L 6 U 67/20

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 5 U 230/19
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 6 U 67/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Bei Überweisung eines Unternehmens hat die nach § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zuständig gewordene aufnehmende Berufsgenossenschaft die zum Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels noch nicht abgeschlossenen Verfahren zu Ende zu führen und die sich hieraus ergebenden Leistungen für Zeiträume vor dem formalen Zuständigkeitswechsel zu erbringen.

 

2. Bei der Berechnung der Verletztenrente ist auf das zum Zeitpunkt des Leistungsfalls geltende Satzungsrecht abzustellen. Liegt der Leistungsfall vor dem Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels nach § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, ist das Satzungsrecht der abgebenden Berufsgenossenschaft einschließlich des dort bestimmten Höchst-JAV zugrunde zu legen.

 

3. Mit einer wirksamen Überweisung eines Unternehmens an eine andere Berufsgenossenschaft gehen die Entschädigungslasten über; das zukünftige Versicherungsverhältnis richtet sich jedoch nach dem Recht der übernehmenden Berufsgenossenschaft. Dies hat wiederum zur Folge, daß zukünftige Rentenanpassungen unter Wahrung des Besitzstandes nur noch unter Berücksichtigung des Satzungsrechts der neuen Berufsgenossenschaft zu erfolgen haben (BSG,  Urteil vom 29.11.1990 – 2 RU 15/90).

Bemerkung

Zur Frage, welches Satzungsrecht bei Überweisung eines Unternehmens anzuwenden ist, wenn der Leistungsfall vor der Wirksamkeit der Überweisung liegt, das Verwaltungsverfahren aber erst nach der Überweisung abgeschlossen wird

  1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 16. März 2020 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung der Bescheide vom 28. März 2019 und 25. Juli 2019 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2019 und unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01. Juli 2020 und 01. Juli 2021 verurteilt, dem Kläger ab 09. Juli 2018 eine höhere Verletztenrente unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 84.000,00 EUR zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
  2. Die Beklagte hat dem Kläger in beiden Instanzen 90 % seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
  3. Die Revision wird zugelassen.

 

 

 

Tatbestand

 

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Verletztenrente des Klägers und hier darüber, welcher Jahresarbeitsverdienst (JAV) der Berechnung der Rente zugrunde zu legen ist.

 

Der im Jahre 1963 geborene Kläger war bei der Z....  GmbH (Arbeitgeberin) als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. In dem Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2016 erzielte er ein Arbeitsentgelt i. H. von 96.063,81 €, darunter einen Betrag i. H. von 3.298,35 € als Weihnachtszuwendung, einen Betrag i. H. von 4.374,10 € als Urlaubsgeld und einen Betrag i. H. von 12.000,00 € als Erfolgsbeteiligung.

 

Im Rahmen einer Kundenreise nach Österreich, die auch Produktvorstellungen/-schulungen umfasste, blieb der Kläger am 12.01.2017 im Einstiegsbereich eines Skilifts mit dem linken Ski in einem Schneehaufen hängen und stürzte auf die linke Schulter. Am 13.01.2017 erfolgte wegen einer Fraktur des proximalen Endes des Humerus eine offene Reposition mit Osteosynthese. In der Folge musste sich der Kläger in Deutschland vier weiteren Operationen, zwei stationären Rehabilitationsmaßnahmen und umfangreichen physiotherapeutischen Maßnahmen unterziehen. Der Kläger war aufgrund dessen bis zum 08.07.2018 arbeitsunfähig und nahm am 09.07.2018 seine Arbeit wieder auf.

 

Die zum Zeitpunkt des Unfalls für das Unternehmen der Arbeitgeberin zuständige – durch Beschluss des Senats vom 15.11.2022 – beigeladene Berufsgenossenschaft Holz und Metall leitete das Feststellungsverfahren ein, zog medizinische Unterlagen ein und veranlasste ein 1. Rentengutachten auf unfallchirurgischem Fachgebiet bei Dr. Y.... . Dieser schätzte in seinem am 06.08.2018 erstellten Gutachten vom 24.08.2018 die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf unfallchirurgischem Fachgebiet auf 20 v. H. In einem Gutachten vom 30.11.2018 diagnostizierte Prof. Dr. X....  auf neurologischem Fachgebiet eine Teilschädigung des Musculus deltoideus mit sensiblen Ausfällen, welche er mit einer MdE von 10 v. H. bewertete, woraufhin Dr. Y....  in Ergänzung zum 1. Rentengutachten am 29.01.2019 eine Gesamt-MdE von 25 v. H. vorschlug.

 

Mit Überweisungsbescheid vom 10.09.2018 teilte die Beigeladene der Arbeitgeberin mit, dass sich die Zuständigkeit für ihr Unternehmen geändert habe und dass mit Wirkung vom 01.01.2019 die Beklagte der für ihr Unternehmen zuständige Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sei. Grund der Überweisung war eine Schwerpunktverlagerung der Betriebstätigkeit der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin legte keinen Widerspruch gegen den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 10.09.2018 ein. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 05.09.2018 und 10.01.2019 ihr Einvernehmen mit der Überweisung. Mit Schreiben der Beigeladenen vom 08.01.2019 und Schreiben der Beklagten vom 20.03.2019 wurde der Kläger über die geänderte Zuständigkeit informiert.

 

Der satzungsmäßige Höchst-JAV der Beigeladenen betrug vom 01.01.2012 bis zum 31.12.2018 84.000,00 € und beträgt ab dem 01.01.2019 90.000,00 €. Der satzungsmäßige Höchst-JAV der Beklagten betrug bis zum 31.12.2017 72.000,00 €, ab dem 01.01.2018 73.080,00 € und ab dem 01.01.2019 bis gegenwärtig 84.000,00 €.

 

Mit Bescheid vom 28.03.2019 gewährte die Beklagte dem Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 12.01.2017 eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 25 v. H. beginnend ab dem 09.07.2018. Bei der Berechnung der Rente setzte sie den JAV mit dem Höchst-JAV i. H. von 72.000,00 € fest und passte diesen unter Beachtung des ab dem 01.01.2018 in ihrer Satzung geregelten Höchst-JAV auf 73.080,00 € und zum 01.07.2019 auf 75.937,43 € an.

 

Mit E-Mail vom 18.04.2019, deren unterschriebenen Ausdruck er unter dem 14.05.2019 übersandte, legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 28.03.2019 ein. Die Rente sei unter Berücksichtigung einer höheren MdE und des in der Satzung der Beigeladenen geregelten Höchst-JAV i. H. von 84.000,00 € zu berechnen, da der Rentenbeginn vor dem Überweisungstermin liege.

 

In dem 2. Rentengutachten vom 24.06.2019 schätzte Dr. Heineck im Juni 2019 unter Berücksichtigung eines weiteren nervenärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. X....  vom 15.05.2019 die Gesamt-MdE auf 30 v. H. Mit Bescheid vom 25.07.2019 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 01.07.2019 eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v. H. i. H. von 1.265,62 €, wobei sie unter Berücksichtigung von Anpassungen einen JAV von 75.937,43 € zugrunde legte.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2019 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die MdE habe erst ab dem 01.07.2019 auf 30 v. H. erhöht werden können, da zum Zeitpunkt der ersten Begutachtung durch Dr. Y....  noch eine bessere Schulterbeweglichkeit vorgelegen habe. Maßgeblich sei der Höchst-JAV des zum Zeitpunkt der endgültigen Leistungsfeststellung zuständigen Unfallversicherungsträgers. Dies gelte auch bei Unternehmensüberweisungen. Eine frühere endgültige Leistungsfeststellung sei nicht möglich gewesen, weil die Stellungnahme zur Gesamt-MdE erst am 29.01.2019 vorgelegen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei bereits die Beklagte zuständig gewesen.

 

Der Kläger hat am 15.10.2019 zum Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben und die Auszahlung der Unfallrente nach einem höheren JAV begehrt. Nach den §§ 81 ff. Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sei nicht auf den JAV zum Zeitpunkt der endgültigen Leistungsfeststellung abzustellen. Diesen könne die Beklagte nach Belieben verzögern. Maßgeblich sei vielmehr der Zeitpunkt des Versicherungsfalls und damit der Höchst-JAV der Beigeladenen i. H. von 84.000,00 €. Die Beklagte hat erwidert, dass bei Überweisungen zwar auch eine bestehende Entschädigungslast übergehe und das Versicherungsverhältnis sich nach der Rechtsposition, die der Versicherte bei der abgebenden Berufsgenossenschaft (BG) gehabt habe, richte. Dies gelte aber nur für bindend oder rechtskräftig festgestellte Leistungen der überweisenden BG. Zum Überweisungszeitpunkt noch nicht verbindlich festgestellte Leistungen seien von der übernehmenden BG im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Bestimmungen festzustellen.

 

Mit Gerichtsbescheid vom 16.03.2020 hat das SG nach entsprechender Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung der Verletztenrente unter Zugrundelegung eines höheren JAV. Der Versicherte sei kraft Gesetzes bei der BG versichert, bei der sein ihn beschäftigendes Unternehmen Mitglied sei. Zu dieser BG stehe der Betroffene in einem konkreten Versicherungsverhältnis und unterstehe damit auch dem Satzungsrecht dieser BG. Ändere sich die Zuständigkeit der BG, etwa durch eine wirksame Unternehmensüberweisung, so gehe das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis auf die übernehmende BG über. Dies habe zur Folge, dass auch eine bestehende Entschädigungslast übergehe. Dabei richteten sich das konkrete Versicherungsverhältnis sowie Art und Umfang bestehender Entschädigungsansprüche nach der Rechtsposition, die der Versicherte bei der abgebenden BG gehabt habe. So müsse die neue BG auch für etwaige ihren Satzungsbestimmungen fremde Leistungen einstehen, sofern diese der alten BG gegenüber bindend oder rechtskräftig festgestellt worden wären. Gingen damit mit einer wirksamen Überweisung eines Unternehmens an eine andere BG zwar die Entschädigungslasten in dem bis dahin verbindlich festgestellten Umfang über, so richte sich das zukünftige Versicherungsverhältnis jedoch nach dem Recht der übernehmenden BG. Dies habe wiederum zur Folge, dass zukünftige Rentenanpassungen (unter Wahrung des Besitzstandes) nur noch unter Berücksichtigung des Satzungsrechts der neuen BG zu erfolgen hätten (Verweis auf Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 29.11.1990 – 2 RU 15/90). Zum Zeitpunkt der Überweisung der Beigeladenen an die Beklagte (01.01.2019) seien weder der Unfall als Versicherungsfall noch Entschädigungslasten verbindlich festgestellt gewesen. Festsetzungen hätten ab diesem Zeitpunkt daher nur noch unter Berücksichtigung des Satzungsrechts der Beklagten, das einen Höchst-JAV von 72.000,00 € vorsehe, erfolgen können. Vertrauensschutz bestehe weder im Hinblick auf eine fortdauernde Zuständigkeit der Beigeladenen noch darauf, dass bei zukünftiger Festsetzung von aus dem Unfall vom 12.01.2017 resultierenden Leistungen der Höchst-JAV zugrunde zu legen sei, welchen die Satzung der abgebenden BG vorsehe (Verweis auf BSG, a. a. O.). Die Beklagte müsse sich nicht zurechnen lassen, dass die Beigeladene nicht schon vor der Überweisung über den Rentenanspruch des Klägers entschieden habe, wobei dahinstehen könne, ob eine solche Entscheidung bereits möglich gewesen wäre. Insoweit hätte der Kläger allenfalls Untätigkeitsklage erheben können.

 

Der Kläger hat gegen den ihm am 18.03.2020 zugestellten Gerichtsbescheid am 16.04.2020 Berufung eingelegt. Welcher Höchst-JAV nach Satzung welcher Berufsgenossenschaft der Berechnung zugrunde zu legen sei, müsse sich nach festen Kriterien richten. Danach sei das Satzungsrecht des zum Unfallzeitpunkt, alternativ zum Beginn der Leistung, zuständigen Unfallversicherungsträgers anzuwenden. Zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten 12.01.2017 und 09.07.2018 sei aber die Beigeladene zuständiger Unfallversicherungsträger gewesen. Soweit ein Verfahren beim bisherigen Unfallversicherungsträger zum Zeitpunkt der Überweisung noch nicht abgeschlossen sei, müsse dieser es im Hinblick auf Leistungen mit Beginn während seiner Zuständigkeit zu Ende bringen. Das anzuwendende Satzungsrecht und der sich daraus ergebende (Höchst)-JAV könne weder vom Zufall der Dauer eines Feststellungsverfahrens noch vom Zufall des Zeitpunktes der Bekanntgabe der Entscheidung abhängig gemacht werden.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Dresden vom 16.03.2020 und in Abänderung der Bescheide vom 28.03.2019 und 25.07.2019 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 sowie der in Form von Rentenanpassungsmitteilungen ergangenen Bescheide über die Rentenanpas-sungen zum 01.07.2020, 01.07.2021 und 01.07.2022 zu verurteilen, ihm ab 09.07.2018 eine höhere Verletztenrente unter Zugrundelegung eines Jahresarbeits-verdienstes in Höhe von 84.000,00 € und ab 01.01.2019 unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes in Höhe von 90.000,00 € mit den gesetzliche vorgeschriebenen Anpassungen zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Kläger habe zum Zeitpunkt der Überweisung noch keine Rechte erworben gehabt, auf die er sich berufen könne. Nach der Rechtsprechung des BSG führe nur eine verbindliche Feststellung vor der Überweisung zu Rechten, auf die sich Versicherte auch gegenüber der übernehmenden BG berufen könnten.

 

Die Rente des Klägers ist zum 01.07.2020 unter Zugrundelegung eines auf 79.126,80 € angepassten JAV auf 1.318,78 €, zum 01.07.2021 unter Zugrundelegung eines auf angepassten JAV i. H. von 79.696,51 € auf 1.328,28 € und zum 01.07.2022 unter Zugrundelegung eines JAV i. H von 84.000,00 € auf 1.400,00 € erhöht worden. Die Rentenerhöhungen sind dem Kläger jeweils durch Anpassungsmitteilungen des Postrentendienstes mitgeteilt worden.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen. Die vorgenannten Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

 

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) und auch überwiegend begründet. Der Gerichtsbescheid des SG vom 16.03.2020 war aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28.03.2019 und des Bescheides vom 25.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 und unter Abänderung der Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2020 und 01.07.2021 zu verurteilen, dem Kläger ab 09.07.2018 eine höhere Verletztenrente unter Zugrundelegung eines JAV i. H. von 84.000,00 € zu gewähren. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

 

I.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist – neben der erstinstanzlichen Entscheidung – zunächst der Bescheid der Beklagten vom 28.03.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019, mit dem die Beklagte dem Kläger ab dem 09.07.2018 als vorläufige Entschädigung eine Verletztenrente nach einer MdE von 25 v. H. unter Zugrundlegung eines JAV i. H. von 72.000,00 € gewährt hat. Streitgegenständlich ist weiter der Bescheid vom 25.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019, mit dem die Beklagte dem Kläger ab dem 01.07.2019 anstelle der Rente als vorläufige Entschädigung eine Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v. H. gezahlt hat. Dieser Bescheid hat den mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 28.03.2019 für den Zeitraum ab dem 01.07.2019 abgeändert und ist deswegen gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und damit auch zulässiger Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens geworden.

 

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind gemäß § 96 Abs. 1 i. V. mit § 153 Abs. 1 SGG auch die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2020, 01.07.2021 und 01.07.2022. Bei den Rentenanpassungsmitteilungen handelt es sich um Verwaltungsakte (BSG, Urteil vom 31.07.2002 – B 4 RA 120/00 R, RdNr. 13, juris; Köhler in: Hauck/Noftz SGB VII, § 95, RdNr. 9b, m. w. N.), die der Postrentendienst gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 SGB VII im Namen der BG erlässt und deren Regelungsgegenstand sich auf die Änderung des zuvor festgestellten Geldwertes des Stammrechts beschränkt (BSG, a. a. O., RdNr. 12). Da die Bescheide erst im Berufungsverfahren ergangen sind, entscheidet der Senat über diese Bescheide auf Klage (BSG, Urteil vom 25.02.2010 – B 13 R 61/09 R, RdNr. 15, juris).

 

Der Kläger verfolgt sein Begehren auf Gewährung einer Rente unter Berücksichtigung eines höheren JAV zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 54 Abs. 4 SGG). Bei der Festsetzung des JAV handelt es sich nicht um einen abtrennbaren Streitgegenstand. Vielmehr ist im Streit ein einheitlicher Anspruch (auf Rente), dessen Höhe sich durch die Faktoren MdE und JAV bestimmt. Eine Festsetzung des JAV ist mangels Außenwirkung kein Verwaltungsakt nach § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch, sondern lediglich eine verwaltungsinterne Klärung eines Wertfaktors im Rahmen der Vorbereitung der Feststellung des Werts des Rechts auf Verletztenrente (BSG, Urteil vom 23.07.2015 – B 2 U 9/14 R, RdNr. 11; Urteil vom 18.09.2012 – B 2 U 14/11 R, RdNr 18; beide juris).

 

II.

Der Bescheid vom 28.03.2019 und der Bescheid vom 25.07.2019 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 sowie die Rentenanpassungsmitteilungen zum 01.07.2020 und 01.07.2021 sind rechtswidrig, soweit die Beklagte in ihnen die Höhe der Rente unter Zugrundelegung eines den Betrag von 84.000,00 unterschreitenden JAV festgesetzt hat. Die Beklagte war zwar für die Erteilung der Bescheide über die Ankerkennung des Ereignisses vom 12.01.2017 als Arbeitsunfall und die Gewährung der Verletztenrente zuständig (dazu unter 1.). Die Höhe der Rente hat sie aber unter Zugrundelegung eines unzutreffenden JAV berechnet (dazu unter 2.). Die Rente ist nicht aufgrund der Erhöhung des JAV der Beigeladenen zum 01.01.2019 anzupassen (dazu unter 3.).

 

1.

Die Beklagte war gemäß § 121 SGB VII materiell zuständiger Unfallversicherungsträger und auch aufgrund der erfolgten Überweisung für den Abschluss des Feststellungsverfahrens einschließlich der Berechnung und Gewährung der Verletztenrente ab dem 01.01.2019 und damit zum Zeitpunkt der Erteilung des Bescheides auch formell zuständig.

 

Aus den Regelungen des § 137 SGB VII ergibt sich, dass die Beigeladene bis zum 13.12.2018 und die Beklagte ab dem 01.01.2019 für das Unternehmen der Arbeitgeberin formell zuständig waren. Geht die Zuständigkeit für Unternehmen nach § 136 Abs. 1 Satz 4 SGB VII von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, bleibt bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Entscheidung über das Ende der Zuständigkeit des bisherigen Unfallversicherungsträgers gegenüber dem Unternehmen bindend wird, dieser Unfallversicherungsträger für das Unternehmen zuständig (§ 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Geht die Zuständigkeit für ein Unternehmen oder einen Unternehmensbestandteil von einem Unfallversicherungsträger auf einen anderen über, ist dieser auch hinsichtlich der Versicherungsfälle zuständig, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten sind; die Unfallversicherungsträger können Abweichendes vereinbaren (§ 137 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

 

Die Arbeitgeberin hat den mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Überweisungsbescheid vom 10.09.2018 der Beigeladenen nicht mit Widerspruch angefochten, so dass deren formelle Zuständigkeit gemäß § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zum 31.12.2018 endete und die Beklagte zum 01.01.2019 auch formell für Versicherungsfälle in dem Betrieb der Arbeitgeberin zuständig geworden ist. Dies gilt gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VII ausdrücklich auch für Versicherungsfälle, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten sind, also auch für den Versicherungsfall des Klägers vom 12.01.2017. Abweichende Vereinbarungen i.S. von § 137 Abs. 1 Satz 2 SGB VII und § 137 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz SGB VII haben die hier beteiligten BGen nicht getroffen. Der Wechsel der Zuständigkeit betrifft auch zum Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels noch nicht abgeschlossene Feststellungsverfahren. Der Wortlaut des § 137 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VII regelt einen Zuständigkeitswechsel auch "für Versicherungsfälle, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten" sind. Diese Formulierung enthält keine Einschränkung auf bereits mit bindenden Bescheid abgeschlossene Verfahren. Der nach § 137 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB VII zuständige Versicherungsträger hat daher auch die zum Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels noch nicht abgeschlossenen Verfahren zu Ende zu führen und die sich hieraus ergebenden Leistungen für Zeiträume vor dem formalen Zuständigkeitswechsel zu erbringen (wie hier: Diel in Hauck/Noftz SGB VII, § 137, RdNr. 13; Woltjen in: juris-PK-SGB VII, § 137 <Stand 15.01.2022>, RdNr. 35; Diel in: Hauck/Noftz SGB VII, § 137, RdNr. 11; Dahm in: Lauterbach, Unfallversicherung SGB VII, Stand 09/2022, § 137 RdNr. 10; a. A.: Feddern in: Kasseler Kommentar, SGB VII, <Stand 01.05.2022> § 137 RdNr. 8; zur Rechtslage nach RVO: BSG, Urteil vom 26.04.1962 – 2 RU 183/58 RdNrn. 17 und 19, juris). Die Auffassung, der abgebende Unfallversicherungsträger habe das Feststellungsverfahren noch abzuschließen (Feddern, a. a. O.) ist von der Regelung nicht gedeckt.

 

2.

Der Rentenberechnung des Klägers ist ein JAV i. H. von 84.000,00 € zugrunde zu legen. Die Festsetzung des JAV richtet sich nach §§ 82 ff. SGB VII. Nach § 82 SGB VII ist der JAV der Gesamtbetrag der Arbeitsentgelte (§ 14 Sozialgesetzbuch Viertes Buch <SGB IV>) und Arbeitseinkommen (§ 15 SGB IV) des Versicherten in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV unterfallen dem Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Dabei ist im Rahmen der Ermittlung des JAV ohne Bedeutung, ob auf die Einnahmen ein Rechtsanspruch besteht oder diese – wie etwa freiwillig gezahltes Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld – freiwillig vom Arbeitgeber gezahlt werden (BSG, Urteil vom 03.12.2002 – B 2 U 23/02 R, RdNr. 20, juris). Gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 SGB VII beträgt der JAV höchstens das Zweifache der im Zeitpunkt des Versicherungsfalls maßgebenden Bezugsgröße. Die Satzung kann eine höhere Obergrenze bestimmen (§ 85 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

 

Das vom Kläger in dem Zwölfmonatszeitraum nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB VII (01.01.2016 bis 31.12.2016) erzielte Arbeitsentgelt i.S. von § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV beträgt 96.063,81 €. Es setzt sich zusammen aus den Monatsentgelten i. H. von insgesamt 76,391,36 € und Einmalzahlungen i. H. von einem Betrag i. H. von 3.298,35 € als Weihnachtszuwendung, einem Betrag i. H. von 4.374,10 € als Urlaubsgeld und einem Betrag i. H. von 12.000,00 € als Erfolgsbeteiligung. Dieser dem Grunde nach berücksichtigungsfähige Betrag ist nach § 85 Abs. 2 Satz 2 SGB VII zu begrenzen auf den zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls geltenden in der Satzung der Beigeladenen bestimmten Höchst-JAV i. H. von 84.000,00 €.

 

Entgegen der Ansicht der Beklagten und des SG sind für die erstmalige Festsetzung des JAV die satzungsrechtlichen Vorschriften zum Höchst-JAV der Beigeladenen anzuwenden und nicht die der Beklagten.

 

Für die hier zu beurteilende Problematik, welches Satzungsrecht anzuwenden ist, ist nach Ansicht des Senats auf das zum Zeitpunkt des Leistungsfalls geltende Recht abzustellen. Dies entspricht den Grundsätzen zu der Frage des Bestandes der "wohlerworbenen Rechte" des Verletzten, welche vom Reichsversicherungsamt (RVA) entwickelt, vom BSG übernommen worden und in der Literatur allgemein anerkannt sind (BSG, Urteil vom 28.03.1985 – 2 RU 27/84, RdNr. 14 m. w. N., juris). Danach entfällt die Entschädigungspflicht der neu zuständigen BG grundsätzlich selbst dann nicht, wenn sie bei anfänglicher Zuständigkeit dieses Versicherungsträgers entweder kraft Gesetzes oder kraft Satzung gar nicht entstanden wäre und auch dann nicht, wenn "der Anspruch aus sonstigen Gründen zu Unrecht anerkannt worden" ist (BSG, a. a. O., m. w. N.). Darüber hinaus verbleibt der Anspruch dem Verletzten in der dem Berechtigten gegenüber rechtskräftig festgestellten Höhe. Ein Eingriff in die Rechte des Verletzten anlässlich der Übernahme der Unfalllast ist nach dieser Rechtsprechung überhaupt nur erlaubt, "wenn das Gesetz ihn ausdrücklich" zulässt (BSG, a. a. O., m. w. N.).

 

Nach Ansicht des Senats gilt dies auch dann wenn – wie hier – der Anspruch materiell-rechtlich vor dem Zuständigkeitswechsel entstanden, das Verwaltungsverfahren zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht abgeschlossen ist. Etwas anderes folgt nicht aus der Entscheidung des BSG vom 29.11.1990, wonach "die neue BG auch für etwaige ihren Satzungsbestimmungen fremde Leistungen einstehen muss, sofern diese der alten BG gegenüber bindend oder rechtskräftig festgestellt worden waren" (BSG, Urteil vom 29.11.1990 – 2 RU 15/90, RdNr. 20, juris). Dem Urteil des BSG lag nämlich ein Sachverhalt zugrunde, in dem der höhere Anspruch tatsächlich materiellrechtlich nicht bestand, aber verbindlich festgestellt worden war. Für diesen Fall hat das BSG entschieden, dass auch die neue BG für die Leistung einstehen muss, "sofern" die Leistung zuvor verbindlich festgestellt worden ist. Über die Frage, was gilt, wenn das Verwaltungsverfahren zum Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels noch nicht abgeschlossen ist, hat das BSG noch nicht entschieden. Allerdings hat das BSG ausgeführt, dass sich das konkrete Versicherungsverhältnis sowie Art und Umfang bestehender Entschädigungsansprüche nach der Rechtsposition, die der Versicherte bei der abgebenden BG hatte, richtet (BSG, a. a. O., m. w. N.). Eine Rechtsposition kann sich zum einen aus einer verbindlichen Feststellung der genannten Ansprüche ergeben, selbst wenn diese zu Unrecht erfolgte. Zum anderen kann sich die Rechtsposition aber auch aus dem Bestehen eines Anspruchs nach materiellem Recht ergeben. Letzteres ist vorliegend der Fall. Denn der Kläger hatte am 09.07.2018 und damit vor dem Zuständigkeitswechsel die Leistungsvoraussetzungen gemäß §§ 56, 72 VII für die Gewährung einer Verletztenrente erfüllt. Seine Erwerbsfähigkeit war über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall (12.01.2017) um wenigstens 20 v. H. gemindert (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) und die Rente war aufgrund des Ende des Verletztengeldanspruchs am 08.07.2018 gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ab dem Folgetag zu zahlen. Ein Antrag ist nicht erforderlich. Der Anspruch auf Verletztenrente einschließlich ihres Umfangs entsteht kraft Gesetzes unabhängig von dessen Anerkennung durch Bescheid. Dies ergibt sich aus § 40 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach entstehen Ansprüche auf Sozialleistungen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Auch in diesem Fall hat der Versicherte Rechte "wohlerworben". Die gegenteilige Auffassung der Beklagten und des SG hätte zur Folge, dass die aus einem Leistungsfall resultierenden Ansprüche und ihr Umfang von der Bearbeitungsdauer des Feststellungsverfahrens und damit von Zufälligkeiten abhängen würden. Darüber hinaus würde sich nach dieser Auffassung ein gesetzlich erworbener Anspruch durch den Zuständigkeitswechsel noch verändern oder ggf. sogar entfallen. Ein Eingriff in eine bereits erworbene Rechtsposition bedarf aber einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung (vgl. BSG, Urteil vom 28.03.1985 – 2 RU 27/84, RdNr. 14 m. w. N., juris), die § 137 SGB VII nicht zu entnehmen ist.

 

Die gefundene Lösung entspricht auch dem in der Sozialversicherung geltenden Versicherungs- und Leistungsfallprinzip. Danach beurteilen sich Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche nach dem Recht, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (BSG, Urteil vom 26.11.1991 – 1/3 RK 25/90, RdNr. 14 m. w. N.; Urteil vom 30.09.1999 – B 8 KN 5/98 U R, RdNr. 18; Urteil vom 05.03.2014 – B 12 R 1/12 R, RdNr. 21; alle juris). Grundsätzlich ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind daher für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandenen Lebensverhältnissen unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt (BSG, Urteil vom 26.11.1991 – 1/3 RK 25/90, m. w. N., juris). Diese Grundsätze gelten auch im Hinblick auf untergesetzliches Recht und damit auch auf Satzungsrecht (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.02.2018 – L 2 U 200/15, RdNr. 18, juris). Sie müssen nach Ansicht des Senats auch auf den Fall des Wechsels der Zuständigkeit der BG mit unterschiedlichem Satzungsrecht übertragen werden mit der Folge, dass die Regelungen der Satzung der BG anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Leistungsfalls der zuständige Unfallversicherungsträger war.

 

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Regelungen in § 137 SGB VII, wonach der bisherige Unfallversicherungsträger bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Überweisungsbescheid an das Unternehmen bindend wird, zuständig bleibt (§ 137 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) und die Entschädigungslast auch hinsichtlich der Versicherungsfälle übergeht, die vor dem Zuständigkeitswechsel eingetreten sind (§ 137 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Denn schon nach ihrer Stellung im Gesetz betreffen diese Vorschriften gerade nicht das Verhältnis des Versicherten zu dem zuständigen Versicherungsträger, sondern beinhalten Regelungen, welche unmittelbar nur unter den beteiligten Versicherungsträgern gelten (BSG, Urteil vom 28.03.1985 – 2 RU 27/84, RdNr. 14, juris). Sie können daher nicht in einen bereits zum Zeitpunkt des Übergangs entstandenen Anspruch des Versicherten eingreifen.

 

Die Beklagte kann auch nicht einwenden, dass der Leistung kein Beitragsäquivalent gegenübersteht. Denn es entspricht den Grundsätzen der wohlerworbenen Rechte, dass die aufnehmende BG auch für Leistungen einzustehen hat, die ihre Satzung entweder nicht oder nicht in gleichem Umfange vorsieht (BSG, Urteil vom 26.04.1962 – 2 RU 183/58, RdNr. 19; Urteil vom 29.11.1990, 2 RU 15/90, RdNr. 20, juris). Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob die Rechte durch Bescheid oder – wie hier – kraft Gesetzes erworben worden sind.

 

3.

Der JAV i. H. von 84.000,00 € war auf der Grundlage der Vorschrift des § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zum 01.07.2017 und 01.07.2018 anzupassen, nicht aber zum 01.07.2019, 01.07.2020, 01.07.2021 und 01.07.2022 zu erhöhen, da zum Zeitpunkt der jeweiligen Anpassungen der geltende Höchst-JAV bereits erreicht war.

 

Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB VII werden die vom JAV abhängigen Geldleistungen, mit Ausnahme des Verletzten- und Übergangsgeldes, für Versicherungsfälle, die im vergangenen Kalenderjahr oder früher eingetreten sind, entsprechend dem Vomhundertsatz jeweils zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst werden, angepasst, um den sich die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung verändern. Dies geschieht gemäß § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB VII in der Weise, dass die Geldleistungen nach einem mit dem Anpassungsfaktor vervielfältigten JAV berechnet werden. Dabei gilt gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB VII die Vorschrift über den Höchst-JAV mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Zeitpunkts des Versicherungsfalls der Zeitpunkt der Anpassung tritt. § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB VII stellt einerseits sicher, dass die anzupassenden Leistungen nicht durch den (niedrigeren) Höchst-JAV zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles, sondern durch den Höchst-JAV im Jahr der Anpassung begrenzt werden, bestimmt andererseits aber auch, dass der jeweils zum Zeitpunkt der Anpassung geltende gesetzliche oder satzungsmäßige Höchst-JAV nicht überschritten werden darf. Demnach entfällt eine Leistungsanpassung, wenn der der Leistung zugrundeliegende JAV den maßgeblichen Höchst-JAV bereits erreicht oder überschritten hat (Köhler in: Hauck/Noftz SGB VII, § 95, RdNr. 55; BSG, Urteil vom 27.11.1985 – 2 RU 23/85, RdNr. 10, juris). Demzufolge waren zum 01.07.2019, 01.07.2020, 01.07.2021 und 01.07.2022 gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB VII keine Anpassungen vorzunehmen, da zum Zeitpunkt dieser Anpassungen jeweils weiter der Höchst-JAV der Beigeladenen i. H. von 84.000,00 € galt. Die Erhöhung des Höchst-JAV auf 90.000,00 durch die Beigeladene ab dem 01.01.2019 wirkt sich auf die Rentenberechnung des Klägers nicht mehr aus. Zwar entfaltet der in § 137 SGB VII geregelte Übergang der Entschädigungslast für einzelne Unfälle Reflexwirkungen insofern, als dadurch Berechtigungen auf Seiten des Verletzten übergehen, welche von der bisher zuständigen BG zu beachten waren (BSG, Urteil vom 29.11.1990 – 2 RU 15/90, RdNr. 20, juris). Es entspricht jedoch dem Sinn und Zweck der Vorschrift, dass der Versicherte vom Zeitpunkt der wirksamen Überweisung des Unternehmens an in die Haftungs- und Gefahrengemeinschaft des übernehmenden Unfallversicherungsträgers eintritt (BSG, a. a. O.). Der Versicherte ist kraft Gesetzes bei der BG unfallversichert, bei der sein ihn beschäftigendes Unternehmen Mitglied ist. Zu dieser BG steht der Betroffene in einem konkreten Versicherungsverhältnis; er untersteht auch insbesondere dem Satzungsrecht dieser BG. Ein Recht, die für ihn zuständige BG zu wählen, steht ihm nicht zu (BSG, a. a. O.). Mit der wirksamen Unternehmensüberweisung geht das öffentlich-rechtliche Versicherungsverhältnis auf die übernehmende BG mit der bestehenden Entschädigungslast über. Das zukünftige Versicherungsverhältnis richtet sich jedoch nach dem Recht der übernehmenden BG (BSG, a. a. O.). Dies hat wiederum zur Folge, dass zukünftige Rentenanpassungen (unter Wahrung des Besitzstandes) nur noch unter Berücksichtigung des Satzungsrechts der neuen BG zu erfolgen haben (BSG, a. a. O.). Diesem Ergebnis widerspricht auch nicht der Grundsatz der Wahrung des Bestandes "wohlerworbener Rechte", da diese bei dem Kläger hinsichtlich des Höchst-JAV nur den bis zum Zeitpunkt der Zuständigkeitsänderung bis zum 31.12.2018 bei der Beigeladenen maßgebenden Betrag erfassen. Ein Vertrauensschutz an der einmal begründeten Zuständigkeit einer BG besteht für die Versicherten nicht (BSG, a.a.O, RdNr. 21). Da die Beklagte bis zum heutigen Tage keinen den Betrag von 84.000,00 € übersteigenden Höchst-JAV bestimmt hat – seit 01.01.2019 beträgt der Höchst-JAV der Beklagten 84.00,00 € –, war die Rente des Klägers unter Beachtung der Vorschrift des § 95 Abs. 2 Satz 2 SGB VII ab dem 01.01.2019 nicht weiter anzupassen.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger mit seinem Begehr, den Höchst-JAV auch ab dem 01.01.2019 weiter anzupassen, unterlegen ist.

 

IV.

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2. Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung. zuzulassen.

Rechtskraft
Aus
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