L 3 BK 7/22 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 15 BK 9/22 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 BK 7/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. In Angelegenheiten des Kinderzuschlagrechts ist nur die Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse mit Sitz in Nürnberg beteiligungsfähig, nicht aber die Familienkasse Direktion oder eine ihrer ebenfalls als Familienkassen bezeichneten regionalen Untergliederungen.

2. Der interne Zuständigkeitswechsel von einer regionalen Familienkasse hin zum Zentralen Kindergeldservice (ZKGS) ist kein Beteiligtenwechsel.

 

 

 

 

 

I.     Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 13. September 2022 wird zurückgewiesen.

II.    Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

 

 

 

Gründe:

 

I.

 

Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichtes, mit dem ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes abgelehnt worden ist. Ausgangspunkt ist ein Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum von Dezember 2020 bis September 2021 und die damit verbundene Erstattungsforderung sowie über die Abänderung der Festsetzung von Kindergeld.

 

Die 1972 geborene Antragstellerin lebte mit ihrem 1969 geborenen Ehemann, der auch ihr Prozessbevollmächtigter ist, und ihren beiden Söhnen, dem 1998 geborenen Y.... und dem 2001 geborenen X...., für die sie in diesem Zeitraum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) in gesetzlicher Höhe erhalten hatte, zusammen in A.... (Landkreis V….). Sie arbeitete bei der U.... Krankenhaus GmbH V…. und erhielt hierfür eine Regelvergütung in Höhe von monatlich 2.506,86 EUR nebst Zuschlägen. Ihr Ehemann bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 1.075,33 EUR. X.... erhielt Leistungen nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG) in Höhe von monatlich 247,00 EUR.

 

Die Antragsgegnerin erließ mit Bescheid vom 3. August 2022 auf der Grundlage von § 70 Abs. 2 EStG Verfügungen betreffend die Kindergeldbewilligungen für die beiden Söhne der Antragstellerin. Für Y.... hob sie die Festsetzung des Kindergeldes nach dem Einkommenssteuergesetz für den Zeitraum von Dezember 2020 bis September 2021 auf. Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet hätten, könnten nur beim Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden. Diese Voraussetzungen lägen bei Y.... nicht mehr vor. Die Antragsgegnerin forderte zugleich die Erstattung von überzahltem Kindergeld in Höhe von insgesamt 2.175,00 EUR bis zum 3. September 2022. Für X.... änderte sie die Festsetzung des Kindergeldes wegen der Änderung der Ordnungszahl ab; dies hatte keine Auswirkung auf den monatlichen Kindergeldanspruch.

 

Die Antragstellerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein.

 

Am 3. August 2022 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin die Gewährung eines Kinderzuschlags für die beiden Kinder. Mit Schreiben vom 9. August 2022 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur Vorlage verschiedener Unterlagen bis zum 8. September 2022 auf, um über den Anspruch entscheiden zu können.

 

In Bezug auf Leistungen für die Zeit ab September 2022 beantragte die Antragstellerin am 18. Oktober 2022 beim Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Az.: S 15 BK 10/22 ER). Das Beschwerdeverfahren ist unter dem Az. L 3 BK 9/22 B ER anhängig.

 

Am 15. August 2022 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Im Betreff ist "Kinderzuschlag i. S. d. § 6a BKGG" angegeben, die Anträge und weiteren Ausführungen beziehen sich auf den Festsetzungsbescheid vom 3. August 2022 sowie die Erstattungsforderung von 2.175,00 EUR. Sie, die Antragstellerin, begehre "mittelbar" Leitungen nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG), weil diese auf einer materiellen Berechnung beruhten, in deren Mittelpunkt der Umgang mit der Rückforderung "Kindergeld EStG und Folgekosten" stünden. Es müsse eine Regelungsanordnung getroffen werden, wie die Kosten in den einzelnen Bedarfsmonaten vom Einkommen der Antragstellerin abzusetzen seien. Da die Antragsgegnerin die letzte sechs Monate in die Berechnung nach § 6a BKGG einbeziehe, bedeute dies, dass alle Bescheide im Zeitraum von August 2022 bis Januar 2023 unrichtige Durchschnittsberechnungen enthielten und rechtswidrig seien, wenn keine eindeutige Regelung vorliege. Es sei nicht zumutbar, dass die Antragsgegnerin die nächsten sechs Monate unrichtige Berechnungen vorlege. Auch sei die Bescheinigung bei der kommunalen Stelle nach § 13 Abs. 4 BKGG in Verbindung mit § 6a BKGG für Bildungs- und Teilhabeleistungen vorzulegen.

 

Die Antragstellerin hat beantragt,

-    dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, die Rückforderung aus dem Feststellungsbescheid vom 3. August 2022 vom Einkommen Brutto W.... abzuziehen in Höhe von 2.175,00 EUR,

-    dass ein Abzug vom Bruttoeinkommen als Abzug vor Steuern nach dem EStG erfolgt,

-    dass der Feststellungsbescheid vom 3. August 2022 wie Steuerlast auf Erzielung von Einkommen bewertet wird unter Verweis auf AVR,

-    dass die Feststellung getroffen wird, dass bei dem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Frau W.... nicht das deutsche Arbeitsrecht zur Anwendung kommt, sondern der AVR,

-    dass die Verwaltungskosten zum Festsetzungsbeschluss vom 3. August 2022 als Werbekosten anzusetzen sind: Porto 7,30 EUR; Druckkosten für 47 Seiten Schwarz/Weiß Druck, Druckkosten für 464 Seiten Farbdruck,

-    dass festgestellt wird, dass es sich um Absetzbeträge vom Einkommen von W.... handele,

-    dass alle Kosten im Zusammenhang mit dem Festsetzungsbescheid vom 3. August 2022 vom Einkommen von W.... abgesetzt werden.

 

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 13. September 2022 abgelehnt. Die Antragstellerin habe bereits keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, sofern ihr Begehren dahingehend ausgelegt werde, dass sie im Wege einer Regelungsanordnung die vorläufige Gewährung von Leistungen nach § 6a BKGG ab August 2022 für die beiden Kinder begehre. Die Antragsgegnerin habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 9. August 2022 zur Vorlage von weiteren Unterlagen bis zum 8. September 2022 aufgefordert, um über den Antrag auf Kinderzuschlag entscheiden zu können. Es sei von der Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden, dass gleichwohl eine sofortige Regelung im Wege einer einstweiligen Anordnung erforderlich sei. Soweit die Antragstellerin im Wege einer einstweiligen Anordnung geklärt wissen wolle, wie die Kosten in den einzelnen Bedarfsmonaten vom Einkommen der Antragstellerin abzusetzen seien, sei ein solcher Feststellungsantrag ebenso wie der Feststellungsantrag betreffend die Nichtanwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts bereits unzulässig. Denn eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei, wie das Bundessozialgericht bereits entscheiden habe, grundsätzlich nicht zulässig, um die Antwort auf Rechtsfragen – insbesondere zu einzelnen Berechnungselementen von Leistungen – durch gerichtliche Verfahren herbeizuführen

 

Die Antragstellerin hat am 14. September 2022 Beschwerde eingelegt. Sie hält der Antragsgegnerin eine schwere Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und Artikel 34 des Grundgesetzes (GG) vor. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung seien geben. So werde eine Bescheinigung zur Vorlage bei der kommunalen Stelle nach § 13 Abs. 4 BKGG in Verbindung mit § 6a BKGG für Bildungs- und Teilhabeleistung benötigt; die Verjährungszeit betrage für die Bescheinigung ein Jahr, bezogen auf den Leistungszeitraum. Ein Bonus für ein Kind und ein Bonus zum Regelsatz zu je 200,00 EUR pro Person sei innerhalb von 3 Monaten abrufbereit. Die Zuzahlung im Sinne von § 61 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) sei nur ein Jahr rückwirken einlösbar. Weiter macht die Antragstellerin zum einen geltend "Leistung i.S.d § 6a BKGG ab den Monat Juni 2022 in die Zukunft gerichtet Verpflichtung der Antragsgegnerin zu Zahlung von Kinderzuschlag i.S.d § 6a BKGG ab den Monat Juni 2022 in die Zukunft gerichtet (mindesten i.H.v 0,01 €) – juristisch Ausreichend. Als weiteres wäre die Antragsgegnerin verpflichten, die Bescheinigung zur Vorlage bei der kommunalen Stelle nach § 13 Abs. 4 i.V.m § 6a BKGG für Bildungs- und Teilhabeleistung zu übergeben." und zum anderen "Absatz Rückforderung steuerrechtlicher Vorteil i.H.v 2.275,00 zu leisten hat mit Verwaltungskosten und Nebenkosten abzusetzen hat. Hier Absatz i.S.d § 11b SGB II von Steuern zu verpflichten."

 

Der Antragsgegner beantragt,

 

die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Die Antragstellerin habe nach wie vor keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

 

Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2022 mitgeteilt, dass auf Grund des Beschlusses Nr. 12/2022 vom 27. Januar 2022 an die Stelle der bislang beteiligten Familienkasse Sachsen nunmehr die Familienkasse Direktion – Zentraler Kindergeldservice (Klagestützpunkt Nürnberg) zuständig sei. Diese während eines gerichtlichen Verfahrens eingetretene Zuständigkeitsänderung führe zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel.

 

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat daraufhin im Schreiben vom 6. November 2022 die Auffassung vertreten, dass nicht nur ein Wechsel der Interessenvertretung stattgefunden habe, sondern ein Beklagtenwechsel. Dieser sei zustimmungspflichtig.

 

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene elektronische Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

 

II.

 

1. Gegenstand des Rechtsstreites ist das Begehren der Antragstellerin, dass gerichtlicherseits Stellung zu konkret formulierten Rechtsfragen genommen werden soll. Nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin sollen diese Rechtsfragen zum einen betreffend den Bescheid vom 3. August 2022 von Bedeutung sein. Dies ergibt sich aus dem Text einiger Anträge mit der Bezugnahme auf den Bescheid vom 3. August 2022. Zum anderen sollen die Rechtsfragen aber auch im Rahmen der Bearbeitung des Antrages vom 3. August 2022 auf Gewährung von Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG relevant sein.

 

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens einige Male erwähnt hat, dass ein Anspruch auf Gewährung von Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG bestehe, versteht der Senat dies dahingehend, dass damit lediglich die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit verdeutlicht werden sollte. Denn der Prozessbevollmächtigte hat mehrfach erklärt, dass es bei dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes "mittelbar" um die Gewährung von Kindergeld gehe (z. B. Schreiben vom 24. August 2022 [Az.: RU-22332], Schreiben vom 24. August 2022 [Az.: DE-22320]). Die vorläufige Gewährung dieser Sozialleistung ist von Seiten der Antragstellerin erstmals im Antrag vom 18. Oktober 2022 (Az.: S 15 BK 10/22) zum Gegenstand eines Gerichtsverfahrens gemacht worden.

 

Wiederum wird vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz in Bezug auf den Bescheid vom 3. August 2022 nicht erstrebt, auch wenn dieser in einigen der Anträge ausdrücklich in Bezug genommen wird. Insoweit hat der Prozessbevollmächtigte im Schreiben vom 24. August 2022 (Az.: DE-22320) zum Rechtsschutzbegehren erklärt, dass es "nicht im Verfahren um die Aufhebung des Festsetzungsbescheid vom 03.08.2022 geht, sondern um Berechnung/Absetzung im Rechtsgebiet des § 6a BKGG".

 

Für (vorläufigen) Rechtsschutz gegen den Bescheid vom 3. August 2022 wären im Übrigen die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nicht zuständig (vgl. Krumm, in: Tipke/Kruse, AO/FGO [173. Lieferung, 11/2022], § 33 FGO Rdnr. 45; zur ausnahmsweisen Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach § 15 BKGG: Krumm, a. a. O., Rdnr. 46). Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden, gegeben. Nach § 33 Abs. 2 FGO sind Abgabenangelegenheiten im Sinne dieses Gesetzes alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich. Das Kindergeld wird nach § 31 Satz 3 EStG als "Steuervergütung" monatlich ausgezahlt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) gilt die Abgabenordnung für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen (mithin auch das Kindergeld), die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 Satz 2 des Gesetzes über die Finanzverwaltung (Finanzverwaltungsgesetz – FVG) stellt die Bundesagentur für Arbeit dem Bundeszentralamt für Steuern zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 EStG ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Damit ist für Streitigkeiten, die die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung des Kindergeldes wegen einer Änderung der Verhältnisse im Sinne von § 70 Abs. 2 Satz 1 EStG betreffen, der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.

 

2. In dem solchermaßen beschriebenen Beschwerdeverfahren ist ein Beteiligtenwechsel auf Seiten der Antragsgegnerin entgegen ihrer Auffassung und ihr folgend des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht eingetreten.

 

Nach § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Hierzu zählt auch der "gewillkürte" (kraft Beteiligtenwillens herbeigeführte) Beteiligtenwechsel (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 1959 – 2 RU 257/57BSGE 10, 97 = NJW 1959, 2135 = juris Rdnr. 22; BSG, Urteil vom 10. Februar 1993 – 1 RK 17/91SozR 3-2200 § 182 Nr. 13 = juris Rdnr. 14; Arndt, in: Fichte/Jüttner, SGG [3. Aufl., 2020], § 69 Rdnr. 15; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG [13. Aufl., 2020], § 99 Rdnr. 6), das heißt die subjektive Klageänderung. Ein solcher Beteiligtenwechsel ist auch noch im Berufungs- oder Beschwerdeverfahren möglich (vgl. BSG, Urteil vom 10. Februar 1993, a. a. O.; Schmidt, a. a. O.). Hingegen fällt unter § 99 Abs. 1 SGG weder der Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes (cessio legis) (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 99/10 R – SozR 4-4200 § 37 Nr. 5 = jurs Rdnr. 11; BSG, Urteil vom 5. Juli 2018 – B 8 SO 30/16 RBSGE 126, 166 ff. = SozR 4-3500 § 9 Nr. 1 = juris Rdnr. 12; Arndt, a. a. O., Rdnr. 15; Schmidt, a. a. O., Rdnr. 6a), zum Beispiel die Sonderrechtsnachfolge des Erben, noch der Beteiligtenwechsel im Wege der Funktionsnachfolge (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2009 – B 5 R 39/06 RBSGE 102, 248 ff. = SozR 4-5050 § 15 Nr. 6 = juris Rdnr. 14; Arndt, a. a. O., Rdnr. 18; Schmidt, a. a. O.),

 

Vorliegend ist jedoch überhaupt kein Beteiligtenwechsel auf der Seite der Antragsgegnerin eingetreten. Beteiligt an einem (sozialgerichtlichen) Verfahren ist nach § 69 Nr. 2 SGG der Beklagte – oder in einem Antragsverfahren der Antragsgegner. Antragsgegnerin war und ist die Bundesagentur für Arbeit. Denn die Antragstellerin begehrt ihr gegenüber den Erlass einer einstweiligen Anordnung in einer Kindergeld- oder Kinderzuschlagsangelegenheit.

 

Das Rechtsschutzbegehren der nicht rechtskundig vertretenen Antragstellerin war bei sachgerechter Auslegung auch nicht gegen die Familienkasse Sachsen, sondern die Bundesagentur für Arbeit gerichtet. Denn nach § 70 Nr. 1 Alt. 2 SGG sind juristische Personen fähig, am Verfahren beteiligt zu sein. Zwar sind nach § 70 Nr. 3 SGG auch Behörden beteiligungsfähig, sofern das Landesrecht dies bestimmt. Dies gilt aber nur für Behörden, die der Landesgesetzgebung unterliegen. Mangels einer entsprechenden bundesrechtlichen Regelung ist nur die Bundesrepublik Deutschland, nicht aber die sie im Einzelfall vertretende Behörde, fähig, am Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein (vgl. BSG, Beschluss vom 28. September 1961 – 3 RK 72/57BSGE 15, 127 = SozR Nr. 13 zu § 70 SGG = juris Rdnr. 4). Es verbleibt danach bei dem Rechtsträgerprinzip, wonach beteiligungsfähig nur die juristische Person ist, deren Behörde zuständig ist.

 

Für das vorliegende Verfahren folgt – auch unter Berücksichtigung der einschlägigen gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen – daraus:

 

Kinderzuschlag, hinsichtlich dessen die Antragstellerin die Klärung von Rechtsfragen begehrt, ist in § 6a BKGG geregelt. Nach § 7 Abs. 1 BGKK führt die Bundesagentur für Arbeit das Bundeskindergeldgesetz nach fachlichen Weisungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch. Dabei führt nach § 7 Abs. 1 BGKK die Bundesagentur die Bezeichnung "Familienkasse". Neben der "Familienkasse" als fachspezifische Bezeichnung für die Bundesagentur für Arbeit als rechtsfähige bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (vgl. § 367 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – [SGB III]) verwendet der Gesetzgeber die Bezeichnung aber auch für deren regionalen Untergliederungen (vgl. z. B. § 9 Abs. 1 Satz 1 BKGG [nach § 13 zuständigen Familienkasse], § 10 Abs. 3 BKGG [Familienkassen], § 13 Abs. 1 Satz 1 BKGG [Familienkasse, in deren Bezirk der Berechtigte seinen Wohnsitz hat], § 13 Abs. 1 Satz 4 BKGG [Familienkasse Bayern Nord]). Ergänzend hierzu ist der Vorstand der Bundesagentur ermächtigt, für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten die Entscheidungen über den Anspruch auf Kindergeld einer anderen Familienkasse zu übertragen (vgl. § 13 Abs. 3 BKGG).

 

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit mit ihrer Direktion als besondere Dienststelle hat ihren Sitz in Nürnberg. Von dort aus ist die Familienkasse Direktion für 15 regionale Familienkassen mit insgesamt 115 lokalen Standorten im Bundesgebiet tätig (vgl. https://www.arbeitsagentur.de/ueber-uns/familienkasse-der-ba).

 

Mit Beschluss des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit 12/2022 vom 27. Januar 2022 zur Gründung des Zentralen Kindergeldservices (ZKGS) als weitere Familienkasse für Fälle mit besonderen Schutzbedarfen (ANBA 2022 Nr. 5 S. 1) ist der Zentrale Kindergeldservice (ZKGS) mit Hauptstandort in Magdeburg (Agentur für Arbeit Sachsen-Anhalt Nord) als weitere Familienkasse mit Sonderzuständigkeit ab 1. Februar 2022 gegründet worden. Dieser Stelle ist in Bezug auf Kindergeld und Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz die Zuständigkeit für "Personen, deren Daten – und damit der gesamte Fall – besonders schützenswert sind" zugewiesen worden (vgl. Nummer 3.1.3 des Anhangs zum Vorstandsbeschluss 12/2022). Der Anhang zum Vorstandsbeschluss 12/2022 ist durch den Beschluss des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit 129/2022 vom 3. November 2022 zur Erweiterung der Zuständigkeit des Zentralen Kindergeldservice (ZKGS) als Familienkasse für Fälle mit besonderen Schutzbedarfen (ANBA 2022 Nr. 12 S. 1) durch einen neuen Anhang ersetzt worden. Innerhalb des Zentrale Kindergeldservice ist im vorliegenden Fall der Klagestützpunkt Nürnberg zuständig.

 

Damit ist in Angelegenheiten des Kinderzuschlagrechts nur die Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse mit Sitz in Nürnberg beteiligungsfähig, nicht aber die Familienkasse Direktion oder eine ihrer ebenfalls als Familienkassen bezeichneten regionalen Untergliederungen (so bereits zu Angelegenheiten nach dem Bundeskindergeldgesetz: Sächs. LSG, Beschluss vom 6. März 2014 – L 3 KG 2/13 B ER – juris Rdnr. 15 ff.).

 

3. Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 13. September 2022 ist gemäß § 172 Abs. 1, § 173 SGG zulässig, insbesondere statthaft. Sie ist nicht gemäß §§ 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen. Nach dieser Regelung ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte, ausgeschlossen. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Die begehrte gerichtliche Stellungnahme zu den von der Antragstellerin formulierten Rechtsfragen dient als Vorbereitungsmaßnahme der Erlangung von Kinderzuschlag für die beiden Söhne der Antragstellerin. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für diese Vorbereitungsmaßnahme kann nicht über dem liegen, was mit dem eigentlichen Leistungsbegehren erreicht werden könnte. Der Höchstbetrag des Kinderzuschlags betrug bis zum 31. Dezember 2022 je Kind 185,00 EUR (vgl. Meßling, in: Schlegel/Meßling/Bockholdt, COVID-19 – Corona-Gesetzgebung – Gesundheit und Soziales [2. Aufl., 2022], § 3 Sozialhilfe, Kinderzuschlag und sonstige existenzsichernde Leistungen, Rdnr. 75). Bei einem Bewilligungszeitraum von sechs Monaten (vgl. § 20 Abs. 7 Satz 1 BKGG) errechnet sich daraus bereits für ein Kind ein möglicher Hilfsanspruch von 1.110,00 EUR.

 

4. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch (b) noch einen Anordnungsgrund (c) glaubhaft gemacht.

 

(a) Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG können die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dazu ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowohl der durch die Anordnung zu sichernde, im Hauptsacheverfahren geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) als auch der Grund, weshalb die Anordnung so dringlich ist, dass dieser Anspruch vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache gesichert werden muss (Anordnungsgrund), glaubhaft zu machen.

 

Ein Anordnungsanspruch ist hierbei glaubhaft gemacht, wenn das Gericht aufgrund einer vorläufigen, summarischen Prüfung zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde (vgl. Sächs. LSG, Beschluss vom 29. März 2018 – L 3 BK 14/17 B ER – juris Rdnr. 23).

 

(b) Eine Erfolgsaussicht in diesem Sinne ist für das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin nicht gegeben.

 

Der Sache nach begehrt die Antragstellerin Feststellungen dazu, wie konkret bezeichnete Rechtsfragen zu beantworten sind, die sie für die angestrebte Gewährung von Kinderzuschlag für entscheidungserheblich hält.

 

Zwar können grundsätzlich im Rahmen einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG auch vorläufige Feststellungen getroffen werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 1985 – 2 BvR 1167, 1185, 1636/84, 308/85 und 2 BvQ 18/84BVerfGE 71, 305 [347] = juris Rdnr. 82; Sächs. LSG, Beschluss vom 28. Januar 2015 – L 3 AS 6/15 B ER PKH – juris Rdnr. 6, m. w. N.). Nach § 55 Abs. 1 SGG kann (im Hauptsacheverfahren) mit einer Feststellungsklage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses (Nummer 1), die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist (Nummer 2), die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist (Nummer 3) und die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts (Nummer 4) begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Im Falle der Antragstellerin ist jedoch keine dieser Varianten gegeben. Auch die Voraussetzungen für einen in § 55 Abs. 2 und 3 SGG genannten Sonderfall für eine zulässige Feststellungsklage liegen nicht vor.

 

Ob darüber hinaus einzelne Tatbestandsmerkmale im gerichtlichen Verfahren vorab geklärt werden können, mithin eine sogenannte Elementen Feststellungsklage zulässig ist, wird in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes unterschiedlich beantwortet (bejahend z. B. BSG, Beschluss vom 17. Dezember 2019 – B 8 SO 8/19 B – juris Rdnr. 8; verneinend z. B. BSG, Urteil vom 21. Juli 2021 – B 14 AS 31/20 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 118 = juris Rdnr. 17; siehe auch die Übersicht in Sächs. LSG, Beschluss vom 18. Mai 2016 – L 3 AS 167/16 B ER – juris Rdnr 23). Auf diesen Meinungsstreit muss jedoch in dieser Entscheidung nicht näher eingegangen werden. Denn auch von den Befürwortern wird eine Elementenfeststellungsklage nur dann als zulässig angesehen, wenn sicher anzunehmen ist, dass dadurch der Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt wird (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 5. Juli 2018 – B 8 SO 21/16 R – SozR 4-3500 § 94 Nr. 1 = juris Rdnr. 17, m. w. N.). Dies ist hier nicht der Fall. So ist zum einen derzeit nicht zu erkennen, dass alle oder auch nur einzelne vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen entscheidungserheblich für die erstrebte Gewährung von Kinderzuschlag sein werden. Diesbezüglich ist informatorisch anzumerken, dass im Verfahren betreffend die Gewährung von Kinderzuschlag der Bescheid vom 3. August 2022 betreffend das Kindergeld nicht inzident überprüft werden kann. Zum anderen steht im Hinblick auf die vom Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren getätigten umfangreichen Ausführungen sowie seinen Ausführungen in früheren, die Gewährung von Kinderzuschlag betreffenden und vor dem erkennenden Senat geführten Verfahren nicht mit der in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes geforderten Sicherheit fest, dass die Annahme gerechtfertigt ist, dass sich infolge der begehrten Feststellungen der Streit zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin im noch laufenden Verfahren auf Gewährung von Kinderzuschlag erledigen wird.

 

(c) Darüber hinaus hat die Antragstellerin auch keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat dargelegt, aus welchen Gründen der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung eilbedürftig sei. Eine Bescheinigung über den Bezug von Kinderzuschlag werde benötigt, um Ansprüche auf andere (Sozial)Leistungen, die nur innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden könnten, zu realisieren. Insoweit sind die Antragstellerin und ihre Familienangehörigen darauf zu verweisen, dass sie die erforderlichen Anträge innerhalb der jeweils maßgebenden Fristen stellen. Sofern ein Antrag abgelehnt werden sollte, steht ihnen der Rechtsweg einschließlich der Möglichkeit vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes offen. Unter Umständen ist eine ausstehende Bescheinigung über den Bezug von Kinderzuschlag nicht der alleinige oder nicht der maßgebende Grund für eine etwaige Antragsablehnung.

 

5. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

 

6. Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

 

Rechtskraft
Aus
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