1. In der Übersendung von Bescheiden durch einen Rechtsanwalt, welche als Anlagen entsprechend gekennzeichnet sind, an ein Gericht kann die Erhebung einer Klage zu erkennen sein.
2. Eine solche Klage ist jedoch formunwirksam, soweit diese Bescheide nicht signiert wurden. Die Bescheide stellen keine Anlagen nach § 65d Abs. 3 Satz 2 SGG dar, sondern die originäre Klageschrift dar, welche auch nicht einem Schriftsatz beigefügt waren. Diese ist als bestimmender Schriftsatz nach § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG zu signieren.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
Gemäß § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht, wenn das Verfahren anders als durch Urteil endet, auf Antrag durch Beschluss über die Kosten zu entscheiden. Die Entscheidung über die Verpflichtung der Kostentragung erfolgt nach billigem Ermessen. Dies gilt gleichermaßen für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.
Grundsätzlich hat das Gericht zur Ausfüllung des Begriffs des „billigen Ermessens“ im konkreten Einzelfall den gesamten bisherigen Sach- und Streitstand zu bewerten. Dabei kommt im Wesentlichen den Bewertungskriterien der Erfolgsaussicht des Antrags sowie des sog. „Veranlassungsprinzips“ Bedeutung zu (Leitherer in Meyer-Ladewig, § 193 Rn. 12a f.).
Der Prozessbevollmächtigte hat am 03.03.2022 den Bescheid vom 13.10.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2022 als Anlagen K1 und K2 bei Gericht eingereicht. Die Anlagen K1 und K2 waren nicht signiert. Die Klageschrift hat er erst nach Hinweis des Gerichts am 26.07.2022 eingereicht.
Die Beklagte hat dem Kläger keine Kosten zu erstatten, da die Klage unzulässig war. Zwar wurde durch die Übersendung der Bescheide, welche mit K1 und K2 bezeichnet wurden, die Klagefrist gewahrt. Jedoch ist diese nicht formgerecht eingereicht worden, da sie nicht signiert waren.
Nach § 65a Abs. 1 SGG können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Nach § 65a Abs. 3 Sätze 1, 2 SGG muss dieses elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden. Satz 1 gilt nicht für Anlagen, die vorbereitenden Schriftsätzen beigefügt sind. Nach § 65d Satz 1 SGG müssen vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument übermittelt werden.
Die Klage hat zunächst die Klagefrist gewahrt, da aus der Sicht eines objektiven Dritten mit der Einreichung von Bescheiden bei Gericht, die zudem noch als Anlage K1 und K2 gekennzeichnet sind, eine Klage eingereicht werden soll. Dies hat der Kläger durch die aus dem beA exportierbare zip-Datei nachgewiesen. Insofern lässt eine solche Einreichung nämlich den Willen erkennen, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Diese Klage ist aber nicht formwirksam eingereicht worden. Zunächst ist festzustellen, dass vorbereitende Schriftsätze nach § 129 ZPO i. V. m. § 202 SGG solche Schriftsätze darstellen, welche im wesentlich aus behauptetem Sachvortrag, Zugestehen oder Bestreiten, Beweisantritten und Rechtsausführungen bestehen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 129 Vorbereitende Schriftsätze, Rn. 4). Demgegenüber sind als bestimmende Schriftsätze als solche zu bezeichnen, die das Verfahren unmittelbar gestaltende Prozesshandlung enthalten, so insbesondere Schriftsätze, welche ein Verfahren einleiten, fortsetzen, inhaltlich ändern, beenden oder den Eintritt der formellen Rechtskraft einer Entscheidung hemmen (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 129 Vorbereitende Schriftsätze, Rn. 3). In der Einreichung einer Klage dürfte es sich um einen bestimmenden Schriftsatz handeln, da dadurch ein Verfahren eingeleitet werden sollte. Nach allgemeiner Meinung ist § 65a SGG auch auf bestimmende Schriftsätze anwendbar (H. Müller in jurisPK-ERV Band 3, 2. Aufl., § 65a SGG (Stand: 15.03.2023), Rn. 56).
Folglich war der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach § 65d Satz 1 SGG i. V. m. § 65a Abs. 1 Satz 1 SGG verpflichtet, die Klage als elektronisches Dokument einzureichen. Weiterhin war er verpflichtet, die Klage selbst nach § 65a Abs. 3 Satz 1 SGG zu signieren; diese Pflicht bezog sich aber nicht auf die beigefügten Anlagen.
Vorliegend stellen die Bescheide aber keine Anlagen dar, vielmehr hat der Kläger mit der Einreichung der Bescheide selbst Klage gegen die Beklagten erhoben. Sie waren auch nicht dem bestimmenden Schriftsatz beigefügt gewesen, sondern stellten selbst den bestimmenden Schriftsatz dar. Vor diesem Hintergrund waren die Bescheide weder Anlagen noch beigefügt, sondern stellten die originäre Klageschrift dar. Damit waren sie zwingend zu signieren. Vorliegend waren die Bescheide aber nicht signiert, sodass die Klage nicht formwirksam eingereicht wurde.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen § 172 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).