Das Sozialgericht ist für die im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Verpflichtung zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs1 Nr 1 und 2 SGB IX (in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung) nicht zuständig. Die Zulässigkeit der Anrufung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit setzt nach der gesetzgeberischen Konzeption die Einhaltung des in § 126 Abs 1 und 2 SGB IX geregelten Verfahrens und damit zwingend eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 133 SGB IX voraus. Das Sozialgericht kann aufgrund der Regelung in § 29 Abs 2 Nr 1 SGG nicht das Gericht der Hauptsache gemäß § 86b Abs 2 Satz 1 und 2 SGG sein.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. April 2022 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Weiteren: Ast.) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antrags- und Beschwerdegegners (im Weiteren: Ag.) verlangen kann, für von ihm betriebenen ambulanten Wohngemeinschaften eine Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen - SGB IX) abzuschließen.
Der Ast. betreibt als privater Träger mit Sitz in H. ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Behinderungen mit den Standorten M Straße A Straße, H Straße und D Straße, sämtlich in H. Für die letztgenannte Wohngemeinschaft wurde am 29. Juli 2020 eine Leistungsvereinbarung zwischen den Beteiligten geschlossen, nicht jedoch eine Vergütungsvereinbarung. Die Vergütung der dort betreuten leistungsberechtigten Personen erfolgt im Rahmen von Kostenübernahmen im Einzelfall nach § 123 Abs. 5 SGB IX. Gleiches gilt für die leistungsberechtigten Personen, die in der H Straße betreut werden. Für die leistungsberechtigten Personen, die in der A Straße und in der M Straße versorgt werden, liegt eine Leistungsvereinbarung vom 6. Dezember 2019 vor, die bis zum Ende des Übergangszeitraumes nach dem Rahmenvertrag des Landes Sachsen-Anhalt (im Weiteren: RV LSA) zur Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen nach § 131 Abs. 1 SG IX (Landesrahmenvertrag) gilt, und es existieren Übergangsvergütungsvereinbarungen aus dem Jahr 2021, die auch für das Jahr 2022 fortwirken.
Am 25. November 2021 ging beim Ag. der Antrag des Ast. gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX für die Region Stadt H. und Kreis S. Süd/Ost sowie Nord/West unter Beifügung von Kalkulationsunterlagen, u.a. zu den Personalkosten zur Kalkulation der Leistungsstruktur C, ein. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 51 bis 93 der Gerichtsakte Bezug genommen. Nachfolgend führten die Beteiligten Verhandlungen zum Abschluss vergleichbarer Leistungsvereinbarungen wie zur Wohngruppe D Straße durch. Am 3. Februar 2022 teilte der Ast. dem Ag. mit, dass er von einer Bestätigung der Abschlussreife und unmittelbar anschließenden Ausfertigung der Vergütungsvereinbarung auf Grundlage der aktuellen Kalkulationen bis zum 8. Februar 2022 ausgehe. Solle sich eine Bestätigung bis zu diesem Zeitpunkt nicht realisieren lassen, habe er bereits seine anwaltliche Vertretung instruiert, das Schiedsstellenverfahren unverzüglich weiter zu betreiben. Am 8. Februar 2022 teilte der Ag. dem Ast. mit, dass die Systematik für die Leistungsstruktur C mit Bezug auf § 7 Abs. 2 des RV LSA noch einmal komplett neu erarbeitet werden solle, hierzu die Gremien der „Gemeinsamen Kommission nach § 131 SGB IX - GK 131“ (im Weiteren: GK 131) im Laufe des Februars ein System erarbeiteten und alle Verhandlungen deshalb erst einmal eingestellt worden seien.
Am 14. Februar 2022 hat der Ast. beim Sozialgericht Halle den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gestellt und die Verpflichtung der „Sozialagentur des Landes Sachsen-Anhalt“ verfolgt, mit ihm eine Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX für die von ihm betriebenen ambulanten Wohngemeinschaften A Straße, M Straße, H Straße - jeweils in H. - abzuschließen, die der zwischen ihm und „der Ag.“ abgeschlossenen Leistungsvereinbarung bezüglich der D Straße in H. entspreche. Obwohl er sämtliche erforderliche Unterlagen zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung für die drei vorgenannten Wohngemeinschaften im Sinne des § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX vorgelegt und sodann nach § 126 SGB IX mehrfach die „Ag.“ zum Abschluss vergleichbarer Leistungsvereinbarungen wie zur Wohngemeinschaft D Straße aufgefordert habe, sei ein solcher Abschluss unter Zurückweisung durch die „Ag.“ unterblieben. Da eine Betrachtung hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Leistungserbringers in Ermangelung signifikanter Abweichungen zwischen den einzelnen Wohngemeinschaften nur einheitlich erfolgen könne, entfalte die abgeschlossene Leistungsvereinbarung für die Wohngemeinschaft D Straße Strahlkraft für die anderen drei, deren Abschluss mittels Leistungsvereinbarung rechtswidrig verweigert werde. Die juristische Bewertung zur Verortung der Pflege in der Leistungsstruktur C sei absolut abwegig. Erforderliche Leistungen nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Elften Buch Sozialgesetzbuch beruhten auf klar abgrenzbarem Leistungsrecht und die Regelung für die Abgeltung der Leistungsträger könne nicht zu einer Kürzung führen. Ausdrücklich dürfe hieraus keine Veränderung des gültigen RV LSA für die Leistungsstruktur C resultieren. Während für die Bewohner der Wohngemeinschaft D Straße eine Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 SGB IX mit „der Ag.“ abgeschlossen worden sei, würden die Bewohner der hier in Rede stehenden anderen Wohngemeinschaften ohne rechtliche Grundlage benachteiligt, in dem für diese Gruppen der Abschluss der Leistungsvereinbarung nachhaltig verweigert werde. Hieraus resultiere auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), da das Aufenthaltsbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderungen eingeschränkt werde, das Zustandekommen eines tragfähigen Leistungskonzepts als Grundlage für das Zustandekommen einer hierauf fußenden Vergütungsvereinbarung verweigert und damit längerfristig die Finanzierbarkeit der in Rede stehenden Wohngemeinschaften gefährdet werde. Die Leistungsbestandteile bezüglich der einzelnen Hilfebedarfsgruppen der in Rede stehenden Wohngemeinschaften und der D Straße seien identisch. Die Kostenübernahme im Einzelfall stelle kein hinreichendes Äquivalent dar, um seinen - des Ast. - berechtigten Anspruch zu erfüllen. Vor dem Hintergrund einer erheblichen Entlassungswelle der bei ihm tätigen Betreuungskräfte bestehe ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren. Zwar sehe § 126 Abs. 2 SGB IX vor, dass nach Ablauf von drei Monaten nach Aufforderung zu Verhandlungen zunächst das Schiedsstellenverfahren durchzuführen sei, jedoch sei dieser Verfahrensschritt im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht angezeigt. Die GK 131 habe sich auf unbestimmte Zeit vertagt, sodass eine zeitnahe Handlungsfähigkeit innerhalb des für ihn „maßgeblichen Zeitraums“ ausgeschlossen sei.
Das Sozialgericht hat das Passivrubrum von Amts wegen geändert und das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch die Sozialagentur Sachsen-Anhalt, als Ag. aufgeführt.
Der Ag., der durch die vom Ast. als Ag. bezeichnete Sozialagentur Sachsen-Anhalt vertreten wird, ist der Auffassung, dass der Antrag der Ast. bereits unzulässig sei, da es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der vorgeschriebene Rechtsweg zur Verfolgung der Ansprüche des Ast. bestehe in der Anrufung der Schiedsstelle nach § 133 SGB IX. Mit dem Bundesteilhabegesetz (BTHG) sei das Schiedsstellenverfahren in der Eingliederungshilfe so ausgestaltet worden, dass die Leistungsvereinbarung ebenfalls schiedsstellenfähig sei. Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren diene allein dem vorläufigen Schutz von Rechtspositionen und komme nur dann in Betracht, wenn ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar sei. Vorliegend sei ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig. Auch ein Schiedsverfahren sei bislang nicht eingeleitet. Der Antrag sei auch unbegründet, da es an einem Anordnungsgrund fehle. Die Verhandlungen zu den oben genannten Wohngemeinschaften seien bereits spätestens seit dem 8. Juni 2021 geführt worden. Während des gesamten Verfahrens sei die Schiedsstelle nach § 133 SGB IX nicht angerufen worden. Alle betreuten leistungsberechtigten Personen seien versorgt und die erbrachte Leistung werde über den Weg einer fortwirkenden Vergütung aufgrund einer bestehenden Leistungsvereinbarung bzw. durch Kostenübernahmeerklärungen im Einzelfall vergütet. Zudem seien die Verhandlungen nicht gänzlich abgelehnt, sondern nur für den Zeitraum „eingestellt“ bzw. unterbrochen worden, bis eine Klärung auf Ebene des Gremiums der GK 131 eingetreten sei. Es sei nicht ersichtlich, warum ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung in einem etwaigen Schiedsverfahren (soweit es eingeleitet werde) nicht zumutbar sei. Wegen der zur Stützung seines Vorbringens vorgelegten Unterlagen wird auf Blatt 110 bis 129 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 7. April 2022 hat das Sozialgericht den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Der Antrag sei unzulässig und unbegründet. Nach dem Willen des Gesetzgebers komme der Schiedsstelle für Streitigkeiten der vorliegenden Art die Erstzuständigkeit zu und sozialgerichtlicher Rechtsschutz könne erst nach Durchführung des Schiedsstellenverfahrens in Anspruch genommen werden. Falls das Gericht dem Begehren des Ast. entspräche, setze es sich über die Erstzuständigkeit und Vorfragenkompetenz der Schiedsstelle hinweg, der hinsichtlich ihrer Entscheidungen zudem eine Einschätzungsprärogative zukomme, die durch das Gericht ohnehin nur eingeschränkt überprüfbar sei. Zudem sei dem Ast. zumutbar, einen etwaigen Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Ein solches sei derzeit jedoch noch nicht anhängig. Schwere und nicht wieder gut zu machende Nachteile drohten hier nicht, da für die leistungsberechtigten Personen, die in den im Streit stehenden Wohngemeinschaften versorgt würden, Kostenübernahmeerklärungen erteilt worden seien.
Gegen den ihm am 11. April 2022 zugestellten Beschluss hat der Ast. am 6. Mai 2022 Beschwerde beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt und die Verpflichtung „der Sozialagentur des Landes Sachsen-Anhalt“ zum Abschluss von Leistungsvereinbarungen weiterverfolgt. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem ersten Rechtszug wiederholt und vertieft. Aus seiner Sicht sei das Institut des Schiedsstellenverfahrens lediglich für solche Fälle vorgesehen, in denen bisher noch kein Abschluss einer Leistungs- oder Vergütungsvereinbarung erfolgt sei. Hier habe das Vordergericht den Umstand unbeachtet gelassen, dass „die Ag.“ die einheitliche Bewertung zum Abschluss einer einheitlichen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung für alle durch ihn - den Ast. - betriebenen Wohngemeinschaften im Rahmen des geführten Schriftverkehrs zuerkannt habe. Insoweit werde man ein besonderes Augenmerk auf die Selbstbindung der Verwaltung legen müssen. Nach dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art. 3 GG sei die Verwaltung und damit auch „die Ag.“ verpflichtet, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Die Kostenübernahme im Einzelfall stelle kein hinreichendes Äquivalent dar, um seinen - des Ast. - berechtigten Anspruch zu erfüllen. Wenn die Refinanzierung zu den festgestellten Hilfebedarfsgruppen ausbleibe, sei die Vorhaltung des Personals im ambulanten Dienst über einen längeren Zeitraum nicht realisierbar und es käme zu Entlassungen und zu einer Rückführung der Leistungen auf den Stand des ehemaligen Modellprojektes. Derzeit seien Hunderte Verfahren bei der Schiedsstelle anhängig. Ein unverzüglicher Schiedsspruch sei daher nicht zu erwarten. Aufgrund der Länge des Verfahrens über das hier nicht gebotene Schiedsstellenverfahren und der wenig zielführenden Gespräche innerhalb der GK 131 bedürfe es im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes einer vorzeitigen Klärung.
Der Ast. beantragt ausdrücklich,
den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. April 2022 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, mit dem Antragsteller eine Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX für die seitens des Antragstellers betriebenen ambulanten Wohngemeinschaften
A Straße, ... H.
M Straße, ... H.
H Straße, ... H.
abzuschließen, die der zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin abgeschlossenen Leistungsvereinbarung bezüglich der D Straße , ... H. entspricht.
Der Ag. beantragt,
die Beschwerde vom 6. Mai 2022 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. April 2022 zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für rechtmäßig und hat ebenfalls die Argumente aus dem ersten Rechtszug wiederholt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung des Senats gewesen sind, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Ast. gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 7. April 2022 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Sie ist jedoch unbegründet.
Der Ast. kann den Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die der - aus dem Rubrum ersichtliche und für das Begehren allein zuständige - Ag. verpflichtet wird, mit dem Ast. eine Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX für die streitigen ambulanten Wohngemeinschaften abzuschließen, nicht vor dem Sozialgericht verfolgen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 und 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht die isolierte Anfechtungsklage die zutreffende Klageart ist, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte; einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Nach Satz 4 dieser Vorschrift gelten die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Abs. 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 Zivilprozessordnung entsprechend.
Der Antrag ist unzulässig. Denn das angerufene Sozialgericht ist für den gestellten Antrag nicht zuständig.
Die verfolgte Verpflichtung des Ag. zum Abschluss einer Leistungsvereinbarung gemäß § 125 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB IX in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung (vom 23. Dezember 2016, BGBl. I. S. 3234) betrifft eine Streitigkeit, die in § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG aufgeführt ist. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des SGB IX und des Asylbewerberleistungsgesetzes. Im Teil 2 des SGB IX ist im Kapitel 8 des SGB IX zum Vertragsrecht in § 126 Abs. 2 S. 3 SGB IX geregelt, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegen die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 133 SGB IX (§ 126 Abs. 2 S. 1 SGB IX) gegeben ist. Die Zulässigkeit der Anrufung der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit setzt nach der gesetzgeberischen Konzeption die Einhaltung des in § 126 Abs. 1 und 2 SGB IX geregelten Verfahrens und damit zwingend eine Entscheidung der Schiedsstelle nach § 133 SGB IX voraus.
Aus der Wortwahl in der Gesetzesbegründung zu § 126 SGB IX ergibt sich, dass der Schiedsstelle eine besondere Bedeutung im Verfahren zum Abschluss einer Vereinbarung gemäß § 125 SGB IX zukommt. Danach soll durch die Vorschaltung eines Schiedsstellenverfahrens zügig ein weitgehender Interessenausgleich zwischen den Verhandlungspartnern erzielt werden, ohne dass es eines zeitaufwendigen Gerichtsverfahrens bedürfe. Die Schiedsstelle habe als neutrale Stelle sowohl dem Interesse der Träger der Eingliederungshilfe an einer ausreichenden und kostengünstigen Versorgung der Leistungsberechtigten als auch dem Interesse der Leistungserbringer an der angemessenen Vergütung ihrer Leistungen Rechnung zu tragen. Der Übernahme der Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe komme eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung für den Leistungserbringer zu. Entsprechendes gelte für die Übernahme der Kosten durch die Träger der Eingliederungshilfe. Die Vorschriften des Teils 2 des SGB IX bildeten die von Verfassungs wegen erforderliche gesetzliche Grundlage zur Festsetzung der Vergütung durch die Schiedsstelle. Die Gerichte seien bei der Überprüfung der dem Schiedsspruch zugrunde liegenden Abwägung zwischen den betroffenen öffentlichen und privaten Belangen auf die Feststellung beschränkt, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und die Abwägung in einem fairen Verfahren frei von Einseitigkeit vorgenommen habe (Drs. 18/9522 S. 296 f.).
Gegenüber dem bisher geltenden Recht ist die Erweiterung der Schiedsstellenfähigkeit auch auf die Leistungsvereinbarung mit der Begründung vorgenommen worden, dies diene der gleichgewichtigen Ausgestaltung des Vereinbarungsverfahrens. Leistung und Entgelt gehörten auch bei Leistungen der Eingliederungshilfe vor dem Hintergrund von Leistungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit untrennbar zusammen und könnten daher von der Schiedsstelle nur im Zusammenhang beurteilt werden. Mit der Schiedsstellenfähigkeit der Leistungsvereinbarung werde zur Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs eine zusätzliche Instanz zur Überprüfung dieser Voraussetzungen eingebaut, mit deren Hilfe im Einzelfall langwierige prozessuale Auseinandersetzungen vermieden werden könnten (Drs. 18/9954 S. 68).
Nach dem Willen des Gesetzgebers obliegt es den Schiedsstellen, die hier streitigen Fragen der Anwendbarkeit einer bereits abgeschlossenen Leistungsvereinbarung auf andere Einrichtungen, die Auslegung des jeweiligen Landesrahmentarifvertrages und die Ausgestaltung der Leistungsstrukturen unter Abwägung der widerstreitenden Interessen von Leistungserbringer und Leistungsträger zu klären. Eine vorgreifliche Entscheidung durch die Sozialgerichtsbarkeit entspricht nicht der gesetzgeberischen Intention. Den Sozialgerichten kommt allein eine Überprüfung der der Entscheidung der Schiedsstelle zugrunde liegenden Abwägung zu. Ein Tätigwerden der Gerichte außerhalb des ihnen vom Gesetzgeber zugewiesenen Rahmens ist rechtswidrig.
Soweit die tatsächlichen Gegebenheiten bei der Aufgabenbewältigung durch die Schiedsstellen und deren Folgen, wie sie vom Ast. geschildert werden - Überlastung der Schiedsstellen, Ausbleiben zeitnaher Entscheidungen, drohende Zahlungsunfähigkeit der Leistungserbringer, unzureichende Versorgung der Leistungsberechtigten - nicht denen entspricht, die der Gesetzgeber als gegeben angenommen hat, obliegt es wiederum dem Gesetzgeber, hierauf zu reagieren.
Über Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 133 SGB IX entscheiden im ersten Rechtszug die Landessozialgerichte (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Das Sozialgericht kann deshalb aufgrund der Regelung in § 29 Abs. 2 Nr. 1 SGG jedenfalls nicht das Gericht der Hauptsache gemäß § 86b Abs. 2 S. 1 und 2 SGG sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar, § 177 SGG.
gez. Klamann gez. Hüntemeyer gez. Dr. Yokota