S 9 U 353/21

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 353/21
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
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Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Im Rahmen der Prüfung, ob ein Unfallereignis vorgelegen hat, sind die Besonderheiten des Einzelfalls sowie die Besonderheiten des pandemiebedingt notwendigen Aufenthalts der Versicherten im Home-Office zu berücksichtigen. Dabei kommt es auch auf die Ergebnisse der Ermittlungen, insbesondere Einlassungen der Versicherten, Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten an. Der Beweis, ob ein Sturz vom Gymnastikball im Home-Office stattgefunden hat oder nicht, ist im Vergleich zu einem Sturz im Unternehmen möglicherweise schwieriger zu führen. Es ist dabei nachvollziehbar, dass eine zunächst als Bagatellverletzung wahrgenommene Verletzung erst verspätet medizinisch erfasst wird bzw. sich erst im Behandlungsverlauf relevante Beschwerden ergeben.


I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 03.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2021 verurteilt, dass Ereignis vom 19.02.2021 als Versicherungsfall anzuerkennen. Unfallbedingt besteht eine Zerrung/Prellung des linken Schultereckgelenks mit dadurch bedingter Aktivierung einer vorbestehenden milden Schultereckgelenksarthrose. Sekundär besteht unfallbedingt eine bakterielle Infektion des linken Schultereckgelenks nach therapeutischer Infiltration und umfänglicher operativer Maßnahme mit Schultereckgelenksresektion, Spülung und Debridement und nachfolgender Antibiotikatherapie mit Ausheilung der Infektion, jedoch anhaltender Reizung des Schultereckgelenks.


II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.


III. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.


T a t b e s t a n d :

Streitig ist, ob ein Ereignis vom 10.02.2021 oder 19.02.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Am 10.02.2021 oder 19.02.2021 verletzte sich die am 1984 geborene Klägerin, als sie von einem Gymnastikball gefallen ist (vgl. Durchgangsarztbericht Akten-Id: 1 Bekl.-Akte, Gesprächsnotiz Akten-Id: 2 Bekl.-Akte, Aufstellung Klägerin Akten-Id: 32 Bekl.-Akte).

Am 20.02.2021 habe die Klägerin Schmerzen beim Armhochnehmen bei morgendlicher Aufwärmübung gehabt (vgl. Aufstellung Bl. 49 ff. SG-Akte).

Am 25.02.2021 wurde eine MRT der Lendenwirbelsäule durchgeführt (vgl. Bl. 31 SG-Akte).

Aus dem Durchgangsarztbericht vom 26.04.2021 (Akten-Id: 1 Bekl.-Akte) ergibt sich u. a. folgende Diagnose: aktivierte AC-Gelenkarthrose links, subacromiales Impingement links. Es wurden Bilder angefertigt. Aus den Angaben zum Unfallereignis ergibt sich folgende Schilderung. Die Klägerin sei bei einem Teammeeting am PC von ihrem Gymnastikball auf ihre linke Schulter gefallen. Dies habe sie bei ihrem Besuch am 26.04.2021 erstmalig berichtet. Die Erstversorgung nach diesem Unfall sei am 01.03.2021 erfolgt. Die Klägerin sei am 03.03.2021 und 05.03.2021 aus diesen Gründen auch beim Durchgangsarzt in Behandlung gewesen.

Aus der Gesprächsnotiz (Akten-Id: 2 Bekl.-Akte) ergibt sich, dass die Klägerin als abhängig Beschäftigte Redakteurin tätig gewesen sei. Aufgrund von Corona sei von der Firma Home-Office vorgeschrieben worden. Sie habe auf einem Sitzball vor ihrem PC gesessen. Den Sitzball habe sie sich extra für das Home-Office gekauft, als sie wegen Corona nicht mehr ins Studio gedurft hätten. Der Sitzball sei ein Ball gewesen, der unten einen Ring habe und auch mit Stoff bezogen sei. Sie habe sich während eines Interviews (Online-Casting für V.K.), welches sie mit einer Kollegin zusammengeführt habe, auf dem Sitzball so positionieren wollen, dass es für ihren Rücken noch besser gewesen sei. Dabei habe sie das Gleichgewicht verloren und sei auf die linke Schulter auf dem Boden gestürzt. Sie könne nicht genau sagen, ob die Kollegin davon etwas mitbekommen habe, da zwischendurch auch immer wieder auf Audio statt auf Video umgeschaltet worden sei, da solange Videos sehr anstrengend seien. Die Klägerin habe vorher an der Schulter nichts gehabt. Zu einem späteren Zeitpunkt, Tage nach dem Unfall, habe sie im Home-Office einen "Hampelmann" gemacht, um wegen des langen Sitzens kurz zwischendurch eine Sportübung zu machen. Dabei habe sie einen Schmerz im Arm verspürt. Sie habe ihrem Arbeitgeber den Unfall erst später gemeldet, da ihr anfangs nicht klar gewesen sei, dass dies ein Arbeitsunfall gewesen sei.

Aus der Aufstellung der Klägerin (Akten-Id: 32 Bekl.-Akte) ergibt sich folgende Schilderung: Am 10.02.2021 sei die Klägerin im Home-Office von einem Sitzball gefallen. Beim Positionieren habe sie das Gleichgewicht verloren und sei seitlich heruntergefallen. Sie habe den Aufprall mit dem linken Arm, wenn auch etwas unkontrolliert, abgestützt und sei seitlich auf Arm und Schulter gefallen. Sie habe zur Unfallzeit am Arbeitslaptop gearbeitet (E-Mails und Microsoft Teams). Der Sitzball habe einen Stoffüberzug gehabt. Die Klägerin habe ihn extra für das Home-Office gekauft. Der Sitzball habe an der Unterseite einen Gummiring, der den Ball in Position halten sollte. Es habe sich erst im Nachhinein herausgestellt, dass der Auslöser für die verletzte Schulter bzw. den entzündeten Schleimbeutel nicht das Armhochschwingen einer Morgenroutine, sondern Druck auf das Gelenk gewesen sein musste. Den Sturz habe die Klägerin am 10.02.2021 zunächst nicht gemeldet, weil sie nur geringe andauernde Schmerzen verspürt habe und auch nicht krankgeschrieben gewesen sei. Für die Laptop-Arbeit im Home-Office zu Corona habe es allemal gereicht. Zu verstärkten Schmerzen sei es etwa 2 Wochen später gekommen, als die Klägerin morgens ihre Arme in die Luft geschwungen habe.

Am 01.03.2021 wurde eine MR der Schulter links durchgeführt (vgl. Akten-Id: 7 Bekl.-Akte).

Am 25.03.2021 wurde eine Sonografie durchgeführt (vgl. Akten-Id: 9 Bekl.-Akte).

Am 01.04.2021 wurde eine MRT des linken Schultergelenks durchgeführt (vgl. Akten-Id: 13 Bekl.-Akte).

Vom 05.04.2021 bis 15.04.2021 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der C. B4-Stadt (vgl. Akten-Id: 22 Bekl.-Akte).

Es liegen Berichte der C. B4-Stadt vom 05.04.2021 (Akten-Id: 16 Bekl.-Akte), vom 07.04.2021 (Akten-Id: 18 Bekl.-Akte) vor.

Am 05.04.2021 wurde der Oberarm mit Schulter links geröntgt (vgl. Akten-Id 17 Bekl.-Akte).

Es liegen pathologische Begutachtungen vom 09.04.2021 und 12.04.2021 (Akten-Id: 20) vor.

Am 13.04.2021 wurde das Schultergelenk links geröntgt (vgl. Akten-Id: 21 Bekl.-Akte). Es liegt radiologischer Befund vom 13.04.2021 (Akten-Id: 29 Bekl.-Akte) vor.

Es liegt Bericht von V. vom 22.04.2021 (Akten-Id: 9 Bekl.-Akte) vor.

Es liegt Verlaufsbericht vom 28.04.2021 (Akten-Id: 3) vor.

Mit Bescheid vom 03.05.2021 (Akten-Id: 35 Bekl.-Akte) lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 10.02.2021 als Arbeitsunfall ab. Ansprüche auf Leistungen würden nicht bestehen. Ein versicherter Arbeitsunfall liege nicht vor, da eine gesicherte Erstdiagnose zeitnah zum geschilderten Ereignis nicht gestellt worden sei und somit der Vollbeweis für den Gesundheitserstschaden nicht erbracht worden sei. Die am 01.03.2021 durchgeführte MRT-Untersuchung habe keine unfallbedingten, jedoch deutliche unfallunabhängige Gesundheitsschäden ergeben. Die Folgen des fehlenden Beweises des Gesundheitserstschadens würden zulasten der Klägerin gehen.

Es liegt Verlaufsbericht vom 04.05.2021 (Akten-Id: 51 Bekl.-Akte) vor. Daraus ergibt sich folgende Diagnose: Schulterprellung links, septische Arthritis linkes Schultergelenk.

Gegen den Bescheid vom 03.05.2021 wurde Widerspruch eingelegt (Akten-Id: 57 Bekl.-Akte). Der Arbeitsunfall habe sich nicht am 10.02.2021, sondern am 19.02.2021 ereignet. Hier sei es zu einem Missverständnis gekommen. Letztlich sei es zu einer enormen Verzögerung der Meldung gekommen, weil sich durch die Cortison-Infiltration, die die schmerzende Schulter lindern sollte, ein Keim in der Schulter breitgemacht habe, was der Auslöser dafür gewesen sei, dass die Klägerin habe operiert werden müssen. Die Behandlung habe sie an ihre Erschöpfungsgrenze gebracht. Sie habe etwas durcheinandergewürfelt. Die Klägerin sei während eines Online-Castings im Home-Office am Bildschirm vom Sitzball gestürzt. Sie sei nicht direkt auf die Schulter gefallen, sondern habe sich mit dem linken Arm abgestützt, was ihr in der Situation nicht so gut gelungen sei und die Klägerin sei abgerutscht. Es habe kurz wehgetan, aber die Klägerin habe es in diesem Moment für übertrieben gehalten, direkt zum Arzt zu gehen, da sie mitten in einem wichtigen Projekt gewesen sei und nach wie vor das Tippen und ihre Arbeit ein paar Tage habe fortsetzen können. Durch den Sturz sei es zu einer kleinen Partialruptur gekommen. Hinzu sei die Entzündung im Schleimbeutel durch den Sturz gekommen, die durch starke Druckausübung entstanden sein müsse.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2021 (Akten-Id: 63 Bekl.-Akte) zurückgewiesen. Die Änderung des Datums würde nicht zu einer Änderung der Wertung des Sachverhalts führen. Im Fall der Klägerin fehle es eindeutig am Nachweis sowohl eines Unfallereignisses infolge der betrieblichen Tätigkeit als auch eines traumatisch bedingten Unfallerstschadens. Auch im Rahmen der Untersuchungen und Behandlungsmaßnahmen bei K. habe die Klägerin erst am 26.04.2021 einen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit angegeben. Es liegt Zustellungsurkunde (Akten-Id: 65 Bekl.-Akte) vor. Danach sei der Widerspruchsbescheid der Klägerin am 24.06.2021 zugestellt worden.

Mit ihrer am 26.07.2021 beim Sozialgericht München eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Anerkennung des Ereignisses vom 10.02.2021 bzw. 19.02.2021 als Arbeitsunfall sowie Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl. Bl. 1, 7 ff. SG-Akte). Zum Zeitpunkt des Ereignisses vom 19.02.2021 sei die Klägerin allein in ihrer Wohnung in B5-Stadt im Home-Office gewesen. In der Zeit von ca. 10:00 Uhr morgens bis ca. 19:00 Uhr abends sei die Klägerin damit befasst gewesen, bei einem Video-Casting teilzunehmen. Gegen Nachmittag habe die Klägerin auf einem Sitzball gesessen im Rahmen der Videozuschaltung, als sie von diesem gefallen sei. Sie habe noch versucht, sich mit dem linken Arm abzustützen, was ihr jedoch nicht gelang. Sie sei abgerutscht und habe einen kurzen Schmerz im linken Schulterbereich verspürt. Die Klägerin habe diesem Vorfall keine besondere Bedeutung beigemessen. Nachdem bei bestimmten Bewegungsabläufen im Schulterbereich der Schmerz jedoch aufgetreten sei, habe sich die Klägerin in Behandlung begeben. Im Verlauf seien Cortison und Hyaloron injiziert worden. Dies habe zu massiven Schmerzen im linken Schulterbereich geführt. Die Schmerzzustände würden dazu führen, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur sehr eingeschränkt tätig sein könne. Eine Tätigkeit als Stuntfrau sei der Klägerin nicht mehr möglich.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 17.09.2021 (Bl. 19 f. SG-Akte) teilte die Vorsitzende mit, dass laut Zustellungsurkunde der Widerspruchsbescheid am 24.06.2021 zugestellt worden sei. Die Klage sei am 26.07.2021 beim Gericht eingegangen. Die Vorsitzende gehe daher davon aus, dass die Klage rechtzeitig erhoben worden sei.

Mit Schreiben vom 23.09.2021 (Bl. 22 SG-Akte) teilte die Beklagte mit, dass die Klägerin auch mit ihrer Klagebegründung keine Nachweise für ein Unfallereignis oder auch einen Erstschaden erbringen könne. Ohne Nachweis im Sinne eines Vollbeweises sei jedoch eine Anerkennung eines versicherten Unfallereignisses nicht möglich.

Am 25.10.2021 wurde eine MRT der linken Schulter durchgeführt (vgl. Bl. 47 SG-Akte).

Mit Schreiben vom 05.11.2021 (Bl. 38 f. SG-Akte) teilte der Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass die Klägerin nur noch selten als Stuntfrau arbeite. Hauptberuflich sei die Klägerin Autorin, Regisseurin, Filmemacherin. Bei dieser Tätigkeit habe sie große Einschränkungen. Zurzeit des streitgegenständlichen Sturzes sei die Klägerin bei Microsoft Teams online geschaltet gewesen, jedoch nicht unmittelbar in einem Interview, da die Klägerin auf das Eintreffen eines neuen Kandidaten gewartet habe. Vor dem Unfallgeschehen habe die Klägerin keinerlei Schulterprobleme gehabt. Als die Klägerin wegen eines Schleudertraumas 2019 untersucht worden sei, sei auch der Nackenbereich der Klägerin geröntgt worden. Vor dem Unfall habe die Klägerin in ihrer linken Schulter keinerlei degenerative Veränderungen gehabt. Wäre die Schulter der Klägerin bereits degenerativ geschädigt gewesen, so wäre dies auch nach Monaten noch ersichtlich.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung von bildgebenden Befunden, Einholung des Vorerkrankungsverzeichnisses der Krankenkasse der Klägerin (Bl. 56 SG-Akte) sowie durch Einholung eines Gutachtens auf orthopädisch-unfallchirurgischem Fachgebiet von G..

G. kommt in seinem Gutachten vom 06.04.2022 (Bl. 66 ff. SG-Akte) nach Auswertung der Aktenlage und einer Untersuchung der Klägerin am 23.02.2022 zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass unfallbedingt eine Zerrung/ Prellung des linken Schultereckgelenks mit dadurch bedingter Aktivierung einer vorbestehenden milden Schultereckgelenksarthrose gegeben sei. Sekundär bestehe eine bakterielle Infektion des linken Schultereckgelenks nach therapeutischer Infiltration und umfänglicher operativer Maßnahme in der C. B4-Stadt mit Schultereckgelenksresektion, Spülung und Debridement und nachfolgender Antibiotikatherapie mit Ausheilung der Infektion jedoch anhaltender Reizung des Schultereckgelenks. Unfallfremd sei ein chronisches Impingement mit beginnender Tendinopathie der Supraspinatussehne ohne Defektbildung. Es seien Aufnahmen und Berichte der linken Schulter vom 29.01.2018 vorgelegt worden. Es sei ein Unfallgeschehen zum damaligen Zeitpunkt anzunehmen. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens am 19.02.2021 habe eine vorbestehende, jedoch klinisch stumme beginnende Schultereckgelenksarthrose vorgelegen. Dies ergebe sich aus den Aufnahmen vom 01.03.2021. Die Aktivierung der vorbestehenden beginnenden Arthrose lasse sich durchaus mit dem Unfallgeschehen vom 19.02.2021 vereinbaren. Dem Befund vom 01.03.2021 komme hier wesentliche Bedeutung zu. In den Aufnahmen vom 01.04.2021 würden sich dann Zeichen eines beginnenden Infektes zeigen. Insgesamt könne die unfallzeitpunktnah festgestellte Schultereckgelenkszerrung und aktivierte Schultereckgelenksarthrose wie auch sekundär/ mittelbar die Infiltration durch V. und die nachfolgende bakterielle Infektion mit notwendiger Behandlung in der C. B4-Stadt als Unfallfolge bewertet werden. Anhaltend bestehe gegenwärtig eine Reizung des linken Schultereckgelenks, welche wesentlich durch die Unfallfolgen bedingt sei. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe bis Ende April 2021 (Ende Angestelltenverhältnis) bestanden. Im Zeitraum vom 01.05.2021 bis 01.01.2022 habe die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) 10 % betragen. Ab 01.01.2022 betrage die MdE unter 10 %.

Mit Schreiben vom 04.05.2022 (Bl. 111 SG-Akte) teilte die Beklagte mit, dass sich auch aus dem Gutachten keine Nachweise für ein Unfallereignis oder einen Erstschaden entnehmen lassen würden. Nach den eigenen Erstangaben am 01.03.2021 bei K. habe sich die Klägerin bei sportlichen Übungen die linke Schulter verletzt. Erst am 26.04.2021 habe sie von einem Arbeitsunfall erzählt. Zeugen für das Ereignis könne die Klägerin nicht benennen. Es fehle am Vollbeweis.

Mit Schreiben vom 20.06.2022 (Bl. 115 SG-Akte) übergab der Bevollmächtigte der Klägerin Stellungnahme der Klägerin vom 02.06.2022 (Bl. 116 SG-Akte). Bei K. habe die Klägerin über Schulterschmerzen berichtet, die sie bei einer Aufwärmübung morgens verspürt habe. Der Unfall sei der Klägerin nicht sonderlich schwer vorgekommen. Die Klägerin sei auch erst später auf die Idee gekommen, dass ein Arbeitsunfall vorliegen könne. Sie hätten ein Teams-Meeting gehabt. Die Aufgabe der Klägerin sei es gewesen, Kandidaten für the V.G.zu casten. Die Castings hätten online stattgefunden. Die Klägerin sei in einem Warteraum mit einer Kollegin, B6., gewesen. Die Zeugin habe den Sturz nicht live mitbekommen, da die Kameras und der Ton gemutet worden seien und jeder für sich die Zeit unabhängig genutzt habe, während sie auf die nächsten Kandidaten gewartet hätten. Aber die Klägerin habe der Zeugin davon erzählt. Die enormen Schmerzen hätten sich erst durch die Infiltration entwickelt, weshalb die Klägerin dann behandelt worden sei.

Mit Schreiben vom 18.07.2022 (Bl. 119 SG-Akte) teilte die Beklagte mit, dass es nach wie vor am Vollbeweis eines Unfallereignisses und einer Unfallverletzung fehle.

Mit Schreiben vom 25.07.2022 (Bl. 123 f. SG-Akte) übergab der Bevollmächtigte der Klägerin weitere Stellungnahme der Klägerin.

Auf Antrag der Zeugin hat das Gericht mit Beschluss vom 17.10.2022 (Bl. 146 SG-Akte) für die mündliche Verhandlung am 08.11.2022 die Bild- und Tonübertragung gemäß § 110a Abs. 1 SGG zugelassen und der Zeugin gestattet, an der mündlichen Verhandlung von ihrer Wohnung/ ihrem Büro aus per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen und Verfahrenshandlung vorzunehmen.

In der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München am 08.11.2022 (vgl. Sitzungsniederschrift Bl. 160 ff. SG-Akte) erläuterte die Klägerin ihre morgendlichen Übungen genauer: Sie habe Aufwärmübungen gemacht, morgendliche Gymnastik. Sie habe sich gedehnt. Sie sei dabei nicht ins Schwitzen gekommen. Sie habe auch keine Gewichte oder ähnliches benutzt. Es handele sich nicht wirklich um Sport. Zum Unfallereignis gab die Klägerin an: Das Unfallereignis habe sich zwischen zwei Castings ereignet. Die Klägerin und die Zeugin würden auf einen weiteren Kandidaten gewartet haben. Während dieser Zeit seien die Kameras und Mikrofone ausgeschaltet gewesen. An dem Tag hätten sehr viele Interviews stattgefunden. Es würde ein Interview nach dem anderen mit kurzen Zwischenzeiten stattgefunden haben. Die Wartezeiten seien unterschiedlich lang gewesen und nicht immer gleich. Es habe immer wieder Interviews bzw. Zwischenzeiten gegeben. Es habe festgestanden, wann die Kandidaten dran wären. Mal seien sie aber später gekommen und mal seien sie früher zugeschaltet worden. Die Klägerin sei die ganze Zeit am Arbeitsplatz gewesen. Sie habe immer wieder schauen müssen, ob ein neuer Kandidat im anderen Raum warte. Sie habe von ihrem Arbeitsplatz nicht einfach weggehen können. Was sie genau zum Unfallzeitpunkt getan habe, wisse sie nicht mehr genau. Die Klägerin gibt an, sie könne sich nicht mehr genau an die Tageszeit des Unfalls erinnern. Es müsste am Freitagnachmittag gewesen sein. Die Klägerin wisse auch nicht mehr genau, ob sie das Ereignis der Zeugin sofort erzählt habe. Sie habe dem Ereignis zunächst keine große Beachtung geschenkt. Die Klägerin meint aber, dass sie der Zeugin noch im Februar von dem Ereignis erzählt habe. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt, wo sie es der Zeugin erzählt habe, noch in einer bestimmten Wohnung in B5-Stadt gewohnt. Im März habe sie die Wohnung wechseln müssen.

Die Vorsitzende stellte in der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München am 08.11.2022 fest, dass der 10.02.2021 ein Mittwoch gewesen ist. Der 19.02.2021 war ein Freitag.

In der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München am 08.11.2022 erzählte die Zeugin, B6., zum Ereignis, dass sie zusammen mit der Klägerin aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit Online-Castings durchgeführt habe. Sie seien schon seit mehreren Wochen mit solchen Castings beschäftigt gewesen. Sie hätten die Interviews dann immer zu zweit gemacht: Eine hätte Skripte geführt, eine hätte das Interview geführt. Die Interviews hätten zum Beispiel stattgefunden mit zoom oder remoote. Zwischen zwei Interviews hätten die Zeugin und die Klägerin sich immer ins Standby geschaltet, man habe auch mal Pause gemacht, Kaffee gekocht oder etwas Ähnliches. Das Ereignis habe etwa in der zweiten Februarhälfte 2021 stattgefunden. Die Klägerin habe der Zeugin erzählt, dass sie vom Ball gefallen sei. Die Zeugin ergänzte, dass es sich bei den Pausen nicht um Freizeit gehandelt habe, sondern um Unterbrechungen zwischen zwei Interviews. Man sei im Call geblieben. Man habe dann auch noch die Interviews nachgearbeitet oder das Skript überarbeitet. Es seien auch Sachen in Datenbanken einzutragen gewesen. Die Zeugin erklärte auf Nachfrage der Vorsitzenden, ob die Unterbrechungen planbar gewesen seien, dass die Interviewdauer zum Teil sehr unterschiedlich gewesen sei (ca. 20 min bis über 1 Stunde). Wieviel Zeit dann zwischen Interviews gewesen sei und ob überhaupt Zeit dazwischen sei, sei sehr unterschiedlich gewesen. Die Zeugin könne Einzelheiten zum Unfallereignis, was genau besprochen worden sei, nicht erinnern. An eine genaue Tageszeit könne sich die Zeugin nicht erinnern. Die Zeugin meinte, es wäre in der zweiten Februarhälfte gewesen, weil sie in dieser Zeit intensiv mit der Klägerin zusammengearbeitet habe. Die Klägerin bestätigte dies. Die Zeugin könne zum Sitzball nichts weiter sagen. Sie könne auch nicht sagen, worauf die Klägerin üblicherweise gesessen habe. Die Zeugin könne sich nicht genau daran erinnern, ob die Klägerin dann im Nachhinein über Schmerzen geklagt habe. Sie würden viel geredet haben, auch mal über die Gesundheit, aber ob über Schmerzen, könne die Zeugin nicht mehr sagen. Auf Nachfrage des Bevollmächtigten der Beklagten, ob die Klägerin direkt am Unfalltag oder erst zu einem späteren Zeitpunkt vom Ereignis berichtet habe, erklärte die Zeugin, dass das Ereignis sehr frisch gewesen sein müsse. Ganz genau zeitlich einordnen könne sie es aber nicht.

Der Bevollmächtigte der Klägerin wies in der öffentlichen Sitzung des Sozialgerichts München am 08.11.2022 darauf hin, dass sich der Unfall im Homeoffice zugetragen habe: mitten in der Pandemie. Unfallort sei daher nicht der Ort des Unternehmens. Hier seien Besonderheiten zu berücksichtigen, zum Beispiel durch Verzögerung in der Unfallmeldung, Ausbleiben von Zeugen, die das Ereignis tatsächlich gesehen haben.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.05.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2021 zu verurteilen, das Ereignis vom 19.02.2021 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden an der linken Schulter als Unfallfolgen anzuerkennen.

Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten der Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form- und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegt und ist zulässig.

In der Sache erweist sich die Klage als begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 03.05.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2021 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Es ist dabei grundsätzlich erforderlich (z. B. BSG, Urt. v. 30.01.2007, B 2 U 8/06 R, juris), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem Unfallereignis geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. BSG, Urt. v. 15.11.2016, B 2 U 12/15 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 37; Urt. v. 05.07.2016, B 2 U 16/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 58; Urt. v. 17.12.2015, B 2 U 8/14 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 55). Für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ist das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) keine Voraussetzung. Dies ist Voraussetzung für die Gewährung einer Verletztenrente (BSG, Urt. v. 12.04.2005, B 2 U 11/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 14; Urt. v. 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit ausreicht (vgl. m. w. N. BSG, Urt. v. 09.05.2006, B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17; Urt. v. 17.02.2009, B 2 U 18/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 31). "Hinreichend wahrscheinlich" bedeutet dabei, dass bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht, d. h. dass den für den ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gründen ein deutliches Übergewicht zukommt (z. B. m. w. N. BSG, Urt. v. 21.03.2006, B 2 U 19/05 R, juris).

Ausgehend von diesen Maßgaben steht mit an Sicherheit grenzender Gewissheit zur Überzeugung Gerichts fest, dass sich der von Klägerin geschilderte Unfall am 19.02.2021 als versicherter Arbeitsunfall ereignet hat.

Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt unstreitig Beschäftigte gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII.

Nach Überzeugung des Gerichts liegt ein Unfallereignis und ein Gesundheits(erst)schaden im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung vor.

Dass das Ereignis stattgefunden hat, ist für das Gericht nach den glaubhaften Schilderungen der Klägerin und der Zeugin H. in der öffentlichen Sitzung am 08.11.2022 schlüssig. Es verbleiben für das Gericht keine Zweifel daran, dass der Sturz vom Sitzball mit missglücktem Abstützversuch Mitte Februar 2021 stattgefunden hat. Die Klägerin hat das Ereignis dabei zunächst als Bagatellverletzung abgetan und diesem keine weitere Bedeutung zugemessen. Der im Raum stehende Beweismangel besteht hier verstärkt durch den Aufenthalt der Klägerin im Home-Office. Wäre die Klägerin im Rahmen eines Castings im Unternehmen von ihrem Sitz gefallen, wäre das ggf. leichter einem Beweis zugänglich. Eine direkte Meldung durch den Arbeitgeber wäre dann denkbar gewesen. Es verbleiben aufgrund dieser besonderen Situation auch keine Zweifel aufgrund der beiden unterschiedlichen Daten des Ereignisses, welche die Klägerin im Verwaltungsverfahren angegeben hat. Es ist für das Gericht (insbesondere im Einzelfall der Klägerin und unter besonderer Berücksichtigung der pandemiebedingten Notwendigkeit der Home-Office-Tätigkeit) dann auch nachvollziehbar, dass die Klägerin bei zunächst leichter Verletzung (Prellung der Schulter) nicht sofort einen Arzt aufgesucht hat. Die heute bestehenden Beschwerden sind insbesondere durch die erst sehr viel später durchgeführte Infiltration mit dann aufgetretenem bakteriellen Infekt entstanden. Es ist in diesem Zusammenhang auch schlüssig, dass die Klägerin beim ersten Arztbesuch am 01.03.2021 den aus ihrer Sicht bedeutungslosen Vorfall mit dem Sitzball nicht erwähnt und geschildert hat, dass sie Schmerzen bei morgendlichen Gymnastikübungen habe.

Die Klägerin erlitt also nach Überzeugung des Gerichts beim Sturz vom Sitzball mit missglücktem Abstützversuch eine zeitlich begrenzte, von außen kommende Einwirkung auf ihren Körper.

Ihre Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - Laptoparbeit am Arbeitsplatz, auf einem Sitzball sitzend - stand nach Auffassung des Gerichts auch in einem sachlichen Zusammenhang mit ihrer versicherten Tätigkeit.

Dies führte dem Vortrag der Klägerin, den Ausführungen der Zeugin und den Darstellungen von G.. folgend dann auch unzweifelhaft zu einem Gesundheits(erst)schaden.

Zwischen dem Gesundheitserstschaden und den behaupteten Unfallfolgen muss ein Ursachenzusammenhang bestehen (BSG, Urt. v. 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Dabei gilt zunächst die Äquivalenztheorie, wonach jedes Ereignis Ursache eines Erfolges ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele. Auf zweiter Ebene ist die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Diese Unterscheidung erfolgt im Sozialrecht nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Danach sind nur solche Ursachen kausal und rechtserheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (z.B. BSG, Urt. v. 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).

Als Folge eines Arbeitsunfalls i. S. d. § 8 SGB VII sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis und das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist, was im Fall der Klägerin nach Überzeugung des Gerichts der Fall ist. Vom Beweismaßstab her genügt in diesem Fall hinreichende Wahrscheinlichkeit.

Unfallbedingt ist nach Überzeugung des Gerichts eine Zerrung/Prellung des linken Schultereckgelenks mit dadurch bedingter Aktivierung einer vorbestehenden milden Schultereckgelenksarthrose. Sekundär besteht unfallbedingt eine bakterielle Infektion des linken Schultereckgelenks nach therapeutischer Infiltration und umfänglicher operativer Maßnahme mit Schultereckgelenksresektion, Spülung und Debridement und nachfolgender Antibiotikatherapie mit Ausheilung der Infektion, jedoch anhaltender Reizung des Schultereckgelenks. Unfallfremd ist ein chronisches Impingement mit beginnender Tendinopathie der Supraspinatussehne ohne Defektbildung.

Das Gericht stützt seine Überzeugung dabei auf das schlüssige und widerspruchsfreie Gutachten von G.. Danach lag ein weiteres (nicht streitgegenständliches) Ereignis der linken Schulter vom 29.01.2018 vor. Zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens am 19.02.2021 hat nach G. eine vorbestehende, jedoch klinisch stumme beginnende Schultereckgelenksarthrose vorgelegen, was sich aus den Aufnahmen vom 01.03.2021 ergibt. Die Aktivierung der vorbestehenden beginnenden Arthrose lässt sich dann aber durchaus mit dem Unfallgeschehen vom 19.02.2021 vereinbaren. In den Aufnahmen vom 01.04.2021 zeigen sich dann im Verlauf Zeichen eines beginnenden Infektes. Insgesamt kann nach den Darstellungen von G., denen sich das Gericht anschließt, die unfallzeitpunktnah festgestellte Schultereckgelenkszerrung und aktivierte Schultereckgelenksarthrose wie auch sekundär/ mittelbar die Infiltration durch V. und die nachfolgende bakterielle Infektion mit notwendiger Behandlung in der C. B4-Stadt sowie die anhaltende Reizung des linken Schultergelenkes als Unfallfolge bewertet werden.

Zusammenfassend ist nach Überzeugung des Gerichts das Ereignis vom 19.02.2021 im Ergebnis ein Versicherungsfall, der zu Unfallfolgen geführt hat. Über Leistungen müsste die Beklagte bei entsprechendem Antrag gesondert entscheiden. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung waren hier unter Berücksichtigung von § 95 SGG nicht zulässiger Streitgegenstand.

Die Klage hatte im Wesentlichen Erfolg und es war der Klage insofern stattzugeben. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

 

 

 

 

 

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