Ist eine gemeinsame Einrichtung gebildet, kann keiner der beiden Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in eigener Zuständigkeit beim Vollzug des Leistungsrechts des SGB II tätig werden.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. November 2020 wird als unzulässig verworfen. Die Revision der Beklagten gegen die genannte Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Revisionsverfahren zu erstatten. Weitere Kosten für das Revisionsverfahren sind nicht zu erstatten. Im Übrigen bleibt es bei der Kostenentscheidung des LSG.
G r ü n d e :
I
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Im Streit ist die Berechtigung der beklagten Bundesagentur für Arbeit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden beim SGB II-Forderungseinzug.
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Die Klägerin und der Kläger erhielten vom als gemeinsame Einrichtung (gE) gebildeten beigeladenen Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Über deren Rückzahlung erließ der Beigeladene bestandskräftige Erstattungsbescheide.
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Die Trägerversammlung des Beigeladenen beschloss am 23.11.2016, die Aufgaben des Forderungseinzugs entsprechend einer "Zusatzverwaltungsvereinbarung nach § 44b Abs. 4 SGB II zum Angebot 0.8 - Forderungseinzug - des Service Portfolios der Bundesagentur für Arbeit" der Beklagten zu übertragen. Diese sollte auch ermächtigt werden, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide im Namen des Beigeladenen zu erlassen, soweit dies für die auftragsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Forderungseinzugs erforderlich ist. Unter dem 27.12.2016 schlossen die Beklagte und der Beigeladene ua die Zusatzverwaltungsvereinbarung (ZVV) ab dem 1.1.2017 für die Dauer von 3 Jahren. Nach der ZVV führt die Beklagte den Forderungseinzug im Auftrag und im Namen des Beigeladenen durch (§ 1 Abs 2 Satz 1 ZVV). Unter der Überschrift § 2 "Auftrag" werden die Durchführung des Forderungseinzugs, die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzugs sowie entsprechende hoheitliche Befugnisse nach § 44b Abs 4 SGB II auf die zuständige Dienststelle der Beklagten übertragen (§ 2 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Buchst c, Satz 3 ZVV). Im Rahmen der Übertragung der Widerspruchs- und Klageverfahren gegen Verwaltungsakte im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzugs handelt die Dienststelle der Beklagten im Namen des Beigeladenen. Insoweit erlässt sie Widerspruchsbescheide durch die Rechtsbehelfsstelle des Operativen Service der Beklagten und übernimmt die Vertretung im Klageverfahren im Namen der gE (§ 2 Abs 2 Satz 3 und 4 ZVV).
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Die Beklagte erinnerte bzw mahnte die Kläger wegen der Erstattung. Gegen Zahlungserinnerungen gerichtete Schreiben des Klägers verwarf die Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 12.9.2019 als unzulässig. Sie leitete die Widerspruchsbescheide jeweils wie folgt ein: "Das Jobcenter Berlin Marzahn-Hellersdorf hat die Bundesagentur für Arbeit mit der Wahrnehmung des Forderungseinzugs beauftragt (§ 44c Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 i.V.m. § 44b Abs. 4 Zweites Sozialgesetzbuch ‑ SGB II). Aufgrund dieser Beauftragung ergeht dieser Widerspruchsbescheid …". Als erlassende Behörde ist die Beklagte, Agentur für Arbeit Bochum, bezeichnet. Die Postanschrift der Agentur für Arbeit Bochum ist angegeben. Unterzeichnet ist "in Vertretung". Die Rechtsbehelfsbelehrung enthält keinen Hinweis darauf, wen eine Klage als Beklagten bezeichnen muss.
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Mit ihrer "Klage gegen das Schreiben der Agentur für Arbeit Bochum […] vom 12.09.2019", der beide Widerspruchsbescheide beigefügt waren, haben die Kläger ua vorgebracht, die Beträge variierten ständig und die Forderungen seien verjährt. Das SG hat die Klagen als unzulässig abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 13.12.2019). Nach der vom LSG vorgenommenen Beiladung hat - soweit hier von Belang - der Kläger beantragt, die Widerspruchsbescheide vom 12.9.2019 aufzuheben. Insoweit hat das LSG der Berufung stattgegeben. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 5.11.2020). Die angefochtenen Widerspruchsbescheide seien bereits aus formellen Gründen aufzuheben, weil für ihren Erlass der Beigeladene zuständig gewesen sei. Für die Wahrnehmung einzelner Aufgaben der gE durch einen ihrer Träger gälten die den Auftrag unter Leistungsträgern regelnden §§ 88 ff SGB X. Im konkreten Fall trete hinzu, dass sich die Beklagte in allen verfahrensgegenständlichen Schreiben an die Kläger darauf berufen habe, sie sei vom Beigeladenen "mit der Wahrnehmung des Forderungseinzugs beauftragt" worden. Dies knüpfe sprachlich an §§ 88 ff SGB X an. Das Handeln im Namen eines Auftraggebers - wie in § 89 Abs 1 SGB X vorgesehen - sei indes ein maßgebliches Erkennungszeichen und Abgrenzungskriterium für ein Vorgehen auf der Grundlage von §§ 88 ff SGB X. Damit greife § 90 SGB X, nach dessen Satz 2 den Widerspruchsbescheid die für den Auftraggeber zuständige Widerspruchsstelle erlasse. Die Vorschrift sei zwingendes Recht.
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Die unvertretene Klägerin hat gegen das ihr am 15.1.2021 zugestellte Urteil des LSG am 22.2.2021 Revision eingelegt.
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Die Beklagte rügt mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung von § 44b Abs 4 Satz 1 SGB II iVm § 44c Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB II. Ob die Auftragsvorschriften des SGB X anwendbar seien, hänge von den Gesamtumständen des Einzelfalls ab. Eine Wahrnehmungsübertragung nach § 44b Abs 4 Satz 1 SGB II habe nicht stets zur Folge, dass §§ 88 ff SGB X entsprechend gälten. Sie sei nicht im Rahmen eines Auftragsverhältnisses, sondern auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrags tätig geworden. Soweit sie sich darauf berufen habe, von dem Beigeladenen "mit der Wahrnehmung des Forderungseinzugs beauftragt worden" zu sein, habe das LSG ihren wirklichen Willen und denjenigen des Beigeladenen ermitteln müssen. Sie habe nicht unter dem Namen des Auftraggebers oder unter Offenlegung von Vertretungsverhältnissen gehandelt.
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Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. November 2020 abzuändern und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Dezember 2019 insgesamt zurückzuweisen.
II
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Die Revisionen haben keinen Erfolg. Die Revision der Klägerin ist schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (§ 169 Satz 2, § 73 Abs 4 Satz 1 SGG). Die Revision der Beklagten ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind noch die Widerspruchsbescheide der Beklagten vom 12.9.2019 sowie der Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 13.12.2019 und das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 5.11.2020. Die Beklagte wendet sich gegen die Aufhebung der Widerspruchsbescheide, weil sie für deren Erlass sachlich zuständig gewesen sei. Nicht mehr zu entscheiden ist über inhaltliche Einzelheiten der Vollstreckungsmaßnahmen und das Vorbringen der Kläger gegen die Forderungen des Beigeladenen. Über die Revision der Klägerin ist nicht in der Sache zu befinden und der Kläger hat keine Revision eingelegt.
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2. Geschäftsplanmäßig zuständig für die Entscheidung des Rechtsstreits ist der erkennende 7. Senat in Nachfolge des 14. Senats des BSG. Ob die Beklagte unter Berufung auf ihr gesetzlich zugeordnete Aufgaben und vertraglich überlassene Zuständigkeiten den Forderungseinzug für den Beigeladenen betreiben durfte, betrifft Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende und nicht der Arbeitsförderung einschließlich der übrigen Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit, für die der 11. Senat des BSG zuständig ist (vgl BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 124, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 9).
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3. Der Sachentscheidung des Senats entgegenstehende prozessuale Hindernisse bestehen nicht. Die vom Kläger erhobene Klage war im jetzt noch streitbefangenen Umfang zulässig.
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a) Der Kläger hat sich allein gegen die Widerspruchsbescheide statthaft mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGG) gewandt. Die an ihn gerichteten Zahlungserinnerungen ergingen nicht als Verwaltungsakt. Mit ihnen wurde lediglich eine Forderungsaufstellung übermittelt und angekündigt, falls ein (konkret benannter) Zahlungstermin verstreiche, werde die Beklagte weitere Schritte gegen den Kläger prüfen. Eine Regelung (§ 31 Satz 1 SGB X) ist mit diesem Inhalt nicht verbunden. Hinsichtlich der möglichen Beschwer (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) des Klägers bezogen auf die Widerspruchsbescheide genügt insoweit, dass sie durch eine sachlich unzuständige Behörde erlassen worden sein können (vgl BSG vom 18.11.2014 ‑ B 8 SO 23/13 R ‑ SozR 4-3500 § 75 Nr 6 RdNr 12; Wehrhahn in jurisPK-SGG, § 95 RdNr 11, Stand 15.6.2022; zur entsprechenden Geltung von § 79 Abs 1 Nr 2 VwGO im sozialgerichtlichen Verfahren Diehm in BeckOGK SGG, § 95 RdNr 24, Stand 1.11.2022).
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b) Die Anfechtungsklage richtet sich zutreffend gegen die Beklagte. Richtiger Beklagter im Sinne der passiven Prozessführungsbefugnis ist derjenige, gegen den sich ein Kläger mit seinem Rechtsschutzbegehren wendet (B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 92 RdNr 6). Soweit keine Sonderregelungen bestehen (vgl § 70 Nr 3 SGG), ist bei Anfechtungsklagen auf die juristische Person abzustellen, deren Behörde einen angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat. Ob sie hierfür zuständig war, ist eine Frage der Begründetheit der Klage.
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Bei der Auslegung des Rechtsschutzbegehrens kann auch für die Bestimmung des Beklagten auf den Inhalt der Klageschrift und die beigefügten Bescheide zurückgegriffen werden (Diehm in BeckOGK SGG, § 92 RdNr 31, Stand 1.11.2022). Insoweit haben die Kläger ihrer Klageschrift die Widerspruchsbescheide vom 12.9.2019 beigefügt und ua erklärt, die Klage richte sich "gegen das Schreiben der Agentur für Arbeit Bochum … vom 12.09.2019" sowie "… das (Jobcenter) Agentur für Arbeit Bochum" habe ihren "Widerspruch nicht anerkannt …". Als erlassende Behörde ist in den Widerspruchsbescheiden die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Bochum, bezeichnet. Daraus wird hinreichend deutlich, dass die Kläger jedenfalls bezogen auf die Widerspruchsbescheide gegen die Beklagte vorgehen wollten.
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c) Auch sonst steht der Zulässigkeit der Anfechtungsklage nichts entgegen. Soweit in der Sache darüber zu entscheiden ist, ob die Beklagte zum Erlass der Widerspruchsbescheide befugt war, berührt dies das für die Anfechtungsklage nach § 78 Abs 1 Satz 1 SGG erforderliche Vorverfahren als Sachurteilsvoraussetzung nicht (vgl BSG vom 30.11.1965 ‑ 3 RK 26/62 ‑ BSGE 24, 134, 136 f = SozR Nr 7 zu § 85 SGG, juris RdNr 22; BSG vom 26.5.2011 ‑ B 14 AS 54/10 R ‑ BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, RdNr 15).
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4. Das LSG hat die Widerspruchsbescheide der Beklagten zu Recht aufgehoben. Diese ist im Rahmen des ihr übertragenen Forderungseinzugs zum Erlass von Verwaltungsakten, auch als Widerspruchsbescheide, nicht im eigenen Namen befugt gewesen.
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Obwohl die Beklagte Trägerin von Leistungen nach dem SGB II ist, ist es ihr im Ausgangspunkt verwehrt, beim Vollzug des Leistungsrechts ohne Weiteres in eigener Zuständigkeit tätig zu werden (dazu a). Ist das Jobcenter als gE gebildet, bedarf es für die Übertragung der Wahrnehmung einer Aufgabe auf einen Träger einer gesetzlichen Ermächtigung sowie ihrer konkreten Umsetzung durch einen Beschluss der Trägerversammlung und vertragliche Vereinbarungen zwischen der gE und dem Träger (dazu b). Soweit die Vorgaben der gesetzlichen Ermächtigung in der konkreten Umsetzung beachtet worden sind, sind sie in einem weiteren Schritt beim Verwaltungsvollzug einzuhalten. Daran fehlt es hier, weil die Beklagte ihr Handeln im Namen des Beigeladenen nicht hinreichend gekennzeichnet hat (dazu c). Die infolgedessen rechtswidrigen Widerspruchsbescheide sind aufzuheben (dazu d).
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a) Ist eine gE gebildet, kann keiner der beiden Träger der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ohne Weiteres in eigener Zuständigkeit beim Vollzug des Leistungsrechts des SGB II tätig werden.
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Gemäß § 44b Abs 1 Satz 1 bis 3 SGB II (idF der Neubekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) bilden zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II eine gE. Die gE nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b SGB II bleibt unberührt. Die gE ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen.
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Aus diesen Regelungen ergibt sich, dass nicht die Aufgaben der einzelnen Träger (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 SGB II) auf die gE übergehen, sondern kraft Gesetzes ihre Wahrnehmung übertragen wird. Es bedarf keines Zuweisungsakts für Kompetenzen aus Richtung der beiden Träger in Richtung der gE. Grundsätzlich fällt die Wahrnehmung mit der Bildung der gE von vornherein nicht bei den Trägern an. Aus § 44b Abs 1 Satz 2 SGB II ergibt sich bezogen auf den Umfang der Wahrnehmung keine Einschränkung. Daher obliegt es der gE, alle operativen Aufgaben einer einheitlichen Leistungsverwaltung nach dem SGB II zu erledigen (Grundsatz der Gesamtwahrnehmung; vgl BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 125, 137 = SozR 4‑4200 § 44c Nr 1, RdNr 15). Mit der Wahrnehmungszuständigkeit korrespondiert die gesetzlich zugewiesene Befugnis, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide in eigenem Namen zu erlassen (vgl § 44b Abs 1 Satz 3 SGB II). Sie ist als Kompetenzvorschrift zu verstehen (Weißenberger in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl 2021, § 6 RdNr 23).
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b) Eine die gesetzlich vorgesehene Wahrnehmungszuständigkeit ändernde - gewillkürte - Übertragung der Wahrnehmung von Aufgaben und einer damit einhergehenden Verwaltungsaktbefugnis bezogen auf die bei den Trägern verbliebenen Aufgaben bedarf einer rechtlichen Grundlage. Dem jeweiligen Träger steht kein Selbsteintrittsrecht zu (BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 125, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 16). Erst recht kann ein Träger nicht über die Übertragung der Wahrnehmungszuständigkeit für Aufgaben entscheiden, die dem anderen Träger zukommen (vgl schon zur getrennten Beurteilung der Befugnis zum Tätigwerden im eigenen Aufgabenbereich und demjenigen des anderen Trägers bei der ARGE BSG vom 26.5.2011 ‑ B 14 AS 54/10 R ‑ BSGE 108, 229 = SozR 4-4200 § 44b Nr 3, RdNr 19).
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Mit § 44b Abs 4 SGB II (idF der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850) ist seit dem 1.1.2011 die Möglichkeit eingeführt, die Wahrnehmungskompetenz von der gE auf die Träger der Leistungen nach dem SGB II zu übertragen. Nach dessen bis zum 31.7.2016 alleiniger Regelung kann die gE einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Der Gesetzgeber hat damit die Befugnis der gE geregelt, aus der ihr gesetzlich zugewiesenen Wahrnehmungszuständigkeit die Erledigung einzelner Aufgaben den Trägern zu überweisen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs habe die Praxis gezeigt, dass bestimmte Aufgaben ("zum Beispiel ... Forderungseinzug ...") zweckmäßigerweise nicht von den gE selbst erfüllt werden. Dem sollte mit der Neuregelung Rechnung getragen und der gE die Möglichkeit eröffnet werden, einzelne Aufgaben rechtsgeschäftlich auf die Bundesagentur beziehungsweise den kommunalen Träger zu übertragen (vgl Entwurf der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende, BT‑Drucks 17/1555 S 24). Flankiert wird § 44b Abs 4 SGB II durch § 44b Abs 3 Satz 2 Halbsatz 1 iVm § 44c Abs 2 Satz 2 Nr 4 SGB II. Diese Vorschriften legen fest, dass die Entscheidungsmacht zur Übertragung von Wahrnehmungszuständigkeiten der Trägerversammlung der gE zukommt und dem unmittelbaren Einfluss der Träger der Leistungen nach dem SGB II durch Weisungsbefugnisse entzogen ist.
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Die Aufgabenwahrnehmung auf der Grundlage des § 44b Abs 4 SGB II wird durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen (BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 125, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 30). Die Vorschrift ermöglicht die Zuweisung einzelner Aufgaben durch Auftrag (§§ 88 ff SGB X; BSG vom 14.5.2020 ‑ B 14 AS 28/19 R ‑ BSGE 130, 144 = SozR 4-4200 § 44b Nr 6, RdNr 31). Jedenfalls in den Fällen, in denen eine Rückübertragung solcher Aufgaben erfolgt, für die der jeweilige Träger originär leistungsverantwortlich ist, kann sich die gE auf der Grundlage von § 44b Abs 4 SGB II der ihr gemäß § 44b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II übertragenen hoheitlichen Befugnisse zur Wahrnehmung einer Aufgabe auch vollständig begeben und diese auf den Träger übertragen, der im eigenen Namen und in eigener Verantwortung handelt (BSG vom 14.12.2021 ‑ B 14 AS 21/20 R ‑ BSGE 133, 187 = SozR 4-4200 § 28 Nr 12, RdNr 14). Der Senat kann offenlassen, unter welchen Voraussetzungen diese Möglichkeit auch für den Forderungseinzug besteht, der bei der gE regelmäßig die Rückabwicklung von die Aufgabenbereiche beider Träger betreffende Leistungsgewährungen erfasst. Denn die der vorliegenden Übertragung zugrunde liegende Beschlusslage und die ZVV tragen die Annahme nicht, Hoheitsbefugnisse beim Forderungseinzug sollten in einem derart vollständigen Umfang übertragen werden.
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Innerorganisatorisch obliegt der Trägerversammlung der gE gemäß § 44c SGB II die Entscheidung über die Verlagerung von Aufgaben nach § 44b Abs 4 SGB II. Überträgt eine gE ‑ gestützt auf die Öffnungsklausel des § 44b Abs 4 SGB II ‑ Zuständigkeiten für die gesetzlich grundsätzlich ihr zugewiesene Wahrnehmung von Aufgaben auf einen ihrer Träger, unterliegt sie dabei im Außenverhältnis zu den betroffenen Leistungsberechtigten denselben Anforderungen an die Klarheit und Bestimmtheit der Kompetenzzuordnung wie sie von Verfassungs wegen für Zuständigkeitszuweisungen durch den Gesetzgeber gelten (BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 125, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 23). Daher muss schon der Übertragungsbeschluss der Trägerversammlung ohne Weiteres erkennen lassen, welche Aufgaben im Einzelnen abweichend von § 44b Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB II durch einen der beiden Träger wahrgenommen werden sollen (BSG vom 14.2.2018 ‑ B 14 AS 12/17 R ‑ BSGE 125, 137 = SozR 4-4200 § 44c Nr 1, RdNr 24).
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Eine hinreichend bestimmte Übertragungsentscheidung ist dem Beschluss der Trägerversammlung vom 23.11.2016 zu entnehmen. Denn mit dem Beschluss wurde die Beklagte ermächtigt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide im Namen des Beigeladenen zu erlassen, soweit dies für die auftragsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Forderungseinzugs erforderlich ist. Diese ausdrückliche Ermächtigung trägt dem Gedanken der Klarheit und Bestimmtheit der Kompetenzzuordnung auf zwei Ebenen Rechnung. Sie nimmt erstens formal die gesonderte Kompetenzzuweisung in § 44b Abs 1 Satz 3 SGB II auf. Zweitens lässt sie inhaltlich ("im Namen der gE") nach außen keine Unklarheiten über die konkret erlaubte Zuweisung von Befugnissen aufkommen, die anderenfalls Rechtsuchende mit der Prüfung belasten würde, sich im Einzelnen mit der Auslegung des Beschlusses und den in seiner Ausführung zwischen der gE und dem Träger getroffenen Vereinbarungen und ihrer rechtlichen Zuordnung zu befassen. Die Vorgaben des Beschlusses vom 23.11.2016 setzt die ZVV um. Für Widerspruchsverfahren im Zusammenhang mit der Durchführung des Forderungseinzugs nach § 44b Abs 4 SGB II hält auch sie ausdrücklich fest, dass die Dienststelle (hier: die Rechtsbehelfsstelle des Operativen Service der Beklagten) im Namen der gE handelt.
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c) Wegen der konkreten Vorgaben des Beschlusses der Trägerversammlung vom 23.11.2016 und der ZVV kann vorliegend offenbleiben, welcher Vertragstypus bei der Ausführung im Einzelnen gewählt worden ist. In keinem Fall tragen die Beschlüsse und die ZVV die Annahme, die Beklagte sei berechtigt gewesen, im eigenen Namen zu handeln.
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Nicht die von den Vorgaben des Übertragungsbeschlusses vom 23.11.2016 und den ZVV abweichende tatsächliche Umsetzung entscheidet über den Umfang der übertragenen Wahrnehmungszuständigkeit. Wäre ein solches Vorgehen zulässig, führte es dazu, dass der Beklagten für ihrer Aufgabenzuständigkeit unterfallende Angelegenheiten doch ein Selbsteintrittsrecht zustünde, weil sie ohne Bindung an die Vorgaben von Trägerversammlung und ZVV über den Inhalt der Übertragung selbst entscheiden kann.
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Mit der ZVV hat der Beigeladene ‑ in diesem Umfang ermächtigt durch die Trägerversammlung ‑ die Übertragung seiner Wahrnehmungszuständigkeit auf die Beklagte ausgeführt. Dass dieser weitergehende Befugnisse, insbesondere die Rechtsmacht zur Entscheidung im eigenen Namen, zugewiesen wurden, ist gerade nicht vorgegeben bzw vereinbart. Davon abweichend hat die Beklagte weder im Namen des Beigeladenen noch unter Offenlegung eines Vertretungsverhältnisses für ihn agiert, worauf sie im Revisionsverfahren ausdrücklich abgestellt hat. Tatsächlich sind die Widerspruchsbescheide vom 12.9.2019 zwar "in Vertretung" unterzeichnet. Ohne weiteren Hinweis auf eine Befugnis, im Namen des Beigeladenen zu handeln, lässt sich das in Zusammenschau mit der weiteren Gestaltung des Bescheids aber nur als Zuordnung des Behördenmitarbeiters der Dienststelle der Beklagten zu dieser verstehen (§ 33 Abs 3 Satz 1 SGB X).
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d) Da die Beklagte zum Erlass der Widerspruchsbescheide vom 12.9.2019 im eigenen Namen nicht berechtigt gewesen ist, ist ihre Entscheidung rechtswidrig. Das LSG hat die Aufhebung darauf gestützt, dass die Beklagte für ihren Erlass sachlich nicht zuständig gewesen sei. Das trifft zu, wenn dem Tätigwerden der Beklagten für den Beigeladenen ein Auftragsverhältnis zugrunde gelegen hat. Aber auch die bloß fehlende Wahrnehmungszuständigkeit zum Erlass von Widerspruchsbescheiden unterfällt nicht § 42 Satz 1 SGB X, der neben der Verletzung von Vorschriften über das Verfahren und die Form nur die örtliche Zuständigkeit erfasst. Diesen Fällen nicht gleichzusetzen ist der Verstoß gegen die vertragliche Verpflichtung, das Handeln im Namen der gE offenzulegen. Denn Klarheit darüber, wem ein Verwaltungsakt zuzurechnen ist, gehört zu den unabdingbaren Rechtmäßigkeitserfordernissen eines jeden Verwaltungsakts (Hochheim in Hauck/Noftz, SGB X, § 89 RdNr 4, Stand November 2020).
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits. |
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