L 5 AS 547/21

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 419/19 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 547/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete nach der Mietwerterhebung 2012 in der Fassung der Korrekturberichte vom Februar 2020 sowie Juli 2022 den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept entspicht (vgl Urt v 15.04.2021, L 5 AS 391/19 ZVW).

2. Die von dem Konzeptersteller durchgeführte Gewichtung der erhobenen Daten nach Vermietertypen aufgrund von nunmehr angenommenen signifikanten Preisunterschieden bei sog privaten und institutionellen Vermietern in den einzelnen Vergleichräumen ist nicht zu beanstanden.

3. Nach erfolgter Gewichtung ergibt sich für den Vergleichsraum Quedlinburg (Einpersonenhaushalt) keine höhere anggemessene Bruttokaltmiete als vom Jobcenter bisher berücksichtigt.

 

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Juli 2021 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Widerspruchs- und Klageverfahren zu 1/6. Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand:

 

Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren noch die Gewährung höherer Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum von Dezember 2014 bis Februar 2015 in Form weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH) streitig. 

 

Die am ... 1955 geborene Klägerin bezog seit Januar 2005 Grundsicherungsleistungen vom Beklagten im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann. Dieser verstarb am ... 2012. Die Klägerin erhielt Witwenrente, bewohnte weiterhin die bisherige Mietwohnung in T. (61,57 m²) und bezog Leistungen als Einzelbedarfsgemeinschaft. Unter der Anschrift wohnte auch die Tochter der Klägerin mit Familie in einer eigenen Wohnung. Die Betriebskosten und Heizkosten wurden teilweise von den Mietern an den Vermieter (z.B. Grundsteuer), teilweise jedoch auch direkt an die Versorger (Mitgas, Envia M, Zweckverband Wasserversorgung und Abwasserentsorgung Ostharz) gezahlt. Dabei überwies die Klägerin die Abschläge für das Wohnhaus insgesamt an die Versorger und erhielt eine gleichbleibende Kostenbeteiligung von ihrer Tochter. Nach der Mietbescheinigung vom 1. April 2013 fielen für die Klägerin eine Grundmiete i.H.v. 302,78 €/Monat, Betriebskosten i.H.v. 61,80 €/Monat und Heizkosten i.H.v. 97,01 €/Monat an. Die Warmwassererzeugung erfolgte durch die zentrale Heizungsanlage.

 

Der Beklagte wies mit Schreiben vom 23. September 2013 darauf hin, dass sowohl die Unterkunftskosten als auch die Heizkosten unangemessen hoch seien. Die Werte der Richtlinie würden erheblich überschritten. Es werde Gelegenheit gegeben, die Kosten bis spätestens 10. Januar 2014 zu senken. Der Beklagte gewährte ab April 2014 nur noch die nach seiner Auffassung angemessenen KdUH. Die Klägerin nahm ab Mai 2014 eine befristete Erwerbstätigkeit auf.

 

Am 14. August 2014 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Grundsicherungsleistungen. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19. August 2014 Leistungen i.H.v. 45,04 €/Monat für die Zeit von September 2014 bis Februar 2015. Er berücksichtigte KdUH i.H.v. 328,50 €/Monat (258,50 € Bruttokaltmiete, 70 € Heizkosten) und rechnete das Einkommen der Klägerin aus der Erwerbstätigkeit (402,43 €/Monat brutto) und der Witwenrente (442,23 €/Monat) an.

 

Die Klägerin teilte am 9. Oktober 2014 mit, dass der befristete Arbeitsvertrag zum 31. Oktober 2014 auslaufe. Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 22. Oktober 2014 Leistungen für die Zeit von November 2014 bis Februar 2015 i.H.v. 338,33 €/Monat und rechnete nur noch das Einkommen aus der Witwenrente an.

 

Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 6. November 2014 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2015 zurück. Für die Klägerin ergebe sich kein höherer Leistungsanspruch. Die KdUH seien unangemessen hoch, worauf die Klägerin bereits hingewiesen worden sei. Sie würden nur noch in Höhe der Werte der Unterkunftskostenrichtlinie übernommen. Mit Änderungsbescheid vom 5. Februar 2015 bewilligte der Beklagte Leistungen i.H.v. 346,33 €/Monat für Januar und Februar 2015 und berücksichtigte dabei die Anpassung des Regelbedarfs.

 

Bereits am 28. Januar 2015 hatte die Klägerin Klage beim Sozialgericht Magdeburg (SG) erhoben. Sie hat die Bewilligung höherer KdUH geltend gemacht. Die tatsächlichen Kosten seien angemessen und zu berücksichtigen. Die Richtlinie des Beklagten beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept.

 

Mit Bescheid vom 4. März 2015 hat der Beklagte Leistungen für November und Dezember 2014 i.H.v. 344,83 €/Monat und für Januar und Februar 2015 i.H.v. 352,83 €/Monat bewilligt. Die Richtwerte für die Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung seien rückwirkend zum 1. August 2014 erhöht worden, so dass sich ein höherer Anspruch von monatlich 6,50 € ergebe.

 

Der Beklagte hat am 10. Juni 2020 eine Nachbesserung infolge der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vorgelegt. Danach sei die Wohnung der Klägerin in Thale dem Vergleichsraum Quedlinburg zuzuordnen. Aufgrund der nunmehr maßgeblichen Richtwerte für die KdUH ergebe sich für den Zeitraum von November 2014 bis Februar 2015 ein Nachzahlbetrag i.H.v. 20,50 €/Monat (höhere Heizkosten von 12 €/Monat und höhere Bruttokaltmiete von 8,50 €/Monat). Das Teilanerkenntnis hat die Klägerin am 23. Juli 2021 angenommen.

 

Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 23. Juli 2021 verpflichtet, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 65,30 € für Dezember 2014 und i.H.v. 52,04 €/Monat für Januar und Februar 2015 zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe ihr Begehren zulässigerweise auf die KdUH beschränkt. Diese seien i.H.v. 325,54 €/Monat (Zahlung an den Vermieter) und i.H.v. 93,28 €/Monat (Heizkosten, Zahlung an den Versorger) nachgewiesen. Für Dezember 2014 ergebe sich ein weiterer Betrag i.H.v. 22,50 €. Die nachgewiesenen Kosten für November 2014 lägen unter den bewilligten Kosten. Der Beklagte habe die Kosten nicht auf die Werte der nachgebesserten Richtlinie für Unterkunftskosten und Heizkosten begrenzen dürfen. Es liege insoweit kein schlüssiges Konzept nach der Rechtsprechung des BSG vor.

 

Zurecht sei der Beklagte von einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 m² ausgegangen. Auch die Bildung des Vergleichsraums Quedlinburg, in dem die Wohnung der Klägerin liege, sei nachvollziehbar. Allerdings bestünden hinsichtlich der Repräsentativität der erhobenen Daten durchgreifende Bedenken. Die Datensätze der privaten Vermieter seien mit lediglich 14 % nicht proportional in das Konzept für den Vergleichsraum eingeflossen. Die Stichprobenerhebung bilde daher den Wohnungsmarkt nicht ausreichend ab. Dies gelte auch für die indexbasierte Fortschreibung ab August 2014. Daher sei auf die Werte der Wohngeldtabelle (§ 12 Wohngeldgesetz [WoGG]) nebst Sicherheitszuschlag von 10 % zurückzugreifen. Dies ergebe einen Wert von 338 €/Monat, so dass die nachgewiesene Bruttokaltmiete bis auf Dezember 2014 im angemessenen Bereich liege.

 

Die Angemessenheit der Heizkosten sei getrennt von der Angemessenheit der Bruttokaltmiete zu prüfen. Hierfür biete die Richtlinie des Beklagten keine hinreichende Grundlage. Unter Berücksichtigung des „Bundesweiten Heizspiegels“ (hier Stand Oktober 2013) sei ein Wert von 75 €/Monat für eine Person heranzuziehen. Die tatsächlichen Kosten von 93,28 €/Monat lägen oberhalb des Grenzwerts. Sie seien auch unter Berücksichtigung der Gesamtkosten und der Frage der Zumutbarkeit von Kostensenkungsmaßnahmen nicht zu übernehmen.

 

Gegen das ihm am 8. September 2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 6. Oktober 2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt.

 

Die Nachbesserung mit dem Korrekturbericht vom Februar 2020 habe die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 12/18 R) umgesetzt. Das LSG Sachsen-Anhalt habe die Bildung von drei Vergleichsräumen im korrigierten Konzept 2020 nicht beanstandet (Urteil vom 15. April 2021, L 5 AS 391/19 ZVW). Aufgrund der Neuaufteilung seien die erhobenen Daten neu ausgewertet und die Wohnungsgrößen an die Richtlinie der Wohnbauförderung in Sachsen-Anhalt angepasst worden. Es seien Mietwerte unter 25 m² herausgefiltert worden.

 

Auch die Datenerhebung selbst sei nicht zu beanstanden. Im Vergleichsraum Quedlinburg betrage der Anteil der um Extremwerte bereinigten Wohnungen 11 % des Mietwohnungsbestands. Bei der Auswertung der Daten sei die 4-Jahresregelung angewandt worden. Die systematische Einbeziehung von Neuvertragsmieten sei erfolgt. Zudem seien im Rahmen des iterativen Verfahrens Angebotsmieten einbezogen worden.

 

Die Art und Weise der Datenerhebung sei nachvollziehbar. Die Mietwerterhebung basiere auf einer Vermieterbefragung. Neben größeren Vermietern seien im Landkreis 3.500 kleinere Vermieter angeschrieben worden. Von den insgesamt 7.415 Antworten entfielen 6.556 auf institutionelle und 859 auf private Vermieter. Das Verhältnis von privaten zu institutionellen Vermietern betrage laut Zensus 2011 für den Vergleichsraum Quedlinburg53 %. Bei einer Haushaltsgröße für eine Person liege der Anteil der erhobenen Daten von Privatvermietern bei 13 %. Der Beklagte hat ergänzende Stellungnahmen der Firma A. vom 24. Januar, 24. März, 28. April, 16. Mai und 22. Juli 2022 vorgelegt. Danach sei eine Gewichtung nach verschiedenen Vermietertypen statistisch erforderlich, da die Abweichung der Mieten in den einzelnen Vergleichsräumen signifikant sei. Für den Vergleichsraum Quedlinburg ergebe sich mit der Gewichtung für einen Einpersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 265 €. Der Beklagte hat ergänzend mitgeteilt, dass der Wert nach der Indexfortschreibung ab August 2014 auf 271 € steige und unter der bisher berücksichtigten Bruttokaltmiete liege.

 

Der Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialrechts Magdeburg vom 23. Juli 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen

 

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Sachvortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe:

 

I.

 

Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, da das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat. Der Senat ist daran gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

 

Streitgegenständlich ist der Bescheid vom 22. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2015 in der Fassung der Bescheide vom 5. Februar, 4. März 2015 und des Teilanerkenntnisses vom 10. Juni 2020. Der angefochtene Ausgangsbescheid betrifft die Monate von November 2014 bis Februar 2015. Da das SG den Beklagten zur Zahlung weiterer Leistungen nur für Dezember 2014 bis Februar 2015 verurteilt hat, beschränkt sich hierauf die Überprüfung im Berufungsverfahren.

 

II.

 

Die Berufung des Beklagten ist auch begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung weiterer Leistungen für die KdUH für die Zeit von Dezember 2014 bis Februar 2015.

 

1.

 

Die Klägerin hat bereits vor dem SG den Streitgegenstand auf die Höhe der Leistungen für die KdUH begrenzt. Dies ist grundsätzlich zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, B 4 AS 119/10 R, juris, Rn. 32), führt jedoch vorliegend nicht zu einer Begrenzung des Prüfungsumfangs. Das Einkommen der Klägerin ist ersichtlich höher als der Regelbedarf und hat daher Auswirkungen auf die KdUH. Demzufolge ist eine vollständige Prüfung der Hilfebedürftigkeit der Klägerin erforderlich.

 

2.

 

Die Klägerin ist Berechtigte i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hatte das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7a SGB II noch nicht erreicht, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Sie verfügte über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen.

 

Ihr Regelbedarf betrug im streitigen Zeitraum nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II 391 € für Dezember 2014 und 399 €/Monat für Januar und Februar 2015. Anhaltspunkte für Mehrbedarfe sind nicht gegeben. Die Warmwasseraufbereitung erfolgte nach der Mietbescheinigung vom 19. Februar 2015 durch die zentrale Heizungsanlage, so dass kein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II zu berücksichtigen ist.

 

Der Beklagte hat KdU von 273,50 €/Monat und Heizkosten von 82 €/Monat in die Leistungsberechnung eingestellt.

 

Vom Gesamtbedarf hat er zutreffend das Einkommen aus der Witwenrente i.H.v. 442,23 €/Monat in Abzug gebracht. Hiervon waren die Versicherungspauschale i.H.v. 30 €/Monat und die Kfz-Haftpflichtversicherung (R+V Versicherung, Audi A4) i.H.v. 29,90 €/Monat nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld abzusetzen. Die Kfz-Haftpflichtversicherung für ein weiteres Fahrzeug (Saisonversicherung, Renault 19 Cabrio) war nicht zusätzlich in Abzug zu bringen. Soweit der Beklagte eine Kfz-Haftpflichtversicherung i.H.v. 31,06 €/Monat in die Berechnung eingestellt hat, beruht dies auf einer früheren Versicherungsbescheinigung.

 

Der Beklagte hat für den streitigen Zeitraum Leistungen i.H.v. 365,33 € für Dezember 2014 und i.H.v. 373,33 €/Monat für Januar und Februar 2015 gezahlt. Einen Anspruch auf höhere Leistungen hat die Klägerin nicht.

 

3.

 

Die Klägerin hat insbesondere keinen Anspruch auf Übernahme der Bruttokaltmiete in tatsächlicher Höhe.

 

Dabei kann offenbleiben, welche Bruttokaltmiete tatsächlich zugrunde zu legen ist. In der Mietbescheinigung vom 1. April 2013 hat der Vermieter eine Grundmiete i.H.v. 302,78 € und Betriebskosten i.H.v. 61,80 € mitgeteilt. In der Mietbescheinigung vom 19. Februar 2015 hat er dann eine Grundmiete i.H.v. 302,78 € und Betriebskosten i.H.v. 47,44 € angegeben.

 

Der Beklagte hat die in jedem Fall über dem bewilligten Betrag i.H.v. 273,50 €/Monat liegende Bruttokaltmiete zu Recht nicht berücksichtigt.

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II besteht ein Anspruch auf Leistungen für die KdU und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

 

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit i.S.v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie zu ermitteln. Dabei ist die Prüfung der Bedarfe für Unterkunft und der für die Heizung grundsätzlich getrennt vorzunehmen. Dies gilt ungeachtet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der nach dem streitigen Zeitraum eingeführten Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II (dazu und zum folgenden: BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris).

 

Bei der Prüfung der Angemessenheit der KdU sind in einem ersten Schritt die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete festzulegen. Dabei muss das Produkt aus Wohnfläche und -standard eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete („Referenzmiete“) ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris, Rn. 13). Der Quadratmeterpreis sowie die angemessene Wohnungsgröße ergeben die angemessene Miete. In einem zweiten Schritt ist die konkrete (=subjektive) Angemessenheit im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, zu prüfen. Abschließend ist zu klären, ob die Leistungsberechtigten eine abstrakt angemessene Wohnung hätten anmieten können (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris, Rn. 23).

 

a)

 

Die für eine Absenkung der KdU vorgeschriebene Kostensenkungsaufforderung war erfolgt. Bereits unter dem 23. September 2013 hatte der Beklagte der Klägerin mitgeteilt, dass die KdU unangemessen hoch seien. Sie war aufgefordert worden, die Unterkunftskosten bis zum 10. Januar 2014 zu senken bzw. Senkungsbemühungen vorzulegen. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, mit dem Beklagten in einen Dialog über die für sie angemessenen KdU einzutreten.

 

Die Kostensenkungsaufforderung ist inhaltlich nicht zu beanstanden. Notwendig war nur die Benennung des - seinerzeit - aus Sicht des Beklagten für angemessen gehaltenen Höchstmietpreises (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010, B 4 AS 78/09 R, juris, Rn. 15).

 

Die im Februar 2020 erfolgte Korrektur des Konzepts und die Gewichtung zur Herstellung der Repräsentativität der Datenerhebung im Juli 2022 stellen kein unzulässiges Nachschieben von Gründen für das Kostensenkungsverfahren dar; vielmehr hat der Beklagte die seinerzeit gewonnenen Erkenntnisse lediglich anders bewertet (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, juris, Rn. 28; Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R, juris, Rn. 33). Eine in unzulässiger Weise beeinträchtigte Rechtsverteidigung der Klägerin ist darin ebenfalls nicht zu sehen. Sie hatte Gelegenheit, sich im Klage- und Berufungsverfahren zu den neuen Werten zu äußern.

 

b)

 

Bei der Bestimmung der angemessenen KdU hat der Beklagte zu Recht auf eine Wohnfläche von 50 m² für einen Einpersonenhaushalt abgestellt. Zur Bestimmung der angemessenen Größe ist auf die Wohnungsbauförderungsbestimmungen im Land Sachsen-Anhalt zurückzugreifen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 9. Mai 2012, L 5 AS 2/09, juris, Rn. 37 f.; vgl. auch BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, B 14 AS 61/12 R, juris, Rn. 21). Anhaltspunkte für eine Erhöhung der abstrakt angemessenen Wohnfläche sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.

 

c)

 

Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Angemessenheit“ unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle. Allerdings ist die gerichtliche Überprüfung auf eine nachvollziehende Kontrolle im Sinne einer Verfahrenskontrolle beschränkt (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris, Rn. 26; Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, juris, Rn. 22; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 34). Die Verpflichtung zur Amtsermittlung ist begrenzt durch die Mitwirkungslast der Beteiligten. Eine ins Einzelne gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen - wie etwa Einzelheiten der Repräsentativität und Validität der erhobenen Daten - verlangt, dass fundierte Einwände erhoben werden. Diese müssen insbesondere über ein bloßes Bestreiten der Stimmigkeit der Daten hinausgehen, oder aber auf eine Verletzung der in § 22c SGB II für eine Satzungsregelung enthaltenen Vorgaben hindeuten (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris, Rn. 30; Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 34; bestätigt im Beschluss vom 4. Januar 2022, B 4/14 AS 187/21 B, juris, Rn. 6).

 

d)

 

Die Bestimmung der Vergleichsräume in dem Korrekturbericht vom Februar 2020 ist für den Senat nachvollziehbar und somit nicht zu beanstanden. Die Klägerin ist dem auch nicht entgegengetreten. Der Senat verweist daher vollumfänglich auf sein Urteil vom 15. April 2021 (L 5 AS 391/19 ZVW, juris; Nichtzulassungsbeschwerde vom BSG verworfen mit Beschluss vom 4. Januar 2022, B 4/14 AS 187/21 B, juris; vgl. auch: Urteil des Senats vom 11. August 2022, L 5 AS 339/21, zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Der Vergleichsraum Quedlinburg umfasst neben weiteren Gemeinden auch die Stadt T..

 

e)

 

Der Senat hat auch im Übrigen keine Bedenken gegen die Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete.

 

Die Klägerin hat weder im Klage- noch im Berufungsverfahren fundierte Einwände erhoben. Sie hat lediglich allgemein auf die Angemessenheit ihrer Miete verwiesen. Daher hatte der Senat über die nachvollziehende Verfahrenskontrolle hinaus keine ins Einzelne gehende Überprüfung bestimmter Detailfragen vorzunehmen.

 

Die Mietwerterhebung 2012 in der Fassung des Korrekturberichts vom Februar 2020 in der Gestalt der im Juli 2022 erfolgten Gewichtung der Bruttokaltmiete bei den Bestandsmieten beruht für den hier streitigen Zeitraum auf einem schlüssigen Konzept. Der Beklagte hat im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete gewählt. Die dafür erforderlichen methodischen Voraussetzungen sind erfüllt und nachvollziehbar (vgl. zu den Anforderungen im einzelnen etwa BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 19).

 

Das Konzept des Beklagten ist eine geeignete Entscheidungsgrundlage. Denn es erscheint dem Senat überzeugend und es ist im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig infrage gestellt worden. Der Beklagte hat die Beanstandungen des ursprünglichen Konzepts aus dem Jahr 2012 durch die Nachbesserungen im Februar 2020 und Juli 2022 ausgeräumt. Die zur Ermittlung der angemessenen Kosten gewählten Methoden sind plausibel. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Datenerhebungen und -auswertungen „unschlüssig“, also willkürlich oder widersprüchlich wären oder auf fehlerhaften Prämissen beruhten. Ein Verstoß gegen die vom BSG postulierten Grundsätze ist nicht erkennbar.

 

aa)

 

Der Gegenstand der Beobachtung ist im Einzelnen nachvollziehbar definiert worden. Es wurden Daten aus dem gesamten Landkreis zugrunde gelegt. Dass der Beklagte für die Erhebung der Bestandsmieten keine Datensätze des Beklagten beigezogen hat, ist unschädlich (BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris, Rn. 32).

 

bb)

 

Die Art und Weise der Datenerhebung in den drei Vergleichsräumen ist hinreichend deutlich dargestellt worden und stößt ebenfalls nicht auf Bedenken. Die Mietwerterhebung im Landkreis basierte auf einer umfangreichen Vermieterbefragung. Im Rahmen einer Zufallsstichprobe wurden dann ca. 3.500 kleinere Vermieter angeschrieben. Im Vergleichsraum Quedlinburg konnten von insgesamt 2.234 Datensätzen 298 den kleineren und 1.936 den institutionellen Vermietern zugeordnet werden.

 

Die Angebotsmieten flossen nicht in die Berechnung der relevanten Mietwerte ein, sondern waren maßgeblich für die Prüfung der Anmietbarkeit (Korrekturbericht 2020, S. 13). Diese wurden zudem mit den erhobenen Neuvertragsmieten abgeglichen.

 

In nicht zu beanstandender Weise wurden Wohnungen herausgenommen, die das Ergebnis der Mietwertermittlung verfälschen könnten (Filterfragen, fehlender Plausibilität, Substandard- oder Luxussegment, in Wohn- und Pflegeheimen, gewerblich genutzt, Werkswohnungen, Freundschaftsmieten sowie möblierte Wohnungen).

 

Ebenfalls nicht in die Datenerhebung aufgenommen wurden zunächst Wohnungen mit weniger als 30 m². Es ist aber nachvollziehbar, dass in dem Korrekturbericht vom Februar 2020 die Wohnungsgrößen an die Richtlinien der Wohnungsbauförderung Sachsen-Anhalt angepasst wurden (Korrekturbericht 2020, S. 1) und nunmehr auch Wohnungen von 25 bis unter 30 m² erfasst werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris, Rn. 26 zu „Dresden“).

 

Des Weiteren ist es nicht zu beanstanden, dass die Mieten unberücksichtigt blieben, die vor letztmals mehr als vier Jahren vor der Erhebung neu vereinbart oder verändert worden waren.

 

dd)

 

Auch war der Umfang der erhobenen Daten ausreichend repräsentativ. Insoweit kann auf das Urteil des Senats vom 15. April 2021 (L 5 AS 391/19 ZVW, juris) verwiesen werden.

 

Allerdings stammen die erhobenen Daten nicht proportional von institutionellen Vermietern und sog. „Klein- oder Privatvermietern“. Nach Mitteilung des Beklagten wurden ca. 13 % der Daten von Privatvermietern erhoben. Das Verhältnis der Privatvermieter zu den institutionellen Vermietern beträgt im Vergleichsraum Quedlinburg aber 53 % (laut Zensus 2011). Im vorliegenden Fall hat es der Beklagte für erforderlich angesehen, eine Gewichtung der Datensätze von privaten und institutionellen Vermietern vorzunehmen (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 5. August 2021, B 4 AS 82/20 R, juris, Rn. 40 f.). Hintergrund ist, dass eine Stichprobenauswertung (wie hier bei den „Klein- oder Privatvermietern“) nur dann als repräsentativ bezeichnet werden kann, wenn alle wesentlichen Teilgruppen der Grundgesamtheit entsprechend ihres Anteils in der Stichprobe enthalten sind bzw. bei der Auswertung entsprechend gewichtet werden. Ein unterschiedliches Preisniveau verschiedener Vermietergruppen könnte anderenfalls unberücksichtigt bleiben und der Wohnungsmietmarkt wäre nicht realitätsgerecht abgebildet.

 

Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Entgegen der anfänglichen Behauptung des Beklagten haben in den erhobenen Daten signifikante Preisunterschiede vorgelegen. Dies ergab sich aus den tabellarischen Übersichten den Nettokaltmiete in den einzelnen Vergleichsräumen, die der Beklagte getrennt für die Wohnungsgrößen vorgelegt hat. Die Firma A. hat in den Stellungnahmen vom 28. April, 16. Mai und 22. Juli 2022 dargestellt und bestätigt, dass aufgrund von signifikanten Unterschieden aus statistischen Gründen eine Gewichtung der Vermietertypen geboten war (angewandten Testverfahren: Quantilsregression in R sowie ein T-Test). Bedenken bestehen insoweit nicht. So hat die Firma A. zum einen nachvollziehbar dargelegt, dass die Daten der privaten Vermieter aus dem Vergleichsraum Quedlinburg ausreichend sind, um darauf eine Gewichtung zu stützen (298 Datensätze bei einer erforderlichen Spanne von 68 bis 373 Datensätzen). Zum anderen ist die Methode der Gewichtung selbst anhand einer Beispielsrechnung erläutert und sind sodann die neuen Werte für alle Wohnungsgrößen in allen Vergleichsräumen errechnet und mitgeteilt worden.

 

ee)

 

Da im Verfahren keine weiteren substantiierten Argumente gegen die Schlüssigkeit des Konzepts vorgetragen worden sind, kann der Senat hinsichtlich der weiteren Prüfungsschritte (u.a. Anwendung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze und fehlende Segregationsbewegung) auf sein Urteil vom 15. April 2021 (L 5 AS 391/19 ZVW, juris) verweisen.

 

ff)

 

Zur Festlegung der Bruttokaltmiete waren noch die Betriebskosten zu ermitteln. Auch hier haben anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze Anwendung gefunden.

 

Ergänzend zu den Ausführungen im Urteil vom 15. April 2021 (L 5 AS 391/19 ZVW, juris) ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der Beklagte im Rahmen der nunmehr erfolgten Gewichtung der Daten nach Vermietertypen auch die Betriebskosten neu berechnet hat. Dies ist folgerichtig; insoweit kann auf die obigen Ausführungen zur Herstellung der Repräsentativität der Datenerhebung Bezug genommen werden.

 

Insgesamt ergibt sich für den Vergleichsraum Quedlinburg und einem Einpersonenhaushalt eine angemessene Bruttokaltmiete von 265 €. Diese liegt unter dem Wert, den der Beklagte noch im Korrekturbericht vom Februar 2020 ermittelt und im Weiteren berücksichtigt hat (267,50 €).

 

f)

 

Mit der Indexfortschreibung des Konzepts zum Stichtag 1. August 2014 und der Umsetzung in der Richtlinie vom 2. Februar 2015 wurde den Anforderungen an eine regelmäßige Aktualisierung der Daten Rechnung getragen.

 

Die erfolgte Indexfortschreibung begegnet inhaltlich keinen Bedenken, sie erfolgte analog der Regelungen für qualifizierte Mietspiegel. Dass dabei auf den Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt (getrennt nach Wohnungskaltmieten und Wohnungsnebenkosten in Abt. 2.2.4.1 und 2.2.4.2 des Verbraucherpreisindex) abgestellt wurde, ist zu akzeptieren.

 

Schließlich ist auch der Vergleich der Indexentwicklung von Dezember 2011 (Stichtag der ersten Datenerhebung für den Bericht 2012) bis August 2014 (Ablauf der Zwei-Jahresfrist nach Inkrafttreten der ersten Richtlinie) von der Methodenfreiheit im Rahmen des schlüssigen Konzepts gedeckt. Es war nicht etwa zwingend notwendig, die Indexierung an der Zwei-Jahresfrist für die Laufzeit der Richtlinie (1. August 2012 bis 31. Juli 2014) auszurichten. Stehen mehrere Schätzgrundlagen zur Auswahl, darf sich der Grundsicherungsträger auf die Daten stützen, die ihm am besten geeignet erscheinen. Der Stichtag Dezember 2011 spiegelt die zu diesem Zeitpunkt vorgefundenen Mietpreise im Landkreis besser als die - nur über eine weitere Indexierung ermittelbaren - Werte am 1. August 2012 wieder.

 

Im Rahmen der erfolgten Gewichtung im Juli 2022 ergab sich für den Vergleichsraum Quedlinburg und einen Einpersonenhaushalt eine Bruttokaltmiete von 271 €, die unter dem vom Beklagten nach dem nachgebesserten Konzept 2020 bereits berücksichtigten Wert von 273,50 € liegt.

 

4.

 

Im Ergebnis kann offenbleiben, ob die Klägerin höhere Heizkosten für den streitigen Zeitraum beanspruchen kann.

 

Der Vermieter hat insoweit einen Abschlag i.H.v. 97,01 €/Monat mitgeteilt. Der Beklagte hat Heizkosten i.H.v. 82 €/Monat zugrunde gelegt.

 

Der Senat hat bereits entschieden, dass die Ermittlung der angemessenen Heizkosten durch den Beklagten nicht den Vorgaben des BSG entsprach (Urteil vom 31. Januar 2018, L 5 AS 201/17, juris). Unter (hilfsweiser) Zugrundlegung der Werte des „Bundesweiten Heizspiegels“ würde sich ein höherer Betrag ergeben als bisher vom Beklagten in die Berechnung eingestellt worden ist. Maßgeblich sind insoweit die Werte, die bei Erlass der letzten Behördenentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 2015) veröffentlicht waren. Unter Anwendung des im Oktober 2014 veröffentlichten Heizspiegels und bei einer Hausfläche unter 250 m² sowie dem Heizmittel Erdgas würde sich ein Betrag i.H.v. 84,58 € Heizkosten für eine 50 m² große Wohnung ergeben.

 

Gleichwohl würde daraus kein höherer Anspruch der Klägerin folgen. Die Differenz bei den Heizkosten von 2,58 €/Monat (84,58 € - 82 €) würde sich im Ergebnis nicht auswirken. Der Beklagte hat zum einen mit einer geringfügig zu hohen Absetzung bei der Kfz-Haftpflichtversicherung (31,06 € statt 29,90 € = 1,16 €) gerechnet. Zum anderen hat er eine zu hohe Bruttokaltmiete (273,50 € statt 271 € = 2,50 €) in die Berechnung eingestellt. Ein Nachzahlbetrag würde sich daher auch bei Zugrundlegung der Werte des Bundesweiten Heizspiegels nicht ergeben.

 

5.

 

Ein Fall einer vorübergehenden oder dauerhaften subjektiven Unzumutbarkeit eines Umzugs oder einer Kostensenkung lässt sich nicht feststellen. Dies würde zwar nicht zur Angemessenheit der tatsächlichen KdUH führen, könnte jedoch eine Verlängerung der Frist für eine Kostensenkung erforderlich machen (BSG, Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris, Rn. 30). Die Darlegungslast für eine fehlende Möglichkeit und/oder die Unzumutbarkeit der geforderten Kostensenkung liegt beim Leistungsberechtigten. Nur bei schlüssiger Darlegung vergeblicher Suchaktivitäten liegt die Beweislast für eine zumutbare Kostensenkung bei der Behörde. Es müssen daher stets Einwände zur Unmöglichkeit eines Wohnungswechsels vorgebracht werden (BSG, Urteil vom 19. März 2008, B 4 AS 43/06 R, juris, Rn. 15, Urteil vom 13. April 2011, B 14 AS 32/09 R, juris, Rn. 13).

 

a)

 

Gründe dafür, dass die Regelfrist von sechs Monaten unzureichend gewesen und eine abweichende Festlegung der Kostensenkungsfrist erforderlich gewesen wäre, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat nichts vorgetragen, was für den Verbleib in der bisherigen Wohnung sprechen würde. Diese war nach dem Tod des Ehemanns in November 2012 für die Klägerin als Einzelperson zu groß und in letzter Konsequenz auch zu teuer. Die Klägerin hat auch zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, dass sie eine alternative Wohnung suchen würde und diese nicht finden könne.

 

b)

 

Auch im Hinblick auf die Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II kommt eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung nicht in Betracht. Es ist hier zu prüfen, ob die ermittelten angemessenen Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere im Hinblick auf die Zumutbarkeit notwendiger Einsparungen einschließlich eines Umzugs, konkret angemessen sind. Dies gilt sowohl für eine zu hohe Bruttokaltmiete als auch für zu hohe Heizkosten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 10/18 R, juris, Rn. 21 und vom 12. Juni 2013, B 14 AS 60/12 R, juris, Rn. 30). Ein Wohnungswechsel ist unzumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Brutto-Warmkosten als bisher anfielen. Soweit die tatsächlichen Gesamtaufwendungen die Vergleichskosten nicht übersteigen, sind Kostensenkungsmaßnahmen nicht zumutbar. Übersteigen jedoch die tatsächlichen Gesamtkosten die Vergleichswerte, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz zumutbar (BSG, a.a.O., juris, Rn. 33).

 

Im Fall der Klägerin lagen sowohl die Bruttokaltmiete als auch die Heizkosten erheblich über den maximal angemessenen Beträgen. Ein Ausgleich im Wege der Gesamtkosten (Wirtschaftlichkeitsprüfung) war daher von vornherein ausgeschlossen.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Klage der Klägerin ist (überwiegend) erfolglos geblieben. Allerdings war bei der Kostenentscheidung für das Widerspruchs- und Klageverfahren das Teilanerkenntnis des Beklagten zugunsten der Klägerin im Klageverfahren zu berücksichtigen. Diese hat ursprünglich im Verfahren vor dem SG höhere Leistungen für den Zeitraum von November 2014 bis Februar 2015 i.H.v. 484,44 €

 

(4 Monate x 449,61 € - 328,50 €) geltend gemacht. Der Beklagte hat 82 € anerkannt, so dass eine Kostentragung von 1/6 sachgerecht ist.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Frage der Bestimmung des Vergleichsraums und der Anforderungen an ein schlüssiges Konzept sind höchstrichterlich geklärt. Es handelt sich um tatrichterliche Beweiswürdigungen für allgemeine Prüfungsmaßstäbe (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris, Rn. 20; Beschluss vom 4. Januar 2022, B 7/14 AS 187/21 B, juris, Rn. 4ff.).

 

Rechtskraft
Aus
Saved