L 2 AS 117/22 B

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 6 AS 893/21
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 117/22 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Eine Klage ist mutwillig und Prozesskostenhilfe trotz hinreichender Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen, wenn die Erfolgsaussichten allein darauf beruhen, dass die Behörde ihre richtige Rechtsansicht (bestandskräftige Erstattungsforderung ist durchsetzbar und nicht erfüllt) zu Unrecht in einen (Form)Verwaltungsakt gekleidet hat.

 

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

 

Gründe:

 

I.

 

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt Prozesskostenhilfe für ein noch laufendes erstinstanzliches Klageverfahren. In der Sache wendet sie sich gegen die Vollstreckung von Erstattungsforderungen in Höhe von 804,20 €.

 

Die am ... 1995 geborene Klägerin bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Hieraus resultierten mehrere bestandskräftige Erstattungsforderungen des Beklagten in einer Gesamthöhe von 2.832,55 €. Davon entfielen 1.407,01 € auf Forderungen, die Aufhebungen von Leistungen aus Zeiträumen vor dem 9. Juni 2013 betrafen (Erstattungsbescheide vom 28. Juli 2011, 22. Mai 2013 und 6. August 2013), und 1.410,54 € auf Forderungen für Aufhebungen für Zeiträume danach (Erstattungsbescheide vom 12. Mai 2015, 8. Juni 2015, 13. Oktober 2016 und 6. März 2017) sowie 15 € Mahnkosten (Bescheide vom 14. August, 15. August und 3. August 2017). Die Klägerin leistete Zahlungen auf diese Forderungen. Zum Teil schloss sie Ratenzahlungsvereinbarungen für einzelne Forderungen ab. Ab dem 19. Oktober 2017 verpflichtete sie sich im Rahmen einer Ratenzahlungsvereinbarung für alle zu diesem Zeitpunkt noch offenstehenden Forderungen in einer Gesamthöhe von 1.071,69 € eine Rate in Höhe von 5 € pro Monat zu zahlen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Aufstellung der Forderungen und der Restbeträge in der Ratenzahlungsvereinbarung vom 19. Oktober 2017 verwiesen.

 

Am 23. Oktober 2019 stand insgesamt noch die Zahlung von 921,69 € offen, welche die Bundesagentur für Arbeit (bis zum 31. Dezember 2021 waren die Aufgaben des Inkasso SGB II und die Bearbeitung von gerichtlichen Verfahren in diesem Bereich auf die Bundesagentur für Arbeit übertragen) bei der Klägerin anmahnte.

 

Mit Schreiben vom 18. November 2019 meldete sich ihr Prozessbevollmächtigter bei der Bundesagentur für Arbeit und berief sich für die Klägerin auf die Einrede der Minderjährigenhaftungsbeschränkung. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt ihrer Volljährigkeit am 9. Juni 2013 über keine Vermögenswerte verfügt. Hierfür legte sie Belege vor. Die Zahlungen, die die Klägerin auf Forderungen, die vor diesem Stichtag entstanden seien, geleistet habe, müssten „umgebucht“ werden. Dadurch dürfte es rechnerisch zu einer Überzahlung gekommen sein. So habe die Klägerin insgesamt bereits Beträge in Höhe von 1.760,86 € gezahlt (inkl. Mahnkosten). Es ergebe sich insgesamt eine Überzahlung in Höhe von 335,32 €.

 

Die Bundesagentur für Arbeit teilte der Klägerin mit Schreiben vom 6. April 2020 mit, dass die Einrede der Beschränkung der Minderjährigenhaftung greife und unter Berücksichtigung dieser Einrede sie noch für eine Forderung in Höhe von 804,20 € hafte. Dieses Schreiben war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, wonach gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt werden könne.

 

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Bundesagentur für Arbeit mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2020 zurück. Die Einrede greife nur hinsichtlich der vor der Vollendung des 18. Lebensjahres entstandenen Forderungen.

 

Hiergegen hat die Klägerin am 30. November 2020 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Halle durch ihren Prozessbevollmächtigten erhoben und beantragt, den Bescheid vom 6. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2020 zu korrigieren. Weiter hat sie beantragt: „die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II im streitigen Zeitraum in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der Minderjährigenhaftungsbeschränkung erstattet zu verlangen“. Für das Verfahren hat sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten beantragt. Sie habe auf die Forderungen, die von der Minderjährigenhaftungsbeschränkung erfasst seien mit einem Gesamtvolumen von 1.407,01 €, bereits Leistungen erbracht, so dass insoweit noch eine Restforderung in Höhe von 224,96 € verblieben sei. Diese Zahlungen hätte sie nicht entrichten müssen.

 

Der Beklagte hat darauf verwiesen, dass die Restforderungen nach dem Eintritt der Volljährigkeit entstanden seien. Insoweit wird auf die Aufstellung der von den Erstattungsbescheiden erfassten Zeiträume im Schriftsatz vom 5. Juli 2021 verwiesen. Soweit Forderungen bereits vor der geltend gemachten Einrede zurückgezahlt worden seien, könnten die bereits erfolgten Zahlungen nach § 814 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die gesetzliche Vertreterin der Klägerin sei auch durch das ihr übergebene Merkblatt auf die Möglichkeit der „Haftungsbeschränkung“ hingewiesen worden.

 

Mit Beschluss vom 9. Februar 2022 hat das SG den Antrag der Klägerin auf Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Die älteste der gegen die Klägerin geltend gemachten Forderungen resultiere aus dem Leistungszeitraum ab November 2014, die jüngste aus Februar 2017. Daher unterfielen diese Forderungen nicht der Haftungsbeschränkung. Darüber hinaus bereits auf Erstattungsforderungen geleistete Zahlungen seien nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

 

 

 

Gegen diese ihrem Prozessbevollmächtigten am 11. Februar 2022 zugestellte Entscheidung hat dieser für die Klägerin am 11. März 2022 Beschwerde erhoben. Der Beklagte müsse die Gesamtforderung, die für den Zeitraum bis 30. April 2013 geltend gemacht werde, „ausbuchen“. Aktuell sei die Klägerin mit der Forderung in Höhe von 804,20 € belastet, ohne dass die Rückzahlung der „zu viel gezahlten“ Beträge erfolgt sei. Eine Kenntnis von der Nichtschuld habe die Klägerin erst nach der Beratung durch ihren Prozessbevollmächtigten am 13. November 2019 gehabt. Auch habe der Beklagte nicht ausgeführt, wann die Tilgungen erfolgt seien, sofern er sich darauf berufen wolle.

 

Am 31. März 2022 hat die Bundesagentur für Arbeit mitgeteilt, dass ein Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes stattgefunden habe. Der Beklagte hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert.

 

Der Senat hat die Prozessakte des SG samt Prozesskostenhilfe-Beiheft und die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen.

 

II.

 

Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie statthaft. Der Beschwerdeausschluss des § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b) des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) greift nicht. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte. Dies ist gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG der Fall, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt und die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft. Die Klägerin wendet sich gegen die Vollstreckung einer Forderung in Höhe von 804,20 €. Die Beschwerde ist auch form- und fristgerecht erhoben worden.

 

Sie ist aber nicht begründet. Das SG hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ist auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, soweit der Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Als hinreichend sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels einzuschätzen, wenn der Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gewiss, eine Erfolgschance jedoch nicht unwahrscheinlich ist (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 –, BVerfGE 81, 347, 356 ff.). Prozesskostenhilfe kommt hingegen nicht in Betracht, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht gänzlich ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 – B 13 RJ 83/97 R –, SozR 3-1500 § 62 Nr. 19).

 

Die Klage der Klägerin mit der sie sich gegen die Durchsetzung der bestandskräftigen Erstattungsbescheide vom 12. Mai 2015, 8. Juni 2015, 13. Oktober 2016 und 6. März 2017 in Höhe von noch 804,20 € wendet, hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

 

Das Begehren der Klägerin, die geleisteten Zahlungen „umzubuchen“ und diese Summe nicht erstatten zu müssen, ist interessengerecht so auszulegen (§ 123 SGG), dass sie die Feststellung beantragt, dass die Erstattungsforderungen des Beklagten gegen sie in Höhe von 804,20 € erfüllt sind bzw. nicht durchgesetzt werden können. Bei Einwendungen gegen die Durchsetzung der Forderung (Verjährung, Verwirkung, Erfüllung usw.) besteht ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (für die Verjährung: BSG, Urteil vom 4. März 2021 – B 11 AL 5/20 R – juris Rn. 19 f.; Urteil vom 9. Februar 1995 – 7 RAr 78/93 – juris). Es besteht auch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der baldigen Feststellung i. S. des § 55 Abs. 1 SGG, wenn die Verwaltung das Bestehen eines durchsetzbaren Anspruchs behauptet und die Klägerin hiergegen Einwände hat.

 

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, der Beklagte hält die Erstattungsforderungen zu Recht für durchsetzbar.

 

Der Durchsetzung dieser Erstattungsbescheide steht nicht der Einwand der Minderjährigenhaftungsbeschränkung gem. § 1629a Abs. 1 Satz 1 BGB entgegen. Die betreffenden Erstattungsforderungen (Erstattungsbescheide vom 12. Mai 2015, 8. Juni 2015, 13. Oktober 2016 und 6. März 2017) betreffen Sachverhalte, die erst nach dem 18. Lebensjahr der Klägerin eingetreten sind (die älteste Forderung betrifft die Rückerstattung von Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1. November 2014 bis 31. Januar 2015). Aus diesem Grund werden sie von der Haftungsbeschränkung nicht erfasst. Der Schutz bezieht sich nur darauf, dass bei Eintritt der Volljährigkeit nicht schon Schulden bestehen, die aus der Zeit der Minderjährigkeit resultieren. Die Haftungsbeschränkung erstreckt sich nur auf solche Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Minderjährigkeit begründet worden sind (B. Hamdan in: jurisPK-BGB Bd. 4, 9. Aufl., § 1629a Rn. 9 [Stand 25. Mai 2020]).

 

Der Einwand der Erfüllung der Forderung durch die Zahlungen der Klägerin, die diese auf die Erstattungsbescheide vom 28. Juli 2011, 22. Mai 2013, 6. August 2013 geleistet hat, für Forderungen, die vor dem Erreichen des 18. Lebensjahres entstanden sind, greift nicht durch.

 

Es trifft zwar zu, dass die Klägerin auch Raten geleistet hat (z. B. monatlich 5 € ab 15. November 2017), die sich auf alle Forderungen zusammen beziehen. Das Argument der Klägerin, diese Zahlung hätte nicht auch (anteilig) auf die Forderungen bezogen werden dürfen, die unter die Minderjährigenhaftungsbeschränkung fallen, ist aber nicht stichhaltig. Denn selbst wenn die Durchsetzbarkeit der Forderung nicht erst mit dem Einwand der Haftungsbeschränkung am 19. November 2019, sondern bereits mit der Volljährigkeit ohne Vermögenswerte am 9. Juni 2013 eingetreten wäre, änderte dies nichts. Bei der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge von mehreren Forderungen nach § 366 Abs. 2 BGB kommt es nicht darauf an, dass die Forderung erfüllbar, durchsetzbar oder nicht einredebehaftet ist (vgl. Kerwer in: jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 366 Rn. 16 [Stand 1. Februar 2020]). Erst wenn der Schuldner die „Einrede“ gegenüber dem Schuldner erhebt, liegt darin zugleich eine negative Tilgungsbestimmung für alle zukünftigen Leistungen auf diese Forderung (Kern in: Staudinger, BGB [Neubearbeitung 2022] § 366 Rn. 44). D. h., erst mit der Geltendmachung der Haftungsbeschränkung ab November 2019 durfte der Beklagte (bzw. seine Rechtsvorgängerin) geleistete Zahlungen nicht mehr auf von der Haftungsbeschränkung erfasste Erstattungsforderungen beziehen. Nach diesem Zeitpunkt sind keine Zahlungen mehr angerechnet worden.

 

Die Klägerin kann sich auch nicht gegen die Durchsetzung der Forderung aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (242 BGB), hier in Form des Einwandes, dass niemand etwas fordern darf, was er sofort wieder zurückgeben muss (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est), wenden. Denn die Zahlungen auf die Forderungen aus der Zeit vor dem 18. Lebensjahr erfolgten auf bestandskräftige, nicht aufgehoben oder abgeänderte Erstattungsbescheide und somit mit Rechtsgrund. Zutreffend an dem Einwand der Klägerin ist, dass nach dem Sinn und Zweck der Haftungsbeschränkung die Klägerin nicht als Volljährige auf Forderungen zahlen soll, die vor der Volljährigkeit entstanden sind, wenn sie bei der Vollendung des 18. Lebensjahres kein Vermögen hatte. Es ist aber nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites, inwieweit die Klägerin sich mit einer Klage gegen die (alten) Erstattungsbescheide unter Berufung z. B. auf § 48 SGB X wenden kann, um dieses Ergebnis zu erreichen (siehe dazu BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 4 AS 153/10 – juris Rn. 47; Urteil vom 28. November 2018 – B 4 AS 43/17 R – juris Rn. 18). Hierauf hat bereits das SG zu Recht hingewiesen.

 

Die allein in Betracht kommende Aufhebung des Bescheides vom 6. April 2010 als Formverwaltungsakt in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2020 vermag Prozesskostenhilfe nicht zu begründen, weil eine allein auf dieses Ziel gerichtete Rechtsverfolgung trotz der insoweit bestehenden Erfolgsaussicht mutwillig wäre.

 

Die diesbezügliche Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Zwar handelt es sich bei dem Schreiben vom 6. April 2020 inhaltlich nur um die Mitteilung der Rechtsauffassung der Behörde, wie sich die Minderjährigenhaftungsbeschränkung auswirkt. Dieses Schreiben hat keine Regelungswirkung i. S. des § 31 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und ist daher materiellrechtlich kein Verwaltungsakt. Der Beklagte hat jedoch sein Schreiben vom 6. April 2020 über die Berücksichtigung der Minderjährigenhaftungsbeschränkung in die Gestalt eines Verwaltungsaktes gekleidet. Den Charakter eines Verwaltungsaktes bekommt das Schreiben dadurch, dass es eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält: „Gegen diesen Bescheid ist der Widerspruch zulässig“ (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005 – B 7a AL 18/05 R – juris Rn. 11). Die isolierte Anfechtungsklage gegen den Formbescheid vom 6. April 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2020 hat – mangels Ermächtigungsgrundlage für einen Verwaltungsakt – auch Aussicht auf Erfolg.

 

Prozesskostenhilfe ist auch bei hinreichenden Erfolgsaussicht nicht zu bewilligen, wenn – wie vorliegend – die Klage insoweit mutwillig ist. Nach der Legaldefinition in § 114 Abs. 2 ZPO ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Unbemittelte brauchen nur solchen Bemittelten gleichgestellt werden, die ihr Prozessaussichten vernünftig abwägen und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21. März 2013 – 1 BvR 68/12 u. a. – juris Rn. 18). Das Schreiben der Bundesagentur für Arbeit vom 6. April 2020 hat die materielle Rechtslage für die Klägerin nicht gestaltet. Sie wird lediglich formell als Adressatin hiervon berührt. Welchen Nutzen die Klägerin - vorausgesetzt die Behörde beruft sich inhaltlich zu Recht auf die Durchsetzbarkeit der Forderung - allein von der Aufhebung eines insoweit ergangenen Verwaltungsaktes hat, ist nicht erkennbar. Allein weil die Behörde ihre richtige Rechtsansicht zu Unrecht in einen Verwaltungsakt gekleidet hat, würde eine bemittelte Person keinen Prozess anstrengen und Kosten riskieren. Auch die Klägerin hält in der Sache die Durchsetzung der Forderung für zweifelhaft, nicht die Form der „Entscheidung“ der Behörde hierüber.

 

Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattet.

 

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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