Die Aufnahme eines Adoptivkindes in den Haushalt des adoptierenden Versicherten ist eine maßgebliche Voraussetzung dafür, dass der Beitragszuschlag für Kinderlose zur sozialen Pflegeversicherung (§ 55 Abs. 3 und 3a SGB XI) entfällt.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 17. März 2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Kläger von der Beklagten verlangen kann, den von ihm zu entrichtenden Beitrag zur Pflegeversicherung aus der von der Beklagten gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) ohne Anwendung des Kinderlosen-Zuschlags zu berechnen.
Der am ... 1960 geborene Kläger erhält von der Beklagten seit dem 1. Oktober 2011 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Am 22. Mai 2019 beantragte er bei der Beklagten die Neufeststellung seiner Rente, da er ein Kind adoptiert habe und somit einen geringeren Beitrag zur Pflegeversicherung zu entrichten habe. Er fügte den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 26. März 2019 bei, wonach er den am ... 1991 geborenen S., geborener P., als Kind angenommen hat und der Angenommene als Geburtsnamen den Namen S. führt (281 F 1511/18 AD). In dem Beschluss ist ausgeführt, die Annahme gründe sich auf die Vorschriften der §§ 1767, 1772, 1754 und 1757 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Die leiblichen Eltern des Anzunehmenden seien bereits beide verstorben. Der Kläger kenne den Anzunehmenden bereits seit 2009. Ein engerer Kontakt sei seit dem Jahr 2013 entstanden. Ab diesem Zeitpunkt habe der Kläger den Anzunehmenden mit väterlicher Sorge und Pflege behandelt. Es sei ein echtes Vater-Kind-Verhältnis entstanden. So seien persönliche Krisensituationen des Anzunehmenden mit Hilfe des Klägers geregelt worden, der wegen der finanziellen Schwierigkeiten letztendlich auch alle Gläubiger angeschrieben habe, um seinem jetzigen Sohn zu helfen. Die Beteiligten hätten sich entschieden, dass die Adoption nach den Grundsätzen der Minderjährigenadoption zu erfolgen habe und damit starke Wirkungen entfalte.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte (als Trägerin der Rentenversicherung) mit Bescheid vom 21. Juni 2019 ab. Zur Begründung führte sie aus, nach § 55 Abs. 3a Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Soziale Pflegeversicherung - SGB XI) seien Adoptiveltern von der Zahlung des Beitragszuschlages für Kinderlose dann nicht ausgenommen, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 25 Abs. 2 SGB XI vorgesehenen Altersgrenzen für eine Familienversicherung erreicht habe. Da S. bereits das 27. Lebensjahr vollendet habe, sei der Kläger von der Zahlung des Beitragszuschlages für Kinderlose nur dann ausgenommen, wenn das Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sei, sich selbst zu unterhalten (§ 25 Abs. 2 Nr. 4 SGB XI). Dass diese Voraussetzung einschlägig sein könnte, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 17. Juli 2019 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, die Adoption sei keine einfache Erwachsenenadoption, sondern die Annahme richte sich nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen, welche eine „starke Wirkung einer Adoption“ entfalte. Im Grundsatz sei sein Sohn A. vom Familiengericht so gestellt worden, als ob er vom ersten Tag seines Lebens sein Sohn sei.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juni 2020 zurück und führte zur Begründung aus, die Rentenversicherungsträger hätten für krankenversicherungspflichtige Rentenbezieher die Beiträge zur Pflegeversicherung aus der Rente einzubehalten und an die Pflegeversicherung abzuführen. Mit Wirkung vom 1. Januar 2005 an sei in der sozialen Pflegeversicherung der Beitragszuschlag für Kinderlose eingeführt worden (§ 55 Abs. 3 SGB XI). Von Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die nachgewiesen hätten, dass sie Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) seien, sei der Beitragszuschlag für Kinderlose nicht zu erheben (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI). Einen Sonderfall der Elterneigenschaft stelle die Adoption eines Kindes, also die Annahme „an Kindes statt“ dar. Bei einer Adoption gehe die rechtliche Elterneigenschaft auf die Adoptivmutter und/oder den Adoptivvater über. Das adoptierte Kind erhalte durch die Adoption die Rechtsstellung eines leiblichen Kindes. In Deutschland werde die Adoption mit der Zustellung des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts an den Annehmenden wirksam. Sie wirke nicht auf den Zeitpunkt der Geburt zurück. Nach Ansicht des Gesetzgebers erbrächten auch Adoptiveltern minderjähriger Kinder einen generativen Beitrag, der eine Zuschlagsfreiheit rechtfertige. Dagegen habe er die Betreuungs- und Erziehungsleistungen, die von Adoptiveltern für erwachsene Kinder erbracht würden, typischerweise nicht für so bedeutend angesehen, dass sie eine Zuschlagsfreiheit rechtfertigten. Mit der Regelung des § 55 Abs. 3a SGB XI habe der Gesetzgeber deshalb klargestellt, dass eine Zuschlagsbefreiung bei Adoptiveltern nur in Betracht komme, wenn die Adoptivelterneigenschaft zu einem Zeitpunkt erlangt worden sei, in dem das Kind noch nicht erwachsen und wirtschaftlich selbstständig gewesen sei. Adoptiveltern seien daher nach § 55 Abs. 3a Nr. 1 SGB XI von der Zahlung des Beitragszuschlags für Kinderlose nicht ausgenommen, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die für die Familienversicherung in § 25 Abs. 2 SGB XI vorgesehenen Altersgrenzen erreicht habe. Im Zeitpunkt der Adoption sei der am ... 1991 geborene adoptierte S. bereits 27 Jahre alt gewesen. Eine körperliche, seelische oder geistige Behinderung sowie eine damit einhergehende fehlende Fähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten, seien nicht geltend gemacht worden. Insoweit seien die Voraussetzungen für die Befreiung von der Zuschlagspflicht nicht gegeben.
Dagegen hat der Kläger am 23. Juni 2020 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben und vorgetragen, die Adoption richte sich hier nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen. Dies habe die Beklagte noch nicht berücksichtigt. Nach den grundsätzlichen Hinweisen des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Spitzenverband) vom 7. November 2017 zum Beitragszuschlag für Kinderlose (2.5.3 letzter Absatz) sei das Adoptivkind bei Aufnahme in den Haushalt vor Rechtswirksamkeit der Adoption als Pflegekind zu behandeln. Im Übrigen seien die Voraussetzungen von 2.5.5 der Hinweise erfüllt. Es bestehe einen Eltern-Kind-Verhältnis, das von vornherein von langer Dauer sei. Das Adoptivkind sei Kind von ihm und trage seinen Namen. Es sei nicht mehr Kind der bereits verstorbenen leiblichen Eltern. Unter diesen Voraussetzungen dürfe der Beitragszuschlag nicht mehr erhoben werden und entfalle rückwirkend. Da es sich um eine Minderjährigen-Adoption handele, sei § 55 Abs. 3a Nr. 1 SGB XI nicht einschlägig. Der Gesetzgeber habe diese spezielle Form der Adoption hier nicht im Sinn gehabt. Vielmehr sei er - der Kläger - unter diesen Voraussetzungen ein Elternteil nach § 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI i.V.m. § 56 SGB I, hier insbesondere § 56 Abs. 3 Nr. 3 SGB I. Der Umstand der Adoption unter den Bedingungen der Adoption eines minderjährigen Kindes entfalte Rückwirkung auf die Zuschlagspflicht. Das Gericht habe mit dieser Form der Adoption gerade die entsprechenden Betreuungs- und Erziehungsleistungen von ihm - dem Kläger - anerkannt. Deswegen habe der Gesetzgeber ihn ebenfalls von den entsprechenden Beiträgen freigestellt. Die Mutter des Adoptivsohnes sei schwer krebskrank gewesen. Das sei 2012 gewesen. Der Adoptivsohn habe sich an ihn - den Kläger- gewandt. Dies sei mitten in der Nacht gewesen. Er - der Kläger - sei dann zu der Mutter gefahren und habe den Krankenwagen gerufen. Er sei mit dem damaligen Bruder dann mehrere Stunden mit der Mutter im Krankenhaus gewesen. Die Mutter habe gewusst, dass es „dem Ende“ zugehe. Sie habe ihm - dem Kläger - mitgeteilt, er solle sich um den heutigen Adoptivsohn „kümmern“. Die Mutter sei dann im Januar 2013 verstorben. Bei jeglichen Problemen habe der Adoptivsohn schon vor der Erkrankung der Mutter umgehend Kontakt zu ihm - dem Kläger - aufgenommen. Auch vor der Erkrankung habe er den Adoptivsohn schon unterstützt und sei die „Vertrauensperson“ gewesen. Der Vater des Adoptivsohnes habe wohl ein Bein amputiert bekommen und sei irgendwann gestorben. Mehr wisse er - der Kläger - nicht. Den Adoptivsohn habe er zufällig kennengelernt. Sie hätten dann regelmäßigen Kontakt gehabt und er - der Kläger - habe dem Adoptivsohn beratend zur Seite gestanden. Der Adoptivsohn habe, nachdem die Mutter verstorben sei, dann deren Erbe angenommen. Mit dem Erbe seien Schulden verbunden gewesen. Die Mutter habe zuvor die Schulden vom Vater übernommen. Die Schulden habe der heutige Sohn dann ohne Kenntnis von ihm - dem Kläger - ausgebaut. Als er davon erfahren habe, habe er eine Insolvenz angeregt. Er - der Kläger - habe sich mit den Gläubigern in Verbindung gesetzt. Dies habe mehrere Jahre gedauert. Der Adoptivsohn habe sich dann selbstständig bei der A. beraten lassen. Er habe den Adoptivsohn bei diesen Gelegenheiten begleitet. Er habe dem heutigen Adoptivsohn von weiteren Schulden abgeraten. Er habe dem Adoptivsohn in Notfällen mit kleineren Beträgen ausgeholfen. Es habe dann später Probleme mit dem Jobcenter gegeben. Er habe den Adoptivsohn auf dem Weg zur Arbeitsaufnahme begleitet, dies den ganzen Weg vom Abbruch der Ausbildung in dem Jahr, in dem die Mutter verstorben sei, bis zur Arbeitsaufnahme. Der Kontakt zum Insolvenzverwalter laufe weiter über ihn, den Kläger. Der Adoptivsohn sei regelmäßig bei ihm und habe guten Kontakt zu weiteren Verwandten, wie etwa seiner Großmutter. Insofern sei auch der bereits eingereichten Geburtsurkunde zu entnehmen, dass der Geburtsname geändert worden sei.
Mit Gerichtsbescheid vom 17. März 2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Beitragssatz des Klägers erhöhe sich um einen Beitragszuschlag für Kinderlose. Nach dem zum 1. Juli 2008 eingeführten § 55 Abs. 3a SGB XI gehörten Adoptiveltern nicht zu den begünstigten Eltern, wenn das Kind zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Adoption bereits die in § 25 Abs. 2 SGB XI vorgesehenen Altersgrenzen erreicht habe. Zwar sei der Kläger aufgrund seiner Adoption am ... 2019 Adoptivvater des 1991 geborenen Adoptivsohnes geworden und erfülle allein dadurch nach der Einführung des Beitragszuschlags für Kinderlose zum 1. Januar 2005 die Voraussetzungen für eine Befreiung von dem Beitragszuschlag (§ 55 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB XI). Durch die Einführung des § 55 Abs. 3a Nr. 1 SGB XI mit Wirkung zum 1. Juli 2008 habe der Gesetzgeber die Voraussetzungen für eine Befreiung von dem Beitragszuschlag für Adoptiveltern verschärft. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3a Nr. 1 SGB XI erfülle der Kläger nicht. Die mit dem Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 26. März 2019 durchgeführte Adoption nach den Vorschriften der Minderjährigenadoption ändere nichts an dem Ergebnis. Die rechtswirksame Adoption sei erst nach Überschreitung der Altersgrenzen des § 25 Abs. 2 SGB XI erfolgt. Die Rechtslage sei insoweit eindeutig. Folglich erhöhe sich der Beitrag zur Pflegeversicherung nach der aktuell gültigen Rechtslage um einen Beitragszuschlag für Kinderlose.
Gegen den ihm am 19. März 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 13. April 2021 Berufung beim Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt eingelegt. Er hat im Wesentlichen seinen Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt und ergänzend und vertiefend ausgeführt, es habe bereits seit vielen Jahren ein vertrautes, fürsorgliches Verhältnis zwischen dem Adoptivsohn und ihm bestanden, das durch seine Obhut und Pflege gekennzeichnet gewesen sei. Dieses Verhältnis sei entsprechend auf Dauer angelegt gewesen und habe seinen formal-juristischen Höhepunkt in dem Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg mit der entsprechenden Adoption unter Änderung des Nachnamens des Adoptivsohnes gefunden. Das langjährige Obhuts- und Vertrauensverhältnis finde seinen Ausdruck durch die Anwendung der Grundsätze der Minderjährigenadoption, die besonders starke Wirkung entfalte. Die familiäre Bindung des Adoptivsohnes zu seinen leiblichen Eltern sei durch deren Tod vollständig aufgehoben worden. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3 SGB XI lägen vor, da er - der Kläger - als Eltern im Sinne des § 56 Abs. 3 Nr. 2 SGB I anzusehen sei. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts komme es auf die Regelung des § 55 Abs. 3a SGB XI nicht mehr an, da diese Regelung lediglich einen Ausnahmetatbestand darstelle und zu prüfen sei, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3 SGB XI nicht vorlägen. Würde man in jedem Fall die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3a SGB XI prüfen, obwohl bereits die Voraussetzungen des § 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI vorlägen, würde er - der Kläger - durch die Adoption schlechter gestellt werden als ohne. Denn bereits vor der Adoption und dem Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg sei er - der Kläger - als Pflegeeltern im Sinne des § 56 Abs. 3 Nr. 2 SGB I anzusehen gewesen, so dass die Voraussetzungen der Befreiung von der Beitragszuzahlung vorlägen.
Der Kläger beantragt ausdrücklich:
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg (AZ.: S 46 R 320/20) vom 18. März 2021 wird abgeändert und der Bescheid der Beklagten vom 21. Juni 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2020 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, ihm eine Rente unter Berücksichtigung der Beiträge für die Pflegeversicherung ohne Kinderlosenzuschlag auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in erster Instanz. Soweit der Kläger ausführe, dass zwischen ihm und dem Adoptivsohn bereits vor der Adoption ein enges Verhältnis bestanden habe, dürfe mitgeteilt werden, dass im Falle eines bestehenden Pflegekindschaftsverhältnisses der Kinderlosenzuschlag ebenfalls entfallen könne. Für die Prüfung, ob der Kläger als Pflegeelternteil zu beurteilen sei, werde um weitergehenden Nachweis dazu gebeten, ob und wann der Adoptivsohn in den Haushalt des Klägers aufgenommen worden sei.
Hierzu hat der Kläger mitgeteilt, eine häusliche Gemeinschaft zwischen ihm und dem Adoptivsohn habe vor der Adoption nicht bestanden. Der Adoptivsohn habe bis zu deren Tod bei seiner Mutter mit dieser in einer häuslichen Gemeinschaft gewohnt. Er habe jedoch mit dem Adoptivsohn regelmäßigen Kontakt gehabt, mehrfach in der Woche. Der Kontakt sei im Laufe der Jahre immer mehr geworden. Nach dem Tod seiner Mutter habe der Adoptivsohn als Familie nur ihn - den Kläger - als seinen Vater gehabt. Auch wenn die Adoption deutlich später erfolgt sei, habe er schon immer die Vaterrolle übernommen und sei auch so von dem Adoptivsohn angesehen worden. Deshalb sei nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte auf die häusliche Trennung zwischen ihm und dem Adoptivsohn abstelle. Er - der Kläger - habe durchgängig für Schutz und Fürsorge des Adoptivsohns gesorgt, was durch die Anwendung der Grundsätze der Minderjährigenadoption noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht werde.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 7. Februar 2022, Schriftsatz des Klägers vom 15. Februar 2022).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese Akten haben bei der Entscheidungsfindung des Senats vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte den Rechtsstreit durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Eine Beiladung der Pflegekasse gemäß § 75 SGG war hier nicht notwendig (so auch Bassen in: Udsching u.a., Kommentar zum SGB XI, 4. Aufl. 2015, § 60 RdNr. 7). Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI i.V.m. 255 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) sind Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen haben, von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente einzubehalten und an die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat allerdings im Hinblick auf den Risikostrukturausgleich im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung eine Beiladung lediglich der gesetzlichen Krankenkasse bei pflichtversicherten Rentnern für notwendig erachtet, angesichts des vollen Finanzausgleichs bei der sozialen Pflegeversicherung jedoch nicht bei Streitigkeiten über aus der gesetzlichen Rente zu zahlende Beiträge zu diesem Sozialversicherungszweig (BSG, Urteil vom 18. Juli 2007 - B 12 R 21/06 R -, juris, RdNr. 13).
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 SGG).
Das Sozialgericht hat zu Recht unter Heranziehung der zutreffenden Rechtsgrundlagen entschieden, dass der Kläger nicht von der Zahlung des Kinderlosenzuschlages ausgenommen ist. Der Senat verweist zwecks Vermeidung von Wiederholungen zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Gerichtsbescheid vom 17. März 2021 und macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung zu eigen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Kläger hatte insbesondere zu keinem Zeitpunkt die Eigenschaft eines Pflegeelternteils, für den der Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI entfällt. Nach dieser Vorschrift gilt der Beitragszuschlag nicht für Eltern im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I. Die in § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I benannten Eltern werden in Absatz 3 der Vorschrift näher bezeichnet. Nach Nr. 3 gelten als Eltern demnach auch „Pflegeeltern (Personen, die den Berechtigten als Pflegekind aufgenommen haben)“. Soweit hierbei auf ein „Pflegekind“ abgestellt wird, ist in § 56 Abs. 2 Nr. 2 SGB I näher ausgeführt, dass ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft erforderlich ist. Da vorliegend keine häusliche Gemeinschaft bestand, lag auch kein Pflegekindschaftsverhältnis vor. Wegen der fehlenden häuslichen Gemeinschaft sind die vom Kläger herangezogenen Ziffern 2.5.3 letzter Absatz und 2.5.5 der grundsätzlichen Hinweise des GKV-Spitzenverbandes zum Beitragszuschlag für Kinderlose und Empfehlungen zum Nachweis der Elterneigenschaft vom 7. November 2017 ebenfalls nicht einschlägig. Der Kläger ist damit durch die Adoption nicht schlechter gestellt als ohne, da er auch ohne Adoption nicht von dem Kinderlosenzuschlag befreit gewesen wäre.
Soweit der Kläger hervorhebt, dass die Adoption nach den Grundsätzen der Minderjährigenadoption erfolgt sei und damit starke Wirkungen entfalte, hat dies auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage keine Auswirkungen. Die Rechtsgrundlage für die sogenannte Volladoption ergibt sich aus § 1772 BGB. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber für Sondersituationen, in denen es sinnvoll und gerechtfertigt erscheint, auch einen Erwachsenen rechtlich vollständig aus seiner Ursprungsfamilie bzw. Ursprungselternbeziehung zu lösen und vollständig in eine neue Familie bzw. Elternbeziehung zu integrieren, die Möglichkeit der Volladoption geschaffen. Maßgeblich ist eine umfassende Abwägung der Interessen des oder der Anzunehmenden, des oder der Annehmenden und der leiblichen Eltern bzw. des leiblichen Elternteils (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24. Juni 2019 - 1 UF 178/18 -, juris, RdNr. 13). Die vom Kläger in diesem Verfahren vorgetragene Entwicklung der Beziehung zu seinem jetzigen Adoptivsohn, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen dieser als Kind, Jugendlicher und junger Erwachsener gelebt hat, waren maßgeblich für die Entscheidung, die Volladoption auszusprechen. Rechtswirkungen in dem hier anhängigen Streitverfahren können daraus nicht abgeleitet werden. Insbesondere hat die Volladoption nicht die Rechtswirkung, dass durch die Adoption fingiert wird, die Erziehung und Sorge für das Adoptivkind sei ausschließlich durch die adoptierende Person erbracht worden. Dafür spricht, dass bis zum Tod der leiblichen Eltern des Adoptivsohns des Klägers für diese im Rahmen eines eigenen Rentenanspruchs der Beitragszuschlag im Hinblick auf die Elterneigenschaft nicht zu zahlen gewesen wäre. Eine Aufnahme in den Haushalt des Klägers ist auch nach seinem eigenen Vorbringen nicht erfolgt. Damit ist nach den Motiven des Gesetzgebers eine maßgebliche Voraussetzung dafür, dass der Beitragszuschlag entfällt, nicht gegeben (vgl. Motive des Gesetzgebers zur Einfügung des Absatz 3a in § 55 SGB XI Bundestagsdrucksache 16/8525 S. 99).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.