L 9 R 2755/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 1811/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2755/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


Tatbestand


Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Der 1958 geborene Kläger absolvierte von 1975 bis 1979 eine Ausbildung zum Werkzeugmacher, von 1982 bis 1984 eine Ausbildung zum staatlich geprüften Maschinenbautechniker. Zuletzt war er ab 16.02.2016 im Bereich Produktionsleitung/Fertigungssteuerung, Logistik und Materialwirtschaft versicherungspflichtig beschäftigt. Es handelte sich überwiegend um Bürotätigkeiten, administrative Tätigkeiten mit regelmäßigen Kundenbesuchen und Maschinenabnahmen. Ab dem 19.09.2016 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt bzw. arbeitslos mit Bezug von Krankengeld bis 18.03.2018 und Arbeitslosengeld I bis 25.09.2019. Seit dem 01.09.2021 bezieht er eine Altersrente für langjährig Versicherte von der Beklagten.

Aufgrund eines angeborenen Herzfehlers des Klägers wurde 1979 ein Loch der Herzkammerscheidewand verschlossen und die Klappe zwischen linker Herzkammer und Körperkreislauf durch eine Bioprothese ersetzt, 1984 wurde ein erneuter Ersatz dieser Herzklappe erforderlich. Im Juli 1997 erlitt der Kläger einen Schlaganfall mit armbetonter Symptomatik links. 2010 wurde eine Koronarsklerose ohne hämodynamisch wesentliche Stenosen festgestellt. Aufgrund wiederkehrender Herzrhythmusstörungen im Sinne eines Vorhofflatterns erfolgte im August 2011 eine elektrische Kardioversion und im Januar 2013 eine Isthmusablation. Im September 2016 wurde eine arterielle Hypertonie festgestellt, am 04.10.2016 erlitt der Kläger eine Synkope aufgrund Tachyarrhythmia absolota bei paroxysmalem Vorhofflimmern, anschließend erfolgte eine erneute elektrische Kardioversion im Oktober 2016 und eine Pulmonalvenenisolation im Dezember 2016.

Vom 07.03.2017 bis 28.03.2017 befand sich der Kläger zur stationären Rehabilitation in der Reha-Klinik H-K. Laut Entlassungsbericht wurden folgende Diagnosen gestellt: Paroxysmales Vorhofflimmern, Zustand nach primär erfolgreicher elektrischer Kardioversion 08/2011, initial, Zustand nach erfolgreicher Isolation aller Pulmonalvenen am 02.12.2016, gute linksventrikuläre Pumpfunktion, 1979 Bioaortenklappenersatz und operativer Verschluss eines Ventrikelseptumdefektes. Der Kläger wurde für weitere zwei bis drei Monate arbeitsunfähig entlassen. Aus kardiologischer Sicht bestehe Leistungsfähigkeit im Umfang von sechs und mehr Stunden arbeitstäglich sowohl für die Tätigkeit als Produktionsleiter als auch für sonstige leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Nachtschicht. Aktuell fühle sich der Kläger aufgrund von Schwindelanfällen nicht fahrfähig. Zur Schwindelabklärung sei eine neurologische sowie eine ophthalmologische Vorstellung erforderlich. Auch die Evaluation zu einer eventuellen Event-Recorder-Implantation wäre ggf. ratsam. Je nach Untersuchungsergebnisssen müsse eine erneute Leistungsbeurteilung stattfinden. 

Am 26.09.2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, er halte sich seit 19.09.2016 für erwerbsgemindert wegen erhöhtem Blutdruck, Schwindel, und einer Synkope aufgrund Tachyarrhythmia absoluta bei paroxysmalem Vorhofflimmern und verwies auf Arztberichte, die er mit vorlegte (Arztbrief des Kardiologen R vom 04.10.2016, Entlassungsbericht des H-Klinikums P, Klinik für Kardiologie, vom 09.10.2016 über die stationäre Behandlung vom 06.10.2016 bis 10.10.2016, Entlassungsbericht des Städtischen Klinikums K, Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin, vom 05.12.2016 über den stationären Aufenthalt vom 01.12.2016 bis 05.12.2016 und Bericht vom 22.06.2017 über die ambulante Vorstellung dort zur 6-Monatsverlaufskontrolle am 21.06.2017, ambulanter Arztbrief der V-Kliniken, Klinik für Augenheilkunde vom 14.06.2017, Gutachten des MDK vom 11.07.2017, Arztbrief der F vom 14.07.2017, Arztbrief des Radiologen R vom 01.08.2017 und Bericht des Radiologen E vom 15.08.2017 über eine Kernspintomographie des Schädels vom 15.08.2017). Er könne keinerlei Tätigkeiten mehr ausüben. Besonders belasteten ihn die Herzrhythmusbeschwerden, Schwindelanfälle ohne Vorankündigung, Schwächeeinbrüche beim Treppensteigen nach einer Etage, Konzentrationsschwächen und ständige Müdigkeit. Nach geringen Anstrengungen müsse er ausruhen bzw. schlafen. Er leide auch unter Gesichtsfeldausfällen, Kraftmangel und Gelenkschmerzen. In den letzten zwei Jahren habe er sich bereits arbeitsunfähig gefühlt und sei trotzdem arbeiten gegangen. Er habe die Beschwerden wie Herzrasen und Schlappheit ignoriert.

Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch K1. Dieser holte den Befundbericht der M vom 18.10.2017 und den Bericht über eine kardiologisch-angiologische Diagnostik des P1 vom 23.10.2017 ein und stellte unter Mitberücksichtigung dieser Berichte in seinem Gutachten vom 27.10.2017 die Diagnosen: wiederkehrende völlig unregelmäßige Herzschlagfolge nach elektrophysiologischen Eingriffen, gute Herzfunktion nach Einpflanzung einer künstlichen Herzklappe und aktuell fraglicher Durchblutungsstörung am Herzmuskel, wiederkehrender Schwindel bei vorbeschriebener Schädigung des linken Gleichgewichtsorgans und Bluthochdruck. In der Zusammenschau der vorliegenden Fremdbefunde, der Anamnese und der ambulanten Untersuchung des Klägers gelange er zu der Einschätzung, dass bei dem Kläger weiterhin ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bezüglich der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Produktionsleiter, wie vom Kläger amamnestisch beschrieben, bestehe. Auch sonstige leichte körperliche Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt möglichst in Wechselhaltung und unter Vermeidung von Nachtschicht seien weiterhin sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar. Unterbleiben sollten Arbeiten in besonders verletzungsgefährdenden Bereichen, mit Absturzrisiken sowie mit hohen Anforderungen an die Trittsicherheit. Auch relevante Einschränkungen der Gehstrecke seien nicht gegeben. Eine weitere medizinische Diagnostik sei erforderlich.

Mit Bescheid vom 20.11.2017 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, weil er die medizinischen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfülle. Auch ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI bestehe nicht, da der Kläger weiterhin seinen Beruf ausüben könne und damit nicht berufsunfähig sei.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass er bereits 1984 zum zweiten Mal am Herz operiert wurde. Am 04.10.2016 habe er erneut einen Zusammenbruch erlitten und sich anschließend in stationärer Behandlung befunden. Im Juni 2017 habe er erneut in der Kardiologie des städtischen Klinikums K behandelt werden müssen und sei auf Überweisung seines Hausarztes erneut kardiologisch untersucht worden. Darüber hinaus leide er an einer medikamentös behandelten Schilddrüsenerkrankung und an den weiter von K1 bzw. P1 diagnostizierten Erkrankungen. Er sei ehemals als S-Produktionsleiter in einer führenden Position für ca. 38 Mitarbeiter verantwortlich gewesen. Inzwischen sei er überhaupt nicht mehr in der Lage, einfache bis durchschnittliche, erst recht keine verantwortungsvollen Arbeitstätigkeiten auszuführen. Eine Arbeitserprobung könne dies belegen, sei aber nicht durchgeführt worden. Ebenso sei sein Orthopäde nicht befragt worden. Er leide nahezu täglich an Gesichtsfeldausfällen in unregelmäßigen Intervallen. Hiernach habe er eine eiskristallähnliche Sicht mit erheblich eingeschränktem minimalen Sichtfeld. Während des gesamten Tages liege eine Doppelsichtigkeit vor. Die Lese- und Fahrtauglichkeit sei hierdurch stark gemindert. Mehrfach wöchentlich komme es zu sich in kurzen Abständen wiederholenden „Dreh-Schwindelanfällen“, insbesondere nach der Ausführung von Tätigkeiten über eine Dauer von einer halben Stunde bis zu eineinhalb Stunden. Diese Anfälle seien häufig mit Übelkeitsanfällen, Brechreiz bis hin zu ohnmachtsähnlichen Anfällen verbunden wie z.B. am 04.10.2016. In all diesen Fällen sei eine mindestens in gleicher Länge andauernde Erholungs- bzw. Schlafphase notwendig. Alltägliche Dinge wie Treppensteigen, Einkaufen, Wäschewaschen oder Aufräumen führten häufig nach kurzer Zeit zu gleichartigen Anfällen. Da diese häufig zu Gesichtsfeldausfällen führten, sei weder die Durchführung eines längeren Gesprächs noch ein konzentriertes Zuhören, insbesondere bei gleichzeitigem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Wort bzw. Töne mehrerer Menschen möglich. Eine volle, aber auch eine teilweise Erwerbstätigkeit sei unter diesen Bedingungen nicht denkbar. Alle Symptome kündigten sich nicht an, es bestehe permanent die latente Gefahr eines Zwischenfalls. Aufgrund dieser Gefahren verzichte er aktuell auf das Führen eines Kfz. Er befinde sich weiterhin in kardiologischer Behandlung. Es sei eine koronare Herzerkrankung festgestellt worden. Der Kläger legte weitere medizinische Unterlagen (Bericht der K2 vom 26.10.2016 über eine Kernspintomographie des linken Kniegelenks vom 25.10.2016 und des E vom 23.11.2016 über eine Kernspintomographie des linken Schultergelenks vom 22.11.2016, die Zusammenfassungen des LG-EKG-Auswertezentrums S vom 28./29.11.2016 und 18./19.01.2018, die Arztbriefe des R vom 13.12.2016, 18.12.2017 und 17.01.2018, den Bericht des H1 vom 12.05.2017 über eine Schilddrüsenuntersuchung vom 11.05.2017, den Bericht der L des MVZ am Klinikum P vom 26.06.2017 über die ambulante Vorstellung dort an diesem Tag, den Arztbrief der F vom 24.08.2017, den Bericht der chirurgischen Gemeinschaftspraxis Dres. E1/O vom 06.12.2017, den Bericht des Universitätsklinikums H, Tagesklinik InnereMed.III vom 10.10.2018 über eine Herzkatheteruntersuchung von diesem Tag, den Bericht des P2 vom 30.01.2018) und eine eigene Auflistung von Behandlungen vor.

Herr K1 gelangte in einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 22.02.2018 zu der Einschätzung, dass auch unter Berücksichtigung der neu vorgelegten Unterlagen das Leistungsvermögen des Klägers nicht relevant eingeschränkt sei. Dem schloss sich S1 mit Vermerk vom 27.02.2018 an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2018, dem Klägervertreter am 02.05.2018 zugegangen, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Auch unter Berücksichtigung der mit dem Widerspruch vorgelegten Unterlagen seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Ausübung einer Berufstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wie auch als Produktionsleiter durch die Gesundheitsstörungen wesentlich eingeschränkt sei.

Hiergegen hat der Kläger am 01.06.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat er auf seine Widerspruchsbegründung verwiesen und gerügt, dass die Beklagte insbesondere seine koronare Herzerkrankung nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt habe, außerdem sei sein Orthopäde nicht befragt worden. Er leide regelmäßig an „Zusammenbrüchen“, welche die Beklagte für nicht schwerwiegend erachte. Dies sei nicht nachvollziehbar, er sei wegen diese Zwischenfälle nicht mehr in der Lage, ein Fahrzeug zu führen.

Das SG hat Beweis erhoben durch Befragung der vom Kläger benannten Behandler als sachverständige Zeugen.

F1 hat unter dem 05.11.2018 über die Behandlung des Klägers seit März 2018 berichtet. Diagnostisch liege im Kern eine Angst vor kardialen bzw. vom Kläger für kardial gehaltenen Störungen, letztlich Todesangst bei anankastisch akzentuierter Persönlichkeitsstruktur vor, damit auch Angst vor beruflichem Versagen. Im Verlauf der Behandlung sei keine Änderung eingetreten. Er halte den Kläger nicht für in der Lage, mindestens sechs Stunden arbeitstäglich einer Berufstätigkeit nachzugehen. Seine zwanghafte, perfektionistische Grundhaltung erlaube es ihm nicht, im Beruf weniger abzuliefern als das Optimum, bzw. das, was der Kläger dafür halte. Hundertprozentige Leistungsfähigkeit und Leistung seien für den Kläger nie das Ziel seiner Arbeit, sondern die Voraussetzung dafür gewesen. Nach seiner Ansicht könne er, jedenfalls in seinem Beruf, nur arbeiten, wenn er absolut verlässlich, sicher, eben perfekt arbeiten könne. Und dazu müsse er sich auf jeden Fall absolut auf die Funktionsfähigkeit seines Körpers verlassen können. Dies sei für den Kläger auch keine quantitative, sondern eine qualitative, also prinzipielle Frage. Entweder es gehe oder es gehe nicht. Dies gelte sowohl für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als auch für eine Tätigkeit als Produktionsleiter. Diese Persönlichkeitsakzentuierung dürfte schon immer bestanden haben. Der Beginn der phobischen Angstentwicklung habe entscheidend zu tun gehabt mit der Synkope oder dem synkopeähnlichen Ereignis vom 04.10.2016, mit einer von anderen Anwesenden geschätzten Bewusstlosigkeit von ca. 30 Sekunden. Wenn die somatischen Befunde tatsächlich die Symptomatik des Klägers nicht und zumindest nicht in dem Ausmaß erklärten, müsse er annehmen, dass die Einschränkungen psychosomatischer Natur seien. Simulation und/oder Aggravation schließe er aus.

M hat unter dem 07.11.2018 mitgeteilt, dass sich der Kläger im Juni und Juli 2017 zu Behandlungen in der Praxis befunden habe. Er habe anamnestisch angegeben, im Oktober 2016 einen Apoplex erlitten zu haben und habe sich mit zeitweise auftretenden Doppelbildern vorgestellt. In der Perimetrie habe sich an beiden Augen eine Gesichtsfeldeinschränkung gezeigt, die aber eher durch eine Blepharochalasis als durch einen stattgehabten Apoplex erklärbar sei. Als Zufallsbefund habe sich ein Netzhautdefekt gezeigt, eine Abriegelung mit einer Retinopexie sei in der Klinik für Augenheilkunde der V-Kliniken K am 14.06.2017 durchgeführt worden. Bei der Verlaufskontrolle am 22.06.2017 habe sich eine erneute Glaskörper-Traktion gezeigt, die am selben Tag erneut mit dem Argonlaser umstellt worden sei. Eine Kontrolluntersuchung sei am 05.07.2017 erfolgt. Für die zeitweise auftretenden Doppelbilder habe sich auf augenärztlichem Fachgebiet keine Ursache gefunden. Mit den erhobenen augenärztlichen Befunden seien Tätigkeiten als Produktionsleiter möglich, Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit lägen nicht vor. Ob auf dem Gebiet der Neurologie Einschränkungen bestünden bei angegebenem Zustand nach Apoplex, sei ihr nicht bekannt.

R hat unter dem 12.11.2018 über die Behandlung des Klägers von 2001 bis Januar 2018 berichtet, hierzu die Berichte vom 17.01.2018, 18.12.2017, 01.08.2017 und 13.12.2016 vorgelegt und auf diese verwiesen. Die berufliche Leistungsfähigkeit sei nicht Gegenstand der Behandlung gewesen, hierzu könne er sich nicht äußern.

Der Hausarzt des Klägers, Herr B hat über die Behandlung des Klägers seit Juli 2015, mindestens einmal monatlich berichtet. Vorwiegend klage der Kläger über Schwäche, Müdigkeit, Leistungsverlust, mitunter auch von stattgehabtem Bewusstseinsverlust. Es bestünden kardiale Vorerkrankungen, die die beklagten Symptome verursachen könnten. Abklärungen durch einen Spezialisten hätten dies nicht bestätigt, weswegen zuletzt eine psychische Ursache vermutet worden sei. Im Laufe der Behandlung habe er keine wesentliche Änderung im Gesundheitszustand des Klägers festgestellt. Der Kläger sei aktuell nicht in der Lage, eine Arbeitstätigkeit mindestens sechs Stunden täglich auszuüben wegen wiederkehrend auftretendem Schwindel mit Bewusstseinsstörungen. Aktuell seien für den Kläger die geklagten Beschwerden nicht vorhersehbar, weshalb er arbeitsunfähig sei. Dies gelte seit 2016. In der Zusammenschau aller erhobenen Befunde sei von einer psychosomatischen Ursache auszugehen.

Nach vorheriger Ankündigung hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2019 abgewiesen. Der Kläger habe weder Anspruch auf die Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI noch von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, da er auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und auch bezogen auf seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Produktionsleiter über ein arbeitstägliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden im Rahmen einer Fünf-Tage-Woche verfüge. Die Gesundheitsstörungen auf internistischem Fachgebiet begründeten keine rentenrelevante Leistungseinschränkung, was für das SG aus den Feststellungen des P1 und des Sozialmediziners K1 folge, wobei es sich der Einschätzung in dessen Gutachten, das es im Wege des Urkundsbeweises verwerte, anschließe. Danach sei das Leistungsvermögen des Klägers trotz der bestehenden kardialen Erkrankungen sowohl für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch für die zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Produktionsleiter zeitlich nicht eingeschränkt. Es bestünden lediglich qualitative Einschränkungen in Bezug auf Arbeiten in besonders verletzungsgefährdenden Bereichen, mit Absturzrisiken und mit hohen Anforderungen an die Trittsicherheit. Auch die Beweiserhebung im Klageverfahren bestätige diese Einschätzung, insbesondere die beigezogenen kardiologischen Berichte des R. Die vom Kläger vorgebrachten Schwindelbeschwerden begründeten ebenfalls keine rentenrelevante Leistungsminderung. Zwar leide der Kläger an wiederkehrendem Schwindel bei vorbeschriebener Schädigung des linken Gleichgewichtsnervs, wie auch von K1 dargestellt. Gegen einen Leidensdruck und eine tatsächliche Beeinträchtigung von Aktivität und Teilhabe hierdurch spreche aber, dass der Kläger deshalb ausweislich der vorliegenden Unterlagen letztmalig im August 2017 bei der F vorstellig geworden sei, welche weiteren Diagnostikbedarf attestiert und zu konsequentem Schwindeltraining geraten habe, da die angegebenen Beschwerden mit den erhobenen Befunden nicht ausreichend erklärbar waren. Eine weitere neurologische Abklärung oder Behandlung sei aber nicht belegt. Auch habe der Kläger keine Behandlungsmaßnahmen, wie spezifische medikamentöse Behandlung oder physikalische Maßnahmen, wie Schwindeltraining oder Physiotherapie, durchgeführt, was ebenso gegen einen stärkeren Leidensdruck spreche. Auch ein Schwindelkalender bezüglich Intensität, Dauer und Häufigkeit der Schwindelanfälle werde nicht geführt. Daher seien die Angaben des Klägers, er habe mehrfach in der Woche wiederholt Drehschwindelanfälle mit Übelkeitsanfällen, Brechreiz bis hin zu ohnmachtsähnlichen Anfällen, nicht belegt. Zwar habe der Kläger während der Begutachtung durch K1 auch über einen Drehschwindel im Sitzen geklagt, hierbei habe der Gutachter aber keine auffälligen Augenbewegungen und eine regelmäßige Pulsfrequenz festgestellt und ausgeführt, die Beschwerden hätten sich nach einigen Minuten wieder gebessert, was ebenso das Vorbringen des Klägers nicht stütze. Soweit F1 auf psychiatrischem Fachgebiet eine Leistungsminderung beschreibe, könne sich das SG dem nicht anschließend. Seine Auskunft enthalte keine tragfähigen Anhaltspunkte für eine relevante Leistungseinschränkung. Er habe seine Einschätzung nicht mit Befunden begründet, sondern beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der anamnestischen Angaben des Klägers, was nicht überzeuge. Auch die Diagnose „Todesangst“ sei nicht nachvollziehbar, da eine solche Diagnose unter dem bezeichneten Klassifikationssystem gar nicht aufgelistet sei. Auch die fehlende Pharmakotherapie spreche gegen einen stärkeren Leidensdruck, ebenso die fehlende Einleitung weiterer Behandlungen, medikamentös oder stationär, was bei einer schweren Beeinträchtigung durch Angstzustände angezeigt wäre. Schließlich habe sich auch bei der Begutachtung durch K1 kein Anhalt für eine Leistungseinschränkung auf psychiatrischem Fachgebiet gezeigt. Der psychische Befund habe keinerlei kognitive Störungen und auch keine Zeichen einer schweren depressiven Störung oder einer Antriebsstörung gezeigt. Zwar habe der Kläger angegeben, seine Herzrhythmusstörungen machten ihm Angst, hieraus könne aber nicht gefolgert werden, dass bereits eine Angststörung mit Rentenrelevanz vorliege. Denn insbesondere bei Angststörungen liege auch häufig eine psychische Komorbidität vor, insbesondere mit Entwicklung einer depressiven Symptomatik, was im Falle des Klägers gerade nicht belegt sei. Soweit B von einem herabgesetzten Leistungsvermögen aufgrund psychosomatischer Ursache ausgehe, führe auch dies zu keiner anderen Einschätzung. Denn maßgeblich sei nicht die Ursache oder Diagnose eines Leidens, sondern die Beeinflussung des individuellen quantitativen sowie qualitativen Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen. Auch begründe B seine Einschätzung nicht mit entsprechenden Befunden. Auf augenärztlichem Fachgebiet bestehe ebenfalls keine zeitliche Leistungseinschränkung. Der Kläger leide an beiden Augen an einer Gesichtsfeldeinschränkung, die jedoch nicht zu einer Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit führe, was sich für das SG aus der Auskunft der M ergebe. Die fehlende augenärztliche Behandlung seit Juli 2017 spreche insoweit auch gegen einen stärkeren Leidensdruck. Insgesamt sei daher das Leistungsvermögen des Klägers nicht rentenrelevant eingeschränkt. Auch seine zuletzt ausgeübte versicherungspflichte Beschäftigung als Produktionsleiter mit hauptsächlich administrativen Tätigkeiten könne der Kläger weiterhin ausüben.

Gegen den dem Klägervertreter am 16.07.2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.08.2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und diese mit Schreiben vom 29.04.2020 dahingehend begründet, dass er weiterhin arbeitsunfähig sei und dieser Zustand bereits seit 2016 ohne wesentliche Verbesserung anhalte. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das SG sich auf das Gutachten von K1 und P1 stütze, nicht aber die vorliegenden Auskünfte der sachverständigen Zeugen B und F1 berücksichtige. Auch lasse sich der Auskunft des R keine Aussage zum zeitlichen Leistungsvermögen entnehmen. Die koronare Herzerkrankung sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, insoweit sei eine gutachtliche Abklärung von Amts wegen erforderlich. Er habe im Jahr 2020 an Nierensteinen gelitten und Vorhofflimmern, weshalb mehrfach stationäre Krankenhausaufenthalte erforderlich waren. Hierzu hat er Berichte des S-T- Klinikums P vom 17.03.2020 und 21.04.2020 vorgelegt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch ergänzende Befragung der M, des R und des B über den weiteren Verlauf seit deren im Klageverfahren erteilten Auskünften sowie durch Befragung von H2, bei der der Kläger im Juli 2020 eine psychotherapeutische Behandlung aufgenommen hat.

M hat mitgeteilt, dass der Kläger sich nach 2017 weiterhin nicht mehr vorgestellt habe. R hat über die Behandlung des Klägers zuletzt am 06.07.2020 berichtet. Im Verlauf der Behandlung seit 2001 seien seit 2010 Herzrhythmusstörungen und Kreislaufstörungen aufgetreten. Die Gesundheitsstörungen im Herz-Kreislauf-Bereich hätten sich nachteilig auf die berufliche Tätigkeit des Klägers ausgewirkt. Er hat seine Berichte vom 06.07.2020, 04.02.2020 und 20.12.2018 vorgelegt.
H2 hat über 9 von 20 beantragten und bewilligten Therapiesitzungen seit Juli 2020 berichtet. Sie habe die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, ggw. mittelgradig, einer Somatisierungsstörung mit vorwiegend ängstlichem Verarbeitungsmodus und einer Persönlichkeitsstruktur mit perfektionistischen und leistungsorientierten Zügen gestellt. Der Kläger habe zu Beginn der Behandlung eine Vielzahl körperlicher und psychischer Symptome berichtet, welche sie im Rahmen einer depressiven Störung und Angststörung erfasst habe. Er habe sich stark zurückgezogen, grüble viel und schlafe schlecht. Die negative Aufmerksamkeitsfokussierung auf die körperlichen Phänomene habe bereits vorher bestanden und noch nicht erfolgreich reduziert werden können. Er leide stark unter massiv reduzierter Leistungsfähigkeit und sei oft stark müde, selbst die Ausführung einfacher Haushaltstätigkeiten falle ihm schwer. Starke Probleme würden sich aus seiner gestörten Sehfähigkeit ergeben, teilweise sei ihm der Weg zur Praxis unmöglich gewesen, weil er nicht das Auto habe fahren können. Trotz medizinischer Maßnahmen und hoher Behandlungsmotivation habe seit Oktober 2016 keine relevante/dauerhafte Verbesserung stattgefunden. Aktuell sei die depressive Symptomatik erneut stark zugespitzt. Die ambulante Therapie sei bei F1 begonnen worden. Der aktuelle Zustand ermögliche noch keine stabile Prognose. Aufgrund des chronischen Verlaufs sei keine rasche und umfassende Veränderung möglich. Aktuell sei die Arbeits- und Leistungsfähigkeit nach wie vor massiv eingeschränkt. Konkret habe sie beobachtet, dass die Fahrt zur Praxis mit einer Dauer von ca. 35 min, eine anschließende Sitzung von 50 min und die Rückfahrt anschließend eine Ruhepause von mindestens einer Stunde erforderten, der Kläger vorher nicht in der Lage sei, eine andere Tätigkeit aufzunehmen. Auch könne er die Rückfahrt nicht unmittelbar nach der Sitzung antreten, er benötige eine Pause von mindestens 15 min. Die Sehstörungen wirkten sich nachteilig auf die Fahrten, die Konzentrationsleitung und das Arbeiten am PC aus. Arbeiten am PC sei für den Kläger für maximal 30 min möglich. Auch innerhalb der Sitzung komme es oft zu starken Konzentrationsstörungen. Die Stresstoleranz sei stark reduziert. Arbeiten unter Zeitdruck sei nicht möglich. Die Problematik des Klägers müsse zwingend auch die somatischen Vorbefunde/Veränderungen berücksichtigen, auch wenn aktuell in Folge der körperlichen Verschlechterungen psychische Folgestörungen vorhanden seien.
B hat berichtet, dass seit seiner Auskunft gegenüber dem SG im September 2019 eine somatoforme autonome Funktionsstörung, im Oktober 2019 eine Angststörung und Adipositas, im Februar 2020 Nephrolithiasis (Rezidiv), im Juli 2020 tachykardes VHF und V.a. TBVT diagnostiziert worden seien. Hierzu hat er auf beigefügte Berichte (Arztbriefe des R vom 20.12.2018, 04.02.2020 und 06.07.2020, den Bericht des S-T-Klinikums, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychtherapie, vom 15.08.2019 über ein ambulantes vorstationäres Gespräch am 13.08.2019, den Bericht des S2 vom 17.02.2020 über eine histologische Gewebeuntersuchung aus dem Muskulus deltoideus rechts, die Berichte des S-T-Klinikums vom 15.02.2020, 17.03.2020 und 21.04.2020 sowie den Bericht des S3 vom 29.05.2020) und einen Karteiauszug verwiesen. Der Zustand habe sich bezüglich der körperlichen und seelischen Belastbarkeit aggraviert. Es sei ein vermehrter sozialer Rückzug zu verzeichnen, aufgrund dessen sei es zu einem Bewegungsmangel gekommen, der zu einer Gewichtszunahme von mindestens 20 kg und hierdurch zu einer verminderten körperlichen Belastbarkeit geführt habe. Aufgrund rezidivierender Schwindelattacken, teils mit Synkopen, Gemütsschwankungen und persistierender Konzentrationsschwierigkeiten sei der Kläger nur sehr eingeschränkt arbeitsfähig gewesen. Maßgeblich seien sowohl die Psychosomatik als auch die innere Medizin/Kardiologie.

Der Kläger hat in einem mit der Berichterstatterin des Senats am 14.09.2021 durchgeführten Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage nähere Angaben zu seiner letzten beruflichen Tätigkeit gemacht, im Nachgang hierzu seinen Vertrag und eine weitere Beschreibung seines beruflichen Werdegangs vorgelegt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 2. Juli 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20. November 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. April 2018 zu verurteilen, ihm bezogen auf seinen Antrag vom 26. September 2017 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise auch bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.


Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat die Reha- und Rentenakte des Klägers, den Versicherungsverlauf des Klägers vom 20.05.2021 und eine sozialmedizinische Stellungnahme der H3 vom 13.04.2021 vorgelegt, die auch in Kenntnis der sachverständigen Zeugenauskünfte keine Minderung des Leistungsvermögens des Klägers sieht. Weiter hat sie zu den Angaben des Klägers in Bezug auf seine berufliche Tätigkeit eine sozialmedizinische Stellungnahme des L1 vom 09.02.2022 vorgelegt, der auch im Hinblick auf die neueren Tätigkeitsbeschreibungen des Klägers keine Zweifel daran habe, dass der Kläger diese Tätigkeit weiterhin mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben könne.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.



Entscheidungsgründe

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden konnte, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
 
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 02.07.2019 ist nicht zu beanstanden, der Bescheid vom 20.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat weder einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung noch einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

1. Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
 
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI.

Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in KassKomm, 117. EL Dezember 2021, SGB VI, § 43 Rn. 58 und 30 ff.).

Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten.

Eine Erwerbsminderung des Klägers, das heißt ein Absinken seiner beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht feststellen. Vielmehr ist der Kläger unter Berücksichtigung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts bei Beachtung qualitativer Einschränkungen mehr als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Das SG hat dies in der angefochtenen Entscheidung unter zutreffender Darstellung des Sachverhalts und Würdigung der vorliegenden medizinischen Befunde ausführlich dargelegt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an und verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung. Zu keiner anderen Einschätzung gelangt der Senat unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten im Berufungsverfahren und der vom Senat durchgeführten Beweiserhebungen. Auch durch die erneute Auskunft und Arztbriefe des R wird die Einschätzung des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des K1 einschließlich des Berichts des P1, das im Wege des Urkundsbeweises verwertbar ist, bestätigt, ebenso durch die erneute Auskunft der M. Soweit demgegenüber B in seiner erneuten Auskunft und H2 in ihrer sachverständigen Zeugenauskunft eine relevante Leistungseinschränkung des Klägers annehmen, kann sich der Senat dieser Einschätzung nicht anschließen.

Keine relevante Leistungseinschränkung besteht bei dem Kläger weiterhin auf ophthalmologischem Fachgebiet. Zwar bestehen beim Kläger an beiden Augen Gesichtsfelddefekte. Diese sind aber unspezifisch peripher und am ehesten bedingt durch eine Blepharochalasis (Schwellung und nachfolgende Erschlaffung der Augenlider). Weiter wurde bei dem Kläger als Zufallsbefund im Juni 2017 ein Netzhautdefekt am rechten Auge festgestellt und operiert und zeigte sich bei der Nachkontrolle im Juli 2017 eine erneute Glaskörper-Traktion, welche erneut mit dem Argonlaser behandelt werden musste. Aber weder die peripheren Gesichtsfeldeinschränkungen noch der Zustand nach Retinopexie aufgrund Netzhautforamina und Glaskörpertraktion wirken sich nachteilig auf eine berufliche Tätigkeit aus. Dies folgt für den Senat aus den Angaben der M in deren sachverständigen Zeugenauskünften, mit denen sie die erhobenen Befunde mitgeteilt und auf deren Grundlage nachvollziehbar mitgeteilt hat, dass die augenärztlichen Befunde weder eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einer Tätigkeit als Produktionsleiter entgegenstehen. Bestätigt wird dies durch den Bericht der V-Kliniken K vom 14.06.2017, aus dem sich keine Einschränkung der Sehschärfe ergibt. Zwar beschreibt der Kläger, er leide nahezu täglich unter massiven Gesichtsfeldausfällen und ständigen Doppelbildern, was er auch für geklagte Konzentrationsstörungen mitverantwortlich macht und zusammen mit weiter geklagten Schwindelanfällen als Einschränkung in Bezug auf das Führen eines Fahrzeuges angibt. Aber M konnte nur periphere Gesichtsfeldeinschränkungen ohne relevante Beeinträchtigung des Sehvermögens feststellen, für die vom Kläger angegebenen Doppelbilder fand sich keine Ursache. Dass der Kläger nach Juli 2017 nochmals bei einem Augenarzt vorstellig geworden und insoweit eine Veränderung der Befunde eingetreten wäre, ist weder konkret vorgetragen noch bestehen sonst konkrete Anhaltspunkte hierfür.

Gleiches gilt für das HNO-ärztliche und neurologische Fachgebiet. Zwar beschreibt der Kläger neben ständigen Doppelbildern und Gesichtsfeldausfällen mit erheblich eingeschränktem minimalen Sichtfeld auch erhebliche Gleichgewichtsstörungen, mehrfach wöchentlich auftretende Schwindelanfälle mit Übelkeit, Brechreiz, ohnmachtsartige Anfälle, die seine Lese- und Fahrfähigkeit massiv beeinträchtigten, seine Belastbarkeit erheblich herabsetzten und einen massiven Erholungs- und Schlafbedarf begründeten. Allerdings hat auch insoweit lediglich im Juli und August 2017 eine HNO-ärztliche Abklärung bei F stattgefunden, die zwar eine Mindererregbarkeit des linken horizontalen Bogengangs feststellte. Die geschilderten Schwindelbeschwerden wurden durch das Untersuchungsergebnis aber nicht hinreichend erklärt. Die von F veranlasste Kernspintomographie des Schädels vom 15.08.2017 erbrachte abgesehen von einer geringen Mikroangiopathie einen unauffälligen Befund des Neurokraniums. Bei der Wiedervorstellung am 23.08.2017 hielt F fest, dass eine erweiterte Schwindeldiagnostik möglich sei, zunächst aber das Schwindeltraining intensiviert werden sollte, welches der Kläger nicht in der von ihr empfohlenen Häufigkeit durchgeführt hatte. Eine neurologische Abklärung des Schwindels erfolgte einmalig bei L am 26.06.2017. Der Kläger gab zwar während und nach der Untersuchung intermittierende Doppelbilder vertikal übereinander stehend an, die z.T. bei Konzentration verschwanden. Der neurologische Befund war aber insgesamt unauffällig, der vom Kläger beschriebene Schwindel wurde am ehesten als Nebenwirkung der antihypertensiven Medikation eingeordnet. Auch insoweit ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich eine Veränderung ergeben hätte oder dass weitere fachärztliche Vorstellungen erfolgt wären. Damit ist der Senat der Überzeugung, dass weder auf ophtalmologischem noch auf HNO-ärztlichem oder neurologischem Fachgebiet Gesundheitsstörungen vorliegen, die die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers einschränken.

Im Vordergrund stehen bei dem Kläger vielmehr die Erkrankungen auf internistischem und psychiatrisch-psychosomatischem Fachgebiet.

Bei dem Kläger erfolgte 1979 ein Aortenklappenersatz und der operative Verschluss eines Ventrikelseptumdefekts, ein erneuter Aortenklappenersatz bei degenerierter Bioprothese erfolgte 1984. Im Juli 1997 erlitt der Kläger einen cerebrovasculären Insult mit armbetonter Symptomatik links. Nach Vorhofflattern wurde im August 2011 erfolgreich eine Kardioversion und im Januar 2013 eine erfolgreiche cavotricuspidale Isthmusablation durchgeführt. Am 04.10.2016 erlitt er eine Synkopie, am 02.12.2016 wurde erfolgreich eine Isolation aller Pulmonalvenen durchgeführt. Bei dem Kläger wurde eine Koronarsklerose ohne hämodynamisch wesentliche Stenosen festgestellt und er leidet unter wiederkehrendem paroxysmalem Vorhofflimmern, arterieller Hypertonie und Hypercholesterinämie. Die Hypercholesterinämie ist mild ausgeprägt, die Hypertonie medikamentös eingestellt. Durch das paroxysmale Vorhofflimmern bestehen ebenfalls nur milde Beschwerden. Hierbei stützt sich der Senat auf die Feststellungen des P1 und K1 sowie die von R vorgelegten Arztbriefe. Dem aktuellsten Bericht des R vom 06.07.2020 lässt sich entnehmen, dass der Kläger sich vorstellte, weil er seit zwei Tagen Vorhofflimmern hatte und sich dabei unwohl fühlte. Während des Aufenthalts in der Praxis endete das Vorhofflimmern und es bestand wieder ein normofrequenter Sinusrhythmus. Der Befund in der Farbdopplerechokardiografie hatte sich gegenüber der Voruntersuchung nicht geändert. Bei der vorangegangenen Vorstellung des Klägers bei R wurden die gleichen Diagnosen gestellt. Es erfolgte ein Belastungs-EKG, das bis 125 Watt unauffällig war mit einer maximalen Herzfrequenz von 111/min. Es zeigte sich eine biventrikulär normale systolische Funktion, eine regelrechte Funktion der Aortenklappen-Alloprothese mit chronisch leicht erhöhtem Gradienten. Die kardialen Befunde waren stabil, die Pumpkraft beider Herzkammern normal, der Druck im rechten Vorhof und in der Lungenschlagader war nicht erhöht. Die Aortenklappen-Alloprothese war strukturell unauffällig, funktionell bestand ein leicht erhöhter Gradient, wobei es sich um einen bekannten Befund handelt. Das Belastungs-EKG war unauffällig. Damit steht fest, dass sich gegenüber den bereits von K1 in seinem Gutachten berücksichtigten Befunden, wie sie von P1 in seinem Bericht und von R in seinen vorhergehenden Arztbriefen beschrieben wurden, keine relevante Verschlechterung ergeben hat und den Erkrankungen auf internistischem Fachgebiet insgesamt durch die Beschränkung auf leichte körperliche Tätigkeiten in Wechselhaltung ohne Nachtschicht, ohne Arbeiten in besonders verletzungsgefährdenden Bereichen ausreichend begegnet werden kann, so dass keine quantitative Leistungseinschränkung festgestellt werden kann.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Schilddrüsenfunktionsstörung und der wiederholt aufgetretenen Nierensteine. Auch hieraus folgt keine zeitliche Leistungseinschränkung, lediglich kurzzeitige Arbeitsunfähigkeit insbesondere während der stationären Behandlungen.

Nicht nachvollziehbar ist die wiederholte Rüge des Klägers, dass er an einer koronaren Herzerkrankung leide, die nicht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt werde. Insoweit hat R auch im Bericht vom 20.07.2020 angegeben, dass keine hämodynamisch wesentlichen Stenosen vorliegen. Welche funktionellen Einschränkungen der Kläger hieraus ableiten möchte, bleibt unklar.

Nachdem für die vom Kläger geschilderten Beschwerden weder auf augenärztlichem noch auf HNO-ärztlichem, neurologischem oder kardiologischem Fachgebiet hinreichende Ursachen festgestellt werden konnten, wurden die Beschwerden dem psychiatrischen bzw. psychosomatischen Fachgebiet zugeordnet. Von dem den Kläger zunächst behandelnden Facharzt F1 wurden sie laut seiner sachverständiger Zeugenauskunft im Kern diagnostisch als Todesangst bei anankastisch akzentuierter Persönlichkeitsstruktur und auch als Angst vor beruflichem Versagen eingeordnet, von der den Kläger ab Juli 2020 behandelnden H2 laut deren sachverständigen Zeuegnauskunft als rezidivierende depressive Störung, Somatisierungsstörung mit vorwiegend ängstlichem Verarbeitungsmodus und einer Persönlichkeitsstruktur mit perfektionistischen und leistungsorientierten Zügen. Die Ärzte der Klinik des S-T-Klinikums, bei denen sich der Kläger am 13.08.2019 vorstellte, sahen in der vom Kläger geschilderten Symptomatik laut deren Bericht vom 15.08.2019 am ehesten eine beginnende autonome somatoforme Funktionsstörung, eventuell mit einer im Hintergrund stehenden depressiven Entwicklung aufgrund des sich länger hinziehenden Rentenverfahrens. Bei der Feststellung einer zur Rentengewährung führenden Erwerbsminderung kommt es aber nicht auf die Diagnosestellung oder Bezeichnung von Befunden an. Vielmehr ist die Beeinflussung des Leistungsvermögens durch dauerhafte Gesundheitsstörungen zu prüfen (BSG, Beschluss vom 09.09.2019 - B 5 R 21/19 B -, Beck online, m. w. N.). Maßgeblich sind damit nicht die Diagnosen an sich, sondern Art und Ausmaß der mit den vorliegenden Erkrankungen verbundenen funktionellen Einschränkungen und Beeinträchtigungen in Bezug auf das berufliche Leistungsvermögen. Insoweit sieht der Senat aber keine relevante Leistungsminderung des Klägers.

Zwar geben F1, H2 und B an, dass der Kläger aufgrund seiner psychiatrisch-psychosomatischen Erkrankungen deutlich beeinträchtigt sei, allerdings verweisen sie im Wesentlichen auf die subjektiven Angaben des Klägers. Dies steht im Widerspruch zu den Feststellungen des K1 und dessen Einschätzung, der sich der Senat anschließt. Auch wenn er insoweit fachfremd urteilt, fand sich bei der Untersuchung durch ihn keine Störung des formalen und inhaltlichen Denkens, der Konzentration oder der Merkfähigkeit. Es waren auch keine Zeichen einer schweren depressiven Störung oder einer Antriebsstörung zu erkennen, ebenso wenig eine vorzeitige Erschöpfung.

Sowohl F1 als auch H2 haben in ihren sachverständigen Zeugenauskünften auf die Frage nach den von ihnen erhobenen Befunden lediglich ihre diagnostische Einschätzung mitgeteilt und damit keinen Befund, der ihre Einschätzung begründen könnte. H2 schildert zwar konkrete Beispiele zur Begründung ihrer Einschätzung, diese gründen aber allesamt auf den subjektiven Angaben des Klägers, die sie unkritisch übernimmt, ohne dass eine Objektivierung erfolgt. So schilderte er ihr einen starken sozialen Rückzug und eine massiv gestörte Sehfähigkeit, die seine Fähigkeit ein Kfz zu führen zeitweise unmöglich mache, die ihm ein Arbeiten am PC für maximal 30 Minuten erlaube und seine Konzentrationsleistung erheblich beeinträchtigte. Insoweit ist aber einerseits auf den augenärztlichen Befund hinzuweisen, wonach keinerlei Beeinträchtigung der Sehfähigkeit vorliegt, auch nur periphere Gesichtsfeldeinschränkungen bestehen und der Kläger seit 2017 keine Veranlassung mehr gesehen hat, sich erneut augenärztlich vorzustellen. Andererseits ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits mit seinem Widerspruch und auch nachfolgend mehrfach angegeben hat, aus Angst vor Ohnmachtsanfällen, Schwindelanfällen und massiven Sehstörungen überhaupt nicht mehr Auto zu fahren. Dies steht aber im Widerspruch dazu, dass der Kläger nach den Angaben der H2 jedenfalls mehrfach die 35-minütigen Fahrten zu ihrer Praxis und zurück durchaus noch bewerkstelligt hat. Gegenüber den Ärzten der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, denen der Kläger sich am 13.08.2019 zu einem ambulanten vorstationären Gespräch zur Abklärung der Frage einer stationären/tagesklinischen psychosomatisch-psychotherapeutischen Behandlung vorstellte, hat der Kläger demgegenüber angegeben, dass er zwar sein früheres Hobby im Schießsport und das Motorradfahren aufgegeben habe, aber im Motorradclub noch ein gern gesehenes Mitglied sei, er Touren für die Kollegen ausarbeite, er einen guten Kontakt zu seinen beiden Töchtern und einen unproblematischen Kontakt zu seiner Ex-Frau habe. Wie bei der Untersuchung durch K1 waren auch in diesem Gespräch ausweislich des Berichts vom 15.08.2019 Auffassung, Konzentration und Gedächtnis nicht auffällig. Der Kläger war im inhaltlichen Denken geordnet, im formalen Denken leicht sprunghaft, leicht eingeengt auf die Symptomatik und problematischen Lebensbereiche, die affektive Schwingungsfähigkeit leicht vermindert, der Affekt eher indifferent. Dementsprechend wurde auch nur eine beginnende somatoforme Störung diagnostiziert. Eine stationäre Behandlung wurde nicht für notwendig erachtet, die Aufnahme einer ambulanten Richtlinienpsychotherapie mit wöchentlichen Terminen empfohlen. Auch angesichts dieses Befundes ist für den Senat die Annahme einer zeitlichen Leistungseinschränkung nicht nachvollziehbar. Dies gilt gleichsam für die Einschätzung des B. Auch er verweist insgesamt auf Fremdbefunde, die allerdings außer dem Bericht vom 15.08.2019 nicht das psychiatrisch-psychosomatische Fachgebiet betreffen. Damit bleibt auch im Berufungsverfahren die von F1, B und H2 angenommene Leistungseinschränkung nicht nachvollziehbar aus den bereits vom SG dargestellten Gründen. Aus der erneuten Auskunft des B sowie der Auskunft der H2 ist ersichtlich, dass weiterhin weder eine Medikation erfolgt noch eine anderweitige Intensivierung der Therapie erfolgt ist, was ebenfalls weiterhin gegen das Vorliegen einer schwereren Beeinträchtigung durch Erkrankungen auf psychiatrischem bzw. psychosomatischen Fachgebiet spricht.

Dafür, dass der Kläger seit Rentenantragstellung überhaupt nochmal eine Synkope oder einen ohmachtsähnlichen Anfall erlitten hätte, bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Abgesehen von dem Ereignis vom 04.10.2016 hat er kein weiteres solches Ereignis benannt. Soweit der Kläger Schwindelanfälle mit Sehstörungen, Brechreiz usw. sowie nachfolgender Müdigkeit und großem Erholungsbedürfnis angegeben hat, ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass diese in einer solchen Häufigkeit, mit einem solchen Ausmaß und einer solchen Dauer auftreten, dass hieraus nicht nur eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit, sondern eine mindestens sechs Monate andauernde Leistungseinschränkung folgen würde. So hat der Kläger sowohl während der neurologischen Untersuchung durch L das Vorhandensein von Doppelbildern angegeben, ohne dass im Befund irgendwelche Auffälligkeiten festzustellen waren, als auch während der gutachtlichen Untersuchung durch K1 das Auftreten eines Schwindelanfalls, ohne dass auffällige Augenbewegungen oder ein Anstieg der Pulsfrequenz festzustellen waren und ohne dass eine wesentliche Unterbrechung des Anamnesegesprächs erforderlich wurde. Auch hielt der Schwindel nach Angaben des Klägers lediglich wenige Minuten an, eine Erholungsphase war nicht erforderlich. Und soweit der Kläger noch gegenüber K1 angegeben hat, dass er Angst vor weiteren Anfällen habe und wegen der Schwindelbeschwerden kein Kfz mehr führe, steht dies, wie bereits ausgeführt, im Widerspruch dazu, dass er jedenfalls zu den stattgefundenen Behandlungsterminen bei H2 nach deren Auskunft die Fahrstrecke von jeweils 35 min selbst gefahren ist.

Eine zeitliche Leistungseinschränkung des Klägers folgt auch nicht aus seinen sonstigen Erkrankungen. Soweit der Kläger mehrfach gerügt hat, dass sein behandelnder Orthopäde nicht befragt worden sei, ist bereits nicht ersichtlich, wen er damit meint, da er keinen Orthopäden benannt hat, bei dem er in Behandlung stehen würde, ebenso wenig ist vorgetragen, an welchen Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet der Kläger leidet und welche funktionellen Einschränkungen damit verbunden sein sollen. Zwar wurden im Widerspruchsverfahren die Berichte über Kernspintomographien der linken Schulter vom 23.11.2016 und des linken Knies vom 26.10.2016 vorgelegt. Diese Berichte enthalten aber keine Befunde, die eine im maßgeblichen Zeitraum seit Rentenantragstellung relevante Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens des Klägers begründen würden. Im Übrigen waren diese Berichte auch nicht an einen Orthopäden gerichtet, sondern an den damaligen Hausarzt des Klägers. Der Praxisnachfolger und aktuelle Hausarzt des Klägers B hat in seinen Auskünften weder eine Diagnose auf orthopädischem Fachgebiet noch Einschränkungen des Klägers auf orthopädischem Fachgebiet im Hinblick auf seine berufliche Leistungsfähigkeit mitgeteilt. Damit bestehen insgesamt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei dem Kläger aufgrund einer Erkrankung auf orthopädischem Fachgebiet relevante funktionelle Einschränkungen mit einer Dauer von mehr als sechs Monate vorliegen würden, insoweit besteht auch kein Anlass für weitere Ermittlungen

Damit kann der Senat sich insgesamt nicht davon überzeugen, dass die Erkrankungen des Klägers für sich genommen sowie auch insgesamt zu einer mindestens sechs Monate andauernden auch zeitlichen Leistungseinschränkung geführt hätten. Die vorliegenden Gesundheitsstörungen mit den beschriebenen Einschränkungen können damit zwar das Spektrum der für den Kläger in Betracht kommenden Tätigkeiten einschränken, sie begründen aber keinen Zweifel an der weitgehend normalen betrieblichen Einsatzfähigkeit für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes.

Ein Rentenanspruch kann damit auch nicht auf die Grundsätze einer schweren spezifischen Leistungsbeeinträchtigung oder einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen gestützt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine volle Erwerbsminderung ausnahmsweise selbst bei einer mindestens sechsstündigen Erwerbsfähigkeit vor, wenn der Arbeitsmarkt wegen besonderer spezifischer Leistungseinschränkungen als verschlossen anzusehen ist. Dem liegt zugrunde, dass eine Verweisung auf die verbliebene Erwerbsfähigkeit nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1983 - 5a RKn 28/82 - und zuletzt BSG, Urteil vom 11.12.2019 - B 13 R 7/18 R -, Juris). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist bei Versicherten mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. Eine Verweisungstätigkeit braucht erst dann benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Ausgehend hiervon liegt bei dem Kläger unter Berücksichtigung der von ihm zu beachtenden qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Ebenso ist der Kläger in der Lage, einen Arbeitsplatz aufzusuchen und in der Lage, viermal täglich eine Strecke von 500 m in einem Zeitaufwand von unter 20 min zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, wie K1 für den Senat nachvollziehbar angibt. Außerdem verfügt der Kläger über ein eigenes Kfz, ist in der Lage dieses zu führen und führt es tatsächlich auch noch, wie sich der sachverständigen Zeugenauskunft von H2 entnehmen lässt.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Bei dem Kläger, der 1958 und damit vor dem Stichtag geboren ist, ist auch keine Berufsunfähigkeit in diesem Sinne eingetreten, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat.

Unabhängig davon, wie die vom Kläger, der über eine abgeschlossene Ausbildung zum Werkzeugmacher und eine nachfolgende Ausbildung zum Maschinenbautechniker verfügt, zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Produktionsleiter unter Zugrundelegung des vom BSG entwickelten Mehrstufenschemas (vgl. Gürtner in Kass-Komm, 110. EL Juli 2020, SGB VI, § 240 Rn. 24 ff.) einzustufen ist, ist ihm diese Tätigkeit jedenfalls weiterhin auch unter Berücksichtigung seiner oben dargestellten gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zumutbar, so dass eine Verweisung auf eine andere Tätigkeit nicht erforderlich ist. Es handelt sich dabei nach den eigenen Angaben des Klägers um eine vorwiegend administrative Bürotätigkeit und damit eine körperlich leichte Tätigkeit mit der Anleitung bzw. Koordination von acht Mitarbeitern, verbunden mit Fahrten zu Kunden. Aus den bereits oben beschriebenen Gründen besteht weder eine zeitliche Leistungseinschränkung noch eine qualitative Leistungseinschränkung, die dem Kläger die weitere Ausübung dieser Tätigkeit unmöglich gemacht hätte, wie von der Beklagten unter Verweis auf die von ihr vorgelegte sozialmedizinische Stellungnahme des L1 vom 09.02.2022 nachvollziehbar vorgetragen. Dem schließt sich der Senat an.

Damit ist die Berufung insgesamt zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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