Der Antrag auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten wird abgelehnt.
Gründe
Der Antrag der Klägerin auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch die Beklagte ist zulässig, aber unbegründet.
Soweit ein Rechtsstreit anders als durch Urteil beendet wird, hat das Gericht auf Antrag eines Beteiligten durch Beschluss zu entscheiden, welcher Beteiligte die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Kosten einer Partei zu tragen hat (§ 193 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 SGG). Die insoweit zu treffende Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts und ist weder an die Anträge gebunden, noch vom Ausgang des Rechtsstreites abhängig (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 13. Aufl., § 193 Rdz. 12). Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist jedoch das Ergebnis des Rechtsstreites sowie der Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Auch kann für die Entscheidung herangezogen werden, ob Anlass zur Einleitung des Verfahrens gegeben wurde (Meyer - Ladewig, a.a.O., § 193 Rdz. 12b). Das Gericht muss dabei jedoch alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es darf also nicht nur auf das Ergebnis des Rechtstreits abstellen. Auch ein obsiegender Beteiligter, kann nach dem Veranlassungsprinzip zur Kostenerstattung verurteilt werden. Das Gericht kann den Anlass für die Klageerhebung berücksichtigen, beispielsweise wenn die Beklagtenseite durch eine falsche Sachbehandlung Anlass für die Klage gegeben oder durch missverständliche Ausführungen zu Irritationen beigetragen, oder umgekehrt, ob die Klägerseite unnötige Kosten verursacht hat (Meyer - Ladewig, a.a.O., § 193 Rdz. 12b m. w. N.).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall die Beklagte nicht verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Eine Kostenerstattung entspräche im vorliegenden Fall nicht der Billigkeit. Da es sich bei der nach § 193 SGG zu treffenden Ermessensentscheidung um eine Billigkeitsentscheidung handelt, bei der alle Umstände des Einzelfalls in die Entscheidungsfindung einbezogen werden können, ist schon nicht vornehmlich auf den Erfolg der Klage abzustellen, sondern eine Gewichtung aller Kriterien vorzunehmen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v.19. März 2014 - L 13 AS 233/12 -; Juris).
Im Falle der erledigten Untätigkeitsklage kommt insoweit den Abwägungselementen der Veranlassung zur Klageerhebung im Hinblick auf die Frage der unnötigen Kostenverursachung überwiegende Bedeutung zu, wobei insbesondere die mangelnde Mutwilligkeit der Klageerhebung und die Beachtung der auch im Rahmen des Sozialrechtsverhältnisses zwischen Kläger- und Beklagtenseite geltenden allgemeinen Schadensminderungspflicht als für die Entscheidung ausschlaggebende Elemente anzusehen sind. Dies ergibt sich daraus, dass die formalen Voraussetzungen der Zulässigkeit und Begründetheit einer Untätigkeitsklage im Sinne des § 88 SGG bei deren Erhebung regelmäßig vorliegen und daher die Frage der Erfolgsaussichten im Regelfall zu einer nicht ohne Weiteres hinzunehmenden Benachteiligung der Beklagtenseite führen würde. Dies würde evident dem Grundsatz des fairen Verfahrens widersprechen. Es ist daher von überwiegender Bedeutung, ob die jeweilige Beklagtenseite durch ihr Verhalten unter Beachtung der die Klägerseite treffenden Obliegenheiten zur Schadensminderung und der Bewertung des Verhaltens der Klägerseite in Bezug auf ein insoweit mutwilliges Verhalten Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat.
Aus den zuvor dargestellten Erwägungen heraus kann im vorliegenden Verfahren eine Pflicht der Beklagten, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Untätigkeitsklageverfahren zu tragen, aus Billigkeitsgründen heraus nicht erkannt werden.
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte nicht innerhalb der Frist des § 88 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 S. 1 SGG über den Widerspruch der Klägerseite entschieden hat. Dem allein kann jedoch – wie oben dargestellt – hier nicht ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Der insoweit ergangenen Rechtsprechung des früheren 7. Senat des Hessischen Landessozialgerichts (vgl. Beschl. v. 15. Februar 2008, - L 7 B 184/07 AS), welche gleichsam einen Freibrief zu Erhebung der Untätigkeitsklage postuliert, schließt sich die erkennende Kammer ausdrücklich nicht an.
Es ist vielmehr zu berücksichtigen, dass auch die Klägerseite gerade im Fall der anwaltlichen Vertretung im Rahmen des zur Beklagtenseite bestehenden Sozialrechtsverhältnisses Obliegenheiten treffen, um die Beklagtenseite vor vermeidbarem, das Sozialleistungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren (vgl. BSG, Urt. v. 08. Februar 2001 – B 11 AL 21/00 R –, SozR 3-1300 § 45 Nr 45 m. w. N.). Nach Auffassung der Kammer bestehen hier aufgrund des auf eine gewisse Dauer angelegten Sozialrechtsverhältnisses gegenseitige Pflichten der Rücksichtnahme und Schadensvermeidung, die letztlich auf den - auch im öffentlichen Recht geltenden - Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches [BGB]) zurückgehen (vgl. zum sozialrechtlichen Versicherungsverhältnis: LSG Niedersachsen - Bremen, Urt. v. 3. September 2009 – L 12 AL 46 / 07 – m. w. N.; Juris). Auch wenn dies in der zuvor zitierten Rechtsprechung lediglich für das sich aus dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung - (SGB III) ergebende Sozialversicherungsverhältnis anerkannt wird, kann für das Verhältnis zwischen der Klägerseite und der Beklagtenseite des vorliegenden Verfahrens nichts Anderes gelten, da auch dieses Verhältnis auf eine gewisse Dauer und ein gedeihliches Zusammenwirken ausgerichtet ist. Insoweit kann auch dann nichts Anderes gelten, wenn die Untätigkeitsklage - wie vorliegend - nicht den Kernbereich dieses Sozialrechtsverhältnisses betrifft, sondern eher einen Randbereich, nämlich die Frage nach der Kostenfestsetzung des für die Klägerin tätigen Bevollmächtigten. Auch hier bleibt das Grundverhältnis unverändert, so dass auch die sich daraus ergebenden Anforderungen an das Verhalten der Beteiligten unverändert bleiben.
Im Falle der Untätigkeit eines Leistungsträgers bedeutet dies für die im Rahmen einer Untätigkeitsklage zu treffenden Kostengrundentscheidung, dass den dortigen Antragsteller oder Leistungsempfänger grundsätzlich die Verpflichtung trifft, sich vor der Erhebung einer Untätigkeitsklage zur Vermeidung unnötiger Kosten und unnötiger Hinauszögerung des Verwaltungsverfahrens zunächst nochmals an den Leistungsträger zu wenden und deutlich zu machen, dass eine Entscheidung über einen Antrag oder Rechtsbehelfs noch aussteht und bei weiterem Ausbleiben einer Entscheidung mit einer Untätigkeitsklage zu rechnen sein wird. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn durch die Erhebung der Untätigkeitsklage aufgrund einer anwaltlichen Vertretung in nicht unerheblichen Umfang Kosten entstehen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Regelung des § 88 SGG eine solche Verpflichtung nicht verlangt. Die hier zu treffende Entscheidung beruht jedoch gerade nicht auf § 88 SGG, sondern auf § 193 SGG und ist das Ergebnis einer Ermessensentscheidung des Gerichts, bei der – wie oben dargestellt – andere Kriterien zugrunde zu legen sind. Dem allein auf dem Wortlaut des § 88 SGG beruhenden Rechtsgedanken ist damit entgegenzuhalten, dass die hier zu treffende Entscheidung nicht allein deshalb positiv ausfallen kann, weil der Klägerseite eine formale Rechtsposition zusteht. Denn auch deren Ausnutzung kann gegen den oben genannten Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen.
Der zuvor genannten Obliegenheit ist die anwaltlich vertretene Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht nachgekommen. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat sich nach der zum jetzigen Zeitpunkt sich darstellenden Sachlage vor Erhebung der Untätigkeitsklage nicht mehr an die Beklagte gewandt. Dies wäre aber ein Leichtes gewesen. Wie schon die Widerspruchserhebung, wäre auch dies durch ein einfaches Anwaltsschreiben unter Setzung einer angemessenen Frist und Hinweis auf die dann ins Auge gefasste Rechtsfolge problemlos zu realisieren gewesen.
Die Verletzung dieser Obliegenheitspflicht durch Außerachtlassung eines sich geradezu aufdrängenden, jedenfalls kostengünstigeren, aber auch gleich erfolgversprechenden Wegs führt dazu, dass im vorliegenden Fall von einem eklatanten Verstoß gegen die oben dargestellte Schadensminderungspflicht auszugehen ist. Dies lässt nach Auffassung der Kammer die fehlende Einhaltung der Frist des § 88 SGG durch die Beklagte deutlich in den Hintergrund treten. Das Verhalten der Klägerin ist damit nichts anders als die Ausnutzung einer formal bestehenden Rechtsposition zur Erreichung eines auch anders erreichbaren Ziels unter Inkaufnahme des vermeintlichen Schadenseintritts bei der Beklagten und vermeintlichen Erzielung eines anders nicht erreichbaren Gebührenvorteils. Hier sind auch die unten noch auszuführenden Argumente von durchgreifender Bedeutung.
Hinzu kommt, dass aus den gleichen Gründen heraus die Klage als mutwillig erscheint, was eine Veranlassung hierzu durch die Beklagte ausschließt. Mutwillig handelt derjenige, der von vornherein den kostspieligeren Weg wählt und sich nicht so verhält, wie dies eine bemittelte Partei getan hätte, wenn sie in der gleichen Lebenssituation gewesen wäre und in verständiger Art und Weise ihre Belange vertreten wollte (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 19. März 2014 – L 13 AS 233/12 – m. w. N.). Im vorliegenden Fall wäre es für die Klägerseite ein Leichtes gewesen, den kostspieligen Weg der Untätigkeitsklage durch eine vorherige Nachfrage bei der Beklagten wie oben dargestellt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermeiden. Hätte die Beklagte auch auf diese Mahnung nicht reagiert, wäre eine Untätigkeitsklage ohne Verlust im Recht nach wie vor möglich gewesen.
Im Rahmen der Prüfung der Mutwilligkeit ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Verfahren der Untätigkeitsklage nach § 88 SGG die Klägerseite durch das Klageverfahren allein die Bescheidung ihres Antrages oder Rechtsbehelfs durch die Beklagtenseite erreichen kann (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 13. Auflage, § 88 Rdnr, 12 m. w. N.) und sich nicht, wie beispielsweise bei § 75 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der sonst einzuhaltenden Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage gleichsam entledigen kann. Eine gerichtliche Entscheidung in der Sache, also hinsichtlich der Regelung des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II), ist damit im vorliegenden Verfahren grundsätzlich nicht möglich. Die Erhebung der Untätigkeitsklage kann damit nicht mit der Eilbedürftigkeit der Sache begründet werden, da dieses Ziel gerade nicht erreicht wird. Im Gegenteil kann die Einleitung einer Untätigkeitsklage hier sogar zu weiteren Verzögerungen führen, die letztlich von der Dauer dieses Klageverfahrens abhängen. Im Übrigen steht die Klägerseite für eine schnelle Entscheidung in der Sache auch ein besseres Mittel zur Seite, nämlich das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b SGG.
Ein verständiger Beteiligter würde daher schon wegen des geringen Zugewinns im Recht jedenfalls eine Anwaltskosten auslösende Untätigkeitsklage nur aus besonderen Gründen heraus erheben. Solche sind im vorliegenden Verfahren nicht zu erkennen. Ein verständiger Beteiligter würde in dieser Situation vielmehr den kostengünstigeren und im Regelfall schnelleren Weg wählen, zunächst einmal bei der Beklagten nachzufragen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist und gegebenenfalls mit Erhebung einer Untätigkeitsklage drohen.
Insgesamt hätte damit bei verständiger Würdigung der Sachlage eine bemittelte Partei die Untätigkeitsklage jedenfalls zum Zeitpunkt der hiesigen Klageerhebung nicht erhoben.
Unter Beachtung all dieser Umstände sprechen damit der durch die Klägerseite begangene Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und die Mutwilligkeit der Klageerhebung dagegen, es billig erscheinen zu lassen, der Beklagten die Kosten für das vorliegende Verfahren aufzuerlegen. Dem kann die Klägerseite lediglich ein Fristversäumnis durch die Beklagte und die damit verbunden formale Rechtsposition aus § 88 Abs. 2 SGG entgegenhalten. Dies kann vorliegend jedoch keine ausschlaggebende Bedeutung haben, da die Klägerseite diese formale Rechtsposition ohne jegliche Rücksicht auf die Beklagte für sich in Anspruch nimmt und damit erneut gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).