L 1 AS 1203/22 B ER PKH
Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2022 wird geändert.
Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt MK, Fstr. , B. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat den Antragstellern die Hälfte der ihnen in beiden Instanzen entstandenen Kosten zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 in der Sache hat sich durch dessen entsprechende Erklärung im Schriftsatz vom 3. Januar 2023 erledigt.
Die verbleibende zulässige Sachbeschwerde der Antragstellerin zu 1 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 20. Dezember 2022 hat keinen Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung, den Antragsgegner zu verpflichten, ihr für den Zeitraum 7. November 2022 bis 28. Februar 2023 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) vorläufig zu bewilligen und auszubezahlen, liegen nicht vor.
Nach § 86b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass ein Recht des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (sog. Regelungsanordnung). Voraussetzung sind das Bestehen eines Anordnungsanspruches und das Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Der Anordnungsanspruch bezieht sich dabei auf den geltend gemachten materiellen Anspruch, für den vorläufiger Rechtschutz begehrt wird. Die erforderliche Dringlichkeit betrifft den Anordnungsgrund. Die Tatsachen, die den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch begründen sollen, sind darzulegen und glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).
Hier fehlt es an einem Anordnungsgrund. Die Notwendigkeit einer dringlichen Entscheidung ist nicht glaubhaft gemacht.
Für die Vergangenheit sind Leistungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht zuzusprechen.
Für eine Ausnahme ist hier nichts vorgetragen oder ersichtlich.
Aus dem Umstand, dass offenbar aktuell gar kein Kontakt mehr zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin und dieser selbst besteht - auf die explizite Nachfrage des Senats ist keine positive Antwort erfolgt -, kann gefolgert werden, dass generell eine aktuelle Dringlichkeit nicht besteht. Die Klärung etwaiger Ansprüche der Antragstellerin kann vielmehr dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Für das erstinstanzliche Verfahren war allerdings die Gewährung von Prozesskostenhilfe auszusprechen, da die Voraussetzungen hierfür nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung erfüllt waren.
Nach den genannten Vorschriften ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll zwar nicht dazu führen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Prozesskostenhilfe darf deswegen nur verweigert werden, wenn die Klage völlig aussichtslos ist oder ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine Entfernte ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2005 - 1 BvR 175/05 - NJW 2005, 3849 mit Bezug u. a. auf BVerfGE 81, 347, 357f).
Hier waren die Erfolgschancen während des erstinstanzlichen Verfahrens nicht nur entfernt. Der Antragsgegner geht mittlerweile selbst von einem Anspruch des Antragstellers zu 2 auf Leistungen nach dem SGB II aus. Im Übrigen wird auf das Senatsschreiben vom 18. Januar 2023 verwiesen.
Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG und berücksichtigt die teilweise Klaglosstellung durch den Antragsgegner.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.