprechend § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Auslegung und unter Berücksichtigung des Rechtsträgerprinzips (§ 70 Nr. 1 SGG) das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Präsidenten des SG Magdeburg, da der Antragsteller ausdrücklich eine Verpflichtung dieses Gerichts begehrt. Von seinem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz dagegen nicht umfasst ist sein in dem Klageverfahren S 14 VE 9/22 gegen das Land Sachsen-Anhalt verfolgtes Begehren auf „soziale Entschädigung“. Der Antrag ist zudem nicht als Beschwerde gegen eine Entscheidung des SG Magdeburg in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts auszulegen, weil eine solche nicht existiert.
Der Antrag ist abzulehnen, weil er unzulässig ist.
Diese Entscheidung kann der Senat selbst treffen; insbesondere bedarf es keiner Verweisung entsprechend § 98 SGG an das SG wegen einer etwaigen instanziellen Unzuständigkeit des LSG. Über Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung entscheidet gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG das Gericht der Hauptsache. Der Antragsteller macht mit dem Begehren auf Akteneinsicht als Beteiligter ein prozessuales Recht geltend, das sich aus seiner Beteiligtenstellung (§ 69 SGG) eines noch anhängigen gerichtlichen Verfahrens ergibt. Das für das sozialgerichtliche Verfahren in § 120 SGG einfachgesetzlich geregelte Recht auf Akteneinsicht dient der Verwirklichung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz. Dieses Recht kann nicht in einem gesonderten Klage- oder einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen das Gericht durchgesetzt werden (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. September 2014 – L 20 R 680/14 B ER –, juris Rn. 13 ff.; Burkiczak in: jurisPK-SGG, 2. Auflage 2022, § 86b Rn. 369), sondern ist innerhalb des laufenden Verfahrens geltend zu machen. Liegt eine Verletzung des Rechts vor, kann diese im Rahmen eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung der Hauptsache als Verfahrensfehler gerügt werden (Bundessozialgericht, Urteil vom 15. November 2007 – B 3 KR 13/07 R –, juris Rn. 16; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 120 Rn. 7). Da der geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht für ein noch laufendes erstinstanzliches Verfahren folglich weder im Klagewege noch im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden kann, gibt es kein anderes Gericht der Hauptsache, an das der Rechtsstreit zu verweisen wäre.
Hier ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bereits deswegen unzulässig, weil schon kein Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Verfahren vorliegt. Ein solches besteht u.a. nicht, wenn das erstrebte Ziel ohne Einschaltung des angerufenen Gerichts zu erreichen ist (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b Rn. 26b). Vorliegend hat der Antragsteller noch nicht einmal Akteneinsicht beim SG bezogen auf das erst am 8. Juli 2022 erhobene Klageverfahren S 14 VE 9/22 beantragt, sondern sich auf eine frühere „Verweigerung von Informationen“ bezogen. Daraus erschließt sich in keiner Weise, in welche konkreten Unterlagen er Einsicht verlangt hatte. Demzufolge liegt keine Versagung oder Beschränkung der Akteneinsicht im Sinne von § 120 Abs. 3 Satz 1 SGG durch den Vorsitzenden der 14. Kammer vor. Darüber hinaus existiert im Bereich des sozialen Entschädigungsrechts, insbesondere nach dem Opferentschädigungsgesetz, weder ein Verwaltungsvorgang, da der Antragsteller bei dem Landesverwaltungsamt hinsichtlich eines entsprechenden Begehrens insoweit unbekannt ist, noch ein früherer gerichtlicher Vorgang. Dem Gericht stünden daher auch keine Akten zur Verfügung, deren Einsicht es verweigern würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).