L 19 AS 1211/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 AS 3437/19
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 1211/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Es wird festgestellt, dass das Verfahren L 1 AS 115/20 durch den Vergleich vom 14.07.2021 beendet wurde.

Auch die weiteren außergerichtlichen Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 

Der Kläger begehrt die Fortsetzung des Verfahrens vor dem LSG Nordrhein-Westfalen, L 1 AS 115/20, in welchem Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II streitbefangen waren. Streitig ist, ob das Verfahren durch gerichtlichen Vergleich beendet wurde.

Mit Bescheid vom 10.05.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 31.05.2018. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2019 zurück.

Mit Bescheid vom 13.05.2019 bewilligte der Beklagt dem Kläger Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.06.2019 bis 31.05.2020. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.01.2020 zurück. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 22.01.2020 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf, S 35 AS 256/20.

Der Kläger hat am 28.08.2019 Klage erhoben. Der Klageschrift hat der Kläger den Bescheid vom 13.05.2019 und den Widerspruchsbescheid vom 29.07.2019 beigefügt. Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat er ausdrücklich erklärt, die Klage richte sich gegen den Bescheid vom 13.05.2019 und nicht gegen den Bescheid vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2019. Der Beklagte habe für den Zeitraum Juni 2019 bis Mai 2020 monatlich 175,42 € zu wenig bewilligt.

Das Sozialgericht Düsseldorf hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 18.12.2019 als unzulässig abgewiesen. Das erforderliche Vorverfahren sei nicht durchgeführt worden.

Der Kläger hat gegen den am 03.01.2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 22.01.2020 Berufung, L 1 AS 115/20 eingelegt.

In seiner Berufungsschrift hat der Kläger ausgeführt, das Verfahren richte sich – entgegen dem Vortrag in erster Instanz - gegen den Bescheid vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2019. Betroffen sei der Zeitraum Juni 2017 bis Mai 2018. Der Beklagte habe insoweit einen Gesamtbetrag von 1.719,40 € zu wenig bewilligt. Das Klage- und Berufungsverfahren betreffe ausdrücklich nicht den Zeitraum 01.06.2019 bis 31.05.2020.

Am 14.07.2021 hat die damalige Berichterstatterin des 1. Senats des Landessozialgerichts einen Erörterungstermin durchgeführt, der 2 Stunden und 35 Minuten gedauert hat. In der Sitzungsniederschrift zur Nichtöffentlichen Sitzung heißt es:

„Nach vorstehendem Hinweis schließen die Beteiligten zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreits folgende Vergleich:

  1. Die Beklagte verpflichtet sich, den Bescheid vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2019 betreffenden den vollständigen Zeitraum von Juni 2017 bis einschließlich Mai 2018 nach § 44 SGB X zu überprüfen. Die Beteiligten sind sich dabei einig, dass der Kläger den Antrag nach § 44 fristgerecht für eine vollständige Überprüfung des vorgenannten Zeitraums gestellt hat. Auf ausdrücklichen Wunsch des Klägers wird dabei der Zeitpunkt der Stellung des Überprüfungsantrages zusätzlich auf das Jahr 2017 fingiert.
  2. Die Beteiligten sind sich ferner darüber einig, dass der Streit über den Bescheid vom 13.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.01.2021 im erstinstanzlichen Verfahren S 35 AS 256/20 weiterzuführen ist.
  3. Die Kosten werden gegeneinander aufgehoben.
  4. Die Beteiligten stimmen dem vorgenannten Vergleich zu und sehen Klage- und Berufungsverfahren übereinstimmend als vollständig erledigt an.

 

Laut diktiert, vorgespielt und genehmigt“.

Eine Abschrift wurde am 16.07.2021 an die Beteiligten versandt. Bereits mit Schreiben vom 17.07.2021 hat der Kläger ohne Bezugnahme auf die Niederschrift Stellung zum Erörterungstermin genommen. Darin hat er u.a. ausgeführt:

„Wie bereits mündlich im Termin am 14.07.2021 zugestimmt, ist der Berufungskläger damit einverstanden, dass das Beklagte Jobcenter N innerhalb von einem Monat einen Überprüfungsbescheid gemäß § 44 SGB X auf Zeitpunkt 2017 erlässt und dem Berufungskläger die eingeklagte 1.719,40 Euro für Zeitraum 01.06.2017 bis 31.05.2018 bewilligt unter der Voraussetzung, dass die Berufungsklage vom 22.01.2020 weiterhin bis zu dem Zeitpunkt anhängig sein sollte und bei erneuten Ablehnung, die Berufung – Az.: L 1 AS 115/20 fortgeführt wird.“

„Anderen Vorschlägen vom Landessozialgericht Nordrhein Westfalen stimmt der Berufungskläger nicht zu. Das bedeutet, dass die Berufungsklage (…) weiterhin anhängig ist, nicht erledigt ist und weiter vom Berufungskläger fortgeführt wird, so wie im Termin am 14.07.2021- Az.: L 1 AS 115/20 vom Berufungskläger mitgeteilt worden ist.“

Mit Schreiben vom 21.07.2021 hat der Kläger zur übersandten Niederschrift Stellung genommen. Darin führt er u.a. aus:

„Der Berufungskläger widerspricht dem Inhalt der gerichtlichen Vereinbarung aus der Niederschrift vom 14.07.2021 (…) in vollem Umfang, denn solche Vereinbarung wurde im Termin am 14.07.2021 nachweislich vom Berufungskläger nicht zugestimmt. (…) Der Berufungskläger hatte im Termin (…) zu keinem Zeitpunkt ein Vergleich mit der Beklagte und mit dem Landessozialgericht Nordrhein Westfalen Essen geschlossen und hat auch sich mit der Erledigung der Klage (…) zu keinem Zeitpunkt erklärt weder schriftlich noch mündlich und die Berufung (…) nicht zurückgenommen. Die Entscheidung bzw. festgehaltene Feststellung in der Niederschrift vom 14.07.2021 sind nachweislich ein gerichtlicher Willkür. (…) Einem mündlichen Vergleich hatte der Berufungskläger zu keinem Zeitpunkt zugestimmt, es wurde im Termin am 14.07.2021 vereinbart, dass der im Termin am 14.07.2021 besprochene Vorschlag vom Landessozialgericht Nordrhein Westfalen Essen bzw. der Richterin Frau Hupertz dem Berufungskläger und für die Beklagte schriftlich mitgeteilt wird bzw. zugesendet wird damit beide Seiten ein Bedenkzeit von 3 Wochen und können dann entscheiden, ob diese dem gerichtlichen Vorschlag zustimmen um zu wissen welchen Inhalt diese zustimmen sollen.

Denn Berufungskläger kann nur einem Vorschlag des Gerichts erst dann zustimmen, wenn der Berufungskläger die Gründe und der Vereinbarung bzw. Vergleich kennt und nicht vorher und das Landessozialgericht Nordrhein Westfalen Essen ist verpflichtet diesen Inhalt für Berufungskläger vorher zur Kenntnisnahme zu übersenden und Bedenkzeit für die Entscheidung einzuräumen insbesondere wenn Rücknahme der Berufung (…) vorgeschlagen wird und das hat das Landessozialgericht noch der Westfalen Essen unterlassen und Berufungskläger Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG und Anspruch auf ein faires Verfahren gemäß Art. 1 Abs. 1 GG; Art. 2 Abs. 1 GG verletzt.

Der Berufungskläger wertet die Niederschrift vom 14.07.2021 vom Landessozialgericht (….) Als Vorschlag für eine Vergleich, dem der Berufungskläger im vollen Umfang nicht zustimmt (…).“

Im Schreiben vom 22.08.2021 hat der Kläger weiter ausgeführt:

„Dem Inhalt des Vergleichs der mit der Niederschrift vom 14.07.2021 (…) mitgeteilt worden ist, hat der Berufungskläger nachweislich nicht zugestimmt, weil dort enthaltenen Texten nicht vorgespielt worden war und der Berufungskläger die Entscheidung zu dem Vorschlag-Vergleich gemäß Niederschrift vom 14.07.2021 (…) Nachweislich nicht gemacht bzw. nicht zugestimmt hat, sondern nur zugestimmt hat, dass dieser Vorschlag-Vergleich dem Berufungskläger schriftlich mitgeteilt werden soll und dem Berufungskläger eine Überlegungszeitraum zur Entscheidung eingeräumt werden soll und deswegen der Berufungskläger nachweislich zu dem besprochenen Vorschlag-Vergleich keine Entscheidung am 14.07.2021 gemacht hat, wie dem Berufungskläger rechtsfehlerhaft in der Niederschrift vom 14.07.2021 (…) Unterstellt wird, weil erst dem Berufungskläger dieser Vorschlag-Vergleich schriftlich übersendet werden sollte damit der Berufungskläger die Entscheidung zu dem Vorschlag-Vergleich machen kann.“

Der 1. Senat des Landesozialgerichts Nordrhein-Westfalen hat das Schreiben vom 22.08.2021 als Protokollberichtigungsantrag gewertet und diesen durch Beschluss vom 12.04.2022 abgelehnt. Der Beschluss ist dem Kläger am 20.04.2022 zugestellt worden.

Der Kläger beantragt,

das Verfahren L 19 AS 1211/21 WA – ehemals L 1 AS 115/20 fortzusetzen und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 18.12.2019 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 10.05.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2019 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum von Juni 2017 bis Mai 2018 einen Betrag in Höhe von 1.719,40 € (778,40 € für den Zeitraum von Juni 2017 bis Dezember 2017 + 941,00 € für den Zeitraum von Januar 2018 bis Mai 2018 = 1.719,40 €) nachzuzahlen.

Der Beklagte beantragt,

festzustellen, dass das Berufungsverfahren durch Vergleich vom 14.07.2021 beendet wurde,

hilfsweise die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, das Verfahren sei durch Erklärung im Termin am 14.07.2021 beendet worden. Dass dem Kläger der Vergleich nicht durch lautes Vorlesen zur Kenntnis gelangt sei, entspreche nicht der Wahrheit. Nach Rücksprache mit seiner Sitzungsvertreterin sei der Vergleich ordnungsgemäß geschlossen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalte Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

Entscheidungsgründe

Das Fortsetzungsbegehren des Klägers mit dem Ziel, den Beklagten durch Sachentscheidung zur Gewährung weiterer Grundsicherungsleistungen zu verurteilen, hat keinen Erfolg. Der Rechtsstreit wurde durch den am 14.07.2021 wirksam geschlossenen Prozessvergleich (§ 101 Abs. 1 S. 1 SGG) beendet.

Der Prozessvergleich ist weder aus prozessrechtlichen Gründen (dazu 1.) noch aus materiell-rechtlichen Gründen (dazu 2.) unwirksam. Daher ist vom Senat die Beendigung des Rechtsstreits durch Endurteil festzustellen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2002 – B 7 AL 26/02 R).

Der gerichtliche Vergleich nach § 101 Abs. 1 SGG hat eine rechtliche Doppelnatur. Er ist sowohl Prozesshandlung, deren Wirksamkeit sich nach den Grundsätzen des Prozessrechts bestimmt, als auch ein materiell-rechtlicher Vertrag, für den die Vorschriften der §§ 53, 54 SGB X und des BGB gelten (vgl. BSG, Urteil vom 13.2.2014 – B 8 SO 15/12 R). Seine Unwirksamkeit kann daher darauf beruhen, dass entweder der materiell-rechtliche Vertrag nichtig oder wirksam angefochten ist oder die zu seinem Abschluss notwendigen Prozesshandlungen nicht wirksam vorgenommen worden sind (BSG, Urteil vom 17.5.1989 - 10 RKg 16/88).

1.

Zur Überzeugung des Senats haben die Beteiligten im Erörterungstermin vom 14.07.2021 prozessrechtlich wirksam einen Vergleich im Sinne des § 101 Abs. 1 SGG geschlossen.

Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten zu Protokoll des Gerichts oder des Vorsitzenden oder des beauftragten oder ersuchten Richters einen Vergleich schließen, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen, soweit sie über den Gegenstand der Klage verfügen können.

Die Beteiligten sind verfügungsbefugt i.S.v. § 101 Abs. 1 SGG gewesen (vgl. BeckOGK/Müller, Stand 01.02.2022, § 101 Rn. 17). Zwischen den Beteiligten ist am 14.07.2021 ein Vergleich zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreites L 1 AS 115/20 geschlossen worden. Dies ergibt sich aus der protokollierten Formulierung des Vergleichs, dass er zur vollständigen Erledigung des Rechtsstreites geschlossen wird, sowie aus Ziffer 4 des Vergleiches.

Der Vergleich ist ordnungsgemäß zu Protokoll des Gerichts und damit wirksam geschlossen worden. Nach § 122 SGG gelten für die Niederschrift die §§ 159 bis 165 ZPO entsprechend. Gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist ein Vergleich, das heißt die sachlich deckenden Erklärungen der Beteiligten (vgl. BSG, Urteile vom 28.11.2002 – B 7 AL 26/02 R und vom 21.09.1983 – 4 RJ 63/82) im Protokoll festzustellen. Das Protokoll ist gemäß § 162 Abs. 1 S. 1 ZPO, soweit es unter Anderem Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO enthält, den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen. Gemäß § 162 Abs. 1 S. 3 ZPO ist in dem Protokoll zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind.

Diese Voraussetzungen liegen vor. Dies ergibt sich aus den Feststellungen im Protokoll vom 14.07.2021, wonach der Vergleich „Laut diktiert, vorgespielt und genehmigt“ wurde. Das mangelfreie Protokoll ist eine öffentliche Urkunde und begründet den vollen Beweis des beurkundeten Vorgangs, §§ 202 SGG i.V.m. 415 ZPO.

Die Beweiskraft des Protokolls hinsichtlich der protokollierten Erklärung ist vorliegend auch nicht durch die Führung des Gegenbeweises entkräftet worden. Die Führung des Gegenbeweises erfordert im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung i.S.d. § 128 Abs. 1 SGG den vollen Beweis eines anderen als des beurkundeten Geschehensablaufs, was wiederum bedingt, dass jede Möglichkeit der Richtigkeit der in der Urkunde bezeugten Tatsachen entkräftet sein muss; bloße Zweifel an der Richtigkeit sind nicht ausreichend (BSG, Beschluss vom 27.01.2005 – B 7a/7 AL 194/04 B).

Diese Voraussetzungen bezüglich der Führung des Gegenbeweises liegen nicht vor. Allein das Bestreiten der Richtigkeit des Protokolls ist nicht geeignet, einen Gegenbeweis zu führen. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit des Protokolls. Dies ergibt sich aus dem Beschluss vom 14.04.2022 über die Ablehnung des Protokollberichtigungsantrags des Klägers. Auch für eine vom Kläger behauptete Fälschung des Protokolls liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Vielmehr bestätigt auch der Beklagte in seinem Schreiben vom 22.10.2021, dass der Inhalt des Protokolls mit den tatsächlichen Vorgängen übereinstimmt.

2.

Der Prozessvergleich ist auch nicht aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam. Ein Prozessvergleich entfaltet aus materiell-rechtlichen Gründen keine Rechtswirksamkeit, wenn die Beteiligten nicht wirksam zugestimmt haben, wenn der Vergleich als öffentlich-rechtlicher Vertrag nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig oder wirksam angefochten ist, oder wenn der nach dem Inhalt des Vergleiches als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht oder der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde (vgl. BSG, Urteil vom 24.01.1991 – 2 RU 51/90; Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 13. Aufl. 2020, § 101 Rdnr. 13, m. w. N.). Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend gegeben.

(1) Die für einen wirksamen Vergleich erforderliche Zustimmung der Beteiligten, insbesondere die des Klägers, liegt vor. Dies ergibt sich aus dem Protokoll vom 14.07.2021. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

(2) Ein Nichtigkeitsgrund im Sinne von § 105 BGB (Geschäftsunfähigkeit), § 116 Satz 2 BGB (geheimer Vorbehalt), § 117 BGB (Scheingeschäft), § 118 BGB (Scherzgeschäft), § 134 BGB (Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot) oder § 138 BGB (Sittenwidrigkeit oder Wucher) ist weder vorgetragen noch gegeben.

(3) Auch eine Unwirksamkeit des Vergleiches gemäß §§ 54 SGB X i.V.m. 779 BGB ist nicht gegeben. Denn § 54 Abs. 1 SGB X verlangt nicht, dass sich das Nachgeben ausschließlich auf die materielle Rechtsposition bezieht. Die Beteiligten geben auch i.S.v. § 779 Abs. 1 BGB nach, wenn sie durch beiderseitiges Entgegenkommen einer Vereinbarung über die Durchsetzbarkeit des dem Streit zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Anspruch treffen, wie z.B. auf prozessuale Rechte – vorliegend eine Entscheidung des Gerichts über dem Kläger im Berufungsverfahren geltend gemachten Zahlanspruch -  verzichten  (vgl. BSG, Urteil vom 17.05.1989 – 10 RKg 16/88 m.w.N.). Ein beidseitiger Irrtum über die Vergleichsgrundlage ist weder vorgetragen noch erkennbar.

(4) Der Kläger hat seine auf Abschluss des Vergleichs gerichtete Willenserklärung auch nicht entsprechend der §§ 119 ff. BGB wirksam angefochten. Insbesondere liegt eine Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB nicht vor. Danach kann derjenige, der bei der Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war (Inhaltsirrtum) oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte (Erklärungsirrtum), diese anfechten. Voraussetzung ist, dass er die Erklärung bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass der Kläger bei Abgabe seiner auf Abschluss des Vergleichs gerichteten Willenserklärung einem Inhalts- oder Erklärungsirrtum unterlag. Vielmehr bestreitet der Kläger, die protokollierte Willenserklärung überhaupt abgegeben zu haben und behauptet, bei den Ausführungen im Protokoll handele es sich um eine Fälschung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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