1. Im Streit über den Anspruch der leistungsberechtigten Person gegen den Leistungsträger auf stationäre Gesundheitsleistungen nach §§ 4, 6 AsylbLG ist der Träger des Krankenhauses nicht nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig beizuladen.
2. Die Abgrenzung der Gesundheitsleistungen nach § 4 Abs 1 S 1 AsylbLG und § 6 AsylbLG erfolgt danach, ob die Behandlung Schmerzzustände bzw. eine akute, also eine plötzlich auftretende, schnell und heftig verlaufende Erkrankung betrifft (Anwendungsbereich des § 4 Abs 1 S 1 AsylbLG) oder eine chronische, also eine langsam sich entwickelnde oder langsam verlaufende Erkrankung (Anwendungsbereich des § 6 Abs 1 S 1 Alt 2 AsylbLG).
3. Zur Beurteilung, ob Leistungen zur Sicherung der Gesundheit iSd § 6 Abs 1 S 1 Alt 2 AsylbLG unerlässlich sind, sind als Kriterien einzubeziehen zB die Qualität des betroffenen Rechtes (Grundrechtsrelevanz), Ausmaß und Intensität der tatsächlichen Beeinträchtigung im Falle der Leistungsablehnung sowie die voraussichtliche und bisherige Aufenthaltsdauer des Ausländers in Deutschland. Hierbei kommt auch der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 ua = BVerfGE 132, 134 = SozR 4-3520 § 3 Nr 2 eine besondere Bedeutung zu (Festhalten an LSG Celle vom 01.02.2018 - L 8 AY 16/17 B ER - juris Rn. 27).
4. Ein Anspruch auf Gesundheitsleistungen nach §§ 4, 6 AsylbLG unterliegt nicht den Vorgaben des besonderen Sachleistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung (Anschluss an LSG Hamburg vom 18.06.2014 - L 1 KR 52/14 B ER - juris Rn. 8).
5. Die Leistungen nach §§ 4, 6 AsylbLG müssen allgemeinen Grundsätzen des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts entprechen, insbesondere hat die Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig zu erfolgen (vgl. § 28 Abs 1 S 1 SGB V). Sie muss wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 12 Abs 1 SGBV). Eine vollstationäre Krankenhausbehandlung muss insbesondere den speziell geregelten Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebots nach § 39 Abs 1 S 2 SGB V beachten.
6. Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung nach §§ 4, 6 AsylbLG aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat dabei von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt nicht zu (vgl. BSG vom 25.09.2007 - GS 1/06 - juris).
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hildesheim vom 23. April 2020 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Im Streit ist die Übernahme von Kosten für eine stationäre psychiatrische Behandlung im Frühjahr 2019 in Höhe von etwa 9.000,00 €.
Der 1988 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und wurde bei seiner Tätigkeit als Polizist in seinem Heimatland 2014 schwer am linken Arm verletzt. Nach seiner Einreise nach Italien wurde er erkennungsdienstlich erfasst; etwa anderthalb Wochen später reiste er Ende Juni 2018 nach Deutschland. Sein hier gestellter Asylantrag vom 11.7.2018 wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zunächst wegen der vorrangigen Zuständigkeit Italiens als unzulässig (Bescheid vom 4.10.2018) und nach einem für den Kläger erfolglosen Eilverfahren beim Verwaltungsgericht (VG) Hannover (Beschluss vom 18.10.2018 - 19 B 6444/18 -) und Scheitern einer (fristgemäßen) Überführung nach Italien (mit einem beabsichtigten Abschiebetermin am 10.4.2018) als unbegründet abgelehnt (Bescheid vom 31.7.2019). Während des Asylverfahrens war er der im Kreisgebiet des Beklagten liegenden Samtgemeinde H. zugewiesen (Bescheid der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen vom 25.7.2018). Zur Sicherung seines Lebensunterhaltes bezog der einkommens- und vermögenslose Kläger vom Beklagten laufend Leistungen nach dem AsylbLG.
Nach einem Suizidversuch seines Mitbewohners in der Flüchtlingsunterkunft zum Jahreswechsel 2018/2019 - das gemeinsame Zimmer war voller Blut und wurde vom Kläger eigenhändig gesäubert - stellte sich der Kläger im Folgemonat beim Psychosozialen Zentrum des Netzwerkes für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. (NTFN) wegen psychischer Beschwerden (mit Alpträumen, Schlafstörungen, Ängsten und Bedrohungsgefühlen) vor. Der NTFN wies ihn darauf hin, zur Krisenintervention seine offenen Sprechstunden (Montag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr) nutzen und sich in akuten Krisen an den zuständigen Sozialpsychiatrischen Dienst bzw. außerhalb der Dienstzeiten an das I. Klinikum Hildesheim wenden zu können. Wegen des Verdachtes auf eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) empfahl der NTFN eine psychiatrische sowie eine psychotherapeutische Behandlung. Einen in diesem Zusammenhang vom Kläger gestellten Antrag auf Fahrtkostenübernahme zur Teilnahme an einer Stabilisierungsgruppe des NTFN in Hannover (u.a. durch Psycho-Edukation, Gruppengespräche, therapeutische Übungen über acht Termine vom 20.2. bis 10.4.2019) lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, der Kläger leide nicht an einer akuten Erkrankung oder Schmerzzuständen und die Teilnahme sei auch nicht zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich (bestandskräftiger Bescheid vom 27.2.2019).
Am Morgen des 19.3.2019 (Dienstag) stellte sich der Kläger in Begleitung eines Mitarbeiters der von ihm bewohnten Flüchtlingsunterkunft in der Zentralen Notfallambulanz des I. Klinikums Hildesheims vor, woraufhin er wegen des Verdachts auf eine schwere depressive Episode (ICD-10 F32.2) und eine PTBS (ICD-10 F43.1) notfallmäßig stationär aufgenommen wurde. Bei der Aufnahme berichtete der Mitarbeiter der Unterkunft von dem Suizidversuch des Mitbewohners zum Jahreswechsel und den seitdem beim Kläger bestehenden Beeinträchtigungen in Gestalt von ausgeprägten Schlafproblemen, Kopfschmerzen, Alpträumen und Angstzuständen. Mit Beginn des stationären Aufenthaltes distanzierte sich der Kläger bei bestehenden Lebensüberdrussgedanken glaubhaft von Suizidhandlungen; eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung bestand nicht. Die weitere medizinische Behandlung und eine adäquate, pflegerische Maßnahmeplanung stellten sich als schwierig dar, weil sich der Kläger überwiegend in seinem Zimmer aufhielt, viel schlief und der Kontaktaufnahme und Einschätzung des Gesundheitszustandes auch eine Sprachbarriere entgegenstand; der Kläger verfügte n.e.A. nur über Kenntnisse seiner Muttersprache (Paschtu bzw. Farsi). Bei den unter Hinzuziehung eines Dolmetschers durchgeführten ärztlichen Behandlungsterminen (am 21. und 26.3. sowie am 10.4.2019) schilderte er u.a. seine Fluchtgründe (Bedrohung durch die Taliban), den Selbstmordversuch seines Mitbewohners und Freundes und die seitdem auftretenden Bilder aus Afghanistan (Flashbacks), Alpträume und Angstattacken mit Herzrasen, Hitzewellen und Schweißausbrüchen (sieben- bis achtmal täglich, jeweils etwa 15 bis 20 Minuten) sowie (zurückliegende) Suizidgedanken. Eine aktuelle „Abschiebeproblematik“ verneinte er (am 21.3.2019) ausdrücklich. Mit zunehmender Stabilisierung, insbesondere ab Mitte April, wurde der Kläger am 23.4.2019 aus dem Klinikum entlassen.
Den noch am Tag der Aufnahme von der Klinik für den Kläger gestellten Antrag auf Kostenübernahme lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, es mangele an einer ärztlichen Einweisung bzw. einer Einweisungsdiagnose. Inwieweit aktuell eine psychotherapeutische, ggf. auch stationäre Behandlung geboten sein könnte, sei zunächst im Rahmen einer fachärztlich-psychiatrischen oder psychotherapeutischen Vorstellung zu prüfen. Hierfür sei jedoch kein vierwöchiger Aufenthalt in der Einrichtung erforderlich (Bescheid vom 25.3.2019). Auf den Widerspruch des Klägers holte der Beklagte ein ärztliches Gutachten seines Gesundheitsamtes vom 5.4.2019 nach Aktenlage ein. Danach habe gemäß der Aufnahmediagnose des I. Klinikums vom 19.3.2019 eine schwere psychische Störung bestanden, die wegen ihres Ausprägungsgrades und möglicherweise plötzlich auftretenden eigengefährdenden Handlungsweisen einer stationären Akutbehandlung bedurft habe, weil eine therapeutische Begleitung unter ambulanten Bedingungen nicht ausreichend gewesen sei. Aus Sicht der Amtsärztin Dr. J. war die stationäre Aufnahme des Klägers zur Besserung oder Linderung der vorliegenden Erkrankung bzw. zur Verhinderung weiterer Krankheitsfolgen geboten und unerlässlich. Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, es liege für den stationären Aufenthalt weder eine (fach-)ärztliche Einweisung noch eine Einweisungsdiagnose vor, insbesondere bezüglich einer PTBS. In einem persönlichen Gespräch am 30.4.2019 habe der Kläger mitgeteilt, er hätte psychische Probleme, weil sein Mitbewohner „durchgedreht sei“. Daraus erschließe sich aber nicht die Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes im I. Klinikum Hildesheim für vier Wochen. Auch sei nicht ersichtlich, ob eine vorhergehende medikamentöse Behandlung erfolgt sei oder zukünftig Erfolg versprechen könnte und ob eine psychotherapeutische, ggf. auch stationäre Behandlung notwendig gewesen sei. Dies müsse im Rahmen einer fachärztlich-psychiatrischen Vorstellung geprüft werden, wofür aber ein vierwöchiger stationärer Aufenthalt nicht notwendig gewesen sei (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2019).
Auf die hiergegen am 17.6.2019 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim nach schriftlicher Befragung des leitenden Oberarztes des I. Klinikums Hildesheim Dr. K. zur Notwendigkeit der stationären Behandlung (vgl. die Antwortschreiben vom 19.12.2019 und 20.1.2020) den Beklagten unter Aufhebung der Verwaltungsentscheidung verurteilt, dem Kläger die Kosten der stationären Unterbringung und Behandlung im I. Klinikum Hildesheim in der Zeit vom 19.3. bis 23.4.2019 in Höhe von 8.993,96 € zu gewähren (Gerichtsbescheid vom 23.4.2020). Der Anspruch auf Gesundheitsleistungen zur Behandlung der PTBS und der schweren depressiven Episode i.S. einer chronischen Erkrankung ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG, weil die Leistungen zur Sicherung der Gesundheit in diesem Einzelfall unerlässlich gewesen seien. Insoweit sei die fachärztliche Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes (der behandelnden Stelle) in der Regel für die Behörde bindend und nur auf Schlüssig- und Nachvollziehbarkeit zu überprüfen. Bei Zweifeln sei eine amtsärztliche Stellungnahme einzuholen. Danach bestünden keine grundlegenden Zweifel an der Beurteilung durch die fachpsychiatrische Einrichtung mit der Diagnose einer PTBS und einer schweren depressiven Episode (ICD-10 F.32.2 und F43.1) im Rahmen der Aufnahme und bestätigend bei der Entlassung des Klägers (Kurzentlassungsbrief des I. Klinikums Hildesheim vom 23.4.2019) sowie nach den im gerichtlichen Verfahren eingeholten Auskünften des Oberarztes Dr. K., nach der die stationäre Behandlung wegen der drohenden Verschlechterung des Krankheitsbildes und Suizidgedanken zwingend erforderlich und unerlässlich gewesen sei. Diese Beurteilung werde von dem im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten der Amtsärztin Dr. J. vom 5.4.2019 bestätigt. Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren diese Begutachtung nach Aktenlage nicht als ausreichend für die Beurteilung des medizinischen Sachverhaltes ansehe, wäre er aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht (§ 20 SGB X) verpflichtet gewesen, weitere Sachverhaltsaufklärungsmaßnahmen einzuleiten, wie z.B. eine externe psychiatrische Begutachtung. Aus gerichtlicher Sicht sei der Sachverhalt dagegen geklärt. Mit der nachgewiesenen Suizidalität habe eine Gefährdung zentraler Grundrechte vorgelegen (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 1 Abs. 1 GG), die eine stationäre Unterbringung unumgänglich gemacht hätten. Wegen der Behandlungsbedürftigkeit des Klägers sei die Frage nach der Ursache der PTBS unerheblich.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten vom 15.5.2020. Sein erstinstanzliches Vorbringen vertiefend macht er u.a. geltend, es könne nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere ohne qualifiziertes Gutachten zum Aufnahmezeitpunkt, nachträglich nicht abschließend geklärt werden, ob der stationäre Aufenthalt des Klägers zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG gewesen ist. Ohne qualifiziertes ärztliches Attest bzw. Verordnung über die stationäre Behandlungsbedürftigkeit sei es nach der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Krankenhausbehandlung mehr als zweifelhaft, ob die Einrichtung selbst die Verordnung vornehmen dürfe; insoweit dürften Leistungsberechtigte nach §§ 4, 6 AsylbLG nicht besser gestellt werden als Mitglieder der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Entgegen der Annahme des SG würden sich eine Suizidalität bzw. eine akute Behandlungsbedürftigkeit weder aus den ärztlichen Unterlagen noch im Übrigen aus der im Berufungsverfahren beigezogenen Patientenakte des I. Klinikums Hildesheim ergeben. Die Diagnose der psychischen Erkrankung des Klägers sei nicht gesichert, dies gelte insbesondere für die PTBS, deren Diagnose nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (etwa BVerwG, Urteil vom 11.9.2007 - 10 C 8.07 -) besonderen und hier nicht eingehaltenen Mindestanforderungen genügen müsse. Insoweit habe der Beklagte die von seinem Gesundheitsamt erstellte Bewertung nach Aktenlage zutreffend als ungeeignet verworfen, zumal die zuständige Ärztin den Kläger nicht persönlich untersucht habe. Die Voraussetzungen für die Übernahme der Behandlungskosten lägen insgesamt nicht vor, und selbst wenn, wäre das durch § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG eingeräumte Ermessen nicht derart eingeschränkt, dass nur eine Kostenübernahme gerechtfertigt wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null).
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des SG Hildesheim vom 23.4.2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (Schriftsätze vom 23.2. und 17.5.2022).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte, der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungs- und Ausländerakten sowie der im Berufungsverfahren beigezogenen Patientenakte des I. Klinikums Hildesheim Bezug genommen. Diese Akten haben dem Senat vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
EnTscheidungsgründe
Der Senat entscheidet mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 SGG).
Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere ohne Zulassung statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) Berufung ist unbegründet. Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die Kosten des stationären Aufenthalts des Klägers zu übernehmen.
Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4, § 56 SGG) ist der Bescheid des Beklagten vom 25.3.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.5.2019 (§ 95 SGG), durch den der Antrag auf Übernahme der Kosten der stationären Behandlung des Klägers im I. Klinikum Hildesheim vom 19.3. bis 23.4.2019 in einer Gesamthöhe von 8.993,96 € abgelehnt worden ist. Da der Kläger die Behandlungskosten (noch) nicht beglichen hat, richtet sich sein Anspruch gegen den Beklagten auf Freistellung von den Kosten der Krankenhausbehandlung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 7 AY 2/12 R - juris Rn. 28 m.w.N.).
Die Sachurteilsvoraussetzungen liegen vor. Insbesondere ist die Trägerin des KRH Psychiatrie Wunstorf, die Klinikum L. GmbH, nicht nach § 75 Abs. 2 Alt. 1 SGG notwendig beizuladen, weil sie nicht derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann (echte notwendige Beiladung). Anders als im Sozialhilferecht ist der Leistungsanspruch nach dem AsylbLG, insbesondere auf Gesundheitsleistungen nach §§ 4, 6 AsylbLG, nicht auf eine sog. Sachleistungsverschaffung, also auf eine Kostenübernahme als Sachleistung im weiten Sinne (Schuldbeitritt durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung; zur ggf. notwendigen Beiladung des Leistungserbringers in diesen Fällen vgl. etwa BSG, Urteil vom 23.8.2013 - B 8 SO 10/12 R - juris Rn. 10 m.w.N.) ausgerichtet, sondern originär auf eine Sachleistung (vgl. zu dem das AsylbLG prägende Sachleistungssystem etwa BSG, Urteil vom 25.10.2018 - B 7 AY 1/18 R - juris Rn. 17) bzw. auf die Freistellung von den Kosten. In diesen Fällen sind keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen dem Krankenhausträger und dem zuständigen Leistungsträger berührt, weil der Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers unabhängig davon besteht, ob der Patient mit seiner gegen den Leistungsträger nach dem AsylbLG gerichteten Klageforderung letztlich Erfolg hat oder nicht (vgl. zu der ebenfalls nicht notwendigen Beiladung des Krankenhausträgers zum Rechtstreit des Versicherten gegen die Krankenkasse schon BSG, Urteil vom 12.10.1988 - 3/8 RK 19/86 - juris Rn. 16 ff., 22).
Die Ablehnung des Antrages ist zu Unrecht erfolgt. Der zum Zeitpunkt des stationären Aufenthaltes nach seinem erfolglosen Asylverfahren (Bescheid des BAMF vom 4.10.2018) vollziehbar ausreisepflichtige und damit dem Grunde nach gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG leistungsberechtigte Kläger hat gegen den Beklagten gemäß §§ 4, 6 AsylbLG einen Anspruch auf Übernahme der Kosten der vom 19.3. bis zum 23.4.2019 durchgeführten Krankenhausbehandlung i.H.v. 8.993,96 €.
Der beklagte Kreis ist als nach Landesrecht sachlich zuständige Behörde (§ 10 AsylbLG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nds. AufnG) nach § 10a Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, 4 AsylbLG auch örtlich zuständig für die geltend gemachten Leistungen in Einrichtungen. Danach ist für die Leistungen in Einrichtungen, die - wie hier - der Krankenbehandlung (oder anderen Maßnahmen nach diesem Gesetz) dienen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Aufnahme hat oder in den zwei Monaten vor der Aufnahme zuletzt gehabt hat. (§ 10a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG). Als gewöhnlicher Aufenthalt i.S. dieses Gesetzes gilt der Ort, an dem sich jemand unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt (§ 10a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG). Abweichend hiervon enthält § 10a Abs. 3 Satz 4 AsylbLG eine gesetzliche Fiktion: Ist jemand nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG, nach dem AsylG oder nach dem AufenthG verteilt oder zugewiesen worden oder besteht für ihn eine Wohnsitzauflage für einen bestimmten Bereich, so gilt dieser Bereich als sein gewöhnlicher Aufenthalt. In diesen Fällen ist es für die Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltes i.S. des § 10a Abs. 3 AsylbLG ohne Belang, ob sich die leistungsberechtigte Person dort gewöhnlich oder auch nur tatsächlich aufhält (vgl. Groth in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 10a AsylbLG Rn. 77). Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich deswegen bereits aus der Zuweisungsentscheidung der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen vom 25.7.2018 betreffend den im Kreisgebiet des Beklagten liegenden Ort H.. Diese Zuweisung hatte sich (noch) nicht auf andere Weise erledigt (§ 43 Abs. 2 VwVfG i.V.m. § 1 NVwVfG), weil das Asylverfahren zum Zeitpunkt der stationären Behandlung wegen der beim VG Hannover anhängigen Klage gegen den Ablehnungsbescheid des BAMF (-19 A 6443/18 -) noch nicht rechtskräftig beendet gewesen ist (vgl. zur Erledigung der asylrechtlichen Zuweisungsentscheidung nach § 50 Abs. 4 AsylG die Parallelentscheidung des Senats vom heutigen Tag - L 8 AY 47/18 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Der Beklagte hatte die für das Einsetzen der Leistungen erforderliche Kenntnis i.S. des § 6b AsylbLG i.V.m. § 18 SGB XII. Danach setzen die Leistungen nach dem AsylbLG ein, sobald dem Leistungsträger oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen. Das I. Klinikum hat den Beklagten am Tag der Aufnahme des Klägers am 19.3.2019 über die (konkrete) stationäre Behandlung informiert. Es kann insoweit dahingestellt bleiben, ob es für die Vermittlung der erforderlichen Kenntnis i.S. des § 6b AsylbLG i.V.m. § 18 SGB XII bereits ausgereicht hat, dass der Beklagte durch die Vorlage des Schreibens des NFTN im Februar 2019 auf die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers hingewiesen worden ist und damit die Notwendigkeit von Hilfe - bezogen auf die Grunderkrankung als spezifischer Bedarfsfall - dargetan gewesen ist (vgl. dazu etwa BSG, Urteil vom 28.8.2018 - B 8 SO 9/17 R - juris Rn. 18 m.w.N.).
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Krankenhilfe nach § 2 Abs. 1 AsylbLG (in der vom 6.8.2016 bis 20.08.2019 geltenden Fassung vom 31.7.2016, a.F.) i.V.m. dem Fünften Kapitel des SGB XII nicht zu. Nach § 2 Abs. 1 AsylbLG a.F. ist abweichend von den §§ 3 und 4 sowie 6 bis 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Zum Zeitpunkt der Krankenhausbehandlung ist die Voraussetzung der sog. Wartezeit für eine leistungsrechtliche Privilegierung noch nicht erfüllt, weil der Kläger am 28.6.2018 nach Deutschland eingereist war.
Der Anspruch des Klägers auf Übernahme der Behandlungskosten beruht auf § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG bzw. § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG, wobei im Ergebnis offenbleiben kann, welche Anspruchsgrundlage konkret einschlägig ist. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sind zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche (…) Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG a.F. können sonstige Leistungen gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich sind. Nach der Rechtsprechung des Senats sind bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Unerlässlichkeit einer Leistung - neben den Umständen des Einzelfalles - Kriterien einzubeziehen wie z. B. die Qualität des betroffenen Rechtes (Grundrechtsrelevanz), das Ausmaß und die Intensität der tatsächlichen Beeinträchtigung im Falle der Leistungsablehnung sowie die voraussichtliche und bisherige Aufenthaltsdauer des Ausländers in Deutschland. Hierbei kommt hierbei auch der Entscheidung des BVerfG vom 18.7.2012 (- 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 -) eine besondere Bedeutung zu, weil nach dem Regelungskonzept des AsylbLG vom allgemeinen Grundsicherungsrecht (SGB II/SGB XII) abweichende Regeln der Existenzsicherung (gesetzgeberisch) nur möglich sind, wenn wegen eines nur kurzfristigen Aufenthalts konkrete Minderbedarfe gegenüber Hilfsempfängern mit Daueraufenthaltsrecht nachvollziehbar festgestellt und bemessen werden können (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 1.2.2018 - L 8 AY 16/17 B ER - juris Rn. 27; vgl. auch Frerichs in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl. 2020, § 6 AsylbLG Rn. 41). Nach h.M. in Rechtsprechung und Literatur (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 6.5.2013 - L 20 AY 145/11 - juris Rn. 52 ff., 66; SG Heilbronn, Urteil vom 13.4.2021 - S 2 AY 3764/19 - juris Rn. 21; Langer in GK-AsylbLG, Stand Oktober 2019, § 4 Rn. 23 ff. und Deibel in GK-AsylbLG, Stand Juni 2021, § 6 Rn. 139 ff.; Krauß in: Siefert, AsylbLG, 2. Aufl. 2020, § 4 Rn. 23 ff. sowie § 6 Rn. 39 m.w.N.), der sich der Senat angeschlossen hat (vgl. etwa Beschluss vom 1.10.2013 - L 8 AY 38/13 B - nicht veröffentlicht), erfolgt die Abgrenzung der Gesundheitsleistungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG und § 6 AsylbLG danach, ob die Behandlung Schmerzzustände bzw. eine akute, also eine plötzlich auftretende, schnell und heftig verlaufende Erkrankung betrifft (Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG) oder eine chronische, also eine langsam sich entwickelnde oder langsam verlaufende Erkrankung (Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG). Diese Abgrenzung erfolgt nach medizinischen Gesichtspunkten und ist im Einzelfall schwierig, weil mit chronischen Erkrankungen akute, konkret behandlungsbedürftige Krankheitszustände einhergehen können (z.B. bei schwerer Depression mit akuter Suizidalität oder einhergehenden Schmerzen, vgl. etwa OVG Niedersachsen, Beschluss vom 22.9.1999 - 4 M 3551/99 -). Insoweit wird teilweise vertreten, tatbestandlich nicht auf eine akute Erkrankung (§ 4 Abs. 1 AsylbLG), sondern auf einen akut erforderlichen Behandlungsbedarf einer (ggf. auch chronischen) Erkrankung abzustellen (so Cantzler, AsylbLG, 1. Aufl. 2019, § 4 Rn. 23), auch um die im Einzelfall erforderliche Gesundheitsversorgung bei einem Ausschluss von sonstigen Leistungen nach § 6 AsylbLG (vgl. insb. § 1a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG) sicherstellen zu können (vgl. Cantzler, a.a.O.). Die unterschiedlichen Auslegungen der §§ 4, 6 AsylbLG kommen hier aber zu dem gleichen Ergebnis (dazu gleich).
Das Gericht hat im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob die Leistungen aus medizinischen Gründen notwendig bzw. unerlässlich sind. Dabei unterliegt die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG nicht den Vorgaben des besonderen Sachleistungssystems der GKV mit seinem leistungssteuernden Zulassungsprinzip hinsichtlich der einzelnen Leistungserbringer (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 18.6.2014 - L 1 KR 52/14 B ER - juris Rn. 11); entgegen dem Standpunkt des Beklagten sind insoweit die vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien im Leistungsrecht nach dem AsylbLG nicht einschlägig. Wohl aber ist es anerkannt, dass die Behandlung nach allgemeinen Grundsätzen des gesetzlichen Krankenversicherungsrechts nach den Regeln ärztlicher Kunst ausreichend und zweckmäßig zu erfolgen hat (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Zudem muss sie wirtschaftlich sein und darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (vgl. § 12 Abs. 1 SGB V; dazu etwa Frerichs in jurisPK-SGB XII, § 4 AsylbLG Rn. 55 m.w.N.). Insoweit erfordert ein Anspruch auf vollstationäre Krankenhausbehandlung nicht nur, dass die Vorgaben aus dem allgemeinen Qualitätsgebot (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) eingehalten sind, sondern auch, dass der in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V speziell geregelte Aspekt des Wirtschaftlichkeitsgebotes beachtet wird. Die vollstationäre Krankenhausbehandlung ist gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung - seien es teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlungen einschließlich häuslicher Krankenpflege - nachrangig (statt vieler vgl. nur BSG, Urteil vom 22.6.2022 - B 1 KR 19/21 R - juris Rn. 18 f. m.w.N.). Die (voll- oder teil-)stationäre Behandlung in einem Krankenhaus ist dann erforderlich, wenn die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann und eine ambulante ärztliche Versorgung nicht ausreicht, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (vgl. BSG, Urteil vom 26.4.2022 - B 1 KR 5/21 R - juris Rn. 13; Wahl in jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 39 Rn. 61 m.w.N.). Nach ebenfalls auf das AsylbLG übertragbaren allgemeinen Grundsätzen ist bei einer nachträglichen Prüfung von streitigen stationären Leistungen von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen. Eine "Einschätzungsprärogative" kommt dem Krankenhausarzt allerdings nicht zu (vgl. BSG, Großer Senat, Beschluss vom 25.9.2007 - GS 1/06 - juris). Ob die Aufnahme ins Krankenhaus oder die Fortführung der stationären Behandlung über einen bestimmten Zeitpunkt hinaus nach objektiven Maßstäben medizinisch geboten war, lässt sich mit sachverständiger Hilfe auch rückschauend klären. Nicht in rechtlicher, wohl aber in tatsächlicher Hinsicht, also im Rahmen der Beweiswürdigung, wird allerdings in Grenz- oder Zweifelsfällen bei einer nachträglichen Prüfung der Beurteilung des behandelnden Arztes besonderes Gewicht zukommen können, weil sich die in der Vergangenheit liegende Behandlungssituation auch bei einer ordnungsgemäßen Dokumentation des Krankheitsgeschehens und des Behandlungsverlaufs unter Umständen nur begrenzt nachvollziehen lässt und der Krankenhausarzt im Zeitpunkt der Behandlung in Kenntnis des Patienten und aller für die medizinische Versorgung relevanten Umstände im Zweifel am ehesten einschätzen konnte, welche Maßnahmen medizinisch veranlasst waren (BSG, a.a.O., Rn. 32).
Nach diesen Maßgaben ist die stationäre Behandlung des Klägers im I. Klinikum Hildesheim vom 19.3. bis 23.4.2019 jedenfalls zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich i.S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AsylbLG gewesen. Weil die damit verbundenen tatbestandlichen Voraussetzungen über diejenigen zur Behandlung einer akuten Erkrankung oder von Schmerzzuständen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG hinausgehen, kann hier eine Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Vorschriften im Ergebnis dahinstehen. Die Beurteilung des medizinischen Sachverhalts beruht auf den vorliegenden Unterlagen über die Krankenhausbehandlung, insb. dem Inhalt der vom Senat beigezogenen Patientenakte des Klinikums, in der u.a. die Aufnahmedokumentation, die Verlaufsberichte, die Pflegepläne, -berichte und -dokumentation, die Übersichten über die Medikation und Physiotherapien sowie die Entlassungsberichte vom 23.4. und 14.6.2019 enthalten sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach den Verlaufs- und Pflegeberichten das inaktive Verhalten des Klägers - er hatte bis Mitte April 2018 sein Zimmer kaum verlassen und viel geschlafen, auch tagsüber - und die vorhandene Sprachbarriere - der Kläger hat sich allein in seiner Muttersprache (Paschtu bzw. Farsi) verständigen können - trotz der Hinzuziehung eines Dolmetschers bei einzelnen Therapiegesprächen (am 21. und 26.3. sowie am 10.4.2019) - eine Kontaktaufnahme, die Einschätzung des medizinischen Sachverhalts und eine adäquate, pflegerische Maßnahmeplanung in besonderer Weise erschwert bzw. entgegengestanden haben. Unter diesen Umständen liegt hier ein besonderer Fall vor, bei dem der Beurteilung des behandelnden Arztes bei einer nachträglichen Prüfung des medizinischen Sachverhaltes besonderes Gewicht zukommt. Danach sprechen die zum Zeitpunkt der Aufnahme des Klägers am 19.3.2019 und im weiteren Behandlungsverlauf bis zum 23.4.2019 u.a. der behandelnden Stationsärztin M. sowie der Psychologin Dr. N. (aber auch dem weiteren Klinikpersonal) bekannten Verhältnisse für die Notwendigkeit bzw. Unerlässlichkeit einer notfallmäßigen stationären Behandlung des Klägers. Der Beurteilung am Aufnahmetag haben die (fremdanamnestischen) Angaben des Mitarbeiters der Flüchtlingsunterkunft, Herrn O., zu Grunde gelegen über den Selbstmordversuch des Mitbewohners des Klägers, seine Erlebnisse nach diesem Ereignis (das eigenhändige Säubern des blutverschmierten Zimmers), die ausgeprägten Schlafprobleme, Kopfschmerzen, die Alpträume und Angstzustände. Nach dem psychischen Befund ist der Kläger u.a. wach, bewusstseinsklar und ausreichend orientiert gewesen, im Kontakt niedergeschlagen, schüchtern und hilfesuchend. Bei vorhandenen Lebensüberdrussgedanken konnte er sich klar und glaubhaft von Suizidhandlungen distanzieren. Es hat keine akute Eigen- oder Fremdgefährdung bestanden. Auf dieser Grundlage sind die Diagnosen im Aufnahmebefund vom 19.3.2019 des Verdachtes auf eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome und auf eine PTBS schlüssig, plausibel und nachvollziehbar und sie haben aus Sicht des behandelnden medizinischen Personals eine Aufnahme in die offen geführte Station notwendig erscheinen lassen. Diese Beurteilung wird bestätigt durch das im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten der Amtsärztin Dr. J., nach der auf Grundlage der Art und Schwere der diagnostizierten Störung, wie sie in dem Kostenübernahmeantrag vom 19.3.2019 vermerkt ist, die Aufnahme in der allgemeinpsychiatrischen Abteilung zur Besserung oder Linderung der vorliegenden Erkrankung oder zur Verhinderung weiterer Krankheitsfolgen geboten und unerlässlich gewesen ist. Da es hier auf die Beurteilung und dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand der verantwortlichen Krankenhausärztin M. ankommt, greift nicht der Einwand des Beklagten, das Gutachten der Amtsärztin Dr. J. sei nicht verwertbar, weil sie den Kläger nicht persönlich untersucht habe; darauf kommt es hier nicht an. Für den weiteren Verlauf der Behandlung ist es von besonderer Bedeutung, dass - wie bereits ausgeführt - eine verlässliche Einschätzung des medizinischen Sachverhalts und eine adäquate, pflegerische Maßnahmeplanung wegen des inaktiven Verhaltens des Klägers und der Sprachbarriere kaum möglich gewesen ist. Unter diesen Umständen ist der Einwand des Beklagten gegen die letztlich aufgestellten Diagnosen - nach den Entlassungsberichten vom 23.4. und 14.6.2019 eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10 F32.2) und eine PTBS (ICD-10 F43.1) - zwar in gewisser Weise nachvollziehbar. Aber auch darauf kommt es nicht entscheidend an. Nach den der verantwortlichen Ärztin bekannten Umständen, insbesondere über die vor der Aufnahme in die Klinik vorhandenen Suizidgedanken des Klägers und den miterlebten Suizidversuch seines Mitbewohners, hat die Fortführung der stationären Behandlung bei unklarer Bewertung der Verhältnisse auf der Hand gelegen, um eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes und/oder eine Eigengefährdung außerhalb dieses Rahmens zu verhindern. Eine vollstationäre psychiatrische Behandlung ist aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen, weil andere Behandlungsformen, insb. im häuslichen Umfeld, etwa in der Gemeinschaftsunterkunft, in der der Selbstmordversuch des Mitbewohners stattgefunden hatte, unzureichend gewesen sind. Im Übrigen hatte der Beklagte eine andere Behandlungsmaßnahme, die Teilnahme an einer Stabilisierungsgruppe des NTFN in Hannover (u.a. durch Psycho-Edukation, Gruppengespräche, therapeutische Übungen über acht Termine vom 20.2. bis 10.4.2019), zu einem Zeitpunkt, als diese gegenüber einem stationären Krankenhausaufenthalt womöglich noch eine Alternative dargestellt hat, abgelehnt (Bescheid vom 27.2.2019). Die stationäre Behandlungsbedürftigkeit hat auch der leitende Oberarzt Dr. K. des I. Klinikums auf gerichtliche Nachfrage bestätigt (vgl. Schreiben vom 20.1.2020). Nach einer deutlichen Stabilisierung des Gesundheitszustands (nach der Behandlungsdokumentation ca. ab dem 18.4.2019) ist die Entlassung des Klägers zeitnah erfolgt. Die bis dahin erfolgte Krankenhausbehandlung hat sich auf die Wiederherstellung der Gesundheit zur Alltagstauglichkeit gerichtet und die Regelbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen sowie Therapieeinheiten durch Ärztinnen und Ärzte (drei Einheiten je Woche) und durch Spezialtherapeutinnen und -therapeuten (zwei Einheiten je Woche) umfasst. Diese nach den Umständen des Einzelfalles erforderlichen Behandlungen sind vom Krankenhausträger - der Höhe nach nicht durch den Beklagten angegriffen - mit Gesamtkosten i.H.v. 8.993,96 € zutreffend abgerechnet worden.
Der Senat verkennt nicht, dass der stationäre Aufenthalt in einem zeitlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Abschiebung des Klägers nach Italien (am 10.4.2018) gestanden hat; hieraus ergeben sich aber keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Krankenhausbehandlung aus Sicht der verantwortlichen Ärztin nicht zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich gewesen ist. Ohnehin hatte die Ärztin wegen der Angaben des Klägers, der in dem mit einem Dolmetscher am 21.3.2019 durchgeführten Therapiegespräch eine „Abschiebungsproblematik“ ausdrücklich verneint hatte, keine Kenntnis von diesem Sachverhalt; es ist auch nicht davon auszugehen, dass die medizinische Behandlung ansonsten anders ausgefallen wäre.
Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum weder über Einkommen noch über Vermögen verfügt, das einer Leistungsgewährung nach § 7 AsylbLG entgegensteht. Er hat zu dieser Zeit in einer Flüchtlingsunterkunft in H. gelebt und vom Beklagten laufend lebensunterhaltssichernde Grundleistungen nach § 3 AsylbLG bezogen. Nach den Umständen des Einzelfalles sind weitere Ermittlungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Klägers nicht angezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).