Eine kraft Gesetzes eintretende (automatische) Umwandlung eines Krankenversicherungsvertrages im „Normaltarif“ in den Basistarif ist gesetzlich nicht vorgesehen. Für Versicherte im Notlagentarif findet die Minderung des Pflegeversicherungsbeitrags nach § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI keine Anwendung.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich gegen die Zahlung von Beiträgen zur privaten Pflegepflichtversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2017 in Höhe von 7.789,14 € zzgl. Zinsen.
Der 1941 geborene, zuletzt selbständig tätige Beklagte beantragte am 5. März 2003 zum 1. April 2003 für sich beim Kläger, einem privaten Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, den Abschluss eines Vertrags über eine private Krankenversicherung einschließlich des Tarifs PVN über die private Pflegepflichtversicherung mit monatlicher Beitragszahlung. Der Kläger bestätigte mit Versicherungsschein am 21. März 2003 den Abschluss des Versicherungsvertrages ab dem 1. April 2003 nach den Tarifen PNW+ (Krankenversicherungsbeitrag 414,66 €) und PVN (monatlicher Beitrag PVN 64,77 €) nach den beigefügten Tarif- und Versicherungsbedingungen (u.a. Tarifbedingungen PV und Allgemeine Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung [MB/PPV]).
Ab dem 1. Februar 2006 bezog der Beklagte, der zunächst nicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) gesetzlich versichert war, eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Höhe der laufenden Zahlungen inklusive Zuschuss zur privaten Krankenversicherung: ab 1. Juli 2008: 609,09 €, ab 1. Januar 2009: 610,80 €, ab 1. Juli 2009: 623,77 €, ab 1. Juli 2010: 623,77 €, ab 1. Januar 2011: 625,52 €, ab 1. Juli 2011: 631,73 €, ab 1. Juli 2012: 645,53 €, ab 1. Juli 2013: 647,14 €, ab 1. Juli 2014: 657,94 €, ab 1. Juli 2015: 671,74 €, ab 1. Juli 2016: 700,26 €, ab 1. Juli 2017: 713,60 €, ab 1. Juli 2018: 736,60 €).
Mit Schreiben vom 23. September 2008 kündigte der Beklagte die „KV-Versicherung“ zum 1. Oktober 2008, weil er sich diese angesichts seiner Rentenhöhe nicht mehr leisten könne. Der Kläger bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 1. Oktober 2008, auch hinsichtlich der Pflegeversicherung, wegen der einzuhaltenden Kündigungsfrist aber erst mit Wirkung zum 31. März 2009. Der Beklagte widerrief am 19. Oktober 2008 die zur Beitragszahlung erteilte Einzugsermächtigung und zahlte ab dem 1. November 2008 keine Beiträge mehr. Nach einer Vorsprache des Beklagten bei der Klägerin informierte diese ihn über die ab 1. Januar 2009 geltende Verpflichtung zum Angebot eines verbandseinheitlichen Basistarifs, dessen Beitragshöhe aber noch nicht genannt werden könne (Schreiben vom 26. November 2008). Mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 erklärte der Beklagte gegenüber dem Kläger die „Rücknahme der Kündigung der KV-Versicherung“ und bat um dessen „derzeit günstigstes Versicherungsangebot“. Da aufgrund der gesetzlichen Regelung zum 1. Januar 2009 die Einführung eines Basisangebotes Pflicht sei, bitte er schon jetzt um ein entsprechendes Angebot. Mit Versicherungsschein vom 8. Dezember 2008 bestätigte der Kläger die – unveränderten – Vertragsinhalte ab 1. April 2009 (Tarif PNW+ monatlicher Beitrag 439,49 €, Tarif PVN monatlicher Beitrag 66,64 €; Beurkundungsgrund: Kündigungsrücknahme).
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2008 bewilligte das Kreissozialamt (im Folgenden KSA) als Grundsicherungsträger u.a. dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2009. Dabei wurden als Bedarf die Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe von insgesamt 506,13 € monatlich berücksichtigt. Nachdem das KSA den Beklagten über die Möglichkeit eines Wechsels in den Basistarif der privaten Krankenversicherung informiert hatte, bewilligte es zunächst ab dem 1. April 2009 die Grundsicherungsleistungen in geringerer Höhe unter Berücksichtigung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nur noch bis zum Höchstsatz der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Bescheid vom 11. März 2009). Mit Bescheiden vom 31. Juli 2009 hob das KSA wegen übersteigenden Einkommens (hinzugetretene Einkünfte aus Erwerbstätigkeit sowie anzurechnendes Einkommen der Ehefrau) die Leistungsbewilligung rückwirkend ab 1. April 2009 teilweise und ab 1. Mai 2009 vollständig auf (geringere Kosten der Unterkunft nach Umzug). In der Folgezeit bezog der Beklagte jedenfalls bis zum Ende des streitbefangenen Zeitraums keine Grundsicherungsleistungen (Bescheinigung des KSA vom 29. Januar 2020).
Mit Schreiben vom 10. November 2009 gab der Beklagte an, er habe nach dem Hinweis des KSA vom März 2009 in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Klägers die „Rücknahme der Kündigung wieder zurückgenommen“, weil er kein Angebot mit „halbiertem Beitragssatz“ erhalten habe. Aufgrund seines Einkommens könne er die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht bezahlen. Zur „Überprüfung des Kontrahierungszwanges in der privaten Krankenversicherung“ forderte der Kläger die Übersendung zweier Formulare (Schreiben vom 24. November 2009).
Mit Schreiben vom 28. November und 29. Dezember 2008 sowie 30. Januar 2009 mahnte der Kläger Beitragsrückstände an. Ab dem 24. Februar 2009 ruhte die Leistung aus der Krankenversicherung. In einem Verfahren vor dem Landgericht Stuttgart (Aktenzeichen 16 0 18/12) wurde der Beklagte mit Versäumnisurteil vom 17. Februar 2012 zur Zahlung rückständiger Krankenversicherungsbeiträge bis Dezember 2011 sowie laufender ab Januar 2012 an den Kläger verurteilt. Mit Schreiben vom 27. August 2012 gab der Beklagte gegenüber dem Kläger an, derzeit wegen übersteigenden Einkommens keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen zu haben, der volle Beitrag nach dem Basistarif aber zu einem solchen führen würde. Eine Umstellung des Vertrages erfolgte nicht. Am 18. Januar 2013 gab der Beklagte eine eidesstattliche Versicherung gemäß §§ 807, 903 Zivilprozessordnung (ZPO) ab.
Nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung der Beitragsschuldner in der Krankenversicherung stellte der Kläger den Krankenversicherungsvertrag rückwirkend ab dem 24. Februar 2009 (Beginn des Ruhens der Leistung) in den Notlagentarif um. Die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung wurden rückwirkend reduziert. Die Beiträge zur Pflegeversicherung blieben unberührt. Der Beitragsrückstand wurde reduziert auf insgesamt 10.352,46 € (Krankenversicherung 6.375,31 €; Pflegeversicherung 3.977,15 €). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsschein vom 10. September 2013 (Bl. 111/113 der Senatsakte) Bezug genommen. Der Beklagte widersprach der rückwirkenden Umstellung nicht.
Der monatliche Beitrag zur Pflegeversicherung betrug ab November 2008 66,64 €, ab Januar 2010 67,89 €, ab Januar 2012 66,10 €, ab Januar 2013 69,07 €, ab Januar 2015 78,31 € sowie ab Januar 2017 89,65 € (Versicherungsscheine vom 21. März 2003, 10. September 2013, Mitteilungen über die Beitragsänderungen vom 24. November 2014 und 2016). Seit dem 1. November 2008 zahlte der Beklagte diese Beiträge nicht.
Ab dem 1. August 2017 war der Beklagte in der KVdR in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert. Die AOK als gesetzliche Krankenkasse bestätigte unter dem 30. September 2020 auf einen Überprüfungsantrag des Klägers die Pflichtmitgliedschaft ab diesem Zeitpunkt wegen Erfüllung der notwendigen Rahmenfrist aufgrund einer zu diesem Zeitpunkt eingetretenen gesetzlichen Neuregelung. Mit Schreiben vom 12. Februar 2021 bestätigte der Kläger die Beendigung des Versicherungsvertrages zum 30. November 2019. Da die Kündigungserklärung des Beklagten und der Nachweis über die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erst am 26. Januar 2021 bei ihm, dem Kläger, eingegangen seien, könne der Vertrag grundsätzlich erst zum 31. Januar 2021 beendet werden. Eine frühere Beendigung als die kulanzweise akzeptierte Kündigung zum 30. November 2019 sei hingegen nicht möglich.
Auf Antrag des Klägers hatte das Amtsgericht Mayen (AG) bereits am 18. Januar 2018 den dem Beklagten am 20. Januar 2018 zugestellten Mahnbescheid über eine Gesamtforderung von 12.213,70 € (Beiträge zur Pflegeversicherung vom 1. November 2008 bis 1. Oktober 2017 7.789,14 €; Verfahrenskosten 396,62 €: Gerichtskosten 101,50 €, Rechtsanwaltskosten 295,12 €; Nebenforderungen: Auskünfte und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten 567,54 €; Zinsen 3.460,40 €) erlassen. Nach Widerspruch des Beklagten vom 24. Januar 2018 gab das AG auf Antrag des Klägers auf Durchführung des streitigen Verfahrens das Verfahren zur Durchführung eines Klageverfahrens an das Sozialgericht Stuttgart (SG; Eingang 23. Juli 2018) ab.
Der Kläger nahm die Klage hinsichtlich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 567,54 € zurück (Schriftsatz vom 15. August 2018). Zur Begründung der aufrechterhaltenen Klage verwies er auf die aus dem privaten Pflegeversicherungsvertrag bestehende Verpflichtung des Beklagten, die Beiträge monatlich im Voraus jeweils zum Monatsersten zu zahlen, der dieser für den streitbefangenen Zeitraum nicht nachgekommen sei. Eine Zusicherung über die Eingruppierung des Beklagten in den „halbierten Beitragssatz“ werde bestritten. Dieser habe – wie bereits im landgerichtlichen Verfahren – seine Hilfebedürftigkeit nicht nachweisen können. Auf seine – des Klägers – entsprechende Aufforderungen vom 24. September, 22. Oktober und 19. Dezember 2018 habe der Beklagte nicht reagiert. Aus den Bescheiden des KSA ergebe sich gerade keine ununterbrochene, bis aktuell bestehende Hilfebedürftigkeit. Eine Reduzierung des Beitrags zur Pflegeversicherung bei Hilfebedürftigkeit setze weiter voraus, dass eine Krankenversicherung im Basistarif bestehe, was beim Beklagten im streitbefangenen Zeitraum nicht der Fall gewesen sei. Beiträge zur Krankenversicherung sowie Leistungs- oder Erstattungsansprüche aus dieser seien nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens. Einer Aufrechnung gegebenenfalls hieraus bestehender Ansprüche des Beklagten gegen die Klageforderung stehe das gesetzliche Aufrechnungsverbot entgegen. Eine mögliche Verjährung müsse nicht von Amts wegen vom Gericht berücksichtigt werden, sondern nur auf Einrede. Der Kläger legte den Versicherungsantrag, die genannten Versicherungsscheine und Beitragsmitteilungen, weitere Korrespondenz mit dem Beklagten, u.a. zur Vertragsbeendigung wegen Eintritt der Versicherungspflicht in der KVdR sowie die MB/PPV vor. Zuletzt beantragte er in der mündlichen Verhandlung vor dem SG, den Beklagten zu verurteilen, ihm 7.789,14 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 2. Oktober 2017 zu zahlen.
Der Beklagte trat der Klage entgegen. Er habe in den Jahren 2008/2009 Grundsicherung bezogen. Das KSA habe damals festgestellt, dass er einen Anspruch auf den „halbierten Beitragssatz“ von damals 118,31 € in der Krankenversicherung und 17,54 € in der Pflegeversicherung habe. Dies sei ihm auch vom Kläger telefonisch zugesichert worden. Die im Versicherungsschein vom 10. September 2013 festgelegten Beiträge seien sachlich unzutreffend bzw. widersprächen den ihm von der Rentenversicherung mitgeteilten Beiträgen (vorgelegte Übersicht der Beitragssätze zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung). Das Ruhen der Leistungen führe zu den hohen Forderungen des Klägers. Daher habe er, der Beklagte, auch keinen Anspruch auf ärztliche Versorgung und keinen Anspruch auf Medikamentenerstattung. Seine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien bereits dadurch ausgeglichen, dass er seine Arztkosten und Medikamente selbst gezahlt habe (von 2009 bis 2018 insgesamt 17.548,11 €). Ergänzend legte er u.a. die genannten Bescheide des KSA sowie Zusammenstellungen der Rentenbeträge mit Rentenbescheiden, der Beiträge nach den Versicherungsscheinen sowie seiner Kosten für ärztliche Versorgung und Medikamente einschließlich entsprechender Belege vor.
Mit Urteil vom 25. März 2021 verurteilte das SG den Beklagten, an den Kläger 7.789,14 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 2. Oktober 2017 zu zahlen. Der Beklagte trage die Gerichtskosten des Mahnverfahrens. Die Beteiligten hätten einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Kläger habe aufgrund der zwischen ihm und dem Beklagten zustande gekommenen Pflegepflichtversicherung einen Anspruch auf Zahlung der rückständigen Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 1. November 2008 bis 1. Oktober 2017 in der geltend gemachten Höhe. Der Beklagte habe den Abschluss des Versicherungsvertrages nicht bestritten. Der Beitrag zur Pflegeversicherung sei im Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 1. Oktober 2017 nicht gemäß § 8a Abs. 1 MB/PPV i.V.m. § 110 Abs. 2 Satz 3 bzw. 5 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI; in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung) zu mindern gewesen. Die hierfür notwendige Umstellung des Krankenversicherungsbeitrags in den Basistarif entsprechend § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI sei im streitigen Zeitraum nicht erfolgt. Grundsicherungsleistungen habe der Beklagte in diesem Zeitraum nur bis 30. April 2009 bezogen. Ob der Beklagte dennoch ggfs. einen weitergehenden Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII in diesem Zeitraum gehabt hätte bzw. ob der Krankenversicherungstarif in den Basistarif umzustellen gewesen wäre, sei vom Gericht nicht zu prüfen, da dies das Krankenversicherungsverhältnis betreffe, für das die Sozialgerichte nicht zuständig seien. Hilfebedürftigkeit allein aufgrund des Pflegeversicherungsbeitrags habe angesichts des im Änderungsbescheid des KSA vom 31. Juli 2009 festgestellten übersteigenden Einkommens in Höhe von 248,79 € monatlich ab Mai 2009 nicht bestanden. Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2009 sei der komplette Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung in der Bedarfsberechnung des Sozialhilfeträgers bereits berücksichtigt worden. Für April 2009 bestünden jedenfalls Zweifel, ob der Beklagte dem Kläger seine Hilfebedürftigkeit zum damaligen Zeitpunkt nachgewiesen habe. Die Beweislast hierfür trage der Beklagte. Eine Umstellung des Pflegeversicherungsvertrags in einen Notlagentarif scheide aus, da die entsprechenden gesetzlichen Regelungen nach Wortlaut, Systematik und Zweck nur für die Kranken- und nicht auch die Pflegeversicherung gelten. Der Pflegeversicherungsvertrag habe im streitigen Zeitraum bis zum 31. Oktober 2017 auch nicht durch eine Kündigung des Beklagten geendet. Denn der Beklagte habe nicht binnen dreier Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht dessen Kündigung erklärt und den Nachweis über die Versicherungspflicht vorgelegt, sondern erst im Januar 2021. Auch bei Eintritt einer (rückwirkenden) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ende der private Versicherungsvertrag nicht automatisch. Der Beklagte sei wegen des gesetzlichen Aufrechnungsverbots auch nicht berechtigt gegen die Beitragsforderung des Klägers mit den von ihm verauslagten Medikamentenkosten aufzurechnen. Einreden gegen die Beitragsforderung habe der Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erhoben. Die Beitragsforderung sei im begehrten Umfange zu verzinsen.
Gegen dieses ihm am 1. April 2021 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 27. April 2021 beim SG Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung vorgetragen, seine bereits am 23. September 2008 erklärte Kündigung des Versicherungsvertrages sei nicht beachtet worden. Seit seiner Mitgliedschaft bei der AOK seien für ihn die vom Rentenversicherungsträger mitgeteilten Beitragssätze zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung maßgeblich. Es könne nicht sein, dass er seine Medikamentenkosten – auch zur Heilbehandlung akuter Erkrankungen – selbst bezahlen, der Kläger sich aber gar nicht daran beteiligen müsse. Ergänzend hat er Unterlagen über die Korrespondenz mit dem Kläger wegen und in Folge der Kündigung vom 23. September 2008 (Bl. 20/35 der Senatsakten) vorgelegt.
Der Beklagte beantragt (sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine wirksame „Rücknahme der Rücknahme der Kündigung“ sei nicht erfolgt. Mit (vorgelegtem) Versicherungsschein vom 8. Dezember 2008 habe er, der Kläger, die Kündigungsrücknahme und Weiterführung der Versicherung nach dem Tarif PVN in der Pflegeversicherung bestätigt. Die Ausführungen des Beklagten zum Krankenversicherungsvertrag und dem dortigen Notlagentarif seien für die hier allein streitigen Beiträge zur Pflegeversicherung nicht relevant.
Der Berichterstatter hat am 22. März 2022 einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführte, in dem sich diese mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (Protokoll vom 22. März 2022, Bl. 127 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG. Denn das SG hat den Beklagten mit dem uneingeschränkt angefochtenen Urteil zur Zahlung in Höhe von insgesamt 7.789,14 € zzgl. Zinsen und damit mehr als 750,00 € verurteilt.
2. Gegenstand des Verfahrens ist nur die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung rückständiger Beiträge zur privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2017 in Höhe von 7.789,14 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 2. Oktober 2017. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem SG zuletzt gestellten Antrag. Darüberhinausgehende Begehren, insbesondere die im Mahnbescheid des AG vom 18. Januar 2018 vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, wurden nach der bereits vor dem SG erklärten Teilrücknahme der Klage nicht weiterverfolgt. In diesem Umfange hat das SG mit dem allein vom Beklagten angefochtenen Urteil diesen zur Zahlung verurteilt. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind damit Beitragsansprüche für Zeiträume ab dem 1. November 2017. Soweit der Beklagte im Berufungsverfahren zu solchen Zeiträumen vorgetragen und Unterlagen vorgelegt hat (u.a. Vollstreckungsbescheid des AG vom 23. Dezember 2020 aufgrund des Mahnbescheides vom 25. November 2020 über Beiträge zur privaten Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. November 2017 bis 30. November 2019), ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit daher nicht relevant. Ebenfalls nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind Ansprüche der Beteiligten aus dem privaten Krankenversicherungsvertrag.
3. Die Berufung des Beklagten ist nicht begründet. Das SG hat diesen zu Recht zur Zahlung von Beiträgen in Höhe von 7.789,14 € zzgl. Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 2. Oktober 2017 verurteilt. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf die geforderten Beiträge zur Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 1. November 2008 bis 31. Oktober 2017 zzgl. Zinsen in der genannten Höhe.
a) Die Verpflichtung des Beklagten zur Beitragszahlung ergibt sich aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Vertrag über die private Pflegeversicherung i.V.m. § 1 Satz 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Ein solcher Vertrag ist wirksam zustande gekommen (dazu aa) und vom Beklagten bis zum Ende des streitbefangenen Zeitraums nicht wirksam beendet worden (dazu bb bis dd).
aa) Die Beteiligten haben mit Wirkung zum 1. April 2003 einen privaten Pflegeversicherungsvertrag nach dem Tarif PVN geschlossen, dessen Bestandteil auch die MB/PPV geworden sind. Dies folgt aus dem Angebot auf Abschluss eines privaten Pflegeversicherungsvertrages im Versicherungsantrag des Beklagten vom 5. März 2003 und der entsprechenden Annahmeerklärung des Klägers durch Ausstellung und Übersendung des Versicherungsscheins vom 21. März 2003 (§ 147 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) nach den beigefügten Tarif- und Versicherungsbedingungen (u.a. MB/PPV). Dieser Vertragsschluss wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt. Für die Beitragszahlung gilt demnach § 8 MB/PVV. Nach dessen Abs. 1 ist vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 (Kinder) für jede versicherte Person ein Beitrag zu zahlen. Der Beitrag ist ein Monatsbeitrag und am Ersten eines jeden Monats fällig.
bb) Durch die Kündigungserklärung des Beklagten vom 23. September 2008 wurde dieser Pflegeversicherungsvertrag nicht beendet. Zwar hatte der Beklagte unter diesem Datum gegenüber dem Kläger die Kündigung der „KV-Versicherung“ zum 1. Oktober 2008 erklärt und der Kläger die Kündigung mit Schreiben vom 1. Oktober 2008, auch hinsichtlich der Pflegeversicherung, wegen der einzuhaltenden Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31. März 2009, bestätigt. Tatsächlich haben sich die Beteiligten in der Folge aber auf eine Fortsetzung des Kranken- und Pflegeversicherungsvertrages zu den bisherigen Bedingungen geeinigt. Dies ergibt sich aus der vom Beklagten mit Schreiben vom 5. Dezember 2008 gegenüber dem Kläger erklärten Rücknahme der Kündigung der Krankenversicherung. Gleichzeitig bat er in diesem Schreiben unter Hinweis auf die zum 1. Januar 2009 gesetzlich eingeführte Verpflichtung zur Schaffung eines Basistarifs um Übersendung eines entsprechenden Angebotes. Daraus wird deutlich, dass auch der Beklagte zunächst zu den alten Vertragsbedingungen zurückkehren wollte. Die Bitte um Vorlage eines günstigen Vertragsangebotes zeigt des Weiteren, dass mit der Rücknahme der Kündigung noch kein Vertrag zu anderen Konditionen geschlossen werden sollte. Dementsprechend erklärte sich der Kläger zur Fortsetzung des Vertrages zu den früheren Bedingungen bereit. Dies folgt aus der Übersendung des Versicherungsscheins vom 8. Dezember 2008, in dem die bisherigen Vertragsbedingungen erneut festgeschrieben wurden (insbesondere Tarif PNW+ in der Kranken- sowie Tarif PVN in der Pflegeversicherung bei jeweils unveränderten monatlichen Beiträgen). Als Beurkundungszwang wurde ausdrücklich die Kündigungsrücknahme angegeben. Nichts anderes ergibt sich, wenn man die Rücknahme der Kündigung als Angebot eines neuen – unmittelbar anschließenden – Versicherungsvertrages nach den bisherigen Bedingungen ansieht. Denn mit der Übersendung des Versicherungsscheins vom 8. Dezember 2008 hat der Kläger dieses Angebot angenommen.
cc) Dieser fortbestehende Versicherungsvertrag wurde durch die im Schreiben des Beklagten vom 10. November 2009 angeführte Rücknahme der Rücknahme der Kündigung nicht beendet.
Nach der dortigen Darstellung des Beklagten erfolgte diese „Rücknahme der Rücknahme“ nach dem Hinweis des KSA vom März 2009 in einem Telefonat mit einem Mitarbeiter des Klägers. Sie stellt damit keinen wirksamen Widerruf der Rücknahmeerklärung vom 5. Dezember 2018 dar, da sie nicht vor oder gleichzeitig mit dieser beim Kläger einging (§ 130 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Als neue Kündigungserklärung konnte sie den Versicherungsvertrag nicht beenden. Nach dem Inhalt des Schreibens vom 10. November 2009 erfolgte die Kündigungserklärung jedenfalls nicht vor März 2009. Zu diesem Zeitpunkt unterlag der Beklagte bereits der zum 1. Januar 2009 eingeführten Pflicht, eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen und aufrechtzuerhalten (§ 193 Abs. 3 Satz 1 VVG i.d.F. des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts vom 23. November 2007, BGBl. I, S. 2631). Dieser Pflicht genügte der vor dem 1. April 2007 vereinbarte Krankheitskostenversicherungsvertrag (Satz 2). Nach der Regelung des durch dasselbe Reformgesetz neu eingeführten Regelung des § 205 Abs. 6 VVG kann der Versicherungsnehmer eine Versicherung, die eine Pflicht aus § 193 Abs. 3 Satz 1 VVG erfüllt, nur dann kündigen, wenn er bei einem anderen Versicherer für die versicherte Person einen neuen Vertrag abschließt, der dieser Pflicht genügt. Die Kündigung wird erst wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist. Gleiches gilt für den Pflegepflichtversicherungsvertrag. Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XI sind Personen, die gegen das Risiko Krankheit bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen mit Anspruch auf allgemeine Krankenhausleistungen oder im Rahmen von Versicherungsverträgen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG genügen, versichert sind, vorbehaltlich des Absatzes 2 verpflichtet, bei diesem Unternehmen zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit einen Versicherungsvertrag abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Bei fortbestehender Versicherungspflicht nach Absatz 1 wird auch hier eine Kündigung des Vertrages erst wirksam, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die versicherte Person bei einem neuen Versicherer ohne Unterbrechung versichert ist (§ 23 Abs. 2 Satz 4 SGB XI). Einen solchen Nachweis hat der Beklagte jedoch für im Rahmen der „Rücknahme der Rücknahme der Kündigung“ nicht erbracht. Tatsächlich bestand auch keine unmittelbare Anschlussversicherung. Der Beklagte hat nach dem Gesamtinhalt des Verfahrens keinen weiteren Versicherungsvertrag der privaten Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen. Abweichendes hat er selbst nicht geltend gemacht.
dd) Der Eintritt der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung hat den Versicherungsvertrag nicht vor Ende des streitbefangenen Zeitraums am 31. Oktober 2017 beendet.
Der Eintritt dieser Versicherungspflicht führt nicht automatisch zur Beendigung des Versicherungsvertrags. Vielmehr können nach § 27 Satz 1 SGB XI Personen, die nach den §§ 20 oder 21 SGB XI versicherungspflichtig werden und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen gegen Pflegebedürftigkeit versichert sind, ihren Versicherungsvertrag mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungspflicht an kündigen. Diese Regelung gibt den Betroffenen jedoch lediglich das Recht, den privaten Versicherungsvertrag zu kündigen, wobei die Festlegung der Wirksamkeit der Kündigung mit Eintritt der Versicherungspflicht aufgrund des Wortlauts „kann“ nur die abstrakte Festlegung des frühesten denkbaren Zeitpunkts beinhaltet. Eine nähere Präzisierung sowohl über die Ausübung, die Frist und die Wirksamkeit der Kündigung enthält § 205 Abs. 2 VVG (Klein, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 3. Aufl., Stand November 2022, § 27 Rn. 23). Danach gilt für die Kündigung sowohl des Kranken- wie des Pflegepflichtversicherungsvertrags: Wird eine versicherte Person kraft Gesetzes kranken- oder pflegeversicherungspflichtig, kann der Versicherungsnehmer binnen drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht eine Krankheitskosten-, eine Krankentagegeld- oder eine Pflegekrankenversicherung sowie eine für diese Versicherungen bestehende Anwartschaftsversicherung rückwirkend zum Eintritt der Versicherungspflicht kündigen (Satz 1). Später kann der Versicherungsnehmer das Versicherungsverhältnis zum Ende des Monats kündigen, in dem er den Eintritt der Versicherungspflicht nachweist (Satz 4).
Vorliegend ist die Versicherungspflicht des Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung und damit auch in der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 11 SGB XI) rückwirkend zum 1. August 2017 eingetreten. Die hierauf gestützte Kündigungserklärung des Beklagten und der Nachweis über die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung ging erst am 26. Januar 2021 beim Kläger ein. Dies entnimmt der Senat dem – unwidersprochenen – Inhalt des klägerischen Schreibens vom 12. Februar 2021. Einen früheren Zeitpunkt hat auch der Beklagte nicht behauptet. Damit erfolgte die Kündigung nicht innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht. Selbst wenn man bei – wie vorliegend – rückwirkender Feststellung der Versicherungspflicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Versicherten abstellen wollte, wäre vorliegend die Dreimonatsfrist nicht gewahrt. Denn die gesetzliche Krankenkasse hatte dem Kläger bereits am 30. September 2020 die Versicherungspflicht ab 1. August 2017 bestätigt. Die am 26. Januar 2021 erklärte Kündigung erfolgte mithin nicht innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis des Beklagten von Versicherungspflicht. Eine wirksame Kündigung für einen Zeitpunkt vor dem Ende des streitbefangenen Zeitraums lag nicht vor.
b) Der Kläger hat Anspruch auf Beiträge in der geltend gemachten Höhe.
aa) Der monatliche Beitrag zur Pflegeversicherung betrug ab November 2008 66,64 €, ab Januar 2010 67,89 €, ab Januar 2012 66,10 €, ab Januar 2013 69,07 €, ab Januar 2015 78,31 € sowie ab Januar 2017 89,65 €. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden Versicherungsscheinen vom 21. März 2003 und 10. September 2013 sowie den Mitteilungen über die Beitragsänderungen an den Beklagten vom 24. November 2014 und 2016. In dieser Höhe hat der Kläger die Beiträge seiner Klageforderung zugrunde gelegt. Nicht maßgeblich sind für die hier streitigen Ansprüche auf Beiträge aus dem privatrechtlichen Pflegepflichtversicherungsvertrag die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Diese beruhen jeweils auf anderen rechtlichen Bemessungsregelungen. Der Hinweis des Beklagten auf die vom Rentenversicherungsträger dargestellten Beitragssätze in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist daher nicht relevant.
bb) Diese vereinbarten Beiträge wurden nicht geändert. Vertragsänderungen erfolgten insoweit nicht. Die Umstellung auf den Notlagentarif ließ die Höhe der Beiträge zur Pflegeversicherung unberührt.
Nach § 12h Abs. 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG, in der ab 1. August 2013 bis 31. Dezember 2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschuldner in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013, BGBl. I, S. 2423; im Folgenden a.F.) bzw. ab 1. Januar 2016 nach § 153 Abs. 1 VAG bilden Nichtzahler nach § 193 Abs. 7 VAG einen eigenen Tarif (sog. Notlagentarif), für die nach dem jeweiligen Absatz 2 eine einheitliche Prämie zu kalkulieren ist. Nach § 193 Abs. 7 VVG gilt, solange der Vertrag ruht, der Versicherungsnehmer als im Notlagentarif versichert. Zutreffend hat das SG im angefochtenen Urteil dargelegt, dass dieser Notlagentarif mit der abgesenkten Prämie (Beitrag) nur für den privaten Krankenversicherungsvertrag, nicht auch für den privaten Pflegepflichtversicherungsvertrag gilt. Dies ergibt sich zunächst aus der gesetzlichen Systematik, da der den Pflegepflichtversicherungsvertrag regelnde § 12f VAG a.F. gerade nicht auf die Regelung des § 12h VAG a.F. zum Krankenversicherungsvertrag verweist. Gleiches gilt ab dem 1. Januar 2016 für § 148 VAG hinsichtlich § 153 VAG. Der Zweck der Regelung über den Notlagentarif, bei Nichtzahlung der vereinbarten Beiträge den Leistungsanspruch des Versicherten aus der Krankenversicherung einzuschränken (vgl. § 12h Abs. 1 Satz 2 VAG a.F., § 153 Abs. 1 Satz 2 VAG) und dem andererseits auf Beitragsseite durch eine geringere Prämie Rechnung zu tragen, ist auf die Pflegepflichtversicherung, die solche Leistungseinschränkungen nicht vorsieht, nicht übertragbar. Daher kommt auch eine entsprechende Anwendung des Notlagentarifs auf den Pflegepflichtversicherungsvertrag nicht in Betracht. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffende und ausführliche Begründung im angefochtenen Urteil des SG (Seite 8/9) Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG), zumal der Beklagte hiergegen keine Einwände erhoben hat.
cc) Die Beiträge waren nicht nach § 110 Abs. 2 SGB XI zu mindern.
(1) Nach § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI (in der ab 1. Juli 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 67 Buchst. a Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung [Pflege-Weiterentwicklungsgesetz] vom 28. Mai 2008, BGBl. I, S. 874) darf für Personen, die im Standardtarif nach § 315 SGB V versichert sind und deren Beitrag zur Krankenversicherung sich nach § 12 Abs. 1c Satz 4 oder 6 VAG in der ab dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung vermindert, der Beitrag 50 vom Hundert des sich nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe e ergebenden Beitrags nicht übersteigen. Entsteht allein durch die Zahlung des Beitrags zur Pflegeversicherung nach Satz 2 Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches, gelten die Sätze 3 und 4 entsprechend; die Hilfebedürftigkeit ist vom zuständigen Träger nach dem Zweiten oder Zwölften Buch auf Antrag des Versicherten zu prüfen und zu bescheinigen (Satz 5). Mit Wegfall des Standardtarifs zum 31. Dezember 2008 erfolgte zum 1. Januar 2009 die entsprechende Anpassung des Abs. 2 Satz 3 durch Art. 2 Pflege-Weiterentwicklungsgesetz: Für Personen, die im Basistarif nach § 12 VAG versichert sind und deren Beitrag zur Krankenversicherung sich nach § 12 Abs. 1c Satz 4 oder 6 VAG vermindert, darf der Beitrag 50 vom Hundert des sich nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe e ergebenden Beitrags nicht übersteigen. Satz 5 blieb jeweils unverändert. Zum 1. Januar 2016 erfolgte (durch Art. 2 Abs. 24 Nr. 1 Gesetz zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen vom 1. April 2015, BGBl. I, S. 434) die Anpassung an die Neufassung der Regelungen des VAG: Für Personen, die im Basistarif nach § 152 VAG versichert sind und deren Beitrag zur Krankenversicherung sich nach § 152 Absatz 4 Satz 1 oder 3 VAG vermindert, darf der Beitrag 50 vom Hundert des sich nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe e ergebenden Beitrags nicht übersteigen (Satz 3). Der bisherige Satz 5 wurde Satz 4.
Die Beitragsminderung nach § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI setzt mithin in allen Fassungen eine Versicherung in dem zum 1. August 2008 eingeführten Standardtarif bzw. dem zum 1. Januar 2009 Basistarif in der Krankenversicherung voraus. Dies gilt auch für die Regelung des Abs. 2 Satz 5 bzw. ab 1. Januar 2016 Satz 4 (Koch, in: Kassler Kommentar, SGB XI, Stand Dezember 2021, § 110 Rn. 20a, beck-online; Baier, in: Krauskopf, SGB XI, Stand September 2022, § 110 Rn. 34; Wilcken, in: BeckOK SozR/SGB XI, Stand März 2021, § 110 Rn. 6). Dies ergibt sich auch aus der Begründung des Entwurfs zum Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (BT-Drucks. 16/7439, S. 80 zu Nummer 67 [§ 110] zu Buchstabe a): „Wird allerdings ein im Standardtarif der privaten Krankenversicherung Versicherter allein durch den Beitrag zur Pflegeversicherung hilfebedürftig im Sinne des Zweiten oder Zwölften Buches, ist die Halbierungsregelung auf diesen Beitrag beschränkt.“ Daraus wird deutlich, dass diese Halbierungsregelung auch in der Pflegeversicherung an den besonderen Tarif (Standardtarif) in der Krankenversicherung geknüpft wurde. Aufgrund der Umwandlung des Standardtarifs in den Basistarif erfolgte lediglich eine redaktionelle Anpassung (BT-Drucks. a.a.O.).
(2) Der Beklagte war im streitbefangenen Zeitraum in der Krankenversicherung nicht im Standard- oder Basistarif versichert.
(a) Der Vertrag über die private Krankenversicherung zwischen den Beteiligten wurde bereits im März 2003 zum 1. April 2003 geschlossen, mithin vor Einführung des Standardtarifs nach § 315 SGB V zum 1. Juli 2007. Eine spätere Vertragsänderung in diesen Tarif erfolgte nicht. Solches ergibt sich weder aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Versicherungsscheinen, noch aus dem Vorbringen der Beteiligten.
(b) Eine Umstellung des Krankenversicherungsvertrages auf den Basistarif nach § 12 VAG a.F. bzw. § 152 VAG ist nicht erfolgt.
(aa) Eine kraft Gesetzes eintretende (automatische) Umwandlung eines Krankenversicherungsvertrages im „Normaltarif“ in den Basistarif ist gesetzlich nicht vorgesehen. Weder § 12 VAG a.F. noch § 152 VAG sehen eine entsprechende Regelung vor. Zwar sieht das Gesetz jeweils einen Kontrahierungszwang des Versicherers vor (§ 12 Abs. 1b Satz 1 VAG a.F., § 152 Abs. 2 Satz 1 VAG). Dies bedeutet aber nur, dass der Versicherer grundsätzlich zu einem entsprechenden Vertragsangebot verpflichtet ist. Eine Umstellung ist nur aber durch entsprechende Vereinbarung der Vertragsparteien, also entsprechende Willenserklärungen, möglich. Dies zeigt sich des Weiteren an der Regelung des § 152 Abs. 2 Satz 2 VAG (§ 12 Abs. 1b Satz 2 VAG a.F.) über den „Wechsel oder Kündigung des Vertrags“ auch bei einem vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossenen privaten Krankheitskostenversicherungsvertrag. Der bloße Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach SGB II oder SGB XII führt ebenfalls nicht zu einem automatischen Wechsel in den Basistarif. Vielmehr ist das Bestehen eines Krankenversicherungsvertrages in diesem Tarif gerade Voraussetzung für die in § 152 Abs. 4 VAG (§ 12 Abs. 1c Satz 4, 6 VAG a.F.) vorgesehene Beitragsminderung bei Hilfebedürftigkeit. Es kommt mithin insoweit nicht darauf an, ob der Beklagte im streitbefangenen Zeitraum hilfebedürftig in diesem Sinne war.
Vielmehr wurde der Krankenversicherungsvertrag ab dem 24. Februar 2009 im Notlagentarif nach § 153 VAG geführt. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsschein vom 10. September 2013. Dieser auf Grundlage des Art. 7 Satz 1 und 2 Einführungsgesetz zum VVG (EGVVG) durchgeführten (rückwirkenden) Umstellung hatte der Beklagte nicht widersprochen (Art. 7 Satz 5 EGVVG). Über das Widerspruchsrecht hatte ihn der Kläger im Begleitschreiben vom 10. September 2013, wie in Art. 7 Satz 6 EGVVG vorgesehen, hingewiesen (Bl. 109 der Senatsakte).
(bb) Die Beteiligten haben eine Änderung des Krankenversicherungsvertrages und die Geltung des Basistarifs nicht vertraglich vereinbart. Dies entnimmt der Senat zunächst den vorliegenden Versicherungsscheinen. Diesen ist eine Vereinbarung des Basistarifs nicht zu entnehmen. Auch nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ist eine solche Vertragsänderung nicht erfolgt. Der Kläger hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Basistarif nicht vereinbart wurde. Selbst der Beklagte hat wiederholt ausdrücklich vorgetragen, dass der Kläger ihm gerade kein entsprechendes Vertragsangebot zum Basistarif unterbreitet habe. Soweit er weiter vorbringt, der Kläger wäre hierzu jedoch verpflichtet gewesen, macht er wiederum deutlich, dass eine Vereinbarung des Basistarifs bislang nicht erfolgt ist.
(cc) Der Senat hat nicht zu prüfen, ob der Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages im Basistarif hatte oder noch hat.
Da das Gesetz in § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI nicht an einen Anspruch auf Versicherung im Basistarif anknüpft, sondern auf das Bestehen einer solchen Versicherung („versichert sind“), ist allein der tatsächliche Sachverhalt zu berücksichtigen. Im vorliegenden Verfahren kann der Beklagte einen möglichen Anspruch auf Vertragsabschluss bzw. -änderung nicht durchsetzen. Für Streitigkeiten der privaten Krankenversicherung ist – anders als für die private Pflegeversicherung in § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG – bereits der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet. Zwar entscheidet das den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz), dies aber nur im Rahmen des jeweiligen Klageanspruchs. Dieser betrifft vorliegend jedoch lediglich die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung der Beiträge zur Pflegeversicherung. Die Frage eines Anspruches auf Vertragsumstellung des privaten Krankenversicherungsvertrages ist davon gerade nicht erfasst. Ein solcher wäre vor den Zivilgerichten zu klären.
(dd) Für Versicherte im Notlagentarif findet die Minderung des Pflegeversicherungsbeitrags nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 110 Abs. 2 Satz 3 SGB XI keine Anwendung. Eine analoge Anwendung scheidet mangels vergleichbarer Interessenlage und gesetzlicher Regelungslücke aus. Wegen der Unterschiede zwischen Basis- und Notlagentarif wird auf die obigen Ausführungen (3b, bb) verwiesen. Die Rechtsfolgen bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bei Versicherten im Notlagentarif hat der Gesetzgeber eigenständig geregelt. Solange der Vertrag wegen Beitragsrückständen ruht, gilt der Versicherungsnehmer nach § 193 Abs. 7 Satz 1 VVG als im Notlagentarif nach § 153 VAG versichert. Das Ruhen des Vertrages tritt nicht ein oder endet, wenn der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder SGB XII ist oder wird (§ 193 Abs. 6 Satz 5 VVG). Der Vertrag wird bei Ende des Ruhens wegen Hilfebedürftigkeit im bisherigen Leistungsumfang fortgeführt. Der Versicherungsnehmer hat aber nach § 204 VVG die Möglichkeit, in den Basistarif mit einer nach § 152 Abs. 4 VAG reduzierten Prämie zu wechseln (Voit, in: Prölss/Martin, VVG, 31. Aufl. 2021, § 193 Rn. 45) und damit auch die Beitragsminderung nach § 110 Abs. 2 Satz 3 SGBXI in Anspruch zu nehmen.
c) Die danach geschuldeten Beiträge zur Pflegepflichtversicherung im streitbefangenen Zeitraum hat der Beklagte nicht an den Kläger gezahlt. Dies entnimmt der Senat dem schlüssigen Vortrag des Klägers. Zweifel hieran bestehen nicht. Der Beklagte hat nicht geltend gemacht, diese Beiträge tatsächlich selbst gezahlt zu haben. Eine Zahlung von Beiträgen zur Pflegepflichtversicherung ergibt sich auch nicht aufgrund der zwischenzeitlichen Zahlungen des Grundsicherungsträgers. Den vorliegenden Bescheiden des KSA kann nicht entnommen werden, dass die Grundsicherungsleistungen in Höhe der Beiträge zur Pflegepflichtversicherung unmittelbar an den Kläger gezahlt wurden. Auch der Beklagte hat solches nicht behauptet.
Soweit der Beklagte geltend macht, ihm stünden seinerseits Forderungen gegen den Kläger zu (Kosten für ärztliche Versorgung und Medikamente), hat dies keine Auswirkungen auf seine Pflicht, die Beiträge zur Pflegeversicherung zu zahlen. Denn gegen eine Forderung eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit – wie dem Kläger – aus der Beitragspflicht kann das Mitglied nicht aufrechnen (§ 181 VAG).
Der Zahlungspflicht steht eine Verjährung der Beiträge zur Pflegepflichtversicherung nicht entgegen. Denn der Beklagte hat bis zur Entscheidung des Senats die Einrede der Verjährung nicht erhoben.
d) Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach ist eine Geldschuld während des Verzugs zu verzinsen. Der Schuldner kommt ohne Mahnung in Verzug, wenn er eine fällige Leistung, für die eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, nicht erbringt (§ 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1 BGB). Wie oben (unter 3a, aa) ausgeführt, waren Beiträge monatlich jeweils zum Ersten des Monats fällig, also zu einem nach dem Kalender bestimmten Zeitpunkt. Die Nichtzahlung der Beiträge hatte der Beklagte zu vertreten. Er befand sich somit ab dem 2. Oktober 2017 mit der Gesamtschuld der Beiträge für den streitbefangenen Zeitraum im Verzug, wie vom Kläger bei den geltend gemachten Zinsen zugrunde gelegt. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG. Der Beklagte hat auch die Gerichtskosten des Mahnverfahrens zu tragen. Nach § 193 Abs. 1 Satz 2 SGG entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat, wenn ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a SGG) ist. Da der Beklagte das Mahnverfahren durch seinen Zahlungsverzug veranlasst hatte, ist es sachgerecht, ihm die hierfür angefallenen Kosten aufzuerlegen.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.