I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 15. März 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Feststellung einer Folge der anerkannten Berufskrankheit (BK) Nr. 3102 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV).
Der 1965 geborene Kläger war als Deponiearbeiter beim Landkreis Gießen beschäftigt und bei der Beklagten unfallversichert. Überwiegend war er auf der Deponie C-Stadt eingesetzt. Im Jahr 2011 weidete auf dem Nachbargrundstück der Deponie eine Herde Schafe, die mit Q-Fieber befallen war. Im Frühjahr 2012 hielt sich der Schäfer mit seinen Hunden mehrfach auf dem Deponiegelände auf, um mit den Mitarbeitern die Beweidung im Jahr 2012 zu besprechen. Am 5. April 2012 traten bei dem Kläger grippale Symptome (Fieber, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Husten) auf. Am 10. April 2012 begab er sich deswegen in die Behandlung seines Hausarztes. Vom 13. April bis 20. April 2012 wurde der Kläger stationär in der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim behandelt, wo bei ihm eine Pneumonie im Lingulasegment links diagnostiziert wurde. Am 26. April 2012 ging bei dem Gesundheitsamt des Landkreises Gießen eine Meldung nach § 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) über den beim Kläger festgestellten Nachweis von Antikörpern gegen den Erreger des Q-Fiebers ein.
In der Stellungnahme der Beklagten zur Arbeitsplatzexposition vom 11. Oktober 2012 wurde ausgeführt, dass sowohl die Exposition bei der Reinigung der Maschinenhalle als auch der Kontakt zum Schäfer und seinen Hunden in etwa zu der vom Robert-Koch-Institut angegebenen Inkubationszeit von zwei bis drei Wochen passten, so dass danach eine berufliche Verursachung der Q-Fieber-Infektion in Betracht zu ziehen sei. Dagegen spreche, dass der Erreger mit dem Staub über weite Strecken transportiert werden könne und es auch in bis zu 2 km von infizierten Herden entfernten Gebieten zu Infektionen kommen könne, das heiße, die Versicherten seien am Arbeitsplatz auf jeden Fall einem ähnlichen Risiko ausgesetzt wie die allgemeine Bevölkerung in diesem Gebiet.
Im Auftrag der Beklagten erstattete Prof. Dr. D., Leiter des Schwerpunktes Infektiologie und HIV, Facharzt für Internistische Intensivmedizin und Infektiologie, Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main, am 24. Juni 2013 ein Fachärztlich-Internistisches Gutachten zur Feststellung einer Berufskrankheit. Hierin führte er aus, die Q-Fieber-Infektion des Klägers stehe mit Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit berufsbedingten schädigenden Einwirkungen im Sinne der Entstehung. Auf dem Areal, auf dem der Kläger seine Arbeit verrichtet habe, sei von einer Kontamination mit Coxiella burnetii, dem Erreger des Q-Fiebers, auszugehen, da vorher eine Herde Schafe dort untergebracht gewesen sei, von der Tiere mit Q-Fieber infiziert gewesen seien.
Die Beklagte holte sodann eine Stellungnahme von Dr. G., Leitender Oberarzt der Inneren Abteilung des DRK Krankenhauses Diez, vom 5. August 2013 ein, in der dieser ausführte, dass die Q-Fieber-Erkrankung des Klägers ausgeheilt sei und keine dauerhafte Minderung der Erwerbsfähigkeit bewirke. Dementsprechend brauche keine Chronifizierung der Erkrankung diskutiert werden. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit liege eine BK Nr. 3102 vor.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2013 erkannte die Beklagte eine Q-Fieber-Infektion des Klägers als BK Nr. 3102 BKV sowie als Folge der Berufskrankheit einen Zustand nach folgenlos ausgeheilter Q-Fieber-Infektion an. Nicht als Folgen der Berufskrankheit wurden ein Diabetes mellitus Typ II, eine eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit und eine eingeschränkte Merkfähigkeit anerkannt. Ein Anspruch auf Rente wegen der Berufskrankheit wurde abgelehnt.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 legte der Kläger Widerspruch ein und begründete ihn damit, dass die Folgekrankheiten wie der Diabetes mellitus, eine eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit und eingeschränkte Merkfähigkeit nicht anerkannt worden seien, obwohl sein Arzt gesagt habe, dass diese Folgen einer schweren Infektion seien. In seinem Schreiben vom 12. März 2014 führte die Hausärztin des Klägers E. aus, seit der Erkrankung mit dem Q-Fieber stelle sich ein Diabetes mellitus Typ II ein. Der Kläger berichte noch heute häufig über Schlappheit und Konzentrationsstörungen. Inwieweit dies noch Restbeschwerden der Q-Fieber-Erkrankung sein könnten, könne sie nicht beurteilen.
Die Beklagte holte daraufhin eine weitere Stellungnahme von Dr. G. vom 22. April 2014 ein, in der dieser darlegte, die Voraussetzungen für die Anerkennung der BK Nr. 3102 hätten bereits nicht vorgelegen, weil eine Exposition gegenüber infizierten Schafen lediglich als möglich eingeschätzt worden sei. Ein Diabetes mellitus werde in der wissenschaftlichen Literatur weder als Folge einer akuten noch einer chronischen Q-Fieber-Infektion jemals beschrieben. Eine anhaltende Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit könne zwar Symptom einer chronischen Q-Fieber-Infektion sein. Diese liege beim Kläger aber eindeutig nicht vor. Denn die Serologien zeigten eine Ausheilung an, und seit dem 21. Mai 2012 seien die Entzündungsparameter nie mehr erhöht gewesen. Der Kläger leide unter anderen Erkrankungen, die seine Beschwerden erklären könnten, nämlich Übergewicht, Hyperlipoproteinanämie, arterieller Hypertonie und Nikotinabusus.
Mit Schreiben vom 17. September 2014 begründete der Kläger seinen Widerspruch ergänzend dahingehend, dass er wegen des Q-Fiebers und der Symptome durchgehend krank gewesen sei. Erst am 1. Oktober 2012 habe er seine Tätigkeit wieder voll aufnehmen können. Diabetes mellitus könne durchaus eine Folgeerkrankung nach einer schweren Infektion sein und sei daher bei ihm als Folgeerkrankung einzustufen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 15. Dezember 2014 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben.
Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Prof. Dr. K., Leiter der Klinischen Infektiologie, Klinik für Innere Medizin, Uniklinik Köln, in Auftrag gegeben. In seinem Gutachten vom 23. Januar 2017 hat er dargelegt, dass bei dem Kläger keine chronische Q-Fieber-Infektion vorliege, es sei von einer durchgemachten Infektion auszugehen. Die akute Q-Fieber-Infektion sei nicht ursächlich für die Entstehung der Zuckerkrankheit. Bei der deutlichen Müdigkeit und Konzentrationsschwäche sowie einer Leistungsminderung, welche bis heute andauerten, handele es sich um ein gut bekanntes und im Rahmen von epidemiologischen Studien nach Massenausbrüchen von Q-Fieber gut untersuchtes und dokumentiertes Krankheitsbild. Bei ca. 20 % der Patienten könne nach einer ausgeheilten, akuten Infektion ein chronisches Müdigkeitssyndrom entstehen, ein sogenanntes Q-Fieber -assoziiertes Fatigue-Syndrom (QFS). Die vom Kläger berichteten Symptome erfüllten nach Art und Dauer die Kriterien für die Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms und seien somit als Folge der akuten Q-Fieber-Infektion zu werten. Die Diagnose Q-Fieber-assoziiertes Fatigue-Syndrom sei zu stellen, wenn eine schwere, über mehr als sechs Monate andauernde Fatigue mit deutlicher Beeinträchtigung der Aktivitäten des täglichen Lebens im direkten zeitlichen Zusammenhang mit einer Q-Fieber-Infektion auftrete, die vor der Infektion nicht vorhanden gewesen sei oder wenn eine deutliche Zunahme nach der Q-Fieber-Infektion vorliege. Die Q-Fieber-Infektion des Klägers stehe mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit im ursächlichen Zusammenhang mit einer berufsbedingten schädigenden Einwirkung im Sinne der Entstehung.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten von Prof. Dr. K. vorgetragen, dass es die Beweismaßstäbe der gesetzlichen Unfallversicherung verkenne, da danach die Folgen eines Versicherungsfalls im sogenannten Vollbeweis gesichert sein müssten. Das Gutachten bestätige aber die Entscheidung der Beklagten, dass bereits die Symptome für ein chronisches Müdigkeitssyndrom nicht objektivierbar seien. Der Gutachter berufe sich insofern allein auf die Angaben des Klägers, die aber keine objektivierbare Grundlage darstellten. Dass die vorgetragenen unspezifischen Beschwerden auch im Zusammenhang mit der Erkrankung an Vorhofflimmern oder dem Nikotinabusus oder der gesicherten Hyperlipoproteinanämie oder der gesicherten benignen essentiellen Hypertonie oder dem vorliegenden Diabetes mellitus Typ II stehen könnten, werde im Gutachten nicht einmal ansatzweise erörtert. Ebenfalls unerörtert bleibe, was es mit der gliösen Veränderung und dem Defekt im Bereich der rechten Kleinhirnhemisphäre auf sich habe. Hinzu komme, dass nach derzeitigen Erkenntnissen Entstehung und Ursache eines chronischen Fatigue-Syndroms generell nicht bekannt seien. Schon insoweit erscheine eine kausale Zuordnung auf dem Boden einer ausschließlich und zudem fraglichen empirischen Sicht mehr als vermessen. Der Sachverständige bestätige im Übrigen, dass die Diagnose einer chronischen Infektion an Q-Fieber nur bei Vorhandensein einer persistierenden Lokalinfektion gestellt werden dürfe und daher bei dem Kläger nicht diagnostiziert werden könne. Eine kognitive Beeinträchtigung sei beim Kläger nicht gesichert.
Die Beklagte hat eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 10. April 2017 vorgelegt, in der dieser ausgeführt hat, der Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms könne nicht gefolgt werden, da der für diese Diagnose gemäß den Kriterien des amerikanischen Center of Disease Control (aus dem Jahr 1988) zwingend notwendige Ausschluss alternativer Ursachen nicht erfolgt sei. Alternativ kämen bei dem Kläger ein Schlafapnoe-Syndrom, Diabetes mellitus II, Adipositas, Fettleber, Hypertonie sowie zerebrale Mikroangiopathie in Betracht. Das chronische Fatigue-Syndrom sei diagnostisch nicht gesichert und hinsichtlich seiner Ursachen ungeklärt. Auch das Hauptkriterium der Erkrankung - Vorliegen einer so erheblichen Beeinträchtigung, dass die vor der Q-Fieber-Erkrankung bestehende Aktivität nicht einmal mehr zur Hälfte erreicht werden könne - werde von dem Kläger nicht erfüllt, da er seine bisherige Tätigkeit nach eigenen Angaben wieder vollzeitig ausübe.
Hierzu hat Prof. Dr. K. eine Stellungnahme vom 21. Juli 2017 vorgelegt, in der er ausgeführt hat, dass die vom Kläger beschriebenen Beschwerden (ausgeprägte Müdigkeit, Konzentrationsstörungen sowie Schlaflosigkeit mit Belastungsintoleranz) während der Initial-Q-Fieber-Infektion begonnen hätten und bis heute andauerten. Die weiteren Nebenerkrankungen des Klägers erklärten weder die Ausprägung der Symptome noch die zeitliche Korrelation zwischen Beginn der Symptome und der Q-Fieber-Infektion. Der Kläger leide an einem allein durch Medikamente und Diät gut eingestellten Diabetes mellitus Typ II ohne Nachweis eines Organschadens. Zudem bestehe eine medikamentös gut eingestellte arterielle Hypertonie. Bei dem Kläger liege bei einem BMI von 29,1 lediglich eine Präadipositas vor, die ebenfalls nicht als Grund für die vermehrte Erschöpfung angesehen werden könne. Der Defekt in der rechten Kleinhirnhemisphäre könne zwar möglicherweise die Schwankschwindel-Symptomatik erklären, gebe jedoch keine andere Erklärung für die weitere Symptomatik. Zusammenfassend lieferten die von Dr. G. aufgeführten alternativen Erkrankungen keine hinreichende Erklärung für den ausgeprägten Symptomkomplex des Klägers, welcher in einer engen zeitlichen Korrelation zur Q-Fieber-Infektion aufgetreten sei und bis heute weiter persistiere. Dagegen werde dieser Symptomkomplex durch das Q-Fieber-assoziierte Fatigue-Syndrom hinreichend erklärt. Die anamnestisch erhobenen Symptome des Klägers erfüllten alle drei Haupt- und eines der beiden Nebenkriterien (Gedächtnisverlust als kognitive Einschränkung der Definition des Institute of Medicine (IOM) von 2015). Die klinische Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms könne daher gestellt werden.
Das Sozialgericht hat sodann von Amts wegen Prof. Dr. F., Arzt für Innere Medizin und Klinische Pharmakologie, Internistisches Praxiszentrum am Krankenhaus Balserische Stiftung Gießen, mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 18. Juli 2018 ausgeführt, nach dem medizinischen Wissensstand müsse die Diagnose chronisches Fatigue-Syndrom gestellt werden, wenn alle Kriterien der aktuellen Leitlinie erfüllt und andere somatische Störungen, pathologische Laborbefunde oder definierte psychische Störungen ausgeschlossen seien. Die aktenmäßig dokumentierten subjektiven Beschwerden des Klägers ohne Nachweis von objektiven Befunden sei mit dem Vorliegen eines chronischen Fatigue-Syndroms vereinbar. Nach den internationalen Konsenskriterien seien beim Kläger die Symptome eines chronischen Fatigue-Syndroms entsprechend den zahlreichen dokumentierten Befunden ausreichend beschrieben. Auch nach den Kriterien des US-amerikanischen Institute of Medicine und der übrigen Leitlinien sei das Vorliegen eines chronischen Fatigue-Syndroms die bei weitem wahrscheinlichste Diagnose. Sonstige Erkrankungen seien nicht geeignet, das Vorliegen eines abnormen Müdigkeitssyndroms zu begründen. So lägen z. B. kein Schlafapnoe-Syndrom („bei fehlendem Schnarchen“) und auch kein Hinweis auf eine Depression vor. Bei ca. 20% der Patienten mit ausgeheilter Q-Fieber-Infektion könne sich ein chronisches Fatigue-Syndrom entwickeln. Die beim Kläger berichteten Symptome erfüllten in Art und Dauer die Kriterien für die Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms und seien somit als Folge der akuten Q-Fieber-Infektion zu werten. Beim Kläger liege ein chronisches Fatigue-Syndrom im Vollbeweis vor. Hierauf seien Funktionseinschränkungen wie insbesondere überschießende Erschöpfung nach Anstrengung, Symptomverschlechterung nach Belastung, verlängerte Erholungsphase, geringe physische und mentale Belastbarkeit, Schlafstörungen, Tagesmüdigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Kreislaufstörungen und Atemprobleme zurückzuführen.
Die Beklagte hat zu dem Gutachten von Prof. Dr. F. ausgeführt, die Aussage, dass keine Hinweise auf eine Depression vorlägen, sei zum einen fachfremd und lasse zum anderen nicht erkennen, worauf sie sich stütze. Vor der Diagnose eines chronischen Fatigue-Syndroms müsse eine psychische Komponente durch fachspezifische Untersuchung ausgeschlossen werden. Unverständlich sei außerdem die Feststellung, wonach ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ebenfalls auszuschließen sei „bei fehlendem Schnarchen“. Hier sei zum Ausschluss eine Diagnostik in einem Schlaflabor erforderlich.
Die Beklagte hat sodann eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 30. September 2018 vorgelegt, in der dieser ausgeführt hat, dass nach der Veröffentlichung des Berichts des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2015 das chronisches Fatigue-Syndrom ein heterogenes Krankheitsbild mit ungeklärter Ätiologie, uneinheitlichen Fallkriterien sowie unsicherer Differentialdiagnostik sei. Für das chronische Fatigue-Syndrom gebe es 20 verschiedene Definitionen. Die am häufigsten benutzte stamme vom Center of Disease Control and Prevention aus dem Jahr 1994. Das chronische Fatigue-Syndrom sei eine Ausschlussdiagnose. Es gebe insbesondere starke Überschneidungen mit psychiatrischen Erkrankungen, z. B. einer Depression. Das Gutachten von Prof. Dr. F. stütze sich allein auf die Angaben des Klägers und lasse eine objektive Beurteilung anhand nachprüfbarer Befunde vermissen. Darüber hinaus stelle ein „Q-Fieber-assoziiertes Fatigue-Syndrom“ bisher keine allgemein anerkannte Krankheitsentität dar. Außerdem könne weder ein Beweis für das Vorliegen der Krankheit erbracht werden, noch liege ein Kausalitätsbeweis vor. Es sei noch nicht einmal ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den Symptomen, die für ein Q-Fieber-assoziiertes Fatigue-Syndrom sprächen, und der Q-Fieber-Infektion nachgewiesen. Eine entsprechende Beweisführung werde in Anbetracht des geringen Kenntnisstandes über das Krankheitsbild nur sehr schwer zu erbringen sein bzw. sei aussichtslos. Unabhängig davon müsse die individuelle Anamnese berücksichtigt werden. Der Zeitpunkt der Q-Fieber-Infektion des Klägers sei nach wie vor unklar. Die in der Kerckhoff-Klinik behandelte Pneumonie sei keine Q-Fieber-Pneumonie gewesen. In den Kriterien eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms werde ein zeitlicher Zusammenhang der Fatigue-Symptome zur Q-Fieber-Infektion gefordert. Fraglich sei aber, wann die akute Q-Fieber-Infektion bei dem Kläger abgelaufen sei. Die Kriterien des Center of Disease Control verlangten, dass die Symptomatik erstmals vorgelegen habe. Diverse Symptome/Krankheiten des Klägers, die als Nebenkriterien eines Q-Fieber-assoziiertes Fatigue-Syndroms in Betracht kämen, hätten allerdings schon früher bestanden, nämlich im März 2002 eine Interkonstalneuralgie, im März 2003 eine akute Belastungsreaktion, im Juni 2003 ein Vorhofflimmern, im Juli 2003 eine Arrhythmie, im November 2003 eine Kreislaufstörung, im Juni 2005 ein Tinnitus aurium, im April 2008 eine Neurasthenie, im Dezember 2008 eine Kreislaufstörung und im April 2009 eine subjektive Sehstörung.
Zu dieser Stellungnahme hat Prof. Dr. F. unter dem 25. Oktober 2018 dargelegt, alle in den Akten enthaltenen Befunde aufgeführt und objektiv bewertet zu haben. Bei diesen vielen ärztlichen Befunden handele es sich um Symptome, die mit einem chronischen Fatigue-Syndrom gut vereinbar seien. Die typischen Symptome eines chronischen Fatigue-Syndroms des Klägers seien von insgesamt sechs verschiedenen Ärzten ausführlich beschrieben worden. Lediglich von Dr. G. würden die Beschwerden eines chronischen Fatigue-Syndroms bestritten. Seit mehr als 20 Jahren werde das chronischen Fatigue-Syndrom in der internationalen Literatur zusammenfassend als ein Krankheitsbild beschrieben, das weit über reine Müdigkeitsgefühle hinausgehe und eine zentrale Erschöpfung von Körper und Seele beschreibe. Die Darstellung des chronischen Fatigue-Syndroms sei von dem medizinischen Wissensstand in mehreren Leitlinien festgehalten worden. Daher könne nicht einfach behauptet werden, dass es bei dieser Krankheit an einer nachvollziehbaren Definition und an klaren Regeln zu einer Diagnose fehle. Eine Fibromyalgie komme bei dem Kläger nicht in Betracht. Angesichts der vorliegenden ärztlichen Befunde des Klägers könnten andere Ursachen der Müdigkeit und Leistungsschwäche ausgeschlossen werden.
Hierzu hat die Beklagte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. G. vom 5. Januar 2019 vorgelegt, in der dieser ausgeführt hat, dass für das „Q-Fever Fatigue Syndrome“ sowohl eine Definition als auch Diagnosekriterien fehlten. Ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Q-Fieber-Infektion und einem Erschöpfungssyndrom sei bisher nicht bewiesen. Entgegen den Ausführungen von Prof. Dr. F. gebe es keine internationale Leitlinie zum Q-Fieber-Fatigue-Syndrom, der Stand der medizinischen Wissenschaft zu diesem Thema sei reichlich zerstritten. Die Kriterien des Center of Disease Control and Prevention hinsichtlich des Chronic-Fatigue-Syndrome erfülle der Kläger nicht. Aktenkundig sei im April 2008 eine Arbeitsunfähigkeit bei Neurasthenie. Diese gehe mit ähnlichen Symptomen einher wie das Chronic-Fatigue-Syndrome. Insofern erfülle der Kläger die in der Definition genannte Voraussetzungen nicht, da danach in der Vorgeschichte keine ähnlich gelagerte Symptomatik vorgekommen sein solle. Die in der Definition bestehende Forderung, dass die Fatigue-Symptomatik sich nach Bettruhe nicht bessern solle, sei beim Kläger nicht überprüft worden. Ferner müsse eine Vielzahl der in den Hauptkriterien aufgeführten konkurrierenden Erkrankungen ausgeschlossen werden. Dies sei beim Kläger nicht der Fall. Der Kläger erfülle auch nicht die britischen Chronic-Fatigue-Syndrome-Kriterien, wonach eine organische Hirnerkrankung ausgeschlossen werden müsse. Denn ein am 5. April 2016 durchgeführtes MRT des Hirnschädels habe bei ihm einen Hinweis auf eine zerebrale Mikroangiopathie und einen Defekt in der rechten Kleinhirnhemisphäre ergeben.
Mit Urteil vom 15. März 2019 hat das Sozialgericht die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 12. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2014 verurteilt, bei dem Kläger ein „Chronik-Fatique-Syndrom“ als weitere Folge der anerkannten BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt, es seien auch diejenigen Syndrome dem Grunde nach als Krankheit anerkennungswürdig, die sich auch in einem der internationalen Diagnostiksysteme (ICD-10, DSM V) wiederfänden. Insofern sei auch das Chronic-Fatigue-Syndrome dem Grunde nach als Krankheit feststellbar, denn es sei in der ICD-10 unter G 93.3 als chronisches Müdigkeitssyndrom enthalten. Dieses Chronic-Fatigue-Syndrome sei beim Kläger auch nachgewiesen, was sich insbesondere aus den Feststellungen von Prof. Dr. F. ergebe. Zwar sei die Diagnose auf die subjektiven Angaben des Klägers angewiesen, diese seien jedoch nach Ansicht der Kammer äußerst glaubhaft und zögen sich stringent durch das gesamte Verfahren. Die Einwendungen von Dr. G. seien hingegen theoretischer Natur und beruhten rein auf Aktenlage und eben gerade nicht auf einer Untersuchung des Klägers. Das Chronic-Fatigue-Syndrome sei auch auf die Q-Fieber-Infektion zurückzuführen. Die Kammer schließe sich den im Verfahren gehörten Sachverständigen an, die übereinstimmend hierzu ausgeführt hätten, dass dies der herrschenden wissenschaftlichen Lehrmeinung entspräche. Prof. Dr. F. habe insbesondere hierzu zahlreiche Literatur angeführt und detailliert in seinem Gutachten auf den Kläger angewandt. Diese Ausführungen entsprächen auch denen von Prof. Dr. K. Insoweit habe die Kammer keine Zweifel an diesen Feststellungen der beiden auf dem Gebiet „herausragenden“ Sachverständigen.
Am 10. Mai 2019 hat die Beklagte Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Das Landessozialgericht hat von Amts wegen ein Gutachten bei Dr. S., Facharzt für Neurologie, in Auftrag gegeben. Dieser hat in seinem Gutachten vom 2. Oktober 2019 ausgeführt, bei der „Diagnose“ des Chronic-Fatigue-Syndrome handele es sich um eine Nominaldefinition, die letztlich willkürlich und daher auch nicht allgemeinärztlich akzeptiert sei. Eine operationalisierte Definition des Chronic-Fatigue-Syndrome sei vom Centre for Disease Control and Prevention (CDC) beschrieben worden. Zur Diagnosestellung müssten bestimmte Aspekte erfüllt sein, jeder der folgenden: Substantielle Reduktion oder Beeinträchtigung der Fähigkeit im Arbeitsbereich, Sozialbereich oder persönlichen Bereich, welche länger als sechs Monate besteht und mit Müdigkeit verbunden ist und nicht durch Ruhe wesentlich verbessert wird; allgemeines Krankheitsgefühl nach Belastung; nicht erfrischender Schlaf. Eines der folgenden weiteren Kriterien müsse zusätzlich erfüllt sein: Kognitive Beeinträchtigung oder orthostatische Probleme. Die Häufigkeit der Symptome müsste mindestens in der Hälfte der Zeit vorliegen und mindestens zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führen. Der Kläger beklage im Kern einen gestörten Schlaf mit wiederholtem nächtlichen Erwachen und Grübeln in der zweiten Nachthälfte sowie Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten bei der Arbeit als Maschinentechniker und Schlappheit nach konzentrierter Arbeit oder einem normalen Arbeitstag. Ferner würden wiederholte Schwindelattacken angegeben. Der erhobene klinisch-neurologische Untersuchungsbefund stelle sich in allen Einzelheiten regelrecht dar. Dieser Befund stütze mindestens nicht die subjektiven Angaben des Klägers. Es könne im Folgenden somit nur um eine Plausibilitätsprüfung gehen. Hier sei festzustellen, dass eine namhafte und funktionell bedeutsame Einschränkung der Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit und auch der Fähigkeit außerberuflicher Teilhabe im persönlichen Bereich, auch beim Sport, objektiv nicht vorlägen, ebenso wenig wie wesentliche Krankheitstage lägen nicht vor. Beschwerden von Seiten der Vorgesetzten hinsichtlich der Qualität der Arbeit seien ebenfalls nicht vorgetragen. Eine rege, auch nach beruflicher Tätigkeit durchgeführte Alltagsaktivität mit Werkstattarbeit und Versorgung eines großen Hauses und eines großen Gartens sprächen gegen das Vorliegen einer namhaften Beeinträchtigung durch Müdigkeit. Unter Anwendung der vom Centre for Disease Control and Prevention vorgeschlagenen operationalisierten Kriterien zur Diagnose eines Chronic-Fatigue-Syndrome könne festgestellt werden, dass die Kriterien im vorliegenden Fall nicht erfüllt würden. So liege bereits eine wesentliche und namhafte beeinträchtigte Leistungsfähigkeit bei der Arbeit und im sozialen Bereich nicht vor. Zwar liege anamnestisch eine Schlafstörung vor. Der Kläger berichte indes, dass die Müdigkeit erst im Laufe des Tages auftrete, so dass nicht von einem nicht erfrischenden Schlaf gesprochen werden könne. Kognitive Beeinträchtigungen fänden sich nicht. Eine orthostatische Intoleranz sei nicht vorbeschrieben. Die vom Kläger beschriebenen Beschwerden könnten im Sinne einer Nominaldefinition als begriffliches Konstrukt auch als Ausdruck einer Störung aus dem depressiven Formenkreis, eine Neurasthenie oder einer vegetativen Dystonie beschrieben werden. Die vom Kläger geklagte subjektive Beschwerdesymptomatik könne zwar möglicherweise ursächlich auf eine durchgemachte Infektionskrankheit (hier als Berufskrankheit anerkanntes Q-Fieber) zurückzuführen sein. Überwiegend wahrscheinlich oder gar sicher sei dies keineswegs. Der bloße zeitliche Zusammenfall zweier Ereignisse belege noch nicht deren Kausalzusammenhang. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21. Dezember 2020 hat Dr. S. ausgeführt, die im Gutachten getroffenen Schlüsse und Ausführungen gölten auch für das chronische Müdigkeitssyndrom G93.3 (ICD-10).
Zur Begründung der Berufung trägt die Beklagte vor, der zur Anerkennung einer Unfallfolge in der gesetzlichen Unfallversicherung unbedingt erforderliche Nachweis eines Chronic-Fatigue-Syndrome mit dem Beweisgrad der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit sei nicht erfüllt. Dr. G. habe darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Chronic-Fatigue-Syndrome um eine Diagnose handele, die einzig durch Ausschluss aller konkurrierenden Erkrankungen gestellt werden könne. Dieser Ausschluss sei allerdings bei dem Kläger nicht vollständig erfolgt. Insoweit werde auf die Ausführungen von Dr. G. im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen. Insbesondere der Umstand, dass bislang nicht einmal eine Untersuchung in einem Schlaflabor durchgeführt worden sei, sei entscheidend dafür, dass konkurrierende Ursachen für die körperlichen Beschwerden des Klägers nicht vollständig ausgeschlossen werden könnten. Die Ausführung von Prof. Dr. K., dass die vom Kläger angegebenen Krankheitssymptome bei 20 % aller Q-Fieber-Infizierten auftreten könnten, so dass auch die Diagnose eines Chronic-Fatigue-Syndrome erfüllt sei, sei nicht geeignet, einen Vollbeweis im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung darzustellen. Das Gutachten setze sich zudem nicht mit eventuellen konkurrierenden Ursachen hinreichend auseinander. Auch Prof. Dr. F. behandele konkurrierende Ursachen nicht hinreichend. Seine Aussage, dass keine Hinweise für eine Depression vorlägen, sei für ihn als Arzt der Inneren Medizin fachfremd. Zudem lasse sein Gutachten nicht erkennen, worauf er diese Aussage stütze. Vor einer Diagnose Chronic-Fatigue-Syndrome müssten psychische Komponente durch fachspezifische Untersuchungen ausgeschlossen werden. Unverständlich sei zudem die Feststellung, dass ein Schlaf-Apnoe-Syndrom ebenfalls auszuschließen sei „bei fehlendem Schnarchen“. Auch hier bleibe unklar, wie der Gutachter zu dieser Erkenntnis gelange, ohne die hierfür erforderlichen Untersuchungen selbst durchgeführt oder bei Ärzten anderer Fachrichtungen in Auftrag gegeben zu haben. Auch die beim Kläger teilweise bereits lange vor der Q-Fieber-Infektion vorliegenden Gesundheitsstörungen erschienen geeignet, die geklagten gesundheitlichen Einschränkungen bezüglich Leistungsfähigkeit und Konzentration des Klägers zu verursachen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 15. März 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er trägt vor, die Angabe im Gutachten von Dr. S., er grüble nachts häufig, sei so von ihm nicht gemacht worden. Er habe auch nicht angegeben, dass die Symptomatik oft von Panik begleitet würde. Lediglich beim ersten Auftreten der Symptomatik habe er Panik bekommen und dies auch so angegeben. Falsch sei auch die Angabe im Gutachten, dass schon die Antikörperbestimmung vom 23. April 2013 eine Ausheilung der Erkrankung gezeigt habe. Dr. H. habe noch in seiner Untersuchung vom Oktober 2015 entsprechende Antikörper/Titer festgestellt. Nicht korrekt sei auch die Angabe im Gutachten, dass der Garten 700 m² groß sei, vielmehr sei das gesamte Grundstück 700 m² groß. Nicht enthalten sei in dem Gutachten zudem sein Bericht, dass er sich öfters an der Arbeitsstelle zurückziehen müsse, da ihn die Müdigkeit bzw. die Schlappheit überkomme. Sehr oft müsse er sich nach der Rückkehr nach Hause sofort hinlegen. Zudem habe er dem Sachverständigen auch erzählt, dass er häufig in den unmöglichsten Positionen plötzlich einschlafe. Nicht ersichtlich sei zudem, woher der Sachverständige wissen wolle, dass die Beschwerden von Seiten seiner Vorgesetzten hinsichtlich der Qualität der Arbeit nicht vorgetragen würden. Er könne froh sein, dass sein Arbeitgeber seine aufgrund der Q-Fieber-Infektion gegebenen Schwächen akzeptiere und toleriere.
Der Berichterstatter hat am 27. November 2020 mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt. Wegen dessen Inhalts wird auf das Protokoll vom 27. November 2020 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Beklagtenakte Bezug genommen, die der Entscheidungsfindung zugrunde gelegen haben.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 SGG.
Die zulässige Berufung ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht den angegriffenen Bescheid der Beklagten abgeändert und diese verurteilt, bei dem Kläger ein Chronic-Fatigue-Syndrome als weitere Folge der anerkannten BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung eines „Chronik-Fatique-Syndroms“ als weitere Folge der BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV. Denn diese Erkrankung wurde nicht rechtlich wesentlich durch die BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV verursacht.
Die Anerkennung einer Berufskrankheitsfolge setzt das Vorliegen der Berufskrankheit und der Gesundheitsstörung sowie eine rechtlich wesentliche Verursachung der Gesundheitsstörung durch die Berufskrankheit (haftungsbegründende Kausalität) voraus.
1. Die BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV liegt vor.
Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit erleiden. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Als eine solche Berufskrankheit ist in der Anlage 1 zur BKV unter Nr. 3102 formuliert „Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten“.
Die BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV wurde von der Beklagten anerkannt. Daher kann dahinstehen, ob ihre Voraussetzungen überhaupt vorliegen und hierbei insbesondere, ob der Verzicht auf die Feststellung einer konkreten Einwirkung und das bloße Abstellen auf die abstrakte Gefahr des Arbeitens auf der Deponie und der Nähe zu einer an Q-Fieber erkrankten Herde den Anforderungen einer im Vollbeweis festzustellenden Einwirkung noch genügt (siehe dazu BSG, Urteil vom 27. Juni 2017, B 2 U 17/15 R, juris, Rn. 14).
2. Die sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung eines Chronic-Fatigue-Syndrome als Berufskrankheitsfolge liegen jedenfalls nicht vor.
a) Ob ein Chronic-Fatigue-Syndrome überhaupt als Folge einer Berufskrankheit anerkannt werden kann, mag ebenfalls dahinstehen. Jedenfalls für psychische Gesundheitsstörungen fordert das BSG, dass deren Feststellung aufgrund eines der üblichen Diagnosesysteme unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen erfolgt (Urteil vom 9. Mai 2006, B 2 U 1/05 R, juris, Rn. 22). Eine Erkrankung mit der Bezeichnung „Chronic-Fatigue-Syndrome“ ist aber – soweit ersichtlich - nicht in einem medizinischen Diagnosesystem enthalten. Der Sache nach entspricht dieses Chronic-Fatigue-Syndrome nach den Ausführungen von Dr. S., denen der Senat folgt, aber einem chronischen Müdigkeitssyndrom, das in der ICD-10 unter G 93.3 als Krankheit aufgeführt ist. Daher gelten die Ausführungen für das Chronic-Fatique-Syndrome/chronische Fatigue-Syndrom gleichermaßen für das chronische Müdigkeitssyndrom.
b) Allerdings hat der Kläger keinen Anspruch auf die Anerkennung eines chronischen Müdigkeitssyndroms als Folge der anerkannten Berufskrankheit.
(1) Bei dem Kläger ist bereits kein chronisches Müdigkeitssyndrom nachgewiesen. Die Anerkennung einer Berufskrankheitsfolge setzt den Vollbeweis der Krankheit voraus. Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Ein chronisches Müdigkeitssyndrom setzt unter anderem eine erhebliche Einschränkung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit voraus. Der Senat tritt insofern zunächst der Einschätzung von Dr. S. bei, wonach eine namhafte und funktionell bedeutsame Einschränkung der Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit und auch der Fähigkeit außerberuflicher Teilnahme im persönlichen Bereich, beim Sport, Voraussetzungen der Diagnostik eines chronischen Müdigkeitssyndroms sind und dass diese beim Kläger objektiv nicht vorliegen. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger nach wie vor seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht und neben Alltagsaktivitäten auch sein Haus und seinen Garten unterhält, wären hierzu substantielle Einschränkungen vom Kläger vorzutragen gewesen. Die bloße Behauptung, an den unmöglichsten Stellen einzuschlafen und die Arbeit nicht mehr wie früher durchführen zu können, ist insoweit nicht ausreichend.
Nicht erkennbar ist zudem, inwiefern ein nicht erfrischender Schlaf vorliegen könnte, was nach den Ausführungen von Dr. S., denen der Senat folgt, ebenfalls eine Voraussetzung für die Diagnose eines chronischen Müdigkeitssyndroms ist. Die bloße Behauptung von Schlafstörungen und von Müdigkeit im Laufe des Tages ist insoweit ebenfalls nicht ausreichend.
Dr. S. konnte zudem bei dem Kläger auch keine kognitiven Beeinträchtigungen erkennen. Eine orthostatische Intoleranz sei zudem nicht vorbeschrieben.
Gegen die Annahme eines chronischen Müdigkeitssyndroms spricht auch, dass es sich hierbei um eine Ausschlussdiagnose handelt. Dies entspricht der Einschätzung des Robert-Koch-Instituts und auch den Darlegungen von Dr. G. und Prof. Dr. F. Der Senat teilt die Einschätzung von Dr. G., dass bei dem Kläger zahlreiche Erkrankungen in Betracht kommen, die Symptome des chronischen Müdigkeitssyndroms verursachen könnten, zum Beispiel ein (nicht abgeklärtes) Schlafapnoe-Syndrom, ein Diabetes mellitus II, eine Adipositas, eine Fettleber, eine arterielle Hypertonie oder auch eine cerebrale Mikroangiopathie. Der Senat folgt ferner den Ausführungen von Dr. G., wonach der Kläger im April 2008 an einer Neurasthenie litt und diese mit ähnlichen Symptomen einhergeht wie das chronische Fatigue-Syndrom, so dass der Kläger die Voraussetzung nicht erfüllt, dass in der Vorgeschichte keine ähnlich gelagerte Symptomatik vorgekommen ist. Der Senat tritt zudem der Einschätzung von Dr. S. bei, wonach die vom Kläger beschriebenen Beschwerden auch als Ausdruck einer Störung aus dem depressiven Formenkreis, einer Neurasthenie oder einer vegetativen Dystonie beschrieben werden könnten.
Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat nicht der Einschätzung von Prof. Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 21. Juli 2017 anzuschließen, wonach die weiteren Nebenerkrankungen des Klägers weder die Ausprägung der Symptome noch die zeitliche Korrelation zwischen Beginn der Symptome und der Q-Fieber-Infektion erklären könnten.
Nicht ausreichend für den erforderlichen Vollbeweis eines chronischen Müdigkeitssyndroms ist, wenn Prof. Dr. F. in seinem Gutachten vom 18. Juli 2018 ausführt, das Vorliegen eines chronischen Fatigue-Syndroms sei die „bei weitem wahrscheinlichste Diagnose“. Erforderlich ist insofern nämlich ein Vollbeweis, nicht lediglich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit.
(2) Selbst, wenn bei dem Kläger ein chronisches Müdigkeitssyndrom im Vollbeweis vorliegen würde, könnte diese Erkrankung nicht rechtlich wesentlich auf die anerkannte Berufskrankheit zurückgeführt werden.
Für die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Krankheit im Sinne der Berufskrankheit und der Berufskrankheitsfolge gilt die Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung (P. Becker, SGb 2010, 131, 136). Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis, wonach jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). In einer zweiten Prüfungsstufe ist die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden können, d. h. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg unerheblichen Ursachen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 13). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit; diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden, sodass die reine Möglichkeit nicht ausreicht (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rn. 20).
Die anerkannte BK Nr. 3102 der Anlage 1 zur BKV ist bereits nicht im naturwissenschaftlichen Sinn ursächlich für ein beim Kläger (eventuell) vorliegendes chronisches Müdigkeitssyndrom. Es ist bereits nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ein (eventuelles) chronisches Müdigkeitssyndrom ohne die Q-Fieber-Infektion nicht eingetreten wäre. Denn die Ursachen für die Entstehung eines chronischen Müdigkeitssyndroms sind bis heute nicht geklärt.
Dr. G. weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass ein Kausalzusammenhang zwischen einer Q-Fieber-Infektion und einem Erschöpfungssyndrom bisher „durch nichts bewiesen“ sei. Eine pathophysiologische Erklärung für einen solchen Zusammenhang sei nicht einmal ansatzweise erkennbar. Dem schließt sich der Senat an. Diese Einschätzung wird durch den Bericht des Robert-Koch-Instituts (2015) bestätigt, wonach das chronische Fatigue-Syndrom ein heterogenes Krankheitsbild mit ungeklärter Ätiologie ist (Seite 3, 13). Auch Prof. Dr. F. räumt in seinem Gutachten vom 18. Juli 2018 ein, dass eine genaue Ursache der Erkrankung bislang nicht geklärt sei und das chronische Fatigue-Syndrom eine Multisystemerkrankung mit Desregulation des Immunsystems, des Nervensystems und des zellulären Energiestoffwechsels sei.
Nicht ausreichend für eine Verursachung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung ist, dass gewisse Folgen „typisch“ für eine Q-Fieber-Infektion sind, wie allerdings Prof. Dr. F. meint. Dieser führt in seinem Gutachten vom 18. Juli 2018 aus, dass sich bei ca. 20 % der Patienten mit einer ausgeheilten Q-Fieber-Infektion auch ohne eine chronische Coxiellen-Infektion ein chronisches Müdigkeitssyndrom entwickeln „könne“ und auch das Q-Fieber-assoziierte Fatigue-Syndrom durch eine schnellere Erschöpfbarkeit als vor dem Auftreten des Q-Fiebers gekennzeichnet sei; die vom Kläger berichteten Symptome erfüllten in Art und Dauer die Kriterien für die Diagnose eines Q-Fieber assoziierten Fatigue-Syndroms und seien „somit“ als Folge der akuten Q-Fieber-Infektion zu werten. Auch diese Ausführungen tragen den Maßstäben der gesetzlichen Unfallversicherung nicht Rechnung. Insbesondere ersetzt ein statistischer Wert („20%“) nicht die naturwissenschaftliche Kausalitätsprüfung in Bezug auf den jeweiligen Versicherten.
Gleiches gilt für die Ausführung von Prof. Dr. K., dass 20 % der an einer Q-Fieber-Infektion Erkrankten ein chronisches Müdigkeitssyndrom entwickelten, die Beschwerden und Symptome des Klägers sowohl „glaubwürdig“ als auch nicht ungewöhnlich seien und dass die von ihm berichteten Symptome in Art und Dauer die Kriterien für die Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms erfüllten und somit als Folge der akuten Q-Fieber-Infektion zu werten seien.
Nicht den Kausalitätsmaßstäben der gesetzlichen Unfallversicherung genügt auch die Ausführung von Prof. Dr. K., wonach die Diagnose eines Q-Fieber-assoziierten Fatigue-Syndroms zu stellen sei, wenn die Fatique in „direktem zeitlichen Zusammenhang“ mit einer Q-Fieber-Infektion auftrete. Dass die Gesundheitsstörung zeitlich unmittelbar nach der Entstehung der Berufskrankheit aufgetreten ist, heißt nicht, dass sie rechtlich wesentlich durch sie verursacht wurde.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 SGG.