L 4 BA 2021/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 BA 1382/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 BA 2021/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zur Versicherungspflicht eines LKW-Fahrers ohne eigenen LKW und ohne Erlaubnis nach § 3 GüKG oder Gemeinschaftslizenz nach Art. 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 11.227,48 € festgesetzt.

 

Tatbestand


Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zur Renten- und Arbeitslosenversicherung einschließlich der Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und der Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes, im Folgenden einheitlich Gesamtsozialversicherungsbeiträge, für den Zeitraum vom 29. April 2013 bis 18. Juni 2016 in Höhe von insgesamt 11.227,48 €, einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.471,00 €.

Die Klägerin, ein in der Rechtsform der Gesellschaft Bürgerlichen Rechts geführtes Speditionsunternehmen mit ca. 15 Beschäftigten im streitbefangenen Zeitraum, verfügte über mehrere Lkw und beschäftigte mehrere festangestellte Fahrer. Im Rahmen einer früheren Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2012 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 3. Februar 2015 fest, dass ein für die Klägerin tätiger Fahrer (im Folgenden G1) in einem näher bezeichneten Zeitraum aufgrund einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterlegen habe und erhob Gesamtsozialversicherungsbeiträge nach. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, dieser verfüge nicht über die für die Durchführung des Gewerbes erforderliche Erlaubnis nach § 3 Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG) oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 und habe keinen eigenen, sondern einen Lkw der Klägerin verwendet, woraus sich eine Eingliederung in deren Betrieb ergebe. Die Verfügungsmöglichkeiten des G1 über seine eigene Arbeitskraft seien damit deutlich eingeschränkt. Die Vergütung nach festen Tagessätzen mit 160,00 € täglich spreche gegen eine eigene Preiskalkulation. Dass G1 nur in Vertretungssituationen beauftragt worden sei und Aufträge habe ablehnen können, stehe einer abhängigen Beschäftigung nicht entgegen. Ein wirkliches Unternehmerrisiko sei bei G1 nicht erkennbar. Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit sei die Tatsache, dass er im Prüfzeitraum auch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei. Die nach erfolglosem Widerspruch hiergegen erhobene Klage nahm die Klägerin am 16. Februar 2017 zurück.

Der 1969 geborene Beigeladene zu 1 meldete zum 1. Dezember 1995 ein Gewerbe (EDV-Dienstleistungen und Landmaschinenverleih) an, dessen Inhalt er zum 2. Juli 2012 um „fahrerische Dienstleistungen“ neben der weiterhin betriebenen „Grün- und Gartenpflege“ erweiterte. In diesem Rahmen erbrachte er auch im streitbefangenen Zeitraum Leistungen der Friedhofspflege für eine Gemeinde, Garten- und Grünanlagenpflege für verschiedene Auftraggeber sowie Fahrerdienste für zwei weitere Transportunternehmen.

Ab dem 29. April 2013 bis zuletzt am 18. Juni 2016 war er für die Klägerin in unterschiedlichem zeitlichen Umfange und unterschiedlicher Häufigkeit im Rahmen von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen als Lkw-Fahrer tätig. Im Juli und Oktober 2013, Februar, September, Oktober 2014, von Dezember 2014 bis Mai 2015 sowie im Januar 2016 war er nicht für die Klägerin tätig. Schriftliche Vereinbarungen wurden hierzu nicht getroffen, auch keine mündliche Rahmenvereinbarung. Für seine Tätigkeit stellte der Beigeladene zu 1 der Klägerin monatlich Rechnungen über Beträge in unterschiedlicher Höhe zwischen 202,30 € und 2.380,00 € (insgesamt 6.630,00 € in 2014, 8.525,00 in 2014, 4.325,00 € in 2015, 2.030,00 € in 2016, jeweils zzgl. Umsatzsteuer). Wegen der genauen Beträge wird auf Bl. I, 35/65 der Verwaltungsakte Bezug genommen. Die Rechnungen wiesen jeweils in einem Kalendermonat als erbrachte Leistung „Fahrerische Dienstleistung“ mit Angabe u.a. des Datums der Fahrt, die Umsatzsteuer und den Rechnungsbetrag aus. Als Einzelpreis wurde jeweils einer von zwei Pauschalbeträgen angegeben (2013 bis 2015 170,00 €, 2016 180 € oder durchgehend 200,00 €). Die Klägerin verbuchte die Zahlungen im Konto „Fremdarbeiten (Vertrieb)“. Eine Meldung als Beschäftigung erfolgte nicht.

Wenn die Klägerin wegen Urlaubs oder Krankheit eine Tour nicht durch einen ihrer fest angestellten Fahrer durchführen lassen konnte, bot sie diese dem Beigeladenen zu 1 an. Dieser war zur Übernahme des Auftrages nicht verpflichtet und lehnte Aufträge dieser Art wiederholt tatsächlich ab. Bei Übernahme des Auftrages teilte die Klägerin dem Beigeladenen zu 1 mit, welches Fahrzeug der Klägerin er zu fahren, wo er dieses zu übernehmen und bis zu welchem Zeitpunkt er die Ladung am Ziel abzuliefern habe. Abschließend wurde einer der beiden Pauschalbeträge für den Auftrag vereinbart. Bei Durchführung des Auftrages hatte der Beigeladene zu 1 ein Fahrtenbuch der Klägerin zu führen, in das er Anfangs- und Endkilometerstand, Anfangs- und Endort der jeweiligen Tour sowie den Anfangs- und Endzeitpunkt seiner Arbeitszeit eintrug. Der Klägerin diente das Fahrtenbuch zum Nachweis gegenüber ihren Endkunden sowie zur Dokumentation der Gesamtfahrleistung ihrer jeweiligen Fahrzeuge. Der Beigeladene zu 1 übernahm den jeweiligen Lkw mit einer für die entsprechende Tour ausreichenden Tankfüllung. Nach Abschluss der jeweiligen Tour hatte er dafür Sorge zu tragen, dass der Lkw betankt wurde, oder dies selbst zu übernehmen. In beiden Fällen erfolgte dies auf Rechnung der Klägerin. Der Beginn seiner Arbeitszeit wurde dem Beigeladenen zu 1 nicht vorgegeben. Die Fahrtroute zum Bestimmungsort konnte er selbst bestimmen. Über eigene Mitarbeiter verfügte er nicht. Die Fahrten für die Klägerin führte er jeweils persönlich durch. An diese hatte er eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 € zur Abdeckung von Schäden am überlassenen Fahrzeug zu erbringen.

Vom 2. Oktober 2017 bis 8. Januar 2018 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Im Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 20. Oktober 2017 gab die Klägerin dabei unter anderem an, der Beigeladene zu 1 habe nicht die gleichen Arbeiten ausgeführt wie fest angestellte Mitarbeiter. Eine regelmäßige Arbeitszeit sei weder vereinbart noch einzuhalten gewesen. Weisungen hinsichtlich der Ausführung seiner Arbeiten seien nicht erteilt und seine Arbeiten nicht kontrolliert worden. Eine Eingliederung in den betrieblichen Arbeitsablauf (z.B. durch Teilnahme an Dienstbesprechungen, Teamarbeit, Dienstpläne, Schulungsmaßnahmen, Dienstkleidung) habe nicht vorgelegen. Der Beigeladene zu 1 sei nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Bei einem persönlichen Ausfall des Auftragnehmers sei dieser für die Erledigung des Auftrages zuständig gewesen. Dieser habe seine Preise selbst gestalten können. Eine Tätigkeit bei anderen Auftraggebern sowie eigene Werbung seien ihm erlaubt gewesen. Auf die Frage nach einem eigenen unternehmerischen Risiko des Beigeladenen zu 1 gab die Klägerin an, bei schlechter Dienstleistung wären keine weiteren Aufträge erteilt worden; es habe eine Ersatzpflicht von verschuldeten und verursachten Schäden sowie eine Eigenverantwortlichkeit des zu erwirtschafteten Einkommens bestanden. In Beantwortung des Fragebogens für Auftragnehmer bestätigte der Beigeladene zu 1 diese Angaben der Klägerin. Zu seinem unternehmerischen Risiko gab er ergänzend an, aufgrund des ausgehandelten Pauschalpreises pro Auftrag habe sein Gewinn je nach Stundenaufwand pro Auftrag geschwankt. Zur Frage der persönlichen Leistungserbringung und der Leistungserbringung bei persönlichem Ausfall führte er aus, Aufträge der Klägerin nur angenommen zu haben, wenn er tatsächlich Zeit gehabt habe, diesen auch auszuführen.

Nach Anhörung der Klägerin forderte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Februar 2018 für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2016 Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 24.278,76 € (einschließlich Säumniszuschläge i.H.v. 5.336,50 €). Der Beigeladene zu 1 habe in seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 29. April 2013 bis 18. Juni 2016 (Verweis auf die Anlage zum Bescheid mit konkretisierten Zeiträumen) eine abhängige Beschäftigung ausgeübt und der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen. Bei der Berechnung der Beiträge legte die Beklagte die vom Beigeladenen zu 1 (ohne Umsatzsteuer) in Rechnung gestellten Beträge als Nettoentgelt zugrunde, das sie unter Anwendung der Steuerklasse VI auf ein Bruttoentgelt hochrechnete. Nach Darlegung der maßgeblichen Abgrenzungskriterien führte die Beklagte im Wesentlichen aus, der Beigeladene zu 1 verfüge nicht über die für die Durchführung des Gewerbes erforderliche Erlaubnis nach § 3 GüKG oder die Gemeinschaftslizenz nach Artikel 3 und 4 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 und habe keinen eigenen, sondern einen Lkw der Klägerin verwendet, woraus sich eine Eingliederung in deren Betrieb ergebe. Die Verfügungsmöglichkeiten des Beigeladenen zu 1 über seine eigene Arbeitskraft seien damit deutlich eingeschränkt gewesen. Die Klägerin als Auftraggeber habe Weisungen über die Verteilung der Fahrtätigkeit innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens in einem festgelegten Gebiet erteilt. Bei der geltend gemachten fehlenden Eingebundenheit in den Betriebsablauf der Klägerin sei zu beachten, dass das Erscheinungsbild eines festangestellten Fahrers sich nur unerheblich von der vorliegend zu beurteilenden Tätigkeit unterscheide. Zwar habe der Beigeladene zu 1 gewisse Freiräume hinsichtlich der Preisgestaltung, jedoch nicht hinsichtlich der Umsetzung der ihm übertragenen Aufgaben gehabt. Er habe Vorgaben des Arbeitgebers nach Aufgabenstellung, Arbeitsinhalt und Zeitrahmen einzuhalten gehabt. Die Vergütung nach festen Tagessätzen täglich spreche gegen eine eigene Preiskalkulation. Beim Beigeladenen zu 1 sei kein wirkliches Unternehmerrisiko, sondern nur ein nicht relevantes Entgeltrisiko erkennbar. Dessen Betriebsvermögen aus dem Grün- und Gartenpflegebereich sei nicht zu berücksichtigen. Ebenfalls kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit sei die Tatsache, dass er im Prüfzeitraum auch für andere Auftraggeber tätig gewesen sei. Eine unverschuldete Unkenntnis von der eigenen Zahlungspflicht der Beiträge könne die Klägerin nicht geltend machen. Vielmehr hätte sie als Arbeitgeberin vorausschauend den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1 prüfen müssen, insbesondere im Hinblick auf die mit Bescheid vom 3. Februar 2015 bereits vorgenommene Beurteilung eines Fahrers mit identischem Sachverhalt. Die unterlassene rückwirkende Aufklärung sei ihr anzurechnen. Dementsprechend seien auch Säumniszuschläge ab April 2015 bis einschließlich September 2017 zu erheben.

Zur Begründung des hiergegen eingelegten Widerspruches trug die Klägerin – wie teilweise bereits im Rahmen der Anhörung – vor, sie habe dem Beigeladenen zu 1 bei Übernahme des Auftrages jeweils nur vorgegeben, dass der Transport zu einem bestimmten Zeitpunkt an einer bestimmten Stelle sein müsse. Wie der Auftrag dann vom Beigeladenen zu 1 erledigt worden sei, sei allein seine Angelegenheit gewesen. Der Startzeitpunkt sowie die Wahl der Strecke sei ihm freigestellt worden. Er habe auch den Preis für den jeweiligen Auftrag selbst vorgegeben. Ein relevantes Unternehmerrisiko habe er getragen, da er für eventuelle Schäden am Lkw sowie gegebenenfalls am Transportgut gegenüber ihr, der Klägerin gehaftet habe. So habe er auch einen von ihm verursachten Reifenschaden ausgeglichen (vorgelegte Rechnung vom 18. Dezember 2015). Des Weiteren habe er sich selbst auf eigene Kosten weitergebildet (vorgelegte Rechnungen zu Lenk- und Ruhezeiten sowie zur Gefahrgutfahrerschulung in Höhe von 130,90 € und 388,78 € vom 23. Januar 2014). Er sei für eine Vielzahl anderer Auftraggeber, auch andere Transportunternehmen, tätig geworden und habe daher wegen Zeitmangels auch wiederholt Angebote der Klägerin abgelehnt. Die dem Beigeladenen zu 1 gezahlte Vergütung habe den Lohn eines angestellten Mitarbeiters deutlich überstiegen. Für einen angestellten Fahrer wären allenfalls 30-50 % der entsprechenden Kosten angefallen. Bei Gesamtabwägung aller Umstände habe daher eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen. Selbst bei Annahme eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses hätte die Beklagte bei der Hochrechnung auf ein Bruttoentgelt Lohnsteuerklasse V, nicht VI zugrunde legen müssen. Die Kirchensteuerpflicht des Beigeladenen zu 1 sei nicht geklärt. Schließlich fehle eine taugliche Grundlage zur Erhebung von Säumniszuschlägen, da ihr, der Klägerin, kein Verschulden vorgeworfen werden könne. Bei Vertragsanbahnung habe sie berechtigterweise davon ausgehen dürfen, dass der Beigeladene zu 1, der sein eigenes Gewerbe ordnungsgemäß angemeldet habe, selbstständig tätig sei. Der Bescheid vom 3. Februar 2015 beruhe auf einem nicht vergleichbaren Sachverhalt, da G1 anders als der Beigeladene zu 1 tatsächlich in ihren, der Klägerin, Betrieb eingegliedert gewesen sei.

Mit Bescheid vom 8. Februar 2019 half die Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und reduzierte die Nachforderungssumme auf 11.605,53 € (inklusive Säumniszuschläge in Höhe von 2.554,00 €). Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung seien nicht zu erheben, da der Beigeladene zu 1 nach Auswertung der vorgelegten Einkommensteuerbescheide als hauptberuflich Selbständiger nicht der Versicherungspflicht in diesen Sozialversicherungszweigen unterlegen habe. Nachdem das zuständige Finanzamt bestätigt hatte, dass im streitbefangenen Zeitraum für den Beigeladenen zu 1 Steuerklasse V gelte, half die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 13. Mai 2019 insoweit ab, berechnete das beitragspflichtige Entgelt aufgrund Steuerklasse V neu und reduzierte die Beklagte die Nachforderungssumme erneut auf nunmehr 11.227,48 € (inklusive Säumniszuschläge von 2.471,00 €).

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juni 2019 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch, soweit ihm nicht bereits abgeholfen wurde, als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend insbesondere aus, der Entscheidungsspielraum des Beigeladenen zu 1 habe sich auf die freie Wahl der Fahrtstrecke beschränkt. Der zeitliche Rahmen sei zwar nicht konkret nach Tagen oder Stunden bestimmt, jedoch soweit eingegrenzt gewesen, dass er als bestimmter zeitlicher Rahmen im Sinne der Rechtsprechung zur persönlichen Abhängigkeit eines Arbeitnehmers zu qualifizieren sei. Die Auftragserledigung sei durch das zu führende Fahrtenbuch klägerseitig kontrolliert worden. Es verbleibe auch bei den festgesetzten Säumniszuschlägen, da die Klägerin die Nichtabführung von Beiträgen unter Berücksichtigung des Bescheides vom 3. Februar 2015 jedenfalls billigend in Kauf genommen und damit bedingt vorsätzlich gehandelt habe.

Hiergegen erhob die Klägerin am 19. Juli 2019 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG), zu deren Begründung sie über ihr bisheriges Vorbringen hinaus ausführte, sie habe dem Beigeladenen zu 1 keine Vorgaben bezüglich Arbeitszeit, Pausen sowie Beginn seiner Tätigkeit gemacht, sondern lediglich hinsichtlich des Zeitpunkts der Ablieferung. Er habe die Ware auch vorzeitig abliefern oder auch die Fahrroute nach eigenen Vorstellungen ändern können. Der von diesem erstellte Tourenbericht entspreche dem Rapportzettel eines Selbstständigen. Eine selbstständige Tätigkeit als Fahrer sei auch ohne eigenes Fahrzeug möglich (Verweis auf Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Urteil vom 23. November 2015 – L 7 R 387/14 –). Säumniszuschläge seien nicht zu erheben. Fahrlässigkeit genüge insoweit nicht. Der Bescheid vom 3. Februar 2015 beruhe auf einem nicht vergleichbaren Sachverhalt. Aufgrund der Gewerbeanmeldung und der Vielzahl von Auftraggebern des Beigeladenen zu 1 habe sie von dessen selbstständiger (Fahrer-)Tätigkeit ausgehen dürfen. G1, der ebenfalls nur in Fällen der Krankheits- und Urlaubsvertretung für sie tätig geworden sei, die Umsatzsteuer ausgewiesen und angebotene Aufträge habe ablehnen können, habe nur Fahrertätigkeiten angeboten, nicht wie der Beigeladene zu 1 noch ein landwirtschaftliches Unternehmen geführt. Ohnehin sei im Falle des G1 erst im Termin vor dem SG am 15. Februar 2017 klargemacht worden, dass keine Selbstständigkeit vorliege.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegen. Säumniszuschläge seien zu erheben, da die Klägerin die Beitragspflicht für den Beigeladenen zu 1 für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. So habe sie weitere Fahrer beschäftigt, die die gleichen Tätigkeiten verrichtet hätten wie der Beigeladene zu 1, der deren Urlaubs- oder Krankheitsvertretung übernommen habe.

Der Beigeladene zu 1, der keinen Antrag stellte, führte aus, die erste Preisverhandlung mit der Klägerin habe sich schwieriger gestaltet, da man sich zunächst preislich habe annähern müssen. In der Folge sei im Rahmen der Preisgestaltung immer nur die Tagespauschale besprochen worden. Ein anderes Abrechnungsmodell, z.B. nach Stunden oder der Fahrstrecke sei nicht besprochen worden. Da die Tätigkeit für die Klägerin bei ihm ohnehin einen gesamten Arbeitstag in Anspruch genommen habe, sei für ihn der Umfang des Auftrages hinsichtlich Zeit und Wegstrecke zweitrangig gewesen. Bei den Preisverhandlungen habe er sich an die Einnahmen angelehnt, die ihm aus seiner Gewerbetätigkeit bekannt gewesen seien. Eine Erlaubnis nach dem GüKG besitze er nicht, da er sich nicht als selbstständiger Fuhrunternehmer, sondern eher als Dienstleister sehe, der seine eigene Arbeitskraft zur Verfügung stelle. Den Lkw-Führerschein habe er im Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb gemacht. Im Rahmen des jeweiligen Angebotes habe die Klägerin den zu fahrenden Lkw, Zielort und -zeitpunkt genannt. Weiter sei mitgeteilt worden, wo dieses Fahrzeug stehe (Betriebssitz der Klägerin, Rastplatz oder in einem Industriegebiet) und wann dieses geladen werde. Abschließend sei dann auch der Preis vereinbart worden. Weitere Kontakte mit der Klägerin habe es nach Auftragsübernahme dann nicht mehr gegeben.

Die weiteren Beigeladenen stellten keine Anträge und äußerten sich nicht.

Mit Urteil vom 3. Mai 2021 wies das SG die Klage ab. Zu Recht habe die Beklagte die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum als abhängige Beschäftigung qualifiziert und darauf aufbauend Beiträge zur Sozialversicherung in noch streitbefangenem Umfange samt Säumniszuschlägen nacherhoben. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin sei nicht (uneingeschränkt) frei gewesen. Dessen „Gestaltungsmöglichkeiten“ hätten sich innerhalb des vorgegebenen Rahmens beschränkt auf Änderungen innerhalb der Fahrtstrecken sowie auf die Möglichkeit, bereits vor der gesetzten Abgabefrist die auszuliefernde Ware beim Endkunden abzugeben. Dessen faktische Eingliederung in den Betrieb der Klägerin folge aus der Bereitstellung eines betriebseigenen Lkw der Klägerin, die durch ausschließlich deren betriebsinterne Faktoren bestimmt worden sei. Das Betanken auf Kosten der Klägerin und die Anfertigung von Tourenberichten, die allein Zwecken der Klägerin dienten, spreche ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. Ein typisch unternehmerisches Risiko habe der Beigeladene zu 1 nicht getragen und seine Arbeitskraft nicht mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt. Mangels Einsatzes eines eigenen Lkw habe er keine Betriebsmittel vor- und unterhalten müssen. Das Haftungsrisiko für selbst verursachte Schäden begründe kein unternehmerisches Risiko, sondern ein allgemeines Lebensrisiko, das auch abhängig Beschäftigte dem Grunde nach in gleicher Weise treffe. Der vertragliche Ausschluss der für Arbeitnehmer geltenden Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs führe zu keiner abweichenden sozialversicherungsrechtlichen Statusbeurteilung. Andernfalls wäre es den Beteiligten möglich, durch entsprechende Vertragsgestaltungen faktisch über den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1 zu disponieren. Gleiches gelte für andere arbeitnehmertypischen Rechte (Urlaub, Entgeltfortzahlung). Der Annahme einer abhängigen Beschäftigung stünden auch die Vergütungshöhe, die Möglichkeit, Aufträge abzulehnen, die Tätigkeit für andere Auftraggeber sowie die – tatsächlich nicht realisierte – Möglichkeit der nicht persönlichen Leistungserbringung nicht entgegen. Zutreffend habe die Beklagte eine Hochrechnung nach § 14 Abs. 2 Satz 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorgenommen. Die maßgeblichen Organe der Klägerin hätten die eigene Beitragspflicht jedenfalls für möglich und deren Verletzung im streitgegenständlichen Zeitraum billigend in Kauf genommen. Mit Bescheid vom 3. Februar 2015 sei die Klägerin über die sozialversicherungsrechtliche Tätigkeit eines – angeblich selbstständigen – eingesetzten Fahrers aufgeklärt worden, dessen Tätigkeit für die Klägerin sich inhaltlich nicht von denen des hier zu beurteilenden Beigeladenen zu 1 unterschieden hätten. Die Einlassung des Gesellschafters der Klägerin im Rahmen des vom SG durchgeführten Erörterungstermins hätten keinen relevanten Unterschied aufgezeigt, der eine andere Beurteilung gerechtfertigt hätte. Die Parallelität und Vergleichbarkeit beider Tätigkeitsverhältnisse sei derart offensichtlich gewesen, dass sich die rückwirkende Klärung der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 durch eine fachkundige Stelle für die Klägerin aufgedrängt habe. Aufgrund des zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns der Klägerin sei die Beklagte vor dem Hintergrund des Bescheides vom 3. Februar 2015 zu Recht davon ausgegangen, dass Säumniszuschläge (jedenfalls) ab dem Monat April 2015 anfielen.

Gegen dieses ihr am 11. Mai 2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2021 Berufung beim LSG Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ausgeführt, der Beigeladene zu 1 habe ihrem Direktionsrecht schon deshalb nicht unterlegen, weil ihm jederzeit freigestanden habe, ihre Aufträge überhaupt nicht anzunehmen. Daran ändere auch nichts, dass er bei Übernahme eines Auftrages verpflichtet gewesen sei, örtliche und zeitliche Vorgaben für die Auslieferung des Transportgutes einzuhalten. Dass er nicht in ihre Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen sei, ergebe sich schon daraus, dass er als selbstständiger Unternehmer auch für andere Auftraggeber im selben Geschäftsfeld tätig gewesen sei. Nach seinen Angaben im Berufungsverfahren (dazu unten) habe er nicht nur eventuell, sondern tatsächlich während des gesamten Prüfungszeitraums in weit größerem Umfang als für die Klägerin für eine Wettbewerberin gearbeitet. Die Tatsache, dass der Beigeladene zu 1 mit ihren Lkws gefahren sei, werde überbewertet. Allein eine Zugmaschine (ohne Aufleger, Wechselbrücke o. ä.) koste ca. 120.000,00 €. Das könnten sich nur Betriebe mit entsprechender Bonität bzw. Kapitalausstattung leisten. Gleiches gelte für die Gemeinschaftslizenz, die einen Bonitätsnachweis in Höhe von 14.000,00 € erfordere und ohnehin an das jeweilige – beim Beigeladenen zu 1 gerade nicht vorhandene – Fahrzeug gebunden sei. Säumniszuschläge seien nicht angefallen. Angesichts der beschriebenen Umstände sei keinesfalls davon auszugehen, dass auch nur Eventualvorsatz der Klägerin insofern bestanden hätte, dass sie eine Beitragspflicht nicht nur für möglich, sondern für gegeben gehalten hätte. Im Übrigen erscheine die gesetzliche Regelung angesichts der aktuell geltenden Zinssätze verfassungswidrig.

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 3. Mai 2021 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14. Februar 2018 in der Gestalt der Teilabhilfebescheide vom 8. Februar 2019 und 13. Mai 2019 sowie des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2019 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie ausgeführt, der Beigeladene zu 1 habe funktionsgerecht dem Arbeitsprozess im Betrieb der Klägerin gedient. Unerheblich sei dabei, dass die zeitlichen Vorgaben durch deren Endkunden gestellt worden seien. Denn es habe im Interesse der Klägerin gelegen, dass sich der Beigeladene zu 1 an diese Vorgaben halte, da sie ansonsten Schadensersatzansprüche treffen könnten. Ein Indiz für eine abhängige Tätigkeit liege vor, wenn zwar die Annahme bestimmter Aufträge abgelehnt werden könne, bei Annahme jedoch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers erfolge. Ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung sei, dass Auftragnehmer – wie hier – Tätigkeiten ausübten, die sich von einer vergleichbaren Arbeitnehmertätigkeit im Allgemeinen nicht wesentlich unterschieden (Verweis auf Senatsurteil vom 10. Juni 2016 – L 4 R 903/15 –). Ob die Vergütungen des Beigeladenen zu 1 tatsächlich Verhandlungssache gewesen seien, könne aus den vorliegenden Rechnungen nicht nachvollzogen werden. Die Vergütung sei daher ersichtlich nicht für jeden einzelnen Auftrag neu verhandelt, sondern für bestimmte Tätigkeiten pauschal festgesetzt worden. Dass der Beigeladene zu 1 für Konkurrenten der Klägerin tätig geworden sei, stelle kein Argument gegen eine Scheinselbstständigkeit dar, sondern sei nur Ausdruck deren subjektiven Vorstellung einer selbstständigen Tätigkeit. Dass die Erhebung der Säumniszuschläge auch unter Berücksichtigung aktueller Zinssätze keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliege, habe das Bundessozialgericht (BSG) bestätigt (Verweis auf BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 – B 12 R 28/28 R –).

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt. Der Beigeladene zu 1 hat ausgeführt, im streitbefangenen Zeitraum sei er vor allem im Bereich der Friedhofspflege sowie der Pflege privater Gärten tätig gewesen, daneben für die Klägerin und zwei weitere Transportunternehmen als Fahrer. Lediglich zu Zeiten, in denen im Bereich der Friedhofs- und Gartenpflege weniger Arbeitsaufkommen vorhanden gewesen sei, habe er Aufträge der Klägerin annehmen können. In diesem Rahmen habe er - wie ein Zeitarbeitsunternehmen - nur seine Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Bei den Aufträgen der Klägerin habe es sich um Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen der bei der Klägerin angestellten Fahrer gehandelt. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Waren pünktlich beim Kunden abzuholen oder anzuliefern. Bei der heute üblichen „just in time“-Logistik sei es sehr wichtig, die entsprechenden Zeitfenster einzuhalten. Die Anschaffung eines eigenen Fahrzeugs hätte außer Verhältnis zum Nutzen im Rahmen der Vertretungstätigkeit gestanden. Ergänzend hat er eine Übersicht seiner Gesamtumsätze bei verschiedenen Auftraggebern im streitbefangenen Zeitraum vorgelegt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 137/139, 143 und 149 der Senatsakte).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere bedurfte sie nicht der Zulassung, da zum Zeitpunkt der Einlegung der Berufung über eine Beitragsnachforderung von 11.227,48 € gestritten wurde, so dass der Beschwerdewert von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten war.

2. Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 14. Februar 2018 und die Änderungsbescheide vom 8. Februar und 13. Mai 2019 (§ 86 SGG), alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2019 (§ 95 SGG) und damit die Nacherhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Umlagen nach dem AAG und der Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes für die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin in der Zeit zwischen dem 29. April 2013 und dem 18. Juni 2016 in Höhe von insgesamt 11.227,48 €, einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 2.471,00 €. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind aufgrund der insoweit im Bescheid vom 8. Februar 2019 vorgenommenen Abhilfe nicht mehr streitbefangen.

3. Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 14. Februar 2018 und die Änderungsbescheide vom 8. Februar und 13. Mai 2019, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juni 2019 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig (dazu unter a). Der Beigeladene zu 1 war im genannten Zeitraum in seiner Tätigkeit für die Klägerin bei dieser abhängig beschäftigt und in den genannten Zweigen der Sozialversicherung sozialversicherungspflichtig (dazu unter b). Die Beklagte hat die Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus einer zutreffenden Bemessungsgrundlage festgesetzt (dazu unter c). Es bestand keine Versicherungsfreiheit in den streitbefangenen Versicherungszweigen (dazu unter d). Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagen sind im gerichtlich zu überprüfenden Umfang nicht zu beanstanden (dazu unter e). Säumniszuschläge wurden zu Recht und in zutreffender Höhe erhoben (dazu unter f).

a) Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I, S. 3710) für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern. Die Klägerin wurde vor Bescheiderlass angehört. Die Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden den zeitlichen Umfang der versicherungspflichtigen Beschäftigung durch die Angabe des zeitlichen Rahmens (29. April 2013 bis 18. Juni 2016) und den Verweis auf die Anlage zum jeweiligen Bescheid mit konkretisierten Zeiträumen hinreichend bestimmt.

b) aa) Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung gelten nach § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese Vorschriften gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 SGB III auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Die Mittel zur Durchführung des Ausgleichs der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Lohnfortzahlung werden nach dem seit 1. Januar 2006 gültigen § 7 Abs. 1 AAG durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden nach § 358 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (UVMG) vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I, S. 2130) durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht und sind nach § 359 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 3 Nr. 2 UVMG zusammen mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen.

bb) Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 –, BSG, Urteil vom 30. März 2015 – B 12 KR 17/13 R – juris, Rn. 15 – jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – juris, Rn. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 – B 12 KR 17/11 R – juris, Rn. 23 ff. – jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 11 RAr 49/94 – juris, Rn. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 – 12/3/12 RK 39/74 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 10. August 2000 – B 12 KR 21/98 R – juris, Rn. 17 – jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris, Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris, Rn. 16).

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen war der Beigeladene zu 1 im Zeitraum vom 29. April 2013 bis 18. Juni 2016 in den in der Anlage zu den angefochtenen Bescheiden konkretisierten Zeiträumen bei der Klägerin abhängig beschäftigt.

(1) Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung sind die im Folgenden dargestellten Umstände, die der Senat aufgrund des Gesamtinhalts des Verfahrens, insbesondere der von der Beklagten herangezogenen Unterlagen der Klägerin sowie der Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 im Rahmen des Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahrens feststellt.

Der Beigeladene zu 1 hatte bereits vor seiner Tätigkeit für die Klägerin ein eigenes Gewerbe mit EDV-Dienstleistungen, Landmaschinenverleih, Grün- und Gartenpflege sowie seit 2. Juli 2012 auch fahrerischen Dienstleistungen ohne eigene Mitarbeiter angemeldet. In diesem Rahmen erbrachte er auch im streitbefangenen Zeitraum Leistungen der Friedhofspflege für eine Gemeinde, Garten- und Grünanlagenpflege für verschiedene Auftraggeber sowie Fahrerdienste für zwei weitere Transportunternehmen neben dem der Klägerin. Dies entnimmt der Senat der vorgelegten Gewerbeanmeldung und -ummeldung sowie den im Verwaltungs- und Berufungsverfahren vom Beigeladenen zu 1 jeweils auszugsweise vorgelegten Kundenaufstellungen. Über eine Erlaubnis nach § 3 GüKG verfügte er nicht. Dies ergibt sich aus seinen eigenen Angaben sowie den Feststellungen der Beklagten im Prüfverfahren und wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt.

Ab dem 29. April 2013 bis zuletzt am 18. Juni 2016 war er für die Klägerin in unterschiedlichem zeitlichen Umfang und unterschiedlicher Häufigkeit im Rahmen von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen als Lkw-Fahrer für die Klägerin tätig. Im Juli und Oktober 2013, Februar, September, Oktober 2014, von Dezember 2014 bis Mai 2015 sowie im Januar 2016 war er nicht für die Klägerin tätig. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Angaben der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 sowie den in den vorliegenden Rechnungen ausgewiesenen Daten der jeweiligen Leistungserbringung.

Schriftliche Vereinbarungen über die streitbefangenen Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin wurden nicht geschlossen. Vielmehr wurde dieser von der Klägerin ohne weitere Rahmenvereinbarung jeweils wegen der Übernahme bestimmter Touren angefragt, um Lücken durch Krankheit oder Urlaub festangestellter Mitarbeiter zu schließen. Der Beigeladene zu 1 war frei, die ihm angebotenen Einsätze anzunehmen oder abzulehnen. Tatsächlich lehnte er Aufträge dieser Art wiederholt ab. Die Klägerin teilte dem Beigeladenen zu 1 mit, welches Fahrzeug der Klägerin er zu fahren und bis zu welchem Zeitpunkt er die Ladung am Ziel abzuliefern habe. Das Fahrzeug hatte er an dem von der Klägerin angegebenen Ort zu übernehmen, was nicht zwingend auf deren Betriebshof erfolgte. Die Klägerin teilte ihm auch mit, wann der jeweilige Lkw beladen war. Die Tankfüllungen erfolgten durch die oder auf Rechnung der Klägerin. Der Beigeladene zu 1 hatte bei Ende der Fahrt sicherzustellen, dass der Lkw betankt war. Des Weiteren hatte er ein Fahrtenbuch der Klägerin zu führen, in das er Anfangs- und Endkilometerstand, Anfangs- und Endort der jeweiligen Tour sowie den Anfangs- und Endzeitpunkt seiner Arbeitszeit eintrug. Der Klägerin diente das Fahrtenbuch zum Nachweis gegenüber ihren Endkunden sowie zur Dokumentation der Gesamtfahrleistung ihrer jeweiligen Fahrzeuge. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Angaben des Beigeladenen zu 1 im Erörterungstermin vor dem SG und des dort anwesenden Gesellschafters der Klägerin.

Eine feste Arbeitszeit wurde dem Beigeladenen zu 1 mit Ausnahme des Termins, zu dem die Ladung spätestens beim Endkunden der Klägerin angeliefert sein musste, nicht vorgegeben. Die Fahrtroute zum Bestimmungsort konnte er selbst bestimmen. Die Fahrten führte er jeweils persönlich durch. Er verwendete ausschließlich Fahrzeuge der Klägerin.

Der Beigeladene zu 1 haftete gegenüber der Klägerin für von ihm verursachte Schäden an Ware und Fahrzeug und hatte an diese eine Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 € zur Abdeckung von Schäden zu erbringen. Dies entnimmt der Senat den übereinstimmenden Angaben von Klägerin und Beigeladenem zu 1 bereits im jeweiligen Fragebogen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status sowie der von der Klägerin vorgelegten an den Beigeladenen zu 1 gerichteten Rechnung vom 18. Dezember 2015 im Rahmen eines von diesem verursachten Reifenschadens.

Für seine Tätigkeit stellte der Beigeladene zu 1 der Klägerin monatlich Rechnungen über Beträge in unterschiedlicher Höhe zwischen 202,30 € und 2.380,00 €. Die Rechnungen wiesen die jeweils in einem Kalendermonat durchgeführten Fahrten mit Datum und amtlichem Kennzeichen des eingesetzten Lkw aus. Jeder Fahrt wurde ein Pauschalbetrag zugeordnet (2013 bis 2015 170,00 €, 2016 180 € oder durchgehend 200,00 €). Dabei lässt sich den vorliegenden Rechnungen entnehmen, dass der Pauschalbetrag von 200,00 € nur für mehrtägige Fahrten angesetzt wurde. Die Umsatzsteuer wurde zusätzlich jeweils berechnet.

Der Senat legt die Darstellung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1 zugrunde, dass diese Pauschalen zwischen den beiden Parteien ausgehandelt wurden. Zwar fällt auf, dass die Klägerin nach den Feststellungen der Beklagten im Bescheid vom 3. Februar 2015 bereits den ebenfalls als von ihr als selbständig angesehenen Fahrer G1 in entsprechender Weise vergütete (feste Tagessätzen in Höhe von 160,00 €). Allerdings hat der Beigeladenen zu 1 im Erörterungstermin vor dem SG anschaulich dargestellt, die erste Preisverhandlung mit der Klägerin habe sich schwieriger gestaltet, da man sich zunächst preislich habe annähern müssen. Dabei habe er sich an die Einnahmen angelehnt, die ihm aus seiner Gewerbetätigkeit bekannt gewesen seien. In der Folge sei im Rahmen der Preisgestaltung immer nur die Tagespauschale besprochen worden. Die ähnliche Höhe der Tagespauschale des G1 lässt daher nicht den zwingenden Rückschluss auf eine einseitige Preisvorgabe der Klägerin zu, sondern kann als Ausdruck einer üblichen Vergütung solcher Tätigkeiten angesehen werden. 

Die Klägerin verbuchte die Zahlungen an den Beigeladenen zu 1 im Konto „Fremdarbeiten (Vertrieb)“. Eine Meldung als Beschäftigung erfolgte nicht. Insgesamt zahlte sie diesem 6.630,00 € in 2014, 8.525,00 in 2014, 4.325,00 € in 2015 und 2.030,00 € in 2016, jeweils zzgl. Umsatzsteuer.

Den Lkw-Führerschein hatte der Beigeladene zu 1 bereits im Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb erworben. Kosten für eine Gefahrgutfahrerschulung (388,78 €) und für eine Schulung zu Lenk- und Ruhezeiten (130,90 €) trug der Beigeladene zu 1 selbst (vorgelegte Rechnungen vom 23. Januar 2014).

(2) Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls, wie sie sich aus den vorstehenden tatsächlichen Feststellungen ergeben, lag eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum vor.

(a) (aa) Maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 bei der Klägerin war seine Eingliederung in deren Betrieb in zentralen Punkten. Dies stellt ein eigenständig zu betrachtendes Indiz neben einer Weisungsgebundenheit der Tätigkeit dar. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander noch müssen sie stets kumulativ vorliegen (BSG, Urteile vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 24 und 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 28). Eine abhängige Beschäftigung ist daher nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass ein arbeitgebertypisches Weisungsrecht nicht festzustellen ist. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bestimmt sich die Eingliederung nicht nach wirtschaftlichen Maßstäben. Maßgeblich ist, dass der Auftragnehmer in einer seine Tätigkeit prägenden Weise in den „Betriebsablauf“ des Auftraggebers eingegliedert ist (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 24), er sich also in eine vorgegebene, fremdbestimmte Arbeits- und Ablauforganisation i.S.e. Steuerung des Arbeitsablaufs durch organisatorische und koordinierende Maßnahmen durch den Auftraggeber einfügt. Es ist daher insoweit nicht relevant, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für die Klägerin im Vergleich zur Tätigkeit für andere Auftraggeber – auch desselben Marktsegments – nachrangig war und ihn zeitlich eher gering beanspruchte.

Bei Vertragsgestaltungen, in denen - wie hier - die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2021 – B 12 R 6/20 R – juris, Rn. 19 m.w.N.). Die Möglichkeit der Ablehnung einzelner Aufträge ist daher für die Frage der Weisungsgebundenheit oder der Eingliederung in den Betriebsablauf nach Annahme des Auftrags nicht entscheidend. Es bestand weder eine ständige Pflicht zur Dienstbereitschaft noch eine Verpflichtung, einen bestimmten Umfang an Einsätzen zu übernehmen. Erst bei Zusage entstand die rechtliche Verpflichtung zur Übernahme eines Einsatzes.

Dann aber war der Beigeladene zu 1 verpflichtet, die Ware spätestens zu dem von der Klägerin ihrem Endkunden geschuldeten und von ihr bestimmten Ablieferungstermin bei dem von ihr ihrem Endkunden geschuldeten und von ihr bestimmten Endpunkt abzuliefern. Die Leistung des Beigeladenen zu 1 diente damit vorrangig der Erfüllung der Vertragspflichten der Klägerin gegenüber deren Kunden. Die Bedeutung der zeitgenauen Lieferung im Rahmen üblicher „just-in-time“-Logistik hat der Beigeladene zu 1 ausdrücklich hervorgehoben. Zur Sicherung dieses Geschäftsmodells hatte dieser den von der Klägerin vorgegebenen Endtermin in deren Interesse einzuhalten. Dabei war der Beigeladene zu 1 entgegen dem Vorbringen der Klägerin über die genannten Eckpunkte hinaus in der Ausführung seiner Tätigkeit nicht völlig frei. Wenn sie diesem auch den Beginn seiner Arbeitszeit nicht konkret vorschrieb, ergaben sich entsprechende Bindungen des Beigeladenen zu 1 durch die Vorgabe des Endtermins und des Zielortes sowie die Betriebsabläufe der Klägerin. Durch die Vorgabe des Endtermins und des Zielortes und damit der zurückzulegenden Entfernung ergaben sich – auch unter Berücksichtigung ordnungsrechtlich vorgegebener Lenk- und Ruhezeiten – zwingende Bindungen hinsichtlich des Arbeitsbeginns des Beigeladenen zu 1 im Sinne des spätesten Zeitpunktes hierfür. Entsprechendes gilt für die dem Grunde nach dem Beigeladenen zu 1 überlassene Wahl der konkreten Strecke. Weitere Einschränkungen der behaupteten freien Ausgestaltung der Tätigkeit folgten aus der Vorgabe der Klägerin, wo der Beigeladene zu 1 den – ebenfalls von der Klägerin zugewiesenen – Lkw übernehmen musste. Damit legte die Klägerin auch den Ort des Arbeitsbeginns fest. Schließlich unterlag der Zeitpunkt des Arbeitsbeginns weiteren – über die Folgen des vorgegebenen Endtermins hinaus – Bindungen. Denn der Arbeitsbeginn konnte nicht erfolgen, bevor der Lkw bereitgestellt und gegebenenfalls beladen worden war. Dies erfolgte aber durch die Klägerin im Rahmen der allein von ihr bestimmten Betriebsabläufe. Damit bestimmte die Klägerin auch insoweit den äußeren Ablauf.

Zwar kann, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, eine selbstständige Tätigkeit als Fahrer auch ohne eigenes Fahrzeug grundsätzlich in Betracht kommen. Gleichwohl ergibt sich auch aus der Nutzung des jeweils von der Klägerin zur Verfügung gestellten Lkw eine Eingliederung des Beigeladenen zu 1 in deren Betrieb. Denn nur, wenn und soweit die Klägerin diesem einen ihrer Lkw als das für die Tätigkeit maßgeblichen Betriebsmittel zur Verfügung stellte, war er in der Lage, diese überhaupt auszuüben. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 blieb daher abhängig von betrieblichen Abläufen der Klägerin. Daher stellt die Nutzung eines vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Lkw ein gewichtiges Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2022 – L 9 R 2663/20 – juris, Rn. 37; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. Juni 2020 – L 8 BA 78/18 – juris, Rn. 57; Hessisches LSG, Beschluss vom 31. Januar 2020 – L 8 BA 45/19 – juris, Rn. 24, jeweils m.w.N.). Entsprechendes gilt für die Eingliederung des Beigeladenen zu 1 auch insoweit, als er seine Tätigkeit im Rahmen der allein der Klägerin erteilten Erlaubnisse (§ 3 GüKG oder Artikel 3 und 4 der Verordnung [EG] Nr. 1072/2009) erbrachte. Der gewerbliche Güterkraftverkehr ist erlaubnispflichtig (§ 3 Abs. 1 GüKG). Der schuldhafte Verstoß hiergegen ist ordnungswidrigkeitsbewehrt (§ 19 Abs. 1 Nr. 1b GüKG). Bei der fehlenden Erlaubnis handelt es sich um einen gegen eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkt (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017 – B 12 KR 9/16 R – juris, Rn. 25). Denn ohne eine solche Erlaubnis ist eine selbstständige Tätigkeit im gewerblichen Güterverkehr rechtlich nicht möglich. Bei der Gesamtabwägung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben sind oder auf sonstige Weise „in der Natur der Sache“ liegen (BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 KR 27/19 R – juris, Rn. 15). Der Beigeladenen zu 1 nutzte damit das quasi immaterielle Betriebsmittel der Klägerin (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 9 KR 344/13 – juris, Rn. 78: Taxikonzession; Senatsurteile vom 10. März 2017 – L 4 R 175/14 – und 16. Oktober 2015 – L 4 R 4289/14 –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Oktober 2014 – L 11 R 684/13 – jeweils nicht veröffentlicht: Erlaubnis nach § 3 GüKG).

(bb) Die Klägerin nahm des Weiteren arbeitgebertypische Weisungsrechte gegenüber dem Beigeladenen zu 1 in Anspruch. So gab sie ihm vor, sicherzustellen, dass der ihm überlassene Lkw am Ende der Fahrt betankt wurde, und ein Fahrtenbuch der Klägerin zu führen. In dieses hatte er Anfangs- und Endkilometerstand, Anfangs- und Endort der jeweiligen Tour sowie den Anfangs- und Endzeitpunkt seiner Arbeitszeit einzutragen. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist dies mit einem Leistungsnachweis eines Selbstständigen nicht zu vergleichen. Denn aufgrund des vereinbarten Pauschalpreises pro Fahrt benötigte der Beigeladene zu 1 die aufzuzeichnenden Informationen gerade nicht zum Nachweis seiner Leistung und Kostenforderung gegenüber der Klägerin. Vielmehr diente das Fahrtenbuch allein der Klägerin zum Nachweis gegenüber deren Endkunden sowie zur Dokumentation der Gesamtfahrleistung ihrer jeweiligen Fahrzeuge. Neben der Weisungsgebundenheit zeigt sich auch hierin eine Eingliederung in den von der Klägerin vorgegebenen Betriebsablauf.

(cc) Die Klägerin hat auch nicht, insbesondere nicht substantiiert, dargelegt, dass sich die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 von der vergleichbaren Arbeitnehmertätigkeit ihrer festangestellten Mitarbeiter wesentlich unterschied, was als Indiz für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden kann (Senatsurteil vom 10. Juni 2016 – L 4 R 903/15 – juris, Rn. 35 m.w.N.). Aus der Aktenlage ergibt sich solches ebenfalls nicht. Dass der Beigeladene zu 1 Schulungskosten (Lenk- und Ruhezeiten, Gefahrguttransport) selbst getragen hat, stellt keinen wesentlichen Unterschied in diesem Sinne dar. Die Klägerin hat bereits nicht behauptet und substantiiert dargelegt, dass sie für ihre festangestellten Fahrer Schulungen dieser Art selbst organisiert. Vor allem aber beschränkt sich die Eingliederung in Fällen wie dem vorliegenden, insbesondere bei Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen, auf die Zeit der tatsächlichen Tätigkeit, so dass generell bestehende und einsatzunabhängige Pflichten (Teilnahme an Besprechungen, Teammeetings, Schulungen) nicht erwartet werden können (Senatsurteil vom 22. Juli 2022 – L 4 BA 1820/19 – nicht veröffentlicht).

(dd) Der Beigeladene zu 1 trug im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Klägerin kein nennenswertes, das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägendes Unternehmerrisiko, was im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist (BSG, Beschluss vom 16. Oktober 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris, Rn. 10; ständige Rechtsprechung des Senats, z.B. Urteil vom 8. Juli 2016 – L 4 R 4979/15 – juris, Rn. 46). Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbstständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft gegebenenfalls nicht verwerten zu können, folgt kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 16/13 R – juris, Rn. 36). Vorliegend trug der Beigeladene zu 1 kein relevantes Verlustrisiko. Der jeweilige Lkw als das für die Tätigkeit maßgebliche Betriebsmittel sowie die Möglichkeit, die Tätigkeit im Rahmen der ordnungsrechtlichen Genehmigung auszuführen, wurden ihm von der Klägerin unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Laufende Unterhalts- und Versicherungskosten hierfür trug er ebenso wenig wie Kraftstoffkosten. Den Lkw-Führerschein hatte er bereits für seinen landwirtschaftlichen Betrieb erworben. Die Kosten hierfür stellten also keine Investition für seine Tätigkeit als Fahrer dar. Den angeführten Schulungskosten (Lenk- und Ruhezeiten sowie Gefahrguttransport) kommt mit Gesamtkosten in Höhe von 519,68  € jedenfalls kein signifikanter Wert zu. Ein relevantes Wagniskapital liegt hierin nicht. Das von der Klägerin angeführte Haftungsrisiko – für vom Beigeladenen zu 1 selbst verursachte Schäden an Ware oder Fahrzeug – beinhaltet nicht das typische unternehmerische Risiko, Betriebsmittel vorzuhalten, also deren Anschaffungs- und laufende Kosten auf die Gefahr hin zu tragen, dass diese nicht eingesetzt werden (BSG, Urteil vom 18. November 1980 – 12 RK 76/79 – juris, Rn. 22). Auch seine Arbeitskraft setzte der Beigeladene zu 1 nicht mit der Gefahr des Verlustes ein. Denn er erhielt, wie oben festgestellt, eine rein arbeitsbezogene, feste Vergütung für tatsächlich geleistete Fahrten. Das Risiko, mangels Auftragserteilung durch die Klägerin nicht wie gewünscht arbeiten zu können, stellt kein Unternehmerrisiko dar, sondern eines, das auch jeden Arbeitnehmer trifft, der nur Zeitverträge bekommt oder auf Abruf arbeitet und nach Stunden bezahlt wird oder unständig Beschäftigter ist (Senatsurteil vom 16. Juli 2021 – L 4 BA 75/20 – juris, Rn. 81 m.w.N.). Für den Beigeladenen zu 1 bestanden auch keine signifikanten unternehmerischen Freiheiten und Chancen. So war er nicht in der Lage, seine Fahrertätigkeit im gewerblichen Güterverkehr beliebig auszudehnen, um seine Verdienstmöglichkeiten zu steigern. Mangels Erlaubnis nach § 3 GüKG durfte er außerhalb der Tätigkeit für einen Erlaubnisinhaber – wie der Klägerin – nicht selbstständig tätig werden. Die Tätigkeiten für die Klägerin konnte er ebenfalls nicht beliebig ausdehnen, indem er mehr Aufträge annahm. Denn die Klägerin setzte ihn lediglich als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung ihrer festangestellten Mitarbeiter ein. Die Vergütung der jeweiligen Fahrt mit einem Pauschalbetrag eröffnete ebenfalls keine relevanten unternehmerischen Freiheiten und Chancen. Zwar konnte der Beigeladene zu 1 seinen „Stundenlohn“ erhöhen, indem er die Fahrt zügig und effizient durchführte. Dem wurden jedoch bereits durch ordnungsrechtlich vorgegebene Lenk- und Ruhezeiten Grenzen gesetzt. Des Weiteren hat der Beigeladene zu 1 selbst dargelegt, dass die Tätigkeit für die Klägerin bei ihm ohnehin einen gesamten Arbeitstag in Anspruch nahm. Er war damit nicht in der Lage, seine Arbeitskraft in der „eingesparten“ Zeit anderweitig gewinnerwirtschaftend einzusetzen.

(b) Für eine selbstständige Tätigkeit spricht das Fehlen arbeitnehmertypsicher Ansprüche auf Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 2004 ‑ B 12 KR 26/02 R – juris, Rn. 25 f.). Solche Vertragsgestaltungen sind allerdings auch konsequent, wenn beide Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollen (etwa Beschluss des Senats vom 20. August 2015 – L 4 R 861/13 – juris, Rn. 67 m.w.N.). Entsprechendes gilt für das dargestellte Haftungsrisiko. Werkvertragsunternehmer sind bereits bei leichter Fahrlässigkeit zum Ersatz des aus Mängeln resultierenden Schadens verpflichtet. Demgegenüber haften Arbeitnehmer für Sach- und Vermögensschäden bei leichter Fahrlässigkeit überhaupt nicht, bei mittlerer Fahrlässigkeit anteilig und nur bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz auf den vollen Schaden (Segebrecht, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., Stand September 2021, § 7 Abs. 1 Rn. 102). Allerdings spricht die bloße Belastung mit Risiken, wenn die Verwertung der Arbeitskraft im Vordergrund steht, nur dann für Selbstständigkeit, wenn ihr auch eine größere Freiheit bei der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft gegenübersteht (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R – juris, Rn. 27; Segebrecht, a.a.O., Rn. 102 m.w.N.). Dies war beim Beigeladenen zu 1, wie oben dargestellt, nicht der Fall. Auch die Ausweisung der Umsatzsteuer in den erstellten Rechnungen ist lediglich Ausdruck dessen subjektiver Vorstellung, ein selbstständiges Gewerbe zu betreiben. Für die Frage, ob hier tatsächlich insoweit eine selbstständige Tätigkeit oder ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand, kann dies daher nur nachrangige Bedeutung haben. Gleiches gilt für die Anmeldung eines Gewerbes, zumal eine Überprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt hinsichtlich des Vorliegens einer Beschäftigung nicht stattfindet.

Dass der Beigeladene zu 1 während des streitbefangenen Zeitraum für zahlreiche andere Auftraggeber tätig wurde, ist als Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu werten. Insbesondere gilt dies für die Tätigkeit für andere Transportunternehmen. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die parallele Beschäftigung eines Arbeitnehmers bei einem Konkurrenzunternehmen in der Regel ausgeschlossen sein wird. Dass dies beim Beigeladenen zu 1 nach der tatsächlichen Übung nicht ausgeschlossen war, zeigt allerdings nur die Auffassung der am Vertragsverhältnis beteiligten Parteien, eine selbstständige Tätigkeit vereinbart zu haben.

Weiteres Indiz für eine selbständige Tätigkeit ist die im Vergleich zur Entlohnung der festangestellten Mitarbeiter vom Beigeladenen zu 1 – den Vortrag der Klägerin zugrunde gelegt – abgerechnete höhere Vergütung. Nach deren Angaben wären für einen angestellten Fahrer allenfalls 30-50 % der entsprechenden Kosten angefallen.

(c) In der Gesamtabwägung können die für eine Selbstständigkeit sprechenden Aspekte aber den aufgrund der in wesentlichen Punkten bestehenden Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin sowie der in den aufgezeigten Bereichen bestehenden Weisungsabhängigkeit bestehenden überwiegenden Eindruck einer abhängigen Beschäftigung nicht durchgreifend erschüttern.

Die Möglichkeit, angebotene Aufträge ablehnen zu können, fällt nicht ins Gewicht, da, wie dargelegt, auf die Umstände nach Annahme eines Auftrags abzustellen ist. Diese sind aber maßgeblich durch die aufgezeigte weitreichende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin geprägt. Soweit dies in einzelnen Bereichen – insbesondere Schulungen – nicht gegolten haben könnte, fällt dies bei der Abwägung nicht maßgeblich ins Gewicht. Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Beigeladene zu 1 jeweils lediglich zur Urlaubs- und Krankheitsvertretung tätig wurde. Die vollständige Einbeziehung wie die Teilnahme an Dienstbesprechungen oder Fortbildungen sind unabhängig von der Frage einer abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit im Hinblick darauf, wie oben ausgeführt, nicht zu erwarten. Ob der Beigeladene zu 1 tatsächlich nicht verpflichtet war, die Leistung persönlich zu erbringen, kann offenbleiben. Denn tatsächlich hat dieser jede der übernommenen Fahrten persönlich durchgeführt. Die tatsächliche Durchführung war mithin nicht von der behaupteten Möglichkeit, Dritte einzusetzen, geprägt. Gleiches gilt für die möglicherweise notwendige Stellung einer Ersatzkraft. Denn der Beigeladene zu 1 hat – von der Klägerin unwidersprochen – vorgetragen, dass ein solcher Vertretungsfall nie aufgetreten ist. Vielmehr hatte er Aufträge nur angenommen, wenn er terminlich in der Lage war, diese tatsächlich durchzuführen. Damit hat er die persönliche Leistungserbringung sichergestellt. 

Auch der Höhe der vereinbarten Vergütung kommt im Ergebnis keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Denn auch eine abhängig beschäftigte Aushilfe könnte bei akuter Personalnot und dadurch bestehender starker Verhandlungsposition bei der Klägerin eine höhere Vergütung durchsetzen als festangestellte Kräfte. Insoweit spiegelt die Vergütungshöhe zuvorderst die jeweilige Marktstellung der Vertragsparteien wider. Eine weitere Einschränkung der indiziellen Bedeutung der Vergütungshöhe ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherung auch dem Schutz der Interessen der Mitglieder von in Pflichtversicherungssystemen zusammengeschlossenen Solidargemeinschaften verpflichtet ist. Den Beteiligten steht keine Dispositionsfreiheit in dem Sinne zu, dass sich der Auftraggeber durch die Vereinbarung eines Zuschlages zu einer üblichen Vergütung eines vergleichbaren abhängig Beschäftigten von der Sozialversicherungspflicht „freikaufen“ kann (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 35).

Etwas Anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Beigeladene zu 1 für mehrere Auftraggeber tätig war. Eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber erhält erst in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 33 m.w.N.). Diese Indizien gewinnen Bedeutung, da auch Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit haben, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Solche anderweitigen Tätigkeiten können aber ein Indiz für eine ganz erhebliche Dispositionsfreiheit in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit sein. Denn sie schränken die zeitliche Verfügbarkeit des Auftragnehmers erheblich ein (BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 KR 11/17 R – juris, Rn. 23). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - die Dispositionsfreiheit des Auftragnehmers schon insoweit berücksichtigt wird, als für die Beurteilung auf den jeweiligen Einzelauftrag abgestellt wird (BSG, Urteil vom 7. Juni 2019 – B 12 R 6/18 R – juris, Rn. 33). Auch unter Berücksichtigung der vom Beigeladenen zu 1 angegebenen Tätigkeit für andere Auftraggeber kommt der zeitlich aufeinanderfolgenden Tätigkeit für mehrere Auftraggeber hier kein solches Gewicht zu, das die Bewertung der konkreten Tätigkeit anhand der obigen Indizien als abhängige Beschäftigung in Frage stellten könnte.

c) Bei der Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge hat die Beklagte zu Recht als Bemessungsgrundlage die dem Beigeladenen zu 1 gezahlte Vergütung auf ein Bruttoarbeitsentgelt hochgerechnet.

Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden sind. Dann gelten nach Satz 1 als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung.

Unter illegalen Beschäftigungen im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV sind alle Formen bewusster Zuwiderhandlungen des Arbeitgebers zu verstehen, bei denen der Verpflichtung nicht nachgekommen wird, Meldungen zu erstatten (§§ 28a Abs. 1, § 111 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) und Beiträge für die Beschäftigten zu zahlen (§ 28e Abs. 1 SGB IV, § 266a Strafgesetzbuch). Das subjektive Element dient dabei der Ausklammerung von schlichten Berechnungsfehlern, versicherungsrechtlichen und beitragsrechtlichen Fehlbeurteilungen, die ebenfalls zu fehlenden Meldungen und Beitragszahlungen führen können, von der illegalen Beschäftigung jedoch unterschieden werden müssen (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 20 ff.; Werner, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., Stand August 2021, § 14 Rn. 326).

aa) Das objektive Tatbestandsmerkmal ist vorliegend erfüllt. Erfasst wird jedenfalls der Fall einer Nichtzahlung von Lohnsteuer und Beiträgen unter Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung hierzu und die vorausgehenden Melde-, Aufzeichnungs- und Nachweispflichten, weil er als Verletzung der zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten des Sozialversicherungsrechts (und des Lohnsteuerrechts) zu qualifizieren ist. Dass sich die Nichtzahlung von Lohnsteuer und Beiträgen zur Sozialversicherung sowie zur Arbeitsförderung lediglich als „Folgefehler einer Fehlbeurteilung“ des Versicherungsstatus darstellt, ist dafür ohne Belang (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 14). Die Klägerin hat vorliegend den Beigeladenen zu 1 weder als versicherungspflichtigen Beschäftigten bei der Einzugsstelle gemeldet noch Gesamtsozialversicherungsbeiträge für diesen abgeführt, obwohl – wie gezeigt – eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorlag.

bb) Die Klägerin erfüllte auch das subjektive Tatbestandsmerkmal einer „bewussten“ Zuwiderhandlung.

(1) In Ermangelung anderer Maßstäbe zur Bestimmung der Anforderungen an die subjektive Vorwerfbarkeit ist an die für die Verjährung vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge geltende Regelung des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (Verlängerung der Verjährungsfrist von vier auf dreißig Jahre) anzuknüpfen. § 14 Abs. 2 SGB IV bildet zusammen mit § 24 Abs. 2 (Säumniszuschläge) und § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV einen einheitlichen Regelungskomplex mit der Folge eines einheitlichen Haftungsmaßstabs. Danach ist für den Eintritt dieser qualifizierten Folgen (mindestens bedingter) Vorsatz erforderlich (BSG, Urteile vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 28 und vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris, Rn. 16, 24 m.w.N.). Dabei genügt es, wenn der Vorsatz zur Vorenthaltung der Beiträge bei Fälligkeit der Beiträge noch nicht vorlag, er aber noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist eingetreten ist (BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – juris, Rn. 20). Mit bedingtem Vorsatz sind Beiträge vorenthalten, wenn der Arbeitgeber seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, a.a.O., Rn. 23). Wenn auch berechtigte Zweifel für die Kenntnis von der Zahlungspflicht nicht ausreichen, kann es aber im Rahmen bedingten Vorsatzes vorwerfbar sein, wenn ein Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit darauf verzichtet, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle herbeizuführen. Allerdings darf nicht das gesamte Risiko der Einordnung komplexer sozialversicherungsrechtlicher Wertungsfragen den Arbeitgebern überantwortet werden, so dass sich Schematisierungen verbieten. Es bedarf deshalb der individuellen Überprüfung des bedingten Vorsatzes unter sorgfältiger Beweiswürdigung im Einzelfall (BSG, Urteile vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R – juris, Rn. 33 und vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris, 24 m.w.N.).

(2) Maßgeblich ist bei der hier vorliegenden Gesellschaft Bürgerlichen Rechts auf einen zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter (§§ 709, 710 Bürgerliches Gesetzbuch) abzustellen. Dieser hat im Erörterungstermin vor dem SG auch persönlich Stellung genommen. Aufgrund der dortigen Angaben und unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass bei diesem hinsichtlich der (Nicht-)Abführung der Beiträge für die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1 jedenfalls ab Erlass des Bescheides vom 3. Februar 2015 zumindest bedingter Vorsatz vorlag. Zu diesem Zeitpunkt war für die hier streitbefangenen Beiträge für die Zeit ab dem 29. April 2013 die allgemeine, vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV noch nicht abgelaufen.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2015 hatte die Beklagte – und damit eine fachkundige Stelle (vgl. § 28p Abs. 1 SGB IV) – in dem für die Frage der versicherungspflichtigen Beschäftigung identischen Fall des G1 eine Beitragspflicht aufgrund abhängiger Beschäftigung festgestellt. Angesichts der Größe des Unternehmens mit ca. 15 Beschäftigten kann davon ausgegangen werden, dass dem geschäftsführenden Gesellschafter der jeweilige Sachverhalt vertraut war. Dass dies auch tatsächlich der Fall war, ergibt sich unmittelbar aus dessen Einlassungen im Erörterungstermin vor dem SG. Den Feststellungen im Bescheid vom 3. Februar 2015 ist zu entnehmen, dass auch G1 – wie vorliegend der Beigeladene zu 1 – weder über eine Erlaubnis nach § 3 GüKG noch einen eigenen Lkw verfügte, sondern Fahrzeuge der Klägerin verwendete. Die Vergütung erfolgte nach festen Tagessätzen mit 160,00 € täglich. Auch G1 wurde nur in Vertretungssituationen beauftragt, konnte Aufträge ablehnen und wurde auch für andere Auftraggeber tätig. Diese Umstände hat der geschäftsführende Geschäftsführer im Erörterungstermin vor dem SG bestätigt und weiter mitgeteilt, dass auch G1 Rechnungen mit ausgewiesener die Umsatzsteuer gestellt habe. Die Behauptung im Widerspruch, G1 sei anders als der Beigeladene zu 1 tatsächlich in ihren Betrieb eingegliedert gewesen, hat er im Erörterungstermin vor dem SG nicht wiederholt und insbesondere nicht substantiiert erhärtet. Vielmehr hat er als einzigen Unterschied angeführt, dass G1 nur Fahrertätigkeiten angeboten, nicht wie der Beigeladene zu 1 noch ein landwirtschaftliches Unternehmen geführt habe. Da die Fahrertätigkeit für die Klägerin aber in keinem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Unternehmen des Beigeladenen zu 1 stand, ist dies nicht geeignet, berechtigte Zweifel an der Beitragspflicht der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 zu wecken. Vielmehr zeigt der vom geschäftsführenden Gesellschafter angestellte Vergleich der beiden Beschäftigungsverhältnisse, dass er die Möglichkeit einer Beitragspflicht der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1 für möglich hielt und wegen des Verzichts auf die in dieser konkreten Situation sich aufdrängenden Klärung durch eine fachkundige Stelle auch die Nichtabführung geschuldeter Beiträge billigend in Kauf nahm. Nicht maßgeblich ist, dass die Klägerin den Bescheid vom 3. Februar 2015 mit Widerspruch und Klage angefochten hatte. Auch wenn darin zum Ausdruck kommt, dass die Klägerin (bzw. deren geschäftsführender Gesellschafter) von der Beitragspflicht der Beschäftigung des G1 nicht völlig überzeugt war, steht dies einem – ausreichenden – bedingten Vorsatz nicht entgegen. Denn unabhängig von der Anfechtung lag eine Bewertung einer fachkundigen Stelle vor. Diese gab zumindest Anlass, gegebenenfalls bestehende Zweifel oder Unklarheiten auch in entsprechenden Vertragsverhältnissen durch eine fachkundige Stelle entscheiden zu lassen. Dies hat die Klägerin nicht getan. Im Übrigen hat die Klägerin selbst angegeben, im Falle des G1 sei erst im (damaligen) Termin vor dem SG am 15. Februar 2017 klargemacht worden, dass keine Selbstständigkeit vorliege, woraufhin sie die Klage zurücknahm. Auch zu diesem Zeitpunkt waren die streitbefangenen Beiträge noch nicht verjährt.

cc) Die „Hochrechnung“ der gezahlten Vergütung auf ein Bruttoentgelt hat die Beklagte zutreffend umgesetzt. Wegen der konkreten Berechnung nimmt der Senat auf die Darstellung in den Anlagen des Teilabhilfebescheides vom 13. Mai 2019 Bezug (Bl. II, 94 der Verwaltungsakte). Ergänzend ist lediglich darauf hinzuweisen, dass der Beigeladene zu 1 entgegen der von der Klägerin geäußerten Zweifel der Kirchensteuerpflicht unterlag. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden des Beigeladenen zu 1 über den streitbefangenen Zeitraum.

d) Der Beigeladene zu 1 war in seiner Tätigkeit für die Klägerin nicht versicherungsfrei.

Eine geringfügige Beschäftigung, die nach § 5 Abs. 2 SGB VI und § 27 Abs. 2 SGB III zur Versicherungsfreiheit des Beschäftigten führen kann, lag beim Beigeladenen zu 1 in der für die Klägerin ausgeübten Tätigkeit nicht vor. Nach § 8 Abs. 1 SGB IV (in der hier noch anzuwendenden, vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2018 geltenden Fassung durch Art. 1 Nr. 2 Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 5. Dezember 2012, BGBl. I, S. 2474), liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn (1.) das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450,00 € nicht übersteigt, (2.) die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt. Maßgeblich ist im Bereich der Ziff. 1 insoweit zunächst eine prognostische Betrachtung (Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl., Stand August 2021, § 8 Rn. 47). Schon aufgrund der Heranziehung des Beigeladenen zu 1 als Urlaubs- und Krankheitsvertretung konnte bei prognostischer Betrachtung nicht erwartet werden, dass dessen Arbeitsentgelt regelmäßig 450,00 € monatlich nicht überschreiten werde. Bei Berücksichtigung des nach den oben (unter c) dargestellten Maßstäben errechneten Arbeitsentgelts überschritt dieses in der Regel die Grenze von 450,00 € monatlich. Insoweit nimmt der Senat auf die Darstellung in den Anlagen des Teilabhilfebescheides vom 13. Mai 2019 Bezug (Bl. II, 94 der Verwaltungsakte). Eine zeitliche Beschränkung i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ergab sich angesichts der zeitlichen Offenheit der wiederholten Inanspruchnahme als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung weder aus einer vertraglichen Absprache noch aus der Natur der Sache. Die Klägerin hat auch selbst keine Geringfügigkeit der Tätigkeit behauptet.

Eine nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungsfreie unständige Beschäftigung lag schon deshalb nicht vor, weil die Tätigkeit für die Klägerin nicht auf weniger als eine Woche der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegte oder im Voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt war (§ 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III). Die Klägerin hat Abweichendes nicht behauptet und insbesondere nicht substantiiert vorgetragen. Eine Unständigkeit in diesem Sinne ergibt sich auch weder aus den vorliegenden Rechnungen noch allein aus der Heranziehung als Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, da beide Tatbestände jeweils über eine Woche hinaus möglich sind.

e) Die Höhe der nachgeforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge einschließlich der Umlagen wurde von der Beklagten aufgrund der dargestellten Bemessungsgrundlage zutreffend errechnet. Die Klägerin hat Anderes auch nicht behauptet und erst recht nicht substantiiert vorgetragen, dass und welche an den Beigeladenen zu 1 gezahlten Entgelte zu Unrecht berücksichtigt worden wären. Wegen der Berechnung nimmt der Senat auf die Darstellung in den Anlagen des Teilabhilfebescheides vom 13. Mai 2019 Bezug (Bl. II, 89/90 der Verwaltungsakte).

d) Die Beklagte hat zu Recht Säumniszuschläge ab April 2015 (bis einschließlich September 2017) in Höhe von 2.471,00 € auf die Nachforderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Beigeladenen zu 1 geltend gemacht.

Wird eine Beitragsforderung – wie hier im Rahmen der Betriebsprüfung – durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte. Aufgrund des einheitlichen Haftungsmaßstabs der §§ 14 Abs. 2, 24 Abs. 2 und 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist auch insoweit bedingter Vorsatz erforderlich, aber auch ausreichend (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2018 – B 12 R 15/18 R – juris, Rn. 16). Dass die Klägerin vorliegend jedenfalls in der Zeit nach Erlass des Bescheides vom 3. Februar 2015 ihre Pflicht zur Beitragsabführung zumindest bedingt vorsätzlich verletzt hat, ergibt sich aus den obigen Ausführungen zum subjektiven Tatbestand des § 14 Abs. 2 SGB IV. Hierauf wird verwiesen.

Die Säumniszuschläge wurden zutreffend berechnet. Nach § 24 Abs. 1 SGB IV (in der hier noch anzuwendenden, bis 31. Dezember 2022 geltenden Fassung) ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50,00 € nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 100,00 € ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert schriftlich anzufordern wäre. Diese Regelung hat die Beklagte zutreffend umgesetzt, was auch die Klägerin nicht in Abrede stellt. Entgegen deren Auffassung unterliegt die Erhebung von Säumniszuschlägen – auch in der Höhe – trotz des niedrigen Marktzinsniveaus keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, verstoßen sie nicht gegen das Übermaßverbot. Säumniszuschläge dienen im Sozialversicherungsrecht der Sanktion für die verspätete Beitragszahlung des Arbeitgebers und zugleich der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und finanziellen Stabilität der Sozialversicherung, indem sie den Schuldner einerseits unter Druck setzen, seiner Zahlungspflicht zum Fälligkeitszeitpunkt nachzukommen, andererseits aber auch einen standardisierten Mindestschadensausgleich für den eingetretenen Zinsverlust und Verwaltungsaufwand der Sozialversicherungsträger unter gleichzeitiger Vermeidung von Zinsvorteilen der säumigen Beitragsschuldner bewirken. Bei dieser „Doppelfunktion“ (Druckmittel und Schadensausgleich) handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang und ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Dabei stehen jedenfalls die am Markt zu erzielenden Zinsen nicht im Vordergrund. Zudem sieht das Gesetz mit der Kleinstbetragsregelung nach § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, der Berücksichtigung unverschuldeter Unkenntnis von der Zahlungspflicht nach § 24 Abs. 2 SGB IV sowie mit den Regelungen zur Stundung, Niederschlagung und zum Erlass nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV umfassende Regelungen zur Vermeidung einer möglichen Härte oder Unverhältnismäßigkeit im Einzelfall vor (zum Ganzen BSG, Urteil vom 7. Juli 2020 – B 12 R 28/18 R –, juris, Rn. 19).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt; es entspricht daher der Billigkeit, ihre Kosten nicht der Klägerin aufzulegen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 11.227,48 € festgesetzt. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 GKG.


 

Rechtskraft
Aus
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