Zum Anspruch eines Versicherten gegen den Rentenversicherungsträger auf Übernahme der Kosten für die Errichtung einer Garage und barrierefreie Pflasterwegen mit Handläufen.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 16.03.2021 und des Widerspruchsbescheids vom 07.07.2021 verurteilt, den Antrag des Klägers vom 20.11.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die erforderlichen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 60 % zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – (SGB IX).
Der 1973 geborene sowie aufgrund einer beidseitigen Retinopathia pigmentosa vollständig erblindete Kläger ist studierter Berufsmusiker und als Instrumentallehrer, Musikproduzent und als Jazzgitarrist tätig. Aktuell beschäftigt der Kläger für seine berufliche Tätigkeit in seinem eigenen Tonstudio, welches sich im Keller seines Wohnhauses befindet, zwei Assistenzkräfte. Aufgrund seiner Erblindung ist der Kläger in seinem Angebotsspektrum als selbständiger Musiker stark eingeschränkt. So ist ihm z. B. das sog. Blattspiel, d. h. das Spielen von Musikstücken beim ersten Lesen der Noten ohne vorheriges üben, nicht möglich. Auch hat der Kläger bereits die Erfahrung machen müssen, dass potentielle Auftraggebern durchaus Vorbehalte gegen das Engagement eines behinderten Künstlers haben, da diese sich vor Schwierigkeiten bei der Durchführung der Auftritte fürchten oder Zweifel an den Fähigkeiten eines blinden Musikers bestehen. Diese behinderungsbedingten Nachteile versucht der Kläger durch seine extreme Flexibilität bei seinen Engagements auszugleichen. So absolviert Kläger ein- bis zweimal die Woche kurzfriste Soloauftritte. Teilweise erhält er die jeweiligen Aufträge für Soloauftritte, die noch am selben Tag stattfinden, erst ein paar Stunden vor dem eigentlichen Auftritt. Eine feste Dauer haben die Soloauftritte nicht. Die Länge der Auftritte variiert; teilweise haben sie keine zeitliche Begrenzung. Daneben tritt der Kläger in offenen Formationen auf, d. h. in unterschiedlicher Besetzung mit anderen Musikern, im Gegensatz zu einer Band mit festen (Band )Mitgliedern.
Nach seinen Auftritten stellt der Transport des Equipments, bestehend aus zwei Gitarren, einem Röhrenverstärker und einem Pedalboard, das einen Gesamtwert von ca. 21.000 Euro hat und bis zu 40 Kilogramm wiegt, eine erhebliche Herausforderung für den Kläger dar. Eine Begleitung durch Assistenzkräfte bei seinen Auftritten erfolgt nicht, weshalb ihm der Transport selbst obliegt. Oft ist er nach seinen (stunden-)langen und abendlichen bzw. nächtlichen Auftritten körperlich dermaßen erschöpft, sodass ihm der Transport des schweren Equipments nicht leichtfällt. Nur gelegentlich unterstützen ihn dabei andere Musiker nach den gemeinsamen Auftritten in der offenen Formation; hierbei handelt es sich aber um reine Gefälligkeiten. Daher nimmt der Kläger oft ein Taxi zu seinen Auftritten und anschließend nach Hause. Am Ende der meisten Taxifahrten lädt er sein Equipment selbständig aus dem Taxi auf den Bürgersteig vor seinem Wohnhaus. Von dort aus trägt der Kläger es dann einhändig zu seinem Wohnhaus, da er in der anderen Hand seinen Blindenlangstock zum Ertasten des Weges benutzt.
Am 20.11.2020 beantragte der Kläger in einem persönlichen Beratungsgespräch bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Förderung des barrierefreien Zugangs von der an sein Wohngrundstück angrenzenden Straße zu einer noch auf dem Grundstück zu errichtenden Garage und von dort aus zum im Wohnhaus gelegenen Tonstudio. Zur Begründung führte der Kläger aus, dass er hierdurch selbständig sein Equipment verladen könne und damit seine erforderliche Flexibilität für sein Engagement aufrechterhalten.
Mit Schreiben vom 08.12.2020 zog die Beklagte die örtliche Agentur für Arbeit Marburg zur Begutachtung des Rehabilitationsbedarfs des Klägers hinzu. Der technische Beratungsdienst führte am 01.01.2021 eine Betriebsbesichtigung am Wohnsitz des Klägers in dessen Anwesenheit durch. Mit Schreiben vom 05.01.2021 teilte der technische Berater Dipl.-Ing. D. seine Bedenken, die sich aus dem Vororttermin gegenüber eine bauliche Lösung ergaben, dem Kläger mit. Letzterer nahm daraufhin mit Schreiben vom 05.02.2021 nochmals Stellung zur angedachten baulichen Lösung.
In der fachtechnischen Stellungnahme vom 22.02.2021 kam der technische Berater Dipl.-Ing. D. zur Feststellung, dass eine barrierefreie Gestaltung des Weges zum im Wohnhaus gelegenen Tonstudio und der geplanten Garage zwar bautechnisch, jedoch nicht unfallfrei möglich sei. So seien insbesondere das einhändige Tragen des schweren Equipments, während der Kläger sich an dem angedachten Handlauf mit der anderen Hand orientiere, problematisch. Das Tragen von Gegenständen mit einem Gewicht von 40 kg sei einarmig ohne Trage- oder mobile Hilfe beinahe nicht möglich. Nach der Arbeitsschutzliteratur läge die Grenzhublast für gelegentliches zweiarmiges Heben bei Männern bei 55 kg. Auch biete eine Garage keinen ausreichenden Einbruchsschutz. Aus diesen Gründen sei deshalb von einer baulichen Lösung Abstand zu nehmen. Der technische Berater D. empfahl stattdessen ein berufsorientiertes Mobilitätstraining für das klägerische Wohnumfeld, einen finanziellen Ausgleich für Bandkollegen, die dem Kläger beim Transport seiner Musikinstrumente unterstützen, alternativ die Ausweitung der bestehenden Assistenz sowie Tragehilfen für das Musikequipment.
Mit streitgegenständlichen Bescheid vom 16.03.2021 lehnte die Beklagte den Antrag auf Bau- und Umbaumaßnahmen für eine Garage, ein Wegeleitsystem mit taktiler Wegepflasterung sowie einen Handlauf von der Haustür zur noch erstellenden Garage zur selbständigen Entladung des Musikequipments ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Kläger bereits die Kosten für eine Arbeitsassistenz durch den Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV Hessen) erstattet bekomme. Die Arbeitsassistenz könne Tätigkeiten, die der Kläger aufgrund seiner Erblindung selbst nicht ausführen könne, insbesondere das Entladen und Tragen des Musikequipments, übernehmen. Umbaumaßnahmen seien daher nicht erforderlich. Sofern der Umfang der bestehenden Arbeitsassistenz nicht genüge, solle der Kläger beim LWV Hessen eine Aufstockung beantragen.
Hiergegen legte der nunmehr anwaltlich vertretene Kläger mit Schreiben vom 15.04.2021 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er im Wesentliche vor, dass die Inanspruchnahme der durch den LWV Hessen gewährte Arbeitsassistenz keine Lösung darstelle. So biete eine Arbeitsassistenz nicht die für ihn erforderliche Flexibilität und erfordere einen enormen Koordinationsaufwand. Aufgrund den besonderen Anforderungen, die mit seinen kurzfristen und unterschiedlich langen sowie späten Auftritten einhergingen, bestünde keine Aussicht, dass er erfolgreich hierfür Assistenzkräfte engagieren könne.
Daraufhin holte die Beklagte am 09.03.2021 eine Stellungnahme bei der Beratungsärztin Dr. med. H. ein. Demnach solle gerade die Arbeitsassistenz dem Kläger Aufgaben abnehmen, insbesondere das Tragen von schweren Gegenständen, die er selbst aufgrund seiner Blindheit nicht oder nur mit Unfallgefahr verrichten könne. Zudem holte die Beklagte bei dem technischen Berater D. am 10.06.2021 eine ergänzende Stellungnahme bezüglich den genauen Örtlichkeiten der vom Kläger angedachten baulichen Maßnahmen ein.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2021 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass zur Erreichung des Teilhabeziels die beantragten bautechnischen Maßnahmen nicht erforderlich seien. Vielmehr genüge die bereits durch den LWV Hessen gewährte Arbeitsassistenz. Im Übrigen werde dem Kläger empfohlen, dass er eine Aufstockung der Arbeitsassistenz bei Letzteren beantrage. Daneben sei es sinnvoll, dass der Kläger seine Bandkollegen finanziell für ihre Unterstützung bei dem Transport des Musikequipments entlohne. Im Übrigen machte sich die Beklagte die Ausführungen aus der fachtechnischen Stellungnahme gegen die beantragten baulichen Maßnahmen zu eigen.
Am 05.08.2021 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben.
Der Kläger trägt vor, dass für ihn von enormer Bedeutung sei, dass er weiterhin so flexibel Auftritte absolvieren könne, denn bei einer Änderung seines bisherigen Geschäftsmodells müsse er mit einem erheblichen Auftragsrückgang rechnen. Viele seine Auftraggeber würden gerade die extreme Flexibilität bezüglich seines Engagement zu schätzen wissen und ihn deshalb beauftragen. Ergänzend trägt er vor, dass er aufgrund der Fragilität und Wertes seines Equipments dieses lieber selbst handhaben möchte, anstatt es fremden Personen zu überlassen. Zudem sei nicht jeder fremde Musiker nach den gemeinsamen Auftritten zu einer solchen Hilfe bereit, insbesondere zu späten Nachtzeiten. Auch nicht jeder Taxifahrer sei bereit derart schwere, empfindliche und teure Gegenstände nachts bis in seine Wohnung zu tragen. Eine durch die Beklagte geförderte Garage könne jedoch die erforderliche Abhilfe schaffen. So könne ein Taxi rückwärts bis zur Garage zurücksetzen und er könne dann das Equipment aus dem Taxi in die Garage umladen. Später und insbesondere ausgeruht wäre es ihm dann möglich das Equipment von der Garage in das Tonstudio, welches sich im Keller seines Wohnhauses befindet, zu verbringen. Soweit er die Förderung von barrierefreien Wegen und Handläufen begehre, würden diese ihm Orientierung und Sicherheit bieten, wenn er sein Equipment zur und von der Garage transportieren würde.
Der Kläger beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 16.03.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2021 aufzuheben;
2. die Beklagte zu verpflichten, ihm Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Förderung einer Garage und Pflasterwegen mit Handläufen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass sie eine bauliche Lösung aufgrund den bereits in der fachtechnischen Stellungnahme dargelegten Bedenken nicht für möglich halte. Vielmehr biete sich zum Transport des Equipments, insbesondere des empfindlichen Röhrenverstärkers, ein Flightcase oder ein anderes in der Musikbranche verbreitetes Rollcase an. Hiermit sei ein sicherer Transport und Verstauen des Equipments möglich, sodass auch ein Entladen in das Tonstudio später erfolgen könne.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 02.02.2023 zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das Gericht konnte nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden. Die Sache weist keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt ist geklärt. Das Gericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Die Beteiligten haben mit vom 16.02.2023 und 15.03.2023 einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid zugestimmt.
Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die zulässige Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbescheidungsklage gemäß § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 SGG statthaft. Gemäß § 123 SGG entscheidet das Gericht über die erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung die Anträge gebunden zu sein. Darin kommt als Ausfluss des verfassungsrechtlichen Auftrags der Gerichte zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes zum Ausdruck, dass ein Kläger nach Maßgabe des Meistbegünstigungsprinzips im Zweifel alles begehrt, was ihm aufgrund des Sachverhalts rechtlich zusteht (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 123 SGG Rn. 3). Aufgrund dessen ist im vom Kläger formulierten kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag auch das Begehren auf Neubescheidung (§ 131 Abs. 3 SGG) enthalten. Insofern liegen die Sachurteilsvoraussetzungen vor.
Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet. Der Kläger hat zwar keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Übernahme von Kosten zur Errichtung einer Garage und barrierefreien Pflasterwegen mit Handläufen (§ 131 Abs. 2 S. 1 SGG; dazu unten 1.), er hat jedoch einen Anspruch gegenüber der Beklagten auf erneute Bescheidung seines Antrags vom 20.11.2020 (§ 131 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 SGG; dazu unten 2.).
Anspruchsgrundlage für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sind die §§ 9, 10, 11, 12, 13, 16 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) – in Verbindung mit § 49 SGB IX.
1. Vorliegend erfüllt der Kläger zwar die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschriften nach §§ 9, 10, 11 sowie 12 SGB VI (unten a.), das Ermessen der Beklagten ist jedoch nicht dahingehend reduziert, dass einzig die Förderung einer Garage und Pflasterwegen mit Handläufen als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben ermessensfehlerfrei i. S. d. §§ 16, 13 SGB VI i. V. m. § 49 SGB IX ist (unten b.).
a. Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI sind Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen, wenn die persönlichen (§ 10 SGB VI) und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 11 SGB VI) dafür gegeben sind und kein Ausschlussgrund (§ 12 SGB VI) vorliegt. Bei der Entscheidung über die Voraussetzungen, das „Ob“ der Leistung, handelt es sich um einen gebundenen Anspruch, der der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Zutreffend hat die Beklagte entschieden, dass die Voraussetzungen, also das „Ob“ der Leistungsbewilligung erfüllt sind. Dies ist daher zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig.
b. Nach § 16 S. 1 SGB VI erbringen die Rentenversicherungsträger die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den Vorschriften der §§ 49 bis 54 des SGB IX. Gemäß § 49 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Hierbei stellen die §§ 13 Abs. 1 S. 1 SGB VI und 49 Abs. 4 S. 1 SGB IX das „Wie“ der Leistungen, d. h. die konkrete Auswahl der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in das Ermessen des Rehabilitationsträgers – hier des beklagten Rentenversicherungsträgers. Zugleich legen die §§ 13 Abs. 1 S. 1 SGB VI und 49 Abs. 4 S. 1 SGB IX die Gesichtspunkte für eine pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessen fest. Gemäß § 13 Abs. 1 SGB VI bestimmt der Rentenversicherungsträger im Einzelfall unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten im Sinne des § 8 SGB IX und der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. § 49 Abs. 4 S. 1 SGB IX bestimmt, dass Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt.
Vor diesem Hintergrund besteht ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben mithin nur dann, wenn der Ermessensspielraum der Beklagten auf Grund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls derart eingeschränkt ist, dass diese rechtmäßig nur eine einzige (Auswahl )Entscheidung, nämlich vorliegend die vom Kläger begehrte Übernahme der Kosten für die Errichtung einer Garage und barrierefreie Pflasterwegen mit Handläufen, treffen dürfte (sog. Ermessensreduktion auf Null; dazu nur BSG 15.12.1994, 4 RA 44/93, juris Rn. 27; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.11.2022 – L 10 R 2848/21, juris Rn. 21 f.; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 29 m. w. N.). Dies ist in der vorliegenden Fallgestaltung nicht der Fall.
Zunächst ist festzustellen, dass die vom Kläger begehrte Teilhabeleistung grundsätzlich förderfähig ist. Denn der Leistungskatalog des § 49 Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 bis 8 SGB IX enthält keine abschließende Aufzählung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl. Luik in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, Kommentar, 3. Aufl. 2018 (Stand: 17.06.2020), § 49 SGB IX Rn. 173; vgl. BSG, Urt. v. 25.05.2011 – B 12 KR 8/09 R = BSGE 108, 222–229, juris Rn. 20). Der offene Leistungskatalog umfasst daher alle individuell geeigneten Leistungen, auch ungewöhnlicher Art, die zur Erreichung des Teilhabezieles notwendig sind (vgl. BSG, Urt. 25.04.1990 – 5 RJ 68/88 = BSGE 67, 1–6, juris Rn. 17). Damit erlaubt § 49 SGB IX ein individuelles Maßnahmenpaket, das ganz auf die Erfordernisse des Einzelfalles zugeschnitten ist (vgl. Luik, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IX, Kommentar, 3. Aufl. 2018 (Stand: 17.06.2020), § 49 SGB IX Rn. 173 m. w. N.). Bei der vom Kläger begehrten Form der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben handelt es sich um eine exemplarisch im Leistungskatalog aufgeführte Maßnahme, der technischen Arbeitshilfen nach § 49 Abs. 1, 3 Nr. 1, 8 S. 1 Nr. 5 SGB XI. Nach § 49 Abs. 8 S. 1 Nr. 5 SGB IX werden die Kosten technischer Arbeitshilfen übernommen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Berufsausübung erforderlich sind. Technische Arbeitshilfen sollen vorhandene Fähigkeiten fördern, Restfähigkeiten nutzen, unterstützen und gleichzeitig schützen bzw. ausgefallene Fähigkeiten zumindest teilweise ersetzen, d. h. die Arbeitsfunktion auf andere Körperteile oder Organe übertragen helfen. Ziel der Gewährung technischer Arbeitshilfen ist es, die Arbeitstätigkeit überhaupt erst zu ermöglichen, die Arbeitsausführung zu erleichtern und die Arbeitssicherheit zu gewährleisten. Technische Arbeitshilfen können singuläre Maßnahme der behindertengerechten Arbeitsplatzgestaltung oder ein Bestandteil einer umfassenden ergonomischen und behindertengerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes und seines Umfelds sein. Zu den technischen Hilfen gehören maschinelle Einrichtungen oder auch bauliche Veränderungen und Einrichtungen am Arbeitsplatz oder solche Einrichtungen, die den Weg zum Arbeitsplatz zu bewältigen helfen (vgl. Götze, in: Hauck/Noftz, SGB IX, Kommentar, 2. Aufl. (Stand: 45. EL 2023), § 49 SGB IX Rn. 50). Bei der vom Kläger begehrten Teilhabeleistung handelt es sich um bauliche Maßnahmen (Garage und barrierefreie Pflasterwege mit Handläufe), die dem Kläger den Transport seines Musikequipments nach seinen Auftritten in das heimische Tonstudio, also seinem Arbeitsplatz erleichtern soll und somit der Bewältigung des Weges zum Arbeitsplatz dient.
Jedoch bedeutet die grundsätzliche Förderfähigkeit der begehrten Teilhabeleistung – hier die Übernahme der Kosten für die Errichtung einer Garage und barrierefreie Pflasterwegen mit Handläufen – nicht, dass es sich um die einzige Teilhabemaßnahme handelt, mit der eine dauerhafte berufliche Teilhabe erreicht werden kann. Aus der Sicht der Kammer ist bereits die vom Kläger begehrte Teilhabeleistung nicht hinreichend konkretisiert, sodass diese nicht als einzige Teilhabeleistung verbleibt. Zwar vermag der Kläger bereits konkrete Vorstellungen über den Standort der gewünschten Garage auf seinem Wohngrundstück haben, jedoch sind alle anderen Details wie Bauausführung, Größe etc. offen. Nach dem klägerischen Vortrag benötigt dieser eine bauliche Lösung, die zum vorübergehenden Aufbewahren des Musikequipments verwendbar und zudem witterungsgeschützt sowie einbruchssicher wäre. Hieraus ergibt sich nicht, dass ausschließlich eine Garage hierzu tauglich wäre. Denn eine Vielzahl von baulichen Lösungen kann diesen Anforderungen gerecht werden (wie z. B. Outdoor Lager- oder Materialcontainer). Daneben erscheint der Kammer die Errichtung einer Garage allein für den Zweck der Zwischenlagerung des klägerischen Musikequipments (größenmäßig) überdimensioniert. Über dies wäre die geplante Nutzung der Garage, als Lagerplatz für Musikequipment, auch nicht mit den bauordnungsrechtlichen Vorschriften zu vereinbaren, da es sich hierbei um eine verbotene Zweckentfremdung handeln würde. Da die barrierefreien Wege mit den Handläufen die Nutzung der Garage als Zwischenlager ermöglichen sollen und damit in engen Zusammenhang stehen, kommt eine isolierte Förderung dieser nicht in Betracht. Mithin besteht deswegen kein Anspruch des Klägers auf die Übernahme der Kosten für die Errichtung einer Garage und barrierefreie Pflasterwegen mit Handläufen im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null.
2. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 131 Abs. 3 SGG). Denn die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 9, 10, 11, 12, 13, 16 SGB VI i. V. m. § 49 SGB IX liegen – wie oben ausgeführt – vor und die Beklagte hat seinen Antrag vom 20.11.2020 mit Bescheid vom 16.03.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.07.2021 ermessensfehlerhaft und als Folge rechtswidrig abgelehnt und damit den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 54 Abs. 2 S. 1, 2 SGG).
Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte, dass ihr nach § 13 S. 1 SGB VI und § 49 Abs. 4 S. 1 SGB IX eingeräumte Auswahlermessen nicht zweckentsprechend gebraucht, da sie den Antrag des Klägers im Wesentlichen aufgrund einer vermeintlich vorzugswürdigen Ausweitung der bereits bestehenden Arbeitsassistenz abgelehnt hat, obwohl eine solche Ausweitung nicht zur Erreichung des gesetzlichen Teilhabeziels geeignet ist.
Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen überhaupt betätigt und er es entsprechend dem Zweck der Ermächtigung und unter Einhaltung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ausübt. Korrespondierend hierzu hat der von der Ermessensentscheidung Betroffene einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Nur in diesem – eingeschränkten – Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 S. 2 SGG der gerichtlichen Kontrolle auf Ermessensfehler. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in den Fällen des Ermessensnichtgebrauch, Ermessensunterschreitung bzw. Ermessensüberschreitung und Ermessensfehlgebrauch sein (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.1994 – 4 RA 42/94 = SozR 3-1200 § 39 Nr. 1). Die Frage, ob und in welcher Weise Ermessen ausgeübt wurde, beurteilt sich nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes, insbesondere nach seiner Begründung (§ 35 Abs. 1 S. 3 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)). Diese muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist. Dafür ist zu prüfen, ob die Beklagte für die zur Ausschöpfung ihres Ermessensspielraums notwendige Interessenabwägung alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen (öffentlichen und privaten) Abwägungsbelange ermittelt, in diese Abwägung eingestellt, mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht bewertet und bei widerstreitenden (öffentlichen und privaten) Belangen einen angemessenen Ausgleich hergestellt hat. Dabei steht es der dem Verwaltungsträger – in den gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens – grundsätzlich frei zu entscheiden, auf welche der abwägungsrelevanten Umstände sie die zu treffende Ermessenentscheidung im Ergebnis stützen möchte (vgl.; BSG, Urt. v. 30.10.2013 – B 12 R 14/11 R; LSG Hessen, Urt. v. 13.09.2022 – L 2 R 332/20).
Gemessen hieran leidet die Ermessensentscheidung der Beklagten an einem Ermessensfehlgebrauch. Die Beklagte hat ausweislich der Begründung der angefochtenen Bescheide die Belange des Klägers nicht ausreichend in die Abwägung im Rahmen ihrer Ermessenentscheidung eingestellt. Zu Begründung führte sie nur aus, dass eine Arbeitsassistenz dem Kläger Tätigkeiten wie das Entladen und Tragen des Musikequipments abnehmen könnte, die behinderungsbedingt nicht selbst durchführen könne. Daher sei eine Arbeitsassistenz grundsätzlich ausreichend zur Erreichung des Teilhabeziels und eine Aufstockung deshalb zu empfehlen. Demgegenüber hat der unstreitige Vortrag des Klägers aus der Sicht der Kammer nachvollziehbar ergeben, dass die von der Beklagten vorgeschlagene Ausweitung der Arbeitsassistenz im vorliegenden Fall nicht zur Erfüllung des Teilhabeziels geeignet ist. Zwar mag die durch den LWV Hessen gewährte Arbeitsassistenz eine geeignete Teilhabemaßnahme für die berufliche Tätigkeit des Klägers in seinem häuslichen Tonstudio darstellen, da es sich um eine zeitlich planbare und örtlich beschränkte Tätigkeit handelt. Dies gilt nicht für die Engagements des Klägers in offener Formation oder bei seinen Soloauftritten.
Geeignet ist eine Maßnahme, wenn anzunehmen ist, dass sie den erstrebten Erfolg – hier das gesetzliche Ziel der Teilhabe am Arbeitsleben – herbeiführt oder wenigstens fördert. Ziel von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist nach § 49 Abs. 1 SGB IX die Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohter Menschen möglichst auf Dauer zu sichern (Kemper, in: Ehmann/ Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar Sozialberatung, 3. Aufl. 2023, § 49 SGB IX Rn. 6). Hierbei ist die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 3 und § 49 Abs. 4 SGB IX) und stellt einen besonders bedeutenden Aspekt der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dar. Teil hiervon ist die Möglichkeit, sich den Lebensunterhalt durch Arbeit selbst zu verdienen, aber darüber hinaus auch die soziale Integration und persönliche Entfaltung, die durch die Einbindung in die kooperative Arbeit erzielt wird, wenn diese den Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Die Teilhabe am Arbeitsleben geht daher über die alleinige Herstellung der Erwerbsfähigkeit hinaus und zielt darauf, diese auch konkret umzusetzen. Das Ziel gilt auch für behinderte Menschen, deren Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht oder nicht einfach hergestellt werden kann (vgl. Welti, in: Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl. 2014, Teil 2, Kapitel B – Leistungsgrundsätze und Verfahrensregeln (§§ 3-16 SGB IX), Rn. 14). Gemessen hieran ist eine Ausweitung der bestehenden Arbeitsassistenz nicht geeignet, um die dauerhafte Teilhabe des Klägers am Arbeitsleben zu gewährleisten. Wie sich im gerichtlichen Verfahren – aufgrund der persönlichen Anhörung des Klägers – herausgestellt hat, bestehen besondere Anforderungen an die Unterstützung des Klägers durch eine Arbeitsassistenz bei seinen Auftritten, welche die Beklagte nicht ausreichend gewürdigt hat. Aufgrund seines Geschäftsmodells ist der Kläger auf eine Arbeitsassistenz angewiesen, die ihm quasi auf Abruf bereitstehen müsste. So benötigt er für seine Auftritte sehr kurzfristig einsetzbare Assistenzkräfte, die teilweise innerhalb von ein paar Stunden nach Abruf für einen Auftritt zur Verfügung stehen würden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der klägerische Bedarf für die Assistenz auf eine begrenzte Anzahl von Stunden, hauptsächlich abends bis spät nachts, in der Woche beschränkt ist und die Länge der jeweiligen Auftritte erheblich variiert. Zudem müssten diese Assistenzkräfte dem Kläger beständig und zuverlässig auf Abruf zur Verfügung stehen und in der Lage sein teures und empfindliches Equipment sorgsam zu handhaben. Aufgrund der allgemeinen Arbeitsmarktlage ist die Kammer der Auffassung, dass es ausgeschlossen ist, dass der Kläger erfolgreich unter den obigen Bedingungen derart flexible und verlässliche Assistenzkräfte sich beschaffen könnte. Mangels Realisierbarkeit einer entsprechenden bedarfsgerechten Arbeitsassistenz ist diese Form der Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben als ungeeignet anzusehen. Nach Auffassung der Kammer könnte – in Anbetracht dieser Voraussetzungen – eine Unterstützung des Klägers bei seinen Auftritten durch eine Arbeitsassistenz nur dann gelingen, wenn dieser sein Geschäftsmodell vollständig ändern würde. Vorliegend müsste der Kläger auf seine besondere Flexibilität hinsichtlich seines Engagements verzichteten: keine kurzfristige Annahme von Aufträgen, keine Auftritte ohne zeitliche Begrenzung und keine Auftritte zu späten Abendstunden. Jedoch versucht der Kläger eigens hierdurch seine behinderungsbedingten Nachteile wettzumachen. Zurecht fürchtet der Kläger aus der Sicht der Kammer bei Veränderungen diesbezüglich einen Verlust der Attraktivität für potentielle Auftraggeber und damit einen verbundenen Auftragsrückgang. Dies stünde indessen im Gegensatz zum gesetzlich formulierten Teilhabeziel des § 49 Abs. 1 SGB IX, nachdem die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten des Betroffenen dauerhaft zu sichern ist. Hierunter fällt auch die Möglichkeit des Klägers seinen Lebensunterhalt durch Arbeit, die seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht, selbst zu verdienen (vgl. Welti, in: Luthe, Rehabilitationsrecht, 2. Aufl. 2014, Teil 2, Kapitel B – Leistungsgrundsätze und Verfahrensregeln (§§ 3-16 SGB IX), Rn. 14). Mithin kann durch die Ausweitung der Arbeitsassistenz gerade nicht das Teilhabeziel nachhaltig gesichert werden.
Auch stellt ein Ausweichen des Klägers auf „Bandmitglieder“ und deren finanzielle Entlohnung für ihre Unterstützung ebenso keine geeignet Alternative dar, denn der Kläger tritt gerade nicht in einer festen Besetzung mit anderen Musikern auf, sondern in einer losen Formation. Hier leidet die Ermessensentscheidung der Beklagten bereits an einer unzureichenden Sachverhaltsaufklärung. Zudem erscheint es der Kammer ausgeschlossen, dass eine finanzielle Vergütung fremder und wechselnder Musiker dem Kläger eine verlässliche sowie dauerhafte Unterstützung gewährleisten kann, da deren Unterstützungsbereitschaft nicht vorausgesetzt werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist die Verweisung des Klägers auf eine Ausweitung der bestehenden Arbeitsassistenz oder die Inanspruchnahme von Bandmitgliedern als Teilhabeleistung nicht zweckgerecht und damit ermessensfehlerhaft. Aufgrund dessen kann eine technische Arbeitshilfe i. S. v. nach § 49 Abs. 1, 3 Nr. 1, 8 S. 1 Nr. 5 SGB XI, also bauliche Lösung als Teilhabeleistung nicht von vorneherein ausgeschlossen werden. Soweit von der Beklagten eingewandt wird, dass Handläufe dem Kläger keinen Vorteil bzw. Nutzen bringen würden, da er aufgrund dem Gewicht seines Equipments dieses belastungsgerecht beidhändig tragen müsste, kann dem nicht gefolgt werden. So muss bedacht werden, dass ein Handlauf zumindest eine physische Begrenzung darstellt, an der sich der Kläger mit seinem Körper auch ohne Verwendung der Hände orientieren kann. Auch der andere Einwand, dass Blindenleitsysteme hauptsächlich im öffentlichen Raum gebräuchlich sind, spricht aufgrund der einzelfallbezogenen und bedarfsorientierten Natur des offenen Leistungskatalogs des § 49 Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 bis 8 SGB IX nicht gegen eine solche bauliche Maßnahme als Teilhabeleistung. Inwieweit Flightcases oder Rollcases andere geeignete technische Arbeitshilfen sein können, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Denn dies ist der Beklagten in ihrer erneuten Ermessenentscheidung vorbehalten.
Nach alledem ist die Entscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft und daher rechtwidrig. Die Beklagte ist folglich verpflichtet über den klägerischen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben neu zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt im Rahmen der Billigkeit, dass der Kläger ursprünglich die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten für die Errichtung einer Garage und barrierefreie Pflasterwegen mit Handläufen begehrt hat.