1. Auch eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG erfordert - als ungeschriebene Voraussetzung - ein pflichtwidriges Verhalten.
2. Diese Pflichtverletzung kann nur im pflichtwidrigen Verweilen im Bundesgebiet bestehen und beinhaltet neben der Kenntnis von der Rückkehrmöglichkeit mit Fristsetzung auch, dass die Rückkehr in das Schutz gewährende Lande möglich und zumutbar ist.
3. Die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer Rückkehr ergibt sich aufgrund der Entscheidung im Asylverfahren bzw. ist unter Berücksichtigung der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung vorzunehmen.
I. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 9. September 2022 aufgehoben, der Bescheid des Beklagten vom 25. Juni 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Oktober 2021 abgeändert und der Beklagte verurteilt, den Klägern für die Monate Juli bis Dezember 2021 Grundleistungen nach Bedarfsstufe 2 zu bewilligen.
II. Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist, ob die Kläger für die Monate Juli bis Dezember 2021 höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beanspruchen können.
Der Kläger zu 1 und die Klägerin zu 2 sind 1970 bzw. 1972 geboren, verheiratet und syrische Staatsangehörige. Sie reisten erstmals am 07.03.2021 nach Deutschland ein und beantragten Asyl. Dabei gaben sie an, bereits in Griechenland Asylanträge gestellt zu haben. Nachdem sie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung in Nordrhein-Westfalen und anschließend in einer Anker-Einrichtung im Landkreis Schweinfurt untergebracht waren, erfolgte ab dem 28.04.2021 die Zuweisung der Kläger an den Beklagten in eine dezentrale Unterkunft (Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 22.04.2021); tatsächlich zogen sie dort am 20.05.2021 ein.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) teilte unter dem 14.04.2021 bzw. 06.05.2021 der Ausländerbehörde mit, die Entscheidung ergehe im nationalen Verfahren. Die Kläger hätten in Griechenland am 03.04.2020 internationalen Schutz erhalten. Mit Bescheid vom 18.07.2022 erkannte das BAMF schließlich den Klägern unter Ablehnung der Asylanträge im Übrigen subsidiären Schutz zu. Dabei wurde ausgeführt, die Ablehnung der Asylanträge als unzulässig sei nicht möglich, wenn angesichts der zu erwartenden Lebensverhältnisse in Griechenland der Eintritt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung beachtlich wahrscheinlich sei. Die hierzu vorliegenden Erkenntnisse erlaubten im Fall der Kläger keine andere Einschätzung.
Für die Zeit ab dem tatsächlichen Einzug am 20.05.2021 bis zum 31.05.2021 erhielten die Kläger vom Beklagten insgesamt 131,12 EUR. Laut der vom Kläger unterzeichneten Quittung vom 20.05.2021 werde diese Leistung aufgrund der ausstehenden abschließenden Prüfung des Leistungsanspruchs vorläufig unter Vorbehalt bewilligt. Für Juni 2021 wurden den Klägern insgesamt 656 EUR gezahlt. Später wurden die Leistungen mit Bescheid vom 03.12.2021 wie ausbezahlt bewilligt.
Der Beklagte hörte die Kläger mit Schreiben vom 01.06.2021 zu einer Anspruchseinschränkung an. Nach den vorliegenden Informationen sei den Klägern bereits internationaler Schutz in Griechenland gewährt worden.
Dazu teilten die Kläger mit (Anhörungsbögen vom 16.06.2021), sie hätten sich vom 01.10.2019 bis 09.03.2020 in Griechenland aufgehalten, dort einen Schutzstatus bzw. ein Aufenthaltsrecht bis 2023 erworben, aber keine Wohnung und kein Geld für Essen und Trinken sowie Medizin gehabt.
Daraufhin stellte der Beklagte mit Bescheid vom 25.06.2021 fest, dass die Kläger die Voraussetzungen einer Leistungseinschränkung erfüllten, und gewährte ihnen für die Zeit vom 01.07.2021 bis 31.12.2021 nur eingeschränkte Leistungen i.H.v. insgesamt 326 EUR monatlich (für Körperpflege 28,24 EUR, für Gesundheitspflege 18,52 EUR und für Ernährung 279,24 EUR). Energie, Unterkunft und Heizung würden weiterhin in Form von Sachleistungen (Unterkunftsleistungen) gesondert erbracht und blieben von der Kürzung unberührt. Ebenso werde Krankenhilfe gewährt. Den Klägern sei in Griechenland internationaler Schutz gewährt und eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, gültig vom 03.04.2020 bis 02.04.2023. Wegen des fortbestehenden internationalen Schutzes in Griechenland und der Möglichkeit zur freiwilligen Rückkehr nach Griechenland, seien die Voraussetzungen einer Anspruchseinschränkung erfüllt. Demzufolge seien die Leistungen einzuschränken. Es würden nur Sachleistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege sowie Unterkunft einschließlich Heizung gewährt. Ausreichende Gründe, die zwingend einer Rückkehr entgegenstünden, lägen nicht vor. Hinweise dafür, dass den Klägern in Griechenland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohe, seien ebenfalls nicht ersichtlich. Die Kläger hätten die Möglichkeit, freiwillig nach Griechenland zurückzukehren und die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten.
Gegen den am 29.06.2021 ausgehändigten Bescheid legten die Kläger Widerspruch ein (Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 05.07.2021). Jedwede Einschränkung von Leistungen verletze die Menschenwürde. Solange das BAMF nicht die Unzulässigkeit der Asylanträge festgestellt habe, müsse eine Leistungseinschränkung unterbleiben. Zudem drohe ihnen in Griechenland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Auch sei der Bescheid zu unbestimmt, da er keine konkrete Pflichtverletzung bezeichne.
Ebenfalls am 05.07.2021 stellten die Kläger beim Sozialgericht Würzburg (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz (S 9 AY 75/21 ER). Dieser wurde mit Beschluss vom 20.07.2021 abgelehnt. Auf die dagegen zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Beschwerde (L 19 AY 60/21 B ER) wurde mit Beschluss vom 09.08.2021 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25.06.2021 angeordnet und der Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Klägern vorläufig für den Zeitraum vom 05.07.2021 bis 31.12.2021 ungekürzte Leistungen zu gewähren. Aufgrund dessen gewährte der Beklagte den Klägern vorläufig Leistungen i.H.v. monatlich 656 EUR (Schreiben vom 13.08.2021).
Die Regierung von Unterfranken wies die Widersprüche gegen den Bescheid vom 25.06.2021 mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2021 zurück. Die Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung seien erfüllt. Bei Kenntnis der Kläger von der Gewährung internationalen Schutzes liege in der Einreise nach Deutschland ein pflichtwidriges Verhalten, da sie dies entgegen dem europäischen Asylregime getan hätten. Dieser Vorwurf, auch wenn er den Kläger nicht ausdrücklich gemacht worden sei, ergebe sich hinreichend deutlich aus der Vorschrift. Der Verfügungssatz des angefochtenen Bescheids sei eindeutig. Über die tatbestandlichen Voraussetzungen hinaus sei eine teleologische Reduktion dahin, dass dem Betroffenen die Rückkehr in das schutzgewährende Land möglich und zumutbar sein müsse, weder zulässig noch geboten. Der Sinn und Zweck der Vorschrift, die Sekundärmigration zu vermeiden, würde sonst unterlaufen. Die Weiterreise in die Bundesrepublik Deutschland solle unattraktiv gemacht werden. Da der Aufenthalt von Asylantragstellern von Gesetzes wegen immer gestattet sei, läge bis zur Entscheidung über die Asylanträge stets eine rechtliche Unmöglichkeit der Rückkehr vor. Eine Präventionswirkung sei nur gegeben, wenn mit dem Tag der Einreise eine Sanktionswirkung bestehe. Die Norm über die Anspruchseinschränkung hätte für die Personengruppe der international Schutzberechtigten ansonsten auch keinen Anwendungsbereich mehr. Ferner gebe es keinen Anlass für eine teleologische Reduktion, da keine verfassungsrechtlichen Zweifel bestünden. Die existenzsichernden Leistungen würden nicht generell-abstrakt herabgesetzt. Der Gesetzgeber knüpfe allein an einen persönlich zurechenbaren Verstoß an.
Dagegen haben die Kläger beim SG Klage erhoben. Es sei eine gesonderte Feststellung der Anspruchseinschränkung erforderlich. Der Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid eine solche jedoch nicht explizit festgestellt. Jedenfalls bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit. Zunächst hätte ein Dauerverwaltungsakt aufgehoben werden müssen. Dies habe der Beklagte versäumt. Auch die Auszahlung eines Geldbetrages nach entsprechender hoheitlicher Entscheidung könne als Bekanntgabe eines zugrunde liegenden Verwaltungsaktes angesehen werden. So verhalte es sich hier. Allerdings wäre eine Aufhebung ebenfalls rechtswidrig, denn es fehle an einer wesentlichen Änderung. Solange das BAMF nicht per Bescheid festgestellt habe, dass die Asylanträge unzulässig seien, müsse jedwede Einschränkung von Leistungen unterbleiben. Sie müssten vollziehbar ausreisepflichtig sein, was nicht der Fall sei. Die unterbliebene Ausreise beruhe zudem nicht auf Gründen, die sie zu vertreten hätten. Ihnen sei eine Rückkehr in das schutzgewährende Land nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Bereits anerkannten Flüchtlingen drohe für den Fall der Rückkehr nach Griechenland die ernsthafte Gefahr einer erniedrigenden Behandlung. Das Asylsystem in Griechenland leide unter systemischen Mängeln. Es lägen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis in Griechenland nicht an die zu fordernden unions- bzw. völkerrechtlichen Standards heranreichten und systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden. Der angefochtene Bescheid sei ferner zu unbestimmt. Es gehe nicht eindeutig hervor, welche konkrete Pflichtverletzung Grundlage der Leistungskürzung sei. Taschengeld für den notwendigen persönlichen Bedarf sei zwingend als Geldleistung zu erbringen. Das menschenwürdige Existenzminimum garantiere auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben.
Der Beklagte hat erwidert, die Feststellung der Leistungseinschränkung sei getroffen worden. Es habe für den streitigen Zeitraum auch keine Leistungsbewilligung in Form eines Dauerverwaltungsakts vorgelegen, die hätte aufgehoben werden müssen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der verfügten Leistungseinschränkung seien erfüllt. Die Anspruchseinschränkung habe nicht im Ermessen gestanden.
Das SG hat mit Urteil vom 09.09.2022 die Klage abgewiesen. Die zulässige Klage sei unbegründet. Da noch keine anderweitige Leistungsbewilligung vorgelegen habe, habe der Beklagte ohne Beachtung der Rücknahmevorschriften die Absenkung verhängen können. Die Kläger seien ordnungsgemäß angehört worden. Einen konkreten Vorwurf habe die Behörde dabei nicht erhoben. Dies sei aber auch nicht erforderlich, da sich aus der Vorschrift hinreichend deutlich ergebe, wann der Tatbestand erfüllt sei. Im Übrigen folge aus Sinn und Zweck der Vorschrift, dass insoweit die pflichtwidrige Einreise Voraussetzung sein müsse. Auch erfolge jede Einreise in das Bundesgebiet trotz Anerkennung von Flüchtlingsschutz als Weiterwanderung pflichtwidrig, da mit der Anerkennung als Schutzberechtigter oder Flüchtling keine Freizügigkeit für Ausländer innerhalb der Europäischen Union (EU) einhergehe. Die Kläger hätten den Tatbestand der Absenkungsvorschrift erfüllt. Sie seien Leistungsberechtigte und ihnen sei von Griechenland ab 03.04.2020 internationaler Schutz zuerkannt worden. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift sei nicht notwendig. Darauf komme es aber nicht an, denn die Kläger hätten mit der Einreise entgegen den Vorschriften des europäischen Asylregimes auch das pflichtwidrige Verhalten erfüllt. Ihnen sei bekannt gewesen, dass sie in Griechenland bereits internationalen Schutz erhalten hätten. Damit hätten die Kläger nur noch Anspruch auf eingeschränkte Leistungen. Der gewährte Leistungsumfang entspreche der vorgesehenen Form. Besondere Bedarfe im Einzelfall seien nicht geltend gemacht worden. Die Leistungseinschränkung als solche begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da kein Recht auf ein voraussetzungsloses Existenzminimum bestehe. Ziel der Vorschrift sei die Verhinderung missbräuchlichen Verhaltens innerhalb der EU. Eine Notwendigkeit zum Aufenthalt zu Schutzzwecken im Bundesgebiet ergebe sich nicht, wenn ein anderer EU-Mitgliedsstaat bereits Schutz gewähre. Ein weiteres Asylverfahren anzustreben, stelle sich dann vielmehr als offensichtlich missbräuchlich dar. Auch im Hinblick auf die Gleichbehandlung von Grundsicherungsempfängern anderer Leistungssysteme müsse es möglich sein, ein pflichtwidriges Verhalten zu sanktionieren. Vorliegend gehe es nicht um sozialrechtliche Mitwirkungspflichten von Personen, deren Existenzminimum ausschließlich durch die Bundesrepublik zu gewährleisten sei, sondern um ausländerrechtliche Pflichten. Die Regelung zur Anspruchseinschränkung begründe sich nicht in allgemeinen migrationspolitischen Erwägungen, sondern gleich die in einem anderen Mitgliedstaat entstehende rechtswidrige Leistungszuständigkeit aus. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass selbst innerhalb Deutschlands bei einem Zuwiderhandeln gegen asyl- oder ausländerrechtliche räumliche Beschränkungen regelmäßig nur eine Reisebeihilfe zur Deckung des unabwendbaren Bedarfs vorgesehen sei. Es sei nicht begründbar, weshalb diejenigen, die eine nicht vorhandene Freizügigkeit innerhalb der EU ausnutzten, besser dastehen sollten. Soweit die Kläger vortragen würden, eine Rückkehr nach Griechenland sei unzumutbar, sei dies schon nicht Tatbestandsvoraussetzung. Im Übrigen sei die Ausreise nicht unmöglich. Wenn die Inhaberschaft einer ausländerrechtlichen Gestattung zur Nichtanwendbarkeit der Kürzungsvorschrift führen würde, würde dies zu einer generellen Unanwendbarkeit führen. Das sei aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das europäische Asylrecht sei nicht dazu da, Schutzsuchenden die Wahlmöglichkeit der bestmöglichen Sozialversorgung zu gewähren. Auch aus tatsächlichen Gründen sei die Rückkehr nach Griechenland den Klägern nicht unzumutbar.
Hiergegen haben die Kläger Berufung zum LSG eingelegt. Die unterbliebene Ausreise beruhe nicht auf Gründen, die sie zu vertreten hätten. Leistungskürzungen dürften wegen Unzumutbarkeit der Rückkehr nach Griechenland nicht erfolgen. Das Verweilen im Bundesgebiet nach Stellung eines Asylantrages sei ebenfalls nicht pflichtwidrig. Wegen einer pflichtwidrigen Einreise sei eine Leistungseinschränkung nur für maximal sechs Monate möglich, wenn danach das Verbleiben in Deutschland wegen einer Aufenthaltsgestattung nicht pflichtwidrig sei, wie hier. Eine weitere Leistungseinschränkung sei rechtswidrig.
Die Kläger beantragen:
Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 09.09.2022 und der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2021 werden abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum Leistungen gemäß § 3 AsylbLG ohne Einschränkung nach § 1a AsylbLG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Es handle sich vorliegend nicht um eine fortgesetzte, sondern eine erstmalige Leistungseinschränkung.
Der Beklagte hat sein Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung im nicht-öffentlichen Termin am 26.01.2023 zu Protokoll und der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat das Einverständnis mit Schriftsatz vom 31.01.2023 erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie die Gerichtsakten beider Instanzen einschließlich des Verfahrens L 19 AY 60/21 B ER Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Senat entscheidet aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, denn die Beteiligten haben sich zur Sach- und Rechtslage schriftlich und im Erörterungstermin ausreichend äußern können bzw. umfangreich geäußert und eine mündliche Verhandlung ist zur weiteren Vertiefung der inmitten stehenden Rechtsfragen nicht erforderlich.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG). Insbesondere ist die Berufung statthaft, da nach dem Begehren der Kläger (dazu unten) insgesamt Leistungen i.H.v. 1.980 EUR - dieser Betrag stellt die Differenz zwischen den mit dem angefochtenen Bescheid bewilligten und den angestrebten bzw. vom SG versagten Leistungen dar - im Streit stehen, so dass die Schwelle von 750 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.
Die Berufung der Kläger hat in der Sache Erfolg. Die Kläger haben Anspruch auf Grundleistungen der Bedarfsstufe 2 für die Zeit von Juli bis Dezember 2021 ohne Anspruchseinschränkung. Das Urteil des SG ist aufzuheben, der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2021 abzuändern und der Beklagte entsprechend zu verurteilen.
Streitgegenständlich ist das Begehren der Kläger, für den Zeitraum vom 01.07.2021 bis 31.12.2021 Grundleistungen nach Bedarfsstufe 2 ohne Anspruchseinschränkung zu erhalten. Das Begehren nach Grundleistungen folgt unzweifelhaft aus dem in der Klageschrift gestellten und im Berufungsverfahren fortgeführten Antrag (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 22.09.2022). Zwar ist weder eine konkrete Leistungshöhe genannt noch die Bedarfsstufe. Da es sich bei den Klägern um ein Ehepaar handelt, geht der Senat bei interessengerechtem Verständnis aber davon aus, dass die insofern einschlägige Bedarfsstufe 2 (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a und Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AsylbLG) gemeint ist. Obschon die Klage (allein) damit begründet wird, dass den Klägern (ungekürzte) Leistungen nach § 3 AsylbLG zustünden, umfasst das klägerische Begehren die Höhe der Leistungen unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt (vgl. BSG, Urteil vom 26.02.2013 - B 7 AY 6/11 R - juris). Ihr Rechtsschutzziel können die Kläger mittels kombinierter Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) verfolgen, die auch im Höhenstreit auf ein Grundurteil gerichtet sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2021 - B 7 AY 2/20 R - juris). Dabei richtet sich die Klage gegen den Bescheid des Beklagten vom 25.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2021, mit dem der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Monate Juli bis Dezember 2021 vorgenommen hat. Das Schreiben des Beklagten vom 13.08.2021 ist nicht gemäß § 86 SGG einbezogen, denn es handelt sich hierbei nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. Art. 35 des Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG). Erkennbar wollte der Beklagte damit keine, auch keine vorläufige Regelung hinsichtlich des Zeitraums vom 05.07.2021 bis 31.12.2021 treffen, sondern lediglich der mit Beschluss des LSG vom 09.08.2021 (L 19 AY 60/21 B ER) getroffenen einstweiligen Anordnung nachkommen. Das wird insbesondere deutlich aus der Bezugnahme auf die Verpflichtung aus der gerichtlichen Entscheidung, der gewählten Form eines Schreibens und der fehlenden Rechtbehelfsbelehrung. Weitere Leistungsbewilligungen sind ebenfalls nicht einbezogen, denn sie betreffen entweder den Zeitraum vor Juli 2021 (Bescheid vom 03.12.2021) oder nach Dezember 2021 (Bescheid vom 03.03.2022). Zur Erreichung des Rechtsschutzziels der Kläger genügt vorliegend nicht eine reine Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), denn für den streitigen Zeitraum lag vor dem Bescheid vom 25.06.2021 keine höhere Leistungsbewilligung vor. Es kann insofern dahin stehen, ob die am 20.05.2021 erfolgte Auszahlung von 131,12 EUR für die Zeit vom 20.05. bis 31.05.2021 bzw. die für Juni 2021 erfolgte Auszahlung von 656 EUR als bloßer Realakt oder aber als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist. Auch eine bloße Auszahlung kann als Verwaltungsakt auf andere Weise (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG) angesehen werden (vgl. Urteil des Senats vom 05.08.2020 - L 8 AY 28/19 - juris). Für einen Verwaltungsakt spricht dabei hier die Formulierung in der vom Kläger am 20.05.2021 unterzeichneten Quittung, wonach die Leistung vorläufig unter Vorbehalt bewilligt wurde. Dagegen spricht die gewählte Form und die später mit Bescheid vom 03.12.2021 vorgenommene Bewilligung. Allerdings gibt es keinerlei Umstand, der aus Sicht eines objektiven Empfängers annehmen lassen könnte, dass der Beklagte mit den Auszahlungen eine Regelung zu Leistungen an die Kläger vornehmen wollte, die ganz oder teilweise auch den Zeitraum von Juli bis Dezember 2021 betrifft. Die Auszahlungen beschränkten sich vielmehr ganz eindeutig auf die Monate Mai bzw. Juni 2021 ohne irgendeine Regelungswirkung für weitere Zeiträume. Mit Ausnahme des Bescheids vom 25.06.2021, der den Klägern nur eingeschränkte Leistungen bewilligte, lag somit keine höhere Bewilligungsentscheidung für den hier streitigen Zeitraum vor. Damit kann eine bloße Anfechtung nicht dazu führen, dass eine frühere Bewilligung wieder auflebt. Vielmehr bedarf es darüber hinaus einer Verurteilung des Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen (vgl. Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris).
Die so verstandene Klage ist zulässig und auch in der Sache begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 25.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, denn sie haben für die Monate Juli bis Dezember 2021 Anspruch auf Grundleistungen ohne Anspruchseinschränkung.
Für die vorliegend geltend gemachten Geldleistungen nach den §§ 3, 3a AsylbLG ist der Beklagte örtlich gemäß § 10a Abs. 1 AsylbLG zuständig, da die Kläger im streitigen Zeitraum einer dezentralen Unterkunft im Gebiet des Beklagten zugewiesen waren (Bescheid der Regierung von Unterfranken vom 22.04.2021) und sich dort (seit 20.05.2021) auch tatsächlich aufgehalten haben. Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten als örtlicher Träger für die Gewährung von Grundleistungen folgt aus § 10 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 12 Abs. 2 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 Satz 2 der (bayer.) Asyldurchführungsverordnung (DVAsyl - in der Fassung vom 16.08.2016, GVBl S. 258). Auch wenn der Beklagte im übertragenen Wirkungskreis handelt (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 DVAsyl) und Kostenträger letztlich der Freistaat Bayern ist (§ 12 Abs. 1 DVAsyl), welcher den Landkreisen und kreisfreien Städten die aufgewandten Kosten erstattet (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 des Aufnahmegesetzes - AufnG), ist dennoch der Beklagte passiv legitimiert, denn er handelt auch im übertragenen Wirkungskreis nicht als staatliche Behörde (Art. 4 und 6 der bayer. Landkreisordnung). Einer Beiladung des Freistaats Bayern bedurfte es jedoch nicht, da kein unmittelbarer Eingriff in dessen Rechtssphäre stattfindet (vgl. Urteil des Senats vom 11.12.2020 - L 8 AY 32/20 - juris; Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 75 Rn. 10).
Einen Anspruch auf sog. Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG i.V.m. dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) hatten die Kläger im Zeitraum von Juli bis Dezember 2021 nicht. Dies richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes vom 15.08.2019, BGBl. I, 1294). Demnach ist abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 18 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Die Kläger waren zwar im Zeitraum von Juli bis Dezember 2021 leistungsberechtigt gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes vom 15.08.2019, BGBl. I, 1294). Als Asylsuchende (Antragstellung im März 2021) war ihr Aufenthalt während der Durchführung des Asylverfahrens - es wurde erst mit Bestandskraft des Bescheids des BAMF vom 18.07.2022 abgeschlossen - gestattet (§ 55 des Asylgesetzes - AsylG). Die Kläger erfüllten aber, ausgehend von ihrer Ersteinreise nach Deutschland am 07.03.2021, im hier streitigen Zeitraum die 18monatige Wartezeit noch nicht.
Der Anspruch der Kläger folgt aber aus § 3 Abs. 1 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes vom 10.03.2021, BGBl. I, 335). Demnach erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 AsylbLG Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Wie gezeigt, waren die Kläger im streitigen Zeitraum leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Sie verfügten auch nicht über einzusetzendes Einkommen oder Vermögen (§ 7 AsylbLG), denn dafür gibt es keinerlei Anhalt. Auch Umstände für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses nach § 1 Abs. 2 bis 4, § 11 Abs. 2 und 2a AsylbLG sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist § 1 Abs. 4 AsylbLG nach seinem Wortlaut ausschließlich auf vollziehbar ausreisepflichte Ausländer (§ 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG) anwendbar (vgl. Frerichs in jurisPK-SGB XII, § 1 AsylbLG, Stand: 19.12.2022, Rn. 186); zu diesem Personenkreis zählten die Kläger gerade nicht.
Dem Anspruch auf Grundleistungen aus § 3 Abs. 1 AsylbLG steht nicht eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG (in der Fassung des Gesetzes vom 15.08.2019, BGBl. I, 1294) entgegen.
Der Beklagte hat formell rechtmäßig eine Anspruchseinschränkung im Bescheid vom 25.06.2021 verfügt. Insbesondere sind die Kläger zuvor vom Beklagten mit Schreiben vom 01.06.2021 ordnungsgemäß angehört worden (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG); sie haben sich auch unter dem 16.06.2021 geäußert.
Der Beklagte hat im Bescheid vom 25.06.2021 auch ausdrücklich festgestellt, dass die Kläger die Voraussetzungen einer Leistungseinschränkung erfüllen. Eine Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG erfordert jedoch nach Ansicht des Senats ohnehin keinen separaten, feststellenden Verwaltungsakt, denn nach dem Wortlaut des § 1a AsylbLG ("... werden nur noch Leistungen ...gewährt" bzw. "... erhalten nur Leistungen ...") tritt die Folge der Anspruchseinschränkung von Gesetzes wegen ein (vgl. Beschluss des Senats vom 11.11.2016 - L 8 AY 29/16 B ER - juris; a.A. BayLSG, Beschluss vom 01.03.2018 - L 18 AY 01.03.2018 - L 18 AY 2/18 B ER - juris; Groth in jurisPK-SGB XII, Stand: 15.04.2021, § 11 AsylbLG Rn. 92). Etwas anderes lässt sich auch aus § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG nicht ableiten. Daraus geht allein hervor, dass zur leistungsrechtlichen Umsetzung noch ein Verwaltungsakt erforderlich ist, der gegebenenfalls auch eine Aufhebungs- oder Rücknahmeentscheidung enthält (vgl. Groth, a.a.O., Rn. 93).
Aus diesem Grund kann der klägerseits gerügte Mangel der inhaltlichen Bestimmtheit der Anspruchseinschränkung schon von vornherein nicht greifen. Allerdings liegt auch kein Mangel der inhaltlichen Bestimmtheit vor. Die von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG statuierte Anforderung der inhaltlichen Bestimmtheit eines Verwaltungsakts bedeutet ebenso wie bei § 33 SGB X, dass der Adressat des Verwaltungsakts unter Berücksichtigung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers in der Lage sein muss, das von ihm Geforderte zu erkennen und sein Verhalten danach auszurichten (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2020 - B 8 SO 2/19 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.05.2019 - L 7 AY 1161/19 ER-B - alle nach juris). Das war hier der Fall, denn die Kläger konnten bereits aus den Verfügungssätzen des Bescheids vom 25.06.2021 ohne Weiteres erkennen, dass eine Anspruchseinschränkung festgestellt wurde und für welchen Zeitraum ihnen in welchem Umfang Leistungen bewilligt wurden. Im Übrigen bedurfte es mangels einer vorhergehenden höheren Leistungsbewilligung keiner Aufhebungsentscheidung, so dass sich insofern die Frage der inhaltlichen Bestimmtheit ebenfalls nicht stellt.
Die streitige Leistungseinschränkung scheitert ferner nicht an Art. 29 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 (RL 2011/95/EU). Danach haben Personen, denen internationaler Schutz erteilt worden ist (Art. 2 Buchstabe b RL 2011/95/EU), die notwendigen Sozialleistungen wie Staatsangehörige des Mitgliedsstaates zu erhalten. Diese Vorschrift richtet sich nach ihrem Wortlaut jedoch allein an den Mitgliedstaat, welcher den internationalen Schutz gewährt. Dies ist im hier streitigen Zeitraum nicht die Bundesrepublik Deutschland gewesen.
Offen bleiben kann auch, ob der Anwendung von § 1a Abs. 4 AsylbLG bereits Art. 17 Abs. 1 und 5 Satz 1 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (RL 2013/33/EU) entgegensteht. Demnach haben die Mitgliedstaaten Antragstellern auf internationalen Schutz - dazu gehörten die Kläger aufgrund ihres Asylantrages beim BAMF und der damit einhergehenden Aufenthaltsgestattung im streitgegenständlichen Zeitraum (Art. 3 Abs. 1 RL 2013/33/EU) - materielle Leistungen zu Verfügung zu stellen. Deren Umfang bemisst sich auf der Grundlage eines Leistungsniveaus wie bei eigenen Staatsangehörigen. Zwar räumt Art. 17 Abs. 5 Satz 2 RL 2913/33/EU den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, Antragstellern auf internationalen Schutz eine weniger günstige Behandlung als eigenen Staatsangehörigen zuteil werden zu lassen. Die Leistungen (Art. 2 Buchstabe g RL 2013/33/EU) müssen aber einem angemessenen Lebensstandard entsprechen (Art. 17 Abs. 2 RL 2013/33/EU). Dass eingeschränkte Leistungen nach § 1a AsylbLG diesem - anhand des Unionsrechts zu beurteilenden - Standard genügen, kann angezweifelt werden (vgl. HessLSG, Beschluss vom 20.09.2021 - L 4 AY 26/21 B ER; siehe aber auch Urteil des Senats vom 29.04.2021 - L 8 AY 122/20 - alle nach juris). Allerdings erlaubt Art. 20 Abs. 1 Buchstabe c RL 2013/33/EU, dass die Antragstellern auf internationalen Schutz gewährten Leistungen eingeschränkt werden können, wenn ein Folgeantrag gestellt wird. Als derartiger Antrag i.S.d. Art. 2 Buchstabe q der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (RL 2013/32/EU) kann der in Deutschland beim BAMF im März 2021 gestellte Asylantrag aufgefasst werden. Die Kläger hatten nämlich zuvor bereits einen Antrag auf internationalen Schutz (Art. 2 Buchstabe b RL 2013/32/EU) in Griechenland gestellt, über den bereits entschieden war, denn den Klägern war in Griechenland nach Mitteilung des BAMF schon am 03.04.2020 internationaler Schutz gewährt worden. Insofern dürfte die der hier verfügten Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG zugrunde liegende Fallgestaltung, bei der in einem anderen Mitgliedstaat internationaler Schutz gewährt wurde, unionsrechtlich zulässig sein (so auch Cantzler, AsylbLG, § 1a Rn. 98).
Unbeschadet dessen liegen aber schon die Voraussetzungen einer Anspruchseinschränkung nach nationalem Recht hier nicht vor. Nach § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Satz 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 1a AsylbLG, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat internationaler Schutz gewährt wurde, nur mehr Leistungen entsprechend § 1a Abs. 1 AsylbLG. Diese Vorschrift wiederum bestimmt in ihren Sätzen 1 und 2, dass kein Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG besteht und nur noch Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt werden.
Diese (geschriebenen) Voraussetzungen erfüllten die Kläger im streitigen Zeitraum. Der Begriff des internationalen Schutzes in § 1a Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 AsylbLG bezieht sich erkennbar auf den im Asylregime der EU verwendeten Terminus, der sowohl die Flüchtlingsanerkennung als auch den subsidiären Schutz umfasst (Art. 2 Buchstabe a und b RL 2011/95/EU). Die Kläger haben den Mitteilungen des BAMF vom 14.04.2021 bzw. 06.05.2021 zufolge im EU-Mitgliedstaat Griechenland am 03.04.2020 internationalen Schutz erhalten. Auch die Kläger selbst haben im Rahmen ihrer Asylantragstellung und später auch gegenüber dem Beklagten bestätigt, dass ihnen 2020 internationaler Schutz zuerkannt worden ist; sie wussten also auch schon bei ihrer Ankunft in Deutschland um ihren Schutzstatus. Im Fall der Zuerkennung internationalen Schutzes wird gemäß Art. 24 RL 2011/95/EU anerkannten Flüchtlingen regelmäßig ein Aufenthaltstitel für drei Jahre ausgestellt und subsidiär Schutzberechtigten für ein Jahr mit Verlängerungsmöglichkeit. Demnach galt dieser im Fall der Kläger für die Zeit von Juli bis Dezember 2021; von einer kürzeren Erteilung oder einem Widerruf bzw. einer Aberkennung ist nichts bekannt, insbesondere hat das BAMF dazu nichts mitgeteilt.
Jedoch ist im Wege einer teleologisch-systematischen Reduktion des § 1a Abs. 4 AsylbLG zusätzlich als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zu fordern, dass ein pflichtwidriges Verhalten des betreffenden Leistungsberechtigten gegeben ist. Dies wiederum beinhaltet in der vorliegenden Konstellation auch, dass die Rückkehr in das schutzgewährende Land rechtlich und tatsächlich möglich und zumutbar sein muss.
Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG, Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04; BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2011 - 1 BvL 13/07 - alle nach juris). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BSG, Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 7/10 R - alle nach juris). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R; BSG, Urteil vom 04.12.2014 - B 2 U 18/13 R; BSG, Urteil vom 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R - alle nach juris). Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Eine Norm ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet allerdings dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11 - juris). Es ist also zu beachten, dass im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10 - juris).
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa Beschlüsse vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER und vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - alle nach juris) gebieten das Grundrecht auf die Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wegen der verglichen mit anderen existenzsichernden Leistungssystemen reduzierten Leistungen des AsylbLG eine restriktive Auslegung aller Tatbestände des § 1a AsylbLG (vgl. Siefert, AsylbLG, 2. Aufl., § 1a Rn. 7; Cantzler, a.a.O. Rn. 9; Leopold in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Aufl., § 1a AsylbLG Rn. 10). Überdies verlangt auch Art. 20 Abs. 5 Satz 1 RL 2013/33/EU ausdrücklich, dass Entscheidungen über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahme gewährten Leistungen (Art. 2 Buchstabe g RL 2013/33/EU) unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen sind. Nach dem Urteil des BVerfG vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris) können migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell höheres Leistungsniveau zu vermeiden, von vornherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG, a.a.O.). Soweit § 1a Abs. 4 AsylbLG - jedenfalls dem Wortlaut nach - eine Anspruchseinschränkung ohne Anknüpfung an ein Fehlverhalten vorsieht, widerspricht dies dem bisherigen Sanktionssystem sowohl im AsylbLG als auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und der Sozialhilfe (SGB XII), wonach die Kürzung von Leistungen stets ein bestimmtes, vorwerfbares Verhalten oder Unterlassen des Leistungsberechtigten zur Voraussetzung hat. Denn nur dann hat es der Leistungsberechtigte selbst in der Hand, eine Leistungskürzung zu vermeiden bzw. zu beenden (vgl. Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris).
Mit Blick hierauf muss auch bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen sein (so wohl auch Oppermann in jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG, Stand: 02.11.2022, Rn. 127, m.w.N. zur Rspr. in Rn. 124 ff.; auch Siefert, a.a.O., Rn. 52). Dass der Gesetzgeber ebenfalls davon ausging, dass bei einer Anspruchseinschränkung nach § 1a AsylbLG ein pflichtwidriges Verhalten vorliegen muss, lässt sich zudem der Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG (BT-Drs. 18/8615, S. 42) entnehmen (vgl. Groth in jurisPK-SGB XII, § 11 AsylbLG, Stand: 15.04.2021, Rn. 92). Dort heißt es, dass § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG Entscheidungen betrifft, durch die eine "Pflichtverletzung" festgestellt wird. Somit kann gegen die hier vertretene Auslegung nicht eingewandt werden, sie verstoße gegen den erkennbaren Willen des Gesetzgebers (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris).
Darüber hinaus kann das Erfordernis eines pflichtwidrigen Verhaltens auch aus der Systematik des § 1a AsylbLG hergeleitet werden. Die einzelnen Einschränkungstatbestände, so auch § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG, verweisen alle auf § 1a Abs. 1 AsylbLG. Dort wird in Satz 1 die an die fehlende Ausreise anknüpfende Anspruchseinschränkung davon abhängig gemacht, dass die Ausreise aus Gründen, welche die Leistungsberechtigten nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden kann. Zwar wird überwiegend angenommen, dass es sich um eine Rechtsfolgenverweisung handelt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.05.2019 - L 7 AY 1161/19 ER-B - juris). Bereits der Blick auf den oben beschriebenen verfassungsrechtlichen Rahmen spricht aber dafür, das in § 1a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG normierte Erfordernis eines pflichtwidrigen Verhaltens quasi als Generalklausel zu interpretieren. Bei denjenigen Tatbeständen des § 1a AsylbLG, die - wie § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG - keine auf den jeweiligen Tatbestand ausgerichtete spezielle Ausprägung des pflichtwidriges Verhalten ausdrücklich aufführen, ist dann - mangels einer vorrangigen Spezialregelung - auf die Generalklausel für pflichtwidriges Verhalten in § 1a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG abzustellen. Das Erfordernis, dass eine Anspruchseinschränkung stets nur bei einer Pflichtverletzung angenommen werden kann, wird zudem durch § 14 Abs. 2 AsylbLG unterstrichen. Diese Norm schreibt ausdrücklich vor, dass für eine fortgesetzte Anspruchseinschränkung auch eine fortbestehende Pflichtverletzung vorliegen muss. Aus dieser Formulierung kann nicht nur abgeleitet werden, dass bei einer fortgesetzten Anspruchseinschränkung eine Pflichtverletzung gegeben sein muss, sondern auch, dass eine Pflichtverletzung bereits bei der erstmaligen Anspruchseinschränkung vorliegen muss. Ansonsten könnte das Gesetz nicht vom Fortbestehen sprechen. Dafür, dass diese Voraussetzung entgegen dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 AsylbLG nur auf diejenigen Tatbestände des § 1 AsylbLG anzuwenden ist, die ausdrücklich eine Pflichtverletzung vorsehen, gibt es wiederum keinerlei Anhalt im Gesetz. Auch wenn es denkbar wäre, dass wegen der mit zunehmender Dauer einer Anspruchseinschränkung zunehmenden Auswirkungen auf den Betroffenen bei einer fortgesetzten Anspruchseinschränkung ein zusätzliches Merkmal gefordert wird, findet sich dafür ebenfalls keinerlei Anhaltspunkt. Wenngleich § 14 Abs. 2 AsylbLG bereits vor der Einfügung des hier im Streit stehenden § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG geschaffen worden ist, sah der Gesetzgeber anlässlich der Einführung dieses - und weiterer - Einschränkungstatbestände dennoch keine Veranlassung zu einer Änderung des § 14 Abs. 2 AsylbLG. Bei einer rein an am Wortlaut orientierten Anwendung des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG lässt sich daher nicht erklären, wie von den ebenfalls geschriebenen Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 AsylbLG abgesehen werden kann.
In der Zusammenschau auch mit der oben dargestellten Einführung von § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG geht der Senat deshalb davon aus, dass der Gesetzgeber trotz des Wortlauts von § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG nichts daran ändern wollte, dass eine Pflichtverletzung zur Verwirklichung einer Anspruchseinschränkung erforderlich ist. Daher ist eine Ergänzung des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG um das Erfordernis einer Pflichtverletzung vorzunehmen.
An einer solchen Pflichtverletzung fehlt es aber im Fall der Kläger. Dabei verlangt eine Pflichtverletzung bzw. ein pflichtwidriges Verhalten, dass den Leistungsberechtigten ein persönliches (im Sinne von eigenes) Fehlverhalten trifft (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R - juris). Ferner muss dessen Kausalität für die Handlung gegeben sein, an welche der jeweilige Einschränkungstatbestand anknüpft. Für den hier inmitten stehenden § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG bedeutet dies, dass die Ursächlichkeit in Bezug auf ein Verweilen im Bundesgebiet bestehen muss. Letztlich ist nämlich Zweck der Norm die Verhinderung der Inanspruchnahme von Sozialleistungen in Deutschland aufgrund der asylrechtlichen Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedsstaats.
Demnach kann entgegen der im Urteil des SG bzw. dem Widerspruchsbescheid geäußerten Ansicht ein für § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG genügendes pflichtwidriges Verhalten noch nicht in der Einreise nach Deutschland gesehen werden. Schon im Ansatz kann nicht gesagt werden, dass jede Einreise eines Ausländers, dem in einem anderen EU-Mitgliedsstaat internationaler Schutz gewährt worden ist, unerlaubt und daher pflichtwidrig ist. Zwar vermittelt der internationale Schutzstatus nicht als solcher Freizügigkeit in der EU, da zunächst nur ein Aufenthaltstitel für das Schutz gewährende Land ausgestellt wird (Art. 24 RL 2011/95/EU) und nur in diesem Mitgliedstaat Freizügigkeit zu gewähren ist (Art. 33 RL 2011/95/EU), hier also in Griechenland. Auch sonst wird aufgrund der Schutzgewährung kein Recht auf "Weiterwanderung" innerhalb der EU oder auf die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens oder auf Beachtung des Wunsches, als Schutzberechtigter lieber in Deutschland zu leben, begründet (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 3.21 - juris). Allerdings sind der Schutz genießenden Person Reisedokumente auszustellen (Art. 25 RL 2011/95/EU) und zusammen mit einem Aufenthaltstitel, etwa einem Visum (§ 6 des Aufenthaltsgesetzes - AufenthG), kann dann eine ordnungsgemäße Einreise nach Deutschland erfolgen (§ 4 AufenthG), wenn nicht ohnehin die Voraussetzungen für eine Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels nach § 18 der Aufenthaltsverordnung (AufenthV) gegeben sind. Vorliegend ist zwar nichts dafür ersichtlich, dass die Kläger über einen zur Einreise berechtigenden deutschen Aufenthaltstitel verfügten. Es ist aber davon auszugehen, dass ihnen in Griechenland nach der Zuerkennung internationalen Schutzes entsprechende Reisedokumente ausgestellt worden sind, die zur Einreise nach Deutschland berechtigten.
Darüber hinaus kann die Einreise der Kläger in das Bundesgebiet nicht als pflichtwidrig i.S.d. § 1a AsylbLG angesehen werden, weil es sich dabei um ein Verhalten handelt, das nicht mehr revidierbar ist und daher grundsätzlich nicht geeignet sein kann, eine Anspruchseinschränkung zu begründen. Aus dem verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Art. 20 Abs. 3 GG), aus Art. 20 Abs. 5 Satz 1 RL 2013/33/EU und der einfach-gesetzlichen Vorschrift des § 14 Abs. 2 AsylbLG, der wie gezeigt auch für die erstmalige Anspruchseinschränkung eine Pflichtverletzung verlangt, ergibt sich, dass ein nicht mehr änderbares, zurückliegendes Fehlverhalten eine Anspruchseinschränkung von vornherein nicht rechtfertigen kann (vgl. Oppermann in jurisPK-SGB XII, § 1a AsylbLG, Stand: 02.11.2022, Rn. 88 und für fortgesetzte Anspruchseinschränkung: § 14 AsylbLG, Stand: 25.10.2021, Rn. 19). Demzufolge kann die Einreise der Kläger nicht als eine für § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ausreichende Pflichtverletzung angesehen werden. Hinzu kommt, dass nicht anzunehmen ist, dass die Kläger wussten, dass sie aufgrund ihres in Griechenland erhaltenen Schutzstatus nicht nach Deutschland einreisen durften bzw. sollten. Es ist reine Spekulation, dass ihnen davon vor der Einreise nach Deutschland eine entsprechende Kenntnis vermittelt worden ist. Dafür ist nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich. Zudem ist aufgrund entsprechender Reisedokumente gerade von einer legalen Möglichkeit der Einreise in ein anderes EU-Land auszugehen. Auch legt die Zuerkennung internationalen Schutzes sogar nahe, dass die Kläger davon ausgingen, aufgrund ihres Status gerade zur Weiterwanderung innerhalb der EU berechtigt zu sein. Die Kenntnis darüber, dass eine Weiterwanderung nach Deutschland dort als leistungsrechtlich unerwünscht angesehen würde, ist daher von den Klägern nicht zu erwarten gewesen.
Denkbar wäre außerdem, bei der Beurteilung, ob die Einreise nach Deutschland als ein Fehlverhalten zu bewerten ist, darauf abzustellen, ob dafür ein rechtfertigender Grund vorliegt (so Siefert, a.a.O., Rn. 54). Dabei kann etwa berücksichtigt werden, dass existenzielle Bedürfnisse im bisherigen Aufenthaltsland nicht sichergestellt waren oder dass die Einreise der Familienzusammenführung diente. Letztlich führt dies vorliegend auch zu der Prüfung, ob den Klägern in Griechenland eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung wiederfahren ist bzw. drohte, denn dann liegt ein ausreichender Grund für den Weiterzug ins Bundesgebiet vor. Das war hier der Fall (dazu unten). Somit fehlt es auch unter diesem Aspekt am Nachweis der erforderlichen persönlichen Vorwerfbarkeit in Bezug auf die Einreise in das Bundesgebiet.
Gleiches gilt hinsichtlich des Verbleibs der Kläger im Bundesgebiet während der Zeit von Juli bis Dezember 2021. Für die Annahme eines pflichtwidrigen Verhaltens kann es genügen, dass ein Ausländer trotz Kenntnis von seinem Schutzstatus nicht freiwillig in das Schutz gewährende Land zurückkehrt, sondern in Deutschland bleibt (vgl. Beschluss des Senats vom 17.09.2018 - L 8 AY 13/18 B ER - juris). Unschädlich ist insofern, ob ein Aufenthaltsrecht in Deutschland besteht. Hier war dies der Fall, weil den Klägern gemäß § 55 AsylG auch während des streitigen Zeitraums zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt gestattet war. Das Innehaben eines Aufenthaltsrechts beseitigt aber nicht den Umstand der Schutzgewährung und der durch das europarechtliche Asylregime begründeten vorrangigen Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedsstaates, die auch die Zuständigkeit für die Existenzsicherung umfasst (siehe Art. 29 Abs. 1 RL 2011/95/EU und auch Art. 17 RL 2013/33/EU). Diese europarechtlich angelegte Zuständigkeitsaufteilung würde ihre praktische Wirksamkeit verlieren, bliebe sie insofern unberücksichtigt.
Vorliegend ist aber die Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Kläger auch hinsichtlich des Verbleibens nicht zu bejahen. Zum einen sind die Kläger nämlich nicht unter Fristsetzung darauf hingewiesen worden, dass sie eine Einschränkung ihrer Leistungen durch freiwillige Ausreise abwenden können. Obgleich es zutreffen mag, dass ihnen bekannt war, dass sie freiwillig aus Deutschland ausreisen können, beinhaltete dies noch nicht das Wissen darum, dass sie diese Möglichkeit wahrnehmen müssen, wenn sie nicht leistungsrechtliche Folgen gewärtigen wollen. Aus dem Bestehen einer Ausreisemöglichkeit mussten die Kläger nämlich nicht ohne weiteres Folgen für den Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG ableiten. Dazu hätte es vielmehr eines entsprechenden behördlichen Hinweises bedurft (vgl. Beschluss des Senats vom 28.10.2022 - L 8 AY 66/22 B ER - juris). Das BSG hat in der Vergangenheit offen gelassen, ob es für eine Anspruchseinschränkung einer Belehrung bedarf oder eine bloße Anhörung genügt (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R - juris). Gerade angesichts des grundrechtlich geschützten Bereichs, in den mit der Einschränkung der Leistungen auf den Umfang nach § 1a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG eingegriffen wird, ist nach Ansicht des Senats eine Anhörung mit bloßem Hinweis auf die Schutzgewährung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, wie sie der Beklagte vorgenommen hat (Schreiben vom 01.06.2021), ungenügend. Ebenso spricht der Blick auf § 1 Abs. 4 AsylbLG dafür, einen konkreten Hinweis auf die Möglichkeit vorauszusetzen, durch Ausreise eine Anspruchseinschränkung zu vermeiden. § 1 Abs. 4 AsylbLG sieht einen Leistungsausschluss für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG vor, denen internationaler Schutz von einem anderen Staat gewährt wurde. Diese sind über mögliche Überbrückungs- und Härtefallleistungen zu belehren (§ 1 Abs. 4 Satz 3 AsylbLG). Es ist nicht ersichtlich, weshalb Ausländer, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, über Leistungen belehrt werden müssen, die trotz grundsätzlichen Ausschlusses von Leistungen noch infrage kommen, Ausländer wie die Kläger, die weiterhin zu den Leistungsberechtigten zählen, dagegen nicht über Möglichkeiten zur Vermeidung einer Anspruchseinschränkung. Letztlich handelt es sich nämlich nur um einen graduellen Unterschied bei der Höhe der zu erwartenden Leistungen. Im Übrigen stehen in beiden Fällen die betreffenden Personen vor der Wahl, in das Schutz gewährende Land zurückzukehren oder beim Verbleib in Deutschland leistungsrechtliche Konsequenzen zu tragen.
Eine derartige Belehrung hat der Beklagte den Klägern vor Bekanntgabe des Bescheids vom 25.06.2021 nicht erteilt. Dies lässt sich weder den Anhörungsschreiben vom 01.06.2021 entnehmen noch ist dafür sonst etwas ersichtlich. Eine Kenntnis darüber, dass sie durch (freiwillige) Ausreise bzw. Rückkehr nach Griechenland die Einschränkung ihrer existenzsichernden Leistungen vermeiden können, ist den Klägern erstmals durch den Bescheid vom 25.06.2021 selbst vermittelt worden, der ihnen am 29.06.2021 ausgehändigt worden ist. Erst damit wurde ihnen aufgezeigt, dass eine solche Ausreise möglich ist und letztlich erwartet wird und dadurch die Leistungseinschränkung vermieden werden kann.
Jedoch kann auch für die Zeit ab Kenntnis vom Inhalt des Bescheids vom 25.06.2021 nicht angenommen werden, dass ein pflichtwidriges Verhalten im o.g. Sinn gegeben ist. Weder in dem Bescheid vom 25.06.2021 noch sonst zu einem Zeitpunkt bis Ende Dezember 2021 wurde den Klägern eine Frist gesetzt, innerhalb derer die Ausreise zu erfolgen hätte, um die Leistungseinschränkung zu vermeiden bzw. zu beenden (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 20.12.2022 - L 8 AY 131/22 B ER - juris). Nachdem erstmals im Bescheid vom 25.06.2021 den Klägern eröffnet worden ist, welche leistungsrechtlichen Konsequenzen ein weiteres Verweilen in Deutschland trotz Schutzgewährung durch Griechenland konkret nach sich zieht, hätte eine angemessene Frist für ein dementsprechendes Verhalten gesetzt werden müssen. Das Asylrecht sieht etwa bei unzulässigen Asylanträgen bei Ergehen einer Abschiebungsanordnung, wie hier, nach § 34a Abs. 2 AsylG vor, dass binnen einer Woche ein etwaiger Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt werden kann. Das Gesetz billigt dem betreffenden Ausländer damit regelmäßig auch eine entsprechende Frist zu, bevor aufenthaltsrechtliche Konsequenzen eintreten können. Dies zum einen, um ihm Gelegenheit zu geben, seine Rechtsposition zu überdenken und gegebenenfalls um Rechtsschutz nachzusuchen oder sich wie von der Behörde gefordert zu verhalten. Der Senat leitet aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. dem Gebot der Verhältnismäßigkeit behördlichen Handelns (Art. 1 und 20 Abs. 3 GG) für eine letztlich auf die Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaates bezogene Anspruchseinschränkung ab, dass dem betreffenden Leistungsberechtigten nach Belehrung zu den leistungsrechtlichen Konsequenzen ebenfalls noch Gelegenheit bleiben muss, die Sach- und Rechtslage zu überdenken und gegebenenfalls sein pflichtwidriges Verhalten zu ändern. Es kann hier dahin stehen, ob man sich bei der dafür einzuräumenden Frist an § 34a AsylG orientiert oder ob nicht eher die üblicherweise für Anhörungen als angemessen angesehene Frist von 14 Tagen (vgl. BSG, Urteil vom 05.10.1995 - 2 RU 11/94 - juris) anzuwenden ist. Den Klägern wurde jedenfalls, wie schon erwähnt, keinerlei Frist gesetzt. Eine Nachholung der Fristsetzung kommt vorliegend naturgemäß nicht mehr in Betracht, denn der Zeitraum der streitigen Anspruchseinschränkung (Juli bis Dezember 2021) ist längst vollständig abgelaufen. Eine Fristsetzung war hier auch nicht entbehrlich, weil die Kläger jederzeit hätten ausreisen könnten. Nachdem sie den Bescheid vom 25.06.2021 nur Tage vor dem Beginn der Anspruchseinschränkung erhalten hatten, blieb ihnen nicht mehr ausreichend Zeit, um überhaupt entsprechend zu handeln. Es ist anzunehmen, dass die Kläger nach dem Beginn der Anspruchseinschränkung mit dem 01.07.2021 glaubten, dass es nun dafür zu spät sei.
Zum anderen kann das Verweilen der Kläger im Bundesgebiet nicht als Pflichtverletzung im Rahmen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG gewertet werden, weil ihnen die Rückkehr nach Griechenland nicht zumutbar war. Nach den obigen Ausführungen erschließt sich ohne Weiteres, dass eine Pflichtverletzung nur gegeben sein kann, wenn dem Leistungsberechtigten die Rückkehr in das Schutz gewährende Land rechtlich wie tatsächlich auch möglich und zumutbar ist. Dass die Aufenthaltsgestattung eine Rückkehr nicht rechtlich unmöglich machte, wurde bereits dargelegt. Insofern greift die Argumentation im Widerspruchsbescheid, dass für § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG kein Anwendungsbereich mehr verbliebe, nicht; ebenso wenig entfiele deswegen die angenommene Präventionswirkung der Vorschrift.
Im Fall der Kläger folgt vielmehr die Unmöglichkeit der Rückkehr während des Zeitraums von Juli bis Dezember 2021 daraus, dass sie in Griechenland eine unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung zu erwarten hatten und damit gegen Art. 3 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) verstoßen würde. Diese Norm schreibt vor, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden darf. Sie geht nach dem Grundsatz der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des deutschen Rechts (Vgl. BVerfG, Beschluss vom 09.12.2021 - 2 BvR 1789/16 - juris) bzw. gemäß Art. 25 GG - das Folterverbot kann als allgemeiner Grundsatz des Völkerrechts eingestuft werden - dem einfachen Recht vor. Dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Griechenland eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung drohte, ergibt sich vorliegend entweder bereits - mit bindender Wirkung - aus dem Bescheid des BAMF vom 18.07.2022 oder jedenfalls unter Würdigung der fachnäheren dortigen Einschätzung bzw. der einschlägigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung.
Asyl- oder ausländerrechtlichen Entscheidungen kommt im Rahmen des AsylbLG Bindungswirkung zu (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2019 - B 7 AY 1/17 R; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 19.11.2019 - L 8 AY 26/19 B ER - alle nach juris). Dies kann hier für die Beurteilung des BAMF bezüglich der Unzumutbarkeit einer Rückkehr nach Griechenland angenommen werden. Das BAMF hat zwar im Tenor des Bescheids vom 18.07.2022 keine Feststellung über das Drohen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung bei einer Rückkehr der Kläger nach Griechenland getroffen. Allerdings stellte die in der Begründung enthaltene Beurteilung dieses Umstandes eine Vorfrage für die tenorierte Gewährung subsidiären Schutzes dar. Das BAMF ging davon aus, dass die Kläger in Griechenland eine derartige Behandlung mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten hatten. Allein dies erlaubte dem BAMF, ausnahmsweise abweichend von § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, die Asylanträge nicht als unzulässig abzulehnen (vgl. BVerwG, Urteil vom 07.09.2021 - 1 C 3.21 - juris). Daher kann angenommen werden, dass der Bescheid des BAMF vom 18.07.2022 auch zu diesem Punkt eine Feststellung trifft, der Bindungswirkung für das vorliegenden Verfahren zugemessen werden kann. Dem steht auch nicht entgegen, dass zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids des Beklagten vom 25.06.2021 die Entscheidung des BAMF noch nicht existierte. Im Rahmen der vorliegenden Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) ist nämlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats abzustellen (vgl. Groß in Berchtold, SGG, 6. Aufl., § 54 Rn. 99; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 54 Rn. 34). Im Übrigen hatte das BAMF schon frühzeitig (Schreiben vom 14.04.2021 und 06.05.2021) der Ausländerbehörde mitgeteilt, dass die Entscheidung über die Asylanträge der Kläger im nationalen Verfahren ergehe. Daraus hätte der Beklagte bereits damals, vor Erlass des Bescheids vom 26.05.2021 schließen können, dass das BAMF von der Situation einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung für die Kläger bei Rückkehr nach Griechenland ausging.
Selbst wenn man vorliegend eine Bindungswirkung der asylrechtlichen Beurteilung durch das BAMF im Bescheid vom 18.07.2022 verneint, ergibt sich nichts anderes. Dann ist von der Leistungsbehörde bzw. nachfolgend im gerichtlichen Verfahren eine eigene Feststellung und Bewertung der Erkenntnislage in Bezug auf den Schutz gewährenden Staat vorzunehmen, wobei maßgeblich eine fachnähere Beurteilung durch das BAMF bzw. die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit berücksichtigt werden kann. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass in Fällen, in denen es um die Beurteilung der Aufnahmebedingungen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK geht, der verfahrensrechtlichen Sachaufklärungspflicht verfassungsrechtliches Gewicht zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.7.2018 - 2 BvR 714/18 - juris).
Der Beklagte hat, obschon dies eigentlich seinem Vorgehen zuwiderlief, nur geschriebene Merkmale des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG zugrunde zu legen, im angefochtenen Bescheid auch ansatzweise eine Einschätzung der Lage in Griechenland durchgeführt. Das war hier auch angezeigt, vor allem da die Kläger im Rahmen der Anhörung geltend gemacht haben, dass ihnen in Griechenland keine Wohnung und kein Geld für Essen und Trinken sowie Medizin zur Verfügung gestanden hätte (Anhörungsbögen vom 16.06.2021). Die Würdigung durch den Beklagten erweist sich aber als unzutreffend. Zwar kann sie im Ausgangspunkt für sich in Anspruch nehmen, dass nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93 und 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) zunächst die Vermutung gilt, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der EMRK und der Charta der Grundrechte der EU entspricht. Diese Vermutung kann allerdings widerlegt werden. Jedoch genügen dafür nicht schon einzelne einschlägige Regelverstöße der zuständigen Mitgliedstaaten. Vielmehr sind dafür systemische, allgemeine oder bestimmte Personengruppe betreffende Schwachstellen erforderlich, die etwa zur Folge hätten, dass eine Person sich in extreme materielle Not begeben würde und ihre elementarsten Bedürfnisse nicht befriedigen könnte, so dass die Situation einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.01.2022 - 1 B 93.21 - juris, m.w.N.). Von derartigen Umständen ist in Übereinstimmung mit der Einschätzung des BAMF im Bescheid vom 18.07.2022 sowie der vorhandenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bezüglich Griechenland hier auszugehen. Das BAMF hat konkret bezogen auf den Einzelfall der Kläger im Bescheid vom 18.07.2022 dargelegt, dass nach der bekannten Erkenntnislage den Klägern mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Griechenland droht. Diese Beurteilung entspricht auch dem Bild, das sich unter Auswertung verwaltungsgerichtlicher Entscheidung für den Senat ergeben hat. Demnach drohte nach überwiegender obergerichtlicher Auffassung allgemein Rückkehrern in Griechenland Obdachlosigkeit und elementarste Not, sogar alleinstehenden Männern (vgl. SächsOVG, Urteil vom 27.04.2022 - 5 A 492/21 A; OVG des Saarlandes, Urteil vom 15.11.2022 - 2 A 81/22; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2022 - VGH A 4 S 2443/21, 7432755; OVG Lüneburg, Urteil vom 19.04.2021 - 10 LB 244/20 - alle nach juris). Teilweise wurde vertreten, dass je nach Einzelfall die Situation einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gegeben sein kann (vgl. BayVGH, Beschlüsse vom 03.06.2022 - 24 ZB 22.30471 und vom 14.03.2022 - 24 ZB 21.30317 - alle nach juris). Eine abweichende Beurteilung findet sich kaum (so aber: OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.04.2022 - 13 A 10402/21.OVG - juris). Nachdem die deutliche Mehrheit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung generell eine Rückkehr nach Griechenland als unzumutbar ansieht, hat der Senat keine Veranlassung, von dieser Beurteilung abzuweichen. Die in den Entscheidungen ausgewerteten Erkenntnisse lassen diesen Schluss zu. Soweit es auf den Einzelfall ankommen soll, ändert sich die Beurteilung angesichts der konkreten Einschätzung des BAMF ebenfalls nicht. Auch die abweichende Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz führt zu keinem anderen Ergebnis, denn diese wurde mit besonderen Umständen des Einzelfalls begründet, die so auf die hiesigen Kläger nicht zutreffen.
Mithin liegen die Voraussetzungen des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vor.
Auch andere Tatbestände des § 1a AsylbLG sind nicht erfüllt. Entweder kommen diese schon nicht infrage, weil sie nur für andere Gruppen von Leistungsberechtigten gelten, nicht aber für solche nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, wie es die Kläger damals waren, oder ihre Voraussetzungen sind offenkundig nicht gegeben. Insbesondere besteht keine Grundlage für die Annahme, dass die Kläger asyl- oder ausländerrechtliche Mitwirkungspflichten verletzt hätten (§ 1a Abs. 5 AsylbLG). Derartige Mitwirkungshandlungen wurden von den Klägern nicht verlangt. Diese haben sich auch nicht nach Deutschland begeben, um hier Leistungen nach dem AsylbLG zu erhalten (§ 1a Abs. 2 AsylbLG). Insofern muss der Wille, Sozialleistungen zu beziehen, im Zeitpunkt der Einreise vorhanden und prägend für den Einreiseentschluss gewesen sein; ein lediglich billigendes Inkaufnehmen genügt nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.6.1992 - 5 C 22/87 - juris, zur Vorgängerregelung in § 120 des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG; Siefert, AsylbLG, 2. Aufl., § 1a Rn. 24). Ein solcher prägender Wille ist im Fall der Kläger nicht feststellbar. Nach ihren Angaben im Asylverfahren gegenüber dem BAMF bzw. in den Anhörungsbögen vom 16.06.2021 gegenüber dem Beklagten sind sie aus Griechenland ausgereist, weil dort eine desaströse Versorgungssituation herrschte. Dem wollten sie sich entziehen. Dabei ist aber nicht zu erkennen, dass sie deswegen den Bezug von Sozialleistungen anstrebten. Hinzu kommt, die fehlende medizinische Versorgung in Griechenland, obschon die Kläger Diabetiker und auf Medikamente angewiesen sind. Insofern kam es ihnen auf eine angemessene medizinische Versorgung an.
Die Kläger haben demnach im Zeitraum von Juli bis Dezember 2021 den geltend gemachten Anspruch auf Grundleistungen der Bedarfsstufe 2 (§ 3 Abs. 1, § 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a und Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a AsylbLG), da sie in dieser Zeit als Ehepartner zusammenlebten. Da die Kläger weder in einer Aufnahmeeinrichtung noch einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht gewesen sind, war der Bedarf von Anfang an vorrangig durch Geldleistungen zu decken (§ 3 Abs. 3 Satz 1 AsylbLG) und ist nunmehr infolge des Ablaufs des betreffenden Zeitraums allein durch Geld zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 27.02.2019 - B 7 AY 1/17 R - juris).
Die Berufung der Kläger hat nach alledem Erfolg und es ist wie tenoriert zu entscheiden. Der Senat entscheidet gemäß § 130 Abs. 1 SGG durch Grundurteil, das auch im Höhenstreit zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.06.2021 - B 7 AY 4/20 R - juris).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Angesichts verschiedener Rechtsfragen zur Auslegung von § 1a Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 AsylbLG, zu denen aus Sicht des Senats bisher keine (ausreichende) höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt und die über den vorliegenden Fall hinausreichende Bedeutung haben, wird die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).