L 3 AS 51/23 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 1456/22
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 51/23 NZB
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Eine Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG erfordert die Aufstellung eines bewusst von der Rechtsprechung eines der in dieser Vorschrift genannten Gerichte abweichenden Rechtssatzes durch das SG (so bereits LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2022 – L 3 AS 2890/22 NZB, juris Rn. 39).
2. Eine Divergenz in diesem Sinne kann auch vorliegen, wenn das SG eine eindeutige Positionierung gegen einen vom BSG aufgestellten Rechtssatz vermeidet, jedoch die näheren Darlegungen erkennen lassen, dass der Rechtsprechung nicht gefolgt werden, sondern diese nur erheblich modifiziert übernommen werden soll (Abgrenzung zu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2022 – L 3 AS 2890/22 NZB, juris Rn. 39; Anschluss an BSG, Beschluss vom 06.10.1977 – 9 BV 270/77, juris Rn. 5).

Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.12.2022 zugelassen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgen der Kostenentscheidung in der Hauptsache.




Gründe

I.


Der Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von 409,85 € an die Klägerin wegen einer Nebenkostenabrechnung für eine nicht mehr von der Klägerin bewohnte Wohnung.

Die 1998 geborene Klägerin wohnte in einer Wohnung in der E1, M1 und bezog dort Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Am 01.03.2022 zog sie nach K1. Seit 01.03.2022 bezog sie aufgrund des Bescheides vom 31.03.2022 in der Form des Änderungsbescheides vom 05.04.2022 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten, wobei für den März wegen bereits gezahlter Leistungen eines anderen Jobcenters 0 € bewilligt wurden.

Am 21.04.2022 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Übernahme einer Nachzahlung aufgrund der Nebenkostenabrechnung vom 11.04.2022 in Höhe von 409,85 € für die Wohnung in der E1 in M1 für das Jahr 2021. Mit Bescheid vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 lehnte der Beklagte die Übernahme der Nachzahlung in Höhe von 409,85 € ab. Die Wohnung in M1 sei zum Zeitpunkt der Rechnungstellung nicht mehr durch die Klägerin bewohnt gewesen und eine Übernahme der Kosten könne daher nicht erfolgen. Erforderlich für die Übernahme der Nebenkostennachforderung sei, dass der Umzug aufgrund einer Kostensenkungsobliegenheit erfolgt sei oder eine Zusicherung zum Umzug vorgelegen habe, der Leistungsberechtigte sowohl während des Abrechnungszeitraums als auch der Fälligkeit der Nebenkostenabrechnung durchgehend im Leistungsbezug gestanden habe und die Nebenkostennachforderung noch nicht beglichen sei.

Auf die deshalb beim Sozialgericht (SG) Karlsruhe am 25.05.2022 erhobene Klage ist der Beklagte mit Urteil vom 08.12.2022 unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 verurteilt worden, der Klägerin 409,85 € zu zahlen. Eine Betriebskostennachforderung, die sich aus einer Betriebskostenabrechnung ergebe, erhöhe den Bedarf für Kosten der Unterkunft (KdU) im Fälligkeitsmonat. Dies gelte grundsätzlich allerdings nur, wenn die Aufwendungen für die zu diesem Zeitpunkt genutzte Wohnung entstanden seien. Vorliegend betreffe die Nebenkostenabrechnung eine Wohnung, welche die Klägerin nicht mehr tatsächlich nutze. In derartigen Fällen erhöhe sich der aktuelle Bedarf ausnahmsweise, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten, als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung Leistungen nach dem SGB II bezogen habe und die Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt sei und keine andere Bedarfsdeckung eingetreten sei. Ebenso sei der Bedarf zu berücksichtigen, wenn der Leistungsberechtigte durchgehend seit dem Zeitraum, für den die Nebenkostennachforderung erhoben werde, bis zu deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II gestanden habe und eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs während des Bezugs von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorgelegen habe (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R). In diesen Konstellationen bestehe nach den genannten Entscheidungen eine existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nebenkostennachforderung für die in der Vergangenheit bewohnte Wohnung mit dem aktuellen unterkunftsbezogenen Bedarf, weil die Entstehung der Nachforderung und ihre Fälligkeit einen Zeitraum der ununterbrochenen Hilfebedürftigkeit betreffe. Die genannten Fallgruppen aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung seien nicht abschließend (hierzu und im Folgenden Verweis auf LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.2019 – L 7 AS 1440/18) und die dargestellte Rechtsprechung des BSG sei auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Entscheidend sei, dass die Entstehung der Nachforderung und ihre Fälligkeit in einem Zeitraum ununterbrochener Hilfebedürftigkeit lägen. Die Nichtübernahme der Nebenkostennachforderung bei nicht gegebener Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit bzw. ohne Umzugszusicherung würde eine faktische Umzugssperre bewirken, da sich ein Leistungsbezieher dann dem Risiko ausgesetzt sähe, nur wegen nicht in ausreichender Höhe festgesetzter Nebenkostenvorauszahlungen mit Schulden belastet zu werden. Weiterhin seien Folgeprobleme für die aktuelle Wohnsituation denkbar, sei es, dass die neue Wohnung beim Vermieter der früheren Wohnung angemietet sei, oder für die Heizenergieversorgung derselbe Energielieferant zuständig sei, und daher Zahlungsschwierigkeiten aus dem früheren Miet- oder Versorgungsverhältnis auf die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen durchschlügen. Diese Folgeprobleme könnten unabhängig von einer vorherigen Kostensenkungsaufforderung oder Umzugszusicherung auftreten. Die Berufung ist vom SG Karlsruhe weder in den Entscheidungsgründen noch im Tenor der Entscheidung zugelassen worden. Die Rechtsmittelbelehrung unter der Entscheidung belehrt über eine Nichtzulassungsbeschwerde. Das Urteil ist dem Beklagten laut Empfangsbekenntnis am 16.12.2022 zugestellt worden.

Der Beklagte hat am 04.01.2023 Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des SG Karlsruhe zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Das Urteil weiche in seinen tragenden Entscheidungsgründen von der Rechtsprechung des BSG ab (Urteile vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R und vom 13.07.2017– B 4 AS 12/16 R), weshalb die Nichtzulassungsbeschwerde auf § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG gestützt werde. In den Entscheidungsgründen des Urteils stelle das SG Karlsruhe den Rechtssatz auf, dass fällige Nebenkostennachforderungen für eine nicht mehr bewohnte Wohnung vom zuständigen Grundsicherungsträger des Zuzugsortes zu übernehmen seien, wenn die Entstehung der Nachforderungen und ihre Fälligkeit in einen Zeitraum ununterbrochener Hilfebedürftigkeit fielen. Dieser Rechtssatz weiche von dem in den genannten Entscheidungen des BSG aufgestellten Rechtssatz ab, wonach eine Nebenkostennachforderung für eine ehemalige Wohnung nur ausnahmsweise vom Grundsicherungsträger zu übernehmen sei, wenn der Umzug aufgrund einer Kostensenkungsobliegenheit erfolgt sei oder eine Zusicherung zum Umzug vorgelegen habe, was hier beides nicht der Fall sei. Die Entscheidung des SG Karlsruhe beruhe auch auf dieser Abweichung.

Der Beklagte beantragt,

            die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.12.2022 zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,

            die Beschwerde des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte erhebe eine Divergenzrüge, deren Anforderungen nicht erfüllt seien. Eine Divergenz setze eine bewusste Abweichung von der Rechtsprechung, z.B. des BSG, voraus (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss des vom 25.11.2022 – L 3 AS 2890/22 NZB). Vorliegend sei das SG Karlsruhe nicht bewusst von einem vom BSG aufgestellten Rechtssatz abgewichen. Vielmehr habe das SG Karlsruhe ausdrücklich die Voraussetzungen der Übernahme einer Nebenkostennachforderung für nicht mehr bewohnte Räumen dargestellt und ausgeführt, dass die bisher entschiedenen Fälle, von denen nicht abgewichen worden sei, keine abschließende Regelung beinhalteten. Deren Intention könne auch auf den vorliegenden Fall Anwendung finden. Insoweit handele es sich lediglich um eine Fortentwicklung der Rechtsprechung, jedoch nicht um einen Widerspruch. Damit fehle es an der Aufstellung eines bewusst abweichenden Rechtssatzes. Da in keiner der durch den Beklagten zitierten Entscheidungen ausgeführt worden sei, dass die beiden Konstellationen der Übernahme der Nebenkostennachzahlung abschließend seien, liege letztlich auch keine Abweichung vor.


II.

Die gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des SG Karlsruhe vom 08.12.2022, über die der Senat nach § 145 Abs. 4 Satz 1 SGG durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet.

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Der Beklagte begehrt eine Aufhebung des Urteils des SG Karlsruhe, mit dem er unter Aufhebung des Bescheides vom 28.04.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.05.2022 verurteilt worden ist, der Klägerin 409,85 € wegen der Nebenkostenabrechnung vom 11.04.2022 zu zahlen. Dieser Betrag übersteigt 750,00 € nicht.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 2 SGG bei dem zuständigen LSG Baden-Württemberg eingelegt worden. Die Beschwerde ist auch begründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS-OGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Hier liegt der Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Das Urteil des SG Karlsruhe vom 08.12.2022 beruht auf einer Abweichung von einer Entscheidung des BSG.

Eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG setzt voraus, dass ein SG in der angefochtenen Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des LSG Baden-Württemberg, des BSG, des GmS-OGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Dies ist vorliegend der Fall. Das Urteil des SG Karlsruhe vom 08.12.2022 weicht im Ergebnis bewusst von der Rechtsprechung des BSG ab (vgl. zur Notwendigkeit einer bewussten Abweichung LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2022 – L 3 AS 2890/22 NZB, juris Rn. 39). Für die Annahme einer Divergenz genügt es nicht, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entspricht, die das LSG Baden-Württemberg, das BSG, der GmS-OGB oder das BVerfG aufgestellt haben oder wenn das SG die Rechtsprechung der genannten Gerichte nicht gekannt, übersehen oder verkannt hat (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 160 Rn. 14; siehe hierzu und im Folgenden LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.11.2022 – L 3 AS 2890/22 NZB, juris Rn. 39). Die Begründung des Gerichts muss vielmehr erkennen lassen, dass es den in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichten widersprochen und von deren rechtlichen Aussagen abweichende, das heißt mit diesen unvereinbare, rechtliche Maßstäbe aufgestellt hat (BSG, Beschluss vom 23.06.2015 – B 14 AS 345/14 B, juris Rn. 3). Erforderlich ist also, dass das SG bewusst einen abweichenden Rechtssatz aufgestellt und nicht etwa lediglich das Recht fehlerhaft angewendet hat (Fichte in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Auflage 2020, § 160 Rn. 40; Littmann in Berchtold, SGG, 6. Auflage 2021, § 144 Rn. 17; Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, § 144 SGG, Stand: 15.06.2022, Rn. 39; BSG, Beschluss vom 01.07.2014 – B 1 KR 99/13 B, juris Rn. 6; BSG, Beschluss vom 19.12.2016 – B 9 SB 73/16 B, juris Rn. 8). Eine Divergenz kann auch vorliegen, wenn das SG eine eindeutige Positionierung gegen ein höheres Gericht vermeidet, jedoch die näheren Darlegungen erkennen lassen, dass der Rechtsprechung nicht gefolgt werden, sondern diese nur erheblich modifiziert übernommen werden soll (vgl. Voelzke in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Auflage, Stand: 07.11.2022, § 160 SGG Rn. 133; BSG, Beschluss vom 06.10.1977 – 9 BV 270/77, juris Rn. 5).

Vorliegend ergibt sich die Divergenz daraus, dass das SG Karlsruhe die einschlägige Rechtsprechung des BSG nur in erheblich modifizierter Form übernommen hat, was im Ergebnis zur Aufstellung eines inhaltlich bewusst abweichenden tragenden abstrakten Rechtssatzes geführt hat. Das SG Karlsruhe hat zunächst zutreffend zwei (auch vom Beklagten im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde richtig bezeichnete) Fallgruppen wiedergegeben, in denen laut BSG ausnahmsweise eine Kostenübernahme durch Grundsicherungsträger nach dem SGB II für Nebenkostennachzahlungen für eine im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnte Wohnung zu erfolgen hat: Den durchgehenden Leistungsbezug bei vorliegender Zusicherung hinsichtlich des Umzugs (BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R, juris Rn. 18) und den durchgehenden Leistungsbezug bei Aufgabe der bisherigen Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger (BSG, Urteil vom 30.03.2017 – B 14 AS 13/16 R, Rn. 14). Anschließend hat das SG Karlsruhe diese Fallgruppen in seiner ausführlich begründeten Entscheidung als nicht abschließend angesehen. Darin liegt noch keine Abweichung, denn das BSG hat von dem in den Entscheidungen vom 13.07.2017 (
B 4 AS 12/16 R, juris Rn. 18) und 30.03.2017 (B 14 AS 13/16 R, juris Rn. 15) postulierten Erfordernis eines durchgehenden Leistungsbezuges nach dem SGB II schon einmal eine Ausnahme in einem Fall gemacht, in welchem Wohnkosten für klagende Kinder durch vorrangig zu beantragendes Kinderwohngeld gedeckt worden waren (BSG, Urteil vom 19.05.2021 – B 14 AS 57/19 R, Rn. 19). Damit hat das BSG selbst die zuvor definierten Fallgruppen als nicht abschließend behandelt. Eine erhebliche Modifizierung der Rechtsprechung des BSG durch das SG Karlsruhe ergibt sich jedoch daraus, dass im Ergebnis allein als entscheidend angesehen worden ist, dass die Entstehung der Nachforderung und ihre Fälligkeit in einem Zeitraum ununterbrochener Hilfebedürftigkeit liegen. Ein durchgehender Leistungsbezug nach dem SGB II soll also ausreichend für die Kostenübernahme wegen Nebenkostenabrechnungen für nicht mehr bewohnte Unterkünfte sein. Dies stellt inhaltlich eine erhebliche Modifikation der Rechtsprechung des BSG dar, nach welcher ein Anspruch auf Kostenübernahme nur bei Zusicherung zum Umzug bzw. einem Umzug in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit besteht. Diese ausdrücklich vom BSG geprüften Voraussetzungen, deren Formulierung nicht erklärbar wäre, wenn die Rechtsprechung des BSG dem Rechtsstandpunkt des SG Karlsruhe entspräche, sind auch im Urteil vom 19.05.2021 (B 14 AS 57/19 R, Rn. 19) nicht aufgegeben worden. Indem das SG Karlsruhe es im Ergebnis allein als entscheidend angesehen hat, dass die Entstehung der Nachforderung und ihre Fälligkeit in einem Zeitraum ununterbrochener Hilfebedürftigkeit liegen, hat es durch diese erhebliche Modifikation bewusst einen von dieser Rechtsprechung abweichenden tragenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt.

Aus dieser Bewertung des Senats ergibt sich keine Vorentscheidung hinsichtlich der Frage, ob die ausführliche Argumentation des SG Karlsruhe inhaltlich zutrifft, oder nicht. Es wird lediglich eine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung festgestellt.

Das Beschwerdeverfahren wird als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung durch den Beklagten bedarf es nicht (§ 145 Abs. 5 Satz 1 SGG).

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG nicht mit der Beschwerde anfechtbar.


 

Rechtskraft
Aus
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