I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 1. Dezember 2021 wird als unzulässig verworfen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für die Zeit von Januar bis Juni 2020.
Die 1967 geborene Klägerin erhält, aufstockend zu einer selbständigen Tätigkeit, seit längerem Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende von dem Beklagten. Während des noch bis 31. Dezember 2019 andauernden vorangegangenen Bewilligungszeitraums warf die Klägerin – offenbar ohne weiteres Anschreiben – Ende Dezember 2019 eine vorläufige Erklärung zu ihrem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 bei dem Beklagten in den Briefkasten.
(Erst) am 17. Februar 2020 beantragte sie förmlich die Weiterbewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt. Der Beklagte bewilligte ihr daraufhin mit Bescheid vom 26. Februar 2020 für den Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Juli 2020 vorläufig Leistungen in Höhe von 271,20 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er ein (voraussichtliches) Erwerbseinkommen in Höhe von monatlich 621,- Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf Dokument Nummer 9 der elektronisch vorgelegten Leistungsakte des Beklagten (im Folgenden: eLA Dok. Nr.) Bezug genommen.
Mit Eingang am 28. Februar 2020 übermittelte die Klägerin (nochmals) die vorläufige Erklärung zu ihrem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020, wobei sie darauf verwies, sie habe diese Unterlagen bereits zuvor eingereicht; auf dem Vordruck befindet sich ein handschriftlicher Vermerk „Eingeworfen 24.12.19“, wobei nicht erkennbar ist, von wem dieser stammt; datiert ist die Erklärung auf den 11. November 2019. Wegen der Einzelheiten wird auf eLA Dok. Nr. 11 ff. verwiesen.
Anschließend legte die Klägerin, anwaltlich vertreten, am 3. März 2020 Widerspruch gegen den Bescheid vom 26. Februar 2020 ein. Dabei beanstandete sie „vorab“, dass Leistungen erst ab 1. Februar 2020 bewilligt worden seien, obwohl sie die Anlage EKS bereits am 24. Dezember 2019 in den Briefkasten des Beklagten eingeworfen habe. Eine weitere Begründung werde nach Akteneinsicht erfolgen. Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27. März 2020 und vom 30. April 2020 trug die Klägerin ergänzend zu der nach ihrer Auffassung bereits am 24. Dezember 2019 erfolgten Antragstellung vor. Auf eLA Dok. Nr. 15, 19, 26 wird Bezug genommen.
In der Folgezeit bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 25. Juni 2020 (eLA Dok. Nr. 30) – nach entsprechendem Weiterbewilligungsantrag vom gleichen Tage und wiederum vorläufig – Leistungen für die Zeit vom 1. August 2020 bis zum 31. Januar 2021.
Auf Anregung des Beklagten, in das laufende Widerspruchsverfahren sogleich die endgültige Leistungsfestsetzung einzubeziehen, legte die Klägerin eine abschließende Erklärung zu ihrem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 vor. Diese wies Betriebseinnahmen in Höhe von insgesamt 3.499,37 Euro und Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 1.897,60 Euro aus. Überdies bat die Klägerin darum, die Bewilligungszeiträume ihren jeweils kalenderhalbjährlichen geschäftlichen Abrechnungszeiträumen anzupassen und dementsprechend die Bewilligung für Juli 2020 dem durch den Bescheid vom 25. Juni 2020 geregelten Zeitraum „zuzuschlagen“. Wegen der Einzelheiten wird auf eLA Dok. Nr. 41 ff. sowie auf die weiteren Schreiben ihres Bevollmächtigten und die mitgereichten Unterlagen (eLA Dok. Nr. 59 f., 65 ff., 69 ff., 74 f., 78 f., 85, 88, 92 ff. – diese ganz überwiegend für den folgenden Bewilligungszeitraum –, 118 f.) Bezug genommen.
Der Beklagte gab daraufhin bei der Fa. D. / M. consult GmbH eine gutachterliche Stellungnahme zur Höhe des anrechenbaren Einkommens der Klägerin, C-Stadt, in Auftrag, die diese unter dem 4. März 2021 erstellte. Danach habe die Klägerin im Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 Einkommen in Höhe von durchschnittlich 350,18 Euro pro Monat erwirtschaftet. Wegen der Einzelheiten wird auf eLA Dok. Nr. 129 verwiesen.
Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 4. Mai 2021 die der Klägerin zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020 endgültig auf monatlich 487,86 Euro fest. Dabei stellte er entsprechend der von ihm eingeholten gutachterlichen Stellungnahme ein monatliches Durchschnittseinkommen in Höhe von 350,18 Euro in die Leistungsberechnung ein. Auf eLA Dok. Nr. 132 wird Bezug genommen.
Die Klägerin machte demgegenüber durch ihren Prozessbevollmächtigten geltend, dass „einige einkommensmindernde Positionen“, insbesondere Aufwendungen für geschäftliche Fahrten, bei der Leistungsbemessung nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Dazu reichte sie ein Photo, das den Kilometerstand des von ihr genutzten Kraftfahrzeugs mit 299.377 km belege, zu den Akten und führte dazu durch ihren Bevollmächtigten aus, sie habe das Auto im Oktober 2002 neu erworben. Daraus errechne sich eine durchschnittliche Jahresleistung von rund 16.183 km. Bei knapp 2.000 geschäftlich gefahrenen Kilometern im ersten Halbjahr 2020 stelle sich die Frage einer höheren Berücksichtigung der KFZ-Kosten hinsichtlich der nicht berücksichtigten KFZ-Versicherung, wobei eine weitere konkrete Eingrenzung des in 2020 gefahrenen Anteils an den 299.377 km noch ausstehe. Auf eLA Dok. Nr. 137 und 146 f. wird verwiesen.
Der Beklagte wies den Widerspruch schließlich durch Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2021 als unbegründet zurück. Die Klägerin habe Gründe, die für eine fehlerhafte Berechnung des Einkommens sprächen, weder dargelegt noch nachgewiesen. Das eingereichte Foto des Kilometerstandes ihres Autos genüge dazu keineswegs.
Der Beklagte übermittelte den Widerspruchsbescheid im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am 14. Juni 2021 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
Die Klägerin hat, vertreten durch diesen, mit Eingang am 19. Juli 2021, einem Montag, Klage zum Sozialgericht Kassel erhoben und „Leistungen in gesetzmäßiger Höhe“ geltend gemacht. Sie hat sich gegen die von dem Beklagten geltend gemachte Verfristung der Klage gewehrt, eine inhaltliche Begründung der Klage hat sie nicht vorgelegt.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2021 abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Nach § 87 Abs. 1, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei die Klage innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des Widerspruchsbescheids einzulegen. Aus § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X folge, dass ein Verwaltungsakt, der im Inland oder Ausland elektronisch übermittelt werde, am dritten Tag nach der Absendung als bekanntgegeben gelte. Ausweislich des vorgelegten Übermittlungsprotokolls habe der Beklagte den Widerspruchsbescheid gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin elektronisch am 14. Juni 2021 übermittelt. Der Widerspruchsbescheid gelte dementsprechend als am 17. Juni 2021 zugestellt. Da die Klage vorliegend erst am 19. Juli 2021 erhoben worden sei, sei sie verfristet.
Das Sozialgericht hat den Gerichtsbescheid im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs am 7. Dezember 2021 an die Beteiligten versandt. Der Beklagte hat noch am gleichen Tage das zugehörige Empfangsbekenntnis abgegeben, der Bevollmächtigte der Klägerin erst am 25. Januar 2022. Er hat sodann mit Eingang am 25. Februar 2022 für die Klägerin Berufung zum Hessischen Landessozialgericht eingelegt und beantragt, das Verfahren an das Sozialgericht zurückzuverweisen. Die Klage sei nicht verfristet gewesen, da der 17. Juli 2021 ein Sonnabend gewesen und die Klagefrist daher erst am folgenden Montag abgelaufen sei. Eine inhaltliche Begründung oder eine Präzisierung, aus welchem Grund und in welchem Umfang weitere Leistungen geltend gemacht werden, hat er trotz Erinnerung und Fristsetzung nicht vorgelegt. Die Klage solle erst [nach der beantragten Zurückverweisung] im ersten Rechtszug begründet werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 1. Dezember 2021 aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte hat sich inhaltlich nicht geäußert.
Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 18. August 2022 auf der Grundlage von § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, die Klägerin durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. Oktober 2022, der Beklagte mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2022.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der in elektronischer Form vorliegenden Leistungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist bereits unzulässig, könnte aber auch in der Sache keinen Erfolg haben.
I. Die Entscheidung kann durch den sogenannten kleinen Senat und ohne mündliche Verhandlung ergehen.
Der Senat hat die Berufung durch Beschluss vom 18. August 2022 auf den Berichterstatter übertragen, der gemeinsam mit den beiden ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 SGG).
Beide Beteiligte haben überdies ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) erklärt; der Senat sieht auch bei Ausübung des ihm insoweit zustehenden Ermessens keinen hinreichenden Anlass, eine mündliche Verhandlung (dennoch) durchzuführen.
Zwar ist (bereits) der Umfang und damit der Wert des Beschwerdegegenstandes ebenso unklar wie es an einer Konkretisierung und Substantiierung möglicher Fehler des angegriffenen Bescheides fehlt. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass diesbezüglich im Rahmen einer mündlichen Verhandlung noch eine substantielle Klärung hätte erfolgen können, die dem Rechtsschutzbegehren der Klägerin (möglicherweise) zum Erfolg hätte verhelfen können: Vielmehr hat die anwaltlich vertretene Klägerin eine inhaltliche Begründung der Berufung – wie schon der Klage – nicht vorgelegt. In diesem Zusammenhang hatte der Senat sie durch Schreiben des Berichterstatters vom 1. Juni 2022 unter Hinweis auf die Rechtsfolgen aus § 106a Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG aufgefordert, die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühle, und auf fortbestehende und bereits im Rahmen eines Schreibens vom 29. März 2022 erläuterte Bedenken hinsichtlich der Statthaftigkeit der Berufung hingewiesen. Nachdem die Klägerin demgegenüber durch Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 11. August 2022 (nur) geltend gemacht hatte, die Klage solle [nach der beantragten Zurückverweisung] im ersten Rechtszug begründet werden, hat der Berichterstatter durch Schreiben vom 18. August 2022 nochmals zur Berufungsbegründung aufgefordert, da eine Zurückverweisung deren Statthaftigkeit voraussetze und eine Begründung auch mit Blick auf die Ermessensentscheidung, die hinsichtlich einer Zurückverweisung gegebenenfalls zu treffen wäre, angezeigt erscheine.
Hätte die Klägerin (erst) im Rahmen einer möglichen mündlichen Verhandlung hierzu vorgetragen, wäre es aller Voraussicht nach zu einer Verzögerung des Rechtsstreits gekommen: Eine sofortige Überprüfung erst im Termin erfolgenden Vorbringens und gegebenenfalls zu dessen Beleg mitgebrachter Unterlagen noch in der mündlichen Verhandlung und eine daran anknüpfende sichere Überzeugungsbildung hinsichtlich eines höheren Anspruchs erscheint gerade angesichts der Komplexität der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, die den Hintergrund des hiesigen Rechtsstreits bilden, als praktisch ausgeschlossen. Der Rechtsstreit hätte daher vertagt werden müssen, so dass die für den Regelfall vorgesehene Erledigung des Rechtsstreits in einer mündlichen Verhandlung (§ 106 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG) sich nicht hätte realisieren lassen; gerade mit Blick auf diese gesetzliche Vorgabe hatte der Berichterstatter im Übrigen im Vorfeld einer möglichen mündlichen Verhandlung wiederholt zur Begründung der Berufung und zur Darlegung der Umstände, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren die Klägerin sich beschwert fühlt, aufgefordert.
Dies ist nicht geschehen; weder Widerspruch noch Klage noch Berufung sind in der Sache substantiiert begründet worden; vor diesem Hintergrund sind Gründe, welche die Verspätung genügend hätte entschuldigen können, nicht ansatzweise erkennbar. Die Klägerin wäre daher mit entsprechendem Vorbringen auf der Grundlage von § 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 106a Abs. 1, Abs. 3 SGG präkludiert, so dass trotz der fehlenden Klärung des Sachverhalts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten erschien.
II. Gegenstand des Verfahrens ist – neben dem angegriffenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 1. Dezember 2021 – der Anspruch der Klägerin auf höhere Leistungen für die Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2020. Der Beklagten hat hierzu zunächst eine vorläufige Entscheidung vom 26. Februar 2020 erlassen, die sich allerdings auf die Zeit vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Juli 2020 bezog. Diese vorläufige Entscheidung hat sich für die Zeit bis zum 30. Juni 2020 durch den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 4. Mai 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2021, der vor ihrer möglichen Wandlung in eine fiktive endgültige Festsetzung auf der Grundlage von § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II ergangen ist, auf sonstige Weise im Sinne von § 39 Abs. 2 SGB X erledigt. Für die Zeit bis zum 30. Juni 2020 kann aus diesem Grunde nur noch dieser endgültige Festsetzungsbescheid (tauglicher) Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sein.
Für Januar 2020 ist eine Regelung ohnehin erst durch den Bescheid vom 4. Mai 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2021 erfolgt.
Der Senat geht schließlich nicht davon aus, dass auch die Leistungen für Juli 2020 Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind: Die Klägerin hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie eine zeitliche Koordinierung ihrer kalenderhalbjährlichen geschäftlichen Abrechnungszeiträume mit den Leistungsbewilligungszeiträumen wünscht; damit korrespondiert der Zeitraum der endgültigen Festsetzung im Bescheid vom 4. Mai 2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2021. Es ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar, dass die Klägerin auch die Leistungen für Juli 2020 zum Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits hätte machen wollen.
Ausgehend von diesem Gegenstand des Verfahrens beschränkt sich das von der anwaltlich vertretenen Klägerin unmittelbar im Berufungsverfahren verfolgte Ziel auf die Zurückverweisung des Rechtsstreits in die erste Instanz. Das ergibt sich deutlich sowohl aus dem im Berufungsschriftsatz vom 25. Februar 2022 formulierten Berufungsantrag als auch aus den weiteren Schriftsätzen ihres Prozessbevollmächtigten vom 11. August 2022 und vom 14. Oktober 2022.
III. Die Berufung ist bereits unzulässig, weil sich ihre Statthaftigkeit nicht feststellen lässt.
Sofern die Klage Geld-, Dienst- oder Sachleistungen oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, ist sie von Gesetzes wegen (nur) statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,- Euro übersteigt oder sie wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGG). Andernfalls bedarf sie der Zulassung durch das Sozialgericht oder, auf Nichtzulassungsbeschwerde, durch das Landessozialgericht.
Die Berufung ist zunächst nicht von Gesetzes wegen statthaft. Es ist weder anhand des Vorbringens der Klägerin im Widerspruchs-, Klage- oder Berufungsverfahren noch anhand der Akten auch nur der Größenordnung nach feststellbar, in welchem Umfang sie weitere Leistungen geltend macht beziehungsweise – korrespondierend – in welchem Umfang sie die angegriffene Entscheidung des Beklagten für unzutreffend hält.
Bleibt der Wert des Beschwerdegegenstandes aber trotz diesbezüglicher Aufklärungsbemühungen des Gerichts, wie sie hier durch die Schreiben des Berichterstatters vom 29. März 2022, vom 1. Juni 2022 und schließlich vom 18. August 2022 erfolgt sind, unklar, geht dies zu Lasten der Rechtsmittelführerin, (jedenfalls) wenn die verbleibende Unklarheit auf fehlenden konkreten Vortrag ihrerseits zurückgeht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 8. Januar 2013 – L 11 AS 526/12 –, juris, Rn. 50; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 15b; Wehrhahn, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 144 – Stand: 15. Juni 2022 – Rn. 26).
Ausgehend von diesen Maßstäben kann die Berufung vorliegend nicht als statthaft angesehen werden: Es ist weder anhand des – gerade nicht gehaltenen – Vorbringens von Seiten der Klägerin noch ohne Weiteres anhand der Akten ersichtlich, dass und welche Fehler der angegriffene Bescheid aufweisen könnte. Das gilt umso mehr, als der Beklagte bereits durch den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 4. Mai 2021 Leistungen auch für Januar 2020 bewilligt hatte, so dass der diesbezüglichen Beschwer der Klägerin aus der vorläufigen Entscheidung abgeholfen war. Hinsichtlich der Leistungshöhe hat sie nur angedeutet, dass möglicherweise noch Aufwendungen für die Kraftfahrzeugversicherung bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens abzusetzen seien. Ein konkreter Fehler wird aus dem Vorbringen jedoch nicht nachvollziehbar, umso weniger, dass sich daraus ein ausreichender Wert des Beschwerdegegenstandes ergeben könnte. Sonstige Fehler sind nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich.
Auch die danach notwendige Zulassung der Berufung ist vorliegend nicht erfolgt. Namentlich kann die Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts im angegriffenen Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2021, die von einer Statthaftigkeit der Berufung von Gesetzes wegen ausgeht, anerkanntermaßen nicht als Zulassung der Berufung gewertet werden (vgl. nur BSG, Urteil vom 4. Juli 2018 – B 3 KR 14/17 R –, juris, Rn. 15; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 144 Rn. 40). Auch ist es dem Senat verwehrt, im Berufungsverfahren selbst die Zulassung auszusprechen. Dies wäre nur im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gegen deren Nichtzulassung nach § 145 SGG möglich. Eine dahingehende Umdeutung der von der Klägerin, anwaltlich vertreten, ausdrücklich als solche erhobene Berufung kommt nicht in Betracht (vgl. in diesem Sinne – sogar bei nicht rechtskundig vertretenen Beteiligten – BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 – B 1 KR 25/01 R –, SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 Rn. 12 ff.; Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, Vor § 143 Rn. 15c).
Im Ergebnis ist die Berufung wegen ihrer nicht feststellbaren Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen.
Es kann daher offenbleiben, ob die Berufung möglicherweise überdies verfristet ist, was hier auf Grund der erkennbar verzögerten Rückgabe des Empfangsbekenntnisses zumindest im Raum steht. Die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis setzt zwar auch bei Übermittlungen im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ein sogenanntes voluntatives Element voraus; sie ist daher grundsätzlich erst bewirkt, wenn der Empfänger bereit ist, die Zustellung entgegenzunehmen. Es wäre aber zu prüfen, ob es hierfür unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben und auf Grund der Stellung der Rechtsanwälte als Organe der Rechtspflege Grenzen gibt, wenn die Abgabe des Empfangsbekenntnisses ohne nachvollziehbaren Grund über mehrere Wochen hinausgezögert und die Berufungsfrist auf diese Weise de facto auf über zweieinhalb Monate ausgedehnt wird.
IV. Die Berufung könnte aber darüber hinaus auch in der Sache keinen Erfolg haben.
1. Die Klage war und ist bereits unzulässig.
a) Die am 19. Juli 2021 erhobene Klage dürfte zwar, wie die Klägerin insoweit zu Recht geltend macht, nicht verfristet gewesen sein: Der Beklagte hat den Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2021 am gleichen Tage im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs an den anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin übermittelt. Der Bescheid galt, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, daher nach § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X drei Tage später, mithin am 17. Juni 2021, als bekanntgegeben. Da der 17. Juli 2021 allerdings ein Sonnabend war, endete die einmonatige Klagefrist (§ 87 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 SGG) am Montag, den 19. Juli 2021 (§ 64 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 SGG).
b) Die Klage war jedoch nicht hinreichend bestimmt. Die Bestimmung des Klagebegehrens obliegt im Rahmen des Dispositionsgrundsatzes (allein) der Aktivpartei; dies kann nicht durch das Gericht oder auf Grund von vom Willen der Klägerin unabhängigen, objektiven Umständen ersetzt werden. Nach § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG muss daher der Kläger beziehungsweise die Klägerin den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen, auch wenn § 92 Abs. 1 Satz 3 SGG hinsichtlich des von Klägerseite zu stellenden Antrags nur einer Sollregelung enthält.
Die Klägerin musste vor diesem Hintergrund als Voraussetzung einer zulässigen Klage ihr Begehren angeben, wenn auch, selbst bei anwaltlicher Vertretung, nicht rechtlich konkret fassen. So muss bei einem Leistungsantrag, damit das Gericht und die anderen Beteiligten wissen, worüber zu entscheiden ist, die begehrte Leistung, soweit wie möglich, konkretisiert werden (vgl. B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 92 Rn. 8).
Das verlangt selbstverständlich keine bezifferten Angaben, insbesondere musste die Klägerin nicht berechnen, welche Auswirkungen vermeintliche oder tatsächliche Fehler im Bewilligungsbescheid auf die Leistungshöhe im Einzelnen haben, wie sich schon aus der Möglichkeit einer Entscheidung durch Grundurteil im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG und eines hierauf gerichteten Antrags ergibt. Es muss aber zumindest in Umrissen erkennbar sein, inwiefern die angegriffene Bewilligung in Frage gestellt wird. Das ist hier nicht geschehen: Eine inhaltliche Begründung der Klage, und sei sie noch so rudimentär, oder auch nur eine Bezeichnung der Gesichtspunkte und des Umfangs, aus denen erkennbar würde, in welchem Umfang sie den Bescheid angreift, hat die Klägerin weder in erster noch auch jetzt in zweiter Instanz vorgelegt, so dass nicht einmal sicher ist, für welche Monate (oder für alle) sie den Bescheid beanstandet. Da dies auch im Berufungsrechtszug nicht geschehen ist, kann offenbleiben, inwiefern diesbezüglich eine Heilung möglich wäre.
2. Vor diesem Hintergrund ist im Übrigen auch nicht erkennbar, dass die Klage in der Sache Erfolg haben könnte. Auch die Voraussetzungen einer Zurückverweisung liegen, worauf abschließend hinzuweisen ist, vor diesem Hintergrund nicht vor. Diese kommt zwar nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG in Betracht, wenn das Sozialgericht die Klage abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Die Zurückverweisung setzt aber immer eine Ermessensentscheidung des Berufungsgerichts voraus und erfolgt nur im Ausnahmefall (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig u.a., SGG – Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 159 Rn. 5a). Daher ist, insbesondere wenn der Rechtsstreit spruchreif ist, von einer Zurückverweisung Abstand zu nehmen; das gilt auch, wenn auf Grund fehlender Ausführungen von Klägerseite die Klage mit Rücksicht auf die materielle Beweislast keinen Erfolg haben kann und die Sache aus diesem Grund entscheidungsreif ist.
Ob eine Zurückverweisung geboten oder auch nur möglich ist, lässt sich daher ohne jedenfalls grobe Darlegung der Gründe, aus denen die Klägerseite von einem Anspruch auf höhere Leistungen ausgeht, nicht entscheiden, sofern diese nicht ohne Weiteres anhand der Akten ersichtlich sind. Wegen ihres Ausnahmecharakters wäre daher, selbst wenn die Berufung zulässig wäre, von einer Zurückverweisung abzusehen.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei sind auch unter Veranlassungsgesichtspunkten keine Gründe erkennbar, den Beklagten zu einer auch nur teilweisen Übernahme der Kosten der Klägerin zu verpflichten.
VI. Die Revision ist nicht zuzulassen. Keiner der in § 160 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe liegt vor.