Aus dem Umstand, dass bei einer Nachzahlung von Grundsicherungsleistungen, die grundsätzlich nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII nicht zum Einkommen im Sinne des SGB XII gehören, ergibt sich nicht, dass auch das Vermögen, das aus der Nachzahlung stammt, generell nicht einzusetzen ist oder generell eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt. Denn für den Einsatz des Vermögens nach § 90 SGB XII ist dessen Herkunft grundsätzlich unerheblich (siehe BSG Urteil vom 30. April 2020 – B 8 SO 12/18 R – juris). Dies gilt umso mehr, wenn wie im hier zu entscheidenden Fall zwischen der Gutschrift einer Nachzahlung einer Sozialleistung und dem streitigen Zeitraum für eine (andere) Sozialleistung ein längerer Zeitraum (hier 12 Monate) vergangen ist, in dem der Hilfesuchende eventuell aufgelaufene Zahlungen/Investitionen hätte nachholen können.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Streitig ist die Gewährung von Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für den für den Zeitraum vom 01.07.2021 bis 28.02.2022
I.
Der 1937 geborene Kläger bezieht von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Altersrente (im streitigen Zeitraum in Höhe von monatlich 518,72 Euro, vgl. Bescheid vom 14.01.2021, Bl. 129 VA Bd. 3). Seit 01.08.2018 ist beim Kläger ein Pflegegrad 4 festgestellt. Er bezog bis einschließlich 30.06.2021 vom Beklagten Leistungen der Hilfe zur Pflege. Parallel erhielt er Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Mit Bescheid vom 07.05.2020 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für den Zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.06.2021 bewilligt und ausgeführt, dass die Leistungen für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 aufgrund des § 141 SGB XII (Übergangsregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie) gewährt würden (Bl. 247 VA). Der Kläger erhielt deswegen eine Nachzahlung der bislang noch nicht gewährten Leistungen vom Beklagten. Diese Nachzahlung (5.492,93 Euro) war am 11.05.2020 auf dem Konto des Klägers (Kontonummer xxx03 bei der H1 V1) gutgeschrieben worden (Bl. 5 VA).
Mit Bescheid vom 30.09.2020 hatte der Beklagte dem ambulant gepflegten Kläger mit einem festgestellten Pflegegrad 4 Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 und § 63 SGB XII für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 gewährt.
Am 26.04.2021 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung dieser Leistungen der ambulanten Pflege beim Beklagten. Seinem Antrag fügte er u.a. aktuelle Kontoauszüge bei. Aus diesen ergab sich ein Kontostand zum 31.03.2021 von 10.369,67 Euro (Bl. 229 VA).
Mit Bescheid vom 21.06.2021 lehnte der Beklagte den Antrag auf Leistungen zur ambulanten Pflege für den Zeitraum ab 01.07.2021 ab (Bl. 287 VA). Der Kläger verfüge ausweislich der vorliegenden Unterlagen über ein verwertbares Vermögen von 10.369,67 Euro. Diese Vermögen überschreite die maßgebliche Vermögensfreigrenze von 5.000,00 Euro. Mit dem übersteigenden Vermögen könne der Kläger seinen Bedarf selbst decken.
Gegen diesen Bescheid lies der Kläger am 29.06.2021 Widerspruch erheben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die ausgezahlte Nachzahlung kein anzurechnendes Vermögen darstelle. Eine Anrechnung der Nachzahlung als Einkommen scheide gemäß § 82 SGB XII aus, somit könne auch kein Vermögen daraus generiert werden.
Diesen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.2021 als unbegründet zurück Der Kläger habe nachweislich zum Zeitpunkt der Ablehnung des Antrags über ein Guthaben von mehr als 10.000,- Euro auf dem Konto xxx03 bei der H1 V1 verfügt, welches zum 01.09.2021 immer noch einen Kontostand von 8.363,28 Euro aufgewiesen habe. Der Kläger sei zwar pflegebedürftig und auf ambulante Pflegeleistungen angewiesen. Diese Leistung könne er aber aus dem ihm zu Verfügung stehenden Mitteln selbst aufbringen. Dass sich diese Mittel teilweise aus einer Nachzahlung im Rahmen von Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII zusammensetzten, stehe der Zumutbarkeit der Aufbringung dieser Mittel nicht entgegen. Zwar stelle nach § 82 Abs. 1 SGB XII die Nachzahlung kein Einkommen dar, sie werde aber nach Ablauf des Zuflussmonats als nicht verbrauchter Zufluss jedoch Vermögen. Eine § 82 Abs. 1 SGB XII entsprechende Ausnahme für Vermögen, welches aus Leistungen nach dem SGB XII resultiere, bestehe nicht. Das Vermögen des Klägers unterfalle auch keinem der in § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8 SGB XII genannten Ausnahmetatbestände. Der dem Kläger auf Grundlage von § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zustehende Freibetrag nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII betrage 5.000,00 Euro. Dieser werde eindeutig überschritten. Eine besondere Härte sei ebenfalls nicht gegeben. Für die Anwendung des § 90 Abs. 3 SGB XII sei die Herkunft des Vermögens grds. unerheblich. Anders könne dies z.B. aber sein, wenn das Vermögen dem gleichen Zweck zu dienen bestimmt sei wie die laufende Zahlung selbst. Entscheidend sei also, ob die nachgezahlten Grundsicherungsleistungen durch die Ansparung ihre Funktion verlören. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII diene Personen, welche die Altersgrenze erreicht hätten oder wegen Erwerbsminderung auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden seien und ihren Lebensunterhalt nicht selbstständig bestreiten könnten. Mit den Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII solle dementsprechend der grundlegende Bedarf für den Lebensunterhalt sichergestellt werden. Die nachgezahlten Grundsicherungsleistungen könnten diesen Zweck nur für einen temporären Zeitraum erfüllen. Insbesondere nämlich solange, bis etwaige Rückstände wie beispielsweise offene Forderungen aus Mietzahlungen, Nebenkosten etc. beglichen seien und dementsprechend die weitere Lebensführung gesichert sei. Nach der Bewilligung laufender Leistungen werde dieser Zweck durch laufende Zahlungen abgegolten, so dass ein Rückgriff auf die geleistete Nachzahlung zur Bestreitung der Existenzsicherung gerade nicht erforderlich sei. Dementsprechend erfüllten die angesparten, nachgezahlten Grundsicherungsleistungen nicht mehr den gleichen Zweck, welche die laufenden Auszahlungen bewirkten. Die Nachzahlung der Grundsicherungsleistungen aufgrund des Bescheids vom 07.05.2020 sei am 11.05.2020 erfolgt und die Ablehnung der Weiterbewilligung der Leistungen der ambulanten Pflege am 21.06.2021 und damit fast 14 Monate später. Dennoch sei der Nachzahlungsbetrag auf dem Konto des Klägers noch vorhanden. Ihm sei genug Zeit eingeräumt worden, um die angesparten nachgezahlten Grundsicherungsleistungen zu verbrauchen und dementsprechend ein ausreichender zeitlicher Spielraum in Bezug auf seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit.
Hiergegen hat der Kläger am 30.09.2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erheben lassen. Man sei über die Entscheidung des Beklagten regelrecht entsetzt. Nachdem dieser die SGB XII-Anträge fast ein Jahr nicht verbeschieden habe, seien nach Intervention der Berufsbetreuerin die Leistungen nach dem SGB XII nachgezahlt worden. Aus dieser Nachzahlung meine nunmehr der Beklagte, er könne in Folgezeiträumen Vermögen generieren. Es sei aber rechtstaatlich nicht hinnehmbar, wenn der Hilfeträger über einen längeren Zeitraum keine Hilfe leiste, obwohl ein Anspruch bestanden habe, um nach festgestellter Nachzahlungsverpflichtung die ausgezahlte Sozialhilfe wieder als Vermögen berücksichtigen zu können.
Der Beklagte ist dem Begehren des Klägers entgegen getreten und hat erneut ausgeführt, dass vorliegend Vermögen vorhanden gewesen sei. Auf die Herkunft des Vermögens komme es grds. nicht an und vorliegend liege auch keine besondere Härte vor. Dies ergebe sich schon daraus, dass zwischen der Nachzahlung und der entsprechenden Anrechnung als Vermögen ein nicht unerheblicher Zeitraum vergangen sei.
Am 20.10.2021 hat der Kläger beim Beklagten die Weiterbewilligung von Leistungen der Hilfe zur Pflege ab 01.01.2022 beantragt (Bl. 447 VA). Auch diesem Antrag waren Kontoauszüge des Kontos des Klägers bei der H1 V1 (KontoNr. xxx03) beigefügt. Danach hat der Kontostand zum 01.09.2021 8.363,25 Euro (Bl. 459 VA) und zum 01.12.2021 8.288,35 Euro (Bl. 493 VA) betragen.
Der Beklagte hat daraufhin diesen Antrag mit Bescheid vom 04.01.2022 (Bl. 531 VA) abgelehnt. Der Kläger verfüge über den Schonbetrag von 5.000, 00 Euro übersteigendes verwertbares Vermögen.
Den gegen diesen Bescheid vom Kläger am 17.01.2022 erhobenen Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2022 zurückgewiesen (Bl. 587 VA). Der Kläger verfüge nach wie vor über vorrangig zu verwertendes Vermögen, das den Freibetrag übersteige. Das Vermögen des Klägers unterfalle auch keinem der in § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 8, Abs. 3 SGB XII genannten Ausnahmetatbestände. Vorhandenes, zu verwertendes und verwertbares Vermögen sei so lange zu berücksichtigen, wie es vorhanden sei. In Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage hierfür scheide mithin ein sogenannter fiktiver Vermögensverbrauch aus, weshalb im vorliegenden Fall das Vermögen zum Ersten eines jeden Monats in tatsächlich vorhandener Höhe anzusetzen gewesen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 03.03.2022 ebenfalls Klage zum Sozialgericht Mannheim erhoben (- S 8 SO 435/22 -).
Das SG hat mit Beschluss vom 23.09.2022 die Verfahren S 8 SO 2356/21 und S 8 SO 435/22 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 8 SO 2356/21 verbunden.
Am 04.05.2022 hat der Kläger erneut beim Beklagten Leistungen der Hilfe zur Pflege beantragt. Diesem Antrag hat er wieder aktuelle Kontoauszüge beigefügt, aus denen sich ein Kontostand von 5.543,65 Euro zum 01.03.2022 und von 3.539,89 Euro zum 01.04.2022 (Bl. 77, 81 VA Bd 4) ergeben hat.
Der Beklagte hat daraufhin dem Kläger mit Bescheid vom 13.06.2022 Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 und § 63 SGB XII für den Zeitraum vom 05.05.2022 bis 30.06.2023 gewährt (Bl. 115 VA). Mit Bescheid vom 20.07.2022 hat der Beklagte dann dem Kläger Leistungen der Hilfe zur Pflege nach § 61 und § 63 SGB XII für den Zeitraum vom 01.03.2022 bis 04.05.2022 gewährt. Da ab 01.03.2022 noch ein den Betrag von 5.000 Euro um 543,65 Euro übersteigendes Vermögen, welches insoweit einzusetzen sei, bestehe, werde der Restbedarf durch den Beklagten erbracht. Ab dem 01.04.2022 bestehe kein vorrangiges einzusetzendes Vermögen mehr (Bl. 211 VA).
Das SG hat nach mündlicher Verhandlung die Klage mit Urteil vom 13.10.2022 abgewiesen und die Sprungrevision nicht zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht zu beanstanden seien. Der Kläger habe im hier streitigen Zeitraum vom 01.07.2021 bis 28.02.2022 keinen Anspruch auf die begehrten Leistungen.
Nach § 61 Satz 1 SGB XII hätten Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a SGB XII seien, Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten sei, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII aufbringen. Die Entscheidung der Pflegekasse über den Pflegegrad sei hierbei für den Träger der Sozialhilfe bindend, soweit sie auf Tatsachen beruhe, die bei beiden Entscheidungen zu berücksichtigen seien (vgl. § 62a Satz 1 SGB XII). Nach § 19 Abs. 3 SGB XII würden Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII nur geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet seien, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten sei. Für den Einsatz des Einkommens seien die §§ 82 ff. SGB XII und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 ff. SGB XII zu beachten. Gemäß dem als Regelung des Elften Kapitels in Bezug genommenen § 90 Abs. 1 SGB XII sei das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Ausnahmen hiervon regelten § 90 Abs. 2 und 3 SGB XII.
Orientiert an diesen Vorgaben seien vorliegend die zu einer Leistungsgewährung von Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII führenden Voraussetzungen für den streitigen Zeitraum beim Kläger nicht gegeben. In diesem Zeitraum hätten dem mit Pflegegrad 4 pflegebedürftigen Kläger bei einem Kontoguthaben am 02.08.2021 von 8.831,88 Euro und am 01.02.2022 von immer noch 8.716,14 Euro bereite Mittel zur Deckung der benötigten Leistungen der Hilfe zur Pflege mit monatlichen Rechnungen des ambulanten Pflegedienstes im streitgegenständlichen Zeitraum von 2.466,42 Euro bis 2.830,80 Euro zur Verfügung gestanden, wobei er am 17.02.2022 die Rechnung vom Februar 2022 in Höhe 2.728,75 Euro aus seinem Vermögen beglichen habe. Demnach habe er den Vermögensschonbetrag von 5.000,- Euro übersteigendes verwertbares sowie seinen Hilfebedarf deckendes Vermögen gehabt, ohne dass einer der Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 8, Abs. 3 SGB XII einschlägig gewesen wäre. Das SG hat weiter ausgeführt, dass vorliegend insbesondere kein Fall des § 90 Abs. 3 SGB XII vorliege und hat hierzu zunächst gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die ausführliche und überzeugende Begründung der Widerspruchsbescheide vom 27.09.2021 und 22.02.2022 verwiesen. Ergänzend hat es ausgeführt, dass nicht schon allein deshalb, weil die Nachzahlung nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII nicht zum Einkommen im Sinne des SGB XII gehöre, mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für Vermögen nicht die Annahme gerechtfertigt sei, dass auch Vermögen, das aus der Nachzahlung stamme, generell nicht einzusetzen sei oder generell eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstelle. Der Kläger berücksichtigte bei seinem Hinweis auf eine BSG-Entscheidung und Kommentarfundstelle dementsprechend nicht, dass vorliegend der entscheidende Gesichtspunkt gerade darin liege, dass ein erheblicher Zeitraum seit der Nachzahlung am 11.05.2020 hinsichtlich des streitgegenständlichen Zeitraums ab Juli 2021 vergangen sei und dementsprechend die der Nachzahlung zugrundeliegende, gerade nicht unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gezahlte Grundsicherungsleistung ihre zeitabschnittsweise existenzsichernde Funktion verloren habe, weshalb dessen Einsatz und Verwertung als Vermögen nach Auffassung der Kammer für den Kläger auch keine Härte i. S. d. § 90 Abs. 3 SGB XII bedeute. Im Übrigen bestehe, solange vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliege und den monatlichen Bedarf übertreffe, keine Hilfebedürftigkeit. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigendes Vermögen stehe, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet worden sei, einem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt habe. Eine fiktive Vermögensberechnung sei nicht zulässig und scheide mithin ein sogenannter fiktiver Vermögensverbrauch aus.
Gegen das seinem Bevollmächtigten am 03.11.2022 gegen elektronischem Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.11.2022 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen. Zur Begründung trägt der Kläger vor, dass streitig vorliegend sei, ob aus nachgezahlter Sozialhilfe Vermögen im nächsten Bewilligungszeitraum gebildet werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne die Herkunft des Vermögens dieses in Einzelfällen so prägen, dass seine Verwertung eine Härte darstellen könne. Es wäre rechtsstaatlich vorliegend nicht hinnehmbar, wenn der Beklagte über einen längeren Zeitraum keine Hilfe leistet, obwohl ein Anspruch bestanden habe, um nach festgestellter Nachzahlungsverpflichtung die ausgezahlte Sozialhilfe wieder als Vermögen berücksichtigen zu können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 13. Oktober 2022 sowie die Bescheide des Beklagten vom 21. Juni 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 2021 sowie vom 4. Januar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 2022 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Juli 2021 bis 28. Februar 2022 Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf die Ausführung der angefochtenen Entscheidung und trägt weiter vor, dass vorliegend v.a. zu berücksichtigen sei, dass ein erheblicher Zeitraum seit der Auszahlung der nachträglich gewährten Sozialhilfe verstrichen sei und daher diese ihre zeitabschnittsweise existenzsichernde Funktion nicht mehr erfülle. Eine Härte i.S.d. § 90 Absatz 3 SGB XII liege daher nicht vor.
Mit Beschluss vom 29.03.2023 hat der Senat den Antrag des Klägers vom 08.11.2022 auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Berufungsverfahren wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Weiterer Vortrag ist von Klägerseite danach nicht erfolgt.
Mit Schreiben vom 30.03.2023 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt sei, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.
Das angefochtene Urteil des SG vom 13.10.2022 und der Bescheid des Beklagten vom 21.06.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.09.2021 sowie der Bescheid vom 04.01.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.02.2022 sind rechtmäßig. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte für den Zeitraum vom 01.07.2021 bis 28.02.2022 zu Recht die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII wegen übersteigendem Vermögen abgelehnt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die vom Kläger begehrte Hilfe zur Pflege in Form der Übernahme der Kosten für einen ambulanten Pflegedienst und die Regelungen zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen auf diese Leistungen (vgl. §§ 61 ff. SGB XII i.Vm. §§ 19 Abs. 3, 82 ff, hier insbesondere § 90 SGB XII) dargestellt und zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen dieser Norm hier nicht gegeben sind. Die §§ 61 ff. SGB XII setzen nämlich neben dem Vorliegen der Pflegebedürftigkeit - die beim Kläger im streitigen Zeitraum gegeben war - als zweite Voraussetzung das Vorliegen der Hilfebedürftigkeit voraus. Die Hilfe zur Pflege erfordert also mithin entsprechend dem Nachranggrundsatz der Sozialhilfe gemäß § 2 SGB XII die finanzielle Bedürftigkeit des Pflegebedürftigen. Diese ist nach § 61 SGB XII nur dann gegeben (hier wird wortgleich § 19 Abs. 3 SGB XII wiederholt), wenn die Tragung der benötigten Mittel aus eigenem Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen selbst sowie seines nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners unzumutbar ist. Dies ist hier nicht der Fall, denn der Kläger verfügte im streitigen Zeitraum über Vermögen, dass vorrangig einzusetzen war.
Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.
Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Vortrag im Berufungsverfahren. Der Kläger verfügte nach Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum über vorrangig einzusetzendes verwertbares Vermögen.
Gem. § 90 Abs. 1 SGB XII ist hier das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen, wobei die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden darf vom Einsatz oder von der Verwertung kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte, dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen (§ 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII). Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (in der bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung) waren kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte für jede volljährige Person im streitgegenständlichen Zeitraum 5.000,00 Euro.
Das Guthaben des Klägers auf seinem Girokonto (Kontonummer xxx03) bei der H1 V1 hat diesen Betrag durchgehend ab der Antragstellung bis zum 28.02.2022 überschritten (vgl. Kontostand zum 31.03.2021 10.369,67 Euro [Bd. III VA Bl. 229], zum 02.08.2021 8.363,25 Euro [Bl. 327], zum 01.09.2021 8.636,25 Euro [Bl. 461], zum 02.11.2021 8.752,47 Euro [Bl. 497], zum 30.11.2021 8.288,35 Euro [Bl. 501], zum 31.12.2021 8511,32 Euro [Bl. 541], zum 01.02.2022 8.716,14 Euro [Bd. IV VA Bl. 77] und zum 01.03.2022 5.543,65 Euro [Bl. 93]). Die Kosten für den ambulanten Pflegedienst haben durchschnittlich etwa 2.600,00 Euro pro Monat betragen. Im Übrigen besteht, solange vorhandenes und nach Abzug der Freibeträge zu berücksichtigendes Vermögen vorliegt und den monatlichen Bedarf übertrifft, keine Hilfebedürftigkeit. Nach § 90 Abs. 1 SGB XII zu berücksichtigendes Vermögen steht, soweit und solange es (noch) nicht eingesetzt oder verwertet wurde, einem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII auch dann entgegen, wenn es nicht den Bedarf für den gesamten Bedarfszeitraum gedeckt hätte. Eine fiktive Vermögensberechnung ist nicht zulässig und scheidet mithin ein sogenannter fiktiver Vermögensverbrauch aus. Ab dem 01.03.2022 sind dem Kläger dann Leistungen der Hilfe zur Pflege gewährt worden.
Soweit der Kläger hier vorträgt, dass dieses Vermögen im Wesentlichen aus einer am 11.05.2020 für den Zeitraum Juli 2019 bis Mai 2020 erhaltenen Nachzahlung von Grundsicherungsleistungen des Beklagten in Höhe von 5.492,91 Euro bei einem Kontoguthaben am 04.05.2020 von 2.336,24 Euro stamme, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat kann im vorliegenden Fall - wie auch schon das SG - keine besondere Härte erkennen, die nach § 90 Abs. 3 SGB XII den Einsatz oder die Verwertung eines Vermögens ausnahmsweise entfallen lassen würde. Eine solche Fallgestaltung kann z.B. vorliegen, wenn sie zwar von den Regelfällen des Verwertungsausschlusses in § 90 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 SGB XII nicht erfasst wird, diesen aber nach den daraus abzuleitenden Wertungen und Zielen gleichzusetzen ist.
Wie auch das SG geht der Senat entgegen der Auffassung der Klägerseite nicht davon aus, dass sich daraus, dass bei einer Nachzahlung von Grundsicherungsleistungen, die grds. nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XII nicht zum Einkommen im Sinne des SGB XII gehört, auch das Vermögen, das aus der Nachzahlung stammt, generell nicht einzusetzen ist oder generell eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 SGB XII darstellt (vgl. auch OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.08.2013, - 4 PA 184/13 -, juris). Denn für den Einsatz des Vermögens nach § 90 SGB XII ist dessen Herkunft grundsätzlich unerheblich (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. 4. 2020 - B 8 SO 12/18 R, juris, Rn 17; Mecke in jurisPK-SGB XII, Stand: 01.08.2022, § 90 Rn 114; Giere in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 2020, § 90 Rn. 71; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 15.09.2021 - XII ZB 307/21, juris, Rn 14). Dies gilt umso mehr, wenn wie hier zwischen der Gutschrift einer Nachzahlung einer Sozialleistung und dem streitigen Zeitraum für eine (andere) Sozialleistung ein längerer Zeitraum (Gutschrift der Nachzahlung hier am 11.05.2020 und Beginn des streitigen Zeitraumes 01.07.2021) vergangen ist, in dem der Hilfesuchende eventuell aufgelaufene Zahlungen/ Investitionen nachholen konnte. Denn dann ist dieser nach Überzeugung des Senats nicht anders als derjenige zu behandeln, der aus den (rechtzeitig) laufend gewährten Leistungen einen gewissen Anteil ansparen konnte. Und hierfür ist anerkannt, dass grundsätzlich aus der Einsatzfreiheit einer Sozialleistung als Einkommen noch nicht geschlossen werden kann, dass die Verwertung des durch das bloße Ansparen aufgrund Konsumverzichts gebildeten Vermögens eine Härte darstellt (vgl. Giere in Grube/Wahrendorf/Flint a.a.O). Dass aus den Sozialhilfeleistungen Geld für unregelmäßige Bedarfe zurückgelegt werden kann, die mit der Sozialhilfe pauschal abgegolten sind, ist bereits durch § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII berücksichtigt. Gleiches gilt für Beträge, die aus zuvor bezogenen Mitteln der Grundsicherung oder bezogenen Arbeitsentgelt angespart worden sind. Auch diese dienen der Sicherung des laufenden Lebensunterhalts, so dass daraus entstandene Geldsummen - wie auch aus Arbeitsentgelt angesparte Beträge - als Vermögen einzusetzen sind (vgl. Prof. Dr. Guido Kirchhoff in: Hauck/Noftz SGB XII, § 90 Einzusetzendes Vermögen, Rn. 168; LSG Hamburg, Urteil vom 30.03.2017 - L 4 SO 40/16, juris, Rn 18).
Nach alledem war Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Es liegt keine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Die Frage unter welchen Gesichtspunkten eine der Verwertung des Vermögens entgegenstehende besondere Härte nach § 90 Abs. 3 SGB XII vorliegt ist vielmehr unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.