Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die dem Kläger mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen ab dem 01.01.2015 fortbesteht.
Der Kläger hat am 01.01.2015 eine Beschäftigung als Syndikusanwalt bei dem Beigeladenen aufgenommen.
Er stellte am 18.02.2015 einen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens seiner mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht über den 31.12.2014 hinaus. Hilfsweise stellte er einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die nichtselbständig ausgeübte berufsspezifische Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Beigeladenen ab dem 01.01.2015 und einen Antrag auf Erstattung der Leistung von Rentenversicherungsbeiträgen aus den Einkünften aus der nichtselbständigen berufsspezifischen Beschäftigung bzw. Tätigkeit als Rechtsanwalt bei der Beigeladenen an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Nordrhein-Westfalen ab dem 01.01.2015, solange nicht bestandskräftig über die vorgenannten Anträge entschieden sei.
Mit Bescheid vom 24.03.2015 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigung als Syndikusanwalt bei dem Beigeladenen ab. Die Beklagte begründete den Bescheid damit, dass der Kläger zwar aufgrund seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft Pflichtmitglied der Rechtsanwaltskammer und zugleich des berufsständischen Versorgungswerkes der Rechtsanwälte sei, diese Pflichtmitgliedschaft bestehe jedoch nicht wegen seiner Beschäftigung als Syndikusanwalt bei der Beigeladenen. Er sei nicht als Rechtsanwalt bei dem Beigeladenen beschäftigt. Personen, die als ständige Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stünden (Syndikusanwälte), seien in dieser Eigenschaft nicht als Rechts-
anwälte tätig. Für die Ausübung derartiger Beschäftigungen sei eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI nicht möglich.
Eine Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI sei auf die jeweils ausgeübte konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Er sei zwar mit Bescheid vom 04.09.2001 für die Beschäftigung als Rechtsanwalt bei der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft AGWPG in C von der Versicherungspflicht befreit worden, dieser Bescheid sei in dem zu beurteilenden Zeitraum jedoch nicht wirksam. Befreiungsbescheide würden nur für die jeweils konkret ausgeübte Beschäftigung gelten, jeweils nur solange diese Beschäftigung andauere. Ein Bestandsschutz des oben genannten Befreiungsbescheides für eine weitere Beschäftigung nach Beendigung der befreiten Beschäftigung könne nicht hergeleitet werden.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und führte aus, dass er seine Tätigkeit bei dem Beigeladenen nur als Rechtsanwalt habe aufnehmen können. Er fügte seinen Arbeitsvertrag vom 15.05.2002 bei, der ununterbrochen bis heute fortgelte.
Am 15.03.2016 stellte der Kläger in Folge der seit dem 01.01.2016 durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte geltenden neuen Bestimmungen folgende Anträge:
Antrag auf rückwirkende Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Antrag auf Erstattung zu Unrecht gezahlter Pflichtbeiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung für Syndikusrechtsanwälte
Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte.
Er fügte eine Tätigkeitsbeschreibung und eine Zulassung der Rechtsanwaltskammer Hamm vom 06.07.2016 bei.
Mit Bescheid vom 30.11.2016 erklärte die Beklagte die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die in der Zeit vom 15.05.2002 bis 06.07.2016 ausgeübte Beschäftigung als Mitarbeiter bei dem Beigeladenen rückwirkend nach § 231 Abs. 4 b SGB VI.
Mit Bescheid vom 10.01.2017 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die zu Unrecht gezahlten Beiträge für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 06.07.2016 nach § 286 f SGB VI an das zuständige Versorgungswerk erstattet würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und führte aus, dass nach der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für die Beschäftigung erfolgen könne, wegen der der Beschäftigte aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sei. Die Beklagte wies auf die Entscheidungen des BSG vom 03.04.2014 hin - B 5 RE 13/14 R, B 5 RE 9/14 R und B 5 RE 3/14 R. Das BSG habe klargestellt, dass abhängig beschäftigte Rechtsanwälte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern, sogenannte Syndikusanwälte, nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden könnten. Das BSG habe in seinen Entscheidungen vom o.g. Datum auch darauf hingewiesen, dass nur die derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung – bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde – ein rechtlich geschütztes Vertrauen in dem Bestand dieser Entscheidung hätten, dass über den Schutz durch die §§ 44 ff. des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) hinausgehen dürfte. Ein Vertrauensschutz räume das BSG mithin nur den Inhabern aktueller Befreiungsbescheide für die derzeit ausgeübte Beschäftigung ein. Der Kläger könne als zugelassener Rechtsanwalt für seine Tätigkeit als Syndikusanwalt bei dem Beigeladenen nicht von der Rentenversicherungspflicht befreit werden.
Der Kläger hat am 24.03.2017 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben. Er ist der Auffassung, der Bescheid vom 04.09.2001 sei nicht auf eine Befreiung bezüglich eines kon-
kreten Arbeitgebers beschränkt. Auch habe er seine Tätigkeit bei dem Beigeladenen eben nur als Rechtsanwalt aufnehmen können. Der Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen wäre nur deswegen zustande gekommen, da er eine Zulassung als Rechtsanwalt gehabt habe.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.03.2015 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017 zu verurteilen,
festzustellen, dass die mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte
Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für seine
Tätigkeit bei der Beigeladenen über den 31.12.2014 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte beruft sich auf ihre umfangreichen Ausführungen im Widerspruchsbescheid und verweist auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Erörterung am 18.09.2019 gewesen sind, verwiesen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte vorliegend ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu angehört worden.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 24.03.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2017 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Zu Recht hat die Beklagte den Antrag auf Fortbestehen der mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellten Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht über den 31.12.2014 hinaus für seine am 01.01.2015 aufgenommene Tätigkeit als Syndikusanwalt bei der Beigeladenen, ablehnt.
Nach der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI kann eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nur für die Beschäftigung erfolgen, wegen der die Beschäftigten aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlicher Versicherung- und Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich Kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind.
Nach § 6 Abs. 5 Satz 1 SGB VI ist die Befreiung auf die jeweils ausgeübte konkrete Beschäftigung oder Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt. Sie wird mit einer inhaltlichen Umgestaltung des Arbeitsplatzes, mit einem Wechsel des Aufgabengebietes oder mit der Aufgabe der Beschäftigung gegenstandslos, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung des Befreiungsbescheides bedarf. Auf eine weitere Berufsausübung erstreckt sich die Befreiung von der Versicherungspflicht grundsätzlich nicht. Im Ergebnis führt damit praktisch jeder Arbeitsplatzwechsel oder Arbeitgeberwechsel zu ei-
nem neuen Befreiungsverfahren, das von einem Antrag eingeleitet wird und mit einem Bescheid abzuschließen ist. Mit dem Ende der Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde, hat demnach auch die Befreiung von der Versicherungspflicht geendet.
Das BSG hat mit seinen drei Entscheidungen vom 03.04.2014 klargestellt, dass abhängig beschäftigte Anwälte bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern (sogenannte Syndikusanwälte) nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI befreit werden könnten. Das BSG hat ausgeführt, dass die Erwerbstätigkeit von Syndikusanwälten bei ihren jeweiligen Arbeitgebern nicht zum Feld der anwaltlichen Berufstätigkeit im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) gehören. Nach gefestigter verfassungsrechtlicher und berufsrechtlicher Rechtsprechung zum Tätigkeitsbild des Rechtsanwaltes nach der BRAO werde derjenige, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber stehe, in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig. Unabhängiges Organ der Rechtspflege und damit Rechtsanwalt ist der Syndikus nur in seiner freiberuflichen Tätigkeit außerhalb seines Dienstverhältnisses.
Der Kläger ist in seiner Tätigkeit für den Beigeladenen ab dem 01.01.2015, bei der es sich um eine Steuerberatungsgesellschaft handelt, als Syndikusanwalt tätig. Er ist in einem festen Dienst- bzw. Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten Arbeitgeber tätig, und in dieser Eigenschaft nicht als Rechtsanwalt tätig. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Beigeladene für das Arbeitsverhältnis einen Rechtsanwalt gesucht hat.
Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, dass die ihm mit Bescheid vom 04.09.2001 festgestellte Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für seine Tätigkeit bei der KPMG-Treuhandgesellschaft für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen fortwirkt. Nach Auffassung des BSG in den o.g. Entscheidungen haben nur die derzeitigen Inhaber einer begünstigenden Befreiungsentscheidung bezogen auf die jeweilige Beschäftigung, für die die Befreiung ausgesprochen wurde, ein rechtlich geschütztes Vertrauen in den Bestand dieser Entscheidung. In seinem Urteil vom 31.10.2012 – B 12 R
3/11 R hat das BSG entschieden, dass sich die Befreiung stets auf eine ganz konkret ausgeübte Tätigkeit bei einem bestimmten Arbeitgeber beschränkt und mit dem Wechsel des Arbeitgebers oder der Tätigkeit endet. Vertrauensschutz kann demnach nur für solche Beschäftigungen hergeleitet werden, für die der Befreiungsbescheid ursprünglich erteilt wurde.
Eine Befreiung kommt für den Personenkreis der abhängig beschäftigten Rechtsanwälte nur noch in Betracht, wenn das Beschäftigungsverhältnis zu einem anwaltlichen Arbeitgeber besteht und das Anstellungsverhältnis eine unabhängige und weisungsfreie Ausübung des Anwaltsberufs gewährleiste. Die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen ab dem 01.01.2015 stellt eine solche Tätigkeit nicht dar, so dass eine Befreiung nicht in Betracht kommt.
Auch die Tatsache, dass sich aus der am 01.01.2016 in Kraft getretenen Übergangsregelung des § 231 Abs. 4 b SGB VI die rückwirkende Befreiung für den streitbefangenen Zeitraum durch den Bescheid vom 30.11.2016 ergeben hat, vermag an der Entscheidung nichts zu ändern. Die Übergangsregelung knüpft ausdrücklich an eine Befreiung einer Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt an, die unter Berücksichtigung der BRAO in der Fassung vom 01.01.2016 erteilt wurde. Sie führt jedoch nicht zu einer rückwirkenden Befreiung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.