Zur Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage für Leistungen der Eingliederungshilfe für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, für den der beklagte Sozialhilfeträger in Umsetzung einer nachfolgend im Beschwerdeverfahren aufgehobenen einstweiligen Anrordnung des SG Zahlungen geleistet hatte.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Juni 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten nach Umstellung des Klageantrages in eine Fortsetzungsfeststellungsklage noch über die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017, mit dem der Beklagte die Bewilligung von Eingliederungshilfe für eine Schulassistenz für das Schuljahr 2017/2018 ablehnte.
Die am ... 2005 geborene Klägerin besuchte zunächst Kindertagesstätte und Kindergarten. Für die Zeit ab Oktober 2011 erbrachte der Landkreis W. (im Folgenden: Landkreis) im Namen des Beklagten Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets für heilpädagogische Maßnahmen. Die Klägerin wurde im Schuljahr 2012/2013 nach Zurückstellung um ein Jahr eingeschult. Die Grundschulzeit bewältigte die Klägerin ohne einen Schulbegleiter und nutzte einen Nachteilsausgleich insbesondere bei schriftlichen Arbeiten. Im Jahreszeugnis für die dritte Grundschulklasse vom 24. Juni 2016 wird sie als gut gelaunte und willensstarke Schülerin beschrieben. Auch von Misserfolgen lasse sie sich nicht entmutigen. Das Halten von Ordnung stelle immer noch eine Herausforderung dar. Nicht immer halte sie sich an die Regeln des Schulalltages und müsse daran erinnert und ermahnt werden. Die Benotung erfolge in sämtlichen Fächern für den gemeinsamen Unterricht unterhalb der curricularen Anforderungen auf der Grundlage eines individuellen Lehrplanes mit „i.B.“ (individuelle Bewertung).
Dem Arztbrief des Kinderzentrums am Krankenhaus S. in H. vom 18. August 2016 ist die Diagnose einer leichten Intelligenzminderung ohne oder mit geringfügiger Verhaltensstörung (F 70.0 G) zu entnehmen. In den einzelnen Subtests der psychologischen Leistungsdiagnostik habe die Klägerin Werte im leicht und weit unterdurchschnittlichen Bereich ihrer Altersklasse erzielt. Den Eltern sei der Wechsel der Klägerin in eine Förderschule für geistig behinderte Kinder empfohlen worden. Zu den Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt A 123 bis A 126 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Ein Verfahren über die Anerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin wurde erst nach dem hier streitigen Zeitraum mit Bescheid vom 14. August 2018 mit dem Ergebnis eines ab dem 1. Januar 2017 anerkannten GdB von 40 auf Grund einer Funktionsstörung in Form einer Entwicklungsstörung abgeschlossen. Auf Antrag der Klägerin erfolgte mit Bescheid vom 4. April 2019 die Neufeststellung mit einem GdB von 50 wegen einer Funktionsstörung in Form einer Entwicklungsstörung ab dem 12. November 2018 unter Ablehnung der beantragten Merkzeichen „G“, „B“ und „H“. Mit Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 7. Dezember 2018 wurden bei der Klägerin die Voraussetzungen des Pflegegrades 2 seit dem 1. November 2018 festgestellt. Zu den Einzelheiten wird insoweit auf Blatt 182 bis 195 Bd. II der Gerichtsakten verwiesen.
Das Landesschulamt teilte mit Bescheid vom 8. März 2017 für die von den Eltern gewünschte Beschulung der Klägerin im gemeinsamen Unterricht an einer Sekundarschule einen weiterhin bestehenden Sonderförderbedarf der Klägerin im Schuljahr 2017/2018 mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ mit. Die weitere Beschulung erfolge ab dem genannten Schuljahr in der Sekundarschule des Schulbezirks und die Förderung orientiere sich an einem Individualplan unterhalb der curricularen Vorgaben der Sekundarschule. Dem entspricht auch der Bescheid des Landesschulamtes für das Schuljahr 2018/2019 vom 6. August 2018.
Am 10. August 2017 wurde die Klägerin in die circa 25 km von ihrem Wohnort entfernt gelegene Evangelische Gesamtschule M. in W., eine staatlich anerkannte Ersatzschule in freier Trägerschaft, aufgenommen. Für den Schulbesuch beantragte die Klägerin am 23. Juni 2017 bei dem Landkreis die Bewilligung von Leistungen der Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung in Form einer Schulassistenz. Ein Schulbegleiter sei dringend erforderlich, um für die Klägerin den Übergang in die neue Schule und den Alltag in der Schule und dem neuen sozialen Umfeld so optimal wie möglich zu gestalten. Dieser solle ihr Begleitungs- und Orientierungshilfen im neuen Schulalltag und in der neuen Umgebung geben, ihr bei der Arbeitsorganisation behilflich sein, ihr Hilfe bei praktischen Verrichtungen und der Verwendung von Arbeitsmaterialien geben, ihre Arbeitshaltung aufbauen/stabilisieren (Arbeitsschritte kleinteilig aufbereiten), die Kommunikation und Interaktion mit den Mitschülern fördern, die Kommunikation zwischen der Klägerin, ihren Lehrern und ihren Eltern unterstützen sowie ihre Teilhabe am Klassengeschehen und ihre Integration in die Klassen- und Schulgemeinschaft unterstützen. Mit Schreiben vom 10. Juli 2017 teilte das Landesschulamt dem Landkreis mit, durch die Schule und das Landesschulamt seien die infrage kommenden Unterstützungsmöglichkeiten geprüft worden. Aus Sicht der Schule und nach Rücksprache mit dem Schulleiter sei ein Schulbegleiter für die Klägerin nicht (Hervorhebung durch das Landesschulamt) erforderlich. Der rehabilitationspädagogische Fachdienst verneinte durch die Gutachterin S2 unter dem 14. Juli und 11. September 2017 einen konkreten Bedarf für die von der Klägerin beantragte Leistung.
Den von der Klägerin am 23. Juni 2017 gestellten Antrag auf Bewilligung von Leistungen zur angemessenen Schulbildung in Form einer Schulassistenz lehnte der Landkreis im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 24. Juli 2017 ab. Für Eingliederungshilfe in Form von Leistungen zu einer angemessenen Schulbildung durch eine Schulassistenz fehle es an einem konkreten Bedarf. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2017 als unbegründet zurück. Die bestehenden Defizite der Klägerin im sprachlichen und motorischen Bereich könnten nicht durch den Einsatz eines Integrationshelfers behoben werden und seien zudem medizinische Leistungen in der Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. So seien für die Sprachstörungen logopädische Maßnahmen und für die Einschränkungen im motorischen Bereich ergotherapeutische Leistungen angezeigt. Bei den typischen Aufgabenbereichen eines Integrationshelfers (Aufsuchen und Verlassen der Klassenräume, Transport, Ein- und Auspacken der Unterrichtsmaterialien, Unterstützung bei Toilettengängen, An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme) benötige die Klägerin keine Unterstützung. Die Einschränkungen der Klägerin im Bereich von Sprache, Wahrnehmung, Lesen, Schreiben und mathematischer Kompetenzen fielen in den Aufgabenbereich der pädagogischen Arbeit der Schule und stellten somit keinen Bedarf an Leistungen der Eingliederungshilfe dar. Insbesondere habe das Landesschulamt auf Nachfrage mitgeteilt, dass für die Klägerin ein Schulbegleiter nicht notwendig sei.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel einer Verpflichtung des Beklagten, für die Klägerin längstens bis zum 27. Juni 2017 im Rahmen von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII vorläufig die Kosten für einen Integrationshelfer im Umfang von sieben Stunden je Unterrichtstag zu übernehmen (nicht im Rahmen eines Persönlichen Budgets), blieb nach dem Beschwerdeverfahren erfolglos (Beschluss des Landessozialgerichts [LSG] Sachsen-Anhalt vom 24. April 2018 - L 8 SO 69/17 B ER -, juris). Der Entscheidung des Senats lag im Wesentlichen die im Beschwerdeverfahren eingeholte ausführliche Stellungnahme des Landesschulamtes vom 14. Februar 2018 zugrunde. Dort wurde darauf hingewiesen, Aufgabe eines Integrationshelfers sei die Unterstützung der Schülerin bzw. des Schülers bei den äußeren Bedingungen des Schulalltags. Bei der Beschulung im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts mit dem Sonderförderbedarf mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ könne die Schule von der Klägerin ohne Unterstützung durch einen Integrationshelfer bewältigt werden. Bezüglich der Stellungnahme wird im Übrigen auf Blatt 274 Bd. II der Gerichtsakten aus dem Verfahren L 8 SO 69/17 B ER Bezug genommen.
Die vorinstanzlich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes durch das Sozialgericht Dessau-Roßlau mit Beschluss vom 27. November 2017 (S 10 SO 43/17 ER) ausgesprochene Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin vorläufig bis zur abschließenden Entscheidung in der Hauptsache, längstens jedoch bis zur Beendigung des Schuljahres am 27. Juni 2018, Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer im Umfang von sieben Stunden je Unterrichtstag zu übernehmen, hat der Beklagte ausweislich des Schreibens des Landkreises vom 14. Dezember 2017 mit der Betreuung der Klägerin durch eine Mitarbeiterin der E. GmbH auf der Grundlage einer Leistungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII vom 4. Januar bis zum 4. Mai 2018 vollzogen. Die Leistung ist nach Zustellung des vorgenannten Beschlusses des LSG vom 24. April 2018 beendet worden. Für Januar und Februar 2018 liegen Abrechnungen der E. GmbH gegenüber dem Landkreis mit 2.134,47 € bzw. 1.359,37 € vor, insgesamt sind nach Angaben der Beteiligten 7.402,20 € abgerechnet worden.
Zu den konkreten Aufgaben der Schulbegleiterin aus Sicht der Schule ist unter dem 7. Mai 2018 mitgeteilt worden, diese „übersetze“ die Aufgabenstellungen, damit die Klägerin sie verstehen könne (einfache Sprache), wiederhole und modifiziere die Aufgabenstellungen auf Nachfrage der Klägerin, rege diese an, die Aufgabenstellung zu lösen, komme mit der Klägerin bei Verständnisproblemen auf Nachfrage ins Gespräch, verändere zum Teil sprachlich die Aufgabenstellung und helfe Sprachbarrieren zu überbrücken, z.B. im Mathematikunterricht, wenn die Klägerin die Aufgaben nicht richtig verstehe, unterstütze den Kontakt der Klägerin zu anderen Kindern, gebe situationsbedingt immer wieder kleine Impulse, damit die Klägerin weiter Kontakt halte, helfe gewisse sprachliche Barrieren zu überbrücken, trage zur Kontinuität im Umfeld bei (organisatorische Veränderungen durch unverhoffte Vertretungen, Raumwechsel etc. würden von ihr abgefangen), überprüfe die Eintragungen im Hausarbeitsheft, ergänze, wenn es nötig sei, und führe ein Pendelheft mit den Eltern.
Der Landkreis bewilligte der Klägerin im Namen des Beklagten mit Bescheid vom 25. Juli 2017 vom 1. August 2017 bis zum 31. Juli 2018 ein Persönliches Budget für Leistungen der Eingliederungshilfe in Höhe von monatlich 610,18 €. Vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau ist seit dem 20. März 2019 eine Klage über die Bewilligung eines Persönlichen Budgets anhängig (S 10 SO 11/19), die sich gegen einen Ablehnungsbescheid vom 22. Oktober 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2019 zu Leistungen für eine integrative Hortbetreuung ab dem 1. August 2018 richtet. Im Laufe des Verfahrens ist zur Begründung ihres Anspruchs von der Klägerin auf eine Übersicht mit Kosten für den Zeitraum von August 2018 bis August 2019 in Höhe von 4.523,38 € für „ZTR, Dyskalkulietherapie“, „Heilpädagogikminijob“, „Minijobzentrale“, „Flötenunterricht“, „Fahrtkosten zu Therapien“, Blatt 183 der Gerichtsakte S 10 SO 11/19, verwiesen worden. Nach Umstellung der Klage mit Schriftsatz vom 19. März 2020, Eingang am 23. März 2020, auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage hat der Beklagte auf die nur bis zum 14. Lebensjahr vorgesehene integrative Hortbetreuung und die Rechtsänderungen für die Eingliederungshilfe ab dem 1. Januar 2020 abgestellt, die der Annahme einer Wiederholungsgefahr entgegenstünden.
Am 13. Oktober 2017 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten zu verurteilen, ihr „Leistungen der Eingliederungshilfe in Form einer Schulassistenz zu gewähren“.
Die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe für eine Schulassistenz für das Schuljahr 2018/2019 ist während des Klageverfahrens nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren bestandskräftig abgelehnt worden. Weitere Anträge oder Folgeanträge der Klägerin sind nicht offen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 22. Januar 2019 auf eine von Seiten des Beklagten erfolgte Anhörung zu einer Rückforderung in Höhe von 7.402,20 € für die zur Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 27. November 2017 vorläufig erbrachten Leistungen für eine Schulassistenz verwiesen und in der nicht-öffentlichen Sitzung vor dem Sozialgericht am 2. Oktober 2019 ihren Klageantrag umgestellt. Sie hat nunmehr beantragt festzustellen, dass der Bescheid vom 24. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017 rechtswidrig sei. Sie hat ausdrücklich ihr Begehren auf die Zeit bis zur Vollendung ihres 14. Lebensjahres begrenzt. Ein besonderes Feststellungsinteresse ergebe sich insoweit insbesondere aus der Wiederholungsgefahr.
Im Rahmen des Verfahrens ist insbesondere der Arztbrief des MVZ des S. Klinikums D. vom 17. Oktober 2018 zu den Akten gereicht worden, in dem die weit unterdurchschnittlichen Testergebnisse der Klägerin im Sprachverständnis und im wahrnehmungsgebundenen logischen Denken mitgeteilt werden. Hierzu wird auf Blatt 85 bis 86 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen. Zu der im Kinderzentrum des Krankenhauses S. durchgeführten Intelligenzdiagnostik auf Wunsch der Eltern der Klägerin ist im Bericht vom 8. März 2019 ein Gesamt-Intelligenzquotient von 58 bei altersentsprechenden Standardwerten zwischen 85 und 115 mit folgenden Intelligenzwerten dokumentiert: Verarbeitungsgeschwindigkeit leicht unterdurchschnittlich, fluides Schlussfolgern leicht und weit unterdurchschnittlich, visuell-räumliche Verarbeitung Grenzbereich leicht bis weit unterdurchschnittlich, Sprachverständnis und Arbeitsgedächtnis weit unterdurchschnittlich. Zu den Einzelheiten wird im Übrigen auf Blatt 167 bis 168 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.
Zu dem Bericht über die Teilnahme einer Mitarbeiterin des Rehabilitationspädagogischen Fachdienstes des Beklagten am Unterricht der Klägerin am 26. September 2018 von 7.30 Uhr bis 12.45 Uhr mit der Feststellung eines auf den sonderpädagogischen Förderbedarf beschränkten Hilfebedarfs der Klägerin wird auf Blatt 106 bis 107 Bd. I der Gerichtsakten Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. Juni 2020 festgestellt, dass der Bescheid vom 24. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017 rechtswidrig gewesen ist. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Die Änderung des ursprünglichen kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsbegehrens nach § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in ein Feststellungsbegehren im Sinne von § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG sei nach § 99 Abs. 1 Alt. 2 SGG zulässig. Diese sei sachdienlich, weil es der Klägerin mit dem Ablauf des Schuljahres 2017/2018 verwehrt sei, ihr zeitlich auf jenes Schuljahr beschränktes Begehren zu erreichen. Es bestehe ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung. Die insoweit zu stellenden Anforderungen seien grundsätzlich gering und durch die hier jedenfalls vorliegende Präjudizialität erfüllt. Denn ausweislich des von dem Beklagten nicht bestrittenen Vortrags der Klägerin stehe zu befürchten, dass die Kosten der für den Zeitraum vom 4. Januar bis zum 4. Mai 2018 gewährten Eingliederungshilfe in Höhe von 7.402,20 € zurückgefordert würden. Für eine im Übrigen bestehende Wiederholungsgefahr spreche, dass der Landkreis im Namen des Beklagten die Gewährung von Leistungen für das Schuljahr bestandskräftig abgelehnt habe. Es erscheine möglich, dass die Klägerin gleichlautende Anträge für weitere Schuljahre stellen werde, da sie zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2020 weiterhin der Schulpflicht unterliege. Der Bescheid vom 24. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017, welcher sich mit dem Ablauf des Schuljahres 2017/2018 erledigt habe, sei rechtswidrig gewesen und habe die Klägerin in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf die mit Antrag vom 23. Juni 2017 beantragten Leistungen nach den §§ 53, 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII a.F. gehabt. Es habe jedenfalls eine geistige Behinderung der Klägerin vorgelegen, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate gehindert habe. Für die Klägerin sei wegen ihrer Entwicklungsstörung ab dem 1. Januar 2017 ein GdB von 40 anerkannt worden. Die Klägerin sei infolge der bei ihr bestehenden Beeinträchtigungen wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt. Beim Besuch der Gesamtschule M. habe es sich um eine angemessene Schulbildung gehandelt, da das Landesschulamt mit Bescheid vom 8. März 2017 entschieden habe, dass die Klägerin ab dem Schuljahr 2017/2018 die Sekundarschule besuche. Nach den Berichten der Schule und der die Klägerin behandelnden Einrichtungen und Therapeuten sowie der Anhörung der Eltern der Klägerin sei die Klägerin wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass die Klägerin im Schuljahr 2017/2018 mit separaten Arbeitsaufträgen untercurricular unterrichtet worden sei und die durch die Behinderungen hervorgerufenen Beeinträchtigungen den erfolgreichen Besuch des Unterrichts in der Gesamtschule nicht ohne Unterstützung zugelassen hätten. Auch die untercurricular vorgegebenen Anforderungen an sie habe die Klägerin zur Überzeugung der Kammer allein nicht erfüllen können. Es sei stets unterstützende Hilfe durch eine Person neben dem Lehrpersonal notwendig gewesen. Die mit der Behinderung der Klägerin einhergehenden Beeinträchtigungen hätten ihrer erfolgreichen Teilnahme am Unterricht in der Schule im Schuljahr 2017/2018 entgegengestanden, weil die Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung von ihr nicht hätten aufgenommen werden können. Die Aufgabe der Eingliederungshilfe habe im Fall der Klägerin im erfolgreichen Besuch des Unterrichts an der Gesamtschule als Regelschule im Schuljahr 2017/2018 bestanden. Die Schulbegleitung als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasse auch heilpädagogische und sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahme erforderlich und geeignet sei, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern, also insoweit die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern. Hierzu gehöre ein kleinschrittiges Vorgehen in Bezug auf Arbeitsaufträge der Lehrer, dass für die Klägerin mit Hilfe einer dritten Person erforderlich gewesen sei. Der Kernbereich der pädagogischen Tätigkeit sei selbst dann nicht betroffen, wenn der Integrationshelfer auch pädagogische Aufgaben übernehme, wie zum Beispiel die Anleitung zur Konzentration auf den Unterricht. Die Vermittlung von Lerninhalten im Rahmen der Aufgabenbearbeitung habe nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Hinweis insbesondere auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Dezember 2016 - B 8 SO 8/15 R -, juris, RdNr. 27) entgegen der Auffassung des erkennenden Senats des LSG im Beschluss vom 24. April 2018 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zum Kernbereich der pädagogischen Arbeit gehört. Die von der Klägerin begehrte Schulbegleitung im Jahr 2017/2018, die der Klägerin lediglich in der Zeit vom 4. Januar bis zum 4. Mai 2018 zuteilgeworden sei, habe sich lediglich als eine „Begleitung“ dargestellt. Es habe eine kausale Verknüpfung zwischen der Betreuung der Klägerin durch eine dauernd im Unterricht anwesende weitere Person und der Ausschöpfung des Entwicklungspotentials zur Umsetzung der Eingliederungsziele für das Schuljahr 2017/2018 bestanden. Eine zielgerechte Beschulung der Klägerin wäre zur Überzeugung der Kammer durch eine 1:1-Betreuung im Schuljahr 2017/2018 ermöglicht worden. Die Klägerin sei gerade nicht in der Lage gewesen, dem Unterricht in allen Fächern ohne Hilfe zu folgen. Der etwa viermonatige Einsatz der Integrationshelferin L. habe es der Klägerin ermöglicht, zusätzliche Lernfortschritte zu erzielen. Insbesondere sei es gelungen, die Aufmerksamkeit der Klägerin besser als ohne diese Unterstützung auf die zu erledigenden Aufgaben zu richten und diese konzentriert zu bearbeiten. Grundlage hierfür sei insbesondere die „Übersetzung“ von Aufgabenstellungen sowie deren Wiederholung und nötigenfalls deren Modifizierung gewesen. Mit den Ausführungen der Eltern in der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2020 sei nicht davon auszugehen, dass für die Person des Integrationshelfers/Schulbegleiters eine pädagogische Qualifikation erforderlich gewesen sei. Die von den Eltern der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 2020 geschilderten Problematiken hinsichtlich der Führung des Hausaufgabenheftes der Klägerin, der Nutzung geometrischer Arbeitsmittel, der Handhabung von technischen Geräten im Unterricht und des Umgangs mit Mitschülern hätten sich während des Einsatzes von L. spürbar verbessert. Die Ablehnung von Leistungen der Eingliederungshilfe könne nicht darauf gestützt werden, die Schule hätte weitere Hilfen zur Verfügung stellen müssen, wenn solche tatsächlich nicht zur Verfügung gestanden hätte (Hinweis auf BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016, a.a.O., RdNr. 3f. m.w.N.). Integrationshilfe in Form einer Schulbegleitung und ein sonderpädagogisches Bildungsangebot stünden nebeneinander und könnten grundsätzlich parallel begehrt werden. Im Schuljahr 2017/2018 habe in der Evangelischen Gesamtschule M. noch keine ausgebildete sonderpädagogische Fachkraft zur Verfügung gestanden. Auch sei nicht ersichtlich, dass der gesamte Bedarf der Klägerin anderweitig habe gedeckt werden können.
Der Beklagte hat gegen das ihm am 29. Juni 2020 zugestellte Urteil am 28. Juli 2020 Berufung bei dem LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung seines Rechtsmittels hat er sein Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Fragwürdig sei bereits, wie das Sozialgericht zu seiner Auffassung gelangt sei. Zur mündlichen Verhandlung sei das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet gewesen. Bei ihrer Befragung habe sie sich nicht an Situationen im Schuljahr 2017/2018 erinnern können. Alle Fragen seien von ihren Eltern, insbesondere von ihrer Mutter, beantwortet worden. Hier stelle sich bereits die Frage, woher diese ihre Informationen habe, da sie nicht im Unterricht dabei gewesen sei. Die auf Grund der Hospitation am 26. September 2018 gewonnen Erkenntnisse seien vom Gericht damit abgetan worden, dass die Hospitation erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Zeitraums stattgefunden habe und daher der Beweiswert begrenzt sei. Im Gegenzug habe sich das Sozialgericht auf Schreiben des MVZ des S. Klinikums D. vom 11. September 2018 und 17. Oktober 2018 sowie den Lernstand-Bericht des Zentrums zur Therapie von Rechenschwäche vom 20. November 2018 bezogen, die ebenfalls nicht im streitgegenständlichen Zeitraum erstellt worden seien. Bei der Hospitation in der Schule habe festgestellt werden können, dass die Klägerin gut in den Klassenverband integriert sei und sich der bei ihr festgestellte Bedarf ausschließlich auf den sonderpädagogischen Förderbedarf bezogen habe. Festgestellt worden sei zudem, dass seit der Aufnahme der Klägerin in die Evangelische Gesamtschule P. kein ausgebildeter Förderschulpädagoge an der Schule tätig gewesen sei. Das Landesschulamt habe im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes mit Schreiben vom 14. Februar 2018 mitgeteilt, dass bei der Klägerin auf Grund ihrer Einschränkungen ein sonderpädagogischer Förderbedarf mit dem Förderschwerpunkt „Lernen“ bestehe und insbesondere darauf hingewiesen, dass die von der Klägerin besuchte Schule über entsprechendes Personal mit der Ausbildung zur Förderschullehrerin bzw. -lehrer zu verfügen habe, welche die Fachlehrer dabei unterstützten. Die Schule habe somit bereits nicht die Voraussetzungen für eine integrative Beschulung behinderter Schülerinnen und Schüler erfüllt. Soweit vom Sozialgericht ausgeführt worden sei, die Klägerin dürfte ohne zusätzliche Hilfe nicht in der Lage sein, dem Unterricht in allen Fächern zu folgen, könne dem nicht gefolgt werden. Auf Grund der Festlegungen des Landesschulamtes bezüglich des Förderschwerpunktes „Lernen“ habe die Beschulung untercurricular nach den Rahmenrichtlinien der Förderschule für Lernbehinderte und nicht nach den Rahmenrichtlinien der Sekundarstufe 1 zu erfolgen. In der mündlichen Verhandlung sei von den gesetzlichen Vertretern der Klägerin mehrmals vorgetragen worden, dass diese auf Grund ihrer motorischen Einschränkungen Probleme beim Arbeiten mit einem Zirkel bzw. Winkelmesser habe und hier andere Aufgaben hätten erteilt werden müssen. Zudem sei mehrmals vorgetragen worden, dass die Klägerin Probleme im Verstehen und Verfolgen von Aufgabenstellungen habe. Vor dem Hintergrund der bei ihr gestellten Diagnose der auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung hätte die Klägerin bei Berücksichtigung der im Anhang A der Leitlinie „Auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung“ (damals Stand 2015) aufgeführten Empfehlungen dem Unterricht folgen können sollen. Unter Berücksichtigung dieser Umstände habe die Klägerin zur Teilnahme am Unterricht keinen Integrationshelfer benötigt. Die vom Integrationshelfer erbrachten Leistungen fielen in den Kernbereich der pädagogischen Arbeit und seien daher nicht als Leistungen der Eingliederungshilfe zu erbringen gewesen. Die Klägerin habe im streitigen Zeitraum im Übrigen Leistungen der Eingliederungshilfe in Form eines Persönlichen Budgets erhalten hat. Als Ziele seien für das Persönliche Budget die Minderung bestehender Behinderung, Verbesserung und Erhalt der Lebensqualität, heilpädagogische Förderung und integrative Betreuung und Förderung durch selbstbeschafftes Fachpersonal vereinbart worden.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Juni 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 17. Juni 2020 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei jedenfalls auf Grund einer Präjudizialität zulässig, da es zu befürchten stehe, dass der Landkreis W. entsprechend seiner Anhörung für den Zeitraum vom 4. Januar bis zum 4. Mai 2018 die gewährten Kosten der Eingliederungshilfe in Form von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in Höhe von 7.402,20 € zurückfordere. Der angefochtene Bescheid vom 24. Juli 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017 habe sich mit Ablauf des Schuljahres 2017/2018 erledigt. Dieser Bescheid sei rechtswidrig gewesen und verletze sie in ihren Rechten. Im Übrigen hat sie zur Begründung im Wesentlichen die Entscheidungsgründe der erstinstanzlichen Entscheidung wiedergegeben.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt (Schriftsatz der Klägerin vom 7. Juni 2021, Schriftsatz des Beklagten vom 9. Juni 2021).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten aus dem Hauptsacheverfahren, die Gerichtsakten aus dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes L 8 SO 69/17 B ER und der Verwaltungsakte des Beklagten sowie der beigezogenen Gerichtsakte aus dem Verfahren S 10 SO 11/19, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil vom 17. Juni 2020 zu Unrecht festgestellt, dass Bescheid vom 24. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017 rechtswidrig gewesen ist.
Die Fortsetzungsfeststellungklage ist bereits unzulässig, worauf der Beklagte schon im Klageverfahren hingewiesen hat.
Grundsätzlich ist bei einer Erledigung die Umstellung der Klage des Leistungsberechtigten von einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in eine Fortsetzungsfeststellungsklagen zulässig (§ 131 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Diese Umstellung stellt nach § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG keine Klageänderung dar (vgl. statt aller BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 7/10 R -, RdNr. 21 m.w.N.).
Eine Fortsetzungsfeststellungsklage setzt ein erledigendes Ereignis, ein klärungsfähiges Rechtsverhältnis und ein Feststellungsinteresse voraus (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 19/15 R -, juris, RdNr. 27). Eine Erledigung ist insoweit in dem Sinne der verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschrift in § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zu verstehen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 18. Juli 2019 - B 8 SO 2/18 R -, juris, RdNr. 11; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 131 RdNr. 7a). Ein Verwaltungsakt ist erledigt, wenn er aufgehoben oder durch Zeitablauf oder in anderer Weise erledigt ist. In Betracht käme insoweit hier nur die vom Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Erledigung durch Zeitablauf mit Ende des Schuljahres 2017/2018. Diese Sichtweise bildet allerdings das Begehren der Klägerin unzutreffend ab. Wegen Zeitablaufs oder in anderer Weise erledigt ist ein Verwaltungsakt, wenn er seine regelnde Wirkung verliert oder die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich wird (vgl. z.B. Roos/Blüggel in: Schütze, SGB X Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 39 RdNr. 14). Von einer Erledigung durch Zeitablauf kann hier nur für den Zeitraum ausgegangen werden, in dem die Klägerin im Schuljahr 2017/2018 nicht durch einen Integrationshelfer begleitet wurde, d.h. den Zeitraum bis zum 3. Januar 2018 und ab dem 5. Mai 2018. Von der Klägerin wäre im Übrigen, d.h. für den Zeitraum vom 4. Januar bis zum 4. Mai 2018, wenn sie selbst bereits mit Kosten für einen Integrationshelfer belastet ist oder eine solche Belastung zu befürchten hat, eine Erstattung oder Freistellung von den Kosten zu beantragen gewesen. Geht es im Bereich der Eingliederungshilfe ausschließlich um eine erfolgte Bedarfsdeckung in der Vergangenheit, reduziert sich das Interesse des Berechtigten auf eine Kostenfreistellung oder Kostenerstattung (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016, a.a.O., RdNr. 29). Der vorgenannten Entscheidung des BSG vom 18. Juli 2019 (a.a.O.), in der eine Erledigung angenommen wurde, lag der Sachverhalt zugrunde, dass für Teilzeiträume des von dem Antrag erfassten Schuljahres vom Sozialhilfeträger mit Bescheid Leistungen bewilligt wurden, auch wenn diese Bewilligung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte, und im Übrigen die streitigen Leistungen der Eingliederungshilfe nicht in Anspruch genommen wurden. Dem vorliegenden Klage- und Berufungsverfahren liegt indes die Konstellation zugrunde, dass die Kosten der in Vorwegnahme der Hauptsache auf Grund einer Verpflichtung im einstweiligen Rechtsschutz von einem Sozialhilfeträger erbrachten Leistungen nach allgemeinen Prozessgrundsätzen von der Klägerin zu erstatten sind (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 9. März 1988 - 9/9a RV 24/85 -, juris, RdNr. 15; und die Nachweise bei Schütze in Schütze, a.a.O. RdNr. 23). Werden Leistungen auf Grund einer vorläufigen Verpflichtung im einstweiligen Rechtsschutz erbracht, ist die Erstattungspflicht der Vorläufigkeit der Regelung immanent.
Die Klägerin hat, auch soweit eine Erledigung durch Zeitablauf für den Zeitraum bis zum 3. Januar 2018 und ab dem 5. Mai 2018 hier anzunehmen ist, kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2017. Ein berechtigtes Interesse (§ 131 Abs. 1 Satz 3 SGG) an der von der Klägerin begehrten Feststellung setzt voraus, dass die Feststellung für sie in Zukunft rechtlich bedeutsam sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016, a.a.O., RdNr. 28). Ein berechtigtes Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Ein Feststellungsinteresse kommt grundsätzlich in Betracht bei Präjudiziabilität, Schadensersatz-, Rehabilitierungsinteresse und Wiederholungsgefahr (vgl. BSG, Urteil vom 8. März 2016, a.a.O., RdNr. 29). Daran fehlt es hier.
Die Folgen der Vollziehung einer einstweiligen Anordnung, die vom Beschwerdegericht aufgehoben wird, kann ein besonderes Feststellungsinteresse nicht unter dem Gesichtspunkt der Abwendung einer Rückforderung begründen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage soll vermeiden, dass dem Kläger durch ein erledigendes Ereignis die Früchte seiner Klage genommen werden. Diese Sorge ist nicht begründet, wenn die Umstellung der Klage mit einem Antrag auf Freistellung von den Kosten der Leistung genügt, um dem Kläger seinen Erfolg im laufenden Verfahren zu sichern.
Bedenken in Bezug auf eine Feststellungsinteresse der Klägerin begründen sich im vorliegenden Fall auch daraus, dass für die begehrte Sozialleistung nicht nur der konkrete Umfang der Leistung und der Leistungserbringer, sondern auch das Verhältnis zu anderen Leistungen - hier in Form des der Klägerin für den streitigen Zeitraum bestandskräftig bewilligten Persönlichen Budgets - von der Verwaltung festzulegen sind. Allein die Feststellung einer Rechtswidrigkeit eines Bescheides ist in einer solchen Konstellation ungeeignet, einen konkreten Leistungsanspruch eines Hilfebedürftigen für einen bestimmten Zeitraum festzulegen, wenn es sich nicht um eine Ermessensreduzierung auf Null handelt.
Eine Ermessensreduzierung auf Null ergibt sich insoweit aus dem Akteninhalt weder in Bezug auf die mit der Klage ursprünglich geltend gemachte Hilfe nach dem SGB XII noch auf den Umfang der Leistung oder den konkreten Leistungserbringer.
Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung umfasst insbesondere Hilfen im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu; die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulbildung bleiben unberührt.
Da die Eltern der Klägerin im gesamten Verfahren ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht offengelegt haben, sind von diesen die beantragten Leistungen konkludent auf solche im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung beschränkt worden. Dazu gehören als Hilfe mit einem Bezug zur Schulausbildung nur heilpädagogische Maßnahmen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, (Nr. 1) und Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu (Nr. 2).
Der Beklagte ist Rehabilitationsträger im Sinne der vorgenannten Regelungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX, ab dem 1. Januar 2018 in der Fassung des BTHG) und sachlich und örtlich zuständig für Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach dem SGB XII (§ 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung des SGB XII hier in der Fassung vom 11. Januar 2005, GVBl. LSA 2005, S. 8; § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII).
Der Senat geht, insbesondere nachdem für die Klägerin während des Klageverfahrens der Antrag auf Feststellung eines GdB für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2017 nachgeholt worden ist, davon aus, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum zu den geistig wesentlich behinderten Menschen im Sinne des § 2 Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHV) und damit zum anspruchsberechtigten Personenkreis im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII gehört hat. Insoweit kommt es im Zusammenhang der Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung darauf an, ob die mit einer Behinderung einhergehenden Beeinträchtigungen einer Teilnahme am Unterricht in einer Schule entgegenstehen, weil Lerninhalte ohne zusätzliche Hilfestellung nicht aufgenommen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 30/10 R -, juris, RdNr. 20ff.; BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016, a.a.O., RdNr. 21ff; zum Bundessozialhilfegesetz Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28. September 1995 - 5 C 21.93 -, juris, RdNr. 13ff.). Insoweit führt die Anpassung der Lerninhalte an die intellektuellen Einschränkungen des Kindes indes nicht dazu, dass im Kontext der konkreten Beschulung eine geistige Behinderung in diesem Sinne zu verneinen ist. Hier ist davon auszugehen, dass die Klägerin auf Grund ihrer kognitiven Befähigung einer regelhaften Beschulung an einer Sekundarschule mit dem Ziel des Erreichens des Schulabschlusses nicht gewachsen war. Hierfür sprechen die regelmäßig geprüften nicht zur Bewältigung insbesondere schriftlicher Aufsichtsarbeiten ausreichenden Fähigkeiten während der dem streitigen Zeitraum vorausgegangenen Grundschulzeit und insbesondere das Ergebnis der im Bericht vom 8. März 2019 des Kinderzentrums des Krankenhauses S. durchgeführten Intelligenzdiagnostik mit einem Gesamt-Intelligenzquotient von 58 bei altersentsprechenden Standardwerten zwischen 85 und 115 und einem weit unterdurchschnittlichen Sprachverständnis und Arbeitsgedächtnis. Da es sich um starke Einschränkungen im Bereich der Kernkompetenzen für ein erfolgreiches Lernen und Bewältigen von schulischen Anforderungen handelt, ist die Klägerin am bereichsspezifischen Maßstab der geistigen Behinderung in ihrer Teilhabe wesentlich eingeschränkt.
Der Senat sieht indes nicht, dass dieses geistige Teilhabedefizit der Klägerin durch weitere Leistungen der Eingliederungshilfe neben dem bewilligten Persönlichen Budget, insbesondere durch die Übernahme der Kosten für einen Schulbegleiter, hätte beseitigt oder gemildert werden können.
Die heilpädagogische Förderung, auf die das Sozialgericht im Wesentlichen abgestellt hat, betrifft nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB XII nur Kinder, die noch nicht eingeschult sind, und hat damit von der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht im Rahmen der Einkommens- und Vermögensprivilegierung wahrgenommen werden können.
Für die angemessene Schulbildung im Sinne des § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI ist Ausgangspunkt das für die Klägerin erreichbare Bildungsziel (vgl. z.B. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, hier noch 5. Aufl. 2014, § 54 RdNr. 33). Die Eingliederungshilfe muss für einen Leistungsanspruch erforderlich und geeignet sein, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 12 Nr. 1 EinglHV). Die Klägerin war im streitigen Zeitraum nicht wesentlich eingeschränkt, die Schulpflicht an der von ihren Eltern gewählten Ersatzschule ohne weitere Leistungen der Eingliederungshilfe zu erfüllen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ihr bereits ein Persönliches Budget zur Verfügung stand, aus dem ein besondere Schulsituationen betreffender Hilfebedarf hat abgedeckt werden können. Für den streitigen Zeitraum sind keine Gesichtspunkte zu erkennen, die mit hinreichender Gewissheit belegen, dass die Klägerin bei der Teilnahme am Schulunterricht, dem Miteinander der Schüler, der Pausengestaltung und dem Schulablauf so wesentlich beeinträchtigt war, dass ein täglicher Bedarf weiterer Leistungen der Eingliederungshilfe insbesondere durch eine Schulassistenz ersichtlich wäre. Es kann insoweit offenbleiben, in welchem Umfang prozessual Gesichtspunkte aus dem Zeitraum nach der letzten Behördenentscheidung zu berücksichtigen sind. Hier wurde der Antrag auf Unterstützung der Klägerin durch einen Integrationshelfer noch im Wesentlichen mit einer Eingewöhnung in die neue Schulumgebung unter anderem während laufender Baumaßnahmen begründet. Erst im Laufe des Klageverfahrens ist der Focus immer weiter in Richtung auf eine Hilfe für die erfolgreiche Teilnahme der Klägerin am Unterricht gerichtet worden. Der Senat sieht indes unabhängig von der zeitlichen Zuordnung im Verhältnis zur letzten Behördenentscheidung nach Maßgabe des Berichts über die Hospitation im Unterricht der Klägerin am 26. September 2018 von 7.30 Uhr bis 12.45 Uhr keinen weiteren Aufklärungsbedarf, dass die Klägerin dem Unterricht mit dem erforderlichen Material beiwohnen, die Pausen gestalten und die Räumlichkeiten der Schule benutzen konnte. Verhaltensauffälligkeiten sind für die freundliche, gut erzogene und höfliche Klägerin nicht beschrieben worden.
Soweit sich die Maßnahmen für eine angemessene Schulbildung (§ 12 Nr. 2 EinglHV) auf einen Schulabschluss nach den Vorgaben des Schulrechts als Grundlage für eine nachfolgende erfolgreiche Integration insbesondere in das Berufsleben richten, geht das Schulrecht als Landesrecht den bundesrechtlichen Regelungen der Sozialhilfe vor (vgl. Art. 30 Grundgesetz). Nach § 16 Abs. 1 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung vom 2. August 20005 (GVBl. LSA S. 482, geändert durch Verordnung vom 10. Mai 2010, GVBl. LSA S. 349) ist die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht Aufgabe der allgemeinen Schule. Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nehmen nach Absatz 3 dieser Vorschrift zieldifferent am Unterricht der allgemeinen Schule teil, wenn die Rahmenrichtlinien der Förderschule für Lernbehinderte oder der Förderschule für Geistigbehinderte die Grundlage bilden. Der bestandskräftig gewordene Verwaltungsakt des Landesschulamtes vom 8. März 2017 gibt vor, dass bei der Klägerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf „Lernen“ besteht. Soweit das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, die Begleitung durch einen Integrationshelfer sei erforderlich gewesen, einen „erfolgreichen“ Schulbesuch zu gewährleisten, steht dem die Beschulung der Klägerin an der von ihr besuchten Schule nach den Rahmenrichtlinien der Förderschule für Lernbehinderte entgegen. Bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat das Landesschulamt mit Schreiben vom 14. Februar 2018 auf Anfrage des erkennenden Senates bestätigt, dass die Klägerin ohne Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, auch durch Einbeziehung eines Integrationshelfers in die Aufgabenbewältigung, einen anerkannten Schulabschluss der von ihr besuchten Schule nicht erreichen kann.
Die Anforderungen, die in der Schule an ein Kind gestellt werden dürfen, können nur im Rahmen des geltenden Schulrechts definiert werden. Für die Annahme des Sozialgerichts, dass die Klägerin während des streitigen Zeitraums durchgehend nach einem eigenen Lehrplan unterrichtet wurde, spricht hier nichts. Vielmehr ergeben sich überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass die von den Eltern der Klägerin gewählte Ersatzschule nicht hinreichend auf einen gemeinsamen Unterricht im Sinne des § 1 Abs. 3a des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt ausgerichtet und die Klägerin im Wesentlichen mit dem nicht an ihre besonderen Bedürfnisse angepassten Unterricht überfordert war. Dafür spricht insbesondere, dass von Seiten der Fachärztin für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde S1. in ihrem Befundbericht vom 10. November 2017 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes besonders hervorgehoben worden ist, dass eine Regelbeschulung mit Begleitung durch einen Integrationshelfer der Klägerin ggf. die Möglichkeit eines Schulabschlusses eröffnen könnte. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob eine untercurriculare Beschulung Ziel der Beschulung der Klägerin in der gewählten Schule war, da die vorhandenen Defizite der personellen Ausstattung der Schule bereits bei der Einschulung offenkundig waren. Soweit das Sozialgericht zutreffend darauf verwiesen hat, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung Defizite der Schule durch Mittel der Eingliederungshilfe aufgefangen werden können, kann offenbleiben, ob dies uneingeschränkt für eine gewählte Ersatzschule gelten kann, wenn diese das von ihr vorzuhaltende Personal tatsächlich nicht vorhält. Unabhängig davon ist die Vermittlung von im erforderlichen Umfang an die Bedürfnisse des Kindes angepassten Lerninhalten nicht der Sphäre des Trägers der Eingliederungshilfe zuzuordnen. Der Kernbereich der pädagogischen Arbeit ist dann nicht betroffen, wenn ein Integrationshelfer die eigentliche pädagogische Arbeit der Lehrkräfte nur absichert (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 2016, a.a.O., RdNr. 25). Damit kann die Eingliederungshilfe nicht Mittel sein, um einen Schulunterricht, der entgegen den Feststellungen der Schulverwaltung nicht nach dem Förderschwerpunkt Lernen erfolgt, erst den Erfordernissen der Schülerin bzw. des Schülers nach den Vorgaben der Schulbehörde anzupassen. Dies gilt bereits deshalb, weil die Schule zu verantworten hat, dass eine den staatlichen Vorgaben entsprechende Beschulung erfolgt. Allein die Schulbehörde entscheidet auch, welchen Anforderungen ein Schüler bzw. eine Schülerin sich zu stellen hat. Es ist dem Senat insoweit auch verwehrt, anstelle der Rahmenrichtlinien der Förderschule für Lernbehinderte hier eine Beschulung nach den Rahmenrichtlinien der Förderschule für Geistigbehinderte durch Leistungen der Eingliederungshilfe zu ermöglichen. Die von L. im streitigen Zeitraum geleistete Unterstützung ist im Wesentlichen der Anpassung ungeeigneter Aufgabenstellungen und Kommunikation an das Lernniveau der Klägerin zuzuordnen und liegt damit außerhalb des Bereichs der Eingliederungshilfe. Nicht außer Acht gelassen werden kann hier auch, dass zur Begründung der Notwendigkeit einer Begleitung der Klägerin durch einen Integrationshelfer auch eine Vermittlung zwischen der Schule und dem Elternhaus angeführt wurde. Eine „Begleitung“ der Klägerin selbst ist damit nicht betroffen.
Ein konkretes Schadensersatzinteresse der Klägerin ist nicht ersichtlich. Für einen Amtshaftungsanspruch der Klägerin ist nichts mitgeteilt worden oder ersichtlich. Auch ein Rehabilitierungsinteresse oder eine Wiederholungsgefahr sind nicht erkennbar. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts spricht die bestandskräftige Ablehnung des Antrags auf eine Schulassistenz für das Schuljahr 2018/2019 nicht für, sondern gegen eine Wiederholungsgefahr.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.