L 5 KA 2311/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
5.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KA 4802/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KA 2311/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.06.2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird endgültig auf 25.000,00 € festgesetzt.



Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung eines Regresses i.H.v. 25.000 € wegen Überschreitens des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013.

Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin und als hausärztlicher Internist zur vertragsärztlichen Versorgung mit Vertragssitz in K. zugelassen.

Mit Schreiben vom 13.12.2012 erteilte der Beklagte dem Kläger eine individuelle Beratung für das Jahr 2007.

Im Jahr 2013 hat der Kläger bei 4.716 Behandlungsfällen (2.799 Mitglieder/Familienangehörige <M/F>, 1.917 Rentner <R>) Arznei- und Verbandmittel i.H.v. insgesamt 671.327,40 € verordnet.

Mit Schreiben vom 13.11.2015 teilte die Prüfungsstelle der Gemeinsamen Prüfungseinrichtungen Baden-Württemberg dem Kläger mit, im Rahmen einer Vorabprüfung sei festgestellt worden, dass das Arzneimittelverordnungsvolumen im Kalenderjahr 2013 das individuelle Richtgrößenvolumen des Klägers um mehr als 15 % (nämlich um 42,85 %) überstiegen habe. Die Prüfungsstelle führe daher eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arznei- und Verbandmitteln (Richtgrößenprüfung) bei dem Kläger durch. Aufgrund der vorliegenden Daten werde davon ausgegangen, dass die Überschreitung nicht in vollem Umfang durch Praxisbesonderheiten erklärt werden könne. Bei einer Überschreitung um mehr als 15 % sei von Amts wegen eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen. Bei dieser Prüfung handele es sich um eine Auffälligkeitsprüfung für den Zeitraum eines Kalenderjahres auf Grundlage der Arzneimittel-Richtgrößenvereinbarung 2013. Nach Abzug von Praxisbesonderheiten/Mehrkosten (unter Anwendung der Filter 5, 6a1, 6a2, 6a6, 6c2 und Kosten Sonder-ATC) ergäben sich Verordnungskosten i.H.v. 629.731,42 € bei einem Richtgrößenvolumen von 440.828,28 €. Dem Kläger wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Dem Anhörungsschreiben waren zur näheren Erläuterung Anlagen beigefügt (u.a. eine Verordnungsstatistik für Arzneimittel nach Richtgrößen sowie Anlagen zur Anwendung der Filter des von den Prüfgremien zur Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten angewandten Filterverfahrens).

Der Kläger führte daraufhin im Schreiben vom 27.11.2015 aus, die von der Prüfungsstelle in der Vergangenheit durchgeführte Beratung sei nicht geeignet, das bestehende Problem zu lösen. Er bestehe auf einer sachgerechten und zielorientierten Beratung. Auch jetzt habe man wiederum versäumt, seinen Praxisschwerpunkt (Primär- und Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Erkrankungen) zu berücksichtigen. Die Verordnungen von Inegy (Lipidsenker) - dessen Zusatznutzen inzwischen nachgewiesen sei - und Xarelto (Antikoagulantia) - wegen einfacherer Anwendung, geringerem Kontrollaufwand und geringeren Nebenwirkungen eine echte Innovation - müssten herausgerechnet werden.

Mit Bescheid vom 17.12.2015 setzte die Prüfungsstelle wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013 um mehr als 25 % einen Regress i.H.v. 25.000 € fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, im Bereich des Filters 4 (vergleichsgruppenunabhängige wirkstoffbezogene Praxisbesonderheiten) seien bei der Berechnung keine Verordnungen ermittelt worden, die vom Ausgabenvolumen hätten abgezogen werden können. Im Bereich des Filters 5 (vergleichsgruppenspezifische wirkstoffbezogene Praxisbesonderheiten) seien Verordnungen i.H.v. 19.106,03 €, bei Filter 6a1 (Filter 6a und 6c: vergleichsgruppenspezifische indikationsbezogene Praxisbesonderheiten) i.H.v. 98,37 €, bei Filter 6a2 i.H.v. 2.120,60 €, bei Filter 6a6 i.H.v. 1.767,15 €, bei Filter 6c2 i.H.v. 18.250,92 € und Kosten Sonder-ATC (anatomisch-therapeutisch-chemische Klassifizierung) i.H.v. 252,91 € sowie Einzelfallregresse i.H.v. 1.797,48 € ermittelt worden, die vom Ausgabenvolumen (Verordnungskosten gesamt: 671.327,40 €) abgezogen worden seien. Dies ergebe Verordnungskosten i.H.v. 627.933,94 €. Das Richtgrößenvolumen i.H.v. 440.828,28 € werde daher um 42,44 % überschritten. Daraus ergebe sich ein Regressbetrag i.H.v. 76.898,59 €. Von diesem Betrag seien die anteiligen gesetzlichen und vertraglich vereinbarten Apotheken- und Herstellerrabatte und die Zuzahlungen der Versicherten abzuziehen. Dies führe insgesamt zu einer Reduzierung des Regressbetrags um 12,83 % mithin zu einer Nettoregresssumme von 67.032,50 €. In Anwendung der Regressbegrenzungsregelung des § 106 Abs. 5c Satz 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) a.F. sei der Regressbetrag auf 25.000 € zu begrenzen.

Hiergegen legte der Kläger am 08.01.2016 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er unter Verweis auf seine bisherige Argumentation ergänzend vor, der Bescheid sei bereits formell rechtswidrig, denn der gesamten Prüfung mangele es an einer ordnungsgemäßen Rechtsgrundlage. Die Richtgrößen seien rechtswidrig vereinbart worden. Ferner bestünden Unzulänglichkeiten bei der Richtgrößenberechnung. Auch bestünden Zweifel im Hinblick auf die Feststellung des Verordnungsvolumens. Anscheinend hätten die Krankenkassen die Rabatte und Patientenzuzahlungen nicht hinreichend berücksichtigt. Auch seien neue Arzneimittel entgegen der Regelung in § 130b Abs. 3 SGB V nicht als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Dem Bescheid sei auch nicht zu entnehmen, wie seine Praxis überhaupt in die Prüfung habe geraten können. Nach der gesetzlichen Regelung sollten lediglich 5 % der Fachärzte einer Fachgruppe geprüft werden. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig, denn es lägen mehrere Praxisbesonderheiten vor. Die Verordnungen im Bereich der Rheumatherapie, Schmerztherapie, Antidepressiva, Antipsychotika, Antidementiva und Antiparkinson seien bereits im Verfahren 2005 als Praxisbesonderheit anerkannt worden. Zudem sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass er eine internistische Hausarztpraxis mit kardiologisch-pulmologischem Schwerpunkt betreibe. Rein vorsorglich beantrage er den Abschluss einer regressablösenden Individualvereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d SGB V a.F. Zum Nachweis des Mehrbedarfs - die Mehrbedarfsprüfung sei entgegen der Rechtsprechung nicht durch eine ausreichende intellektuelle Prüfung ergänzt worden - legte der Kläger diverse Übersichten mit Patientennamen sowie Verordnungen vor. Diese verdeutlichten, dass in seiner Praxis überwiegend alte und multimorbide Patienten versorgt würden und dokumentierten vor allem die Verordnungen der Präparate Inegy und Xarelto.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück und setzte aufgrund der Überschreitung des Richtgrößenvolumens für das Jahr 2013 gem. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F. einen Regress i.H.v. 25.000 € fest. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, der Kläger habe im Jahr 2013 bei 4.716 Behandlungsfällen (2.799 Mitglieder/Familienangehörige <M/F>, 1.917 Rentner <R>) Arznei- und Verbandmittel i.H.v. insgesamt 671.327,40 € verordnet. Er habe damit die für ihn ermittelte Richtgrößensumme (2.799 M/F x 46,55 € und 1.917 R x 161,99 €) von 440.828,28 € um insgesamt 230.499,12 € überschritten (52,29 % insgesamt, M/F 57,01 % und R 50,31 %). Das Verordnungsjahr 2013 stelle das erste Verordnungsjahr dar, in dem nach Durchführung einer individuellen Beratung das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % überschritten worden sei. Die für das Jahr 2007 erteilte individuelle Beratung sei formal und inhaltlich korrekt erfolgt. Mit dem am 13.12.2012 ergangenen Beratungsschreiben sei der vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck, der in der Vorbeugung einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens bestehe, erfüllt worden. Dem Kläger seien in Bereichen, in denen er unwirtschaftlich verordnet habe, deutliche Wirtschaftlichkeitspotenziale aufgezeigt worden. Grundlage für die Arzneimittel-Richtgrößenvereinbarung seien die gesetzlichen Bestimmungen nach § 84 Abs. 6 SGB V a.F. sowie die Rahmenvereinbarung nach § 84 Abs. 7 SGB V a.F. Die Durchschnittswerte seien als Anlage 1 zur Richtgrößenvereinbarung auf der Homepage der Beigeladenen zu 1) veröffentlicht und basierten auf den durchschnittlichen Bruttoausgaben für die verordneten Leistungen. Eine darüberhinausgehende Darstellung der Kalkulationsgrundlagen, wie vom Kläger gefordert, sei für die Richtgrößenvereinbarung in § 84 Abs. 6 SGB V a.F. nicht vorgesehen. Die Arzneimittel-Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2013 sei am 18.12.2012 zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossen und in einem Sonderrundschreiben der Beigeladenen zu 1) im Dezember 2012 auch veröffentlicht worden. Für die Bildung der Richtgrößen auf Basis der durchschnittlichen Bruttoausgaben würden alle vom Vertragsarzt verordneten Leistungen berücksichtigt. Eine Differenzierung danach, ob es sich um Verordnungen innerhalb oder außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung handle, sei in der Arzneimittel-Richtgrößenvereinbarung nicht vorgesehen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in seiner Entscheidung vom 22.10.2014 (B 6 KA 8/14 R) entschieden, dass es für das Jahr 2013 noch hinnehmbar gewesen sei, keine altersspezifischen Richtgrößen zu entwickeln. Die Prüfung werde auf Grundlage der Daten durchgeführt, die den Prüfungsstellen im Wege der elektronischen Datenübertragung gemäß § 296 SGB V übermittelt würden. Nach der Rechtsprechung des BSG sei zunächst von der Richtigkeit der elektronisch ermittelten Verordnungsvolumina auszugehen. Ein Grund, an der Richtigkeit der übermittelten Rabattquoten zu zweifeln, bestehe nicht. Auch liege kein Verstoß gegen § 130b Abs. 2 SGB V vor. Der Kläger behaupte lediglich die Nichtberücksichtigung der Verordnungskosten eines Präparats als Praxisbesonderheit, für das nach § 35a Abs. 3 SGB V durch den Gemeinsamen Beschwerdeausschuss ein Zusatznutzen festgestellt worden sei und für welches eine Vereinbarung im Sinne des § 130b Abs. 1 SGB V vorliege. Eine konkrete Benennung des Wirkstoffes und des Handelsnamens des vorgeblich nicht berücksichtigten Medikamentes sowie die Darstellung der genauen Inhalte einer Erstattungsvereinbarung hinsichtlich des indikationsgerechten, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Einsatzes seien ebenso unterblieben wie der Nachweis, dass die im Einzelfall vereinbarten Anforderungen an die Verordnung vorgelegen hätten. Die Durchsicht der Aggregatetabelle durch die sach- und fachkundig besetzte Kammer habe ergeben, dass auf der ersten Seite zwar vier Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen aufgeführt seien, hinsichtlich derer in jüngerer Zeit Verhandlungen der Erstattungsbeträge nach § 130b SGB V stattgefunden hätten. Bei dreien davon (Metformin/Vildagliptin, Vildagliptin und Aliskiren) habe der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Beschlüssen aber schon keinen Zusatznutzen festgestellt. Hinsichtlich des Wirkstoffs Sitagliptin sei zwar im Rahmen der Nutzenbewertung in einem engen Anwendungsbereich ein geringer Zusatznutzen anerkannt worden. Die Erstattungsvereinbarung nach § 130b Abs. 1 SGB V enthalte jedoch keine Vereinbarung über die Anerkennung als Praxisbesonderheit. Die Regelung des § 130b Abs. 2 Satz 1 SGB V stelle nämlich nur eine bloße Sollvorschrift dar. Entgegen der Ansicht des Klägers seien auch die Voraussetzungen, nach denen eine Richtgrößenprüfung durchzuführen sei, klar gesetzlich geregelt. Die 5 %-Regelung, die sich allein an die Prüfgremien richte und die der Kläger nicht für sich reklamieren könne, sei nur eine Sollvorschrift. Ausweislich der Prüfunterlagen seien im Verordnungsjahr 2012 für die Praxis des Klägers keine Praxisbesonderheiten dokumentiert, so dass hinsichtlich der genannten Therapiebereiche (Rheumatherapie, Schmerztherapie, Antidepressiva, Antipsychotika, Antidementiva und Antiparkinson) keine Offensichtlichkeit gegeben sei und deswegen die gesteigerte Darstellungslast weiterhin greife. Auch die behauptete Zuweisung von Patienten anderer Hausärzte aufgrund des Behandlungsschwerpunktes im Bereich der Prophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse könne ohne weitere Darlegungen konkreter Verordnungskosten keine abweichende Beurteilung des Verordnungsverhaltens rechtfertigen. Unabhängig davon habe man die Abrechnungsunterlagen überprüft und im Jahr 2013 nur sieben Überweisungsfälle zur Mitbehandlung gefunden. Schließlich kämen die Patienten zum größten Teil aus dem direkten Einzugsgebiet der Praxis. Auch weiche die Gesamtbehandlungsfallzahl der Praxis mit 4.716 Fällen nicht wesentlich von der durchschnittlichen Fallzahl der Vergleichsgruppe i.H.v. 4.528 Fällen ab. Die Anwendung von so genannten Filtern zur Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten verstoße nicht gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung. Die so genannten NOAK (neue orale Antikoagulanzien) seien nicht als Praxisbesonderheit berücksichtigt, da die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft den Einsatz derselben weiterhin nur für einige wenige Patienten für gerechtfertigt halte. Aus den bezüglich dieser Patienten vorgelegten Dokumentationen gehe hervor, dass der Kläger die Umstellung bzw. Neueinstellung auf diese Präparate in vielen Fällen insbesondere auf Patientenwunsch hindurchgeführt habe. So sei aus der Dokumentation dazu nicht ersichtlich, aus welchem medizinischen Grund Xarelto eingesetzt worden sei und eine Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten nicht habe erfolgen können. Darüber hinaus kämen entsprechende Patienten grundsätzlich in jeder hausärztlichen Praxis vor. Somit seien diese Kosten in dem durchschnittlichen Verordnungsanteil abgebildet und damit von den Richtgrößen abgedeckt. Am 26.07.2017 hätten auch Verhandlungen über den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung stattgefunden. Werde zwischen Prüfgremien und dem zu prüfenden Arzt keine Übereinstimmung über den Inhalt der Vereinbarung, insbesondere über die Höhe der zu vereinbarenden Richtgröße, erzielt, seien die Verhandlungen gescheitert mit der Folge, dass ein vom Kläger zu erstattender Mehrbetrag festzusetzen sei. Für die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße fehle es an einer ausreichenden sachlichen Grundlage. Voraussetzung für eine solche Vereinbarung sei, dass der Arzt auch bei strenger Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots aus objektiven Gründen nicht in der Lage sei, das praxisindividuelle Richtgrößenvolumen einzuhalten. Eine Regressablösevereinbarung setze nämlich eine von der allgemeinen Richtgröße nicht berücksichtigte strukturelle Praxisbesonderheit voraus. Die vorliegende Praxis unterscheide sich in Art und Umfang der zu behandelnden Erkrankungen jedoch nicht von der Typik der Fachgruppe. Hinzu komme, dass der Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung vorliegend erst mit Wirkung zum Quartal 4/2017 hätte in Kraft treten können. Da zwischenzeitlich aber mit Wirkung zum 01.01.2017 die Wirtschaftlichkeit ärztlich verordneter Leistungen neu geregelt worden sei und seitdem § 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V a.F. keine Gültigkeit mehr besitze, wäre die Geschäftsgrundlage einer individuellen Richtgrößenvereinbarung mit Beginn des Kalenderjahres 2017 bereits weggefallen. Die Anerkennung oder Ablehnung einer Praxisbesonderheit sei entgegen der Ansicht des Klägers keine bloße schematische Folge der Anwendung des Filterverfahrens. Sie beruhe jeweils auf einer intellektuell begründeten Basis. Soweit der Kläger mit seinem Widerspruch geltend mache, multimorbide und besonders teure ältere Patienten müssten in den gesamten Verordnungskosten als Praxisbesonderheit berücksichtigt werden, sei dem unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG nicht zu folgen. Da die Richtgröße für die Rentner deutlich höher liege als die der Mitglieder und Familienversicherten, werde einem etwaigen höheren Anteil älterer Patienten schon durch die nach Patientengruppen gewichtete Ermittlung der Richtgrößen Rechnung getragen. Der Hinweis des Klägers auf die Versorgung von Heimpatienten sei zu allgemein und zeige nicht ansatzweise auf, weshalb gerade im hier streitigen Verordnungszeitraum ein erhöhter Verordnungsbedarf bestanden habe. Bei der von ihm vorgelegten Liste handele es sich offenkundig um Patienten, die er im Jahr 2014 in Altenheimen bzw. ähnlichen Situationen betreut habe. Es handele sich um 37 Patienten, mithin knapp 2 % der gesamten Patientenzahl. Dies sei für eine hausärztliche Praxis keine überdurchschnittlich hohe Quote. Aus den Gebührenordnungspositionen (GOP) sei darüber hinaus ersichtlich, dass die Besuchsleistungen deutlich seltener abgerechnet worden seien als bei den Ärzten der Vergleichsgruppe. Die gegenüber der Fachgruppe deutlich erhöhten Kostenanteile für die Verordnung von Lipidsenkern seien insbesondere auf den Einsatz des Präparats Inegy zurückzuführen. Über 47 % der Kosten für Lipidsenker entfielen auf dieses Kombinationspräparat. Nach der Arzneimittel-Richtlinie sei die Verordnung von Ezetimib als Monotherapie bei der Behandlung von Hypercholesterinämien nur wirtschaftlich bei den wenigen Patienten, bei denen Statine nicht eingesetzt werden könnten. Die Verordnung der Kombination bleibe Patienten mit schwerwiegenden Fettstoffwechselstörungen vorbehalten. Substantiierte Darlegungen zur Indikationsstellung fänden sich in der Patientendokumentation nicht. Die Ausführungen enthielten auch keine konkreten Angaben, welche medizinisch notwendigen Arzneimittel der Kläger im Rahmen der von ihm sogenannten Primärprophylaxe kardiovaskulärer Erkrankungen verordnet habe. Auch die verordnete Schmerztherapie stelle keine Rechtfertigung für die Überschreitung des Richtgrößenvolumens dar. Zusammenfassend ergebe sich daher folgende Berechnung: 

RIG-Volumen                                                                                                         440.828,28 €
Bruttoverordnungskosten                                                                                    671.127,40 €
./. Filter 5                                                                                                                   19.106,03 €
./. Filter 6a1 Parkinson                                                                                                  98,37 €
./. Filter 6a2 Asthma/COPD                                                                                     2.120,60 €
./. Filter 6a6 PCI-Nachsorge bei akutem Koronarsyndrom                                 1.767,15 €
./. Filter 6c2 Rheumatoide Arthritis Biologicals                                                   18.250,92 €
./. Ergänzungsfilter 1 (Sonder-ATC)                                                                          252,91 €
./. Einzelfallregresse                                                                                                 1.797,48 €
Bereinigte Verordnungskosten                                                                           627.933,94 €
Abweichung RIG-Volumen                                                                                           42,44%
./. Richtgrößenvolumen +25 %                                                                            551.035,35 €
Bruttoregresssumme                                                                                                76.898,59 €
Nettoregress                                                                                                              67.032,50 €

Im Ergebnis sei in Anwendung der Regressbegrenzungsregelung des § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V a.F. ein Regress von nicht mehr als 25.000 € festgesetzt worden.

Hiergegen hat der Kläger am 23.08.2017 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Zur Begründung hat er wiederholend und teilweise ergänzend ausgeführt, die von ihm versorgten Patienten seien überdurchschnittlich überaltert und multimorbide. Dies ergebe sich aus der Altersverteilung sowie den Diagnosestatistiken. Die Patienten würden nicht nur hausärztlich, sondern zudem auch aufgrund seines breiten Leistungsspektrums durch die Übernahme diverser fachärztlicher Leistungen und Verordnungen versorgt und unterschieden sich daher deutlich von der Fachgruppe. Aus dem Leistungsspektrum sei ersichtlich, dass deutliche Überschreitungen bei der Sonographie der Schilddrüse (ca. + 140%), der Sonographie des Abdomens (+ 190 %), der Sonographie des Urogenitaltraktes (+ 160 %), der Bestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (+ 190 %), der Behandlung der chronischen Niereninsuffizienz (+ 330 %), der Wundbehandlung (+ 102,4 %) und der Behandlung von Hepatitis A und B (+ 380 %) vorlägen. Durch die vorgehaltene apparative Ausstattung und der entsprechenden Abrechnungsgenehmigung versorge er ein von der Fachgruppe abweichendes Patientenklientel. Auch überwiesen ihm Kollegen komplizierte Fälle zur Behandlung. Zusätzlich übernehme er die Heimpatientenversorgung sowie die Versorgung von Patienten in häuslicher Pflege im überdurchschnittlichen Bereich. Außerdem versorge er Patienten in palliativen Situationen. Dies schlage sich insbesondere in der Verordnung von teuren Schmerzmitteln nieder. Gleiches gelte für Rheumapatienten. Insofern habe in dem hier streitigen Zeitraum eine von der Fachgruppe abweichende Praxis- und Patientenstruktur vorgelegen. Der gesamten Prüfung mangele es bereits an einer ordnungsgemäßen Rechtsgrundlage. Die Richtgrößen seien nicht - wie gesetzlich vorgesehen - rechtmäßig vereinbart worden. Nach § 84 Abs. 6 SGB V a.F. sollten die Richtgrößen als Durchschnittswerte unter Beachtung der Berücksichtigung der Arzneimittelvereinbarung festgesetzt werden. Der vorliegenden Vereinbarung über die Festlegung und Berechnung von Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel für das Jahr 2013 sei nicht zu entnehmen, aufgrund welcher Basis bzw. Ausgangsvolumina die Richtgrößen ermittelt worden seien. Es liege somit ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Richtgrößen hätten im Grundsatz die gleiche Funktion wie Durchschnittswerte im Rahmen der hieran orientierten statistischen Vergleichsprüfung nach § 106 SGB V. Sie unterschieden sich von diesen aber dadurch, dass sie normativ mit einem typischerweise geringeren Volumen als die Durchschnittswerte festgelegt würden, um so die Verordnungsmenge effektiv zu begrenzen. Es stelle eine Einschränkung des Vertragsgestaltungsspielraums dar, wenn die Festlegung der Richtgrößen auf der Basis der Durchschnittswerte je Fall nunmehr zwingend vorgeschrieben sei. Bereits die Basis-Richtgrößen 2011 seien entgegen den Vorgaben nicht erhöht worden. Für 2012 seien diese sogar rechtswidrig abgesenkt worden. Zudem seien die viel zu niedrigen Richtgrößen für das Jahr 2013 nicht erhöht wurden. Daraus ergebe sich, dass die Richtgrößen nicht als arztgruppenspezifische fallbezogene Durchschnittswerte gemäß § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V a.F. vereinbart worden seien. Zudem liege auch ein Verstoß gegen die Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V a.F. vor. Eine Überschreitung dieser rechtswidrig festgelegten Richtgrößen könne deshalb nicht den Nachweis einer Unwirtschaftlichkeit erbringen. Wie hoch die Richtgrößen tatsächlich hätten vereinbart werden müssen, zeige die Vereinbarung der praxisindividuellen Richtwerte ab dem Jahr 2017. Diese lägen bei annähernd einer 3-fachen Größe. Soweit die von den Krankenkassen der Prüfungsstelle übermittelten Daten nicht nachvollziehbar übermittelt würden, könne eine Richtgrößenvereinbarung nicht wirksam geschlossen werden und damit eine Unwirtschaftlichkeit nicht belegt werden. Die Rechtswidrigkeit ergebe sich darüber hinaus auch aus der fehlenden Berücksichtigung der Herstellerrabatte im Sinne des § 130a Abs. 8 SGB V. Entsprechende Rabatte seien vorliegend nicht berücksichtigt worden. Insoweit sei auch die Prüfungsstelle ihrer Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Nach § 130b Abs. 3 SGB V müssten neu herausgegebene Arzneimittel als Praxisbesonderheit anerkannt werden. Trotz dieser Verpflichtung habe der Beklagte die Kosten hierfür nur anteilig berücksichtigt. Weiter sei dem Bescheid nicht zu entnehmen, wie er überhaupt in die Prüfung habe geraten können. Nach der gesetzlichen Regelung sollten lediglich 5 % der Fachärzte einer Fachgruppe geprüft werden. Ferner sei der Bescheid rechtswidrig, weil der Beklagte ermessensfehlerhaft keinen Abschluss einer Individualvereinbarung angeboten habe. Darüber hinaus seien Praxisbesonderheiten nur unzureichend anerkannt worden. Bereits im Jahr 2005 seien die Verordnungen im Bereich der Rheumatherapie, Schmerztherapie, Antidepressiva, Antipsychotika, Antidementiva und Antiparkinson anerkannt worden. Zudem sei die Besonderheit einer internistischen Hausarztpraxis mit kardiologisch-pulmologischem Schwerpunkt nicht hinreichend berücksichtigt worden. Dieser führe zu überdurchschnittlich hohen Verordnungskosten im Bereich der Antihypersensitiva und Cholesterinsenkern. Der Anteil der kardiovaskulären Risikopatienten sei deshalb höher, weil die Patienten für diese Untersuchung auch von anderen Hausärzten zugewiesen würden. Dass er übermäßig wirtschaftlich tätig gewesen sei, belege auch der hohe Anteil von Generika mit 85,9 %, wobei der Durchschnitt der Fachgruppe bei 79,7 % gelegen habe. Auch der Bereich der Reimporte liege mit 24 % deutlich über dem der Fachgruppe mit 14,2 %. Preiswerter habe man die aufwändigen multimorbiden Patienten überhaupt nicht versorgen können. Der Prüfung sei eine falsche Definition von Praxisbesonderheiten zugrunde gelegt worden. Das von dem Beklagten genutzte Filterverfahren entspreche nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Begriff der Praxisbesonderheit in der Wirtschaftlichkeit. Die Mehrbedarfsprüfung sei nicht durch eine ausreichende intellektuelle Prüfung ergänzt worden. Dem Beklagten lägen auch alle Informationen vor, um anhand der Mehrbedarfsmethode überprüfen zu können, ob ein Mehrbedarf vorliege.

Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die angefochtene Entscheidung sei zutreffend. Ergänzend trägt er vor, an der wirksamen gesamtvertraglichen Vereinbarung der Richtgrößen durch die Vertragspartner auf Landesebene bestehe kein Zweifel. Die Arzneimittel-Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2013 sei am 18.12.2012 zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Landesverbänden der Krankenkassen abgeschlossen worden. Die Veröffentlichung der Richtgrößenwerte für das Jahr 2013 sei bereits vorab durch Sonderrundschreiben der Beigeladenen zu 1) vom Dezember 2012 an die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erfolgt. Es liege kein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Denn das Gesamtausgabevolumen für Arznei- und Verbandmittel, das bei der Bildung der Richtgrößen zugrunde gelegt worden sei, ergebe sich aus der durch die Vertragspartner auf Landesebene gemäß § 84 Abs. 1 SGB V abgeschlossenen Arzneimittelvereinbarung für das Jahr 2013, die ebenfalls auf der Homepage der Beigeladenen zu 1) veröffentlicht sei (Gesamtausgabevolumen: 3.355.067.570,00 €). Insofern sei, anders als es der Kläger darstelle, das Ausgabevolumen als Basis für die Richtgrößenbildung klar benannt und veröffentlicht. Eine darüberhinausgehende Darstellung der genauen Kalkulationsgrundlagen sei als Inhalt der Richtgrößenvereinbarung in § 84 Abs. 6 SGB V nicht vorgesehen und rechtlich nicht geboten. Zudem bänden die in den Rahmenvorgaben auf Bundesebene im Hinblick auf § 84 Abs. 2 SGB V geregelten Anpassungsfaktoren die Gesamtvertragspartner beim Abschluss der Arzneimittelvereinbarung gemäß § 84 Abs. 1 SGB V unmittelbar, nicht jedoch bei der Bildung der Richtgrößen gemäß § 84 Abs. 6 SGB V a.F. Nach § 84 Abs. 6 Satz 1 a.E. SGB V a.F. würden Richtgrößen wiederum unter Berücksichtigung der Arzneimittelvereinbarung nach § 84 Abs. 1 SGB V vereinbart, wobei die Anpassungsfaktoren der Rahmenvorgabe auf Bundesebene, die sich unmittelbar auf die Arzneimittelvereinbarung bezögen, bei der Richtgrößenbildung allenfalls Berücksichtigung finden sollten (§ 1 Abs. 2 S. 1 der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V a.F. für das Jahr 2013 vom 19.10.2012), wobei eine rückwirkende Berücksichtigung unzulässig sei. Der Umstand, dass die Richtgrößen im Jahr 2013 denen im Jahr 2012 entsprochen hätten, sei eine Folge der Entwicklung der tatsächlichen Arzneimittelausgaben in Baden-Württemberg. Die Arzneimittelausgaben der Prüfgruppe hätten in den Jahren 2011 (98,54 %) und 2012 (96,58 %) unter dem rechnerischen Richtgrößenvolumen gelegen, im Jahr 2013 hätten sie es nur marginal überschritten (100,08 %). Sowohl die Arzneimittelvereinbarung als auch die Richtgrößenvereinbarung bezögen selektivvertragliche Leistungen und kollektivvertragliche Leistungen gleichermaßen in ihren Regelungsbereich ein. Eine Differenzierung werde in der Richtgrößenprüfung nicht vorgenommen. Soweit der Kläger die fehlende Einbeziehung weiterer Praxisbesonderheiten rüge, habe er nicht mitgeteilt, um welche Präparate es sich handele, die angeblich trotz einer Anerkennung eines Zusatznutzen gemäß § 35a Abs. 3 SGB V im Rahmen einer Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss entgegen der Regelung des § 130b Abs. 2 Satz 1 SGB V nicht als Praxisbesonderheit berücksichtigt worden seien. Insofern mangele es an einem substantiierten Vortrag. Die Verhandlung über eine individuelle regressablösende Vereinbarung sei gescheitert und eine Vereinbarung sei nicht zustande gekommen. Soweit der Kläger auf eine Änderung der Gesellschaftsform hinweise, sei unklar, was er hiermit meine. Dies sei nicht Gegenstand der Verhandlung in Zusammenhang mit der individuellen regressablösenden Vereinbarung gewesen. Soweit der Kläger erneut zur Begründung von Praxisbesonderheiten verschiedene Wirkstoffe und Therapiebereiche benannt habe, genüge er nicht der für den Vertragsarzt geltenden gesteigerten Darlegungslast. Er gehe nach wie vor von seinem eigenen Verordnungsverhalten aus, ohne genauer darzulegen, warum gerade diese Verordnungen und in diesem Umfang aus medizinischen Gründen erforderlich und zwingend gewesen seien. Ein bloßes „Mehr" an fachgruppentypischen Leistungen könne keine Praxisbesonderheit begründen. Dies gelte auch für den Therapiebereich der kardiovaskulären Erkrankung. Im Hinblick auf die Ausführungen des Klägers zur antiviralen Therapie werde darauf hingewiesen, dass der Anteil der Verordnungskosten in dieser Gruppe (ATC J05) an den Gesamtausgaben in der Prüfgruppe 2,28 % betrage, beim Kläger mit 2,82 % nur unwesentlich mehr. Die Hauptkosten entfielen mit 18.450,17 € von insgesamt 19.494,66 € auf den Wirkstoff Tenofovir disoproxil (Indikation: HIV-Infektion) und seien als „ex-RGP"-Wirkstoff bereits von der Prüfung ausgenommen. Die bloßen Auszüge aus der praxiseigenen Patientenkartei, die Verordnungsdaten aufliste, werde der genannten Begründungspflicht nicht gerecht. Ein hoher Anteil von Generika begründe als solches keine Praxisbesonderheit, da die Verordnung gleichwertiger, billigerer Präparate aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots zu den Pflichten des Vertragsarztes gehöre und bei der Belieferung durch Apotheken vom Gesetz vorgeschrieben sei. Im Übrigen komme es bei der statistischen Richtgrößenprüfung nicht auf einzelne Verordnungen an, da hier trotz Einsatzes von Generika insgesamt das Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % überschritten worden sei. Der Kläger habe offensichtlich das Prüfkonzept nicht verstanden. So habe er keineswegs sechs teure Diabetiker mit Kosten von 7.266,52 €, die nicht berücksichtigt worden seien. Vielmehr habe er in dieser Indikation im Jahr 2013 nur 26 Rezeptfälle, die alle zusammen Kosten in der genannten Höhe ausgelöst hätten. Der Anteil dieser Rezeptfälle in der Praxis des Klägers sei deutlich geringer als in der Prüfgruppe (0,55 % zu 1,18 %). Die in der Praxis des Klägers betreuten Typ 1-Diabetiker würden allerdings zu höheren Fallkosten versorgt als in der Prüfgruppe. Dies sei jedoch keine Praxisbesonderheit. Anders als der Kläger meine, könnten nicht pauschal alle Verordnungskosten teurer Patienten vom Verordnungsvolumen abgezogen werden. Gleichwohl könnten im Rahmen des Beurteilungsspielraums bestimmte teure Einzelwirkstoffe bzw. Rezepturen voll anerkannt werden (wie z.B. in Filter 4 und 5). Nicht jeder Behandlungsschwerpunkt führe jedoch zu einer Praxisbesonderheit. Die überdurchschnittliche Abrechnung von EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) -Ziffern in verschiedenen Leistungsbereichen lege gerade nicht im Sinne der Substantiierungspflicht dar, wie sich die behaupteten Behandlungsschwerpunkte konkret auf das Verordnungsverhalten des Klägers ausgewirkt hätten und welche Mehrkosten im Vergleich zur Fachgruppe entstanden seien. Der Kläger habe ihm, dem Beklagten, auch zu Unrecht unterstellt, die Praxisbesonderheiten nur statistisch zu prüfen. Man sei auf alle im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Argumente eingegangen und habe sie individuell und intellektuell anhand der vom Kläger bekannten Daten und dem Vorbringen im Beschwerdeverfahren geprüft.  Auf knapp 24 Seiten habe man sich im Widerspruchsbescheid individuell mit dem klägerischen Vorbringen auseinandergesetzt. Auch sei schon die Entscheidung, einzelne Wirkstoffe bzw. Indikationen im Rahmen des strukturierten Prüfkonzepts in unterschiedlichem Umfang (exRGP, Filter 4, 5, 6a und 6c) zu beurteilen und zu berücksichtigen, Ergebnis einer antizipierten intellektuellen Prüfung, die für jedes Verordnungsjahr individuell vorgenommen werde. Hervorzuheben sei zuletzt, dass der Kläger, wie jede Praxis, sein Richtgrößenvolumen ohne finanzielle Auswirkungen um 25 %, im vorliegenden Fall also um 110.207,07 €, überschreiten könne.

Mit Beschluss vom 28.03.2018 hat das SG die Beigeladenen zu 1) bis 7) zum Verfahren beigeladen.

Mit Urteil vom 26.06.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Die form- und fristgerecht erhobene Klage sei zulässig, aber unbegründet. Der mit der Klage angefochtene Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Rechtsgrundlage des angefochtenen Regressbescheids für das Jahr 2013 sei § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V in der hier ab dem 26.10.2012 geltenden Fassung. Danach habe der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % nach Feststellung durch die Prüfungsstelle den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet sei. Für die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten hätten die Prüfgremien (auch) bei der Richtgrößenprüfung einen Beurteilungsspielraum. Die Kontrolle der Gerichte beschränke sich daher darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden sei, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten habe, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wirtschaftlichkeit" ergäben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet habe, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar sei. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. In verfahrensrechtlicher Hinsicht müsse die Festsetzung eines den Krankenkassen zu erstattenden Mehraufwands nach § 106 Abs. 5a SGB V a.F. - seit 01.01.2011 - innerhalb von 2 Jahren nach Ende des geprüften Verordnungszeitraums erfolgen (§ 106 Abs. 2 Satz 7 HS 2 SGB V a.F.). Davon ausgehend sei der Regressbescheid vom 17.12.2015 formell rechtmäßig; er sei von der zuständigen Behörde in einem rechtsfehlerfreien Verwaltungsverfahren, insbesondere unter Wahrung der für die Regressfestsetzung maßgeblichen (Ausschluss-)Frist, erlassen worden. Die Entscheidung sei auch materiell rechtmäßig. Der Beklagte habe zutreffenderweise Praxisbesonderheiten/Mehrkosten i.H.v. insgesamt 41.595,98 € anerkannt und Einzelfallregresse i.H.v. 1.797,48 € von den Bruttoverordnungskosten i.H.v. 671.127,40 € abgezogen. Er sei entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu verpflichtet, weitere Praxisbesonderheiten anzuerkennen. Die Prüfgremien seien generell befugt, zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F. ein auf statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen beruhendes, so genanntes „Filterverfahren" anzuwenden (unter Verweis auf das Urteil des Senats vom 26.10.2016 - L 5 KA 3599/13 -, in juris, Rn. 53 ff.). Dies folge schon aus ihrer Befugnis, Art und Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch <SGB X>) und begründe für sich allein keinen rechtlich beachtlichen Beurteilungsmangel. Da das Filterverfahren (nur) ein Hilfsmittel der behördlichen Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X) zur Sichtbarmachung der aus der Fülle der Verordnungsdaten erkennbaren Praxisbesonderheiten darstelle und als wesentlich auf statistischen Grundsätzen beruhendes maschinelles Verfahren die Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht vollständig erfassen könne, bedürfe es aber notwendig der Ergänzung durch eine intellektuelle (Einzelfall-)Prüfung. Diese habe im Rahmen der das (Beurteilungs-)Verfahren abschließenden Beurteilungsentscheidung der Prüfgremien - und nicht erst danach (etwa im Klageverfahren) - zu erfolgen. Die auf intellektueller Prüfung beruhende Beurteilungsentscheidung habe zum einen die Ergebnisse des Filterverfahrens zum Gegenstand, die nach intellektueller Prüfung als (Teil-)Beurteilungsergebnis übernommen oder ggf. verworfen oder korrigiert werden könnten. Die Beurteilungsentscheidung müsse zum andern aber auch vom Vertragsarzt in Erfüllung seiner gesteigerten Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 SGB X) hinreichend substantiiert geltend gemachte - oder außerhalb des Filterverfahrens - sonst erkennbare Praxisbesonderheiten zum Gegenstand haben. Anderes sei mit den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als (wesentlicher) rechtlicher Grenze des behördlichen Beurteilungsspielraums nicht vereinbar. Die Pflicht der Prüfgremien zur abschließenden intellektuellen Prüfung und Beurteilung von Praxisbesonderheiten (i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F.) sei damit (auch) notwendige Folge und Ergänzung ihrer Befugnis, hierüber eine autonome und der gerichtlichen Rechtskontrolle in der Sache weitgehend entzogene Beurteilungsentscheidung zu treffen. Das (Ermittlungs-)Ergebnis des Filterverfahrens dürfe daher nicht unbesehen als Beurteilungsergebnis übernommen werden. Da eine rechtsfehlerfreie Beurteilungsentscheidung Rechtsfehler auch im Beurteilungsvorgang nicht aufweisen dürfe, komme es auf das Beurteilungsergebnis und dessen - möglicherweise (erst) durch Nachberechnungen, ggf. im Gerichtsverfahren, bestätigte - Richtigkeit für sich allein nicht an (Urteil des Senats, a.a.O., Rn. 58). Diesen Anforderungen werde der Widerspruchsbescheid des Beklagten gerecht. Die Ausführungen des Beklagten überzeugten das SG in jeder Hinsicht. Soweit der Kläger der Auffassung sei, der Beklagte habe Praxisbesonderheiten zu Unrecht nicht berücksichtigt, folge dem das SG nicht. Der Beklagte habe die vom Kläger im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Praxisbesonderheiten rechtsfehlerfrei abgelehnt. Die Darlegungen des Klägers seien nicht substantiiert, sodass sich das SG nicht habe davon überzeugen können, dass seine Praxis im Prüfjahr spezielle Strukturen aufgewiesen habe, aus denen Praxisbesonderheiten folgen könnten. Notwendig sei grundsätzlich, dass der Arzt seine Patientenschaft und deren Erkrankungen systematisiert, etwa schwerpunktmäßig behandelte Erkrankungen, aufzähle und mitteile, welcher Prozentsatz der Patienten ihnen jeweils zuzuordnen sei und welcher Aufwand an Behandlung bzw. Arzneimitteln durchschnittlich für die Therapie einer solchen Erkrankung erforderlich sei. Diesen Anforderungen sei der Kläger nicht gerecht geworden. In der Rechtsprechung sei seit langem anerkannt, dass wegen des jedenfalls typischerweise unterschiedlichen Behandlungsaufwands von älteren gegenüber jüngeren Patienten ein gegenüber dem Vergleichsgruppendurchschnitt erhöhter Anteil älterer Patienten einer Praxis im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sowohl bei den Behandlungskosten wie bei den Verordnungskosten zu berücksichtigen sei (BSG, Beschluss vom 31.05.2006 - B 6 KA 68/05 B -, in juris, Rn. 13). Die Prüfgremien trügen dem dadurch Rechnung, dass bei den Arzneikosten die Werte des einzelnen Arztes getrennt nach Mitgliedern, Familienversicherten und Rentnern ermittelt und in dieser Differenzierung den entsprechenden Verordnungskosten der Vergleichsgruppe gegenübergestellt würden. Dies sei in der Rechtsprechung als zulässig und ausreichend anerkannt (BSG, a.a.O.). Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang zu Recht daraufhin gewiesen, dass allein die Fallzahlen nach Mitgliedern/Familienversicherten sowie Rentnern für die Berechnung des Richtgrößenvolumens relevant seien. Der höhere Rentneranteil sei im Richtgrößenvolumen bereits dadurch berücksichtigt, dass die Richtgröße für Rentner höher sei als die für die Mitglieder/Familienversicherte. Die Betreuung von Patienten in Alters- oder Pflegeheimen stelle entgegen der Ansicht des Klägers keine Praxisbesonderheit per se dar. Die Betreuung von Heimbewohnern könne eine Praxisbesonderheit nur darstellen, wenn nachweisbar ein erhöhter Behandlungsbedarf bestehe (BSG, Urteil vom 05.06.2013 - B 6 KA 40/12 R -, in juris, Rn. 17). Ein solcher ergebe sich aber nicht per se aus dem Umstand, dass ein Patient in einem Alters- oder Pflegeheim wohne. Weder die Pflegebedürftigkeit noch die spezielle Wohnsituation lasse ohne Weiteres auf erhöhte Verordnungskosten schließen. Der Kläger habe diesbezüglich auch weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren substantiiert vorgetragen. Etwaige Mehraufwendungen für die Betreuung von Pflegeheimpatienten hätte der Kläger konkret darlegen müssen. Die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen, obliege dem Arzt (BSG, a.a.O., Rn. 18). Der Beklagte habe in diesem Zusammenhang auch zutreffend darauf hingewiesen, dass die gegebenenfalls schwierigere Anamneseerhebung und/oder die Diagnosefindung bei Heimpatienten keine Auswirkungen auf die Notwendigkeit oder den Umfang von Arzneimittelverordnungen habe. Die Übernahme von Patienten von anderen Praxen durch den Kläger führe ebenfalls nicht dazu, dass weitere Praxisbesonderheiten anzuerkennen seien. Die Übernahme von Patienten von anderen Praxen erhöhe vielmehr grundsätzlich seine relevante Fallzahl und damit auch sein Richtgrößenvolumen. Soweit dem Vortrag des Klägers bzw. der Übersendung der Patientenlisten im Verwaltungsverfahren zu entnehmen sei, dass er eine fehlende Differenzierung der Richtgröße nach Alter kritisiere, sei darauf hinzuweisen, dass dies nach der Rechtsprechung des BSG hinnehmbar sei (BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -, in juris, Rn. 53), zum einen, weil es sich bei § 84 Abs. 6 S. 2 SGB V um eine Sollvorschrift handele, zum anderen, weil die Rahmenvorgabe keine strikte Verpflichtung enthalte, eine solche Regelung in die regionalen Richtgrößenvereinbarungen aufzunehmen. Der Kläger habe danach im Prüfjahr 2013 sein Richtgrößenvolumen um mehr als 25 % (nämlich um 42,44 %) überschritten. Unter Berücksichtigung der Regressbegrenzungsregelung des § 106 Abs. 5c Satz 7 SGB V a.F. habe der Beklagte den Regress zutreffend auf 25.000 € festgesetzt. Ein Angebot zum Abschluss einer Vereinbarung nach § 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V a.F. habe es vor diesem Hintergrund nicht bedurft.

Gegen das ihm am 08.07.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.07.2019 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben.

Zur Begründung verweist der Kläger auf die gesamten Ausführungen im Vorverfahren sowie im Verfahren vor dem SG. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten sei bereits formell rechtswidrig. Es habe keine ordnungsgemäße Rechtsgrundlage für die Prüfung vorgelegen, da die Richtgrößen entgegen der gesetzlichen Vorgaben gebildet worden seien. Die Richtgrößen seien seit dem Jahr 2012 bis 2015 auf den Cent genau gleichgeblieben sind. Bereits daraus ergebe sich, dass die Richtgrößen nicht als arztgruppenspezifische fallbezogene Durchschnittswerte gemäß § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V a.F. vereinbart worden seien. Zudem liege auch ein Verstoß gegen die Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V a.F. vor, obwohl nach Satz 3 davon nur dann abgewichen werden dürfe, wenn dies durch regionale Versorgungsbedingungen begründet sei. Solche Gründe lägen indes nicht vor.
Eine Überschreitung dieser rechtswidrig festgelegten Richtgrößen könne deshalb nicht den Nachweis einer Unwirtschaftlichkeit erbringen. Ferner sei der angefochtene Bescheid schon deshalb rechtswidrig, da ihm der Beklagte ermessensfehlerhaft keinen Abschluss der regressablösenden Individualvereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d SGB V a.F. angeboten habe beziehungsweise in Verhandlung darüber getreten sei. Die materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides ergebe sich daraus, dass seine Ausführungen zu den Praxisbesonderheiten nicht zur Kenntnis genommen worden seien. Auch habe entsprechend der Begründung des angegriffenen Beschlusses keine sachangemessene Prüfung des vorgetragenen Sachverhaltes stattgefunden. Das SG gehe rechtsfehlerhaft davon aus, dass die Prüfgremien im konkreten Fall befugt gewesen seien, zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten ein auf statistischen und medizinisch pharmakologischen Grundsätzen beruhendes, so genanntes „Filterverfahren" anzuwenden. Der Beklagte habe durch Anwendung des Filterverfahrens gerade nicht seiner Amtsermittlungspflicht Genüge getan. Zum einen sei nicht ersichtlich, wann überhaupt sich diese Arzneimittelkommission zur Beratung über die Filterverfahren treffe, auch gebe es hierüber keine öffentlich zugänglichen Informationen. Ihm sei jedenfalls im Verordnungszeitpunkt nicht bekannt gewesen, welche Arzneistoffe als Praxisbesonderheiten herausgerechnet worden seien. Er sei damit nicht in der Lage bei seiner Wirkstoffauswahl unter Berücksichtigung des § 12 SGB V eine Entscheidung zu treffen. Auch sei solch ein Verfahren bezüglich der nachträglichen Festlegung von Filtern intransparent, da jeweils die Prüfungsstelle beziehungsweise der Beschwerdeausschuss Art und Umfang selbst zur Anerkennung der Praxisbesonderheiten bestimmen müsse. § 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V a.F. verpflichte die Vertragspartner, in der Prüfvereinbarung Maßstäbe für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen. Vorliegend sei dies anscheinend nicht geschehen. Auch könne das SG nicht darauf verweisen, er habe nicht substantiiert genug seine Praxisbesonderheiten vorgetragen, mithin der Beklagte nicht in eine intellektuelle Prüfung habe einsteigen müssen. Dieser Einwand sei falsch. So habe er beispielsweise bezüglich seiner von der Fachgruppe abweichenden Altersstruktur und Diagnosenstatistik das Schreiben vom 10.03.2017 eingereicht. Hieraus sei ersichtlich, dass viele Diagnosen, welche das Filtersystem erst gar nicht erfasst habe, in einer Häufung von über 1000 % zur Fachgruppe vorlägen, in einer großen Anzahl der Fälle vorhanden seien (zum Beispiel Arteriosklerose ca. 300 Fälle) und einen erheblichen Kostenaufwand im Arzneimittelbereich verursachten. Diese Atypik sei durch das Richtgrößensystem nicht ausgeglichen. Hier fehlten ihm entsprechende Verdünnerfälle. Ferner habe er sein breites Leistungsspektrum unter Hinweis auf seine abgerechneten Leistungsziffern nachgewiesen (Sonographie der Schilddrüse, Sonographie des Abdomens, Sonographie des Urogenitaltrakts, chronische Niereninsuffizienz, Wundbehandlungen, Behandlung Hepatitis A und B). Aufgrund der vorhandenen apparativen Ausstattung und entsprechenden Abrechnungsgenehmigung seien diesbezüglich natürlich auch im Anschluss erhöhte Arzneimittelverordnungen beziehungsweise Wundbehandlung vorgenommen worden. Auch zu diversen Heimpatienten beziehungsweise sich in häuslicher Pflege befindlichen Patienten habe er die Liste der Heimpatienten / häusliche Pflegepatienten eingereicht. Zudem habe er für diese Patienten auch die entsprechenden Arzneimittelverordnungen aufgelistet. Insofern sei er seiner Vortragspflicht zu den Praxisbesonderheiten nachgekommen, der Beklagte allerdings nicht der Verpflichtung zur Überprüfung. Vor allen Dingen sei hier zu beachten, dass entgegen der BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -, in juris) die Prüfgremien die in der Vergangenheit anerkannten Praxisbesonderheiten nicht im Rahmen ihrer Amtsermittlung selbst beachtet und auch nicht im Bescheid gesondert dargelegt hätten. Die Prüfgremien könnten im vorhergegangenen Prüfzeitraum anerkannte Praxisbesonderheiten nicht unter Hinweis auf seine Darlegungs- und Feststellungslast ablehnen. Insofern hätten hier konkret durch die nicht veränderte Praxistätigkeit die Bereiche Rheumatherapie, Schmerztherapie, Antidepressiva, Antipsychotika, Antidementi und Antiparkinson berücksichtigt werden müssen. Diese Praxisbesonderheiten seien ihm im Verfahren 2005 bereits anerkannt worden. Ferner könne sich der Beklagte bezüglich der Heimpatientenversorgung nicht darauf zurückziehen, dass es seine Sache gewesen wäre, im Einzelnen die Zahl der Behandlungsfälle unter Nennung der Patientennamen und des Behandlungsumfanges sowie des Versorgungsbedarfs darzulegen. Zum einen werde darauf hingewiesen, dass er sehr wohl die Patientennamen und die hierdurch verursachten Arzneimittelkosten angegeben habe. Zumindest hätte ihm der Beklagte insoweit einen Hinweis zur Nachreichung der erforderlichen Angaben auffordern müssen. Gleiches gelte für Lipidstoffwechselstörungen. Sofern der Beklagte hier eine substantiierte Darlegung der Kombinationstherapie bei Fettstoffwechselstörungen hätte haben wollen, wären diese unverzüglich nachgereicht worden. Noch einen Schritt weiter gehe der Beklagte, indem er in der bisher als Praxisbesonderheit anerkannten Behandlung von Schmerzzuständen nur noch eine fachgruppentypische Leistung sehe. Nur noch diejenigen Ärzte, welche an der Schmerztherapievereinbarung teilnehmen würden, würden in einer gesonderten Prüfgruppe erfasst und insofern die von ihm, dem Kläger, verordneten Präparate berücksichtigt. Dass er abweichend von der Fachgruppe allerdings in der Schmerztherapie ein komplett anderes Patientenklientel versorge als die übrige Fachgruppe, sehe der Beklagte rechtsfehlerhaft nicht. Gleiches gelte für die Praxisbesonderheit der NOAK-Verordnungen, chronische Niereninsuffizienz. Allein die leitliniengerechte Versorgung der NOAK-Patienten mache es ihm unmöglich die vorgegebenen Richtgrößen einzuhalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 26.06.2019 und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen. 

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. 

Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf den gesamten bisherigen Vortrag sowie auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des sozialgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Unter Berufung auf das Urteil des erkennenden Senats vom 26.10.2016 (L 5 KA 3599/13) sei der Auffassung des Klägers zu widersprechen, die formelle Rechtswidrigkeit des Widerspruchsbescheids bestehe darin, dass die Richtgrößen, anhand derer geprüft werde, nicht im Einklang mit dem Gesetz stünden.
Da Richtgrößenvereinbarungen Normsetzungsverträge seien, stehe den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu. Dieser könne durch die Gerichte nur auf Einhaltung der Vorgaben vor allem in § 84 Abs. 6 Satz 1 und 2 SGB V a.F. kontrolliert werden. Entscheidend sei somit, dass die Vertragspartner von zutreffenden Daten ausgegangen seien und die Kriterien für die Festlegung der Richtgrößen beachtet hätten. Dies sei im vorliegenden Fall entsprechend der Richtgrößenvereinbarung der Fall. Es sei somit von der Rechtmäßigkeit der vereinbarten Richtgrößen auszugehen. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen die Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V a.F. bemängele, so gehe er ebenfalls fehl. Hierzu habe er bereits im Widerspruchsbescheid ausführlich Stellung genommen (Bl. 142 Verwaltungsakte des Beklagten). Auch die Ansicht des Klägers, der Widerspruchsbescheid sei wegen unterbliebenem Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung rechtswidrig, treffe nicht zu. Die Vorschrift des § 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V a.F. ermächtige die Prüfgremien, von den ansonsten zwingenden gesetzlichen Vorgaben über die Festsetzung der Mehrbedarfe abzuweichen, und gebe ihnen ein entsprechendes Initiativrecht; eine gesetzliche Verpflichtung der Prüfgremien, dem Arzt den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung anzubieten, bestehe hingegen nicht (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -, in juris). Gleiches gelte für das Angebot auf Abschluss einer Zielvereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d Satz 4 i.V.m § 84 Abs. 1 SGB V a.F. als Inhalt einer individuellen Richtgrößenvereinbarung. Etwas Anderes gelte jedoch dann, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung bekunde oder sogar den Abschluss einer solchen beantrage (BSG, a.a.O.). Letzteres sei vorliegend sowohl schriftlich in der Widerspruchsbegründung vom 28.12.2016 als auch mündlich während der Sitzung des Beschwerdeausschusses am 26.07.2017 im Sinne eines konkreten Angebotes seitens des Klägers geschehen. Deswegen sei er, der Beklagte, verpflichtet gewesen, in Verhandlungen über den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung einzutreten und habe den Abschluss einer solchen nicht aus sachfremden Gründen vereiteln dürfen. Diese Verhandlung habe am 26.07.2017 unter Vorsitz des unabhängigen Kammervorsitzenden stattgefunden, nachdem der Antrag von der Verfahrensbevollmächtigten mündlich gestellt worden sei. Klarzustellen sei hier allerdings, dass die Prüfgremien nicht unter allen Umständen verpflichtet seien, eine individuellen Richtgrößenvereinbarung abzuschließen; ein unbedingter „Anspruch“ des Arztes auf Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung bestehe nicht (BSG, a.a.O.). Allerdings seien die Verhandlungen insbesondere wegen der Höhe der zu vereinbarenden Richtgröße gescheitert, mit der Folge, dass ein vom Kläger zu erstattender Mehrbetrag festzusetzen gewesen sei. Was den Abschluss einer Zielvereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d Satz 4 i.V.m § 84 Abs. 1 SGB V a.F. betreffe, sei auszuführen, dass eine Zielvereinbarung als Bestandteil der Arzneimittelvereinbarung in Baden-Württemberg nur wenige Wirkstoffgruppen umfasse, die für sich genommen ungeeignet seien, im Rahmen einer individuellen Richtgröße das Verordnungsspektrum einer hausärztlich tätigen Praxis ausreichend abzubilden. Hinreichend konkrete und ausreichende Wirtschaftlichkeitsziele für das Verordnungsverhalten seien demnach der Zielvereinbarung nicht zu entnehmen (§ 106 Abs. 5d Satz 4 a. E. SGB V a.F.). Im Übrigen gebe es zu bedenken, dass der Kläger erst ab einem späteren Zeitpunkt an eine vereinbarte Richtgröße gebunden wäre, weil die Wirkungen der Vereinbarung nach § 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V a.F.  erst in dem der Vereinbarung nachfolgenden Quartal einträten. Infolge eines nicht selten großen zeitlichen Abstands zwischen dem geprüften Zeitraum und dem Abschluss einer nur zukunftsbezogenen individuellen Richtgrößenvereinbarung könnten deren Wirkungen ohnehin nur sehr verzögert eintreten. Das sei jedoch die unvermeidliche Folge der Entscheidung des Gesetzgebers, rechtliche Wirkungen für einen zu prüfenden (vergangenen) Zeitraum mit Folgen allein für einen späteren Zeitraum zu verknüpfen. Wäre es demnach in der Sitzung vom 26.07.2017 zum Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung gekommen, hätte diese erst mit Wirkung zum 4. Quartal 2017 in Kraft treten können. Da zwischenzeitlich aber mit Wirkung zum 01.01.2017 die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen neu geregelt worden sei (§ 106b SGB V n.F.) und seit dem § 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V a.F. keine Gültigkeit mehr besitze, wäre die Geschäftsgrundlage einer individuellen Richtgrößenvereinbarung mit Beginn des Kalenderjahres 2017 bereits weggefallen. Soweit die materiell-rechtlichen Vorgaben der Prüfung betroffen seien, richteten sich diese nach den Vorschriften, die im Verordnungszeitraum gegolten hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: Urteile vom 22.10.2014 - B 6 KA 3/14 R und B 6 KA 8/14 R -, jeweils in juris). Deshalb hätte eine für das streitgegenständliche Jahr 2013 getroffene individuelle Richtgrößenvereinbarung für einen Zeitraum nach dem 31.12.2016 faktisch keine Wirkung entfalten können, so dass auch die regressablösende Wirkung für die Vergangenheit rechtlich überholt gewesen wäre. Soweit der Kläger letztlich rüge, die Beurteilung der Praxisbesonderheiten sei rechtsfehlerhaft erfolgt, gehe auch dieser Einwand fehl. Die Prüfgremien seien generell befugt, zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten ein auf statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen beruhendes „Filterverfahren" anzuwenden. Darüber hinaus weiche die Struktur der Praxis sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung des Patientenklientels als auch hinsichtlich des Behandlungsverhaltens und der Behandlungsweise von der Typik des Durchschnitts der Fachgruppe der Fachärzte für Allgemeinmedizin, hausärztlichen Internisten, nicht signifikant ab, sodass auch nach abschließender intellektueller Prüfung keine weiteren Praxisbesonderheiten hätten anerkannt werden können.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die vom Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I. Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Krankenkassen und der Vertragsärzte, weil es sich vorliegend um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsbarkeit <SGG>).

II. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 26.06.2019 ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§ 151 SGG).

III. Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht in vollem Umfang abgewiesen.

1. Streitgegenstand ist allein der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) betreffend das Verordnungsjahr 2013. Dieser Bescheid hat den Bescheid der Prüfungsstelle vom 17.12.2015 ersetzt (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.2011 - B 6 KA 13/10 R -, in juris Rn. 16).

2. Die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG statthafte (vgl. BSG, Beschluss vom 10.05.2017 - B 6 KA 58/16 B -, in juris) Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den Regress zutreffend auf 25.000 € festgesetzt.

a) Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids des Beklagten ist § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V (in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes <GKV-WSG> vom 26.03.2007, BGBl. I 378, <a.F>). Danach hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des (Arzneimittel-)Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % nach Feststellung durch die Prüfungsstelle den Krankenkassen den sich daraus ergebenden Mehraufwand zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Die Vorschrift regelt für die in § 106 Abs. 5a ff. SGB V normierte Richtgrößenprüfung (als praktisch bedeutsamste Form der Wirtschaftlichkeitsprüfung) einen besonderen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch der Krankenkassen gegen den Vertragsarzt wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise (insbesondere von Arzneimitteln, § 31 SGB V - vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2015, - B 6 KA 45/14 R -, in juris m.w.N.). Der Mehraufwand der Krankenkassen, also der vom Vertragsarzt zu erstattende Schaden, umfasst (nur) die tatsächliche (Netto-)Kostenbelastung der Krankenkassen. Schadensmindernd sind daher (insbesondere) die Zuzahlungen der Versicherten und Apothekenrabatte zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 26.10.2016 - L 5 KA 3599/16 -, in juris).


b) Der Bescheid vom 11.08.2017 ist formell rechtmäßig. Er ist von der zuständigen Behörde in einem rechtfehlerfreien Verwaltungsverfahren, insbesondere unter Wahrung der für die Regressfestsetzung maßgeblichen (Ausschluss-)Frist des § 106 Abs. 2 Satz 7 Hs. 2 SGB V a.F. erlassen worden.

c) Der Bescheid des Beklagten ist auch materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. 

(1) Der Beklagte hat das Richtgrößenvolumen des Klägers zutreffend errechnet.

Das (Arzneimittel-)Richtgrößenvolumen des Vertragsarztes i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V wird auf der Grundlage von gesamtvertraglich festgelegten (Arzneimittel-)Richtgrößen berechnet. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 1 SGB V (in der im Prüfjahr 2013 geltenden Fassung des GKV-VStG vom 22.12.2011, BGBl. I S. 2983) vereinbaren die Vertragspartner nach § 84 Abs. 1 SGB V (Landesverbände der Krankenkassen, Ersatzkassen und Kassenärztliche Vereinigung) bis zum 15.11. für das jeweils folgende Kalenderjahr zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für das auf das Kalenderjahr bezogene Volumen der je Arzt verordneten Leistungen nach § 31 SGB V (Richtgrößenvolumen) arztgruppenspezifisch fallbezogene Richtgrößen als Durchschnittswerte. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V leiten die Richtgrößen den Vertragsarzt bei seiner Entscheidung über die Verordnung von Leistungen nach § 31 SGB V (Arznei- und Verbandmittel) nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 84 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Insoweit dienen die Richtgrößen der (vorausschauenden) Steuerung des Verordnungsverhaltens. Gemäß § 84 Abs. 6 Satz 4 SGB V löst die Überschreitung des Richtgrößenvolumens eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5a SGB V (Richtgrößenprüfung) aus. Insoweit dienen die Richtgrößen der (rückschauenden) Prüfung des Verordnungsverhaltens; sie haben dabei die Funktion von normativ festgelegten (und nicht nur statistisch ermittelten) Vergleichswerten (vgl. Clemens in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V 3. Aufl. 2016, § 106 Rn. 249).

Die hier maßgebliche Richtgröße beruht auf § 84 Abs. 6 SGB V a.F. i.V.m. der für den Bezirk der Beigeladenen zu 1) rechtzeitig vor Jahresbeginn vereinbarten und bekanntgegebenen Richtgrößenvereinbarung für das Jahr 2013. Der Umstand, dass die Richtgrößen im Jahr 2013 denen im Jahr 2012 entsprachen, war der Entwicklung der tatsächlichen Arzneimittelausgaben in Baden-Württemberg geschuldet, die sich in den Jahren 2011 und 2012 nicht erhöhten.

Für den Kläger galt die Richtgrößengruppe der hausärztlichen Internisten. Die Richtgröße dieser Fachgruppe lag im Jahr 2013 bei 46,55 € (M/F) bzw. 161,99 € (R) je Fall. Der Beklagte hat unter Zugrundelegung dieser Richtgröße und der Anzahl der Behandlungsfälle von 2.799 (M/F) bzw. 1.917 (R) das Richtgrößenvolumen des Klägers i.H.v. 440.828,28 € zutreffend berechnet. Bezüglich der Berechnung besteht auch kein Streit.

(2) Der Beklagte hat darüber hinaus zutreffend festgestellt, dass die vom Kläger 2013 verursachten Verordnungskosten in Höhe von insgesamt 627.933,94 € das Richtgrößenvorlumen um mehr als 25 % übersteigen. Art und Umfang der vom Beklagten berücksichtigten Praxisbesonderheiten sind nicht zu beanstanden.

(a) Praxisbesonderheiten i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F. sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden. Es obliegt dem geprüften Arzt, etwaige Besonderheiten seiner Praxis darzulegen (vgl. BSG, Beschluss vom 25.01.2017 - B 6 KA 22/16 B -, in juris, Rn. 13 m.w.N.). Die Abrechnung eines (bloßen) „Mehr“ an fachgruppentypischen Leistungen begründet keine Praxisbesonderheit (dazu näher etwa BSG, Urteil vom 29.06.2011 - B 6 KA 17/10 R -, in juris, Rn. 22). Für die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten haben die Prüfgremien (auch) bei der Richtgrößenprüfung einen Beurteilungsspielraum. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich daher darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Wirtschaftlichkeit“ ergeben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R -, in juris, Rn. 56). Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten kann nicht Gegenstand einer Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten sein (vgl. BSG, Beschluss vom 27.06.2018 - B 6 KA 54/17 B -, in juris, Rn. 22 m.w.N.).

Für die richtige und vollständige Ermittlung des (Praxisbesonderheiten-)Sachverhalts gelten im Ausgangspunkt die allgemeinen Regelungen des sozialrechtlichen Verwaltungsverfahrensrechts. Gemäß § 20 Abs. 1 SGB X ermitteln die Behörden, hier die Prüfgremien, den Sachverhalt von Amts wegen. Sind Praxisbesonderheiten erkennbar oder kommt das Vorliegen von Praxisbesonderheiten ernsthaft in Betracht, müssen die Prüfgremien von Amts wegen entsprechende Ermittlungen durchführen (vgl. dazu auch etwa Clemens in jurisPK-SGB V § 106 Rn. 194 zu offenkundigen Praxisbesonderheiten). Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X bestimmt die Behörde (u.a.) die Art der Ermittlungen; sie kann zur Durchführung der Amtsermittlung (ohne Weiteres) auch maschinelle Verfahren der Datenverarbeitung als Hilfsmittel der Amtsermittlung anwenden. Der Amtsermittlungspflicht der Behörden steht die Mitwirkungsobliegenheit der Beteiligten gegenüber. Diese sollen gemäß § 21 Abs. 2 SGB X bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken und insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Das Gesetz legt Näheres hierzu nicht fest. Art und Umfang der den Beteiligten obliegenden Mitwirkung hängen (u.a.) von der Eigenart des Verfahrensgegenstandes, der Sachkunde der Verfahrensbeteiligten und den Einzelfallumständen im Übrigen ab.

In der vertragsarztrechtlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände, wie Praxisbesonderheiten und kompensierende Einsparungen, dem Vertragsarzt; diese Darlegungslast geht über die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach § 21 Abs. 2 SGB X hinaus. Grundsätzlich ist es daher Angelegenheit des Vertragsarztes, die für ihn günstigen Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn sie allein ihm bekannt sind oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden können. Der Vertragsarzt ist gehalten, solche Umstände im Prüfungsverfahren, also spätestens gegenüber dem Beschwerdeausschuss und nicht erst im nachfolgenden Gerichtsverfahren, geltend zu machen, die sich aus der Atypik seiner Praxis ergeben, aus seiner Sicht ergeben und den Prüfgremien nicht ohne Weiteres an Hand der Verordnungsdaten und der Honorarabrechnung bekannt sind oder sein müssen (vgl. BSG, Urteil vom 05.06.2013, - B 6 KA 40/12 R -, in juris Rn. 18). Die Darlegungen müssen substantiiert sein und spezielle Strukturen der Praxis, aus denen Praxisbesonderheiten folgen können, aufzeigen. Die bloße Auflistung von Behandlungsfällen mit Diagnosen und Verordnungsdaten genügt nicht. Notwendig ist grundsätzlich, dass der Arzt seine Patientenschaft und deren Erkrankungen systematisiert, etwa schwerpunktmäßig behandelte Erkrankungen aufzählt und mitteilt, welcher Prozentsatz der Patienten ihnen jeweils zuzuordnen ist und welcher Aufwand an Behandlung bzw. Arzneimitteln durchschnittlich für die Therapie einer solchen Erkrankung erforderlich ist (Clemens in jurisPK-SGB V § 106 Rn. 194 f. m.N. zur Rechtsprechung des BSG). Überspannte Anforderungen dürfen aber nicht gestellt werden. Die Prüfgremien müssen die Darlegungen des Arztes aufgreifen und, soweit veranlasst, zum Gegenstand weiterer Ermittlungen von Amts wegen machen und dabei - im Wechselspiel von Amtsermittlung und (gesteigerter) Mitwirkungsobliegenheit des Vertragsarztes - auf ggf. notwendige Konkretisierungen hinwirken.

Gemäß § 106 Abs. 5a Satz 5 SGB V a.F. sind in der Prüfungsvereinbarung klarstellend-deklaratorisch Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten festzulegen. Nach § 8 Abs. 5 der Prüfvereinbarung nach § 106 Abs. 3 SGB V a.F. für Baden-Württemberg vom 16.04.2008 (gültig jedenfalls auch für das Prüfjahr 2013) ist das weitere Verfahren der Richtgrößenprüfung in Anlage 2 geregelt. Danach können die Vertragspartner vereinbaren, dass bestimmte Wirkstoffe- oder Indikationsgruppen bzw. Heilmittelarten vor der Einleitung von Beratungen und Prüfungen nach § 106 Abs. 5a SGB V Berücksichtigung finden. Weitere Praxisbesonderheiten ermittelt die gemeinsame Prüfungsstelle auf Antrag des Arztes, auch durch Vergleich der Diagnosen und Verordnungen in einzelnen Anwendungsbereichen der entsprechenden Fachgruppe. Die für die Bildung der Richtgrößen herangezogenen Maßstäbe sind zu beachten. Ergänzt werden die Bestimmungen durch die nach § 1 Abs. 10 der Prüfvereinbarung erlassenen Prüfrichtlinien der Prüfgremien.

Die Prüfgremien wenden zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F. ein auf statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen beruhendes, so genanntes „Filterverfahren“ an. Hierzu sind sie befugt (vgl. Senatsurteil vom 22.05.2019 - L 5 KA 2616/16 -, n.v.). Das folgt schon aus ihrer Befugnis, Art und Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen zu bestimmen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X) und begründet für sich allein einen rechtlich beachtlichen Beurteilungsmangel nicht. Das Filterverfahren stellt als maschinelles Verfahren (letztendlich im Interesse der Vertragsärzte) ein Hilfsmittel der behördlichen Amtsermittlung dar (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X). Es hat erkennbare und deshalb vom Vertragsarzt im Rahmen seiner (gesteigerten) Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 SGB X) nicht erst noch darzulegende Praxisbesonderheiten zum Gegenstand und macht sie sichtbar, indem es aus der (unübersehbaren) Fülle von Arzneimittelverordnungssachverhalten (Rezeptfällen) als Praxisbesonderheiten der Prüfpraxis feststell- und bewertbare Arzneimittelverordnungssachverhalte (Rezeptfälle) „herausfiltert“. Das Filterverfahren beruht auf tatsächlichen (wertenden) Grundannahmen zum (medizinisch richtigen und wirtschaftlichen) Verordnungsverhalten des Großteils der Ärzte und auf der elektronisch gestützten Auswertung der bei der Verordnung von Arzneimitteln angefallenen Daten nach statistischen und medizinisch-pharmakologischen Grundsätzen. Gegen die Anwendung des Filterverfahrens als Hilfsmittel der Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X) ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Anderes gälte nur dann, wenn das Filterverfahren strukturelle Fehler aufwiese, die notwendig zur Feststellung eines unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalts führen müssten, der wiederum nicht Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beurteilungsentscheidung sein könnte. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Im Hinblick auf die tatsächlichen (wertenden) Grundannahmen des Filterverfahrens bestehen ebenfalls keine rechtlichen Bedenken. Dass die Grundannahme wirtschaftlichen Handelns (Abrechnens) eines Großteils der Ärzte unmittelbar auf die Durchschnittsprüfung (§ 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V) bezogen ist, steht ihrer Heranziehung zur Feststellung (und Bewertung) von Praxisbesonderheiten in der Richtgrößenprüfung nicht entgegen. Rechtlich unerheblich ist auch, dass der Fachgruppendurchschnittswert - anders als die (wie vorstehend dargelegt ebenfalls als Durchschnittswert) fungierende Richtgröße - (rein) statistisch ermittelt und nicht normativ festgelegt wird. Es gibt keinen Rechtssatz, der den Prüfgremien die Anwendung jeglicher, rein statistischer Methoden im Rahmen der Richtgrößenprüfung untersagen würde. Die Prüfgremien sind bei der Anwendung des als solchen rechtlich unbedenklichen Filterverfahrens von rechtlichen Maßgaben freilich nicht gänzlich freigestellt. Behördliche Verfahrenshandlungen, wie die Entscheidung zur Anwendung des Filterverfahrens im Einzelfall und ggf. auch die Auswahl des jeweiligen Filters, müssen sachgerecht und frei von Rechtsfehlern erfolgen, um etwaige (Folge-)Fehler in der Sachverhaltsfeststellung, die rechtlich beachtliche Beurteilungsfehler zur Folge haben könnten, zu vermeiden; (Verfahrens-)Entscheidungen der Prüfgremien hinsichtlich der Anwendung des Filterverfahrens wären aber gesondert nicht anfechtbar (vgl. etwa § 44a Verwaltungsgerichtsordnung <VwGO> und BSG, Urteil vom 10.12.1992 - 11 RAr 71/91 -; auch Senatsbeschluss vom 12.11.2010 - L 5 KA 4293/10 ER-B -, beide in juris).

Da das Filterverfahren (nur) ein Hilfsmittel der behördlichen Amtsermittlung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X) zur Sichtbarmachung der aus der Fülle der Verordnungsdaten erkennbaren Praxisbesonderheiten darstellt und als wesentlich auf statistischen Grundsätzen beruhendes maschinelles Verfahren die Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht vollständig erfassen kann, bedarf es notwendig der Ergänzung durch eine intellektuelle (Einzelfall-)Prüfung. Diese hat im Rahmen der das (Beurteilungs-)Verfahren abschließenden Beurteilungsentscheidung der Prüfgremien zu erfolgen. Die auf intellektueller Prüfung beruhende Beurteilungsentscheidung hat zum einen die Ergebnisse des Filterverfahrens zum Gegenstand, die nach intellektueller Prüfung als (Teil-)Beurteilungsergebnis übernommen oder ggf. verworfen oder korrigiert werden können. Die Beurteilungsentscheidung muss zum andern aber auch vom Vertragsarzt in Erfüllung seiner gesteigerten Mitwirkungsobliegenheit (§ 21 Abs. 2 SGB X) hinreichend substantiiert geltend gemachte - oder außerhalb des Filterverfahrens - sonst erkennbare Praxisbesonderheiten zum Gegenstand haben. Anderes wäre mit den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) als (wesentlicher) rechtlicher Grenze des behördlichen Beurteilungsspielraums nicht vereinbar. Die Pflicht der Prüfgremien zur abschließenden intellektuellen Prüfung und Beurteilung von Praxisbesonderheiten (i.S.d. § 106 Abs. 5a Satz 3 SGB V a.F.) ist damit (auch) notwendige Folge und Ergänzung ihrer Befugnis, hierüber eine autonome und der gerichtlichen Rechtskontrolle in der Sache weitgehend entzogene Beurteilungsentscheidung zu treffen. Das (Ermittlungs-)Ergebnis des Filterverfahrens darf daher nicht unbesehen als Beurteilungsergebnis übernommen werden. Da eine rechtsfehlerfreie Beurteilungsentscheidung Rechtsfehler auch im Beurteilungsvorgang nicht aufweisen darf, kommt es auf das Beurteilungsergebnis und dessen - möglicherweise (erst) durch Nachberechnungen, ggf. im Gerichtsverfahren, bestätigte - Richtigkeit für sich allein nicht an (Senatsurteil vom 26.10.2016, - L 5 KA 3599/13 -, in juris, Rn. 53 ff.; Senatsurteil vom 22.05.2019 - L 5 KA 2616/16 -, n.v.; Senatsurteil vom 23.01.2021 – L 5 KA 846/19 -, in juris, Rn. 58).

(b) Hiervon ausgehend hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise unter Anwendung des Filterverfahrens als Praxisbesonderheiten im Bereich der Filter 5, 6a1, 6a2, 6a6 6c2 und des Ergänzungsfilters 1 Praxisbesonderheiten i.H.v. insgesamt 41.595,98 € anerkannt. Zudem hat er Einzelfallregresse i.H.v. 1.797,48 € von den Bruttoverordnungskosten abgezogen und damit letztere auf 627.933,94 € bereinigt. Fehler bei der Anwendung der Filter sind dem Beklagten nicht unterlaufen.

Auch die das Filterverfahren notwendig ergänzende intellektuelle Prüfung hält einer gerichtlichen Überprüfung stand. Der Beklagte ist seiner Pflicht zur Beurteilung von Praxisbesonderheiten nachgekommen und hat dies auch hinreichend deutlich belegt. Er hat das Ergebnis des Filterverfahrens nicht ungeprüft als Beurteilungsergebnis übernommen. Dies ergibt sich für den Senat ebenso wie für das SG aus der Begründung des Widerspruchsbescheids vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017). Er hat sich mit allen vom Kläger im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgebrachten Argumenten umfangreich und ausführlich befasst, ist auf alle Argumente des Klägers eingegangen, hat das Filterverfahren erläutert und ausführlich erörtert, wie er zu seinem Ergebnis gelangt ist. Zur Anerkennung weiterer Praxiskosten war der Beklagte nicht verpflichtet. Der Senat teilt die Rechtsauffassung des SG und nimmt im Hinblick darauf, dass sich das klägerische Vorbringen im Klage- und im Berufungsverfahren im Wesentlichen auf die Wiederholung des Vorbringens im Widerspruchsverfahren erschöpft und sich der Beklagte bereits ausführlich mit den Argumenten des Klägers auseinandergesetzt hat, zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils und auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug (§§ 153 Abs. 1 und 2, 136 Abs. 3 SGG).

Im Ergebnis hat der Kläger damit im Prüfjahr 2013 sein Richtgrößenvolumen mit 42,44 % um mehr als 25 % überschritten, weshalb der Beklagte in Anwendung der Regressbegrenzungsregelung des § 106 Abs. 5 c Satz 7 SGB V a.F. den Regress zutreffend auf 25.000 € festgesetzt hat.

(3) Der angefochtene Bescheid ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil er nicht lediglich eine Beratung als Rechtsfolge festsetzt. Nach § 106 Abs. 5e Satz 2 SGB V kann ein Erstattungsbetrag bei künftiger Überschreitung erstmals für den Prüfzeitraum nach der Beratung festgesetzt werden. Hier handelt es sich bezüglich des streitigen Verordnungsjahres 2013 um den ersten Verordnungszeitraum nach einer individuellen Beratung. Eine erste Beratung für das Prüfjahr 2007 wurde dem Kläger mit Schreiben des Prüfungsausschusses vom 13.12.2012 erteilt. Diese Beratung ist nicht zu beanstanden. Die Beratung hat wie sich aus der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG und zum Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften ergibt den Zweck, dem Kläger zunächst ohne finanzielle Konsequenzen für die Praxis die Möglichkeit zu geben, sein Verordnungsverhalten bei Arznei- und Heilmitteln zu modifizieren. Im Übrigen legt das Gesetz und auch die im Jahr 2007 geltende Prüfvereinbarung zu Inhalt und Form der Beratung nichts fest. Den ausweislich der Gesetzesbegründung zu erfüllenden Zweck hat das Schreiben vom 13.12.2012 erfüllt. Das 13 Seiten umfassende Beratungsschreiben für das Prüfjahr 2007 enthielt bezugnehmend auf das Verordnungsverhalten des Klägers u.a. Ausführungen zur Indikation „Fettstoffwechsel“, zu Zielvereinbarungen, Verordnungseinschränkungen durch die Arzneimittelrichtlinie (hier Lipidsenker), zur Verordnung von Inegy, zur Behandlung der Hypertonie, des Asthmas und des Typ-2-Diabetes, Hinweise zur Arzneimittelvereinbarung der KV und zur arteriellen Thromboseprophylaxe. Dem Kläger war damit hinlänglich bekannt, welcher Verordnungsumfang von der zuständigen Prüfungsstelle als wirtschaftlich angesehen wird.

(4) Der Kläger irrt auch, soweit er den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 11.08.2017 (Beschluss vom 26.07.2017) wegen unterbliebenem Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung für rechtswidrig hält. Die Vorschrift des § 106 Abs. 5d Satz 1 SGB V a.F. ermächtigt die Prüfgremien, von den ansonsten zwingenden gesetzlichen Vorgaben über die Festsetzung der Mehrbedarfe abzuweichen, und gibt ihnen ein entsprechendes Initiativrecht; eine gesetzliche Verpflichtung der Prüfgremien, dem Vertragsarzt den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung anzubieten, besteht demgegenüber nicht (BSG, Urteil vom 28.08.2013 - B 6 KA 46/12 R -, in juris). Gleiches gilt für das Angebot auf Abschluss einer Zielvereinbarung gemäß § 106 Abs. 5d Satz 4 i.V.m § 84 Abs. 1 SGB V als Inhalt einer individuellen Richtgrößenvereinbarung. Etwas Anderes gilt lediglich dann, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung bekundete oder sogar den Abschluss einer solchen beantragte (BSG, a.a.O.). So verhielt es sich hier. Der Kläger hat sowohl schriftlich in der Widerspruchsbegründung vom 28.12.2016 als auch mündlich während der Sitzung des Beschwerdeausschusses am 26.07.2017 im Sinne eines konkreten seinerseitigen Angebotes die Vereinbarung einer individuellen Richtgrößenvereinbarung beantragt. Deswegen war der Beklagte verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung einzutreten und durfte den Abschluss einer solchen nicht aus sachfremden Gründen vereiteln. Diese Verhandlung fand am 26.07.2017 unter Vorsitz des unabhängigen Kammervorsitzenden auch statt, nachdem der Antrag von der Klägerbevollmächtigten mündlich gestellt worden war. Allerdings sind die Prüfgremien nicht unter allen Umständen verpflichtet, eine individuellen Richtgrößenvereinbarung abzuschließen (BSG, a.a.O.). Da es sich um eine Vereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages handelt, setzt die individuellen Richtgrößenvereinbarung eine Willensübereinstimmung voraus. Wird zwischen den Prüfgremien und dem zu prüfenden Arzt keine Übereinstimmung über den Inhalt der Vereinbarung - insbesondere über die Höhe der zu vereinbarenden Richtgröße - erzielt, sind die Verhandlungen gescheitert mit der Folge, dass ein vom Kläger zu erstattender Mehrbetrag festzusetzen ist. Für eine Vereinbarung einer individuellen Richtgrößenvereinbarung hat es nach Auffassung des Beklagten an einer ausreichenden sachlichen Grundlage gefehlt. Voraussetzung für eine solche Vereinbarung ist, dass der Arzt auch bei strenger Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots aus objektiven Gründen nicht in der Lage ist, das praxisindividuelle Richtgrößenvolumen einzuhalten. Eine Regressablösevereinbarung setzt nämlich, wie sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1525, Seite 117) ergibt, eine von der allgemeinen Richtgröße nicht berücksichtigte strukturelle Praxisbesonderheit voraus. Die vorliegende Praxis unterscheidet sich in Art und Umfang der zu behandelnden Erkrankungen jedoch nicht von der Typik der Fachgruppe. Soweit die Prüfungseinrichtungen Praxisbesonderheiten im Einzelfall quantifizieren und vom Ausgabenvolumen abziehen können, rechtfertigen diese Praxisbesonderheiten für sich alleine keine, einen Regress ablösende, individuelle Richtgröße.

Auch der Abschluss einer Zielvereinbarung nach § 106 Abs. 5d Satz 4 i.V.m § 84 Abs. 1 SGB V a.F. schied aus, da eine Zielvereinbarung als Bestandteil der Arzneimittelvereinbarung in Baden-Württemberg nur wenige Wirkstoffgruppen umfasst, die für sich genommen ungeeignet sind, im Rahmen einer individuellen Richtgröße das Verordnungsspektrum einer hausärztlich tätigen Praxis ausreichend abzubilden. Hinreichend konkrete und ausreichende Wirtschaftlichkeitsziele für das Verordnungsverhalten sind demnach der Zielvereinbarung nicht zu entnehmen (§ 106 Abs. 5d Satz 4 a. E. SGB V).

Zudem hätte sich eine solche Vereinbarung auf den streitgegenständlichen Regress nicht auswirken können. Denn der Kläger wäre erst ab einem späteren Zeitpunkt an eine vereinbarte Richtgröße gebunden gewesen, weil die Wirkungen der Vereinbarung nach § 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V a.F. erst in dem der Vereinbarung nachfolgenden Quartal einträten. Wäre es demnach in der Sitzung vom 26.07.2017 zum Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung gekommen, hätte diese erst mit Wirkung zum 4. Quartal 2017 in Kraft treten können. Da zwischenzeitlich aber mit Wirkung zum 01.01.2017 die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen neu geregelt wurde (§ 106b SGB V n.F.) und seit dem § 106 Abs. 5d Satz 2 SGB V a.F. keine Gültigkeit mehr besitzt, wäre die Geschäftsgrundlage einer individuellen Richtgrößenvereinbarung mit Beginn des Kalenderjahres 2017 bereits weggefallen. Soweit die materiell-rechtlichen Vorgaben der Prüfung betroffen sind, richten sich diese nach den Vorschriften, die im Verordnungszeitraum gelten (ständige Rechtsprechung des BSG: Urteile vom 22.10.2014 - Az. B 6 KA 3/14 R und B 6 KA 8/14 R -, in juris). Deshalb könnte eine für das streitgegenständliche Jahr 2013 getroffene individuelle Richtgrößenvereinbarung für einen Zeitraum nach dem 31.12.2016 faktisch keine Wirkung entfalten, so dass auch die regressablösende Wirkung für die Vergangenheit rechtlich überholt wäre.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil diese im Verfahren keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs. 3 VwGO).

V. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).

VI. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Rechtskraft
Aus
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