Die Vertagung einer mündlichen Verhandlung ist nicht unter dem Gesichtspunkt einer Antragstellung nach § 109 SGG am Tag vor der Sitzung geboten, wenn der Gutachter bereits zu diesem Zeitpunkt mitteilt, einer späteren Ladung zu einer mündlichen Verhandlung nach Erstattung des Gutachtens nicht Folge zu leisten. Auch für den Gutachtenauftrag nach § 109 SGG gilt nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG insoweit § 411 Abs 3 Satz 1 ZPO.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI), nachdem dem Kläger ab dem 1. September 2020 eine Altersrente für langjährig Versicherte bewilligt worden ist.
Auf den Antrag des am ... 1957 geborenen Klägers vom 11. November 2015 bewilligte die Beklagte diesem mit Teilabhilfebescheid vom 16. Mai 2017 - nach Ablehnung einer Rentengewährung mit Bescheid vom 24. März 2016 - Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung mit Rentenbeginn am 1. Februar 2015 bis zur Regelaltersgrenze (Zahlbetrag ab dem 1. Juli 2017 441,43 €). Im Klageverfahren S 12 R 372/17 vor dem Sozialgericht Magdeburg wurde der Bescheid vom 16. Mai 2017 vor Abschluss des Widerspruchsverfahrens in Bezug auf einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller Erwerbsminderung angefochten und das Verfahren von beiden Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. März 2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit sie diesem nicht bereits abgeholfen hatte. Nach der im Widerspruchsverfahren getroffenen sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung könnten mit dem vorhandenen Leistungsvermögen Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche regelmäßig ausgeübt werden. Der Kläger sei daher in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein.
In den Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dipl.-Med. P. vom 27. Januar 2016, dem in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung auf dem Ankreuzbogen ein Leistungsvermögen des Klägers von sechs Stunden und mehr täglich in körperlich leichten bis mittelschweren Arbeiten zu entnehmen ist. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von Gegenständen (dauerhaft über 10 kg, zeitweise nur mit Hebehilfen) und Überkopfarbeiten.
Mit seiner am 15. April 2019 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren der Rentengewährung weiterverfolgt und im Übrigen einen weiteren Klageantrag gestellt, der sich auf die Kosten aus dem erledigten Klageverfahren S 12 R 372/17 bezog. Die Beklagte müsse sich entscheiden, ob sie ihm - dem Kläger - umfangreiche Maßnahmen, um in das Erwerbsleben zurückkehren zu können, oder eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewähre. Auch leichte Belastungen des allgemeinen Arbeitsmarktes seien für ihn mit einem Mehr an Schmerzen verbunden.
Das Sozialgericht hat durch Einholung von Befundberichten ermittelt. Der Facharzt für Neurologie Dr. S. hat in seinem Befundbericht vom 28. April 2020 in der Anamnese auf Grund ambulanter Untersuchungen am 22. September und 12. Dezember 2017 rechtsbetonte lumbale Schmerzen mit Ausstrahlung in den rechten lateralen Oberschenkel mit leichter Hypästhesie ohne wesentliche Beschwerderegredienz angegeben. Eine letzte Konsultation durch den Kläger sei am 2. März 2018 erfolgt. Die Fachärztin für Orthopädie Dr. B. hat unter dem 24. März 2020 mitgeteilt, der Kläger habe sich dort nur am 19. Januar 2015 vorgestellt. Der Hausarzt des Klägers, der Facharzt für Innere Medizin Dipl.-Med. G., hat in seinem Befundbericht vom 19. März 2020 als Diagnosen eine arterielle Hypertonie und eine Spinalkanalstenose bei Spondylolisthese der Lendenwirbelsäule aufgeführt. Zur Frage des Sozialgerichts nach der Fähigkeit des Klägers, leichte Arbeiten mit zusätzlichen qualitativen Einschränkungen sechs Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, ist dort angegeben: „Aus internistischer Sicht NEIN!! Die Befunde sprechen für sich Arbeiten in Zwangshaltungen längeres Laufen scheinen mir nicht möglich jedoch gebe ich zu bedenken in punkto Neurochirurgie Wirbelsäulenheilkunde Orthopädie ich keine!!! Fachkompetenz habe“. Zu vermeiden seien auch Bücken, Heben von Lasten über 10 kg, längeres statisches Arbeiten und längeres Sitzen. Er habe den Kläger an einen Neurochirurgen überwiesen und habe selbst insoweit keine Fachkunde. Bezüglich der Einzelheiten wird im Übrigen auf Bl. 46, 47 bis 49 und 51 bis 69 der Gerichtsakten Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten die vorgenannten Befundberichte nebst Anlagen mit einem richterlichen Schreiben vom 14. Juli 2020 übermittelt und um Stellungnahme innerhalb von sechs Wochen gebeten.
Seit dem 1. September 2020 steht der Kläger im Bezug einer Altersrente für langjährig Versicherte.
Am 4. Dezember 2020 - zu diesem Zeitpunkt war der Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2020 per EGVP bereits geladen; die Beklagte hat hierzu am 4. November 2020 das Empfangsbekenntnis zurückgesandt - hat der Kläger bei dem Sozialgericht die Einholung eines neurochirurgischen Gutachtens angeregt und hilfsweise „avisiert, einen konkreten Gutachter auf dem Gebiet der Neurochirurgie gemäß § 109 SGG beauftragen zu wollen“. Gleichzeitig hat sie die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 15. Dezember 2020 beantragt (nach dem elektronischen Empfangsbekenntnis soll der Klägerbevollmächtigten indes die Ladung zur mündlichen Verhandlung erst am 14. Dezember 2020 zugestellt worden sein).
Am 14. Dezember 2020 hat der Kläger die Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt und zugleich „unter Protest und unter Hinweis auf den Amtsermittlungsgrundsatz“ beantragt, „den Facharzt für Neurologie R., R., mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens zu beauftragen“. Dem Schriftsatz beigefügt gewesen ist ein Attest von Dipl.-Med. G., dem oben angeführten Hausarzt des Klägers, für die Klägerbevollmächtigte, diese sei wegen einer sonstigen Spondylose: Lumbalbereich reiseunfähig und vom 8. bis zum 18. Dezember 2020 arbeitsunfähig. Beigefügt ist eine Eidesstattliche Versicherung der Klägerbevollmächtigten über in einem Telefonat von Dr. R. u.a. dieser gegenüber geäußerte Einschränkungen in Bezug auf seine Bereitschaft, ein Gutachten über das Leistungsvermögen des Klägers zu erstatten. Dieser habe eine Terminsteilnahme „kategorisch“ ausgeschlossen. Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 92 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Auf die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht am 15. Dezember 2020, in der für den Kläger niemand erschienen ist, hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil abgewiesen. In Bezug auf das auf eine Erstattung von Kosten aus dem früheren Gerichtsverfahren gerichtete Begehren sei die Klage unzulässig. In Bezug auf den auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichtete Antrag sei die Klage unbegründet. Bei dem Kläger liege kein Leistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich vor. Das ergebe sich aus den übereinstimmenden sozialmedizinischen Einschätzungen im Entlassungsbericht der vom 26. August bis zum 23. September 2015 durchgeführten Rehabilitation, die weiterhin Gültigkeit besäßen, und dem orthopädischen Gutachten von Dipl.-Med. P. vom 27. Januar 2016. Danach könne der Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ohne Wirbelsäulenzwangshaltungen sechs Stunden und mehr verrichten. Nach den Angaben von Dr. B. habe sich der Kläger seit Januar 2015 nicht mehr in orthopädischer Behandlung befunden. Bei Dr. S. habe sich der Kläger von März bis September 2018 in Behandlung befunden. Eine von diesem Arzt empfohlene Wiedervorstellung des Klägers sei nicht erfolgt. Der Hausarzt habe gegenüber dem Gericht seine fehlende Fachkompetenz in Sachen Wirbelsäulenheilkunde und Orthopädie deutlich gemacht. Auf Grund der kurzen Behandlungszeiträume könne ein Leidensdruck oder Schmerz, wie es der Kläger formuliere, damit nicht belegt werden. Nach dessen Angaben während der Rehabilitation im Jahr 2015 sei keine Medikamenteneinnahme erfolgt. Er treibe keinen Rehabilitationssport und begebe sich nicht in schmerztherapeutische Behandlung, obwohl ihm das alles geraten worden sei. In Bezug auf die Feststellungen des Hausarztes des Klägers sei zu berücksichtigen, dass der Kläger auf internistischem Fachgebiet nur unter einem medikamentös behandelten Bluthochdruck leide. Der erst am 14. Dezember 2020 - Eingang bei Gericht um 16.53 Uhr - gestellte Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens von Dr. R., der als Antrag im Sinne des § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgelegt werden könne, sei zurückzuweisen. Er sei in dieser Form verspätet und grob nachlässig gestellt. Das Gericht habe der Prozessbevollmächtigten des Klägers die Befundberichte mit Schreiben vom 14. Juli 2020 zur Stellungnahme übersandt. Trotz Erinnerung habe dieser nicht reagiert. Der Schriftsatz des Klägers über die Antragstellung enthalte keine Bestätigung des Arztes über die Bereitschaft, das Gutachten zu erstellen. Bei dem Kläger lägen auch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen nicht vor. Das Gericht sei nicht gehindert gewesen, die mündliche Verhandlung durchzuführen. Die für die Klägerbevollmächtigte ausgestellte ärztliche Bescheinigung über deren Arbeits- und Reiseunfähigkeit halte das Gericht nicht für glaubwürdig und in diesem Zusammenhang für eine Gefälligkeitsbescheinigung des Arztes, der selbst angegeben habe, keine Fachkompetenz im Bereich Wirbelsäulenheilkunde und Orthopädie zu haben. Eine Spondylose - zumal ohne Myelopathie und ohne Radikulopathie - sei in der Regel nicht mit spezifischen Rückenbeschwerden verbunden. Für das Gericht sei klar, dass die Klägerbevollmächtigte weder arbeits- noch reiseunfähig gewesen sei, sondern den Termin zur mündlichen Verhandlung habe platzen lassen wollen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 22. Dezember 2020 zugestellte Urteil am 22. Januar 2021 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt, soweit dieses eine Rente wegen voller Erwerbsminderung vom Zeitpunkt der Rentenantragstellung bis zum 31. August 2020 betrifft. Seine Leiden hätten sich verschlechtert. Das Gericht habe seinen Hausarzt diskreditiert und dessen Einschätzung verkannt. Die Verzögerungsrüge des Gerichts gehe „vollends fehl“. Den Antrag nach § 109 SGG habe er bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung stellen dürfen. Es habe dem Gericht oblegen, einen solchen Antrag anzuregen.
Der Kläger hat schriftsätzlich ausdrücklich beantragt,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils den Bescheid der Beklagten vom 24. März 2016, geändert durch den Bescheid vom 16. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. März 2019 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Rentenantragstellung bis zum 31.08.2020 zu gewähren;
hilfsweise,
den Facharzt für Neurologie, Herrn R., in R., mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens zu beauftragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Bei dem Kläger ist unter dem 13. Juli 2021 eine eigenhändig von dem Kläger unterschriebene Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht angefordert worden. Der Kläger ist mit Schreiben vom 26. Oktober 2021 an die Übersendung der Schweigepflichtentbindungserklärung erinnert worden. Mit richterlichem Schreiben vom 22. Dezember 2021 ist den Beteiligten mitgeteilt worden, dass weitere Ermittlungen von Amts wegen nicht beabsichtigt seien.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Berichterstatter erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 31. März 2022, Blatt 159 der Gerichtsakte, Schriftsatz des Klägers vom 20. Oktober 2022, Blatt 169 der Gerichtsakte).
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte aus dem Klageverfahren S 12 R 372/17 und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung entscheiden können (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG in Verbindung mit § 124 Abs. 2 SGG).
Ob das Sozialgericht den Termin zur mündlichen Verhandlung habe aufheben müssen, wie der Kläger meint, steht hier nicht mehr zur Beurteilung, da die Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen des Berufungsverfahrens nachgeholt worden ist. Auch auf die Übersendung eines anwaltlichen Empfangsbekenntnisses und eines Schriftsatzes während einer attestierten Arbeits- und Reiseunfähigkeit durch die Klägerbevollmächtigte muss deshalb nicht näher eingegangen werden.
Bereits die Ausführungen des Sozialgerichts zu der verspäteten Antragstellung nach § 109 SGG dürften zutreffend sein. Soweit der Kläger auf die Möglichkeit zur Antragstellung bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung verweist, trifft dies zu, berücksichtigt aber nicht, dass die Verspätung spezialgesetzlich in § 109 Abs. 2 Satz 1 SGG geregelt ist und gerade auf spät im Verfahren (auch in der mündlichen Verhandlung) gestellte Anträge ausgerichtet ist. Ein Hinweis auf § 109 SGG ist insbesondere bei rechtskundig vertretenen Klägern nicht geboten (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 109 RdNr. 9 m.w.N.).
Eine Vertagung des Sozialgerichts unter dem Gesichtspunkt einer Antragstellung nach § 109 SGG war im Übrigen hier bereits deshalb nicht geboten, weil ein solcher Antrag nur (vollständig) gestellt ist, wenn der zu hörende Arzt benannt ist (vgl. Keller, a.a.O., RdNr. 4). Dr. R. war zwar dem Gericht am Tag vor der mündlichen Verhandlung benannt worden, hatte aber im Ergebnis eine Gutachtenerstellung nach § 109 SGG abgelehnt, da er insbesondere die Teilnahme an einer Verhandlung des Gerichts „kategorisch“ ausgeschlossen hatte. Da ein Gutachtenauftrag nach § 109 SGG nur im Rahmen der geltenden Regelungen über die Beweisaufnahme erfolgen kann (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 407 ff. Zivilprozessordnung [ZPO]), hätte das Gericht dem Antrag schon deshalb nicht folgen müssen, da die Anhörung nach § 411 Abs. 3 Satz 1 ZPO im Ermessen des Gerichts bleibt und ein Gutachter nicht bestellt werden muss, der vor seiner Bestellung deutlich macht, sich seinen Pflichten nicht in vollem Umfang gerecht zeigen zu wollen.
Die Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Er hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Beginn seiner Altersrente.
Nach § 34 Abs. 4 SGB VI ist ein Wechsel von einer Altersrente in eine Rente wegen Erwerbsminderung ausgeschlossen, sodass hier ein Leistungsfall der Erwerbsminderung nur dann zu berücksichtigen ist, wenn dieser sowohl vor der bindenden Bewilligung als auch dem Bezug der Rente liegt.
Dafür ergeben sich hier keine Anhaltspunkte.
Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Versicherte sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI teilweise erwerbsgemindert, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, bzw. nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI voll erwerbsgemindert, wenn sie unter diesen Bedingungen außer Stande sind, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht hat zu Recht unter Heranziehung der zutreffenden Rechtsgrundlage des § 43 SGB VI entschieden, dass der Kläger in dem in Bezug auf das Leistungsvermögen zu beurteilenden Zeitraum seit Rentenantragstellung bis zum 31. August 2020 nicht für einen rentenrelevanten Zeitraum außer Stande gewesen ist, täglich mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen tätig zu sein. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zur Begründung auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts in seinem Urteil vom 15. Dezember 2020 verwiesen, die auch nach eingehender Prüfung die Zurückweisung der Berufung tragen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Berufungsbegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Auf den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers während des Berufungsverfahrens, der regelmäßig Gegenstand einer Begutachtung im Rahmen des Sachverständigenbeweises in der zweiten Instanz ist, kann ein Rentenanspruch hier nicht gestützt werden. Für die Vergangenheit liegen nur Befunde für vereinzelte Zeiträume vor, die bei einem Schmerzgeschehen keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für einen vor dem 31. August 2020 liegenden Leistungsfall bieten. Ohne eine Schweigepflichtentbindungserklärung ist im Übrigen bereits die Kontaktaufnahme mit Ärzten in Bezug auf den Gesundheitszustand des Klägers ausgeschlossen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.