Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 4.500 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Heranziehung zur Kostenbeteiligung am Ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD) in den Quartalen III/19 und IV/19 sowie I/20 bis IV/20 aufgrund ausschließlich privatärztlicher Tätigkeit.
Der Kläger ist als Privatarzt mit Praxis in A-Stadt niedergelassen.
Mit Schreiben vom 20. März 2019 (gemeinsam mit der Landesärztekammer Hessen) und vom 15. Mai 2019 versandte die Beklagte ein an alle Privatärzte gerichtetes Rundschreiben über die Einbeziehung der Privatärzte in den Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen (kurz: ÄBD). In den Schreiben teilte die Beklagte mit, dass eine Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD ab dem 1. Juli 2019 geplant sei. Sie informierte über das Procedere zur Teilnahme und machte Ausführungen zu den bestehenden Teilnahmevoraussetzungen und die beizubringenden Nachweise und informierte über Befreiungsgründe. Weiter stellte sie die finanziellen Rahmenbedingungen dar und verwies auf zukünftig jährlich ergehende Beitragsbescheide. Das Schreiben schloss mit der Bitte, sich bei Bedarf rechtzeitig zu einem Seminar anzumelden und die erforderlichen Unterlagen einzureichen, damit ein reibungsloser Beginn der Mitwirkung im ÄBD gewährleistet werden könne.
Am 18. September 2019 erließ die Beklagte einen Bescheid über die Höhe des zur Finanzierung des ÄBD zu leistenden Beitrages für die Quartale III/2019 und IV/2019 (Bl. 8f. der Verwaltungsakte). Nach § 23 Heilberufsgesetz (HeilbG) seien in eigener Praxis niedergelassene Privatärzte verpflichtet, am ÄBD der Beklagten teilzunehmen und sich an den Kosten des ÄBD zu beteiligen. Dabei würden Privatärzte gemäß § 8 Abs. 3 Bereitschaftsdienstordnung (BDO) einen pauschalen ÄBD-Betrag zahlen, dessen Höhe sich pro Quartal auf die Hälfte des von den Vertragsärzten zu leistenden Höchstbetrages belaufe. Der Höchstbetrag für die Vertragsärzte sei vom Vorstand der Beklagten gemäß § 8 Abs. 2 BDO auf 1.500,00 € je Quartal festgelegt worden. Der Betrag für die Quartale III/2019 und IV/2019 belaufe sich für den Kläger auf jeweils 750,00 €. Für die Quartale vor der Umsetzung der Regelung zum 1. Juli 2019 würden hingegen keine Beiträge erhoben, sodass sich der Beitrag für das Beitragsjahr 2019 auf insgesamt 1.500,00 € belaufe.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 26. September 2019 Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom 18. September 2019 ein (Bl. 10f. der Verwaltungsakte). Die Beklagte habe keine Finanzgewalt und keine Disziplinargewalt über ihn als Privatarzt, da er nicht den Regelungen des SGB V unterliege. Er sei nicht Mitglied der Beklagten, es bestehe keine Rechtsbeziehung. Es fehle zudem an einer wirksamen rechtlichen Grundlage für die Verpflichtung.
Am 9. März 2020 erließ die Beklagte einen weiteren Bescheid über die Höhe des zur Finanzierung des ÄBD zu leistenden Beitrages für die Quartale I/2020 bis IV/2020 (Bl. 13f. der Verwaltungsakte). Sie setzte einen Betrag von insgesamt 3.000,00 € für das Beitragsjahr 2020 fest.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger durch Schreiben vom 12. März 2020 (Bl. 15 f. der Verwaltungsakte) Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2020 entschied die Beklagte über die erhobenen Widersprüche des Klägers und wies diese als unbegründet zurück (Bl. 40 ff. der Verwaltungsakte). Zur Begründung trug sie vor, Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Kostenbeteiligung am ÄBD sei § 23 Nr. 2 HeilbG i. V. m. § 26 Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen (BO) i. V. m. § 8 Abs. 3 BDO. Der Kläger sei ihr seitens der Landesärztekammer Hessen (LÄKH) als in eigener Praxis niedergelassener Privatarzt und Kammerangehöriger für die Einbeziehung in den ÄBD gemeldet worden. Somit sei er Privatarzt im Sinne des § 23 Nr. 2 HeilbG. Als Privatarzt bestünde die Pflicht am ÄBD der Beklagten teilzunehmen und sich an den Kosten des ÄBD zu beteiligen. Eine Befreiungsmöglichkeit sei nach dem Heilberufsgesetz und der Berufsordnung nur hinsichtlich der Pflicht zur Teilnahme vorgesehen. Während bei den vertragsärztlichen Leistungserbringern der ÄBD-Beitrag als Honorarabzug ermittelt werde, werde bei Privatärzten die Beitragsfestsetzung abweichend vorgenommen. Grundsätzlich werde bei Privatärzten zur Deckung des Gesamtaufwandes des ÄBD zusätzlich zum Betriebskostenabzug als pauschaler ÄBD-Beitrag die Hälfte des in § 8 Abs. 2 BDO genannten Höchstbeitrages je Quartal erhoben. Auf Antrag könne bei der Beitragserhebung für das jeweilige Beitragsjahr der prozentuale Abzug, der für Vertragsärzte, Vertragspsychotherapeuten und ermächtigte Krankenhausärzte zur Anwendung komme, zugrunde gelegt werden. Als Bezugsgröße für die prozentuale Beitragsberechnung werde dafür das Jahresbruttoeinkommen aus ärztlicher Tätigkeit aus dem Kalenderjahr herangezogen, das zum Zeitpunkt des aktuellen Beitragsjahres zwei Jahre zurückliege (Vor-Vorjahr). Vom Antragsteller sei dem Antrag als Nachweis grundsätzlich der entsprechende Einkommenssteuerbescheid beizufügen. Alternativ könne auch eine, durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe erstellte, Bescheinigung über das im Rahmen der privatärztlichen Tätigkeit generierte Honorar nach GOÄ und / oder der UV-GOÄ eingereicht werden. Die Beklagte selbst verfüge über keine Möglichkeit bei Privatärzten Kenntnis über die Höhe des jährlichen Bruttoeinkommens aus ärztlicher Tätigkeit zu erlangen, weswegen die Kostenbeteiligungspflicht bei Privatärzten – anders als bei Beitragspflichtigen nach § 8 Abs. 2 BDO – nicht generell als prozentualer Abzug vom Honorar ausgestaltet sei. Sie berücksichtige mit der Möglichkeit der prozentualen Beitragsbemessung die unterschiedlichen Lebens- und Praxisplanungen und damit die individuellen Einkommensverhältnisse der Privatärzte. Die Berechnungsweise entspräche dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitsgrundsatz, da die Berechnung sich auf schriftlichen Antrag nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen richten würde. Zudem werde die finanzielle Last des einzelnen Arztes auf einen Höchstbetrag begrenzt. Aus den nach § 8 Abs. 1 bis 3 BDO erhobenen Beiträgen finanziere die Beklagte den gesamten Aufwand des ÄBD, was zum Beispiel die Miete der Räumlichkeiten, die Gestellung des nichtärztlichen Personals, Sachmittel, Unterstützungsleistungen und die Stundenpauschalen für die dienstverrichtenden Ärzte umfasse. Sie verweise daneben auf den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 8. Juni 2020 – S 12 KA 304/19. Dort hätte das Gericht die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Regelungen betreffend die Kostenbeteiligungspflicht von Privatärzten am ÄBD festgestellt. Soweit der Kläger rüge, dass die Beklagte nicht für die Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD zuständig sei, weise sie darauf hin, dass sie durch die Einbeziehung der Privatärzte in den ÄBD den landesgesetzlichen Auftrag aus § 23 Nr. 2 HeilbG erfülle. Ihr Handeln stehe im Einklang mit der Auffassung des Ministeriums für Soziales und Integration und sei mit der LÄKH abgestimmt. Zunächst hätte sie ihre BDO unter Abstimmung mit der LÄKH mit Beschluss der Vertreterversammlung vom 2. Dezember 2017 geändert. Mit dieser Änderung sei die satzungsrechtliche Einbeziehung der Privatärzte in das System des ÄBD erfolgt. Die Änderung sei für die Vertragsärzte sowie für die Privatärzte als neue Normadressen gemeinsam im Hessischen Ärzteblatt veröffentlicht worden. Eine weitere Änderung der BDO sei mit Beschluss der Vertreterversammlung der Beklagten vom 27. Oktober 2018 erfolgt. Im Anschluss hätte die LÄKH als die hierfür zuständige Satzungsgeberin ihre BO durch einen Beschluss ihrer Delegiertenversammlung vom 24. November 2018 geändert. Die Veröffentlichung der Änderungen der BO sei im Hessischen Ärzteblatt 2/2019 erfolgt. Das Hessische Ministerium für Soziales und Integration hätte die Änderung der BO der LÄKH nach § 17 Abs. 2 HeilbG genehmigt. Deshalb sei weder von einer Unzuständigkeit der Beklagte noch von einer Verfassungswidrigkeit des Heilberufsgesetzes auszugehen.
Der Kläger hat durch seine Prozessbevollmächtigen am 18. Juni 2021 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass eine Rechtsgrundlage für die erlassenen Bescheide nicht bestehe. Die Beklagte stehe zum Kläger in keinerlei Rechtsbeziehung und habe keine Disziplinar- oder Finanzgewalt. Zwar gäbe es Fallkonstellationen, in denen die auf landesrechtlicher Grundlage ergangenen berufsrechtlichen Bestimmungen durch die von den Ärztekammern erlassenen Berufsordnung konkretisiert würden und Ärzte – unabhängig von der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung – zum Bereitschaftsdienst herangezogen werden könnten. Dies jedoch allein dann der Fall, wenn entweder übereinstimmende Bereitschaftsdienstordnungen durch Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung erlassen würden, die dann den Bereitschaftsdienst einheitlich organisieren oder auf Grundlage einer gemeinsam von Kassenärztlicher Vereinigung und Ärztekammer erlassenen Bereitschaftsdienstordnung (Hinweis auf Bundessozialgericht, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 39/12 R). Die Bereitschaftsdienstordnung sei indes allein von der Vertreterversammlung der Beklagten erlassen worden und entfalte vorliegend keine Wirkung für den Kläger. Satzungsgewalt bestehe auch nicht unter Berücksichtigung der §§ 23, 24 HeilbG und § 26 BO. Die Regelung in § 23 HeilbG sei unwirksam. Es bestehe bereits keine Gesetzgebungskompetenz. Die dem Heilberufsgesetz Unterworfenen könnten weder im Hinblick auf die Willensbildung – Gestaltung der Notfalldienstordnung – noch disziplinarrechtlich durch einen Akt des Landesgesetzgebers der Beklagten unterstellt werden. Die bundesrechtlichen Regelungen des SGB V seien insoweit abschließend. Die Anforderungen von Art. 12 GG seien ebenfalls nicht erfüllt. Auch die Berufsordnung werde den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht, da sie auf eine Bereitschaftsdienstordnung verweise, die der Einflussnahme der Ärztekammer entzogen sei. Dies verstoße gegen die Anforderungen des sog. Facharzt-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 9. Mai 1972 – 1 BvR 518/62) und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 12. Dezember 1972 – I C 30.69). Der Gesetzgeber sei zwar berechtigt, die Verleihung von Satzungsgewalt an Berufsverbände des öffentlichen Rechts vorzunehmen, er dürfe sich seiner Rechtssetzungsbefugnis jedoch nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen nicht gänzlich preisgeben. Vorliegend sei die Regelung der Teilnahme und der Finanzierung am Ärztlichen Notdienst aber allein in der Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten geregelt, die ohne jede Mitwirkung und Beteiligung der Ärztekammer zustande gekommen sei. Mitwirkungsrechte und Gestaltungsrechte würden durch die Ärztekammer nicht normiert, sondern es werde § 26 Abs. 1 BO darauf hingewiesen, dass auch für die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst die Beklagte zuständig sei. Nicht die Vertreterversammlung der Beklagten, sondern nur eine dem Demokratieprinzip und dem Prinzip der Spiegelbildlichkeit entsprechende gemeinsame Kammer- und Vertreterversammlung hätte eine wirksame für alle verbindliche Bereitschaftsdienstordnung erlassen können (Hinweis auf BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 6 KA 4/14). Es liege ein Verstoß gegen das Zitierverbot vor. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 3 GG vor.
Die Beklagte hat vor dem Sozialgericht die Auffassung vertreten, mit § 23 Nr. 2 HeilbG i. V. m. § 8 Abs. 3 BDO liege eine wirksame Rechtsgrundlage für die Beitragsbescheide vor. Die Norm sei nicht verfassungswidrig, da der Landesgesetzgeber hinsichtlich der Regelungen zur Berufsausübung einen weiten Gestaltungsspielraum besitze. Eine rechtlich relevante Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor, da es bereits an einer wesentlichen Gleichheit der Gruppen der Vertragsärzte und Privatärzte fehlen würde. Die Beitragsbescheide für Vertragsärzte beruhten auf § 75 SGB V i. V. m. § 8 Abs. 2 BDO, während die Beitragsbescheide gegenüber den Privatärzten auf § 23 Nr. 2 HeilbG i. V. m. § 8 Abs. 3 BDO beruhen würden. Das bedeute im Umkehrschluss, dass die Beklagte privatärztliche Honorare von Vertragsärzten schon mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht berücksichtigen könne, da § 75 SGB V dies nicht hergebe. Auf Einnahmen von Vertragsärzten außerhalb ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit könne die Beklagte schlichtweg nicht zugreifen. Davon abgesehen würde die Unterscheidung zu keiner Benachteiligung der Privatärzte führen. Während bei diesen bei beantragter prozentualer Beitragsbemessung nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BDO lediglich der jeweilige Jahresgewinn berücksichtigt werde, diene bei Vertragsärzten der jeweilige, höhere GKV-Umsatz als Bezugsgröße. Es sei zu berücksichtigen, dass den Vertragsärzten eine unbegrenzte privatärztliche Betätigung als Nebentätigkeit verwehrt sei, da sie bei übermäßiger privatärztlicher Betätigung de facto ihrem Versorgungsauftrag nicht hinreichend nachkommen könnten. Anders sei dies bei Privatärzten, die keinem Versorgungsauftrag unterliegen würden und damit frei wählen könnten, in welchem Umfang sie privatärztlich tätig seien. Entsprechend würden reine Privatärzte wesentlich höhere Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit erwirtschaften, die in der Höhe mit denen eines nur nebenbei privatärztlich tätigen Vertragsarztes nicht zu vergleichen seien. Vor diesem Hintergrund würden Privatärzte gegenüber Vertragsärzten bei der Beitragsbemessung nicht benachteiligt. Die Option der prozentualen Beitragsbemessung ermögliche überdies die Berücksichtigung der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sodass auch Härtefälle nicht vernachlässigt würden. Vertragsärzte hätten zudem die Verantwortung für eine viel größere Anzahl an Versicherten. Der Gestaltungsspielraum der Beklagten sei nicht überschritten worden.
Das Sozialgericht hat nach Anhörung durch Gerichtsbescheid vom 4. Februar 2022, der Beklagten zugestellt am 7. Februar 2022, die Bescheide vom 18. September 2019 und vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020 aufgehoben.
Das Sozialgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit als eröffnet und die Klage als zulässig angesehen. Zur Begründetheit hat es ausgeführt, die angegriffenen Bescheide vom 18. September 2019 und 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Mai 2020 seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Sie seien deshalb aufzuheben. Während die Kammer die Heranziehung und Verpflichtung des Klägers als Privatärztin zur Kostenbeteiligung am ÄBD durch die Beklagte für grundsätzlich rechtmäßig erachte (1.), verstoße die Satzungsregelung zur Berechnung der Beitragshöhe zur Überzeugung der Kammer gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (2.).
1. Rechtsgrundlage für die des Klägers zur Kostenbeteiligung am ÄBD der Beklagten sei § 23 Nr. 2 HeilbG in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Februar 2003, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 3. Mai 2018 (GVBl. S. 82) i. V. m. § 8 Abs. 3 BDO.
Nach § 23 Nr. 2 HeilbG hätten Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HeilbG, also Ärzte, die in eigener Praxis tätig seien und zu denen auch der Kläger gehöre, am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen und sich an den Kosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen zu beteiligen. Danach sei für die Einrichtung und Durchführung des ÄBD im Einzelnen für alle nach § 23 des Heilberufsgesetzes verpflichteten Berufsangehörigen die Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten in der von der Vertreterversammlung am 25. Mai 2013 beschlossenen Fassung, in Kraft getreten am 1. Oktober 2013, zuletzt geändert am 27. Oktober 2018 und 30. März 2019 (im Folgenden BDO), maßgebend.
Die Vorschrift des § 23 Nr. 2 HeilbG sei durch Art. 1 Nr. 15 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes vom 19. Dezember 2016 (GVBl. Nr. 23 vom 27. Dezember 2016, S. 329) neu eingefügt worden und sei zum 28. Dezember 2016 in Kraft getreten (Art. 2 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes). Nach der Entwurfsbegründung solle mit der Änderung die Möglichkeit eröffnet werden, dass auch ausschließlich privatärztlich niedergelassene Ärzte verpflichtend am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilnähmen und sich an den dabei entstehenden Kosten zu beteiligen hätten (vgl. LTag-Drs. 19/3742, S. 5).
Mit der Vorschrift habe der hessische Landesgesetzgeber eine ausdrückliche Verpflichtung aller niedergelassenen Ärzte, auch soweit sie ausschließlich privatärztlich tätig sind, zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und zur Kostenbeteiligung geschaffen und insoweit die Satzungsbefugnis der Landesärztekammer eingeschränkt. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb dies vom Gestaltungsspielraum des hessischen Landesgesetzgebers nicht gedeckt sein sollte.
Entgegen der Auffassung des Klägers falle die Ausgestaltung des ÄBD als Teil des ärztlichen Berufsrechts gemäß Art. 30, 70 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Die in § 23 Nr. 2 HeilbG geregelte Konzentration des ÄBD bei der Beklagten unter Einbeziehung der Privatärzte verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des vorgebrachten Verstoßes gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Ausgestaltung des ÄBD stelle eine Berufsausübungsregelung dar. Innerhalb der Berufsausübungsregelungen nehme das BSG die Zuordnungen danach vor, ob die Intensität des Eingriffs derjenigen einer Berufswahlregelung nahekommt. Entscheidend sei, ob der Kernbereich des Berufsfeldes betroffen ist oder ob nur ein - nicht statusrelevanter - minder schwerer Eingriff gegeben ist (Hinweis u.a. auf BSG, Urteil vom 31. Januar 2001 - B 6 KA 24/00 R -, juris Rn. 24). Die hier streitgegenständliche ordnungsrechtliche Umsetzung einer für alle Ärzte geltenden berufsrechtlichen Pflicht unterfalle dem Organisationsrecht und betreffe als solche weder den Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit noch stelle sie einen schweren Eingriff in den Beruf des Arztes dar. Vielmehr sei die Regelung von dem Gemeinwohlziel eines effektiven Bereitschaftsdienstes getragen und als solche von dem weiten Gestaltungsspielraum des Landesgesetzgebers umfasst. Die Umlage sei dazu bestimmt, die Kosten des Vorteils zu decken, den der einzelne Arzt aus der Durchführung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes habe.
Im Hinblick auf das dargestellte Gemeinwohlziel stellt sich die Regelung auch als verhältnismäßig dar (wird ausgeführt).
Die Heranziehung von Privatärzten durch die genannte Vorschrift und die weitergehenden Konkretisierungen durch Berufsordnung und Bereitschaftsdienstordnung sei mit dem Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar und deshalb verfassungsrechtlich unbedenklich. Es sei kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, die Privatärzte von der Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Praxiszeiten auszunehmen. Es sei nicht zu beanstanden, wenn alle niedergelassenen Ärzte am allgemeinen Notfalldienst teilzunehmen hätten.
Bedenken hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes aus Art. 20 Abs. 3 GG bestünden ebenfalls nicht. Die Norm selbst regele klar die Verpflichtung aller niedergelassenen Ärzte, auch soweit sie ausschließlich privatärztlich tätig seien, zur Teilnahme und Kostenbeteiligung am ÄBD der Beklagten. Nicht zu beanstanden sei es, dass die Finanzierung bzw. Ausgestaltung der Kostenbeteiligung am ÄBD nicht direkt in § 23 Nr. 2 HeilbG geregelt sei, sondern sich erst über den Verweis in § 24 HeilbG auf § 26 Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. März 2019, zuletzt geändert am 1. Dezember 2020 (HÄBL 1/2021, S. 31 < BO >) und von dort in § 7, 8 BDO ergibt. Eine unmittelbare Ausgestaltung in § 23 Nr. 2 HeilbG sei hier nicht erforderlich, da es sich - wie bereits zuvor dargelegt - nur um einen organisationsrechtlichen Bereich handele. Die Verpflichtung des Gesetzgebers, wesentliche Entscheidungen selbst zu treffen und die Schrankenbestimmung nicht anderen Stellen zu überlassen, gelte nur bei - hier nicht einschlägigen - statusrelevanten Berufsausübungsregelungen (Hinweis auf BSG, Urteil vom 18. März 1998 - B 6 KA 23/97 R; Schnapp/Nolden in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl. 2017, § 4 Rn. 18 - 20).
Der Gesetzgeber habe die weitere Ausgestaltung auch der Landesärztekammer bzw. im Ergebnis der Beklagten überlassen können. Die Landesärztekammer habe ihren verbliebenen Satzungsspielraum im Rahmen von § 24 HeilbG ausgestaltet. Danach regele das Nähere zu § 23 die Berufsordnung. Sie habe insbesondere zu § 23 Nr. 2 HeilbG vorzusehen, dass die Teilnahmeverpflichtung nur für einen bestimmten regionalen Bereich gelte und von ihr aus wichtigem Grund, insbesondere wegen körperlicher Behinderung oder außergewöhnlicher familiärer Belastung sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden könne. Der Umstand, dass § 24 HeilbG offensichtlich nicht an die Änderung durch Art. 1 Nr. 15 Zehntes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes angepasst worden sei, sondern unverändert geblieben sei, sei vorliegend unbeachtlich, da hier weder Fragen der Teilnahmeverpflichtung noch der Befreiung vom ÄBD Gegenstand des Verfahrens seien. Mit § 23 Nr. 2 HeilbG sei jedenfalls die Beitragspflicht und damit auch die Beitragsgestaltung auf die Beklagte übertragen worden.
Es bedürfe keiner Regelung der Landesärztekammer zur Umsetzung dieser Beitragsverpflichtung, sondern dieser Gegenstand sei aufgrund des § 23 Nr. 2 HeilbG weitgehend ihrer Satzungsgewalt entzogen. Letztlich könne dies dahinstehen, da § 26 Abs. 2 Satz 1 BO ausdrücklich auf die BDO verweise. Ein solcher Verweis verstoße jedenfalls nicht gegen §§ 23 Nr. 2, 24 HeilbG.
2. Die angegriffenen Bescheide seien dennoch rechtswidrig, da die in § 8 BDO getroffene Regelung zur Berechnung der Beitragshöhe gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.
Nach § 8 Abs. 1 BDO erfolge die Finanzierung des ÄBD auf der Grundlage der im ÄBD abgerechneten Leistungen nach § 7 Abs. 3, mit Ausnahme der Wegepauschalen im ÄBD. Im ÄBD und im gebietsärztlichen Bereitschaftsdienst, sofern dieser in ÄBD-Zentralen durchgeführt werde, erhebe die Beklagte einen allgemeinen einheitlichen Abzug (Betriebskostenabzug) von 35 % des Anteils des ordnungsgemäß abgerechneten, anerkannten und beregelten Honorars, der in der Diensteinheit die Summe der Stundenpauschalen gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a. BDO übersteige.
Gemäß § 8 Abs. 2 BDO werde, wenn die Erträge nach Abs. 1 nicht zur Deckung des Gesamtaufwandes nach Abs. 4 ausreichten, zusätzlich ein jeweils einheitlicher ÄBD-Beitrag unter allen abrechnenden Ärzten und Psychotherapeuten sowie ermächtigten Krankenhausärzten nach folgender Regel erhoben: „Prozentualer, jeweils einheitlicher Abzug je Quartal vom Honorar jedes abrechnenden Arztes und Psychotherapeuten sowie jedes ermächtigten Krankenhausarztes mit einem festgelegten Höchstbeitrag. Die Höhe des Abzugssatzes und des Höchstbetrages wird durch den Vorstand der KVH festgelegt.“
Nach § 8 Abs. 3 BDO werde bei Privatärzten grundsätzlich abweichend von Abs. 2 zur Deckung des Gesamtaufwandes nach Abs. 4 zusätzlich zu den Erträgen nach Abs. 1 als pauschaler ÄBD-Beitrag die Hälfte des in Abs. 2 genannten Höchstbeitrages je Quartal erhoben. Das Beitragsjahr beginne jeweils zum 1. Januar eines Kalenderjahres. Näheres regelt der Vorstand. Auf Antrag könne für das jeweilige Beitragsjahr abweichend von Satz 1 bei der Beitragserhebung der prozentuale Abzug nach Abs. 2 zugrunde gelegt werden. Als Bezugsgröße für die prozentuale Beitragsberechnung werde das Jahresbruttoeinkommen aus ärztlicher Tätigkeit aus dem Kalenderjahr herangezogen, das zum Zeitpunkt des aktuellen Beitragsjahres zwei Jahre zurückliegt (Vor-Vorjahr). Vom Antragsteller sei dem Antrag als Nachweis der entsprechende Einkommensteuerbescheid beizufügen. In besonderen Fällen könne der Vorstand auf Antrag entscheiden, dass eine abweichende Bezugsgröße für den Einzelfall berücksichtigt werde. Der Widerspruch und die Klage gegen die Beitragsbescheide hätten keine aufschiebende Wirkung. Der Beitrag werde nach Möglichkeit mit den Ansprüchen des Privatarztes gegen die Beklagte verrechnet.
Weiter regele § 8 Abs. 4 BDO, dass die Beklagte aus den Erträgen nach den Absätzen 1 bis 3 sowie des pauschalierten Aufwendungsersatzes nach § 4 Abs. 5 BDO den gesamten Aufwand des ÄBD finanziere, einschließlich der Zahlungen an ÄBD-Ärzte gemäß § 7 BDO.
Die in § 8 Abs. 3 BDO getroffene Regelung zur Berechnung der Beitragshöhe des Klägers verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Zu den für das öffentliche Abgabenrecht geltenden Maßstäben gehörten das Kostendeckungsprinzip, das Äquivalenzprinzip sowie der Gleichheitsgrundsatz. Diese Grundsätze beanspruchen für alle Formen der Abgabenerhebung gleichermaßen Geltung. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbiete, wesentlich Gleiches ohne zureichende sachliche Gründe ungleich oder wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Im Rahmen einer vorteilsbezogenen Bemessung der Abgaben bedeute dies, dass die Beiträge auch im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht zu bemessen seien (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 6 KA 1/13 R -, juris Rn. 22 f.).
Nach dieser Maßgabe liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da taugliche Vergleichsgruppen existierten, die ungleich behandelt würden (a), und für deren Ungleichbehandlung es an einer Rechtfertigung fehle (b).
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei Vertrags- und Privatärzten um vergleichbare Gruppen, die im Hinblick auf die streitgegenständliche Regelung als wesentlich gleich zu erachten seien und deshalb auch gleichbehandelt werden müssten. Es kommt nicht darauf an, ob die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst aufgrund von unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolge, sondern für die Bildung der Vergleichsgruppen sei entscheidend, dass sowohl die Vertrags- als auch die Privatärzte verpflichtet seien, für die Betreuung ihrer Patienten in dem Umfange Sorge zu tragen, wie es deren Krankheitszustand erfordere. Folgerichtig würden beide Gruppen nun auch in den selben Bereitschaftsdienst einbezogen, um die umfassende ärztliche Versorgung sämtlicher Patienten (egal ob gesetzlich oder privat versichert) rund um die Uhr vorzunehmen. Zwar möge die Einbeziehung der Vertragsärzte bislang primär aufgrund ihres Status als Vertragsarzt erfolgt sein und deren Versorgungsauftrag entsprechen. Durch die Anpassung von § 23 Nr. 2 HeilbG und die nunmehr geregelte Einbeziehung sämtlicher Ärzte in den Bereitschaftsdienst der Beklagten handele es sich aber gerade nicht mehr nur um einen rein vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst. Vielmehr bestehe ein gemeinsamer Notdienst, dessen Organisation auf die Beklagte übertragen worden sei. Der Umstand, dass die Einbeziehung der Vertragsärzte weiterhin über § 75 SGB V hergeleitet werde, könne im Hinblick auf die gemeinsame Ausübung des Notdienstes keine wesentliche Ungleichheit zu der Einbeziehung von Privatärzten begründen. Gemeinsamer Oberbegriff der Vergleichsgruppen sei die Eigenschaft als niedergelassener Arzt.
Die Ungleichbehandlung der Vergleichsgruppen ergebe sich vorliegend daraus, dass bei der Berechnung der Beitragshöhe ohne sachliche Gründe im Fall der Vertragsärzte auf eine Berücksichtigung der Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit verzichtet werde, während im Fall der Privatärzte gerade das Jahresbruttoeinkommen als Bezugsgröße diene.
b) Diese Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt, da im Hinblick auf die streitgegenständliche Regelung zwischen den Vergleichsgruppen keine Unterschiede von besonderer Art oder besonderem Gewicht vorlägen. Für die Kammer sei kein sachlicher Grund ersichtlich, weshalb bei der Berechnung der Beitragshöhe im Fall der Vertragsärzte auf eine Berücksichtigung der Einnahmen aus privatärztlicher Tätigkeit verzichtet werde, während im Fall der Privatärzte gerade das Jahresbruttoeinkommen als Bezugsgröße diene. Die privatärztliche Tätigkeit der Vertragsärzte unterliege grundsätzlich den gleichen Regeln wie die Tätigkeit der ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzte. Rechtlich führen sie neben der vertragsärztlichen Praxis eine privatärztliche Praxis. Nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BDO erfolge bei den Vertragsärzten eine vorteilsbezogene Bemessung des Beitrages zum ÄBD. Eine Berücksichtigung der Einnahmen aus einer daneben geführten privatärztlichen Praxis erfolge nicht. Bei den Privatärzten sei eine vorteilsbezogene Bemessung des Beitrages zum ÄBD auf Antrag nach § 8 Abs. 3 Satz 4 BDO ebenfalls möglich. Es erfolge dann ein prozentualer Abzug vom Jahresbruttoeinkommen. Sachliche Gründe dafür, diese gleichartigen Einnahmen im einen Fall der Privatärzte als einzige Bezugsgröße festzulegen, im anderen Fall der Vertragsärzte hingegen überhaupt nicht zu berücksichtigen, seien für die Kammer nicht ersichtlich. Der Aspekt der Vereinfachung des Verwaltungsverfahrens könne einen derart tiefgreifenden Gleichheitsverstoß jedenfalls nicht rechtfertigen. Gleiches gelte, soweit die Beklagte ausführe, dass die Einnahmen aus einer neben der vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeübten privatärztlichen Tätigkeit geringer sein müssten als die Einnahmen von ausschließlich privatärztlich tätigen Ärzten. Dies möge zwar vielfach zutreffen, zwingend sei dieser Schluss indes nicht. So gebe es eine Reihe von Privatärzten, die nur eine kleine Praxis führten und dabei wenig Einnahmen erzielen. Gerade im Vergleich mit diesen Privatärzten scheine eine Ausklammerung von sämtlichen privatärztlich erzielten Einnahmen von Vertragsärzten gleichheitswidrig. Hieran ändere auch die Möglichkeit der prozentualen Beitragsbemessung nichts, die diese die Ungleichbehandlung nicht vollkommen beseitigen kann.
Ein anderes Ergebnis ergebe sich auch nicht unter Berücksichtigung des Gesichtspunktes, dass die Vertragsärzte bereits in einem viel stärken Ausmaß mit Honorarabzügen belastet sein könnten und sie schon einen Höchstbetrag von bis zu 1.500,00 € zahlen müssten, weshalb eine weitere Berücksichtigung der privatärztlichen Tätigkeit unangemessen sein könnte. Denn wenn sich ein Vertragsarzt dazu entscheide, neben seiner vertragsärztlichen Tätigkeit auch noch privatärztlich tätig zu werden, so führte er im Ergebnis zwei Praxen. Im Rahmen seiner privatärztlichen Tätigkeit sei er als vollwertiger Privatarzt zu betrachten mit der Folge, dass er in dieser Tätigkeit zur Aufrechterhaltung und Finanzierung des ÄBD herangezogen werde. Zu Unrecht gehe die Beklagte davon aus, dass sie keine Möglichkeit hätte, das privatärztliche Honorar von Vertragsärzten zu berücksichtigen. Vielmehr gelänge ihr dies über § 8 Abs. 3 BDO. Danach gelte auch für die privatärztliche Tätigkeit eines Vertragsarztes, dass über § 8 Abs. 3 BDO ein pauschalierter Betrag bzw. bei Vorlage von Einkommenssteuerbescheiden ein prozentualer Abzug festgesetzt werden könne. Dass § 8 BDO in seiner Gesamtheit für die Konstellation von Ärzten, die sowohl vertragsärztlich als auch privatärztlich tätig würden, keine passgenaue Regelung enthalte, ändere nichts an der rechtlichen Möglichkeit, jede privatärztliche Tätigkeit zu berücksichtigen.
Die zuvor festgestellte gleichheitswidrige Berechnung des pauschalen ÄBD-Betrages für Privatärzte führe zur Nichtigkeit der maßgeblichen Norm des § 8 Abs. 3 BDO. Die Bescheide seien rechtswidrig und ersatzlos aufzuheben.
Entgegen der Auffassung der Beklagten müsse ihr im vorliegenden Fall auch keine Gelegenheit gegeben werden, den Gleichheitsverstoß im laufenden Verfahren zu beseitigen. Gegenstand sei hier alleine die Überprüfung der Bescheide vom 18. September 2019 und 9. März 2020 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Mai 2021 und des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2020 im Rahmen einer isolierten Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Es handele sich also gerade nicht um die Konstellation einer notwendigen Neubescheidung, da der Kläger von der Beklagten keine Leistung begehre, sondern sich alleine gegen die ihm von der Beklagten auferlegten Verpflichtung zur Zahlung eines Beitrages zum ÄBD wende. Insoweit unterscheide sich der vorliegende Fall auch von dem vom BSG entschiedenen Fall zum Aktenzeichen B 6 KA 47/14 R (Urteil vom 17. Februar 2016), den die Beklagte anführe. Aus diesem Grund habe es auch keiner Beiordnung der Landesärztekammer bedurft. Mit der Entscheidung werde nicht in deren Rechte eingegriffen.“
Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten ist am 14. Februar 2022 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Die Beklagte ist der Rechtsauffassung, dass die Beitragsbemessung nach § 8 Abs. 3 BDO alte Fassung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Bei Privatärzten und Vertragsärzten handele es sich um wesentlich unterschiedliche Gruppen. Die Beklagte verweist insoweit auf ihren erstinstanzlichen Vortrag. Vertragsärzte unterlägen einem Versorgungsauftrag und seien in ihrer Praxisausrichtung und übrigen Berufsausübung durch ihren Zulassungsstatus beschränkt. Derartigen Einschränkungen unterlägen Privatärzte nicht. Vertragsärzte hätten die Verantwortung für eine viel größere Zahl von Patienten. Es sei daher auch sachgerecht, auf unterschiedliche Bemessungsgrundlagen abzustellen. Hinsichtlich der weiteren Vertiefung des Vortrags zu Art. 3 Abs. 1 GG wird auf den Schriftsatz vom 15. Juni 2022 unter III. Bezug genommen.
Entgegen der Auffassung des Senats im Beschluss vom 17. März 2022 – L 4 KA 3/22 B ER sei § 23 Nr. 2 HeilbG eine taugliche Rechtsgrundlage für die erlassenen Regelungen der Bereitschaftsdienstordnung. Der Landesgesetzgeber habe kompetenzkonform § 23 Nr. 2 HeilbG erlassen. Aus der Gesetzgebungsgeschichte zu § 75 SGB V und seinen Vorläuferregelungen ergebe sich nicht, dass durch die Regelungen zur kassenärztlichen Versorgung und der diesbezüglichen Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch das ärztliche Berufsrecht geregelt und damit der Gesetzgebungskompetenz der Landesgesetzgeber habe entzogen werden sollen. Folge man indes der Auffassung des Landessozialgerichts in seinen aktuellen Beschlüssen, so würde nach der ursprünglichen Formulierung des § 75 Abs. 1 SGB V a.F. die Kompetenz der Landesgesetzgeber hinsichtlich des ärztlichen Berufsrechts auch bezogen auf einen privatärztlichen Bereitschaftsdienst beschränkt worden sein, da § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F. lediglich allgemein von der Sicherstellung eines „ausreichenden Notdienstes“ spreche und sich nicht auf den allein vertragsärztlichen Notdienst beschränke. Auch die Gesetzesbegründung gehe von der „Sicherstellung eines ausreichenden Notdienstes“ aus, woraus sich eine Pflicht, „die ambulante ärztliche Versorgung in Notfällen in Form eines Bereitschaftsdienstes zu organisieren“, ergebe. Eine Beschränkung auf den vertragsärztlichen Notdienst ergebe sich hieraus nicht. Damit wäre sowohl der vertragsärztliche als auch der privatärztliche Bereitschaftsdienst als Teil des ärztlichen Berufsrechts der Kompetenz der Landesgesetzgeber entzogen worden, was jedoch weder beabsichtigt gewesen sei, noch in der Praxis tatsächlich gelebt worden sei.
Dem Bund stünden Kompetenzen für das Gesundheitswesen nur vereinzelt zu; die insbesondere in Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 und 19a GG zum Ausdruck kommende Begrenzung dürfe nicht durch eine extensive Auslegung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge) unterlaufen werden. Dies gelte gleichermaßen für Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (Sozialversicherung). Unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG fielen nur vertragsärztliche Berufsausübungsregeln, das Land habe aber weiterhin die Gesetzgebungskompetenz für Berufsausübungsregelungen in Gestalt der Regelung des privatärztlichen Bereitschaftsdienstes als Teil des ärztlichen Berufsrechts. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen zur Gesetzgebungskompetenz wird auf die Ergänzung zur Berufungsbegründung vom 15. Juni 2022 unter I.1. Bezug genommen.
Auch liege kein sonstiger Verstoß gegen höherrangiges Recht vor. Die §§ 23, 24 HeilbG genügten den Vorgaben der Wesentlichkeitstheorie, beachteten das Demokratieprinzip und griffen nicht ungerechtfertigt in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG ein.
Die §§ 23, 24 HeilbG verfolgten einen legitimen Zweck, indem durch sie die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung außerhalb der regulären Sprechzeiten im Sinne eines öffentlichen Interesses beabsichtigt sei. Grundsätzlich hätten sich alle niedergelassenen Ärzte am allgemeinen Notdienst zu beteiligen, was sich schon aus berufsrechtlichen Vorgaben ergebe und in der Rechtsprechung allgemein anerkannt sei. Legitimer Zweck der §§ 23, 24 HeilbG sei aus Sicht des Landesgesetzgebers insbesondere die Konzentration des ÄBD und die Nutzung bereits bestehender Strukturen bei der Beklagten (v.a. auch hinsichtlich der Ermittlung des Finanzierungsbedarfs als auch der weiteren Verwaltungstätigkeit). Auch das Bundesverwaltungsgericht sei in seinem Urteil vom 9. Juni 1982 - Az.: 3 C 21/81 - davon ausgegangen, dass die Vermeidung einer „unnötige[n] Doppelgleisigkeit [...], insbesondere also Überschneidungen in der Bereithaltung zum Notfalldienst aus den beiden Bereichen zu verhindern“ einen „sachlich zu billigenden Zweck“ erfülle. Mithilfe der §§ 23, 24 HeilbG werde die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten auch gefördert, mithin seien die Regelungen geeignet, da die zentrale Steuerung des ÄBD durch eine Institution und die bereits vorhandenen Strukturen sowie bekannten Verwaltungswege eine verbesserte Übersicht über die landesweite Versorgung schafften, als es bei zwei parallel neben-einander her laufenden Bereitschaftsdiensten ohne Absprachen und Zusammenarbeit zwischen den beiden Körperschaften der Fall wäre. Zwar ließe sich argumentieren, dass anstelle der Regelungen in §§ 23, 24 HeilbG eine alternative gemeinsame Notdienstordnung der Beklagten und der LÄK ein milderes Mittel darstellen würde. Allerdings würde dies die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung außerhalb der Sprechzeiten auf eine rein freiwillige Kooperation zwischen zwei Körperschaften herabsetzen. Dies wäre per se als eine weniger wirksame Option anzusehen. Die Regelungen der §§ 23, 24 HeilbG seien auch angemessen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen. Privatärzte seien auch ohne Änderung des Heilberufsgesetzes bereits berufsrechtlich zur Teilnahme am Notdienst verpflichtet gewesen. Sowohl nach der früheren Notfalldienstsatzung als auch nach der alten Fassung der Berufsordnung der Landesärztekammer sei die Einbeziehung zur Teilnahme am Notdienst der KV Hessen vorgesehen gewesen. Insoweit verweist die Beklagte auf die Klageerwiderung. Unter Berücksichtigung der Stufentheorie, die das Bundesverfassungsgericht zur Eröffnung des Schutzbereiches des Art. 12 GG bei Eingriffen in die Berufsfreiheit entwickelt habe, sei aus ihrer Sicht der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Privatärzte, welche ohnehin berufsrechtlich zur Teilnahme am Notfalldienst verpflichtet seien, vor dem Interesse des Gemeinwohls an der Sicherstellung der ärztlichen Notversorgung außerhalb der Sprechstundenzeiten zu rechtfertigen. Es werde damit maßgeblich zum Erhalt des landesweit etablierten ärztlichen Bereitschaftsdienstes beigetragen.
Ihr sei die Möglichkeit zu geben, im Fall der Verfassungswidrigkeit der Rechtsgrundlagen den Verstoß durch eine Neuregelung zu beseitigen, anderenfalls seien die Festsetzungen des Haushaltsplanes der Beklagten obsolet, obwohl die entsprechenden Kosten für den ÄBD bereits entstanden seien. Zudem könnten die Privatärzte nicht ihrer gesetzlichen Pflicht zur Teilnahme am Notfalldienst nachkommen, da die frühere Notfalldienstsatzung der Landesärztekammer durch die aktuelle, hier streitige Rechtslage abgelöst worden sei; hinsichtlich der prozessualen Möglichkeit einer solchen Lösung verweist die Beklagte auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Dezember 2019 - B 6 KA 12/18 R -, juris Rn. 35.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Marburg vom 4. Februar 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger trägt vor, die Rechtsauffassung des Sozialgerichts, dass § 23 Nr.2 HeilbG und § 8 BDO als Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zur Kostenbeteiligung am ärztlichen Bereitschaftsdienst ausreiche, sei unzutreffend. Der Kläger verweist insoweit auf die Klageschrift. Eine Disziplinar- oder Finanzgewalt sei der Beklagten insbesondere nicht über § 23 HeilbG i.V.m. § 26 BO i.V.m. § 8 BDO geschaffen worden. Es fehle dem Landesgesetzgeber bereits an der Gesetzgebungskompetenz, einer auf Bundesrecht fußenden Körperschaft des öffentlichen Rechtes – Kassenärztliche Vereinigung – originäre Aufgaben der Selbstverwaltung der berufsständischen Kammern zur Ausübung und Durchsetzung zuzuweisen. Aufgabe des Landesgesetzgebers sei es, mit dem Heilberufsgesetz die gesetzliche Grundlage zu schaffen in deren Rahmen die berufsständischen Kammern und ihre Angehörigen im Wege der Berufsordnung ihre Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen. Diese Aufgaben der berufsständischen Selbstverwaltung könne der Landesgesetzgeber nicht auf eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes, die ihre Grundlage im Bundesrecht finde, zur Aufgabenerfüllung übertragen. Diese Aufgaben seien unmittelbar landesrechtlich in den hierzu verfassten berufsständischen Kammern wahrzunehmen.
Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 39/12 R - deutlich gemacht, dass Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung abgestimmte Notfalldienstordnungen erlassen und sich hieraus dann vergleichbare Pflichten der Ärzte ergeben könnten. Es weise jedoch darauf hin, dass die Regelungsbefugnis und die Inpflichtnahme der Ärzte, die sich nicht durch den Status begründenden Akt der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung der Anordnungsbefugnis der Kassenärztlichen Vereinigung unterworfen hätten, ausschließlich auf Seite der Ärztekammer angesiedelt bleibe. Die Ärztekammer müsse alle Pflichten der Ärzte, die nicht § 75 SGB V unterlägen, konkret und umfassend hinsichtlich Teilnahme und Finanzierung selbst regeln, soweit diese Regelung nicht schon auf der Ebene des Heilberufsgesetzes zu erfolgen habe.
Hieraus folge wiederum, dass selbst bei bestehender Gesetzgebungskompetenz die vom Landesgesetzgeber getroffenen Regelungen gegen Art. 12 GG verstießen.
Die Übertragung der Regelungsbefugnis ohne konkrete Ausgestaltung durch den Landesgesetzgeber sei in dieser Form unzulässig. Die Ärztekammer habe sich entgegen den Anforderungen aus Art. 12 GG durch die Anordnung in § 26 BO sämtlicher Mitwirkungsmöglichkeiten und Einflussmöglichkeiten auf eine Bereitschaftsdienstordnung entäußert. Eine Kammer könne sich nicht durch Beschluss ihrer wesentlichen Aufgaben entziehen und diese auf eine andere Körperschaft übertragen.
Weiterhin habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 12. Februar 2018 – B 6 KA 50/17 R – eindeutig und umfassend dargelegt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit ein Arzt zum ärztlichen Bereitschaftsdienst der Beklagten herangezogen werden könne. Bereitschaftsdienstordnungen, die allein von der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung erlassen worden seien, könnten auch nur gegenüber einem Arzt Wirkung entfalten, der den vertragsärztlichen Bestimmungen unterworfen sei. Erst mit der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung entstehe die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst.
Die Kassenärztliche Vereinigung Hessen habe gegen das Zitiergebot verstoßen. Die richtige Zitierung wäre: „§§ 23, 24 Heilberufsgesetz Hessen in Verbindung mit § 26 Berufsordnung Ärzte Hessen in Verbindung mit § 8 Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten.“
Soweit die Beklagte sich in ihrer Berufung gegen die Argumentation des Sozialgerichts zu Art. 3 Abs. 1 GG wende, sei ihr entgegenzuhalten: Die besonderen Pflichten der Vertragsärzte, oder die Pflichten, die sie bei der Abrechnung ihrer Leistungen haben, vermögen wegen der Freiwilligkeit der Unterwerfung nicht die wirtschaftliche Privilegierung in Bezug auf die Beitragspflicht der Vertragsärzte zu begründen. Auch der Umstand, dass die Mehrzahl der Versicherten gesetzlich und nicht privat krankenversichert sei, rechtfertige keine unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen.
Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erzielten mehr als ein Viertel ihrer Praxiseinnahmen aus der Privatabrechnung (Hinweis auf Statistisches Bundesamt, Fachserie 2 Reihe 1.6.1, Unternehmen und Arbeitsstätten, Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten siehe dort Tabellenteil 4, 4.1 Praxen, Praxeninhaber und Einnahmen). Ausweislich dieser Feststellungen des Statistischen Bundesamtes betrügen die durchschnittlichen Einnahmen aus Privatrechnung 26,6 %. Dies bedeute, mehr als ¼ der Einnahmen eines Vertragsarztes würden bereits gar nicht bei der Heranziehung berücksichtigt. Die Abwägung der Vor- und Nachteile der Ausgestaltung der ärztlichen Tätigkeit als Vertragsarzt oder Privatarzt seien individuelle Fragen, die bei der Heranziehung zum ärztlichen Bereitschaftsdienst – der alle niedergelassenen Ärzte gleichermaßen treffe – irrelevant seien.
Der Status eines Leistungserbringers sei kein sachgerechtes Differenzierungskriterium für die Bemessungsgrundlage einer Beitragspflicht. Soweit die Beklagte die Entscheidung des Bundessozialgerichtes B 6 KA 50/17 R heranziehe, mache diese Entscheidung deutlich, dass nur zugelassene und nicht ermächtigte Ärzte zum ärztlichen Bereitschaftsdienst heranzuziehen seien.
Soweit die Beklagte sich damit rühme, dass die Vertragsärzte den Löwenanteil des Finanzbedarfs des ärztlichen Bereitschaftsdienstes finanzieren, sei ihr entgegenzuhalten, dass hier nicht die große Gruppe der Vertragsärzte mit der kleinen Gruppe der Privatärzte verglichen werde, sondern hier jeder Arzt im Hinblick auf den ärztlichen Bereitschaftsdienst als Einzelner zu betrachten sei.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte (1 Hefter) verwiesen. Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 14. Oktober 2022 (Beklagte) und 26. September 2022 sowie 15. November 2022 (Kläger) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Entscheidungsgründe
Mit Zustimmung der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 153 Abs. 1 i.V.m. 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.
Im Ergebnis zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass die streitgegenständlichen Bescheide den Kläger in seinen Rechten verletzen.
I. Zur Überzeugung des Senats sind die angefochtenen Beitragsbescheide in der Fassung des Widerspruchsbescheids und der Änderungsbescheide rechtswidrig, weil ihnen eine Rechtsgrundlage fehlt. Das von der Beklagten als Rechtsgrundlage herangezogene Normgeflecht aus Landesberufsrecht und Vertragsarztrecht auf Bundesebene – § 23 Nr. 2 HeilbG i.V.m. § 26 BDO i.V.m. § 8 Abs. 3 BDO – ermächtigt die Beklagte nach Wortlaut und Systematik bereits nicht zum Erlass belastender Satzungsregelungen gegenüber Privatärzten (1.). Die vertragsarztrechtliche Ermächtigungsgrundlage ist hierfür nicht hinreichend (2.). Zudem entfalten Umfang und Regelungsdichte des Vertragsarztrechts insoweit eine Sperrwirkung, die keinen Raum für landesrechtliche Regelungen ohne bundesrechtliche Öffnungsklausel haben (3.). Schließlich hegt der Senat weiterhin Bedenken an der Vereinbarkeit von §§ 23, 24 HeilbG mit Art. 12 Abs. 1 GG und den aus Art. 20 Abs. 2 GG folgenden Grenzen zur Ermächtigung von Selbstverwaltungskörperschaften zum Erlass von belastenden Verwaltungsakten gegenüber Nichtmitgliedern (4.).
1. a) Die streitgegenständlichen Bescheide der Beklagten werden auf §§ 3 Abs. 3 S. 1, 8 BDO in der von der Vertreterversammlung am 25. Mai 2013 beschlossenen Fassung und durch den Beschluss der Vertreterversammlung vom 30. März 2019 geänderten Fassung gestützt. Die aktuelle Fassung findet auf die streitgegenständlichen Quartale keine Anwendung.
§ 3 Abs. 3 S. 1 BDO (Überschrift: Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst) hat folgenden Wortlaut: „Am ÄBD nehmen grundsätzlich die privat niedergelassenen Ärzte (Privatärzte) am Ort ihres Praxissitzes entsprechend ihrer Verpflichtung aus dem hessischen Heilberufsgesetz teil.“
§ 8 BDO (Überschrift: Finanzierung des ÄBD) lautet:
Abs. 1: „Die Finanzierung des ÄBD erfolgt auf Grundlage der im ÄBD abgerechneten Leistungen nach § 7 Abs. 3, mit Ausnahme der Wegepauschalen im ÄBD. Im ÄBD und im gebietsärztlichen Bereitschaftsdienst, sofern diese in ÄBD-Zentralen durchgeführt wird, erhebt die KVH einen allgemeinen einheitlichen Abzug (Betriebskostenabzug) von 35 % des Anteils des ordnungsgemäß abgerechneten, anerkannten und geregelten Honorars, der in der Diensteinheit die Summe der Stundenpauschale gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe a. BDO übersteigt.“
Abs. 2: „Reichen die Erträge nach Abs. 1 nicht zur Deckung des Gesamtaufwandes nach Abs. 4 aus, wird zusätzlich ein jeweils einheitlicher ÄBD-Beitrag unter allen abgerechneten Ärzten und Psychotherapeuten sowie ermächtigten Krankenhausärzten nach folgender Regel erhoben:
Prozentualer, jeweils einheitlicher Abzug je Quartal vom Honorar jedes abrechnenden Arztes und Psychotherapeuten sowie jedes ermächtigten Krankenhausarztes mit einem festgelegten Höchstbeitrag. Die Höhe des Abzugssatz und des Höchstbetrages wird durch den Vorstand der KVH festgelegt.“
Abs. 3: „Bei Privatärzten wird grundsätzlich abweichend von Abs. 2 zur Deckung des Gesamtaufwandes nach Abs. 4 zusätzlich zu den Erträgen nach Abs. 1 als pauschaler ÄBD-Betrag die Hälfte des in Abs. 2 genannten Höchstbetrages je Quartal erhoben. Das Beitragsjahr beginnt jeweils zum 1. Januar eines Kalenderjahres. Näheres regelt der Vorstand.
Auf Antrag kann für das jeweilige Beitragsjahr abweichend von Satz 1 bei der Beitragserhebung der prozentuale Abzug nach Abs. 2 zugrunde gelegt werden. Als Bezugsgröße für die prozentuale Beitragsberechnung wird das Jahresbruttoeinkommen aus ärztlicher Tätigkeit aus dem Kalenderjahr herangezogen, das zum Zeitpunkt des aktuellen Beitragsjahres zwei Jahre zurückliegt (Vor-Vorjahr). Vom Antragsteller ist dem Antrag als Nachweis der entsprechende Einkommensteuerbescheid beizufügen.
In besonderen Fällen kann der Vorstand auf Antrag entscheiden, dass eine abweichende Bezugsgröße für den Einzelfall berücksichtigt wird.
Der Widerspruch und die Klage gegen die Beitragsbescheide haben keine aufschiebende Wirkung. Der Beitrag wird nach Möglichkeit mit den Ansprüchen des Privatarztes gegen die KVH verrechnet.“
Soweit § 3 Abs. 3 S. 1 auf das HeilbG Bezug nimmt, bestimmt zunächst § 2 Abs. 1 Nr. 1 HeilbG, dass den Kammern als Berufsangehörige alle Ärztinnen und Ärzte, die in Hessen ihren Beruf ausüben, angehören. Sodann heißt es in § 23 Nr. 2 HeilbG in der Fassung vom 19. Dezember 2016 (GVBl. 2016, 329):
Die Kammerangehörigen, die ihren Beruf ausüben, haben insbesondere die Pflicht, (…)
2. soweit sie als Berufsangehörige im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 in eigener Praxis tätig sind, am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen und sich an den Kosten des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes der Kassenärztlichen Vereinigung zu beteiligen, (…).
§ 24 HeilbG bestimmt weiter, dass das Nähere zu § 23 die Berufsordnung regelt. Diese hat gemäß § 24 S. 2 HeilbG insbesondere zu § 23 Nr. 2 vorzusehen, dass die Teilnahmeverpflichtung nur für einen bestimmten regionalen Bereich gilt und von ihr aus wichtigem Grund, insbesondere wegen körperlicher Behinderung oder außergewöhnlicher familiärer Belastung sowie wegen Teilnahme an einem klinischen Bereitschaftsdienst mit Notfallversorgung, auf Antrag ganz, teilweise oder vorübergehend befreit werden kann.
Die hierzu als Satzung ergangene Berufsordnung für die Ärztinnen und Ärzte in Hessen vom 26. März 2019 (HÄBL 6/2019, Seite 396) sieht zum Ärztlichen Bereitschaftsdienst in § 26 folgende Regelungen vor:
Abs. 1: „Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, am ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen teilzunehmen. Auf Antrag einer Ärztin oder eines Arztes kann aus schwerwiegenden Gründen eine Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst ganz, teilweise oder vorübergehend erteilt werden. Die Befreiung wird, bei Vorliegen eines Befreiungsgrundes auch für die nicht vertragsärztlich tätigen Mitglieder der Landesärztekammer Hessen auf Antrag von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen erteilt.“
Abs. 2: „Für die Einrichtung und Durchführung des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes im Einzelnen ist für alle nach § 23 des Heilberufsgesetzes verpflichteten Berufsangehörigen die Bereitschaftsdienstordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der von der Vertreterversammlung am 25. Mai 2013 beschlossenen Fassung, in Kraft getreten am 1. Oktober 2013, zuletzt geändert am 27. Oktober 2018, maßgebend. Die Verpflichtung zur Teilnahme am Ärztlichen Bereitschaftsdienst gilt für die von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen festgelegten Bezirke des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes.“ (…)
b) §§ 23, 24 HeilbG und § 26 BO regeln nach ihrem insoweit eindeutigen Wortlaut zwar eine Pflichtenstellung der Privatärzte zur Teilnahme am ÄBD und zu einer entsprechenden Kostenbeteiligung, nicht aber eine Satzungsbefugnis der Beklagten zum Erlass belastender Regelungen zur Ausgestaltung der Teilnahmepflicht und zur Erhebung von Beiträgen gegenüber Nichtmitgliedern.
§ 23 Nr. 2 HeilbG i.V.m. § 26 BO i.V.m. der Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten sollen ersichtlich bewirken, dass die Beklagte und nicht die Landesärztekammer Privatärzte zum Bereitschaftsdienst und seiner Finanzierung heranziehen kann. Durch die landesgesetzliche Regelung soll die Landesärztekammer ermächtigt und verpflichtet werden, ihre ihr kraft § 23 Nr. 2 HeilbG zugewiesene berufsrechtliche Zuständigkeit zur Verpflichtung der Ärzte zum Bereitschaftsdienst nicht selbst auszufüllen (vgl. im Unterschied dazu § 26 Musterberufsordnung), sondern vielmehr in der Berufsordnung eine verpflichtende Einbeziehung in den Bereitschaftsdienst der Beklagten zu regeln. Wenngleich klärungsbedürftig erscheint, ob hiermit Zuständigkeiten, Aufgaben oder Befugnissen delegiert werden sollen, so soll mit der Neuregelung doch ein mehrseitiges Rechtsverhältnis geschaffen werden, in dem Befugnisse und Pflichten jeweils der Ärztekammer gegen über den (Privat-)Ärzten und der Beklagten gegenüber Privatärzten zu unterscheiden sind. Daher folgt allein aus der Pflicht der Ärzte zur Teilnahme und Kostentragung nicht eine Rechtssetzungsbefugnis der Beklagten zur Konkretisierung dieser Pflichten.
Offenbleiben kann, ob die Regelungen zu einer Delegation im verwaltungsorganisationsrechtlichen Sinne führen, nämlich der Übertragung einer Zuständigkeit oder Befugnis von einem an sich zuständigen Rechtsträger (Delegant) auf einen anderen Rechtsträger (Delegatar) zur Ausübung in eigenem Namen (Jestaedt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts I, 2. Aufl. 2012, § 14 Rn. 48; im Einzelnen auch zu den Unschärfen des Begriffs: Reinhardt, Delegation und Mandat im öffentlichen Recht, 2006, S. 20 ff.). Denn welche Anforderungen an die Rechtmäßigkeit und den Inhalt der Delegation oder an jede andere Übertragung bzw. Zuweisung von Zuständigkeiten oder Befugnissen zu stellen sind, folgt nicht aus der verwaltungsorganisationsdogmatischen Zuordnung, sondern allein aus dem positiven Recht (Schenke, VerwArch 68 (1977), 118 (119)). Aus einem möglichen Regelungswillen zur Delegation folgt mithin nichts für die Auslegung von § 23 Nr. 2 HeilbG i.V.m. § 26 BO, was die Übertragung von Befugnissen anbelangt. Auch die Anforderungen des höherrangigen Rechts (dazu I.3. und 4.) müssen sowohl die Normen erfüllen, mit denen die berufsausübungsrechtliche Pflichtenstellung verlagert werden soll, als auch die Normen, mit denen die „neue“ Pflichtenstellung der Privatärzte gegenüber der Beklagten ausgefüllt werden soll.
Die genannten Vorschriften regeln allein Pflichtenstellungen zur Teilnahme und zur Kostenbeteiligung am ÄBD der Beklagten. Es fehlen aber korrespondierende Ermächtigungen zum Erlass entsprechenden Satzungsrechts oder sonstiger autonomer Rechtsnormen der Beklagten. So erklärt § 26 Abs. 2 BO die Bereitschaftsdienstordnung der Beklagten für „maßgebend“ und setzt damit eine Rechtssetzungsbefugnis der Beklagten auf anderer Grundlage voraus.
2. Die vertragsarztrechtlichen Rechtssetzungskompetenzen der Beklagten ermächtigen nicht zum Erlass von Regelungen einer Bereitschaftsdienstordnung, die an Privatärzte adressiert sind.
Bei der Einrichtung eines Bereitschaftsdienstes handelt es sich um Berufsausübungsregelungen, die im Unterschied zum Berufszulassungsrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG) grundsätzlich in die alleinige Zuständigkeit der Länder fallen. Allerdings wird aus der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Sozialversicherung nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG zu Recht abgeleitet, dass dem Bund die Kompetenz zur Regelung eines Bereitschaftsdienstes für den Bereich der Vertragsärzte als spezielle vertragsarztrechtliche Berufsausübungsregel eingeräumt ist (BSG, Urteil vom 9. April 2008 - B 6 KA 40/07 R - NZS 2009, 338, Rn. 27; Sachs/Degenhart, GG, 9. Aufl. 2021, Art 74 Rn. 58; Schnapp/Nolden, in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl. 2017, § 4 Rn. 2; Rixen, VSSR 2007, 213 (225); differenzierend Sodan, NZS 2001, 169 (171)). Das hat zur Folge, dass bezüglich der Einrichtung eines ärztlichen Bereitschaftsdienstes zunächst eine überwiegend deckungsgleiche Bundes- und Länderkompetenz besteht. Die Kompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG bezieht sich indes allein auf die Zuständigkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen und damit auf diejenigen Ärzte beschränkt, die nach den §§ 95 ff SGB V zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Demgegenüber erstreckt sich die Länderkompetenz auf alle niedergelassenen Ärzte und damit auch die von der Bundeskompetenz erfassten Vertragsärzte, die zahlenmäßig den weit überwiegenden Anteil der in Deutschland niedergelassenen Ärzte ausmachen. Trotz der weitflächigen Überschneidung beim Adressatenkreis handelt es sich um zwei voneinander zu unterscheidende Materien, nämlich einmal um den Bereitschaftsdienst als Teil der Sozialversicherung, für den der Bund die Gesetzeskompetenz hat, und zum anderen den Bereitschaftsdienst als Teil des ärztlichen Berufsrechts, der in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fällt (vgl. hierzu Rink, Die Pflicht zur Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst, 2020, S. 64 ff, 82, 83; vgl. auch BSG, Beschlüsse vom 5. Mai 2021 – B 6 SF 3/20 R – u.a., juris Rn. 38 f).
Die Ermächtigung zur Heranziehung zum Bereitschaftsdienst der Beklagten folgt für Vertragsärzte im Wege des Satzungsrechts oder sonst autonomer Grundlage aus § 75 Abs. 1b Satz 1 SGB V (zuvor § 75 Abs. 1 Satz 2 SGB V a.F.). Teil des Sicherstellungsauftrags der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ist die Versorgung auch zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst). Die Rechtssetzungsautonomie der Beklagten als Körperschaft des öffentlichen Rechts folgt aus §§ 77 Abs. 5, 81 SGB V. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts folgt die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst allerdings nicht aus der Satzungsgewalt der KÄV, sondern aus dem Zulassungsstatus des Arztes (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 50/17 R –, juris Rn. 29 m.w.N.) Die Zulassung ist ein statusbegründender Akt, der eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes schafft. Mit der Zuteilung dieses Status ist die Berechtigung und Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die Teilnahme an der Honorarverteilung notwendig verbunden. Mit der Zulassung als Vertragsarzt hat sich der Arzt freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung unterworfen, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem notwendig verbunden sind. Zu diesen der Berufsausübung im vertragsärztlichen Bereich immanenten Einschränkungen gehört auch die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst, ohne den eine ausreichende Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet ist. Die Teilnahme am Bereitschaftsdienst hat der Gesetzgeber als Annex zur Niederlassung in freier Praxis ausgestaltet. Der auf Antrag verliehene Status der Zulassung bedingt grundsätzlich, in zeitlicher Hinsicht umfassend – d.h. auch in Zeiten außerhalb der Sprechstunden – für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Durch den von der Kassenärztlichen Vereinigung organisierten Bereitschaftsdienst wird der Arzt in die Lage versetzt, dieser Verpflichtung nachzukommen, ohne „rund um die Uhr“ persönlich verfügbar zu sein. Mit der Ausgestaltung und Organisation dieses Bereitschaftsdienstes wird die Kassenärztliche Vereinigung ihrer Verpflichtung zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch zu den sprechstundenfreien Zeiten gerecht. Dem entspricht die Pflicht der in freier Praxis tätigen zugelassenen Ärzte und zugelassenen medizinischen Versorgungszentren (nicht aber unmittelbar der dort angestellten Ärzte) zur Teilnahme an diesem Bereitschaftsdienst (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 39/12 R – juris Rn. 14 m.w.N.; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 50/17 R – juris Rn. 29 m.w.N.). Erst die Anknüpfung an den Status als Bündel von gesetzlich genau geregelten Verpflichtungen aus dem Sicherstellungsauftrag rechtfertigt es zudem, aufgrund der sonst eher unbestimmten Regelungen zur Rechtssetzungskompetenz der Beklagten im Bereich der Regelung des Bereitschaftsdienstes, die Vertragsärzte (zu den Anforderungen an eine berufsrechtliche Regelung des Bereitschaftsdienstes siehe nachfolgend unter 3. und 4.) einer derart in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG eingreifenden Pflicht zu unterwerfen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 50/17 R –, juris Rn. 29-32; BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1982 – 3 C 21/81 –, juris Rn. 25 f.; a.A. Rink, a.a.O: S. 116 ff.; ders. SGb 2020, 290 (291 f.) bezüglich der Verpflichtung des Vertragsarztes). Infolge dieser Konstruktion ist die Satzungsgewalt oder Rechtssetzungskompetenz der Beklagten von vornherein auf die Konkretisierung der Rechte und Pflichten des Bereitschaftsdienstes bezüglich der Vertragsärzte beschränkt (vgl. im Umkehrschluss BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 6 KA 50/17 R –, juris Rn. 28 und 33). Eine allein von der Beklagten ohne Beteiligung der Landesärztekammer erlassene Bereitschaftsdienstordnung kann Privatärzte nicht verpflichten (zum beim MVZ angestellten Arzt ausdrücklich BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 39/12 R – juris Rn. 13).
Aufgrund Bundesrechts ist eine Kassenärztliche Vereinigung mithin nicht berechtigt, über Satzungsrecht den Kreis der zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst verpflichteten Ärzte zu erweitern, vielmehr bedürfte es hierfür einer bundesrechtlichen Öffnung auf sozialversicherungsrechtlicher Kompetenzgrundlage, um das in §§ 95, 75 SGB V angelegte Junktim mit dem Zulassungsstatus aufzulösen und gerade der Beklagten die Möglichkeit zu geben, Nichtvertragsärzte heranzuziehen. Anderenfalls würde die Satzung einen Personenkreis in den Bereitschaftsdienst einbeziehen, der gesetzlich nicht zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet ist. Damit würde die Kassenärztliche Vereinigung aus bundesrechtlicher Perspektive den Rahmen einer zulässigen Ausgestaltung überschreiten (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 39/12 R – juris Rn. 21, für den Bereich eines in einem medizinischen Versorgungszentrum angestellten Arztes). In diesem Zusammenhang hat das BSG auch einen intensiven Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit des Arztes sowie mit Art. 3 Abs. 1 GG diskutiert (BSG, a.a.O., juris Rn. 22, 23).
3. Der Umfang und die Regelungsdichte, mit der der Bundesgesetzgeber im Vertragsarztrecht von seiner Gesetzgebungskompetenz aus § 74 Abs. 1 Nr. 12 GG Gebrauch gemacht hat, sperrt eine einseitige landesrechtliche Erweiterung der Aufgaben und Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigung um den privatärztlichen Bereitschaftsdienst.
a) Eine solche Sperrwirkung folgt nach Art. 72 Abs. 1 GG für den Bereitschaftsdienst aus dem abschließenden Gebrauchmachen der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den Bund im Bereich des Vertragsarztrechts (so Bayerischer VGH, Urteil vom 6. Juli 1978 – Nr. 171 XI/76, NJW 1979, 614 (615)).
Die neueste Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 25. März 2021 – 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20 –, juris, „Berliner Mietendeckel“) betont, dass das Grundgesetz – von der Ausnahme des Art. 109 Abs. 4 GG abgesehen – eine vollständige Verteilung der Gesetzgebungszuständigkeiten entweder auf den Bund oder die Länder enthält. Doppelzuständigkeiten sind den Kompetenznormen fremd und wären mit ihrer Abgrenzungsfunktion unvereinbar. Hat der Bund einen Gegenstand nach seinem Willen abschließend geregelt, tritt die Sperrwirkung des Art. 72 Abs. 1 GG für eine Regelung der Länder in diesem Sachbereich unabhängig davon ein, ob diese den bundesrechtlichen Bestimmungen widerstreitet, sie ergänzt oder lediglich (deklaratorisch) wiederholt (BVerfG a.a.O., Rn. 89). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind die Länder zur Gesetzgebung somit nur befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat. Zur Bestimmung des abschließenden Charakters sind nicht nur der Wortlaut des Bundesgesetzes selbst zu würdigen, sondern auch der dahinterstehende Regelungszweck, die Gesetzgebungsgeschichte und die Gesetzesmaterialien; ob die bundesgesetzliche Regelung abschließend ist, ist materien- und nicht zielbezogen zu bestimmen (BVerfG a.a.O., Rn. 92). Den Ländern verbleibt trotz der vom Grundgesetz verwandten Regelungstechnik eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses zugunsten der Länder (lediglich) eine sog. Residualkompetenz (BVerfG a.a.O, Rn. 97), deren konkrete Reichweite sich nach der Subtraktionsmethode bemisst.
Hiernach erfährt die von der Beklagten in den Mittelpunkt ihrer Argumentation gestellte Doppelnatur des Bereitschaftsdiensts als Berufsausübungsregelung aus Sicht der Privatärzte und vertragsarztrechtliche Statuspflicht aus Sicht der Vertragsärzte eine hier bedeutsame Begrenzung:
Zwar sind aus rein historischen Gründen die Kassenärztliche Vereinigungen nicht zuletzt wegen ihres vorherigen Bestehens als landesunmittelbare Körperschaften des Öffentlichen Rechts errichtet worden (Schiller, in: Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl. 2017, Rn. 10 ff.), so dass sie als behördliche Adressatin eines berufsrechtlichen oder gefahrenabwehrrechtlichen Notdienstes der Privatärzte nicht von vornherein ausscheiden. Bezüglich der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ist aber hinreichend geklärt, dass das Vertragsarztrecht des SGB V sowie davon abgeleitetes Recht ihre Aufgaben und Befugnisse bundesrechtlich grundsätzlich abschließend regelt; der Bereich möglicher landesrechtlicher Aufgabenzuweisungen verbleibt allein im Rahmen des Art. 4 § 1 Abs. 2 des Gesetzes über Kassenarztrecht (GKAR) vom 17. August 1955 (BGBl I 513; dazu BSG, Urteil vom 16. Juli 2008 – B 6 KA 38/07 R –, BSGE 101, 106-130, SozR 4-2500 § 85 Nr. 43, juris Rn. 35 zur Honorarverteilung; vgl. zuletzt Senatsurteil vom 30. Januar 2019 – L 4 KA 86/14 – juris, Rn. 58). Hiernach bleiben nur landesrechtliche Regelungen über die Altersversorgung der Kassenärzte unberührt. Dieser Bereich ist hier eindeutig nicht eröffnet.
Aus dem eindeutigen Wortlaut von Art. 4 § 1 Abs. 2 GKAR, insbesondere der Komplettaufhebung des vorherigen Bundes- und Landeskassenarztrechts im Übrigen folgt der Charakter des Vertragsarztrechts als abschließend geregelter Materie, mit Ausnahme des Rechts der Altersversorgung. Dieser grundsätzlich abschließende Charakter wird durch § 69 SGB V hinsichtlich der materiell-rechtlichen Abgrenzung zu anderen Rechtsgebieten bestätigt. Konsequent fordert § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Bildung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur Erfüllung „der ihnen durch dieses Buch übertragenen Aufgaben der vertragsärztlichen Versorgung“ (Hervorhebung des Senats). Diese Formulierung spricht für eine Erstreckung der Sperrwirkung dergestalt, dass gerade die Aufgaben- und Befugnisverleihung an die Kassenärztliche Vereinigung durch das Sozialgesetzbuch abschließend ist.
Diese Sperrwirkung erfasst auch den Regelungsbereich von §§ 23, 24 HeilbG. Das mit §§ 23, 24 HeilbG etablierte Regelungskonzept stellt sich nicht als Befugnisübertragung innerhalb der Selbstverwaltung der freien Berufe oder als landesrechtliche Regelung der Gesundheitsfürsorge dar, sondern – ungeachtet der Ausführungen unter 1. – gerade als Erstreckung der Aufgaben und Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigung auf Nichtmitglieder dergestalt, dass sie in den Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung verpflichtend einbezogen werden sollen. Begründet wird kein Kooperationsverhältnis von Landesärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung, sondern die Einbeziehung der Privatärzte in Pflichtenstellungen, die durch die Kassenärztliche Vereinigung begründet werden sollen. Die durch §§ 23, 24 HeilbG und § 26 BO begründete Pflichtenstellung der Privatärzte stellt sich auch nicht als eigenständiges Berufsrecht unter dem Dach der Kassenärztlichen Vereinigung dar, sondern als Teilnahme- und Kostenbeteiligungspflicht „am Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen“ der als solcher von den Regelungen der §§ 23, 24 HeilbG und § 26 BO vorausgesetzt, aber gerade nicht geregelt wird. Dies hat zur Folge, dass sich der Vollzug des Bereitschaftsdienstes gemäß § 75 Abs. 1b SGB V nach Einbindung der Privatärzte als deutlich verändert darstellt, allein dadurch, dass Nichtvertragsärzte organisatorisch einzubinden sind (zum Indiziencharakter einer modifizierenden Wirkung des Landesgesetzes auf den Vollzug des Bundesgesetzes hinsichtlich der Sperrwirkung siehe BVerfG, Beschluss vom 25. März 2021 – 2 BvF 1/20, 2 BvL 4/20, 2 BvL 5/20 –, juris Rn 90, „Berliner Mietendeckel“). Das mit Ausnahme der Erweiterten Honorarverteilung abschließend bundesgesetzlich geregelte Vertragsarztrecht sperrt also ein einseitig landesrechtliches Aufdrängen von Aufgaben und Befugnissen auf eine Selbstverwaltungskörperschaft, die ihre Daseinsberechtigung allein aus dem Vertragsarztrecht begründet. Die Erstreckung der Sperrwirkung auf die hiesige Materie ist also auch vor dem Hintergrund der Ausgestaltung der Aufgaben und Befugnisse von Landesärztekammer und Kassenärztlichen Vereinigung als Selbstverwaltungskörperschaften konsequent.
Dem hessischen Landesgesetzgeber ist es mithin verwehrt, unter Berufung auf eine Landesgesetzgebungskompetenz für die Berufsausübungsregelungen der freien Berufe oder die öffentliche Gesundheitsfürsorge implizit Aufgaben und Befugnisse der Kassenärztlichen Vereinigung zu regeln (so wohl auch VG Gießen, Urteil vom 20. Oktober 2010 – 21 K 3235/09 – BeckRS 2010, 56305; Lippert, in: Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO, 6. Aufl. 2015, § 26 Rn. 10). Hiervon ging auch das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 9. Juni 1982 – 3 C 21/81 – juris Rn. 27, zur Gemeinsamen Notdienstordnung durch Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung in Nordrhein-Westfalen aus: „An den Zuständigkeiten will und kann die gemeinsame Notfalldienstordnung nichts ändern, so daß rechtsstaatliche Bedenken auch unter diesem Gesichtspunkt nicht bestehen.“
Ermöglicht werden kann eine Delegation oder jede andere Aufgaben- und Befugnisübertragung allenfalls dann, wenn das Gesetz, das kompetenzgerecht die Aufgaben und Befugnisse der aufnehmenden Körperschaft, also der Kassenärztlichen Vereinigung regelt, eine entsprechende Öffnungsklausel vorsieht. So ermöglicht beispielsweise § 1 Abs. 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) eine Übertragung von Aufgaben auf die Industrie- und Handelskammern durch Landesgesetz. Eine solche Regelung im Vertragsarztrecht fehlt hier.
b) Aus dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. Oktober 1992 – 6 RKa 2/92 –, SozR 3-2500 § 75 Nr. 2, zitiert nach juris, kann unter einem organisationsrechtlichen Blickwinkel kein großzügigerer Maßstab herausgelesen werden. Eine Aufteilung der Zuständigkeit für die Entscheidung über Anträge niedergelassener Kassenärzte auf Befreiung vom Notfalldienst dahingehend, dass über den Antrag die Ärztekammer und über den Widerspruch die Kassenärztliche Vereinigung entschieden, sei hiernach zulässig. Dortige Rechtsgrundlage war indes eine gemeinsame Notdienstordnung von Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung; das Bundessozialgericht betonte ausdrücklich, dass in der o. g. Regelung gerade keine Zuständigkeitsübertragung oder Zuständigkeitsbegründung enthalten gewesen sei (a.a.O., Rn. 17).
c) Selbst wenn dem Senat nicht in den Ausführungen unter 1. gefolgt werden sollte, so wäre jede erweiternde Auslegung oder auch eine alleinige Nachbesserung des Landesgesetzgebers im Sinne einer Satzungsermächtigung der Beklagten im Ergebnis gesetzgebungskompetenzwidrig.
4. Darüber hinaus stellen §§ 23, 24 HeilbG auch keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die von der Beklagten erlassenen Regelungen in §§ 3 Abs. 3, 8 BDO dar, soweit sie die Landesärztekammer verpflichten sollen, ihrerseits eine Verpflichtung der Nichtvertragsärzte zur Teilnahme und Kostenbeteiligung am Bereitschaftsdienst der Beklagten auszusprechen. Der hessische Gesetzgeber hat mit § 23 Nr. 2 HeilbG eine eigenständige, über das allgemeine ärztliche Berufsrecht hinausgehende Regelung getroffen. Er hat die seit Jahrzehnten normierte generelle Verpflichtung aller in niedergelassener Praxis tätigen Ärzte zur Mitwirkung an der Notfallversorgung in dreifacher Hinsicht konkretisiert und erweitert. Zunächst dadurch, dass sich auch die niedergelassenen Ärzte, die nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, an dem von der Kassenärztlichen Vereinigung organisierten Bereitschaftsdienst beteiligen müssen. Weiter ist der Landesärztekammer in der Berufsordnung die Möglichkeit genommen worden, einen eigenen Dienst zu organisieren, mit der Kassenärztlichen Vereinigung bei der Verabschiedung einer BDO zusammenzuwirken und auf die einzelfallbezogene Einteilung von Ärzten - etwa durch das Erfordernis eines Einvernehmens bei Privatärzten - Einfluss zu nehmen (vgl. BSG, Beschlüsse vom 5. Mai 2021 – B 6 SF 3/20 R u.a. –, juris Rn 36). Drittens zielt die Regelung – wenn auch nicht durchgreifend (siehe I.1. und II.2.) – darauf ab, auch Nichtvertragsärzte im Rahmen einer Abgabe zur Finanzierung des Dienstes verpflichtend heranzuziehen.
a) Im Hinblick auf die am Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG zu messende Eingriffsintensität erfüllt die Regelung in § 23 HeilbG nicht die notwendigen Mindestanforderungen für eine Einbindung von Privatärzten in den Bereitschaftsdienst der Antragsgegnerin. Die Berufspflicht, an einem Notdienst teilzunehmen, stellt für den Arzt einen erheblichen Eingriff in seine berufliche Betätigung dar. Neben der eigentlichen Dienstzeit an den Abenden, an den Wochenenden und an Feiertagen wird dem Arzt auch die Verpflichtung auferlegt, sich laufend so fortzubilden, dass er auch den Dienst als Notarzt ausüben kann. Diese erhebliche Bedeutung der Notdienstpflicht erfordert es unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG, dass der Gesetzgeber selbst die Voraussetzungen für die Pflichtteilnahme sowie die Bedingungen, unter denen Befreiung zu erteilen ist, zumindest in den Grundzügen festlegt. Die notwendige Tiefe einer gesetzlichen Regelung hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Dezember 1972 – I C 30.69 – NJW 1973, 576 (577) näher konkretisiert:
„Einer gesetzlichen Regelung bedarf zunächst die Bestimmung des teilnahmepflichtigen Personenkreises, also die Regelung darüber, welche Arztgruppen grundsätzlich heranzuziehen sind. Herkömmlicherweise wird der ambulante Notfalldienst nur von den niedergelassenen, freipraktizierenden Ärzten versehen, während die in den Krankenanstalten tätigen Ärzte im Rahmen der Notfallversorgung der Bevölkerung andere Aufgaben erfüllen.
Für die nähere Abgrenzung des dienstpflichtigen Personenkreises bieten sich verschiedene Kriterien an: Denkbar wäre z.B. eine Differenzierung nach bestimmten Facharztgruppen unter Berücksichtigung ihrer unterschiedlichen generellen Eignung für den Notfalldienst. Ärzte bestimmter Fachrichtungen, wie etwa Augenärzte, Hals-Nasen-Ohrenärzte, Hautärzte, Röntgenologen, sind schon nach den gegenwärtig bestehenden Regelungen vielfach generell ausgenommen (…). Ein weiteres Abgrenzungsmerkmal für die Heranziehung von Fachärzten zum allgemeinen Notfalldienst könnte etwa in der Dauer ihrer fachärztlichen Tätigkeit gefunden werden. Erfahrungsgemäß sind das allgemeine medizinische Grundwissen und die Praxis auf allgemein-medizinischem Gebiet nach längerer fachärztlicher Tätigkeit nicht mehr so nahe und gegenwärtig wie in den ersten Berufsjahren.
Diese oder andere Kriterien, von denen die Teilnahmepflichtigkeit von Fachärzten am allgemeinen Notfalldienst abhängig gemacht werden könnte, muß der Gesetzgeber selbst auswählen. Dabei kann er dem Satzungsgeber innerhalb hinreichend deutlich zu bestimmender Grenzen einen Ermessensbereich für eigene nähere Ausgestaltung überlassen, insbesondere auch um die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten in dem gebotenen Umfange angemessen berücksichtigen zu können. Er kann es dem Regelungsermessen der Ärztekammer anheimgeben, ob Fachärzte am allgemeinen Notfalldienst zu beteiligen sind oder ob für sie, je nach den örtlichen Gegebenheiten, besondere Fachnotfalldienste eingerichtet werden sollen oder können.
Dem Regelungsauftrag des Gesetzgebers ist ferner die Bestimmung vorbehalten, unter welchen Voraussetzungen ein teilnahmepflichtiger Arzt ausnahmsweise Befreiung beanspruchen oder nach Ermessen der Ärztekammer erhalten kann. Auch insoweit ist es ausreichend, aber auch erforderlich, daß der Gesetzgeber selbst die Richtlinien für eine nähere Regelung des Satzungsgebers festlegt. Auf diese Weise wird dem Gesetzesvorbehalt Genüge getan, gleichzeitig bleibt aber die Flexibilität erhalten, ohne die eine sinnvolle, die sehr unterschiedlichen örtlichen Verhältnisse (…) berücksichtigende Organisation des Notfalldienstes nicht möglich wäre.“
Derartige Vorgaben hat der hessische Gesetzgeber vorliegend nicht beachtet. Er hat – in Bezug auf die hier im Streit stehende maßgebliche Finanzierung des ÄBD – keinerlei Regelungen getroffen. Dies wäre notwendig gewesen, denn dadurch wird der Personenkreis der Privatärzte ohne jegliche Rechtskontrolle den Regelungen einer Körperschaft ausgesetzt, auf die der hessische Gesetzgeber keinen rechtlichen Einfluss ausüben kann. Zunächst ist bereits nicht ersichtlich, dass der Landesgesetzgeber sich eine Meinung gebildet hat, ob und dass wirklich alle Privatärzte herangezogen werden. Vielmehr überantwortet er diese Frage offenbar der Befreiungsentscheidung. Auch soweit der Gesetzgeber hierfür in § 24 S. 2 HeilbG Vorgaben macht, sind diese völlig unpräzise und lassen nahezu jeglichen Regelungswillen des Gesetzgebers in der Sache vermissen. Was etwa unter einem „bestimmten regionalen Bereich“ zu verstehen ist, lässt die Vorschrift offen. Nach dem Wortlaut könnte der regionale Bereich auch das gesamte Land Hessen sein. Auch die übrigen Vorgaben bezüglich einer Befreiung erschöpfen sich in einer Aneinanderreihung unbestimmter Rechtsbegriffe, die im Ergebnis jede Regelung rechtfertigen könnten. Es wären beispielsweise Regelungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen Höhe der Einkünfte aus privatärztlicher Tätigkeit und Höhe der Beiträge sinnvoll gewesen. Auch hätte der Gesetzgeber nach Auffassung des Senats Regelungen treffen müssen, wie die Einkünfte der Privatärzte berechnet werden, wie diese gegebenenfalls zu Einkünften der Vertragsärzte in ein Verhältnis gesetzt werden und ob bzw. ggf. warum eine differenzierte Berechnung möglich ist.
b) Zudem unterliegt die landesberufsrechtliche Delegation besonderen Rechtfertigungsanforderungen, da eine der funktionalen Selbstverwaltung zugewiesene Aufgabe an einen anderen Träger funktionaler Selbstverwaltung delegiert werden soll. Dadurch sollen Mitglieder einer Selbstverwaltungskörperschaft als Nichtmitglieder der Regelungskompetenz einer anderen Selbstverwaltungskörperschaft unterworfen werden, was nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung besonderes strengen Wesentlichkeits- und Bestimmtheitsanforderungen unterliegt.
Außerhalb der unmittelbaren Staatsverwaltung und der sachlich-gegenständlich nicht beschränkten gemeindlichen Selbstverwaltung ist das Demokratiegebot aus Art. 20 Abs. 2 GG zwar grundsätzlich offen für andere, insbesondere vom Erfordernis lückenloser personeller demokratischer Legitimation aller Entscheidungsbefugten abweichenden Formen der Organisation und Ausübung von Staatsgewalt (zum Folgenden BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2017 – 1 BvR 2222/12 –, BVerfGE 146, 164-216, juris Rn. 114). Demokratisches Prinzip und Selbstverwaltung stehen unter dem Grundgesetz nicht im Gegensatz zueinander (BVerfGE 107, 59 (92) m.w.N.). Dementsprechend sind für den Bereich der funktionalen Selbstverwaltung von dem Erfordernis lückenloser personeller Legitimation abweichende Formen der Beteiligung von Betroffenen an der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben gebilligt worden, wenn dies ausgeglichen wurde durch eine stärkere Geltung der gleichfalls im Gedanken der Selbstbestimmung und damit im demokratischen Prinzip wurzelnden Grundsätze der Selbstverwaltung und der Autonomie (vgl. BVerfGE 135, 155 (222 f. Rn. 158); 136, 194 (262 f. Rn. 169)). Eine gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit dahingehend, einen Selbstverwaltungsträger zu verbindlichem Handeln mit Entscheidungscharakter gegenüber Nichtmitgliedern zu ermächtigen, besteht, ist aber nicht grenzenlos. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, der der Senat folgt, ist bereits der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum am Maßstab des Demokratieprinzips begrenzt, wenn ein Selbstverwaltungsträger (hier: die Beklagte) zum Erlass belastende Satzungsregelungen und Verwaltungsakten gegenüber einem Nichtmitglied (hier: Privatarzt) ermächtigt werden soll. Das erfordert, dass die Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Organe in einem von der Volksvertretung beschlossenen Gesetz ausreichend vorherbestimmt sind und ihre Wahrung der Aufsicht personell demokratisch legitimierte Amtswalter unterliegt (BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 2002 – 2 BvL 5/98, 2 BvL 6/98 – „Emscher- und Lippeverband“, zitiert nach juris Rn. 148 m.w.N.).
Gemessen an diesem Maßstab wäre zwar zuvörderst der Bundesgesetzgeber berufen, Grund und Grenzen der Heranziehung von Nichtmitgliedern durch die Kassenärztliche Vereinigung gesetzlich zu regeln. Dies hat er nicht getan (siehe dazu bereits unter I.3.). Ungeachtet dessen genügt die landesrechtliche Delegation nicht den gesteigerten, o.g. Bestimmtheitsanforderungen und Wesentlichkeitsanforderungen, soweit in §§ 23, 24 HeilbG die mit einer Regelungskompetenz der Beklagten spiegelbildlich korrespondierende berufsrechtliche Verpflichtung zur Beitragszahlung für den Bereitschaftsdienst gesehen werden soll. Jegliche Vorgaben zur Finanzierung und bezüglich der Beiträge zum ärztlichen Bereitschaftsdienst fehlen. Es finden sich keinerlei Berichts-, Kontroll- oder Eingriffsmöglichkeiten des Landesgesetzgebers oder seiner Organe, die allerdings bei der Wahl eines solchen Organisationsmodells auch kaum vorstellbar sein würden. Vielmehr wird die Gruppe der Privatärzte den Vorgaben und Regeln der Antragsgegnerin „ausgesetzt“, auf die sie weder mittelbar noch unmittelbar irgendwelche Einflussmöglichkeiten haben und die - was die Kosten und Beitragsseite anbelangt - in irgendeiner Weise voraussehbar oder vorgegeben sind. Die Regelungen führen nicht dazu, dass sich die Ärztekammer nur eines Organs zur eigenen Aufgabenerfüllung bedienen würde, vielmehr muss die Ärztekammer jegliche Macht und die Möglichkeit eines Einflusses auf die Antragsgegnerin, die außerhalb seines Verwaltungsapparates steht, abgeben, wobei er noch nicht einmal gewisse Leitplanken setzt, sondern gewissermaßen eine Blankett Ermächtigung gibt und darüber hinaus der Landesärztekammer die Möglichkeit nimmt, einen eigenen oder zusammen mit der Antragsgegnerin einen gemeinsamen ärztlichen Notdienst zu errichten.
Nach alledem ist der hessische Landesgesetzgeber jedenfalls nicht ohne korrespondierende bundesgesetzliche Regelungen berechtigt, Aufgaben, die der Ärztekammer obliegen, vollständig an die Beklagte zu delegieren oder die Ärztekammer hierzu zu ermächtigen. Die unter I.1. und I.2. genannten Gründe sprechen selbständig gegen die Annahme einer Rechtssetzungsbefugnis der Beklagten, ungeachtet der Frage, ob §§ 23, 24 HeilbG mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Daher musste der Senat auch nicht wegen der unter I.3. und I.4. genannten Gründe das Verfahren aussetzen und nach Art. 100 Abs. 1 GG das Bundesverfassungsgericht um Entscheidung im Wege der konkreten Normenkontrolle ersuchen.
II. Als Folge der fehlenden Ermächtigung der Beklagten als Satzungsgeberin waren die Bescheide aufzuheben. Das Prozessrecht des sozialgerichtlichen Verfahrens sieht bei der Anfechtungsklage ohne richterliche Rechtsfortbildung keine Möglichkeit vor, im Falle eines belastenden Verwaltungsaktes, der im Wege einer gebundenen Entscheidung ergeht, die Beklagte lediglich zur Neubescheidung zu verpflichten (ausführlich und speziell zum Vertragsarztrecht: Clemens, in: jurisPK SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106 SGB V Rn. 371-378, indes teilweise weitergehend als die Rechtsprechung des hiesigen Senats). Anderenfalls würde der Kläger ein wesentlicher, gesetzlich gerade vorgesehener Erfolg seiner Klage genommen. Im Falle der Anfechtungsklage wird - wenn sie erfolgreich ist - der angefochtene Verwaltungsakt aufgehoben und mit dem Urteil zugleich festgestellt, dass der rechtswidrige Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt hat. Die gerichtliche Entscheidung erschöpft sich also nicht in der bloßen Kassation, sondern verbietet der Behörde zugleich, in derselben Sache gegenüber demselben Beteiligten erneut einen entsprechenden Bescheid zu erlassen (im hiesigen Kontext: Hessischer VGH, Beschluss vom 2. Dezember 2021 - 7 E 2166/21, BeckRS 2021, 43704, Rn. 6; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 20. September 2016 – 2 C 17.15 –, juris, Rn. 10 ff.). Umgekehrt bleibt es einem Rechtsträger mit Rechtssetzungsbefugnis unbenommen, wenn danach nicht andere Rechtsfolgen entgegenstehen, nach dem Urteil die Rechtslage durch Neuerlass einer Satzung so zu korrigieren, dass sie nochmals auf neuer Rechtsgrundlage und damit nicht in derselben Sache entscheidet. Dabei darf der Hoheitsträger aber nicht mehr auf die ihn begünstigenden Wirkungen des Prozessrechtsverhältnisses vertrauen (z.B. Wirkungen auf Fristen etc.).
Der Senat kann daher den Entscheidungsgründen des Urteil des Bundessozialgerichts vom 11. Dezember 2019 – B 6 KA 12/18 R –, juris Rn. 35, keine Überlegungen entnehmen, die im Sinne einer richterlichen Rechtsfortbildung verallgemeinerbar wären. Die dortigen Erwägungen mögen ihren Grund auch darin gehabt haben, dass im dortigen Fall weder der erkennende Senat als Vorinstanz im Verfahren L 4 KA 2/15 noch die Revisionsinstanz wegen des Verbots der „reformatio in peius“ hinter dem erstinstanzlichen Tenor der Verurteilung zur Bescheidung zurückbleiben konnten. Der erkennende Senat hat die Konstruktion einer Anfechtungsbescheidungsklage bei gebundenen Entscheidungen mit der Option einer Nachbesserungsmöglichkeit des Satzungsgebers als solche auch nie ausdrücklich gebilligt; er hat allerdings – teilweise unter Hintanstellung der weitergehenden Bedenken von Clemens a.a.O. – die Anfechtungs- und Bescheidungsklage dann in Einzelfällen (insbesondere in Zulassungsfragen und Bereichen der Wirtschaftlichkeitsprüfung mit Beurteilungsspielraum) als statthaft angesehen, wenn wegen in der konkreten Situation zu respektierenden Entscheidungsspielräumen der Verwaltung oder aus anderen vergleichbaren Gründen die Sache nicht entscheidungsreif war und die Sache auch nicht durch das Landessozialgericht zur Entscheidungsreife geführt werden konnte (vgl. zum Maßstab Senatsurteil vom 6. Juni 2018 – L 4 KA 1/17 – BeckRS 2018, 35526, Rn. 27; für den Fall der Honorarklage vgl. auch: LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 29. September 2021 – L 3 KA 60/18 – BeckRS 2021, 33631, Rn. 16). Denkbar erscheint auch die Anerkennung aus von Art. 19 Abs. 4 GG erfassten Gründen zugunsten der Klägerseite. Die Korrektur eines Mangels auf der Ebene der Satzung, die zur Herstellung einer Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen Verwaltungsakt führen soll, fällt nicht hierunter. Die hiesige Rechtsauffassung entspricht der ständigen Rechtsprechung der öffentlich-rechtlichen Fachgerichtsbarkeiten in parallel gelagerten Situationen, z.B. des Abgabenrechts, wenn wegen Satzungsmängeln Abgabenbescheide aufgehoben werden (beispielhaft: Hessischer VGH, Urteil vom 11. November 2011 – 7 A 203/11 –, BeckRS 2011, 55818).
III. Der Anregung der Beiladung des Landes Hessen und der Landesärztekammer wurde nicht gefolgt. So werden die Interessen des Gesetzgebers durch verfassungsrechtliche Würdigungen eines Gerichts immer berührt, ohne dass dies ein Grund für eine Beiladung sein könnte (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 13. Aufl, 2020, § 75 Rn. 8a m.w.N.). Zudem ist eine etwaige Verfassungswidrigkeit der §§ 23, 24 HeilbG wegen der unter I.1. und II.2. genannten Gründe hier nicht allein entscheidungserheblich. Gründe für eine notwendige Beiladung der Landesärztekammer sind nicht erkennbar; streitgegenständlich ist kein Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Landesärztekammer. Soweit es um die Auslegung von §§ 23, 24 HeilbG oder § 26 BO geht, dürfte eine Beiladung ohnehin keine Rechtskraftwirkung des hiesigen Urteils hinsichtlich der inzidenten Auslegung rechtswegfremder Normen herbeiführen (vgl. auch Baden, NVwZ 1984, 142; Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 3. Dezember 2019 – L 8 SO 94/19 B ER –, juris Rn. 18).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.
V. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen; jedenfalls die Frage, inwieweit die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts einer erweiternden Auslegung der Rechtssetzungskompetenzen der Beklagten entgegensteht (I.2.) ist eine Frage des Bundesrechts von grundsätzlicher Bedeutung für eine Vielzahl von Parallelverfahren. Der Senat begrenzt die Zulassung der Revision damit nicht. Der Kläger hat der Anregung des Ruhens im Hinblick auf die Parallelentscheidungen des Senats vom 27. Juli 2022 (u.a. L 4 KA 16/22), die bereits mit der Revision angegriffen worden sind, nicht zugestimmt.