Der OPS 8-98b (Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) in der Fassung der Corrigenda des DIMDI zum OPS 2019 setzt voraus, dass der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels innerhalb von 30 Minuten rund um die Uhr, dh auch nach Sonnenuntergang und in der Nacht, im Regelfall tatsächlich machbar und möglich sein muss. Mit einem Transportmittel (hier Hubschrauber), das nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Rettungswesens und den normativen Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes Baden-Württemberg grundsätzlich bzw im Regelfall während der Nacht nicht zum Einsatz kommt, kann ein unmittelbarer Zugang nicht erreicht werden.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17.12.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch im Berufungsverfahren die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 868,63 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Beklagte ist Trägerin eines nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen Krankenhauses in B. Sie unterhält eine regionale Stroke Unit, eine auf die Behandlung von Schlaganfällen spezialisierte Einheit. Da das Krankenhaus der Beklagten keine Abteilung unterhält, die neurochirurgische Notfalleingriffe und interventionell-neuroradiologische Behandlungsmaßnahmen durchführen kann, steht es in Kooperationsbeziehungen im Bereich der neurochirurgischen Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls mit dem K gGmbH als Trägerin des Klinikums K1 (Bl 135 der SG-Akten/ Rückseite) (schnellste Route ca 75 km) sowie im Bereich der Neuroradiologie mit dem Uklinikum U1 gGmbH (RKU) (schnellste Route ca 48 km). Die Rettungswache des D B eV ist am Krankenhaus der Beklagten stationiert. Sowohl das Krankenhaus der Beklagten als auch das in K1 verfügt über genehmigte und dokumentierte Landeplätze für Rettungshubschrauber. Am B1krankenhaus U1 ist der Rettungshubschrauber C stationiert, der während des hier streitigen Krankenhausaufenthalts von 07.00 Uhr bis Sonnenuntergang einsatzbereit war. In B2 war in der streitigen Zeit nach Sonnenuntergang bzw in der Nacht kein Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber zur Notfallrettung bzw zum Sekundärtransport stationiert, der in V stationierte C1 ist seit September 2017 täglich 24 Stunden im Einsatz.
Die Beklagte behandelte die bei der Klägerin versicherte B3 (geb 1940; zukünftig Versicherte) in der Zeit vom 26.03.2016 bis 31.03.2016 stationär. Die Aufnahme erfolgte als Notfall wegen einer sonstigen zerebralen transitorischen Ischämie und verwandter Syndrome, komplette Rückbildung innerhalb von ein bis 24 Stunden (ICD10 G45.82). Die Beklagte stellte der Klägerin am 05.04.2016 unter Berücksichtigung der Fallpauschale (DRG) B69C (Transitorische ischämische Attacke (TIA) und extrakranielle Gefäßverschlüsse mit neurologischer Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls, bis 72 Sunden, ohne äußerst schwere CC oder mit anderer neurologischer Komplexbehandlung (…)) sowie der OPS-Prozedur 8-98b (Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) den Betrag von 3.261,05 € in Rechnung. Die Klägerin beglich die Rechnung am 29.04.2016 vollständig.
Am 06.11.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht U1 (SG) erhoben und einen Erstattungsanspruch in Höhe von 868,33 € geltend gemacht, wobei sich dieser Betrag ohne Berücksichtigung der OPS-Prozedur 8-98b ergibt. Die Kodierung des OPS 8-98b sei nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürfe der OPS 8-98b nicht kodiert werden, wenn die Strukturvoraussetzung einer Zeitgrenze von einer halben Stunde nicht eingehalten oder nur bei Tageslicht eingehalten werden könne. Die Beklagte habe in ihrem Haus keinen unmittelbaren Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen, zu gefäßchirurgischen bzw interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen gewährleisten können und sich eines Kooperationspartners bedienen müssen. Hierbei sei es ihr jedoch nicht möglich gewesen, das vom OPS 8-98b geforderte Zeitlimit, innerhalb dessen der Transport des Patienten zum Kooperationspartner zu erfolgen habe und welches regelmäßig höchstens eine halbe Stunde betrage, grundsätzlich einzuhalten. Selbst unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels habe sie für den Transport eines Patienten jederzeit (rund um die Uhr) regelmäßig mehr als eine halbe Stunde benötigt. Durch die unzulässige Kodierung des OPS 8-98b habe die Beklagte für die Behandlung der Versicherten einen Betrag in Höhe von 868,33 € zu viel abgerechnet und erhalten.
Das beklagte Krankenhaus ist der Klage entgegengetreten. Der 1. Senat des BSG habe mit seinen Entscheidungen vom 19.06.2018 (B 1 KR 38/17 R und B 1 KR 39/17 R) einmal mehr contra legem über die bestehenden Abrechnungsnormen hinaus seine eigene rechtspolitische Wunschvorstellung über jene des Gesetzgebers gesetzt. Aufgrund dieser Rechtsprechung habe der Gesetzgeber zwischenzeitlich durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, das am 09.11.2018 vom Bundestag verabschiedet worden sei, Modifizierungen des SGB V, des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) vorgenommen. In der endgültigen Fassung des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes habe der Gesetzgeber §§ 295 Abs 1 und 301 Abs 2 SGB V ab Inkrafttreten ab 01.01.2019 dahingehend ergänzt, dass das Deutsche Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI; nunmehr Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte <BfArM>) bei Auslegungsfragen zu den Diagnoseschlüsseln und den Prozedurenschlüsseln Klarstellungen und Änderungen mit Wirkungen auch für die Vergangenheit vornehmen könne, soweit diese nicht zu erweiternden Anforderungen an die Verschlüsselung erbrachter Leistungen führten. Der Gesetzgeber habe zur Begründung ua ausgeführt, dass in der Praxis in der Vergangenheit Streitverfahren über die Auslegung struktureller Anforderungen bei den Komplexziffern des OPS aufgetreten seien, zB durch das Urteil des BSG vom 19.06.2018 zur Auslegung der Transportentfernung im OPS 8-98b. Um zu vermeiden, dass aufgrund derartiger Auslegungsunsicherheiten eine Vielzahl von zurückliegenden Abrechnungsverfahren erneut aufgegriffen und abgerechnet würden, werde klargestellt, dass das DIMDI Klarstellungen und Änderungen der Formulierungen auch mit Wirkung für die Vergangenheit vornehmen könne. Zur Vermeidung einer unzulässigen Rückwirkung dürften sich diese nicht zum Nachteil von Leistungserbringern nachträglich ändernd zu bereits abgeschlossenen Sachverhalten auswirken. Am 03.12.2018 habe das DIMDI unter ausdrücklicher Berufung auf die durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz bestehende Ermächtigung explizit als Klarstellung gemäß § 301 Abs 2 Satz 4 und § 295 Abs 1 Satz 6 SGB V neuer Fassung (nF) eine „Corrigenda“ zum OPS 2019 wie folgt formuliert:
„2. Die im OPS 2019 bei den Codes 8-981 und 8-98b vorgenommenen und unten aufgeführten Änderungen der Mindestmerkmale entsprechen denen mit der Einführung der bisherigen Formulierung in dem OPS 2014 intendierten inhaltlichen Anforderungen. Die Textänderung ist daher rückwirkend ab dem 01. Januar 2014. Es handelt sich um folgende Änderungen …:
8-98b Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls
Hinw.: Mindestmerkmale: .... unmittelbarem Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen (Es gibt jeweils eine eigene Abteilung im Haus oder einen Kooperationspartner, der innerhalb einer halben Stunde zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende (das ist die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt) erreichbar ist. Das Strukturmerkmal ist erfüllt, wenn der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (z.B. Hubschrauber) grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich ist. Wenn der Transport eines Patienten erforderlich ist und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden kann, muss dies auch tatsächlich verwendet werden. Wenn ein Patient transportiert wurde und die halbe Stunde nicht eingehalten werden konnte, darf der Kode nicht angegeben werden.“
Eindeutig trete dadurch die Intention des Gesetzgebers zutage, die Rechtsprechung des BSG rückwirkend zu beseitigen und dem für die Erstellung des OPS-Kodes zuständigen DIMDI als Institution des Bundesministeriums der Gesundheit rückwirkende Klarstellungsmöglichkeiten an die Hand zu geben, um die rechtlichen Voraussetzungen, insbesondere die Versorgungsrealität, sicherstellen zu können. Dieses habe das DIMDI durch die benannten Klarstellungen sichergestellt und der klare gesetzgeberische Wille gehe mithin dahin, den Begriff der halbstündigen Transportentfernung in jener Weise auszulegen bzw festzulegen, wie alle Beteiligten des Systems - Krankenhäuser, Krankenkassen und Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) - diesen bis zu den fehlgehenden Urteilen des BSG vom 19.06.2018 stets verstanden hätten, namentlich, dass die halbe Stunde ausschließlich jene Zeitspanne darstelle, in welcher sich die Versicherten im Transportmittel selbst befänden. Diese Zeitspanne werde im Krankenhaus der Beklagten unzweideutig erfüllt.
Die Klägerin hat unter Vorlage eines Rechtsgutachtens des K (Verfassungsrechtliche Prüfung der Vorschriften des Pflegepersonalstärkungsgesetzes zur nachträglichen Regulierung von bereits geltend gemachten Erstattungsansprüchen für Krankenkassen gegen Krankenhäuser, April 12019) ausgeführt, dass §§ 295 Abs 1 Satz 6, 301 Abs 2 Satz 4 SGB V verfassungswidrig seien. Sie verstießen in wesentlichen Punkten gegen die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 Grundgesetz <GG>) herzuleitenden Grundsätze von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz. Insbesondere stellten diese Normen einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot dar. Das durch diese Vorschriften zur nachträglichen Klarstellung und Änderungen befugte DIMDI sei nicht durch Parlamentsgesetz, sondern durch einen 50 Jahre alten Erlass errichtet worden. Das habe zwar den seinerzeit bestehenden, nur sehr eingeschränkten und nicht außenwirksamen Befugnissen des DIMDI entsprochen. Mittlerweile sei das DIMDI aber mit erheblichen Regulierungskompetenzen ausgestattet, die nach Art 87 Abs 3 Satz 1 GG und auch aufgrund des grundrechtlich fundierten Parlamentsvorbehalts einer parlamentsgesetzlichen Grundlage bedürften. Solange ein solches Gesetz nicht existiere, seien seine Entscheidungen, insbesondere solche auf Grundlage des § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V, verfassungswidrig. Die Verfassungswidrigkeit folge auch daraus, dass das DIMDI nachträglich ermächtigt worden sei, mit echter Rückwirkung bereits entstandenen und ggf sogar gerichtlich geltend gemachten Ansprüchen nachträglich die materiell-rechtliche Grundlage zu entziehen, indem es Diagnose-und/oder Prozedurenschlüssel so verändere, dass ursprünglich zu Unrecht abgerechnete Vergütungen der Krankenhäuser im Nachhinein zu berechtigten Forderungen würden. Demnach seien die Kriterien aus dem Urteil des BSG vom 19.06.2018 (B 1 KR 89/17 R) zugrunde zu legen. Die Beklagte halte an ihrem Standort weder eine Gefäßchirurgie noch eine Neurochirurgie vor. Dementsprechend sei sie gezwungen, mit einem anderen Krankenhaus zu kooperieren. Die Kooperationspartner seien nach Kenntnisstand der Klägerin die Uniklinik U1 und das B1krankenhaus U1. Daneben bestehe noch eine Kooperation mit dem O-Klinikum in R. Die reine Fahrzeit zwischen dem Standort der Beklagten und der Uniklinik U1 bzw dem B1krankenhaus U1 betrage im besten Fall 41 Minuten (ca 49 km). Die reine Fahrzeit zwischen dem Standort der Beklagten und dem O-Klinikum in R betrage im besten Falle 44 Minuten (ca 47 km). Daher erfülle die Beklagte, sofern als schnellstes Transportmittel der Rettungswagen herangezogen werde, nicht grundsätzlich die Strukturmerkmale des OPS 8-98b. Dies gelte insbesondere, wenn berücksichtigt werde, dass nach dem Urteil des BSG noch die Zeit miteinzuberechnen sei, die benötigt werde, um den Rettungswagen anzufordern und ihn zum Haus der Beklagten kommen zu lassen. Nach dem Kenntnisstand der Klägerin sei unmittelbar am Haus der Beklagten keine Rettungswache angeschlossen. Nicht anders sehe es aus, wenn als schnellstes Transportmittel der Rettungshubschrauber herangezogen werde. Die Beklagte habe an ihrem Haus keinen Rettungshubschrauber stationiert. Dieser müsse erst angefordert werden. Der nächstgelegene Rettungshubschrauber, der auch in der Nacht fliege, sei der am Heeresfliegerstandort L (GRP L) und damit ca 17,5 km Luftlinie vom Haus der Beklagten entfernt. Bereits die reine Flugzeit zum Haus der Beklagten betrage danach ca fünf Minuten. Zudem müsse der Rettungshubschrauber, nachdem er den Patienten aufgenommen habe, diesen vom Haus der Beklagten in die Kliniken nach U1 bzw R fliegen, diese seien ca 38 km Luftlinie entfernt. Hierfür fielen entsprechende Flugzeiten von ca zwölf Minuten an. Mithin betrage bereits die reine Flugzeit zusammen mindestens 17 Minuten. Hinzuzurechnen seien noch die Zeiten, die benötigt würden, um den Rettungshubschrauber anzufordern und diesen startklar zu machen. Gerade in der Nacht könnten hier Vorbereitungszeiten bis zu 15 Minuten anfallen. Die Landezeit des Rettungshubschraubers sei ebenfalls miteinzuberechnen, ebenso auch die Zeit, die benötigt werde, um den Patienten im Rettungshubschrauber adäquat zu lagern bzw zu fixieren und ihn an die weiterbehandelnden Einheiten der Kooperationspartner zu übergeben. Danach sei die Beklagte auch nicht fähig gewesen, die Strukturmerkmale des OPS 8-98b grundsätzlich zu erfüllen, wenn als schnellstes Transportmittel der Rettungshubschrauber herangezogen werde.
Die Beklagte ist den Ausführungen der Klägerin zur Verfassungswidrigkeit unter Vorlage eines Gutachtens des H (Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der §§ 109 Abs 5, 325 SGB V und der §§ 295 Abs 1 Satz 6, 301 Abs 2 Satz 4 SGB V idF des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes, Juni 2019) entgegengetreten. Die Klägerin sei nicht grundrechtsfähig, sodass hinsichtlich der streitigen Regelungen ausschließlich eine Willkürkontrolle anzuwenden sei, die zu keinen Beanstandungen führe. Weiterhin hat sie vorgetragen, dass sie am Standort B eine Gefäß-, Thorax- und Endovaskulärchirurgie vorhalte. Soweit die Klägerin auf Google Maps hinweise, so sei zu bedenken, dass die zu verlegenden Patienten im Notfall nicht mit dem Bus fahren, sondern mit einem Rettungswagen verlegt würden, der entsprechende Sonderrechte einsetzen könne. Zwischen B und U1 verlaufe die Bundesstraße B 30, die autobahnähnlich ausgebaut sei mit jeweils baulich getrennten Fahrstreifen für die jeweiligen Richtungen. Dort gelte die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h. Daher dürfte die Fahrzeit erheblich geringer sein, als von der Klägerin veranschlagt. Die Beklagte halte einen Flugplatz vor, der auch nachts ohne Vorbereitungen angeflogen werden könne und auch für entsprechende Einsätze zugelassen sei. Im Übrigen suggeriere die Klägerin, dass die Beklagte den Rettungshubschrauber anrufe und bis dahin abwarte und erst nach dem Landen des Rettungshubschraubers überlege, wie der Patient zum Rettungshubschrauber zu verbringen sei. Rein praktisch gesehen liefen diese Maßnahmen parallel ab, sodass nicht beliebige Zeiten aufaddiert werden könnten. Maßgeblich sei eine Flugzeit von zehn bis zwölf Minuten zwischen B und U1. Im Übrigen seien Rettungswagen direkt am Klinikum stationiert. Sowohl das Krankenhaus der Beklagten als auch das in K1 sowie U1 verfügten über genehmigte und dokumentierte Landeplätze für Rettungshubschrauber. Nachts seien diese beleuchtet und könnten daher ohne weitere organisatorische Maßnahmen und Verzögerungen 24 Stunden angeflogen werden. Die Flugdauer betrage zwischen 15 bis 18 Minuten (B/K1) bzw zwischen zehn bis 14 Minuten (B/U1). Soweit das SG darauf verweise, dass die Rettungshubschrauber der B1 mit Station in U1 nachts nicht flögen, so sei dies nicht entscheidungserheblich. Denn nachts könnten Rettungshubschrauber aus V oder S angefordert werden. Als Backup habe sich die S1 verpflichtet, Hubschrauber aus B4 einzusetzen, soweit in B2 Kapazitäten benötigt würden. Soweit diese dann eine längere Anflugzeit hätten, sei dies unbeachtlich, weil es nicht auf die Anflugzeit ankomme, sondern lediglich auf die Zeit, die die Patienten im Rettungshubschrauber verbringen würden. Schließlich trage die Klägerin grundsätzlich die Beweislast für einen Erstattungsanspruch gegen ein Krankenhaus wegen angeblich überhöhter Vergütung.
Die Klägerin hat daran festgehalten, dass die Beklagte über keine Neurochirurgie verfüge und daher mit einem Kooperationspartner zusammenarbeite. Die Fahrzeiten mit dem Rettungswagen ließen sich durch den Einsatz von Sondersignalen nicht signifikant verkürzen. Der Zeitvorteil, der sich durch den Einsatz von Sondersignalen erzielen lasse, beruhe regelmäßig nicht auf dem Umstand, dass Rettungswagen die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit überschreiten dürften, sondern darauf, dass die Wartezeit an roten Ampeln wegfalle und bzw solche nicht bei Querverkehr entstünden. Solche Verkehrssituationen gebe es auf der Verbindungsstrecke zwischen dem Krankenhaus der Beklagten und den Kooperationspartnern auf der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße nicht. Zudem seien noch die Rüstzeiten einzubeziehen. Dabei sei es richtig, dass im Haus der Beklagten eine Rettungswache angeschlossen sei, mithin eine Fahrzeit von Rettungswache bis zur Beklagten wegfalle. Unabhängig vom Standort der Rettungswache müsse der Rettungswagen über die Einsatzstelle angefordert werden. Hier beginne die sogenannte Gesprächs- und Dispositionszeit. Daran schließe sich die sogenannte Ausrückzeit zwischen dem Ende der Dispositionszeit und dem tatsächlichen Ausrücken an, die regelmäßig drei bis vier Minuten betrage. Ferner müsse der schwer kranke Patient im Rettungswagen sicher gelagert und die Übergabe zwischen dem behandelnden Neurologen und dem begleitenden Notarzt besprochen werden. Schließlich müsse der Patient an die weiterbehandelnde Einheit in U1 übergeben werden. Dies sei ebenfalls nicht unter fünf Minuten möglich. Es sei mit Vorbereitungs‑, Lagerungs- und Übergabezeiten von insgesamt mindestens 13 bis 14 Minuten zu rechnen. Auch hinsichtlich der Transportzeiten im Rettungshubschrauber seien neben den reinen Flugzeiten von ca 17 Minuten noch Lagerungs- und Übergabezeiten zu berücksichtigen.
Auf Anfrage des SG hat der DRK-Kreisverband B eV mit Schreiben vom 19.10.2020 (Bl 124/125 der SG-Akten) ua mitgeteilt, dass im Jahr 2020 bis dato nur eine Verlegung nach K1 durchgeführt worden sei. Er hat die Daten des Einsatzes von Rettungswagen zu Fahrten zwischen dem Krankenhaus der Beklagten und dem Uniklinikum U1 (Zeit der Fahrt vom Einsatz- zum Zielort zwischen 31,07 Minuten bis 45,18 Minuten), dem B1krankenhaus U1 (Zeit der Fahrt vom Einsatz- zum Zielort zwischen 28,98 Minuten bis 39,71 Minuten) und dem Krankenhaus K1 (48,43 Minuten) vorgelegt. Ferner hat auf Anfrage des SG die D1 gemeinnützige AG F mit Schreiben vom 02.11.2020 (Bl 172/188 der SG-Akten) mitgeteilt, dass arztbegleitende Transporte Aufgabe der örtlichen Leitstelle seien. Es könne aber eine Amtshilfe bei der zentralen Koordinierungsstelle Intensivtransporte B2 (ZKS) angefordert werden. Bei arztbegleiteten Verlegungen mit vitaler Indikation werde grundsätzlich das schnellstmögliche Rettungsmittel eingesetzt. In der Regel sei in der Nacht der Rettungstransportwagen (RTW) und das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) das schnellere Rettungsmittel. Bei einer Notfallverlegung mit Anforderung eines Hubschraubers werde der Rettungshubschrauber mit der kürzesten Anflugzeit eingesetzt und zwar R1 S2, Anflugzeit ca 25 Minuten, oder D1 C1 V, Anflugzeit ca 27 Flugminuten. Die Vorlaufzeit von ca 15 Minuten sowie die Start- und Landezeiten seien hierbei nicht berücksichtigt. Es handle sich jeweils um die reine Regeltransportzeit. Diese könnten sich durch wetterbedingte Umwege bzw starken Gegen- bzw Rückwind auf den einzelnen Flugabschnitten deutlich verändern. Die Übernahme- und Übergabezeiten blieben hierbei unberücksichtigt und könnten sich je nach Diagnose und Patientenvorbereitung bzw -zustand bei Eintreffen des Medizinischen Dienstes Hubschraubers im abgegebenen Krankenhaus deutlich unterscheiden. Beigefügt worden sind die Grundsätze des Landesausschusses für den Rettungsdienst gemäß § 4 Abs 2 Rettungsdienstgesetz B2 (RDG vom 08.02.2010, GBl., 285) zur Durchführung von Intensivtransporten in B2 vom 23.11.2016 (Bl 174/185 der SG-Akten).
Das SG hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 868,33 € zuzüglich Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 06.11.2017 zu zahlen, und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Vergütung der streitgegenständlichen Behandlung, da die Beklagte für die Behandlung der Versicherten im Jahr 2016 den OPS 8-98b nicht habe kodieren dürfen. Unstreitig könne die Beklagte weder neurochirurgische Notfalleingriffe noch interventionell-neuroradiologische Behandlungsmaßnahmen selbst durchführen. Sie bediene sich hierzu des Klinikums K1 und des RKU. Unter Einbeziehung der tatsächlich gelebten Kooperationen könne die Beklagte unstreitig aufgrund der zu dem Wortlaut des oben genannten OPS ergangenen Rechtsprechung des BSG die erforderliche höchstens halbstündige Transportentfernung zum Klinikum K1 und ebenso wenig zum RKU erfüllen. Denn das BSG habe mit Urteil vom 19.06.2018 (B 1 KR 39/17 R und B 1 KR 3817 R) ausgeführt, dass die halbstündige Transportentfernung dahingehend zu verstehen sei, dass dies die Zeit zwischen der Entscheidung zur Anforderung des Transportmittels und der Übergabe der Patienten an die behandelnde Einheit des Kooperationspartners im Sinne des Ingangsetzens und Beendens der Rettungskette sei. Dies werde bei allen Transportmitteln nach K1, ob mit oder ohne Rettungshubschrauber unstreitig überschritten. Nach Einfügung von § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V und § 295 Abs 1 Satz 6 SGB V habe das DIMDI des hier streitigen Mindestmerkmal 8-98b mit Rückwirkung wie folgt geändert:
„… unmittelbarem Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen (es gibt jeweils eine eigene Abteilung im Haus oder einen Kooperationspartner, der innerhalb einer halben Stunde zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende (das ist die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt) erreichbar ist. Das Strukturmerkmal ist erfüllt, wenn der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (z.B. Hubschrauber) grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich ist. Wenn der Transport eines Patienten erforderlich ist und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden kann, muss dieses auch tatsächlich verwendet werden. Wenn ein Patient transportiert wurde und die halbe Stunde nicht eingehalten werden kann, darf der Code nicht angegeben werden.“
Der Fassungsvergleich zeige, dass die neueste Fassung die Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende klarer fasse und ausschließlich definiere als die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringe. Hierzu verträten mehrere Sozialgerichte, dass entgegen der Auslegung des BSG diese Rettungstransportzeit auch schon vor der Klarstellung des DIMDI nur die Zeit umfasst habe, die der Patient im Transportmittel verbringe. Das SG München habe hingegen die Frage im Zusammenhang mit der rückwirkenden Klarstellung des DIMDI dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt (Hinweis auf Vorlagebeschluss vom 25.06.2020, S 12 KR 1865/18). Welcher Auffassung zu folgen sei, könne dahinstehen. Denn auch nach der Klarstellung durch das DIMDI sei noch offen, ob die Rettungskette nicht jedenfalls insoweit Berücksichtigung finden müsse, als sie über das jeweilige Transportmittel entscheide. Selbst wenn die halbstündige Rettungstransportzeit nach dem strengen Wortlaut allein die zeitliche Dauer des Transports des Patienten im schnellsten Transportmittel auf dem Weg zwischen den beiden kooperierenden Kliniken meinen könne, verhalte sich auch der neue Wortlaut nicht zu der Frage, welches Transportmittel ausschlaggebend sei, um gerade zu neurochirurgischen Notfalleingriffen grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde eine Verlegung zu ermöglichen. Nach den dargelegten Maßstäben zur Auslegung der Abrechnungsbestimmungen sei der unmittelbare Zugang zu den Behandlungsmaßnahmen und insbesondere neurochirurgischen Notfalleingriffen innerhalb einer halben Stunde zum Kooperationspartner nur dann grundsätzlich erfüllbar, wenn die Einhaltung des Zeitlimits regelhaft jederzeit erfüllbar sei. Hierzu setze Satz 2 des OPS ebenfalls voraus, dass der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels grundsätzlich möglich sein müsse. Grundsätzlich im Sprachgebrauch des OPS wie auch sonst im Recht bedeute, dass Ausnahmen von der Regel entweder unter Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls und/oder in bestimmten Fallgruppen möglich seien. Als Ausnahmen kämen in diesem Sinne Ereignisse in Betracht, deren zufälligem Eintritt im Einzelfall tatsächlich überhaupt nicht begegnet werden könne (zB Straßensperrung durch umgestürzte Bäume infolge Orkans) oder nur mit nicht zumutbarem wirtschaftlichem Aufwand (zB im Fall der Störung des Kommunikationsnetzes, des überraschenden technischen Ausfalls eines Transportmittels oder der ganz ungewöhnlichen Häufung von Rettungstransportanforderungen zur selben Zeit). Auch der von OPS 8-98b geforderte unmittelbare Zugang zu den dort genannten drei Behandlungsmaßnahmen bedinge einen jederzeitigen Zugang. Der Begriff der Unmittelbarkeit habe neben der örtlichen Komponente eine eindeutige zeitliche Komponente, die ein sehr enges Zeitfenster vorgebe. Der Eintritt eines neurochirurgisch zu bewältigenden Notfalls sei jederzeit rund um die Uhr möglich. Der Patient müsse dann jederzeit unmittelbar behandelt werden. Gleiches gelte für die gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen. Nach Ansicht der Kammer stelle der Wortlaut nach wie vor durch die Zusätze, dass ua ein unmittelbarer Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen insofern bestehen müsse, dass der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich sein müsse, auch nach der Klarstellung des DIMDI (und der Änderung von grundsätzlich erfüllbar in grundsätzlich möglich) einen Bezug zu den regelmäßig verfügbaren und tatsächlich regelmäßig verwendbaren Transportmitteln her. Wäre es für ausreichend erachtet worden, dass die Rettungstransportzeit theoretisch eingehalten werden könne, dann hätte es nahegelegen, ohne komplizierte Ausführungen zum Rettungstransport und der erforderlichen Zeit allein eine Kilometergrenze zum Kooperationspartner zu ziehen. Dies habe jedoch auch das DIMDI mit seiner Klarstellung unterlassen und die OPS-Codes selbst seien erst mit Wirkung ab 01.01.2021 wesentlich geändert worden. Denn es gehe - bei der Beklagten gerade auch - um die Sicherstellung von neurochirurgischen Notfalleingriffen. Durch die Verwendung des Wortlauts „unmittelbarer Zusammenhang zu Notfalleingriffen“ sei nach wie vor mit dem Wortlaut klargestellt, dass dieser Eingriff mit Zeitdruck verbunden sei. Es sei daher nicht ausreichend, die Transportzeit nur theoretisch über 24 Stunden täglich (nämlich tagsüber mittels Caus U1 und nachts mittels eines nachtflugfähigen Rettungstransporthubschraubers aus der S1) erfüllen zu können, sie müsse tatsächlich sowohl tagsüber als auch nachts jederzeit möglich, also verfügbar sein. Denn nur so könne ein neurochirurgischer Notfalleingriff tatsächlich auch als solcher durchgeführt werden. Deshalb verpflichte der OPS das Krankenhaus mit dem vorletzten Satz dazu, das schnellstmögliche Transportmittel zu verwenden, wenn der Transport eines Patienten erforderlich sei und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden könne. Bei dem Wortlautverständnis durch die Beklagte bliebe unklar, warum dem Krankenhaus aufgegeben werde, das im Sinne der reinen Transportzeit bezüglich der Zeit des Patienten im Transportmittel schnellstmögliche Transportmittel tatsächlich zu verwenden, wenn das Zeitlimit nur mit diesem eingehalten werden könne, auch wenn sämtliche Dispositionsgrundsätze zur Verwendung dieses Transportmittels dazu im Widerspruch stünden. Nach alledem sei die Rettungstransportzeit anhand desjenigen Transportmittels zu berechnen, das nach medizinischen Grundsätzen grundsätzlich verwendet werde. Die Transportzeit von der Beklagten in das Klinikum K1 (Straßenentfernung 73,7 km und 56,96 km Luftlinie) sei nur dann innerhalb einer halben Stunde möglich, wenn das Transportmittel des Rettungshubschraubers gewählt werde. Denn der Transport mittels Rettungstransportwagen betrage nach der Auskunft des DRK-Kreisverbandes B eV selbst unter Einsatz von Sonderrechten 48,43 Minuten. Die reine Transportzeit eines Patienten mittels Rettungshubschrauber (ob nun zur Vorhaltezeit tagsüber der nächstgelegene Caus U1 oder nachts mittels eines nachtflugfähigen Rettungshubschraubers aus der S1) betrage dagegen nur maximal 18 Minuten. Insbesondere nachts könne die Beklagte jedoch grundsätzlich nicht über einen nachtflugfähigen Rettungstransporthubschrauber verfügen. Dem stünden die medizinischen Grundsätze zur Auswahl des Transportmittels entgegen. Welches Transportmittel bei einem Sekundärtransport verwendet werde, entscheide in B2 nicht das Krankenhaus der Beklagten, das über keine eigenen Transportmittel verfüge, sondern gemäß § 6 Abs 1 RDG die integrierte Leitstelle, die direkt am Krankenhaus der Beklagten eine Rettungswache betreibe. Auch die Einsätze des Luftrettungsdienstes würden ungeachtet der Grenzen der Rettungsdienstbereiche gemäß § 29 Abs 4 RDG von der integrierten Leitstelle gelenkt. Sei ein Intensivtransport erforderlich, werde ein Arzt-zu-Arzt-Gespräch eines Arztes der Beklagten mit einem Arzt des ZKS nach Punkt 7.8 der Dispositionsgrundsätze, die auf Grundlage des § 4 Abs 2 RDG ergangen seien, über das geeignete Transportmittel entscheiden. Dabei sei die Auswahl des Transportmittels an medizinisch notwendigen Kriterien zu orientieren, also letztlich eine Abwägung im Hinblick auf die Verfügbarkeit, Dringlichkeit, Anfahrdauer und vom zurückzulegenden Weg zu treffen. Die Einsatzindikation für die Luftrettung nach Kapitel III 4.21 Rettungsdienstplan 2014 B2, die auf Grundlage des § 3 RDG ergangen sei, sei nur gegeben, wenn ein Lufttransport zur Einhaltung des empfohlenen Zeitintervalls bis zur Aufnahme des Patienten in die für ihn geeignete Klinik erforderlich sei. Rettungstransporthubschrauber könnten zur Verlegung von Notfallpatienten, die während des Fluges intensivmedizinisch betreut werden müssten, eingesetzt werden, sofern eine medizinische Indikation gegeben sei und sie bei zeitlicher Dringlichkeit das nächstverfügbare Rettungsmittel darstellten. Unter diesem Aspekt gelte nach § 7.5 der Dispositionsgrundsätze, dass Einsätze bis zu einer Patientenfahrstrecke von 60 bis 80 km bzw bis zu einer Patiententransportdauer von einer bis eineinhalb Stunden durch das bodengebundene Intensivtransportmittel und in den übrigen Fällen durch einen Intensivtransporthubschrauber durchgeführt werden sollten. Im Jahr 2016 ergebe sich deshalb insbesondere nachts im Krankenhaus der Beklagten in B bei zeitkritischen Verlegungen mangels Vorhaltezeit keine Verfügbarkeit des Rettungstransporthubschraubers in U1 oder aus dem angrenzenden Rettungsdienstbereich V mit C1 der D1, der zur Beklagten eine Entfernung von ca 96 km Luftlinie aufweise. Denn Letzterer sei erst seit 01.01.2017 nachtflugfähig, Ersterer immer noch nicht. Auch ein Intensivtransporthubschrauber sei mangels Vorhaltezeit nachts nicht verfügbar gewesen. Denn sowohl Rettungs- als auch Intensivtransporthubschrauber stünden nach dem Rettungsdienstplan 2014 B2 nur von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zur Verfügung (Kapitel VII 1. und Anlage 2 der Dispositionsgrundsätze). Aufgrund der Entfernung des nächsten nachtflugfähigen Rettungstransporthubschraubers, nämlich aus der S1 (R1 aus S2 mit einer Anflugzeit von ca 27 Minuten, R2 aus Zürich und R3 aus B4), sei aufgrund der Gesamteinsatzdauer dessen Einsatz nur in Einzelfällen, nicht aber grundsätzlich möglich. Denn bei der Frage, ob der Rettungstransporthubschrauber das nächstverfügbare Rettungsmittel darstelle, komme es schon naturgemäß und gerade nach den oben genannten Grundsätzen nicht nur auf die Zeit an, die der Patient im Transportmittel verbringe, sondern auf die Transportentfernung und die Gesamteinsetzdauer mit Vorlauf-, Start-, Anflug- und Landezeit. Deshalb habe die D1 mit Auskunft vom 02.11.2020 bestätigt, dass in der Regel in der Nacht der RTW und das Notarzteinsatzfahrzeug das schnellere Rettungsmittel sei, das bei arztbegleiteten Verlegungen mit vitaler Indikation eingesetzt werde. Gerade also bei einer zeitkritischen Verlegung mit vitaler Indikation zu einem neurochirurgischen Notfalleingriff sei der RTW das Mittel der Wahl. Dies bedeute, dass insbesondere nachts das verfügbare schnellstmögliche Transportmittel der RTW bleibe und dieser damit für die Einhaltung der im OPS geforderten Zeit maßgeblich sei. Da der RTW aber in jedem Fall länger als 30 Minuten zum Kooperationspartner nach K1 benötige, könne die Beklagte die erforderliche Rettungstransportzeit nicht sicherstellen. Somit erfülle die Beklagte das hier streitige Strukturmerkmal des unmittelbaren Zugangs zu neurochirurgischen Notfalleingriffen nicht. Der Zinsanspruch beginne ab Rechtshängigkeit. Die Klägerin könne nur Prozesszinsen nach § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V iVm §§ 291, 288 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geltend machen. Die Klägerin habe den geltend gemachten Zinsanspruch auf 2% begrenzt.
Gegen das ihren Bevollmächtigten am 07.01.2021 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 25.01.2021 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung. Die Beklagte hat ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren wiederholt und vertieft. Ihre Abrechnung sei richtig. Sie habe die Diagnosen medizinisch richtig und leitliniengerecht bestimmt. Unter Anwendung der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) seien die Diagnosen und Prozeduren richtig verschlüsselt worden. Nach dem sogenannten Grouping habe sich die abgerechnete DRG ergeben. Die Beteiligten stritten allein vorliegend um die Frage, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, die OPS-Prozedur 8-98b zu verschlüsseln. Zwischen den Beteiligten sei allein streitig, ob die Verlegung innerhalb von 30 Minuten erfolgen könne und wie diese Verlegungszeit zu berechnen sei. Richtig sei, dass sie - die Beklagte - nicht über eine Klinik für Neurochirurgie und eine Klinik für Neuroradiologie (neuroradiologische Behandlungsmaßnahmen) verfüge. Seit vielen Jahren kooperiere sie mit verschiedenen anderen Krankenhäusern zur Gewährleistung neurochirurgischer Notfalleingriffe und neuroradiologischer Behandlungsmaßnahmen. Grund dafür sei gewesen, dass der Landesgesetzgeber über den Landeskrankenhausplan und ein gesondertes Schlaganfallkonzept eine hinreichend schnelle Behandlung von Schlaganfällen in der Region habe sicherstellen wollen. Bei Schlaganfällen sei insbesondere ein möglichst schneller und frühzeitiger Behandlungsbeginn entscheidend, um eine möglichst vollständige Genesung zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund habe die Landesregierung über den Landeskrankenhausplan und das gesonderte Schlaganfallkonzept lokale Schlaganfallstationen vorgesehen, regionale Schlaganfallschwerpunkte und Schlaganfallzentren (Stroke-Units). Im Landeskrankenhausplan und dem zugehörigen Feststellungsbescheid sei das Krankenhaus der Beklagten auch für Schlaganfallversorgung geplant. Durch die Corrigenda des DIMDI sei klargestellt, dass es ausschließlich auf die Zeit ankomme, die der Patient im Transportmittel verbringe, und die Rüst- und Rufzeiten keine Relevanz besäßen. Außerdem sei darin klargestellt, dass ausschließlich die Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels für die Berechnung relevant sei. Für das Strukturmerkmal komme es nur darauf an, ob der Transport mittels eines Rettungshubschraubers, jedenfalls soweit die beteiligten Krankenhäuser über einen Hubschrauberlandeplatz verfügten, erfüllt werden könne, also, ob der Transport dann weniger als eine halbe Stunde dauere, gemessen anhand der Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringe. Vorliegend verfügten sämtliche beteiligte Krankenhäuser über einen Hubschrauberlandeplatz, der auch nachts ohne weitere Vorkehrungen angeflogen werden könne. Die Transportzeiten zwischen den beteiligten Krankenhäusern dauerten maximal 18 Minuten. Damit sei das Strukturmerkmal nachgewiesen. Lediglich in Fällen, wo aus anderen Gründen möglicherweise ein anderes Transportmittel gewählt werden müsse, an solche Fälle denke auch das SG, dürfe der Code nur angegeben werden, wenn der Transport innerhalb der oben genannten Frist erfolgt sei. Sei dies im Einzelfall nicht möglich, etwa weil das schnellstmögliche Transportmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht habe verwendet werden können, so dürfe der Code nicht angegeben werden. In dem hier streitigen Fall sei jedoch keine Verlegung erfolgt, sodass die Frage keine Relevanz besitze. Der Code nehme in der Fassung der Klarstellung den Befürchtungen des SG jedenfalls den Wind aus den Segeln, sodass die Entscheidung insgesamt nicht nachvollziehbar sei. Das SG setze sich insoweit klar erkennbar über den Willen des Gesetzgebers sowie die Klarstellung des DIMDI hinweg. Vielmehr mache das SG hier Erwägungen, die allenfalls dem Sinn und Zweck der Norm entsprechen könnten. Jedoch gelte für Vergütungsstreitigkeiten der Grundsatz der wortlautgetreuen Auslegung. Letztlich setze das SG die eigene Zweckmäßigkeitserwägung über den Wortlaut des Gesetzes und damit den Vorrang des Gesetzes. Im Übrigen sei mit der Auslegung des SG, anders als eigentlich beabsichtigt, für Patienten gar nichts gewonnen. Denn wenn sich die Bewertung des SG durchsetze und die regionalen Schlaganfalleinheiten abgewickelt würden, die in 95% der Fälle ohne Verlegung behandelten, dauere es in allen Fällen entsprechend länger, bis eine Behandlung überhaupt begonnen werde. Dies hätte zur Folge, dass vielfach eine Lysetherapie nicht mehr möglich sei und in vielen Fällen auch irreversible Schäden bei Patienten eingetreten seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts U1 vom 17.12.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Darüber hinaus sei dem Urteil des BSG vom 19.06.2018 (B 1 KA 39/17 R) zu folgen. Darin habe das BSG richtigerweise festgehalten, dass die halbstündige Transportentfernung das Zeitintervall zwischen Rettungstransportbeginn, dh dem Ingangsetzen der Rettungskette durch die Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, und Rettungstransportende, dh der Übergabe des Patienten an die behandelnde Einheit im Kooperationspartnerkrankenhaus, meine. Dieses Verständnis stehe mit den selbstgesetzten OPS-Interpretationsregeln in Einklang, nach denen man sich eng am Wortlaut zu orientieren habe und systematische Erwägungen unterstützend heranziehen könne. Hieran ändere auch die DIMDI-Klarstellung vom 03.12.2018 nichts. Die Ermächtigungsgrundlage des § 301 Abs 2 Satz 4 bzw Satz 6 SGB VI, die das DIMDI bemüht habe, sei verfassungswidrig. Zur letztverbindlichen Interpretation von Normen sei allein die rechtsprechende Gewalt berufen, die gemäß Art 92 GG den Richtern anvertraut sei. Der Gesetzgeber habe massiv die Prüfungskompetenz der Gerichte untergraben, indem er das DIMDI unter Berufung auf vermeintliche Auslegungsunsicherheiten zu rückwirkenden Klarstellungen/Änderungen ermächtigt habe. Bei dem DIMDI handele es sich zudem um eine völlig intransparente Unterbehörde des Bundesgesundheitsministeriums. Die zur Rechtfertigung der echten Rückwirkung herangezogene Begründung, die Rechtsprechung des BSG habe die flächendeckende Schlaganfallversorgung in der Bundesrepublik gefährdet, sei nicht überzeugend. Es stimme zwar, dass von Seiten der Krankenhäuser behauptet werde, dass durch die Urteile des BSG die flächendeckende Schlaganfallversorgung gefährdet sei. Diese Behauptung sei jedoch nicht empirisch bewiesen und nachgeprüft worden. Die Behauptung sei auch in den Rechtsstreitigkeiten, die zu den BSG-Urteilen geführt hätten, nicht vorgebracht worden. Erst im Nachhinein habe man gemeint, aufschreien zu müssen. Die Bevollmächtigten der Klägerin betreuten seit 2019 ca 2.000 Klagefälle, die die Stroke-Unit-Thematik zum Inhalt hätten. Im Verlauf der Rechtsstreitigkeiten sei es zahlreichen Krankenhäusern gelungen, die Klägerin davon zu überzeugen, dass sie die halbstündige Transportentfernung auch unter Zugrundelegung der BSG-Kriterien einzuhalten vermögen. Selbst wenn es die behauptete Gefährdung der bundesweiten Schlaganfallversorgung durch die BSG-Urteile vom 19.06.2018 gegeben haben sollte, frage es sich, wie dieser Einzelfall die als Dauerrecht ausgestaltete Ermächtigungsgrundlage des § 301 Abs 2 Satz 4 bzw 6 SGB V rechtfertigen solle. Im Übrigen hätten auch die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm nicht vorgelegen. Das Tatbestandsmerkmal der Auslegungsfrage könne nur im Sinne einer undurchsichtigen und verworrenen Rechtslage verstanden werden. Eine solche habe bezüglich des OPS 8-98b nicht vorgelegen. Die Auslegung des OPS 8-98b sei durch die Rechtsprechung des BSG geklärt gewesen. Das einzige, was im Zeitpunkt der DIMDI-Klarstellung am 03.12.2018 vorgelegen habe, sei eine Unzufriedenheit der unterlegenen Krankenhausseite gewesen, die mit der Entscheidung des BSG nicht einverstanden gewesen sei und die - krankenkassenseitige Rückforderung fürchtend - gemeint habe, beim Gesetzgeber intervenieren zu müssen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) eingelegte Berufung der Beklagten ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG). Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat der Klage zu Recht stattgegeben.
Die Klage ist zulässig. Die Klägerin hat mit der erhobenen echten Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt, da es sich bei der auf Erstattung der an den Krankenhausträger geleisteten Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen einen Krankenhausträger um einen sogenannten Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis handelt, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (vgl BSG 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R, BSGE 117, 82; BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, juris Rn 9). Die Klägerin hat den geltend gemachten Erstattungsanspruch konkret beziffert. Dies gilt gleichermaßen für den geltend gemachten Zinsanspruch. Insoweit reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl BeckOK ZPO/Bacher, 41. Ed 01.07.2021, ZPO § 253 Rn 67).
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Erstattungsanspruch iHv 868,33 € nebst Prozesszinsen.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte im Hinblick auf den stationären Krankenhausaufenthalt der Versicherten in der Zeit vom 26.03.2016 bis zum 31.03.2016 ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 866,33 € zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten: BSG 14.10.2014, B 1 KR 27/13 R, BSGE 117, 82; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, juris Rn 10), denn die ursprüngliche Zahlung der Klägerin erfolgte insoweit ohne Rechtsgrund. Der Beklagten steht insoweit kein Vergütungsanspruch gegen die Klägerin für die stationäre Behandlung der Versicherten zu.
Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Beklagten ist § 109 Abs 4 SGB V. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iSv § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Zunächst handelt es sich bei der Beklagten um ein zugelassenes Krankenhaus (§ 108 SGB V). Vorliegend bedurfte die Versicherte wegen der notfallmäßig aufgetretenen zerebralen transitorischen Ischämie der stationären Krankenhausbehandlung in einer auf die Behandlung des akuten Schlaganfalls spezialisierten Einheit. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, wobei die Ermittlungspflicht des Senats mangels Einschaltung des MDK durch die Klägerin und Durchführung einer Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs 3a SGB V in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung ohnehin beschränkt ist (vgl zB BSG 22.06.2022, B 1 KR 19/21 R). Im Übrigen war es der Klägerin aber nicht verwehrt, sich wegen der Abrechnung der Beklagten auf die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit zu berufen und die nicht verjährte Erstattungsforderung geltend zu machen.
Zu Recht sind die Beteiligten sich darüber einig, dass der Anspruch der Beklagten auf die hier streitige Vergütung iHv 863,33 € voraussetzt, dass die DRG B69C abzurechnen war und dafür die Beklagte den OPS 8-98b hätte kodieren dürfen. Wenn Rechnungsposten von (normen)vertraglichen Vereinbarungen zahlenförmigen Inhalts mit abhängen und beide Beteiligte insoweit eine besondere professionelle Kompetenz aufweisen, bedarf es keiner weiteren Ermittlungen, wenn die Berechnungsergebnisse keinem Streit zwischen den Beteiligten ausgesetzt sind und sonstige konkrete Umstände keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung ergeben (zB BSG 19.06.2018, B 1 KR 39/17 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 10). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Die Beklagte durfte in dem hier streitigen Behandlungsfall den OPS 8-98b nicht berechnen, weil sie in der streitigen Zeit keine neurochirurgischen Notfalleingriffe in einer eigenen Abteilung vorhielt und der Transport eines Patienten zu ihrem Kooperationspartner (Krankenhaus K1) unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels nicht grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich war.
Die konkrete Höhe des dem Krankenhaus zustehenden Vergütungsanspruches bemisst sich gemäß § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V nach Maßgabe des KHG und des KHEntgG. Nach § 7 Satz 1 KHEntgG werden die allgemeinen Krankenhausleistungen gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit verschiedenen, in den Nrn 1 bis 8 abschließend aufgezählten Entgelten abgerechnet. Hier geht es um die Abrechnung von Fallpauschalen (DRG) nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 7 Satz 1 Nr 1 iVm § 9 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit hiervon zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (Nr 1), einen Katalog ergänzender Zusatzentgelte (Nr 2) sowie die Abrechnungsbestimmungen für die Fallpauschalen und die sonstigen Entgelte (Nr 3). Maßgeblich sind hier der für das Jahr 2016 vereinbarte Fallpauschalen-Katalog (G-DRG-Version 2014) und die Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2016.
Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG = Diagnosis Related Groups) geordnet. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (dazu und zum Folgenden BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, jeweils unter Hinweis auf BSGE 109, 236 ff). Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalles in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene - zertifiziert worden sind.
Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind, zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum, oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom DIMDI im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikationen des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS - hier in der Version 2016). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R).
Die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft (dazu und zum Folgenden: BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht. Nur dann kann eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, ihren Zweck erfüllen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes (§ 17b Abs 2 S 1 KHG) und damit „lernendes“ System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, diese mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (vgl zB BSG 19.06.2018, B 1 KR 39/17 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 10).
Umstritten ist vorliegend allein, ob die Beklagte berechtigt war, den OPS 8-98b zu kodieren. OPS 8-98b setzte im Jahr der hier streitigen Behandlung (2016) eine „Andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls“ mit folgenden Mindestmerkmalen voraus:
„Behandlung auf einer spezialisierten Einheit durch ein multidisziplinäres, auf die Schlaganfallbehandlung spezialisiertes Team unter fachlicher Behandlungsleitung durch einen Facharzt für Neurologie oder einen Facharzt für Innere Medizin (in diesem Fall muss im Team der neurologische Sachverstand kontinuierlich eingebunden sein) mit: …
unmittelbarem Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen (Es gibt jeweils eine eigene Abteilung im Hause oder einen Kooperationspartner in höchstens halbstündiger Transportentfernung (Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende). Das Strukturmerkmal ist erfüllt, wenn die halbstündige Transportentfernung unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (z.B. Hubschrauber) grundsätzlich erfüllbar ist. Wenn der Transport eines Patienten erforderlich ist und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden kann, muss dieses auch tatsächlich verwendet werden. Wenn ein Patient transportiert wurde und die halbe Stunde nicht eingehalten werden konnte, darf der Kode nicht angegeben werden.“
Das BSG hat in den Urteilen vom 19.06.2018 (B 1 KR 39/17 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 10, und B 1 KR 38/17 R, NZS 2018, 981), denen sich der Senat anschließt, ausgeführt, welche Voraussetzungen an die höchstens halbstündige Transportentfernung und deren grundsätzliche Erfüllbarkeit zu stellen sind (juris Rn 18 ff):
„bb) Nach diesen Maßstäben ist der "unmittelbare Zugang" zu den Behandlungsmaßnahmen in halbstündiger Transportentfernung zum Kooperationspartner nur dann "grundsätzlich erfüllbar", wenn die Einhaltung des Zeitlimits regelhaft jederzeit erfüllbar ist. Dies folgt aus Wortlaut und Regelungssystem.
"Grundsätzlich" bedeutet im Sprachgebrauch des OPS wie auch sonst im Recht, dass Ausnahmen von der Regel entweder unter Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls und/oder in bestimmten Fallgruppen möglich sind. Als Ausnahmen kommen in diesem Sinne Ereignisse in Betracht, deren zufälligem Eintritt im Einzelfall tatsächlich überhaupt nicht begegnet werden kann (zB Straßensperrung durch umgestürzte Bäume infolge Orkans) oder nur mit nicht zumutbarem wirtschaftlichem Aufwand, zB im Falle der Störung des Kommunikationsnetzes, des überraschenden technischen Ausfalls eines Transportmittels oder der ganz ungewöhnlichen Häufung von Rettungstransportanforderungen zur selben Zeit. Auch der von OPS 8-98b geforderte "unmittelbare Zugang" zu den dort genannten drei Behandlungsmaßnahmen bedingt einen jederzeitigen Zugang. Der Begriff der Unmittelbarkeit hat neben der örtlichen Komponente eine eindeutige zeitliche Komponente, die ein sehr enges Zeitfenster vorgibt. Der Eintritt eines neurochirurgisch zu bewältigenden Notfalls ist jederzeit rund um die Uhr möglich. Der Patient muss dann jederzeit unmittelbar behandelt werden. Gleiches gilt für die gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen. Die zeitlichen Anforderungen an alle drei Behandlungsmaßnahmen sind gleich.
Die Einhaltung des Zeitlimits muss auch nach dem Regelungssystem regelhaft jederzeit erfüllbar sein. Leitbild des "unmittelbaren Zugangs zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen" ist für OPS 8-98b die Inanspruchnahme einer geeigneten anderen Abteilung im eigenen Krankenhaus. OPS 8-98b hebt hiermit augenfällig für den "unmittelbaren Zugang" auf die Nähe hinsichtlich Zeit und Ort der (Be-)Handlung ab. OPS 8-98b lässt die Verlegung in ein anderes Krankenhaus eines Kooperationspartners nur als zweitbeste Lösung zu. Hierbei muss der "unmittelbare Zugang" aber vergleichbar regelhaft jederzeit gewährleistet sein.
cc) Die höchstens halbstündige Transportentfernung bemisst sich nach dem Zeitintervall zwischen Rettungstransportbeginn, dem Ingangsetzen der Rettungskette durch die Entscheidung, ein Transportmittel anzufordern, und Rettungstransportende, der Übergabe des Patienten an die behandelnde Einheit im Kooperationspartner-Krankenhaus. Dies folgt aus Wortlaut und Binnensystematik von OPS 8-98b.
OPS 8-98b definiert die Transportentfernung nicht räumlich, sondern nur zeitlich. OPS 8-98b spricht von einer "halbstündige(n)" Transportentfernung. Die Klammerdefinition erläutert, dass es um die "Zeit zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende" geht. Dies meint die gesamte Zeit, die die Rettungskette benötigt, um einen Patienten vom zunächst behandelnden Krankenhaus in die behandelnde Einheit im Kooperationspartner-Krankenhaus zu verlegen. Die Klammerdefinition stellt bewusst auf die Inanspruchnahme des gesamten Rettungstransportsystems ab, auf die Rettungskette, nicht nur auf Teilabschnitte wie die reine Transportzeit eines Transportmittels.
Eine andere Auslegung des Begriffs der Transportentfernung wäre mit jenem des unmittelbaren Zugangs unvereinbar. Er setzt für den das Leitbild prägenden Grundfall (Krankenhaus verfügt über alle Abteilungen) voraus, dass der Patient am selben Ort innerhalb eines sehr engen Zeitfensters neurochirurgisch, gefäßchirurgisch oder interventionell-neuroradiologisch behandelt werden kann. Diese Grundlage würde verlassen, wenn nicht die Zeit der Rettungskette maßgeblich wäre, sondern - wie die Klägerin fälschlich meint - nur die Zeit, in der sich der Patient im Transportmittel befindet. Die von OPS 8-98b vorgegebene zeitliche Begrenzung auf höchstens eine halbe Stunde ließe sich - systemwidrig - erheblich erweitern, wenn bei Einsatz des Rettungshubschraubers als Transportmittel Vorbereitungs- und Rüstzeiten (zB Zeit für Alarmierung, Flugplanung bei Dunkelheit, Startvorbereitungen) sowie Anflugzeiten von einem dritten Ort unerheblich wären. Die von der Klägerin vertretene vermeintlich enge Wortauslegung des Transportbegriffs bedeutete in Wahrheit eine überdehnende Auslegung des Begriffs des (noch) unmittelbaren Zugangs zu den genannten Behandlungsmaßnahmen.“
Zwischenzeitlich hat das DIMDI auf Grundlage der zum 01.01.2019 in Kraft (Gesetz vom 11.12.2018, BGBl I 2394) getretenen § 295 Abs 1 Satz 4 (nunmehr § 295 Abs 1 Satz 6 SGB V) und § 301 Abs 2 Satz 4 SGB V (nunmehr § 301 Abs 2 Satz 6 SGB V) in seiner Corrigenda zum OPS 2019 mit Rückwirkung (vgl zur Frage der Verfassungsmäßigkeit/-widrigkeit zB SG München 25.06.2020, S 12 KR 1865/18, MedR 2021, 296, mit Anmerkung Bockholdt, jurisPR-SozR 21/2020 Anm 1; Huster/Stöttchen, SGb 2019, 527; Kingreen, SGb 2019, 588; Rixen, SGb 2019, 654; offen gelassen von BSG 20.01.2021, B 1 KR 31/20 R, SozR 4-2500 § 109 Nr 84) zum 01.01.2014 das hier streitige Mindestmerkmal wie folgt gefasst:
„unmittelbarem Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen (Es gibt jeweils eine eigene Abteilung im Hause oder einen Kooperationspartner, der innerhalb einer halben Stunde zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende (das ist die Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt) erreichbar ist. Das Strukturmerkmal ist erfüllt, wenn der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (z.B. Hubschrauber) grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich ist. Wenn der Transport eines Patienten erforderlich ist und das Zeitlimit nur mit dem schnellstmöglichen Transportmittel eingehalten werden kann, muss dieses auch tatsächlich verwendet werden. Wenn ein Patient transportiert wurde und die halbe Stunde nicht eingehalten werden konnte, darf der Kode nicht angegeben werden.“
Diese Klarstellung betrifft - unabhängig von der Frage der Verfassungsmäßigkeit - allein die Bestimmung der Zeit des Transports von dem Krankenhaus zu seinem Kooperationspartner. Anders, als das BSG den OPS 8-98b ausgelegt hat, bemisst sich die höchstens halbstündige Transportentfernung nicht nach dem Zeitintervall zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende iS der Rettungskette, sondern es genügt, dass der Kooperationspartner innerhalb einer halben Stunde zwischen Rettungstransportbeginn und Rettungstransportende (Zeit, die der Patient im Transportmittel verbringt) erreichbar ist. Im ersten Satz der Klarstellung wird nach wie vor aber ein unmittelbarer Zugang zu neurochirurgischen Notfalleingriffen sowie zu gefäßchirurgischen und interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen vorausgesetzt. Dieser besteht ua dann, wenn der Kooperationspartner innerhalb von 30 Minuten mit einem Transportmittel erreichbar ist. Mit dem Begriff „erreichbar“ wird darauf abgestellt, dass der Transport zum Kooperationspartner tatsächlich ausführbar, durchführbar, machbar und möglich ist sowie der Kooperationspartner mit Rettungsmitteln erreichbar ist. Der zweite Satz der Klarstellung bestimmt, dass das Strukturmerkmal (Erreichbarkeit des Kooperationspartners innerhalb von 30 Minuten) erfüllt ist, wenn der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels (zB Hubschrauber) grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich ist. Damit wird der Begriff „grundsätzlich“ aufgenommen, den das BSG iS einer Regel ausgelegt hat. Unschädlich bei der Frage der Einhaltung der Transportzeit sind Ausnahmen von der Regel unter Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls und/oder in bestimmten Fallgruppen (zB Straßensperrung durch umgestürzte Bäume infolge Orkans, Störung des Kommunikationsnetzes, überraschender technischer Ausfall eines Transportmittels, ganz ungewöhnliche Häufung von Rettungstransportanforderungen zur selben Zeit). Weiterhin hat das BSG in Zusammenschau mit dem Erfordernis des unmittelbaren Zugangs zu den genannten intensivmedizinischen Behandlungsmaßnahmen dem Mindestmerkmal sowohl eine räumliche als auch eine zeitliche Komponente entnommen und klargestellt, dass der unmittelbare Zugang regelhaft jederzeit, dh rund um die Uhr (24 Stunden je Tag), erfüllbar sein muss. Der zweite Satz der Corrigenda des DIMDI zu dem OPS 8-98b hat den Begriff „erfüllbar“ durch den Begriff „möglich“ ausgetauscht. Damit ist gemeint, dass der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels grundsätzlich innerhalb der genannten Zeitspanne durchführbar, machbar, realisierbar, realistisch und umsetzbar sein muss. Dies steht in Einklang mit dem in Satz 1 formulierten Erfordernis „erreichbar“ iS von tatsächlich ausführbar, durchführbar, machbar und möglich. Daraus folgt, dass der Transport unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels innerhalb von 30 Minuten rund um die Uhr, dh auch nach Sonnenuntergang und in der Nacht, im Regelfall tatsächlich ausführbar, durchführbar, machbar und möglich sein muss. Daraus ergibt sich auch, dass in den Blick genommen werden muss, welche Transportmittel nach den normativen Vorgaben und der tatsächlichen Ausstattung des Rettungswesens im Regelfall rund um die Uhr für eine Verlegung vom Krankenhaus der Beklagten zu ihren Kooperationspartnern zur Verfügung stehen. Mit einem grundsätzlich bzw im Regelfall während der Nacht nicht zum Einsatz kommenden Transportmittel kann ein unmittelbarer Zugang von vornherein nicht erreicht werden. Denn es würde entgegen der Regelung im OPS 8-98b, die wie dargelegt auf den unmittelbaren Zugang sowie die grundsätzliche Erreichbarkeit des Kooperationspartners abstellt, bei Berücksichtigung eines im Regelfall nicht zur Verfügung stehenden Transportmittels ein unmittelbarer Zugang und Erreichbarkeit lediglich fingiert. Es würde auf ein Transportmittel verwiesen, das im Regelfall tatsächlich gar nicht zugänglich ist. Weiterhin streitet für das vorliegende Verständnis, dass keine Ausnahme iS der dargestellten Rechtsprechung des BSG (vergleichbar mit einer Straßensperrung, umgestürzten Bäume etc) vorliegt. Der Umstand, dass - ggf zeitlich temporär (zB nach Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang bzw in der Nacht) - ein Transportmittel im Regelfall nicht zur Verfügung steht (kein Einsatz eines Hubschraubers während der Nacht) und nur in besonderen Ausnahmefällen eingesetzt wird, kann eine grundsätzliche Erreichbarkeit nicht vermitteln. Das DIMDI hat auf das Erfordernis des unmittelbaren Zugangs sowie der grundsätzlichen Erreichbarkeit rund um die Uhr gerade nicht verzichtet (vgl die alternativen Formulierungsvorschläge von Estelmann, NZS 2018, 961/963 und Pitz, NZS 2018, 965/967 sowie die seit 2021 geltenden Fassung des OPS 8-98b).
In Anwendung dieser Maßstäbe durfte die Beklagte in dem hier streitigen Behandlungsfall den OPS 8-98b nicht berechnen, weil sie in der streitigen Zeit keine neurochirurgischen Notfalleingriffe in einer eigenen Abteilung vorhielt und der Transport eines Patienten zu ihrem Kooperationspartner (Krankenhaus K1) unter Verwendung des schnellstmöglichen Transportmittels nicht grundsätzlich innerhalb einer halben Stunde möglich war. Dabei steht für den Senat fest, dass zwar in der hier streitigen Zeit sowohl am Krankenhaus der Klägerin als auch bei den Kooperationspartnern jeweils ein nachtflugtauglicher Hubschrauberlandeplatz vorhanden war, im Rettungswesen des Landes B2 indes in der streitigen Zeit kein Hubschrauber für Notfalleinsätze und Sekundartransporte bzw Intensivtransporte (vgl § 2 Abs 2 Satz 1 RDG; Rettungsdienstplan B2 2016, GBl 2014, 156) nach Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bzw in der Nacht stationiert war und während der Nachtzeit bei einer Patientenfahrstrecke von 60 bis 80 km bzw 1 bis 1 ½ Stunden grundsätzlich als schnellstes bodengebundenes Rettungsmittel der Rettungs- bzw Intensivtransportwagen zum Einsatz kam, dieser aber für die Fahrt vom Krankenhaus der Beklagten bis zum Kooperationskrankenhaus in K1 ca 48 Minuten (Zeit der Fahrt vom Einsatz- zum Zielort) benötigte. Somit stand der Beklagten nach Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang bzw in der Nacht im Regelfall für eine Verlegung kein Hubschrauber zur Verfügung. Die Beklagte verfügte über keinen Rettungshubschrauber, sondern griff im Fall der Notwendigkeit der Verlegung eines Schlaganfallpatienten in das Krankenhaus einer Kooperationsklinik auf den Rettungsdienst zurück. Dies entnimmt der Senat den Angaben der Beteiligten, den vom SG bei dem DRK Kreisverband eV und der D1 gemeinnützige AG F eingeholten Auskünften sowie den normativen Vorgaben des Rettungswesens in B2.
Gegenstand der Notfallrettung ist nach § 1 Abs 2 Satz 1 RDG ua, Notfallpatienten unter fachgerechter Betreuung in eine für die weitere Versorgung geeignete Einrichtung zu befördern. Notfallpatienten sind nach § 1 Abs 2 Satz 2 RDG Kranke oder Verletzte, die sich - wie Schlaganfallpatienten - in Lebensgefahr befinden oder bei denen schwere gesundheitliche Schäden zu befürchten sind, wenn sie nicht umgehend medizinische Hilfe erhalten. Dabei stellen die Transporte anlässlich einer medizinisch notwendigen Verlegung eines Schlaganfallpatienten in das Krankenhaus eines Kooperationspartners einen Rettungseinsatz iSd § 2 Abs 2 RDG dar. Es handelt sich um sog Intensivtransporte, dh Sekundäreinsätze zur Beförderung eines intensivüberwachungs- und behandlungspflichtigen Patienten, bei dem Notarzt und Rettungsassistenz mit besonderer intensivmedizinischer Qualifikation sowie ein geeignetes Rettungsmittel erforderlich sind (Ziff III.4.3 des Rettungsdienstplanes 2014). Gemäß § 8 Abs 1 RDG sind für die Notfallrettung und den Krankentransport Krankenkraftwagen und Notarzteinsatzfahrzeuge als Rettungsfahrzeuge einzusetzen. Ergänzend kommen Rettungstransporthubschrauber in der Notfallrettung sowie für Primär- oder Sekundärtransporte zum Einsatz (§ 8 Abs 2 RDG). Die Einzelheiten werden im Rettungsdienstplan des Landes B2 (hier in der maßgeblichen Fassung vom 18.02.2014; vgl nochmals GBl 2014, 156) geregelt. Dort werden ua die Standorte der Rettungshubschrauber bei geeigneten Krankenhäusern festgelegt (§ 3 Abs 2 Satz 3 RDG). Nach § 29 Abs 4 RDG werden die Einsätze des Luftrettungsdienstes ungeachtet der Grenzen der Rettungsdienstbereiche von der Integrierten Leitstelle gelenkt, die im Rettungsdienstplan dafür festgelegt ist. Nach Ziff III.4.2.2 und 4.2.3 des Rettungsdienstplanes können zur Verlegung von Notfallpatienten Rettungshubschrauber (RTH) und Intensivtransporthubschrauber (ITH) eingesetzt werden, sofern eine medizinische Indikation für einen Transport durch den Hubschrauber gegeben ist. Dabei sind die Grundsätze zur Durchführung von Intensivtransporten in B2 zu beachten (Ziff III.4.2.3 und 4.3 des Rettungsdienstplanes). Die Intensivtransporte werden landesweit über die Zentrale Koordinierungsstelle (ZKS) disponiert (Ziff III.4.3, IV.2.2 und V.4.2 des Rettungsdienstplanes; ferner Ziff 7 der Grundsätze des Landesausschusses für den Rettungsdienst). Der Rettungsdienstplan 2014 legte als Rettungshubschrauberstandorte K2, L1, F1, U1 (B1krankenhaus) und V sowie als Intensivtransporthubschrauberstandorte S3, M und F2 fest (Ziff V.6.2 und 6.3. des Rettungsdienstplanes; ferner Anlage 2 zu den Grundsätzen des Landesausschusses für den Rettungsdienst). Diese Rettungshubschrauber standen nach Ziff VII.1 in der Regel von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zur Verfügung (ferner Anlage 2 zu den Grundsätzen des Landesausschusses für den Rettungsdienst: von 7.00 bzw 8.00 Uhr bis Sonnenuntergang). Nach den Dispositionsgrundsätzen hat sich der Einsatz von Intensivtransportmitteln zunächst an den medizinisch notwendigen Kriterien und dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 SGB V zu orientieren (Ziff 7.5 der Grundsätze des Landesausschusses für den Rettungsdienst nebst Anlage 5). Nach diesen Maßstäben galt grundsätzlich als Dispositionsgrundsatz für die allein für die Wahl des Transportmittels zuständige ZKS, „dass Einsätze bis zu einer Patientenfahrstrecke von 60-80 km bzw. bis zu einer Patiententransportdauer von 1 bis 1 ½ Stunden durch das bodengebundene Intensivtransportsystem (ITW) und in den übrigen Fällen durch einen ITH durchgeführt werden sollen“.
Aus diesen Regelungen und Vorgaben ergibt sich zunächst, dass die Beklagte im Falle einer medizinisch notwendigen Verlegung in ein Kooperationskrankenhaus nicht über einen Hubschrauber disponieren, sondern einen solchen lediglich bei der ZKS anfordern konnte. Diese Stelle hatte eigenständig und für die Beklagte verbindlich nach den dargestellten Dispositionsgrundsätzen über die Wahl des Rettungsmittels zu entscheiden. Weiterhin ergibt sich aus dem Rettungsdienstplan, dass in B2 nach Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang, dh in der Nacht, gar kein Rettungs- und Intensivtransporthubschrauber zur Verfügung stand und zum Einsatz kam. Im Falle einer Anforderung eines Intensivtransports seitens der Beklagten während der Nacht zur Verlegung eines Schlaganfallpatienten in eines der Krankenhäuser der Kooperationspartner hatte die ZKS aber auch schon aufgrund des rettungsdienstrechtlichen Dispositionsgrundsatzes einen Rettungstransportwagen (RTW) zu disponieren, weil die Kooperationspartner sich allesamt in einer Entfernung unter 80 km befinden und mittels RTW unter einer Stunde zu erreichen waren. Dies entnimmt der Senat den vom DRK-Kreisverband B eV mit Schreiben vom 19.10.2020 (Bl 124/125 der SG-Akten) mitgeteilten Zeiten. Danach dauerten die Fahrten zwischen dem Krankenhaus der Beklagten, wo sich eine Rettungswacht befindet und eine (gesonderte) Anfahrt des RWT nicht erforderlich ist, und dem Uniklinikum U1 zwischen 31,07 Minuten bis 45,18 Minuten, und dem B1krankenhaus U1 zwischen 28,98 Minuten bis 39,71 Minuten sowie dem Krankenhaus K1 48,43 Minuten. Die Beklagte hat keinerlei Einwendungen gegen diese Angaben erhoben. Der Senat hat keine Zweifel, dass diese Angaben, die auf Einsätzen im Jahr 2020 beruhen, auch auf die Verkehrsverhältnisse 2016 übertragbar sind und die seinerzeitige Patiententransportdauer widerspiegeln. Dass in der hier streitigen Zeit im Falle einer Anforderung eines Intensivtransportmittels seitens der Beklagten in der Nacht zur Verlegung eines Schlaganfallpatienten in ein Kooperationskrankenhaus die ZKS im Regelfall einen RTW disponiert hätte, hat auch die D1 gemeinnützige AG F mit Schreiben vom 02.11.2020 (Bl 172/188 der SG-Akten) bestätigt. Danach war bei arztbegleiteten Verlegungen mit vitaler Indikation in der Nacht grundsätzlich der RTW das schnellstmögliche Rettungsmittel. Zwar konnte die ZKS auch die in der S1 stationierten Rettungshubschrauber (zB R2 S2, Anflugzeit nach B ca 25 Minuten zzgl Vorlaufzeit, Start- und Landezeit, wetterbedingte Umwege), die anders als die in B2 stationierten Hubschrauber auch in der Nacht einsatzbereit sind, anfordern, jedoch kam dies - unter Zugrundlegung der Dispositionsgrundsätze - grundsätzlich nicht in Betracht. Nur in besonderen Ausnahmefällen, mit denen nicht grundsätzlich und regelhaft zu rechnen war, wäre die Disposition eines Rettungshubschraubers aus der S1 durch die ZKS möglich gewesen. Demnach war nach den rettungsdienstrechtlichen Vorgaben und tatsächlichen Gegebenheiten des Rettungsdienstes in B2 in der streitigen Zeit in der Nacht der RWT das schnellstmögliche Transportmittel. Dieser benötigte für die Zeit, die der Patient im Transportmittel auf der Fahrt in das Kooperationskrankenhaus K1 verbringt, ca 48 Minuten, mithin deutlich mehr als eine halbe Stunde (= 30 Minuten).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 155 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Hs 1 SGG iVm §§ 63, 52 Abs 1, 3, 47 GKG, wobei sich der geltend gemachte Zinsanspruch gemäß § 43 GKG nicht streitwerterhöhend auswirkt.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.