I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch in der Berufungsinstanz keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für Termine einer multimodalen „Intensivierten Rehabilitationsnachsorge“ (IRENA), hilfsweise die Bewilligung von 24 neuen Terminen.
Der 1975 in Bulgarien geborene Kläger nahm vom 30. Oktober bis 23. November 2018 an einer stationären Leistung zur medizinischen Rehabilitation in der MediClin Klinik D. in D-Stadt teil. Diagnostiziert wurden eine arterielle Hypertonie, Adipositas (BMI 37,7 kg/m²), ein schweres kombiniertes Schlafapnoesyndrom mit Hypopnoen sowie ein Verdacht auf eine soziale Phobie. Die Einrichtung empfahl der Beklagten am 18. Februar 2019 ein Nachsorgeprogramm in Form einer IRENA, die der Kläger am 29. März 2019 aufnahm. Der Kläger nahm an den ersten zwölf Terminen der IRENA teil. Der letzte Termin wurde am 25. Juli 2019 wahrgenommen. In der Folge begab sich der Kläger für einen Sommerurlaub in sein Heimatland Bulgarien.
Mit Email vom 24. August 2019 teilte der Kläger der Beklagte im Rahmen einer Terminabsage mit, dass seine Mutter in seinem Beisein bei einem Verkehrsunfall am 15. August 2019 in seinem Heimatland Bulgarien verstorben sei. Er stehe unter Schock und sei längere Zeit arbeitsunfähig. Er befinde sich noch in Bulgarien und kehre ca. Ende September zurück. Der Kläger teilte der Beklagten mit, dass er das IRENA Sportprogramm mit ca. zwölf verbleibenden Sitzungen fortsetzen oder notfalls die kompletten 24 Sitzungen nochmals beginnen wolle. Beim geplanten Termin zur Fortsetzung am 30. August 2019 wäre eine Unterbrechung von fünf Wochen eingetreten. Die Beklagte antwortete dem Kläger dahingehend, dass eine Fortsetzung des IRENA-Programms im September nicht mehr möglich sei. Das Programm dürfe nur vier Wochen, in Ausnahmefällen maximal sechs Wochen, unterbrochen werden. Termine außerhalb dieser Frist würden von der Rentenversicherung nicht mehr übernommen werden. Der Kläger erneuerte mit Schreiben vom 26. August 2019 seinen Wunsch zur Fortsetzung der Maßnahme und bat um Anwendung einer Härtefallklausel.
Mit Bescheid vom 29. August 2019 lehnte die Beklagte die beantragte Verlängerung der IRENA-Maßnahme aufgrund einer länger als sechs Wochen andauernden Unterbrechung ab. Nach § 17 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei bei einer durchgehenden Unterbrechung von sechs Wochen die Fortführung von IRENA ausgeschlossen und führe zum Abbruch der Nachsorgeleistung. Eine Verlängerung des Zeitraums sei auch im Einzelfall leider nicht möglich.
Mit Email vom 25. September 2019 beantragte der Kläger weiterhin die Fortsetzung der restlichen Sitzungen seiner IRENA-Maßnahme ab dem 4. Oktober 2019. Er könne nichts dafür, dass die Unterbrechung statt fünf Wochen nun zehn Wochen gedauert habe. Der Kläger legte mit Schreiben vom 30. September 2019 nochmals ausdrücklich Widerspruch gegen den Bescheid vom 29. August 2019 ein und trug vor, § 17 SGB VI enthalte keine Regelung, dass man nach einer Unterbrechung von sechs Wochen die IRENA Sitzungen nicht fortsetzen dürfe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2019 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, eine Verlängerung der IRENA sei abzulehnen, da diese nach einer länger als sechs Wochen andauernden Unterbrechung als abgebrochen gelte. Gemäß § 17 Abs. 1 SGB VI würden Nachsorgeleistungen im Anschluss an eine durch die Rentenversicherung durchgeführte Teilhabeleistung erbracht, wenn diese zur Sicherung des Rehabilitationserfolgs erforderlich seien. Nach § 17 Abs. 2 SGB VI würden die Leistungen aufgrund einer gemeinsamen Richtlinie der Träger der Rentenversicherung (Rahmenkonzept zur Rehabilitationsnachsorge) erbracht, welche Näheres zu den Zielen, den persönlichen Voraussetzungen und zu Art und Umfang der Leistungen regele. Gemäß Rahmenkonzept zur Reha-Nachsorge der Deutschen Rentenversicherung vom 9. Juni 2015 in der Fassung vom 2. Januar 2018 sei eine kontinuierliche Durchführung der Nachsorgeleistung anzustreben und die Fortführung nach einer Unterbrechung aufgrund von Urlaub oder akuten Erkrankungen von mehr als sechs Wochen ausgeschlossen. Diese Regelung werde durch das Fachkonzept - Intensivierte Rehabilitationsnachsorge (IRENA) aufgegriffen und bestätigt.
Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 15. Januar 2020 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main.
Das Sozialgericht führte am 20. Oktober 2020 einen Erörterungstermin durch. Zur Akte gelangte zudem ein Befundbericht der Dipl.-Psych. H. vom 2. November 2020, wonach der Kläger sich seit dem 18. Dezember 2019 bei ihr in regelmäßiger verhaltenstherapeutischer Behandlung wegen einer depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradig, befinde. Deswegen halte sie es für sehr wichtig, dass dem Kläger die ursprünglich genehmigten IRENA-Trainingsstunden zur Verfügung stünden, damit der Kläger „in Bewegung“ komme und einen wichtigen Schritt aus dem depressiven Teufelskreislauf schaffe.
Mit Stellungnahme vom 25. Januar 2021 teilte die MediClin Klinik D. dem Kläger mit, dass im Fachkonzept IRENA der Deutschen Rentenversicherung eine Unterbrechung der Nachsorgemaßnahme einer strengen Regelung unterliege, wonach nach einer durchgehenden Unterbrechung von mehr als sechs Wochen die Fortführung von IRENA ausgeschlossen und einem Abbruch gleichzusetzen sei. Ausnahmen für eine intervallartige Form der IRENA seien im Fall des Klägers nicht einschlägig. Die Regelungen erschienen aus ihrer Sicht auch sinnvoll, da gerade die Kontinuität der Anwendungen einen wichtigen Beitrag zum Erfolg der Maßnahme leiste. Die Klinik sei überzeugt davon, dass dem Kläger die noch ausstehenden zwölf Termine einen gesundheitlichen Nutzen bringen würden. Aufgrund der vorangegangenen Ausführungen erscheine aus ihrer Sicht eine Fortführung der Maßnahme jedoch lediglich als Kulanzleistung der Deutschen Rentenversicherung möglich. Es könne auch keine geänderte oder neue Empfehlung für eine IRENA ausgesprochen werden, da die Nachsorgeempfehlung zeitlich an die Feststellung des Nachsorgebedarfs in der Rehabilitationseinrichtung gebunden sei. Ein solcher zeitlicher Zusammenhang könne nach nunmehr über zwei Jahren seit dem Aufenthalt des Klägers in der Klinik beim besten Willen nicht mehr konstruiert werden, unabhängig der Gründe für den zeitlichen Ablauf. Auch eine komplette Neugenehmigung könne nicht erfolgen, da die IRENA-Nachsorge eine Maßnahme im Anschluss an eine Rehabilitation darstelle. Der bereits beschriebene zeitliche Abstand zum klägerischen Aufenthalt sei mit einer Anschlussmaßnahme weder medizinisch noch formal logisch vereinbar. Es werde empfohlen, sich vertrauensvoll an den behandelnden Arzt zu wenden, um bestehende Verordnungsoptionen zu prüfen. Darüber sollte es möglich sein, ein der IRENA-Nachsorge vergleichbares Therapieprogramm zu realisieren und so die aus formalen Gründen nicht mehr umsetzbaren IRENA-Einheiten bestmöglich zu ersetzen.
Mit Gerichtsbescheid vom 12. Juli 2021 wies das Sozialgericht die Klage mit der Begründung ab, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Kostenübernahme für die noch fehlenden zwölf Termine der IRENA-Maßnahme noch auf Gewährung von 24 neuen Terminen. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der ursprünglichen Bewilligung noch unmittelbar aus § 17 SGB VI. Der Anspruch ergebe sich nicht aus der ursprünglichen Kostenzusage vom 18. Februar 2019, da deren Befristung abgelaufen sei. Bei der Kostenzusage handele es sich um einen bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der noch fehlenden zwölf Termine ergebe sich auch nicht unmittelbar aus § 17 SGB VI sowie den entsprechenden Richtlinien hierzu. Gemäß Ziffer 5.1 des Fachkonzepts IRENA sei eine Fortsetzung der Maßnahme nach vier Wochen Unterbrechung aus medizinisch-therapeutischer Sicht nicht mehr sinnvoll und nach sechs Wochen durchgehender Unterbrechung ausgeschlossen. Nach Ziffer 5.3 sei die Verlängerung der Leistung über zwölf Monate nach Ende der vorangegangenen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hinaus ausgeschlossen. Selbst wenn trotz der längeren Unterbrechung der IRENA-Maßnahme aufgrund des Unfalltodes der Mutter des Klägers eine Fortführung (noch) möglich gewesen wäre, sei eine Verlängerung über den Zeitraum von zwölf Monaten nach Beendigung der Reha-Maßnahme, also den 22. November 2019 hinaus, nicht möglich gewesen. Bei der Nachsorge-Richtlinie sowie dem Rahmenkonzept Nachsorge handele es sich um Verwaltungsvorschriften. Die Versagung der noch fehlenden zwölf Termine der IRENA-Maßnahme entspreche den Ermessensrichtlinien. Dem Kläger sei zwar zuzugestehen, dass ihm die sportliche Aktivität einen Nutzen bringen würde. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt sei bei einer Leistungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz bzw. bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der Zeitpunkt der Entscheidung. Es liege kein atypischer Fall vor, da § 17 Abs. 1 SGB VI normiere, dass Leistungen zur Nachsorge den Erfolg der vorangegangenen Leistung zur Teilhabe sichern sollen und Leistungen zur Nachsorge zeitlich begrenzt werden könnten. Zweck des Gesetzes und damit der Nachsorgeleistung sei daher, durch Verknüpfung mit der Leistung zur Teilhabe ein möglichst nachhaltiges Ergebnis für die Gesundheit des Versicherten zu erreichen. In der Nachsorge-Richtlinie, dem Rahmenkonzept Nachsorge und dem Fachkonzept IRENA werde dies konkretisiert auf einen Zeitraum von zwölf Monaten nach Beendigung der Leistung zur Teilhabe. Insoweit würden aus medizinisch-therapeutischer Sicht bestimmte Zeiträume festgelegt, in denen der Zweck des Gesetzes (noch) erreicht werden könne. Bei einer Überschreitung des Zeitraumes von zwölf Monaten um deutlich mehr als zwei Jahre könne eine solche Sicherung des Behandlungserfolges kaum eintreten. Der Erfolg der Leistung zur Teilhabe könne nicht gesichert werden. Dies entspreche der Stellungnahme der Rehabilitationseinrichtung, die einen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Rehabilitationsleistung und der Nachsorge-Leistung nicht mehr habe konstruieren können. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Bewilligung von 24 neuen Terminen, da kein Zusammenhang mehr mit der Leistung zur Teilhabe bestehe, so dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 SGB VI nicht gegeben seien.
Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 13. Juli 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Juli 2021 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht eingelegt.
Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, er habe Anspruch auf die Teilnahme an den fehlenden zwölf Terminen der unterbrochenen IRENA Nachsorgeleistung. Ihm seien insgesamt 24 Termine (somatisch, psychosomatisch) von je 90 Minuten, grundsätzlich 1x pro Woche, innerhalb von 12 Monaten in Form von Sport- und Bewegungstherapie (u.a. Ausdauertraining oder Muskelaufbautraining) sowie Physiotherapie (u.a. Wirbelsäulengymnastik) bewilligt worden. Im Hinblick auf die Unterbrechung der Maßnahme liege bei ihm ein Härtefall vor. Er habe während seines Urlaubs am 15. August 2019 einen fremdverschuldeten Autounfall erlitten, bei dem seine Mutter vor seinen sowie vor den Augen seiner Schwester und seines Vaters sofort bewusstlos geworden und nach wenigen Minuten verstorben sei. Sie habe jedoch erst nach vier Stunden aus dem verunfallten Auto abtransportiert werden können. Er sei ab diesem Tag rund fünf Wochen arbeitsunfähig gewesen. Es liege zumindest ein atypischer Fall des § 17 Abs. 2 SGB VI vor. Auch bei einer Unterbrechung von zehn Wochen habe für ihn ein gesundheitlicher Nutzen bestanden und der Erfolg der Leistungen zur Teilhabe hätte gesichert werden können. Die Maßnahme müsse nicht bei einer Unterbrechung von mehr als sechs Wochen zwingend abgebrochen werden. Der Richtlinie zu § 17 Abs. 2 SGB VI, einer ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift, sei keine konkrete Regelung zu entnehmen, dass bei einer Unterbrechung von mehr als sechs Wochen die Maßnahme zwingend ende und insoweit das Ermessen auf Null reduziert sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juli 2021 und den Bescheid vom 29. August 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 2019 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Fortführung der am 29. März 2019 begonnenen und ab dem 26. Juli 2019 unterbrochenen IRENA Nachsorgeleistung zu übernehmen, hilfsweise 24 neue Termine zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend aus, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die fehlenden zwölf Termine der abgebrochenen IRENA-Maßnahme noch auf Gewährung von 24 neuen Terminen. So traurig und nachvollziehbar die Gründe für die Unterbrechung auch seien, rechtfertigten sie keine Weiterführung der am 26. Juli 2019 unterbrochenen IRENA. Bei den in § 6 Abs. 1 der Nachsorgerichtlinie festgelegten zeitlichen Rahmenbedingungen handele es sich um ermessenslenkende VerwaItungsrichtlinien, durch deren Anwendung eine gleichmäßige Verwaltungspraxis gewährleistet werde und über Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) eine Selbstbindung der Verwaltung eintrete. Ein sachlicher Grund für eine Abweichung von dieser Verwaltungspraxis oder ein atypischer Fall habe hier nicht vorgelegen, da nach Überschreitung eines Zeitraums von mehr als zwei Jahren seit der Beendigung der Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr davon ausgegangen werden könne, dass durch eine Nachsorgeleistung der Erfolg der Leistung zur Teilhabe gesichert werde. Selbst die Rehabilitationseinrichtung habe sich in ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2021 dahingehend positioniert, dass nach mehr als zwei Jahren ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Leistung zur Teilhabe und der Nachsorgeleistung als deren Anschlussmaßnahme nicht mehr konstruierbar sei. Die Inanspruchnahme weiterer Termine würde losgelöst von der damaligen Leistung und dem dabei erzielten Ergebnis stattfinden, was nicht Sinn und Zweck der Nachsorge nach § 17 SGB VI entspreche.
Mit Beschluss vom 30. März 2022 wurde das Verfahren nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter übertragen.
Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte aufgrund des Übertragungsbeschlusses vom 30. März 2022 gemäß § 153 Abs. 5 SGG über die Berufung des Klägers in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern eine Entscheidung treffen.
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden.
Das Berufungsbegehren des Klägers ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger für die Zukunft die Teilnahme an den ursprünglich bewilligten, von ihm aber noch nicht wahrgenommenen Terminen der IRENA Nachsorgeleistung begehrt, hilfsweise die Gewährung neuer IRENA Nachsorgeleistungen. Dem Kläger selbst sind keine Kosten für die Wahrnehmung solcher Leistungen entstanden, die von der Beklagten erstattet werden könnten.
Die so auszulegende Berufung ist jedoch unbegründet. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Juli 2021 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Fortführung der ursprünglich bewilligten weiteren Termine der IRENA Nachsorgeleistung oder die im Rahmen des Hilfsantrags begehrte Bewilligung einer erneuten IRENA Nachsorgeleistung durch die Beklagte.
Der Kläger hat zunächst keinen Anspruch auf Fortführung der IRENA Nachsorgeleistung aus der ursprünglichen Empfehlung der MediClin Klinik D. für eine Leistung zur Nachsorge nach einer medizinischen Rehabilitationsleistung vom 18. Februar 2019, die von der Beklagten übernommen wurde. Die dort empfohlene IRENA Maßnahme umfasste „24 Termine (somatisch, psychosomatisch) je 90 Minuten, 1 mal pro Woche innerhalb von 12 Monaten“. Nach Ablauf von zwölf Monaten, hier ab dem 18. Februar 2020, hat sich diese Empfehlung aufgrund von Zeitablauf erledigt. Der Kläger kann hieraus keine Rechte mehr für sich ableiten.
Der Kläger hat auch nicht unmittelbar aus § 17 SGB VI einen Anspruch auf Fortsetzung der Teilnahme. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 erbringen die Träger der Rentenversicherung im Anschluss an eine von ihnen erbrachte Leistung zur Teilhabe nachgehende Leistungen, wenn diese erforderlich sind, um den Erfolg der vorangegangenen Leistung zur Teilhabe zu sichern (Leistungen zur Nachsorge). Nach Satz 2 können Leistungen zur Nachsorge zeitlich begrenzt werden. Der Kläger erfüllt nicht mehr die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm, da eine Leistung zur Nachsorge nicht mehr erforderlich ist, um den Erfolg der vorangegangenen Rehabilitationsmaßnahme zu sichern. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung ist bei der vorliegenden allgemeinen Leistungsklage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der Tatsacheninstanz (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 54 Rn. 34). Zur Überzeugung des Senats bestehen keine medizinischen Anknüpfungspunkte dafür, dass der Erfolg der zum 23. November 2018 beendeten Rehabilitationsmaßnahme in der MediClin Klinik D. durch die Teilnahme des Klägers an weiteren IRENA Maßnahmen ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im November 2022 sichergestellt oder auch nur beeinflusst werden könnte. Dies wird bestätigt durch die Stellungnahme des Rehabilitationsträgers vom 25. Januar 2021, wonach ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Rehabilitationsmaßnahme und IRENA Maßnahme nach bereits zum damaligen Zeitpunkt über zwei Jahren seit dem Aufenthalt des Klägers in der Klinik beim besten Willen nicht mehr konstruiert werden könne. Nunmehr knapp vier Jahre nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme leidet der Kläger zwar weiterhin unter körperlichen und seelischen Gesundheitsbeeinträchtigungen, die durch Sport- und Bewegungstherapie sowie Physiotherapie möglicherweise gelindert werden könnten. Die Behandlung seiner andauernden Gesundheitsbeeinträchtigungen obliegt jedoch zuvorderst der Krankenkasse des Klägers. Allein die Tatsache, dass die IRENA Maßnahmen auch heute noch einen positiven Effekt auf den Gesundheitszustand des Klägers hätten, reicht nicht aus, um einen für Leistungen der Nachsorge notwendigen Bezug zu der bereits im November 2018 beendeten Rehabilitationsmaßnahme aufrechtzuerhalten. Auf ein Verschulden des Klägers an der Verhinderung der Teilnahme an den Maßnahmen kommt es nicht an.
Der Kläger kann sich für die Fortführung der Nachsorgeleistung auch nicht auf einen möglichen Anspruch aus Art. 3 GG i.V.m. der Selbstbindung der Verwaltung berufen. Die einschlägigen Verwaltungsvorschriften, welche Bindungswirkung für die Beklagte entfalten, begründen gerade keinen Anspruch des Klägers auf Fortführung der IRENA Maßnahmen. § 17 Abs. 2 SGB VI sieht den Erlass einer gemeinsamen Richtlinie der Träger der Rentenversicherung vor, die insbesondere die Ziele, die persönlichen Voraussetzungen sowie Art und Umfang der Leistungen zur Nachsorge näher ausführt. Die am 31. August 2018 im Bundesanzeiger bekanntgemachte Gemeinsame Richtlinie der Träger der Rentenversicherung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB VI für Leistungen zur Nachsorge vom 28. Juni 2018 sieht in § 6 Abs. 1 vor: „Die Leistungen zur Nachsorge beginnen frühestmöglich, spätestens innerhalb von 3 Monaten nach Abschluss der von den Trägern der Rentenversicherung erbrachten Leistung zur Teilhabe und enden spätestens 12 Monate nach Abschluss der vorangegangenen Leistung zur Teilhabe.“ Aufgrund des Ablaufs der 12-Monats-Frist nach Ende der am 23. November 2018 beendeten Rehabilitationsmaßnahme scheidet ein Anspruch insoweit bereits aus. Auch das Rahmenkonzept zur Nachsorge für medizinische Rehabilitation nach § 15 SGB VI in der Fassung vom 1. Juli 2019 sieht in Ziff. 5.4 vor, dass die Reha-Nachsorgeleistungen grundsätzlich spätestens zwölf Monate nach Ende der medizinischen Rehabilitation abgeschlossen sein sollten. In Anlage 2a zum Rahmenkonzept wurde ein Fachkonzept „IRENA“ entwickelt, welches in der Fassung Stand Januar 2020 in Ziff. 5.1 vorsieht, dass die Versicherten IRENA spätestens innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der vorangegangenen Leistung zur medizinischen Rehabilitation abschließen sollen. Grundsätzlich sei eine Fortführung von IRENA nach kurzfristiger, begründeter Unterbrechung der Teilnahme zulässig. Nach vier Wochen Unterbrechung werde eine Fortsetzung der multimodalen Nachsorge aus medizinisch-therapeutischer Sicht nicht mehr als sinnvoll erachtet. Nach einer durchgehenden Unterbrechung von mehr als sechs Wochen sei die Fortführung von IRENA ausgeschlossen und einem Abbruch gleichzusetzen. In diesem Fall könne eine erneute IRENA erst wieder nach einer weiteren Leistung zur medizinischen Rehabilitation beantragt werden. Danach kann der Kläger weder aus dem Rahmenkonzept noch aus dem Fachkonzept IRENA auf die Beklagte bindende Verwaltungsvorschriften verweisen, die eine Fortführung der IRENA Maßnahmen auch nach Ablauf von zwölf Monaten noch begründen könnten. Für einen möglichen Anspruch aus Art. 3 GG i.V.m. einer Selbstbindung der Verwaltung ist nicht ausreichend, dass die Gewährung der begehrten Leistung in das Ermessen der Beklagten gestellt wird.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Gewährung einer neuen IRENA Nachsorgeleistung im Zusammenhang mit seiner stationären Rehabilitationsmaßnahme vom 30. Oktober bis 23. November 2018. Nachsorgeleistungen erfolgen als reine Annexleistungen im Anschluss an erbrachte Teilhabeleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Anschluss wird durch die Empfehlung im ärztlichen Entlassungsbericht zu der vorhergehenden Teilhabemaßnahme hergestellt, wobei entscheidend der Zusammenhang aufgrund der medizinischen Sachlage ist (Kater, in KassKom, Stand März 2022, § 17 Rn. 4). Ein solcher medizinischer Zusammenhang ist jedoch - wie ausgeführt - knapp vier Jahre nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme nicht mehr gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.