Bei der Umsetzung der Vorschriften zur Degression nach § 85 Abs. 4b SGB V für das Jahr 2019 ist es nicht zu beanstanden, wenn die Kassenzahnärztliche Vereinigung gegenüber dem Zahnarzt eine Berechnung entsprechend der in § 85 Abs. 4b SGB V angelegten Grundstruktur "pro rata temporis" vornimmt.
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16. November 2021, S 38 KA 5007/21, wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger wendet sich gegen Degressionskürzungen für das Jahr 2019.
Der Kläger ist ein in W an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmender Zahnarzt mit vollem Versorgungsauftrag.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Degressionsbescheid vom 10.06.2020 mitgeteilt, dass sein Vergütungsanspruch für das Jahr 2019 in Anwendung der Degressionsbestimmungen um 36.325,14 Euro gekürzt werde.
Hiergegen hat der Kläger am 10.07.2020 Widerspruch erhoben und mit Schreiben vom 06.11.2020 begründet. Er habe die ehemalige - aus zwei Zahnärzten sowie mehreren angestellten Zahnärzten und Assistenzzahnärzten bestehende - Gemeinschaftspraxis H zum 02.01.2019 übernommen. Der ehemaligen Gemeinschaftspraxis hätte daher ein sehr großes degressionsfreies Punktevolumen zur Verfügung gestanden. Es habe nach Aussage des Ehepaars H zu keinem Zeitpunkt eine Degressionskürzung gegeben. Bei Übernahme der Praxis durch ihn sei das Auftragsbuch für die ersten Monate des Jahres 2019 bereits gut gefüllt gewesen. Die bereits terminierten Patienten seien durch ihn zusammen mit zwei beschäftigten Zahnärzten in Teilzeit (zu je 50%) unter immensem Arbeitseinsatz versorgt worden. Er habe sich zudem vertraglich verpflichten müssen, auch das gesamte Praxispersonal zu übernehmen. Diese besondere Situation, die sich dadurch auszeichne, dass er eine gewachsene Struktur (Gemeinschaftspraxis mit mehreren Zahnärzten und entsprechend zahlreiches, langgedientes, lohnintensives Praxispersonal bei hohem degressivem Punktevolumen) habe übernehmen müssen und diese Struktur ohne Übergangszeiten in eine Einzelpraxis überführt habe, führe dazu, dass die Kürzung des Honorars ihn in eine extreme betriebswirtschaftlich schwierige Lage gebracht habe. Diese Umstände hätten bei der Berechnung der Degressionsmenge berücksichtigt werden müssen. Die nunmehr erfolgte Degressionskürzung sei deshalb unverhältnismäßig und stelle für den Kläger eine außergewöhnliche Härte dar. Auch müsse berücksichtigt werden, dass es zu einer Verzerrung der Punktwerte dadurch gekommen sei, weil die ersten beiden Quartale erfahrungsgemäß die umsatzstärkeren Quartale des Jahres seien. Privatleistungen würden in seiner ländlichen Praxis praktisch nicht erbracht.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.12.2020 zurückgewiesen. Zur Begründung verweist sie auf § 85 Abs. 4b SGB V und die zur Degression bisher ergangene Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Mit Einführung des TSVG zum 11.05.2019 seien die Absätze 4b bis 4f des § 85 SGB V aufgehoben und die Degression damit abgeschafft worden. Mangels Übergangsregelung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die bis zum Zeitpunkt der Abschaffung angefallene Punktzahlmenge maßgeblich. Eine Hochrechnung auf das Jahr sei deshalb nicht vorzunehmen gewesen. Die weitere Entwicklung der Gesamtpunktmenge im Jahr 2019 sei daher für die Ermittlung der Degressionslastschriften irrelevant.
Des Weiteren wurde ausgeführt, für die Gewährung eines wie auch immer gearteten Härtefalles bzw. der Anerkennung einer Praxisbesonderheit bestehe für die Widerspruchsstelle kein Ermessensspielraum. Auch auf die Dauer des Bestehens der Praxis komme es bei der Anwendung des § 85 Abs. 4b SGB V nicht an. Rechtmäßig und der Rechtslage entsprechend sei es auch, dass die Punktmengen für genehmigte Entlastungs-, Weiterbildungs- und Vorbereitungsassistenten auch bei vollzeitiger Tätigkeit nur um 25 % angehoben würden.
Gegen den Widerspruchsbescheid ließ der Kläger am 15.01.2021 Klage zum Sozialgericht München (SG) erheben. Zur Begründung wird die bisherige Argumentation wiederholt. Die Beklagte möge offenlegen, wann und in welchen Fällen in der Vergangenheit Ausnahmen von der Degression gewährt worden seien.
Mit Schreiben vom 15.11.2021 ergänzte der Kläger seinen Vortrag. Aufgrund der engen persönlichen Verzahnung der Zahnärzte der ehemaligen Gemeinschaftspraxis H untereinander habe nur Frau H mit einer halben Stelle bei ihm weitergearbeitet und dies über mehrere Wochen auch nur als Entlastungsassistentin mit reduzierter Punktmenge, weil die Genehmigung als angestellte Ärztin erst nach mehreren Wochen vom Zulassungsausschuss habe erteilt werden können. Ebenso habe es sich mit dem auf einer halben Stelle beschäftigten B verhalten, der erst nach Monaten das polizeiliche Führungszeugnis aus seinem Heimatland Bulgarien erhalten habe und daher bis zur Genehmigung der Anstellung ebenfalls nur als Entlastungsassistent mit reduziertem Punktevolumen habe arbeiten können. Dem hätten die Kosten für das gesamte zahnmedizinische Personal, das der Kläger habe übernehmen müssen, gegenübergestanden. Eine Anwendung der Degressionskürzung würde in diesem Einzelfall jeglicher Gleichbehandlung widersprechen (Vergleich der Punktekontingente Praxis H: zwei niedergelassene Zahnärzte, drei angestellte Zahnärzte, ein Entlastungsassistent - A: ein niedergelassener Zahnarzt, ein Entlastungsassistent (zweimal je eine halbe Stelle)).
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.11.2021 abgewiesen. Die Degressionsregelungen auf der Basis von § 85 Abs. 4b SGB V und der jeweiligen Degressionsvereinbarung seien mehrmals Gegenstand obergerichtlicher Entscheidungen gewesen (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16.12.2009, Az. B 6 KA 10/09 R), wonach sie mit Art. 3 und 12 Grundgesetz und dem Rechtsstaatsprinzip zu vereinbaren seien. Ziel der Regelungen sei es, Einsparungen bei den Krankenkassen zu erreichen und die finanzielle Stabilität der Gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern. Außerdem sollten sie Fehlentwicklungen bei der Qualität der zahnärztlichen Versorgung entgegensteuern. Sowohl die Tatsache, dass überhaupt eine Degression im Jahr 2019 stattgefunden habe, als auch die Berechnungsweise der Beklagten, seien nicht zu beanstanden.
Das BSG habe in den von der Beklagten zitierten Entscheidungen (BSG, Urteil vom 5.5.2010, Az. B 6 KA 21/09 R; BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 6 KA 3/13 R) zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber (vgl. Wortlaut von § 85 Abs. 4b SGB V: "je Kalenderjahr") grundsätzlich vom Jahresbezug ausgehe, dies aber nicht ausnahmslos gelte. So sei Gegenstand des Verfahrens unter dem Az. B 6 KA 21/09 R die Anwendung des Jahresbezugs bei Eintritt eines Zahnarztes in eine GbR innerhalb eines Kalenderjahres gewesen. Im Verfahren B 6 KA 3/13 R habe sich das BSG mit der Frage des Jahresbezugs bei einem Wechsel von einer GbR in eine Einzelpraxis beschäftigt. In beiden Verfahren sei die Ansicht vertreten worden, dass sachliche Gründe vorlägen, von dem Jahresbezug abzurücken.
Gegenstand des Verfahrens B 6 KA 18/04 sei die Berechnung der Degression im Jahr 1997 nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Absatz 4b ff SGB V in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl I 1520) zum 01.07.1997 gewesen. Da die damalige Neuregelung auch keine Übergangsregelung enthalte und es keine Hinweise dafür gegeben habe, dass die Abschaffung der Degression bereits zum 01.01.1997 in Kraft treten sollte, habe das BSG die Auffassung vertreten, daraus sei zu schließen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für den Zeitraum des ersten Halbjahres 1997 die Degression weiterhin ihre Geltung behalten solle. Der Regelungsinhalt müsse im Wege einer ergänzenden Auslegung ermittelt werden. Ausgehend von den bis zum 30.06.1997 weiter verfolgten Zielen der Degressionsregelung widerspräche es der gesetzlichen Regelung, die jeweils für ein ganzes Jahr konzipierte degressionsfreie Punktmenge nunmehr im Jahr 1997 für die Tätigkeit als Vertragszahnarzt in einem Halbjahr zur Verfügung zu stellen und damit pro Zeiteinheit praktisch zu verdoppeln. Dies hätte faktisch eine Außerkraftsetzung des § 85 Absatz 4b bis 4f SGB V rückwirkend zum 01.01.1997 zur Folge gehabt. Das BSG sei zu dem Ergebnis gekommen, bei einem verkürzten Geltungszeitraum kämen die Punktmengengrenzen des § 85 Abs. 4 SGB V deshalb nur zeitanteilig "pro rata temporis" zur Anwendung. Dies widerspreche weder dem Grundsatz des Vertrauensschutzes, noch stelle es eine unzulässige Rückwirkung dar. Das Rückwirkungsverbot fände nämlich im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern seine Grenze. Im Übrigen stehe einer möglichen geringfügigen zusätzlichen Belastung im ersten Halbjahr aufgrund einer spezifischen persönlichen Verteilung der Leistungsmenge deshalb die Freistellung von allen Degressionsbeschränkungen im zweiten Halbjahr 1997 gegenüber. Eine Belastung von verfassungsrechtlich relevantem Ausmaß sei mit der Abschaffung der Degressionsregelung zur Jahresmitte 1997 daher nicht verbunden.
Nichts anderes gelte für die erneute Abschaffung der Degression im Jahr 2019. Der Gesetzgeber habe mit Einführung des Gesetzes für schnellere Termine und bessere Versorgung (TSVG) zum 11.05.2019 die Abs. 4b bis 4f des § 85 SGB V aufgehoben und damit die Degression abgeschafft. Das TSVG vom 06.05.2019 sei am 11.05.2019 (am Tag nach der Verkündung) in Kraft getreten. Übergangsvorschriften bezüglich der Abschaffung der Degression wären nicht vorgesehen. Daraus sei zu schließen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers die Degressionsregelungen weiter bis zum Inkrafttreten des TSVG zur Anwendung kommen sollten. Hätte der Gesetzgeber die Abschaffung der Degression bereits zu einem früheren Zeitpunkt als zum 10.05.2019 gewollt, hätte er dies - wie nicht geschehen - ausdrücklich regeln müssen, gegebenenfalls auch rückwirkend.
Daher seien für den verkürzten Geltungszeitraum der Degressionsregelungen unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung die Punktmengengrenzen des § 85 Abs. 4 SGB V nur zeitanteilig "pro rata temporis" zu Grunde zu legen. Auch hier sei ein Widerspruch zum Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht erkennbar. Ebenfalls sei nicht von einer unzulässigen Rückwirkung auszugehen. Denn der Belastung aufgrund der Degression bis zum 10.05.2019 stehe der degressionsfreie Zeitraum im Anschluss daran gegenüber.
Der Anwendung der Rechtsprechung zur Abschaffung der Degression im Jahr 1997 stehe auch nicht entgegen, dass es sich damals um eine sogenannte "quartalsscharfe" Abschaffung zum 01.07.1997 handelte, im Jahr 2019 dagegen um eine Abschaffung innerhalb des zweiten Quartals 2019 zum 10.05.2019. Denn beide Fälle bezögen sich auf eine Abschaffung der Degression innerhalb des Kalenderjahres. Es ergäben sich lediglich Unterschiede in der Berechnungsweise der Punktmengengrenzen. Während im Jahr 1997 die Punktmengengrenze des § 85 Absatz 4b SGB V zu halbieren war, sei vorliegend die Punktmenge für die Geltungsdauer der Degression zu berechnen.
Selbst wenn es sich bei den ersten beiden Quartalen eines Kalenderjahres um die umsatzstärksten Quartale handeln sollte, sei dies nicht zu berücksichtigen. Auch die Degression im Jahr 1997 habe sich auf die ersten beiden Quartale eines Jahres bezogen. Dieser Umstand habe damals keine Berücksichtigung gefunden, sodass auch für die Degression im Jahr 2019 kein Anlass für eine andere Beurteilung bestehe. Die eventuell überproportionale Belastung sei jedenfalls dadurch abgemildert, dass in der Folgezeit Kürzungen aufgrund von Degressionsregelungen nicht mehr stattfänden. Zudem sei der Gesetzgeber dazu berechtigt, zu generalisieren, zu schematisieren und zu pauschalieren.
Im Rahmen der pauschalen Kürzung habe der Gesetzgeber lediglich die in § 85 Abs. 4b S. 4 und 5 genannten Ausnahmen vorgesehen. Danach erhöhten sich die Punktmengen um 25 vom Hundert für Entlastungsleistungs-, Weiterbildungs- und Vorbereitungsassistenten. Bei Teilzeit oder nicht ganzjähriger Beschäftigung verringere sich die Punktmengengrenze nach Satz 1 oder die zusätzlich zu berücksichtigende Punktmenge nach Satz 4 entsprechend der Beschäftigungsdauer. Weitere Ausnahmen seien vom Gesetzgeber nicht vorgesehen; d. h. auch keine Berücksichtigung von Besonderheiten, insbesondere eines geltend gemachten Härtefalls, des Umstands einer Praxisneugründung und der Übernahme einer großen Gemeinschaftspraxis mit hohen Punktzahlmengen. Es gäbe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass diese gesetzlichen Regelungen nicht verfassungskonform wären. Einen Ermessensspielraum habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen
Die Berechnung des Kürzungsbetrages sei von der Beklagtenseite nachvollziehbar aufgezeigt worden, Anhaltspunkte für Berechnungsfehler bestünden nicht.
Hiergegen wendet sich der Kläger unter Verweis auf die bisherigen Ausführungen mit seiner Berufung vom 16.12.2021 zum Bayer. Landessozialgericht. Ergänzend wird gerügt, dass das SG dem Kläger kein ausreichendes rechtliches mündliches Gehör verschafft habe. Es seien zwei Termine zur mündlichen Verhandlung angesetzt und sodann dennoch durch Gerichtsbescheid entschieden worden. In diesem sei das SG nicht auf die geschilderte Sondersituation des Klägers eingegangen. Auch hätten trotz mehrfacher Bitten des Klägers keine Ermittlungen zu von der Beklagten in der Vergangenheit gewährten Ausnahmetatbeständen stattgefunden.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 16.11.2021, Az. S 38 KA 5007/21, sowie den Bescheid der Beklagten vom 10.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 36.325,14 Euro auszuzahlen und den Betrag in Höhe von 5%punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Klageerhebung zu verzinsen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 21.10.2022 Unterlagen zur Degressionsberechnung und mit Schreiben vom 25.10.2022 die Degressionsvereinbarung 2017 zu den Akten gereicht.
Einem am 07.11.2022 gestellten Terminsverlegungsantrag des Klägerbevollmächtigten hat das Gericht nicht stattgegeben. In der mündlichen Verhandlung am 09.11.2022 hat der Klägerbevollmächtigte Schriftsatzfrist im Hinblick auf die Schreiben der Beklagten vom 21.10.2022 und 25.10.2022 gestellt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die gerichtlichen Akten beider Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat sein Begehren, höheres Honorar gänzlich ohne Berücksichtigung von Degressionen oder zumindest unter Zugrundelegung einer höheren degressionsfreien Punktmenge zu erhalten, zu Recht abgewiesen.
Denn die Umsetzung der Vorschriften zur Degression nach § 85 Absatz 4b SGB V durch die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid gegenüber dem Kläger ist in zutreffender Weise erfolgt. Dabei ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Berechnung entsprechend der in § 85 Abs. 4b SGB V angelegten Grundstruktur "pro rata temporis" vorgenommen hat.
Dies hat das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG, insbesondere das Urteil vom 27.04.2005, B 6 KA 18/04 R, im Ergebnis und in der Begründung zutreffend ausgeführt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst Bezug auf die zutreffende Begründung des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Kläger trägt in der Berufung auch keine Gründe vor, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten.
1. Soweit der Kläger rügt, dass das SG trotz zweimaliger - im Ergebnis verschobener - Terminierung sodann einen Tag nach Ablauf der Stellungnahmefrist durch Gerichtsbescheid entschieden hat, dringt er hiermit nicht erfolgreich durch.
Durch Gerichtsbescheid kann gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG entschieden werden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die Bestimmung ist dazu gedacht, tatsächlich und rechtlich einfach gelagerte Fälle zügig zu entscheiden und die erste Instanz zu entlasten (ebenso LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.11.1999 Az: L 4 RJ 158/99 juris). Eine überdurchschnittliche Schwierigkeit des Streitfalles liegt weder in tatsächlicher, noch in rechtlicher Hinsicht vor. Die Rechtsfrage ist - wie das SG zutreffend ausführt - bereits durch die Rechtsprechung des BSG geklärt. Die Beteiligten wurden vor der Entscheidung gehört, zudem hat der Kläger von seinem Recht, Stellung zu nehmen, auch mit Schriftsatz vom 15.11.2021 Gebrauch gemacht. Einer Zustimmung der Beteiligten bedarf es - anders als bei einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs. 2 SGG - nicht.
2. Auch ein Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG liegt nicht vor. Der Klägerbevollmächtigte macht geltend, er habe mehrmals beantragt, bei der Beklagten "die Ausnahmetatbestände, die von der Beklagten in der Vergangenheit vorgenommen wurden, zu ermitteln" Hierauf sei seitens des SG keine Reaktion erfolgt. Auch das BayLSG habe dies nicht ermittelt.
Der Klägerbevollmächtigte hat aber zum einen bereits keinen ordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 403 ZPO gestellt. Hierzu muss er einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnen, der ein hinreichend konkretes Beweisthema, ein zulässiges Beweismittel und die Angabe des voraussichtlichen Beweisergebnisses voraussetzt (BSG, Beschluss vom 27.8.2020 - B 9 SB 4/20 B - juris RdNr 10 mwN). Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (vgl. BSG Beschluss vom 18.2.2021 - B 9 SB 31/20 B - juris RdNr 6 mwN). Dafür ist die unter Beweis gestellte Tatsache möglichst präzise und bestimmt zu behaupten und zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Nur dies versetzt das Gericht in die Lage, die Entscheidungserheblichkeit eines Antrags zu prüfen und ggf. seine Ablehnung ausreichend zu begründen. Das Gericht braucht keinen Anträgen nachzugehen, die so unbestimmt bzw. unsubstantiiert sind, dass im Grunde erst die Beweisaufnahme selbst die entscheidungs- und damit beweiserheblichen Tatsachen aufdecken soll, bzw. die allein den Zweck haben, dem Beweisführer, der nicht genügend Anhaltspunkte für seine Behauptungen angibt, erst die Grundlage für substantiierte Tatsachenbehauptungen zu verschaffen (vgl. BSG vom 19.10.2011 - B 13 R 33/11 R).
So ist es hier. Der Kläger benennt schon kein konkretes Beweisthema. Er benennt weder Ausnahmetatbestände, in denen die Beklagte abweichend vom Gesetzestext des § 85 Abs. 4b ff. SGB 5 Degressionsberechnungen vorgenommen hat noch zeigt er Fälle auf, in denen eine solche Abweichung zu vermuten war. Er schildert vielmehr seine "Sondersituation" und verlangt von der Beklagten die Benennung von Tatsachen, die seine Argumentation einer "Sonderbehandlung" stützen sollen. Zudem behauptet er schon nicht, dass in der Vergangenheit solche Ausnahmetatbestände überhaupt von der Beklagten anerkannt worden sind.
Solche Beweisanträge sind als Beweisausforschungs- bzw. -ermittlungsanträge auch im vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägten sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 33/11 R -, juris).
Abgesehen davon hat der Kläger den nur schriftsätzlich gestellten Beweisantrag in der letzten mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht ausdrücklich aufrechterhalten, sodass das Gericht auch aus diesem Grund nicht über ihn entscheiden musste.
3. Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich das SG zudem sehr wohl mit der geschilderten "Sondersituation des Klägers" auseinandergesetzt. Es ist aber zutreffend zu dem rechtlichen Schluss gelangt, dass abweichend von den in § 85 Abs. 4b Sätze 4 und 5 SGB 5 genannten Ausnahmen weitere Ausnahmen vom Gesetzgeber nicht vorgesehen waren, d.h. auch keine Berücksichtigung von Besonderheiten, insbesondere dem geltend gemachten Härtefall des Umstands der Praxisneugründung und der Übernahme einer großen Gemeinschaftspraxis mit hohen Punktzahlmengen.
Auch der Senat sieht vorliegend keinen Raum für die Annahme eines Härtefalls. Zum einen enthielt bereits der Entwurf des TSVG (Drs. 19/6337 vom 07.12.2018) den Hinweis auf die Absicht des Gesetzgebers, die Degressionsregelungen abzuschaffen, sodass bereits im Dezember 2018 eine unterjährige Abschaffung der Degression im Jahr 2019 im Raum stand, die der Kläger in seine Überlegungen im Zusammenhang mit dem Praxiskauf hätte einbeziehen können. Die Schilderungen des Klägers, der Praxiskauf habe sich erst Ende des Jahres 2018 angebahnt und habe dann aus verschiedenen Gründen schnell bis zum Jahreswechsel 2018/2019 abgeschlossen werden müssen, sind zwar glaubhaft, führen aber nicht zu einer anderen Bewertung. Dass der Kläger den Praxiskauf nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben hatte, ist eine unternehmerische Entscheidung, die er getroffen hat, und die nicht zu einer Neubewertung der Degressionsregelungen im Hinblick auf die Annahme eines wie auch immer gearteten Härtefalls führen kann.
Zudem sieht der Senat auch schon deshalb keinen Härtefall, weil der Kläger auch unter Anwendung der Degressionsregelungen nur einer maximal 40%igen Kürzung des die individuelle Punktmengengrenze übersteigenden Honorarvolumens ausgesetzt ist und ihm damit mindestens 60% dieser abgerechneten Vergütung verbleiben.
4. Die Berechnung des Kürzungsbetrages ist nicht zu beanstanden. Die grundsätzliche Richtigkeit der Berechnung wird klägerseits auch nicht angezweifelt.
Der Senat kann auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen die Berechnung und das im Wege dieser Berechnung zustande gekommene Ergebnis nachvollziehen. Danach wurden bei der Berechnung des Kürzungsbetrages sowohl der Kläger als auch die angestellten Ärzte sowie die Assistenzärzte (H, B, H1) entsprechend der jeweiligen Beschäftigungsdauer Tag genau berücksichtigt und die Punktzahlmenge entsprechend der jeweiligen Beschäftigungsdauer errechnet.
Dem Klägerbevollmächtigten musste keine Schriftsatzfrist im Hinblick auf die Schreiben der Beklagten vom 21.10.2022 und 25.10.2022 gewährt werden. In der angefochtenen Degressionskürzung vom 10.06.2020 hatte die Beklagte den in der klägerischen Praxis tätigen angestellten Zahnärzten sowie den Assistenzärzten unter Zugrundelegung verschiedener Beschäftigungszeiten Punktmengen zugeordnet, ohne die Ärzte namentlich zu bezeichnen. Im Schreiben vom 21.10.2022 hat die Beklagte die jeweilige Beschäftigungsdauer den einzelnen Ärzten namentlich zugeordnet, sodass die Berechnung für den Senat auch diesbezüglich nachvollziehbar wurde. Dem Kläger hingegen waren diese Daten bereits im Juni 2020 bekannt, sodass eine Auseinandersetzung mit der Berechnung für ihn bereits vor dem Schreiben vom 21.10.2022 unschwer möglich war. Das Schreiben vom 25.10.2022 enthielt keinen Vortrag der Beklagten, mit dem sich der Kläger hätte auseinandersetzen müssen. Die Beklagte hat lediglich die Degressionsvereinbarung übersandt.
Auch die Übersendung dieser Rechtsgrundlage rechtfertigt nicht die Gewährung einer Schriftsatzfrist.
5. Ein Anspruch auf Verzinsung besteht nicht. Das BSG hat in ständiger, jahrzehntelanger Rechtsprechung geklärt, dass Vertragsärzte keinen Anspruch auf Verzinsung rückständiger Honorarzahlungen haben (Urteil vom 20.12.1983 - 6 RKa 19/82 - BSGE 56, 116 ff = SozR 1200 § 44 Nr 10; Urteil vom 9.5.1985 - 6 RKa 2/84 - USK 85185; Urteil vom 13.11.1996 - 6 RKa 78/95 - USK 96160; vgl. auch Urteil vom 17.11.1999 - B 6 KA 14/99 R - SozR 3-2500 § 75 Nr 11). Ein derartiger Anspruch steht einem Arzt nicht zu, weil seine Honoraransprüche nicht zu den Geldleistungen iS des § 44 Abs. 1 SGB I gehören und die Verzinsungsvorschriften des BGB auf öffentlich-rechtliche Verträge des Sozialrechts keine Anwendung finden (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.9.2005, B 6 KA 71/04 R, Beschluss vom 11. März 2009 - B 6 KA 31/08 B -, juris).
Die Berufung war daher zurückzuweisen
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm. § 154 Abs. 2 VwGO.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 160 SGG.