L 7 AS 1360/21

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 823/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1360/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 02.07.2021 wird zurückgewiesen.Bild entfernt.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Der Kläger wendet sich gegen eine Bescheiderteilung lediglich in hochdeutscher, nicht aber in niederdeutscher bzw. plattdeutscher Sprache.  

 

Der Kläger bezog (jedenfalls) in den Jahren 2016 bzw. 2017 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Rahmen eines Vermittlungsgesprächs beim Beklagten am 26.09.2016 äußerte der Kläger gemäß einem Vermerk des Beklagten u.a. den Wunsch, im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit nach § 16d Abs. 1 Satz 1 SGB II im Bauernhausmuseum in D zu arbeiten. Daraufhin schlossen der Kläger und der Beklagte am selben Tag eine bis zum 25.03.2017 gültige Eingliederungsvereinbarung mit der Zielsetzung Aufnahme einer Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit. Im „Profiling“ des Klägers wurden als Stärken u.a. „Kommunikationsfähigkeit“ und „erweiterte Kenntnisse in Büro- und Verwaltungsarbeiten“ festgehalten. Nach Vorsprache des Klägers beim C-Museum bejahte der Beklagte ausweislich eines Vermerks vom 04.10.2016 die Fördervoraussetzungen und wies dem Kläger mit Bescheid vom 20.02.2017 eine Arbeitsgelegenheit in Form der Mitarbeit im Bereich Hauswirtschaft bei der D C-Museum gGmbH für die Zeit vom 01.03.2017 bis zum 18.10.2017 zu. Als Tätigkeitsfeld werden „Unterstützung bei der Durchführung von museumspädagogischen Angeboten im Bereich der bäuerlichen Produktion (Backen, Buttern, Milcherzeugung) – Instandhaltung der Utensilien für die Produktion – Vorhaltung der benötigten Materialien sowie Überprüfung und Einrichtung der Museumseinrichtungen für diese Angebote)“ genannt. Der zeitliche Umfang wird mit 30 Stunden, die Mehraufwandsentschädigung mit 1,30 € pro Stunde angegeben. Der Bescheid enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung und den Hinweis auf die Möglichkeit einer Sanktionierung. Gemäß einem Vermerk vom 04.05.2017 war der Kläger mit der Tätigkeit „sehr zufrieden“ und empfand sie mit einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden als „auslastend“.

 

Am 18.03.2017 erhob der Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid. Zwar stelle er den Bescheid inhaltlich nicht in Frage. Er habe die Stelle zum 01.03.2022 angetreten und „gebe sein Bestes“. Da der Bescheid keine Übersetzung ins Niederdeutsche beinhalte, fühle er sich als Angehöriger der Niederdeutschen Volksgruppe jedoch wegen seiner Sprache und ethnischen Herkunft diskriminiert. Das Niederdeutsche sei durch die Europäische Sprachencharta vom 09.07.1998 als eigenständige Sprache anerkannt. Es liege eine Benachteiligung i.S.v. § 2 AGG vor. § 23 VwVfG, der Deutsch als Amtssprache vorsehe, werde durch die §§ 1-3 AGG, wonach Angehörige anerkannter Sprachminderheiten nicht wegen ihrer ethnischen Herkunft benachteiligt werden dürften, eingeschränkt. Er bitte um Übersetzung des Bescheides ins Niederdeutsche oder um Nachreichung eines entsprechenden Bescheides.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2017 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB X sei die Amtssprache Deutsch. Das AGG finde im vorliegenden Fall keine Anwendung, weil der Kläger kein Arbeitnehmer i.S.v. § 6 AGG sei, sondern bei der Arbeitsgelegenheit im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Sonderverhältnisses tätig werde. Auch seien weder § 33c SGB I noch § 19a Abs. 1 SGB IV verletzt. Der Kläger werde nicht wegen seiner Rasse oder wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt. Die einheitliche Verwendung des Hochdeutschen in der Amtssprache diene der Verständlichkeit von Erklärungen von Bürgern und Behörden. Eine Übersetzung bzw. ein Dolmetscher seien nicht notwendig, weil der Kläger sich auf Hochdeutsch verständigen könne. Eine deutsche Behörde sei auch nicht verpflichtet, Verwaltungsakte in einer anderen Sprache abzufassen. Dass in Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein Regelungen zur Verwendung der sorbischen und friesischen Sprache bestünden, sei rein landesrechtlicher Natur und wirke sich im Anwendungsbereich des SGB X nicht aus.

 

Am 23.05.2017 hat der Kläger – nach zwischenzeitlichem (unbeanstandet gebliebenem) Abschluss einer weiteren Eingliederungsvereinbarung am 04.05.2017 in hochdeutscher Sprache – beim Sozialgericht Detmold Klage gegen den Bescheid vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2017 erhoben. Er hat u.a. eine „Rassendiskriminierung“ beklagt, weil ihm als Angehörigen der plattdeutschen Sprachminderheit („Niederdeutscher aus Westfalen“) die „Gleichbehandlung mit Hochdeutschen“ verwehrt werde, und im Rahmen der Klagebegründung umfangreich die Geschichte der plattdeutschen Sprache dargestellt. Noch zu Zeiten der Hanse sei diese Amtssprache und „in halb Europa“ auch Verkehrssprache gewesen. Die Erhaltung des Plattdeutschen als „frühere Weltsprache“ sei wichtig zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit i.S.v. Art. 1 der UN-Charta. Das OLG Oldenburg habe am 10.10.1927 (HRR 1928, 392) entschieden, dass auch das Plattdeutsche als „Deutsch“ i.S.v. § 184 GVG zu verstehen sei. Da das Plattdeutsche damit Gerichtssprache sei, könne es angesichts des weniger strengen § 23 VwVfG, der die Einreichung von Anträgen in Fremdsprache bei nachträglicher Übersetzung zulasse, nicht angehen, es nicht auch als Amtssprache zu werten. Wenn man das Niederdeutsche als eine Form des Deutschen i.S.v. § 184 GVG werte, könne das Gesetz vom 09.07.1998 zur europäischen Sprachencharta, das das „Niederdeutsche“ als Regionalsprache anerkenne, nur die im Regierungsbezirk Düsseldorf lebenden Niederfranken betreffen, deren Sprache nicht vom Begriff des „Plattdeutschen“ erfasst sei. Dass er in seinem Widerspruch anstelle der Begrifflichkeit des „Plattdeutschen“ die des „Niederdeutschen“ verwendet habe, sei versehentlich erfolgt.

 

Sofern „Deutsch“ entgegen dem Urteil des OLG Oldenburg nur noch als „Hochdeutsch“ verstanden werde, liege hierin eine „Rassendiskriminierung“. Zudem gelte Art. 113 der Weimarer Reichsverfassung fort, wonach Angehörige von Sprachminderheiten nicht durch die Verwaltung benachteiligt werden dürften. Auch sei das AGG auf seinen Fall anwendbar. Sofern der Beklagte sich darauf berufe, dass er des Hochdeutschen mächtig sei, liege auch hieran eine Rassendiskriminierung, denn das Hochdeutsche sei ihm von Geburt an aufgezwungen und das Plattdeutsche vorenthalten worden. Geschützt werde sein Anliegen auch durch Art. 6 des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten von 1998 und durch Art. 14 EMRK. Er hält das AGG weiter für anwendbar. Seine Klage sei der erste Schritt, „Rassismus“ und „Apartheid“ gegen Plattdeutsche zu beenden.

 

Das Sozialgericht hat den Kläger in einem Erörterungstermin am 12.12.2018 darauf hingewiesen, dass seine Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Da sie mutwillig erscheine, würden bei einer Fortsetzung des Klageverfahrens Verschuldenskosten in Höhe von 500 € festgesetzt. Weiter hat es die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

 

Der Kläger hat im Rahmen des Erörterungstermins beantragt,

 

den Bescheid des Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2017 aufzuheben und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm Bescheide in plattdeutscher Sprache zukommen zu lassen.

 

Der Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

 

Mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Der Beklagte sei insgesamt nicht verpflichtet, dem Kläger Bescheide in plattdeutscher Sprache zukommen zu lassen. Zwar erfasse der Begriff „Deutsch“ i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch Dialekte. Im schriftlichen Verwaltungsverfahren sei aber allein das Hochdeutsche zulässig. Das AGG finde auf den Kläger, der in seinem Rechtsverhältnis zum Beklagten nicht Arbeitnehmer sei, keine Anwendung. Eine Benachteiligung i.S.v. § 33c SGB I liege nicht vor, denn das SGB I beinhalte keinen Anspruch auf das Abfassen von Bescheiden in einer anderen als der hochdeutschen Sprache. Nur durch eine einheitliche Schriftsprache könne i.S.v. § 9 Satz 2 SGB X sei die zweckmäßige und zügige Durchführung der Verwaltungsverfahren gewährleistet. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG scheide aus. Der Kläger sei rechtlich nicht benachteiligt, weil es ihm möglich sei, sich in hochdeutscher Sprache zu verständigen. Der Beklagte sei auch nicht aufgrund der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 26.01.1998 gehalten, Schriftstücke auf Niederdeutsch abzufassen. Zwar sei die Formulierung von Schriftstücken in einer Regional- oder Minderheitensprache nach Art. 10 Abs. 1 Buchstabe c) der Charta zuzulassen, dieser sei jedoch für die Sprache Niederdeutsch im Land Nordrhein-Westfalen nicht umgesetzt worden. Das Sozialgericht hat dem Kläger Verschuldenskosten in Höhe von 500 € auferlegt. Die Rechtsverfolgung sei missbräuchlich, weil der Kläger die Klage trotz objektiver Aussichtslosigkeit weiterverfolgt habe. Der Kläger sei auf die Aussichtslosigkeit der Klage und die Höhe möglicher Verschuldenskosten hingewiesen worden. Der Betrag von 500 € folge aus einer Schätzung der tatsächlich angefallenen Gerichtskosten. Der Vorsitzende habe für die Abfassung des Urteils zwei Stunden benötigt. Da der Wert einer Richterarbeitsstunde mit 200 € bis 300 € angesetzt werde und zusätzlich noch Arbeitsstunden der Geschäftsstelle sowie Zustellungsgebühren angefallen seien, seien 500 € angemessen.

 

Am 10.08.2021 hat der Kläger Berufung gegen den ihm am 10.07.2021 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt. Er beklagt „schweren Rassismus“ sowie den Versuch einer „Ausgrenzung und Auslöschung ethnischer Minderheiten“. Das Sozialgericht habe missachtet, dass zwar Deutsch Amtssprache sei, aber das Nieder- bzw. Plattdeutsche mitumfasse. Klagegenstand sei der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2017, den er materiell nicht in Frage stelle, aber formell als „rassendiskriminierend und menschenwürdeverletzend“ betrachte. Das Sozialgericht sei „leider der Auffassung, dass die NS-Ideologie genau richtig sei, dass man einer ethnischen Verschiedenheit des Volkes keinen Raum geben“ dürfe. Er erwarte die Bestätigung, dass „die Stämme“ ein die Menschenwürde konkretisierender Verfassungswert sind. Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid sei problematisch, denn ein Urteil sei gemäß § 132 Abs. 1 SGG binnen zwei Wochen zuzustellen, während der Richter sich nach der 2018 getroffenen Entscheidung mehr als zwei Jahre Zeit gelassen habe. Das Sozialgericht habe auch insofern verfahrensfehlerhaft gehandelt, als es die Zustellung entgegen Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG auf private Dienstleister übertragen habe. Soweit das Sozialgericht ihm offensichtlich willkürlich Verschuldenskosten wegen angeblicher Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung auferlegt habe, sei festzuhalten, dass einzig der Richter am Sozialgericht nicht einsichtig gewesen sei und sich seiner Rechtsprechung und Grundrechte in Bezug nehmenden Argumentation gänzlich verschlossen habe. Er werde dafür „abgestraft“, dass er seine Ethnie geschützt sehen wolle und Verstöße gegen seine Menschenwürde geltend mache.

 

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 07.04.2021 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2017 festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm Bescheide in plattdeutscher Sprache zukommen zu lassen.

 

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Beklagte verbleibt bei seinem Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.

 

Der Kläger hat auch im Berufungsverfahren gerügt, dass der Senat in offensichtlich verfassungswidriger Weise einen privaten Postdienstleister mit der Zustellung gerichtlicher Schreiben betraue. Die Zustellung habe jedoch in bundeseigener Verwaltung, also durch eine Bundespostbehörde, zu erfolgen. Die Bundespost sei unter Verstoß gegen das Grundgesetz liquidiert worden. Von einem Gericht, dass die „im Grundgesetz klar geforderte Bundespost“ für abdingbar halte, sei zu erwarten, dass es mit der „verfassungsrechtlich konkretisierten Menschenwürde“ ähnlich umgehe. Zudem agierten die Richter des mit der Berufung befassten Senats heimlich, weil sie ihre Namen nicht angäben. Er lehne die Richter „der hier verantwortlichen Kammer“ daher ab.

 

Nach Ladung der Sache hat der Kläger auch die Zustellung der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.09.2022 als verfahrensfehlerhaft gerügt. Im Hinblick auf die Beauftragung eines privaten Postdienstleisters sei eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht iSv Art. 100 Abs. 1 GG erforderlich. Da die Terminierung bedeute, dass der Senat eine entsprechende Vorlage nicht beabsichtige, werde er den Termin nicht wahrnehmen. Der Kläger hat sein Befangenheitsgesuch gegen den Senat wiederholt.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

Der Senat konnte in der geschäftsplanmäßigen Besetzung über die Berufung entscheiden, ohne gegen das Verfahrensgrundrecht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) zu verstoßen. Das Ablehnungsgesuch des Klägers gegen die Berufsrichter des Senats ist unzulässig, weil es rechtsmissbräuchlich ist. Der Senat ist deshalb nicht daran gehindert, unter Mitwirkung der abgelehnten Richter über das Befangenheitsgesuch zu entscheiden (BVerfG Beschluss vom 20.07.2007 – 1 BvR 2228/06; BSG Beschlüsse vom 19.10.2018 – B 8 SO 54/17 BH und vom 19.01.2018 – B 11 AL 13/09 C; für den Strafprozess vgl. § 26a StPO).

 

Ein Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich, wenn die Begründung zur Rechtfertigung völlig ungeeignet ist, weil keinerlei substantiierte Tatsachen vorgetragen werden bzw. nur Tatsachen, die die Befangenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen können und das Ablehnungsgesuch damit für sachfremde Zwecke – Verhinderung einer gerichtlichen Entscheidung – eingesetzt werden soll. Im Rahmen der Anwendung dieses Prüfungsmaßstabs ist das Gericht in besonderem Maße verpflichtet, das Ablehnungsgesuch seinem Inhalt nach vollständig zu erfassen und gegebenenfalls wohlwollend auszulegen, da das Gericht andernfalls tatsächlich im Gewand der Zulässigkeitsprüfung in eine Begründetheitsprüfung eintritt (BVerfG Beschluss vom 02.06.2005 – 2 BvR 625/01; BSG Beschlüsse vom 31.08.2015 – B 9 V 26/15 B und vom 10.12.2010 – B 4 AS 97/10 B). Durch die grundsätzliche Zuweisung der Entscheidung über ein Ablehnungsgesuch an einen anderen Spruchkörper bzw. den Spruchkörper in anderer Besetzung soll verhindert werden, dass ein Richter in eigener Sache über eigenes Verhalten entscheidet (BVerfG Beschluss vom 20.07.2007 – 1 BvR 2228/06). Eine völlige Ungeeignetheit eines Ablehnungsgesuchs in diesem Sinne ist daher nur anzunehmen, wenn für eine Verwerfung als unzulässig jedes Eingehen auf den Gegenstand des Verfahrens entbehrlich ist. Ist hingegen eine – wenn auch nur geringfügige – Befassung mit dem Verfahrensgegenstand erforderlich, scheidet eine Ablehnung als unzulässig aus. Über eine bloß formale Prüfung hinaus darf sich der abgelehnte Richter nicht durch Mitwirkung an einer näheren inhaltlichen Prüfung der Ablehnungsgründe zum Richter in eigener Sache machen. Diese Voraussetzungen für eine Selbstentscheidung des abgelehnten Richters über den ihn betreffenden Befangenheitsantrag sind verfassungsrechtlich durch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorgegeben (BSG Beschluss vom 17.12.2009 – B 3 KR 32/09 B).

 

Auch unter Berücksichtigung dieser strengen Maßstäbe ist das Ablehnungsgesuch rechtsmissbräuchlich, weil nur Tatsachen vorgetragen werden, die die Befangenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründen können, und für eine Verwerfung als unzulässig daher jedes Eingehen auf den Gegenstand des Gesuchs entbehrlich ist. Die vom Kläger monierte Inanspruchnahme eines privaten Postdienstleisters kann – ungeachtet der Frage, ob das Vorbringen des Klägers insoweit nicht ersichtlich für eine von sachfremden Erwägungen getragene Verschleppungsabsicht spricht – nämlich schon deshalb keine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, weil sie nicht auf einer Entscheidung der abgelehnten Richter beruht. Der Berichterstatter oder – betreffend die Ladung zur mündlichen Verhandlung – der Vorsitzende verfügt (wie vorliegend und im Regelfall) allein die Übersendung eines Schreibens bzw. die Zustellung. Das Land Nordrhein-Westfalen, hinsichtlich u.a. der hier in Rede stehenden Briefsendungen des Landessozialgerichts vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm, vergibt als Rahmenvertrag die Abholung, Beförderung und Zustellung von Briefsendungen für die im Landgerichtsbezirk Essen gelegenen Justizbehörden. Unter Beachtung der Richtlinie 2014/24/EU über die öffentliche Auftragsvergabe erfolgt – wie auch hier – eine öffentliche Bekanntmachung der Ergebnisse des durchgeführten Vergabeverfahrens.

 

Der Senat konnte trotz des Ausbleibens der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 08.09.2022 entscheiden, weil der Kläger mit Postzustellungsurkunde am 23.08.2022 und der Beklagte am 24.08.2022 (Empfangsbekenntnis) ordnungsgemäß geladen worden und auf die Möglichkeit einer Entscheidung auch im Falle ihres Nichterscheinens gemäß §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG hingewiesen worden sind.

 

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 02.07.2021 abgewiesen.

 

Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass sich der vom Kläger (formal) angefochtene Zuweisungsbescheid vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 28.04.2017 (§ 95 SGG) ohnehin durch Zeitablauf erledigt hat. Das Begehren des Klägers dürfte ohnehin zu keinem Zeitpunkt auf Aufhebung der eigentlichen Zuweisungsverfügung gerichtet gewesen sein; vielmehr ist er dieser nachgekommen und hat explizit erklärt, er sei inhaltlich einverstanden. Nach dem Inhalt der Klageschrift („anzuordnen, dass das Jobcenter mir eine Übersetzung des ursprünglichen, inhaltlich nicht in Frage stehenden Bescheides ins Plattdeutsche zu geben hat“) ist die Klage auf Verurteilung des Beklagten zur Übersetzung des Bescheides vom 20.02.2017 ins Nieder- bzw. Plattdeutsche oder auf Erteilung einer Zweitschrift auf Platt- bzw. Niederdeutsch gerichtet, so dass als statthafte Klageart die (kombinierte) Anfechtungs- und Leistungsklage oder aber auch die allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) in Betracht kommt (vgl. zu nur ausnahmsweisen Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage im klassischen Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Bürger und Staat etwa Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 54 SGG <Stand: 15.06.2022>, Rn. 72).

 

Soweit mit Blick auf den vom Sozialgericht in der nichtöffentlichen Sitzung vom 12.12.2018 zu Protokoll genommenen Antrag ein Feststellungsbegehren i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG („Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses“) naheliegend erscheint, wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage allerdings unzulässig, weil der Beklagte über ein entsprechendes (Feststellungs-)Begehren des Klägers nicht in einem Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren entschieden hat. Zwar ergibt sich die Erforderlichkeit eines Vorverfahrens vor Erhebung einer Feststellungsklage nicht unmittelbar aus dem Gesetz, aus Gründen der Prozessökonomie, des Feststellungsinteresses und des Vorrangs der Anfechtungsklage hat der Bürger jedoch grundsätzlich vor Erhebung einer Feststellungsklage einen (Feststellungs-) Antrag an die Behörde zu richten, in dem er die Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses begehrt (vgl. hierzu etwa BSG Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 77/06 B). Entsprechendes ist hier nicht erfolgt; es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger vor Erlass des Bescheides vom 20.02.2017 überhaupt jemals das Begehren geäußert hat, an ihn gerichtete Bescheide seien in niederdeutscher Sprache abzufassen. Die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Entbehrlichkeit einer Verwaltungsentscheidung (z.B. die Unzumutbarkeit des Abwartens einer vorherigen Verwaltungsentscheidung oder die Veranlassung einer sofortigen Klageerhebung durch den Verwaltungsträger (vgl. hierzu Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl.,

§ 55 SGG <Stand: 15.06.2022>, Rn.19)), sind hier nicht erkennbar.

 

Die Statthaftigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage i.S.v. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG käme nur dann in Betracht, wenn man von der ursprünglichen Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen den Zuweisungsbescheid vom 20.02.2017 ausgeht (siehe dazu bereits oben) oder aber – weniger naheliegend – das (erledigte) Verpflichtungsbegehren des Klägers unterstellt, einen (weiteren) Verwaltungsakt (nunmehr in platt- bzw. niederdeutscher Sprache) zu erhalten. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse des Klägers i.S.v. § 131 Abs. 1 Satz 1 Satz 3 SGG kann insbesondere bei fortgesetztem Leistungsbezug in einer Wiederholungsgefahr gesehen werden, denn die Frage, ob der Beklagte Bescheide an den Kläger (auch) in Niederdeutsch zu richten hat, stellt sich bei jedem Bescheiderlass.

 

Die Klage ist jedoch offensichtlich unter Zugrundelegung keiner der in Betracht kommenden Auslegungsvarianten begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 20.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2017 (§ 95 SGG) war nicht rechtswidrig; der Kläger hatte auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausfertigung des Bescheides in platt- bzw. niederdeutscher Sprache bzw. Erhalt einer Übersetzung in die platt- bzw. niederdeutsche Sprache.

 

Der Kläger stellt die Regelung dieses Bescheides – seine Zuweisung zu einer Arbeitsgelegenheit im C-Museum D – inhaltlich ausdrücklich nicht in Frage. Es bestehen auch keine Zweifel an den Voraussetzungen des maßgeblichen § 16d Abs. 1 Satz 1 SGB II, insbesondere lag die Tätigkeit des Klägers im  Bauernhausmuseum D im öffentlichen Interesse.

 

Der Bescheid begegnet auch in formaler Hinsicht keinen Bedenken. Die vom Kläger beanstandete Abfassung des Bescheides auf Hochdeutsch und nicht auf Nieder- bzw. Plattdeutsch (der Senat verwendet diese Begriffe im Folgenden mit Blick auf die sprachwissenschaftlich ggf. schwierige Einordnung nebeneinander; vgl. auch Keukenschrijver in: Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 9. Aufl. 2020, § 126 <Amtssprache und Gerichtssprache>: vgl. zur Begriffsbestimmung auch Schipper, Die Amtssprache ist Deutsch? Multilingualität in der kommunalen Behörde unter besonderer Berücksichtigung des Niederdeutschen, 2019, abrufbar unter https://www.niederdeutschsekretariat.de/wp-content/uploads/2020/03/Bachelorarbeit-Anneke-Schipper.pdf, Seite 5ff.) steht in Übereinstimmung mit § 19 Abs. 1 SGB X, wonach die Amtssprache deutsch ist. Zwar umfasst die deutsche Sprache neben der hochdeutschen Sprache auch alle Mundarten und Dialekte, soweit diese von den Beteiligten verstanden werden (Roller in: Schütze, SGB X, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, 9. Auflage, § 19 Rn.5). Im schriftlichen Verfahren zulässig ist jedoch allein Hochdeutsch (Hissnauer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 19 SGB X <Stand: 25.03.2022>, Rn. 18; Vogelgesang in: Hauck/Noftz SGB X, § 19 Amtssprache,
Rn. 15; zurückhaltender Böttinger in: Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Auflage,
§ 19 Rn. 5). Dies entspricht dem Gebot des § 9 Abs. 2 SGB X, wonach ein Verwaltungsverfahren einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist. Dieses Gebot würde beeinträchtigt, wenn ein (angesichts der Vielzahl gesprochener Dialekte und des oftmaligen Fehlens einer standardisierten Schriftsprache) unübersichtliches Nebeneinander verschiedener Sprachvarianten mit unterschiedlichen Schreibweisen entstünde, die allenfalls räumlich begrenzt von einem Teil der Bevölkerung verstanden werden. Dies gilt auch für das Niederdeutsche und Plattdeutsche, das sich als „Kontinuum westgermanischer Dialekte, die in Norddeutschland und im Osten der Niederlande gesprochen werden“ in Abgrenzung zum Hochdeutschen nördlich der „Benrather Linie“ (etwa Aachen-Düsseldorf-Kassel-Berlin) entwickelt hat, denn jedenfalls seit dem 16. Jahrhundert – hierauf weist der Kläger zu Recht hin – existiert keine gemeinsame niederdeutsche Schriftsprache mehr.

 

Niederdeutsch (Plattdeutsch) stellt nach überwiegendem und zur Überzeugung des Senats zutreffendem Verständnis jedenfalls im hier maßgeblichen rechtlichen Kontext eine von der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 05.12.1992 geschützte „weitere“ Sprachform im Sinne einer Regionalsprache (vgl. auch Keukenschrijver in: Busse/Keukenschrijver, Patentgesetz, 9. Aufl. 2020, § 126 Rn. 7; Seiler in: Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht, 4. Aufl. 2019, § 93 Amtssprache und Gerichtssprache, Rn. 1) und damit im Verhältnis zum Hochdeutschen eine Fremdsprache dar (vgl. hierzu BGH Beschluss vom 19.11.2002 – X ZB 23/01 zur Anmeldung von Patentunterlagen in Niederdeutsch; vgl. auch Schipper, a.a.O., Seite 9). Nur dieses Verständnis erscheint vor dem Hintergrund der Einstufung des Niederdeutschen in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen als Regionalsprache folgerichtig. Aus dem Status als geschützte Regionalsprache kann der Kläger, der des Hochdeutschen (Kenntnisse in Plattdeutsch hat er nicht nachgewiesen) nachgewiesenermaßen mächtig ist, ebenso wenig einen Anspruch auf Abfassung der an ihn gerichteten Bescheide in niederdeutscher oder plattdeutscher Sprache ableiten wie auf deren entsprechende Übersetzung. Zwar ist nach der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zur Vorbereitung der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen vom 23.01.1998, die in ihrem Art. 3 Abs. 1 die Festlegung der Minderheiten- und Regionalsprachen sowie der diesbezüglichen Gebiete den Beitrittsstaaten überlässt, das Niederdeutsche in der Bundesrepublik Deutschland Regionalsprache. Verpflichtungen in Bezug auf das Niederdeutsche sind gemäß der Erklärung im Hinblick auf Teil 3 der Charta der konkret verpflichtende Maßnahmen zur Förderung des Gebrauchs von Regional- und Minderheitensprachen im öffentlichen Leben, so z.B. für Justizbehörden (Art. 9) oder für Verwaltungsbehörden (Art. 10) statuiert, aber nur für die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein (vgl. Verordnung vom 15.10.2020 zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarates vom 05.11.1992 in BGBl. Teil II 2020, Nr. 16, S. 742-743) und Mecklenburg-Vorpommern übernommen worden. In Nordrhein-Westfalen wird in Bezug auf das Niederdeutsche lediglich der eher unverbindliche Teil 2 der Charta (Ziele und Grundsätze) angewandt und festgestellt, dass Recht und Verwaltungspraxis der Bundesrepublik einzelnen Artikeln aus Teil 3 der Charta genügen; der die Zulassung von Regional- und Minderheitensprachen im Verwaltungsverfahren betreffende Art. 10 wird hierbei explizit nicht aufgeführt. Der Senat weist lediglich ergänzend darauf hin, dass sowohl Art. 9 als auch Art. 10 der Charta die darin aufgeführten Maßnahmen ohnehin lediglich in Bezug auf diejenigen Gerichtsbezirke vorsieht, in denen die Zahl der Einwohner, welche die Regional- oder Minderheitensprachen gebrauchen, diese rechtfertigt

 

Da mithin weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Nordrhein- Westfalen Vorschriften zur Verwendung der niederdeutschen (plattdeutschen) Sprache in der (nordrheinwestfälischen) Verwaltung erlassen musste und erlassen hat, kann dahinstehen, ob landesrechtliche Regelungen, die Behörden unter gewissen Umständen zur Verwendung von Minderheitensprachen verpflichten, auch im Anwendungsbereich des – im SGB X bundesrechtlich geregelten – Sozialverwaltungsverfahrens verdrängen bzw. „ergänzend regeln“ können (dafür im Hinblick auf die sorbische Sprache in Sachsen und die friesische Sprache in Schleswig-Holstein Böttinger in: Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Auflage, § 19 Rn.37 ff.; dagegen wohl mit der h.M. Hissnauer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl.,
§ 19 SGB X).

 

Soweit das Platt- bzw. Niederdeutsche gleichberechtigt neben dem Hochdeutschen als „deutsche Sprache“ gewertet wird (so OLG Oldenburg Urteil vom 10.10.1927 – K 48, HRR 1928, 392: „Unter den Begriff "deutsch" fällt auch das Plattdeutsche, wenn es auch philologisch betrachtet nicht eine bloße Mundart darstellt, sondern als eine selbstständige Sprache der hochdeutschen Sprache gegenüber steht“), ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Wertung unter vollkommen anderen rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit der Frage der Hinzuziehung eines Dolmetschers zum Strafverfahren erfolgte. In diesem Zusammenhang mag (im zeitlichen Kontext und regionaler Besonderheiten wegen) die rechtliche Wertung zur Vermeidung der Einschränkung prozessualer Rechte gerechtfertigt gewesen sein. Selbst wenn man die zur Überzeugung des Senats auf den konkreten Fall nicht übertragbare Wertung auch des Platt- bzw. Niederdeutschen als „deutsche Sprache“ gleichwohl übertragen wollte, hätte der Beklagte sich jedenfalls einer zulässigen Version der in § 19 Abs. 1 SGB X genannten Amtssprache bedient. Da der Kläger das Hochdeutsche zweifelsfrei beherrscht, stand eine Verkürzung von Verfahrensrechten und materieller Rechtspositionen nicht zu befürchten.

 

Im Hinblick auf die Nichtanwendbarkeit des AGG, gemäß dessen § 2 Abs. 2 Satz 1 für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch die §§ 33c SGB I, 19a SGB IV gelten, und das Fehlen eines Verstoßes gegen die letztgenannten Normen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG). Eine Benachteiligung des Klägers aufgrund seiner ethnischen Herkunft ist fernliegend. Zunächst ist nicht erkennbar, dass Sprecher des Nieder- bzw. Plattdeutschen eine eigenständige Ethnie darstellen. Insbesondere scheidet aber jede Benachteiligung des Klägers durch die Abfassung des Bescheides in der hochdeutschen Schriftsprache aus, denn der Kläger ist unter Berücksichtigung des Akteinhalts fähig, durchgehend flüssig und mit durchaus beachtlichem Wortschatz auf Hochdeutsch zu kommunizieren.

 

Ein Anspruch auf Abfassung des Bescheides in Nieder- bzw. Plattdeutsch ergibt sich zur Überzeugung des Senats unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt. Auch soweit die Klage als Leistungsklage i.S.v. § 54 Abs. 5 SGG auf die Erteilung einer Zweitschrift in Nieder-  bzw. Plattdeutsch gerichtet sein sollte, wäre sie daher aus den vorstehenden Erwägungen nicht begründet. Dasselbe gilt für eine Übersetzung, deren Durchführung und Finanzierung § 19 Abs. 2 SGB X dem Bürger zuordnet und die in Anbetracht der unzweifelhaften Beherrschung der (hoch)deutschen Sprache durch den Kläger entbehrlich war.

 

Im Hinblick auf die Voraussetzungen für die Verhängung von Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 SGG durch das Sozialgericht ist auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts zu verweisen. Auch der Senat hat keinerlei Zweifel, dass für jedermann erkennbar eine völlig substanzlose Klage vorlag. Auch die Höhe der auferlegten Kosten im Rahmen der vom Sozialgericht zu treffenden Ermessensentscheidung ist nicht zu beanstanden (vgl. auch LSG für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil vom 24.02.2017 –
L 4 U 632/16 –, Rn. 47, juris).

 

Die Kostenentscheidung beruht im Übrigen auf § 193 SGG.

 

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

 

Rechtskraft
Aus
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