1. Nimmt ein Rehabilitationsträger einen Antrag für einen anderen Rehabilitationsträger auf (zB auf dessen Antragsvordrucken), ist er nicht erstangegangener Rehabilitationsträger. Die Stellung des Antrags "über die Krankenkasse" an den Rentenversicherungsträger ist daher als Antrag bei diesem zu verstehen.
2. Begehrt der Versicherte konkret eine stationäre medizinische Rehabilitation, erfordert dies eine Ermessensreduktion auf Null.
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 01.08.2022 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation.
Der 1962 geborene Kläger ist gelernter Werkzeugmacher und als Presseführer bei einem Automobilhersteller im Schichtdienst beschäftigt; er ist gesetzlich (pflicht-)krankenversichert. Seinen Antrag auf Gewährung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme von Mitte November 2016 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.05.2017 und der Begründung ab, dass weder eine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit noch eine Rehabilitationsindikation vorliege.
Mitte Januar 2020 befand sich der Kläger bei Zustand nach (Z.n.) Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) mit Dilatation der Jejunogastrostomie im August 2019, Z.n. Kardiaresektion mit Rekonstruktion der Ösophaguspassage nach Merendino im Mai 2019, Z.n. großer Hiatushernie mit kompletter Netz-Migration und Nissen-Fundoplicatio im Mai 2007, Z.n. Rezidivhernie im Dezember 2009 und Umwandlung in Toupet sowie bei Z.n. Re-Re-Fundoplicatio und Netzimplantation bei erneutem Rezidiv im Jahr 2011 zur diagnostischen Ösophagogastroskopie bei H/B (des A-M-Krankenhauses) in F. Die Ärzte konnten intraoperativ keine Stenose feststellen, sodass eine Dilatation nicht durchgeführt werden musste. Der Kläger wurde bei begonnenem, gut vertragenem Kostaufbau und mit der Empfehlung entlassen, auf ein gutes Kauen bei der Nahrungsaufnahme zu achten. Bei Beschwerdepersistenz sei eine Barium-Sandwich-Untersuchung sinnvoll (s. zu allem Entlassungsbericht vom 23.01.2020, S. 70 ff. VerwA).
Am 18.03.2020 beantragte der Kläger mit dem Vordruck der Beklagten („G0100“) „über die Krankenkasse“ (s. S. 140 VerwA) - die AOK N, die den Antrag entgegennahm und an die Beklagte sandte (dortiges Eingangsdatum: 30.03.2020, S. 143 VerwA) - erneut eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme, wobei er auf seine Merendino-Operation im Jahr 2019 und auf seine Essstörung („Barium-Sandwich“) verwies. Im hausärztlichen Befundbericht vom 23.03.2020 (S. 59 f. VerwA) wurden zudem Rückenschmerzen genannt und die Auffassung vertreten, dass mit einer Rehabilitationsmaßnahme Funktionseinschränkungen beseitigt, die Zukunftsperspektive des Klägers sowie seine berufliche Belastungsfähigkeit geklärt, eine Ernährungshilfestellung gegeben bzw. eine Besserung der Nahrungsaufnahme und der Rückenschmerzen sowie eine seelische Stabilisierung erreicht werden könne. Nach Auswertung der aktenkundigen ärztlichen Unterlagen wies S in ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 15.04.2020 (S. 75 VerwA) darauf hin, dass eine Rehabilitationsmaßnahme nicht erforderlich, sondern eine Krankenbehandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend sei. Darauf gestützt lehnte die Beklagte den Rehabilitationsantrag des Klägers mit Bescheid vom 16.04.2020 ab; ein Rehabilitationsbedarf ergebe sich auch nicht nach den Leistungsgesetzen eines anderen Rehabilitationsträgers.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren äußerte sich der Hausarzt des Klägers, D, dahingehend (Schreiben an die Beklagte vom 18.05.2020, S. 19 VerwA), dass die Erforderlichkeit einer Rehabilitationsmaßnahme von ihm wegen der massiven Abdominalschmerzen des Klägers bei sekundär dann schweren Essstörungen begründet worden sei. Indes würden die organischen Leiden massiv psychisch überlagert, sodass eine Arbeitstätigkeit nur inkomplett gegeben sei. Es werde eine psychosomatische Rehabilitationsmaßnahme und „ggf.“ die Vorstellung bei einem Arzt für Psychosomatik empfohlen. In ihrer beratungsärztlichen Stellungnahme für die Beklagte vom 05.06.2020 (S. 76 VerwA) führten S und S1 aus, dass eine Abklärung der psychischen Komponente bzw. eine entsprechende Behandlung des Klägers bisher nicht erfolgt sei; dies sei gegenüber einer Rehabilitationsmaßnahme vorrangig.
Vom 06. bis 07.07.2020 befand sich der Kläger ausweislich des ärztlichen Entlassungsberichts vom 13.07.2020 (S. 13 f. VerwA) zur Gastroskopie und Barium-Sandwich-Untersuchung erneut in stationärer Behandlung bei B (E-Krankenhauses in F). Endoskopisch ergab sich ein Normalbefund. Jedoch bestehe eine deutliche Verzögerung des Bolustransports durch das Dünndarminterponat. Es wäre besser, wenn der Kläger zunächst feste Nahrung zu sich nehme, diese dann extrem gut kaue und erst danach trinke. Auch solle er mehr als fünf Mahlzeiten am Tag zu sich nehmen. Wenn keine Besserung eintrete, wäre eine Adhäsiolyse durchzuführen.
Mit Widerspruchsbescheid von 16.07.2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Es liege keine erhebliche Minderung bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit vor und die Krankenbehandlungsmöglichkeiten seien auch noch nicht ausgeschöpft. Einer stationären bzw. ganztägig ambulanten Rehabilitationsmaßnahme bedürfe es nicht, auch nicht nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung.
Hiergegen hat der Kläger am 29.07.2020 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf eine Leistung der medizinischen Rehabilitation weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat er im Wesentlichen auf die hausärztlichen Äußerungen im Verwaltungsverfahren verwiesen. Das SG hat D, H und B schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. D hat seine Auskunft aus dem Schwerbehindertenklageverfahren des Klägers (s. S. 31 ff. SG-Akte) sowie weitere (medizinische) Unterlagen (S. 42 ff. SG-Akte) vorgelegt. Im Übrigen hat er in seiner Auskunft vom 26.10.2020 (S. 29 f. SG-Akte) namentlich einen (privaten) Motorsensenunfall des Klägers mit Knieverletzung Ende August 2020 erwähnt und gemeint, dass sich der Rehabilitationsantrag mit „zahlreichen“ Beschwerden, „auch“ Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und beruflichen Problemen beim Heben von Gewichten mit Rückenschmerzen, begründe. Ob die Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen der Rehabilitation mit hinreichender Erfolgswahrscheinlichkeit hätte abgewendet werden können, wäre abzuwarten gewesen, denn nach jeder Reha erfolge schließlich eine Stellungnahme zur beruflichen Leistungsfähigkeit. H hat in seiner Auskunft vom 09.11.2020 (S. 70 f. SG-Akte) über die Behandlungen des Klägers bis Ende Januar 2020 berichtet (Befund zuletzt: Passage im oberen Gastrointestinaltrakt weitgehend unauffällig, keine Engstellungen im Bereich der Verbindungen zwischen Speiseröhre und Dünndarm/Dünndarm und Magen, keine Magenentleerungsstörung, weitgehend regelrechter Schluckakt, normaler Transport des Kontrastmittels, leicht verzogene Anatomie auf Grund der Voroperationen ohne funktionelle Bedeutung, Entlassung ohne Interventionsbedarf). Die berufliche Leistungsfähigkeit des Klägers hat er nicht einzuschätzen vermocht. B hat u.a. bekundet (Auskunft vom 01.03.2021, S. 80 f. SG-Akte), den Kläger zuletzt Anfang Juli 2020 (s.o.) untersucht zu haben. Radiologisch habe sich an der Verbindungsstelle zwischen Speiseröhre und dem Interponat eine gewisse Passagestörung objektivieren lassen, freilich endoskopisch ohne mechanische Enge. Der Kläger müsse seine Nahrungsaufnahme auf viele Zeitpunkte und regelmäßig verteilen. Seiner (B) Meinung nach sei die berufliche Tätigkeit als Presseführer wegen der häufigen Nahrungsaufnahme und der geklagten Herzrhythmusstörungen nicht mehr leidensgerecht. Mit einer Besserung der Situation könne nicht mehr gerechnet werden. Soweit er wisse, habe der Kläger heimatnah bereits an einer Ernährungsberatung teilgenommen. Weitere Möglichkeiten der Rehabilitation mit hinreichender Erfolgswahrscheinlichkeit bestünden nicht.
In seiner sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte vom 11.03.2021 (S. 85 SG-Akte) hat L darauf hingewiesen, dass eine relevante Beschwerdeverbesserung beim Kläger durch eine Rehabilitation nicht zu erwarten sei. Die Klägerseite ist dem entgegengetreten und hat zusammenfassend gemeint (s. im Einzelnen S. 86 f. SG-Akte), der Kläger benötige z.B. Maßnahmen zur Bewältigung seiner Essstörung, psychosoziale Maßnahmen, Sporttherapie und Physiotherapie. Diese Maßnahmen könnten konzentriert in einer Reha-Einrichtung erfolgen; Angebote „im häuslichen Bereich“ führten beim Kläger „neben seinem beruflichen Alltag“ zu einer zusätzlichen Belastung.
Das SG hat von Amts wegen das Sachverständigengutachten des F (Klinikum F1) vom 22.05.2022 (S. 119 ff. SG-Akte) eingeholt. Dieser hat nach Untersuchung beim Kläger eine Refluxsymptomatik bei Z.n. traumatischem Zwerchfellbruch, dreimaliger Fundoplicatio, operativer Revisionen sowie distaler Ösophagus- und proximaler Magenresektion mit Dünndarminterponat (Merendino-Operation) diagnostiziert, wobei die Refluxbeschwerden im Verlauf durch die Folgen der operativen Eingriffe in Gestalt einer Passagestörung abgelöst worden seien, obgleich eine intakte operative Situation bei zuletzt ausreichend weiter Passage vorliege. Die Nahrungsaufnahme des Klägers sei erschwert, auch wenn eine eigentliche Schluckstörung nicht ausgemacht werden könne. Der Kläger beklage einen nahrungsunabhängigen Oberbauchdruck ohne Ausstrahlung, einen Brechreiz (seit der letzten Operation aber nur zweimalig erbrochen) sowie einen intermittierenden, explosionsartigen Stuhlgang mit imperativem Drang (im Regelfall 2-3 Entleerungen am Tag als auch in der Nacht). Diätische Maßnahmen zur Stuhlkontrolle und -regulation seien - so der Kläger - erfolglos geblieben. Aufgrund des Schichtdienstes könne der Kläger keine regelmäßigen Mahlzeiten einnehmen, er versuche, drei Mahlzeiten einzuhalten. Die geltend gemachten Kopf- und Achsskelettschmerzen seien für die Bewertung von nur untergeordneter Bedeutung, zumal der Kläger Rückenschmerzen im Rahmen der Untersuchung nicht thematisiert habe. Trotz der bei ihm bestehenden Beschwerden sei der Kläger sozial integriert und nehme vollschichtig am Berufsleben teil, wobei er beruflich bis auf den Wegfall der Wochenendarbeit keine weiteren Erleichterungen in Anspruch genommen habe. Sein Schichtdienst habe eine unregelmäßige Nahrungsaufnahme zur Folge, der für die Motilitätsstörung nicht förderlich sein „dürfte“. Es bestehe auch eine eingeschränkte körperliche Belastbarkeit für schwere körperliche Arbeit, um das Operationsergebnis nicht zu gefährden. Die vorgetragenen Beschwerden seien im Übrigen von dauerhafter Natur, eine Symptomlinderung müsse in Ansehung der ausgeschöpften operativen Möglichkeiten als unwahrscheinlich angesehen werden. Eine Anpassung der Lebensgewohnheiten, namentlich eine Nahrungsumstellung mit regelmäßig kleinen Mahlzeiten, sei unabdingbar. Wenn diese nicht gelinge, müsse von einer erheblichen Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen werden; eine Minderung liege bislang nicht vor. Eine Rehabilitation hätte eine Anpassung des Lebensstils zum Ziel, wobei eine Ernährungsumstellung bzw. -anpassung im Vordergrund stehe. Eine entsprechende (zeitintensive) Schulung sei mit ambulanten Mitteln „nicht hinreichend darstellbar, da diese einen multimodalen Ansatz erfüllen“ müsse („Ernährung, Coping, Schmerztherapie, etc.“), sondern nur unter „stationären Kautelen“.
L ist der Einschätzung des Sachverständigen in seiner sozialmedizinischen Stellungnahem vom 01.07.2022 (S. 132 SG-Akte) entgegengetreten. Ein Rehabilitationsbedarf sei weiterhin nicht ersichtlich. Konkrete multimodale Therapievorschläge, die ein stationäres Setting erforderten, habe F nicht genannt. Neben der Einnahme der verordneten Medikamente bedürfe es auch lediglich einer Aufklärung des Klägers bezüglich einer symptomverbessernden Ernährung bzw. der Meidung beschwerdeverstärkender Nahrungsmittel.
Vom 07. bis 10.07.2022 hat sich der Kläger erneut in stationärer Behandlung bei H befunden. Nach stattgehabter ÖDG mit Dilatation des Pylorus und der Jejunogastrostomie hat sich unmittelbar eine Verbesserung der Passage gezeigt. Der Kläger ist in gutem Allgemeinzustand und beschwerdegebessert entlassen worden. Als Therapie-Empfehlung hat H ein gutes Kauen der Speisen und eine aufrechte Körperhaltung beim Essen dokumentiert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Entlassungsbericht vom 10.07.2022 Bezug genommen (S. 7 ff. VerwA). In Folge hat S2, Praxis D, einen neuen Befundbericht bei der Beklagten eingereicht (vom 22.07.2022, S. 5 VerwA), in dem u.a. mitgeteilt worden ist, dass sich in den letzten 12 Monaten keine wesentliche Befundänderung ergeben habe.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 16.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2020 mit Gerichtsbescheid vom 01.08.2022 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, dem Kläger Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu gewähren; außerdem hat es angeordnet, dass die Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten hat. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers gefährdet sei und durch eine Rehabilitation erhalten werden müsse, die ein stationäres Setting mit multimodalem Ansatz erfordere; eine rein ambulante fachärztliche Behandlung sei nicht möglich. Dabei hat es sich auf das Sachverständigengutachten des F sowie die Äußerungen des D gestützt.
Gegen den ihr am 01.08.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 29.08.2022 Berufung eingelegt. Eine medizinische Rehabilitation sei entgegen dem SG nicht erforderlich. Es komme beim Kläger entscheidend auf eine Ernährungsumstellung an, für die es einer stationären Behandlung nicht bedürfe. Sie hat die sozialmedizinische Stellungnahme des L vom 26.08.2022 (S. 4 Senats-Akte) vorgelegt, der u.a. darauf hingewiesen hat, dass die Empfehlungen der behandelnden Ärzte auf ein gutes Kauen der Speisen, eine aufrechte Körperhaltung beim Essen und eine Ernährungsumstellung lauteten. Welche darüberhinausgehenden Maßnahmen im Rahmen eines gastroenterologischen stationären Heilverfahrens erforderlich sein sollten, erschließe sich nicht und Derartiges sei auch von F nicht einmal benannt worden. Auch nehme der Kläger weiterhin keine fachpsychiatrische/-psychosomatische Behandlung in Anspruch. Unabhängig davon, dass dies eine völlig andere Reha-Indikation sei, wäre jedenfalls eine entsprechende ambulante fachärztliche Behandlung zunächst vorrangig.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 01.08.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hat das erstinstanzliche Urteil verteidigt, klargestellt, dass es ihm um eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme geht und dass seine Erkrankung der Speiseröhre ganz im Vordergrund stehe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (s. S. 27 und 28 Senats-Akte).
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Beklagten, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und auch begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 16.04.2020 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2020, mit dem die Beklagte die Gewährung von (jedweden) Leistungen der medizinischen Rehabilitation, mithin also auch eine stationäre medizinische Rehabilitation, abgelehnt hat.
Die vom Träger der Rentenversicherung im Einzelnen zu erbringenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sind in § 15 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 42 ff. des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) geregelt (speziell zur stationären medizinischen Rehabilitation: § 15 Abs. 2 und 3 SGB VI), jeweils - wie auch bezogen auf alle nachfolgenden materiell-rechtlichen Vorschriften - in der vorliegend maßgeblichen, zum Antragszeitpunkt im März 2020 geltenden Fassung (a.F., zur Fortgeltung des jeweils im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechts bei Leistungen zur Teilhabe i.S. des Zweiten Kapitels, Erster Abschnitt des SGB VI gemäß § 300 Abs. 5 i.V.m. § 301 Abs. 1 Satz 1 SGB VI s. nur Senatsurteil vom 17.11.2022, L 10 R 2848/21, in juris, Rn. 21; Kater in BeckOGK, SGB VI, § 301 Rn. 3, Stand 01.03.2019, beide m.w.N., auch zur Rspr. des Bundessozialgerichts - BSG -; dies gilt auch bei Leistungsablehnung: BSG 29.03.2006, B 13 RJ 37/05 R, in juris, Rn. 10).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. erbringt die Rentenversicherung u.a. Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, um (Nr. 1) den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und (Nr. 2) dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen (zur medizinischen Rehabilitation) „sind“ zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI a.F.). Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI a.F. bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung dieser Leistungen sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB VI a.F. werden die stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation einschließlich der erforderlichen Unterkunft und Verpflegung in Einrichtungen erbracht; die Leistungen der Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation müssen nach Art oder Schwere der Erkrankung erforderlich sein (Abs. 2 Satz 3). Nach Abs. 3 der Regelung sollen die stationären Leistungen zur medizinischen Rehabilitation für längstens drei Wochen erbracht werden (Satz 1); sie können für einen längeren Zeitraum erbracht werden, wenn dies erforderlich ist, um das Rehabilitationsziel zu erreichen (Satz 2).
Unter Zugrundelegung dessen unterliegt mithin die Entscheidung über die Voraussetzungen einer medizinischen Rehabilitation, das „Ob“ der Leistung, der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das „Wie“ der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen (§ 39 Abs. 1 Satz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch - SGB I -) des Rentenversicherungsträgers steht (statt vieler im Einzelnen nur Senatsurteil vom 17.11.2022, L 10 R 2848/21, a.a.O., Rn. 21; Senatsurteil vom 16.07.2020, L 10 R 4859/17, n.v.; Luthe in jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 9 Rn. 116 f., Stand 01.04.2021; Luik in jurisPK-SGB IX, 3. Aufl., § 49 Rn. 113, Stand 17.06.2020, alle m.w.N., auch zur Rspr. des BSG). Der Versicherte hat mithin lediglich hinsichtlich des „Ob“ einer medizinischen Rehabilitation einen gebundenen Anspruch, nicht hingegen - vom Ausnahmefall einer sog. Ermessensreduktion auf Null (dazu noch sogleich) abgesehen - auf eine konkrete Leistung („Wie“ der Leistungserbringung, s. zu allem die vorangegangenen Nachweise). Die Entscheidung über Letzteres liegt vielmehr grundsätzlich im pflichtgemäßen (Auswahl-)Ermessen des Rentenversicherungsträgers, sodass ihm bezüglich Art, Umfang und Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme ein von den Gerichten zu beachtender eigener Entscheidungsspielraum (§ 54 Abs. 2 Satz 2 SGG; BSG 12.03.2019, B 13 R 27/17 R, in juris, Rn. 12 m.w.N.; Senatsurteil vom 17.11.2022, L 10 R 2848/21, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 24.01.2014, L 10 R 4402/13, in juris, Rn. 18) verbleibt.
Es kann vorliegend dahinstehen, ob das Klagebegehren des Klägers, was das SG weder hinterfragt noch aufgeklärt hat (vgl. § 106 Abs. 1 SGG), von Anfang an auf eine Leistung gerade der stationären medizinischen Rehabilitation gerichtet gewesen ist (§ 123 SGG). Denn jedenfalls, dies vermag der Senat den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids (s. S. 7 a.E. f. der Entscheidung) noch hinreichend zu entnehmen (vgl. zur Heranziehung der Entscheidungsgründe zur Auslegung der Urteilsformel nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 136 Rn. 5 c m.w.N.), hat das SG die Beklagte zur Gewährung einer solchen Leistung verpflichtet und der rechtskundig vertretene Kläger hat im Rechtsmittelverfahren klargestellt, dass es ihm allein um diese konkrete Leistung (stationäre medizinische Rehabilitation) geht (s. S. 21 Senats-Akte); einer Eingrenzung des Begehrens von „irgendeiner“ Leistung der medizinischen Rehabilitation auf eine konkrete Leistung (hier stationär) steht ohnehin verfahrensrechtlich - auch noch im Berufungsverfahren - nichts entgegen (vgl. § 153 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG).
Der Kläger, der mithin eine konkrete Leistung der medizinischen Rehabilitation - nämlich eine stationäre - geltend macht, kann mit diesem Begehren indes in der Sache nur dann Erfolg haben, wenn auf Rechtsfolgenseite eine Ermessensreduktion auf Null gerade im Hinblick auf diese Art der Leistung gegeben ist (s. nur Senatsbeschluss vom 24.01.2014, L 10 R 4402/13, in juris, Rn. 15; Luthe in jurisPK-SGB VI, 3. Aufl., § 9 Rn. 117, Stand 01.04.2021); denn er verlangt gerade nicht „irgendeine“ Leistung der medizinischen Rehabilitation, sondern eine ganz bestimmte. Eine solche kann er nur - eben weil ein gebundener Anspruch lediglich hinsichtlich des „Ob“ einer Teilhabeleistung besteht, nicht jedoch hinsichtlich des „Wie“, also der Auswahl der konkreten Leistung, die im Ermessen der Beklagten steht (s.o.) - beanspruchen, wenn eine Ermessensreduktion auf Null vorliegt, mithin wenn der Ermessensspielraum der Beklagten auf Grund der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls derart eingeschränkt ist, dass diese rechtmäßig nur eine einzige Entscheidung, nämlich vorliegend die Gewährung der vom Kläger begehrten stationären medizinischen Rehabilitation (statt z.B. ambulanter Maßnahmen), treffen dürfte (vgl. nur Senatsurteil vom 17.11.2022, L 10 R 2848/21, a.a.O., Rn. 22; Senatsbeschluss vom 24.01.2014, L 10 R 4402/13, a.a.O., Rn. 19 f., beide m.w.N., auch zur Rspr. des BSG).
Der Senat kann offenlassen (vgl. nur BSG 09.12.2010, B 13 R 83/09 R, in juris, Rn. 14), ob das Begehren des Klägers mit der kombinierten Anfechtungs- und („unechten“) Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 und § 56 SGG, s. dazu nur Senatsurteil vom 17.11.2022, L 10 R 2848/21, a.a.O., Rn. 20 m.w.N. zur Rspr. des BSG) oder, weil die Beklagte auch im Fall eines ermessensreduzierten Anspruchs gerade auf eine stationäre Rehabilitation noch einen Ermessensspielraum hinsichtlich des Umfangs und der konkreten Durchführung der stationären Rehabilitation hätte (namentlich Art der Einrichtung, Dauer der Rehabilitation, Umfang der dortigen Behandlung, s. dazu § 15 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB VI a.F., § 42 Abs. 2 Nrn. 4 ff. SGB IX a.F.), mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs(vornahme)klage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 131 Abs. 2 Satz 1 und § 56 SGG; vgl. dazu BSG 11.05.2011, B 5 R 54/10 R, in juris, Rn. 15; 16.11.1993, 4 RA 22/93, in juris, Rn. 15) statthaft zu verfolgen ist. Denn die Sachurteilsvoraussetzungen beider Klagearten liegen vor und Voraussetzung für den vorliegend allein zur Entscheidung des Senats stehenden Anspruch des Klägers gerade auf eine stationäre medizinische Rehabilitation („dem Grunde nach“) ist in beiden Fällen das Vorliegen einer entsprechenden Ermessensreduktion auf Null (s.o.).
Eine solche ist vorliegend indes nicht gegeben, sodass der angefochtene Gerichtsbescheid bereits aus diesem Grund keinen Bestand haben kann und die Klage abzuweisen ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine stationäre medizinische Rehabilitation. Der Bescheid der Beklagten vom 16.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.07.2020 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die (alleinige) Zuständigkeit der Beklagten im Außenverhältnis zum Kläger, über die beanspruchte Leistung zur Teilhabe (§ 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4, § 5 Nr. 1 SGB IX) in Gestalt einer medizinischen Rehabilitation als leistender Rehabilitationsträger (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Var. 1 SGB IX, § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) umfassend, also auch hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs nach den übrigen Rehabilitationsleistungsgesetzen zu entscheiden (vgl. statt vieler nur BSG 10.09.2020, B 3 KR 15/19 R, in juris, Rn. 31 m.w.N.), folgt aus § 14 Abs. 2 Satz 1, § 15 Abs. 3 Satz 2 SGB IX. Denn der Kläger hat seinen Rehabilitationsantrag vom 18.03.2020 unter ausdrücklicher Verwendung des entsprechenden Vordrucks „G0100“ der Beklagten bei dieser gestellt und die Beklagte hat ihn nicht - auch nicht teilweise (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) - an einen anderen Rehabilitationsträger (namentlich die gesetzliche Krankenkasse, § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) weitergeleitet (vgl. § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Der Umstand, dass der Kläger seinen Antrag „über die Krankenkasse“ gestellt, ihn dort letztlich also abgegeben hat, führt nicht dazu, dass die AOK als sog. erstangegangener Rehabilitationsträger anzusehen wäre. Denn sie hat den Antrag lediglich als aufnehmende Stelle (vgl. § 16 Abs. 2 SGB I) entgegengenommen und aus dem vom Kläger ausgefüllten und unterschriebenen Formantrag ergibt sich ohnehin ausdrücklich die Bekundung einer Antragstellung „über“ und nicht „bei“ der Krankenkasse; dies entspricht auch der Gemeinsamen Empfehlung „Reha-Prozess“ der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. von Februar 2019 (dort § 22 Abs. 1). Der Senat schließt sich insoweit der entsprechenden Rechtsprechung (u.a.) des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen (24.02.2021, L 11 KR 392/17, in juris, Rn. 43 m.w.N.; so auch von der Heide in Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX mit BGG, 5. Aufl. 2023, § 14 Rn. 11; Ulrich in jurisPK-SGB IX, a.a.O., § 14 Rn. 84 m.w.N., Stand 27.12.2022; Götze in Hauck/Noftz, SGB IX, § 14 Rn. 30, Stand August 2021) an und nimmt wegen der weiteren Einzelheiten auf die dortigen Ausführungen Bezug.
Eine stationäre medizinische Rehabilitation nach dem Recht der gesetzlichen Rentenversicherung setzt - wie schon dargelegt - materiell (u.a.) voraus, dass die Leistungen der Einrichtungen der medizinischen Rehabilitation nach Art oder Schwere der Erkrankung erforderlich sein müssen (§ 15 Abs. 2 Satz 3 SGB VI a.F.).
Hinsichtlich der (zunächst) namentlich vom Hausarzt des Klägers aufgeführten, unspezifischen schmerzhaften Rückenschmerzen des Klägers ist Derartiges schon nicht einmal im Ansatz ersichtlich. Unabhängig davon, dass D diese Leiden nur pauschal angeführt hat, hat der Kläger im Rechtsmittelverfahren selbst seine Leiden von innerer bzw. viszeralchirurgischer Seite ganz in den Vordergrund gerückt und bei der Untersuchung durch den Sachverständigen hat er irgendwelche Rückenschmerzen nicht einmal thematisiert. Deswegen hat auch F den Rückenbeschwerden - ebenso wie den angegebenen Kopf- und Achsskelettschmerzen - ausdrücklich keine weitergehende Bedeutung für die Frage einer medizinischen Rehabilitation beigemessen. Dagegen ist schon deshalb nichts zu erinnern, weil jedenfalls nicht einmal ansatzweise dargetan oder sonst ersichtlich ist, aus welchen Gründen gerade die besonderen stationären Leistungen einer medizinischen Rehabilitationseinrichtung erforderlich, also ambulante Maßnahmen oder auch eine Krankenhausbehandlung (die einer Leistung der medizinischen Rehabilitation von vornherein entgegensteht, § 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI a.F.) nicht ausreichend, sein sollten. Die Einschätzung des D in seiner Auskunft gegenüber dem SG geht mithin am eigentlichen Thema respektive an den rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs des Klägers vollkommen vorbei.
Nämliches gilt hinsichtlich der von D jedenfalls noch in seinem Schreiben an die Beklagte vom 18.05.2020 (ebenfalls nur pauschal) erwähnten psychiatrisch-psychosomatischen Anomalien. Insoweit haben bereits S und S1 in ihrer (urkundsbeweislich verwertbaren) sozialmedizinischen Stellungnahme für die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass sich der Kläger von psychisch-psychosomatischer Seite nicht einmal in einer fachärztlichen Behandlung befindet. Eine solche hat D im Übrigen selbst für „ggf.“ angezeigt erachtet, sodass sich dem Senat auch insoweit nicht einmal ansatzweise erschließt, aus welchen Gründen gerade eine stationäre Rehabilitation nach Art und Schwere der Erkrankung erforderlich sein soll. Unabhängig davon, dass D überhaupt keine entsprechenden klinischen Befunde mitgeteilt hat, spricht gegen eine höhergradige psychische Erkrankung mit entsprechendem Leidensdruck bereits der Umstand, dass der Kläger - darauf hat L in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme im Berufungsverfahren (als qualifiziertes Beteiligtenvorbringen verwertbar) im Anschluss an die S und S1 erneut hingewiesen - nicht einmal eine (ambulante) fachspezifische Therapie bzw. eine fachärztliche psychiatrische Behandlung in Anspruch nimmt. Ohnehin hat die Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation weder anstelle einer sonst erforderlichen Krankenhausbehandlung (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI a.F.) noch in der Phase akuter Behandlungsbedürftigkeit einer Krankheit zu erbringen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 SGB VI a.F., es sei denn, die Behandlungsbedürftigkeit tritt während der Ausführung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ein). Deswegen geht auch die - wiederum ohnehin nur pauschal gebliebene - implizite Annahme des D, es bedürfe der Sache nach einer stationären medizinischen Rehabilitation auch, um den psychosozial und -vegetativ belasteten Kläger aus seinem häuslichen Umfeld herauszulösen, ins Leere, denn ihr fehlt bereits deshalb eine Grundlage, eben weil von psychiatrisch-psychosomatischer Seite eine medizinische Rehabilitation schon aus den dargelegten Gründen nicht in Betracht kommt, mithin erst recht keine stationäre mit den besonderen Mitteln einer Rehabilitationseinrichtung.
Die von innerer bzw. viszeralchirurgischer Seite beim Kläger bestehenden Erkrankungen, die H und B (in ihren jeweiligen Entlassungsberichten und Auskünften gegenüber dem SG) sowie F im Wesentlichen übereinstimmend beschrieben haben (insoweit wird auf die obige Darstellung im Tatbestand verwiesen), begründen ebenfalls nicht die Erforderlichkeit einer stationären medizinischen Rehabilitation.
Aus den Äußerungen des H und des B folgt als Therapieempfehlung für die beim Kläger bestehende und ganz im Vordergrund stehende Passage-/Essstörung jeweils ein gutes Kauen der Speisen, eine aufrechte Haltung beim Essen mit Trinken erst danach sowie eine Verteilung der Nahrungsaufnahme auf mindestens fünf Mahlzeiten am Tag; dem hat sich auch F angeschlossen. Darüberhinausgehende Therapiemöglichkeiten mit hinreichender Erfolgswahrscheinlichkeit, auch durch eine medizinische Rehabilitation, hat B ausdrücklich verneint und L hat dies in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 11.03.2021 bestätigt. Damit lässt sich mithin aus den Bekundungen der behandelnden Fachärzte schon nichts Günstiges für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ableiten; im Gegenteil, B hat vielmehr jegliche Rehabilitationsbedürftigkeit, mithin erst recht eine stationäre, verneint.
Dass und warum der Einschätzung des D nicht gefolgt werden kann, ist oben bereits dargelegt worden. Seine pauschale Behauptung, die multiplen Beschwerden des Klägers erforderten eine medizinische Rehabilitation, ist hinsichtlich der Rückenschmerzen und der psychiatrischen Anomalien unzutreffend (s.o.), hinsichtlich der inneren respektive viszeralchirurgischen Erkrankungen ist sie durch die insoweit fachnähere Beurteilung des H und des B widerlegt.
Aus dem Gutachten des F lässt sich - entgegen den knappen, bausteinartigen Ausführungen des SG - die Erforderlichkeit gerade einer stationären medizinischen Rehabilitation ebenfalls weder schlüssig noch nachvollziehbar herleiten. Seiner nicht weiter begründeten und nur pauschalen - so zu Recht L - Behauptung eines nur stationär zu leistenden „multimodalen Ansatzes“ ist bereits deshalb die Grundlage entzogen, weil er in diesem Zusammenhang auch eine Schmerztherapie und ein Coping genannt hat. Wie oben bereits dargelegt, besteht indes von somatischer und psychiatrisch-psychosomatischer Seite keinerlei Raum für eine medizinische Rehabilitation, erst recht nicht für eine stationäre. Ohnehin hat der Kläger gegenüber F eingeräumt, der ärztlichen Empfehlung einer Nahrungsaufnahme in regelmäßigen, kleineren Mahlzeiten (mindestens fünf am Tag, s.o.) nicht nachzukommen, sondern gerade nicht regelmäßig zu essen, wobei er „versuche“, drei Mahlzeiten einzuhalten (s. S. 120 SG-Akte). Er hat dies freilich nicht mit einem irgendwie gearteten krankheitsbedingten Unvermögen oder einem gestörten Bewältigungsverhalten begründet, sondern allein damit, dass der berufliche Schichtdienst eine Befolgung der ärztlichen Empfehlung nicht zulasse. Insoweit vermag der Senat schon nicht im Ansatz nachzuvollziehen - und der Sachverständige, der gerade maßgeblich auf die Ernährungsgewohnheiten des Klägers abgestellt hat (s. S. 125 SG-Akte: „Anpassung des Lebensstils“, „Ernährungsanpassung“, „Anpassung des Arbeitsverhältnisses, um eine deutlich niederfrequentere Nahrungsaufnahme sicherzustellen“), hat sich damit auch nicht weiter auseinandergesetzt -, was eine stationäre medizinische Rehabilitation an diesem, vom Kläger selbst reklamiertem Umstand (Schichtdienst), ändern sollte. Auch erschließt sich in Ansehung dessen nicht, aus welchen Gründen beim Kläger überhaupt eine Ernährungsberatung oder -therapie erforderlich sein sollte, zumal er laut B (Auskunft gegenüber dem SG) eine solche bereits durchlaufen hat. Die „diätische Maßnahmen“ im Zusammenhang mit den Stuhlgangsproblemen, die F gerade nicht als richtungsweisend und maßgeblich angesehen hat, haben nach eigener Angabe des Klägers zudem keinen Erfolg gebracht. Warum dann entsprechende Maßnahmen im Rahmen eines stationären „Settings“ plötzlich Erfolg versprechen sollten, ist nicht nachvollziehbar und auch F hat nichts Entsprechendes bekundet.
Es bedarf mithin keiner stationären medizinischen Rehabilitation, sondern - dies hat der Sachverständige gar selbst erkannt (s. S. 124 SG-Akte) - vielmehr einer Anpassung der beruflichen Arbeitsorganisation, wenn die Behauptung des Klägers, er könne wegen der Schichtarbeit nicht mindestens fünf kleinere Mahlzeiten am Tag unter den o.a. Bedingungen einnehmen, zutreffend ist. Dass der Kläger nicht wüsste, wie er sich zu ernähren hat, hat er selbst nicht einmal auch nur behauptet und seine Einlassungen gegenüber dem Sachverständigen dokumentieren gerade das Gegenteil.
Ohnehin ist die gerade für eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme herangezogene, abschließende Begründung des Sachverständigen (s. S. 126 SG-Akte), eine „Schulung in Bezug auf Lebensstilanpassung und Ernährungsumstellung“ sei zeitintensiv „und nur unter stationären Kautelen vorstellbar“, zum einen substanzlos und zum anderen auch rechtlich unmaßgeblich, weil es für die Frage der Erforderlichkeit einer stationären medizinische Rehabilitation auf die Art und Schwere der Erkrankung und nicht auf die Dauer einer Therapie ankommt. Hinzukommt - dies nur am Rande -, dass sich selbst unter Annahme des Bedürfnisses einer länger andauernden therapeutischen Maßnahme nicht erschlösse, warum diese nicht ambulant (ggf. ganztägig) durchführbar sein sollte.
Lässt sich mithin schon aus den vorstehenden Erwägungen der geltend gemachte (ermessensreduzierte) Anspruch auf eine stationäre medizinische Rehabilitation nicht begründen, kommt es nicht weiter darauf an, ob der Kläger überhaupt die persönlichen Voraussetzungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2a SGB VI) erfüllt. Insoweit sei lediglich noch am Rande angemerkt, dass auch F - wie die Beratungsärzte der Beklagten - eine Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers verneint hat. Soweit er eine erhebliche Gefährdung angenommen hat, hat er diese - wie dargelegt - maßgeblich mit den Essgewohnheiten bzw. der Nahrungsaufnahme des Klägers im Zusammenhang mit seinem beruflichen Schichtdienst begründet (s.o.), woran indes - wie ebenfalls bereits ausgeführt - eine medizinische Rehabilitation nichts ändern würde, denn diese würde nicht zu einer anderen Arbeitsorganisation am konkreten Arbeitsplatz führen. Dass der Kläger auch im Falle einer erfolgreichen medizinischen Rehabilitation nicht mehr mindestens fünf kleinere Mahlzeiten in Regelmäßigkeit unter den o.a. weiteren Bedingungen zu sich nehmen müsste, hat F nicht einmal auch nur behauptet. Dies wäre auch mit seiner Annahme eines Dauercharakters der Motilitätsstörung, wovon auch H und B ausgegangen sind, nicht vereinbar.
Ein ermessensreduzierter Anspruch auf eine stationäre medizinische Rehabilitation ergibt sich vorliegend auch nicht nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung. Denn auch danach (s. nur Senatsbeschluss vom 24.01.2014, L 10 R 4402/13, in juris, Rn. 22, auch zum Nachfolgenden) steht ein möglicher Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, § 40 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V, wie oben schon dargelegt in der jeweils im Antragszeitpunkt geltenden Fassung) bezüglich des „Wie“ der Leistungserbringung - also hinsichtlich Art und Umfang der konkreten Leistung - gemäß § 40 Abs. 3 Satz 1 SGB V im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkasse. Zusätzlich besteht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen, welches bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V deutlich wird. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, erbringt die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen. Reichen diese Leistungen gleichfalls nicht aus, kann die Krankenkasse eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Demnach kommt eine stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung nur dann in Betracht, wenn weder eine ambulante Krankenbehandlung noch eine ambulante Rehabilitation ausreichend sind. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung dahingehend, dass, ungeachtet des dargestellten Stufenverhältnisses, im vorliegenden Fall nur eine stationäre medizinische Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in Betracht käme, sind - wie bereits dargestellt - nicht ersichtlich.
Aus den nämlichen Gründen scheitert auch bereits ein Anspruch gegen den Träger der Eingliederungshilfe (§ 5 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX), denn die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Eingliederungshilferecht entsprechen den Rehabilitationsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 109 Abs. 2 SGB IX).
Schließlich kann der erhobene Anspruch auch nach dem Recht der Arbeitsförderung nicht begründet sein, denn die Bundesagentur für Arbeit ist schon kein Träger einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation (§ 5 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX).
Somit hat der Kläger nach keinem der Rehabilitationsgesetze einen (ermessensreduzierten) Anspruch auf Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation. Mithin bedurfte es auch nicht der Beiladung anderer möglicher Träger der Rehabilitation (s. dazu nur LSG Baden-Württemberg 19.04.2016, L 11 R 5032/15, n.v.).
Nach alledem ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG im Rahmen des Berufungsantrags der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung für beide Rechtszüge beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.