Wird in einem Lohnsteuerprüfbericht bzw. Lohnsteuerhaftungsbescheid der Finanzverwaltung die fehlende Versteuerung von Entgeltbestandteilen festgestellt, so indiziert dies das Vorliegen zumindest eines bedingten Vorsatzes hinsichtlich der Vorenthaltung von Beiträgen zur Sozialversicherung.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. August 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre Kosten auf sich behalten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen für die Kalenderjahre 2011 bis 2013.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das Verputz- und Malerarbeiten durchführt und zusätzlich im Bereich der Industriebodenbeschichtung, der Betoninstandsetzung, im Trocken- und Gerüstbau sowie im Hebebühnenverleih tätig ist.
Am 23. Oktober 2014 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (Prüfzeitraum 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013) gemäß § 28p Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch und setzte mit (bestandskräftigem) Bescheid vom 12. November 2014 (Bl. 1 d. Verwaltungsakte) eine Nachforderung in Höhe von 1.654,43 EUR fest. In der Nachforderung waren u.a. Beiträge für eine Privatnutzung des Firmenfahrzeugs durch den Beigeladenen zu 1 im Zeitraum von Januar bis September 2010 enthalten. Auf Seite 5 des Bescheids wies die Beklagte unter der Überschrift „Lohnsteuerprüfbericht“ darauf hin, dass im Zeitpunkt der Betriebsprüfung der Bericht über die letzte Lohnsteueraußenprüfung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt noch nicht vorgelegen habe. Es werde gebeten, die Prüfberichte/Bescheide über diese Prüfungen unmittelbar nach dem Eingang sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. Eventuell nachzuzahlende Beträge seien bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Monats, der der Bestandskraft der Entscheidung der Finanzverwaltung folge, an die zuständige Einzugsstelle zu zahlen. Bei Fragen hinsichtlich der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung werde gebeten, sich mit der zuständigen Einzugsstelle in Verbindung zu setzen. Sofern keine Auswertung erfolge, werde darauf hingewiesen, dass ggf. Säumniszuschläge fällig würden.
Nach abgeschlossener Lohnsteueraußenprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 erließ das Finanzamt T. den Haftungsbescheid vom 20. August 2015 (Bl. 2 d. Verwaltungsakte), in dem u.a. die Versteuerung der privaten Nutzung firmeneigener Fahrzeuge durch die Beigeladenen zu 1 bis 3 beanstandet und eine Nachforderung festgesetzt wurde. Die Prüfungsfeststellungen wurden am 31. Juli 2015 mit einem Rechtsanwalt der Klägerbevollmächtigten besprochen.
Im Oktober 2018 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV für den Prüfzeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017 durch. Nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2018 (Bl. 14 d. Verwaltungsakte) und mit Schreiben vom 21. November 2018 (Bl. 26 d. Verwaltungsakte) forderte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Januar 2019 (Bl. 3 d. WS-Akte) Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen in Höhe von insgesamt 31.689,89 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 7.156 EUR nach. Hierin war eine Nachforderung für eine private Kfz-Nutzung durch die Beigeladenen zu 1 bis 3 in den Jahren 2010 bis 2013 in Höhe von insgesamt 10.586,34 EUR enthalten. Im Übrigen betraf die Nachforderung diverse beitragsrelevante Sachverhalte aus den Kalenderjahren 2014 bis 2017. Zur Begründung führte die Beklagte u.a. aus, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung richte sich gemäß §§ 14, 17 SGB IV i.V.m. § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) grundsätzlich nach dem Steuerrecht. Der Bericht über das Ergebnis der letzten Lohnsteuerprüfung durch das zuständige Betriebsstättenfinanzamt sei nicht ausgewertet worden. Aufgrund des Lohnsteuerhaftungsbescheides bzw. des Prüfberichts vom 20. August 2018 ergäben sich beitragsrechtliche Konsequenzen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 8. Februar 2019 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass die Nachforderung für die Beitragsjahre 2010 bis 2013 verjährt sei. Da die Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten worden seien, gelte die regelmäßige und nicht die dreißigjährige Verjährungsfrist. Zwar habe die Klägerin versäumt, den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 20. August 2015 vorzulegen. Im betreffenden Zeitraum sei die geschiedene und inzwischen verstorbene Ehefrau des Firmeninhabers U. (nachfolgend U.) für die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Belange zuständig gewesen und habe ihre Aufgaben stets sorgfältig und gewissenhaft erfüllt. Aufgrund einer schweren Erkrankung sei sie aber immer wieder büroabwesend gewesen. Der Haftungsbescheid vom 20. August 2015 sei möglicherweise in ihrer Abwesenheit durch die Bürokräfte versehentlich abgeheftet worden. Zudem sei es in der Vergangenheit noch nicht vorgekommen, dass ein Lohnsteuerhaftungsbescheid nach einer abgeschlossenen Betriebsprüfung ergangen und somit nachträglich auszuwerten gewesen sei. Die private Kfz-Nutzung durch den Beigeladenen zu 1 im Jahre 2010 sei außerdem bereits Gegenstand einer Betriebsprüfung gewesen, sodass die diesbezüglichen Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung nicht mehr zu berücksichtigen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2019 (Bl. 113 d. Widerspruchsakte) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Für die Verjährungsfrist sei nicht § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, sondern § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV maßgeblich. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) reiche es für die Annahme der dreißigjährigen Verjährung aus, wenn der Zahlungspflichtige die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten habe, er seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen habe. Es sei davon auszugehen, dass U. für ihre Aufgaben entsprechend geschult gewesen sei. Zudem sei im letzten Prüfbescheid der Beklagten vom 12. November 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der finanzamtliche Prüfbericht noch nicht vorgelegen habe und noch auszuwerten sei. Die dreißigjährige Verjährungsfrist gelte für alle Beiträge, die zum Zeitpunkt der Zustellung des Lohnsteuerprüfungsbescheides noch nicht verjährt gewesen seien.
Am 3. Juni 2019 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben und die Nachforderung für die Kalenderjahre 2010 bis 2013 in Höhe von 10.586,34 Euro sowie die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 7.092,50 Euro beanstandet. Die Nachforderung für die Jahre 2010 bis 2013 sei verjährt. Es gelte die regelmäßige Verjährungsfrist. U. sei gelernte Krankenschwester gewesen, die in das Wesen der Lohn- und Gehaltsabrechnung im klägerischen Betrieb eingearbeitet gewesen sei, um die monatlichen Abrechnungen eigenständig erstellen zu können. Fundierte sozialversicherungsrechtliche Kenntnisse könne man ihr nicht unterstellen. Sie habe seit 2007 bis zu ihrem Tode im Jahre 2017 an einer progredienten neurologischen Erkrankung gelitten, die längere krankheitsbedingte Abwesenheitszeiten zur Folge gehabt habe. Auch an der Betriebsprüfung im Jahre 2014 habe U. krankheitsbedingt nicht mitwirken können. Die Betreuung des Prüfers sowie die Bereitstellung der erforderlichen Unterlagen sei während der Prüfung u.a. durch A. (im Nachfolgenden A.) erfolgt, die im betreffenden Zeitraum als Bürohilfe bei der Klägerin tätig gewesen sei. Im weiteren Verlauf sei es aus ungeklärter Ursache versäumt worden, den Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 20. August 2015 auszuwerten und der Beklagten vorzulegen. Diesem Bescheid sei auch nicht zu entnehmen, dass im Hinblick auf Sozialversicherungsbeiträge ein unaufgefordertes Tätigwerden erforderlich gewesen sei. Unter Berücksichtigung aller Umstände sei ein bedingter Vorsatz nicht feststellbar. Die Kfz-Nutzung durch den Beigeladenen zu 1 im Jahre 2010 sei zudem bereits Gegenstand der vorherigen Betriebsprüfung gewesen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte eine Beitragsfestsetzung schuldhaft unterlassen habe. Der zu erwartende Lohnsteuerprüfbericht sei der Beklagten offenbar bereits bei Erlass ihres Bescheides vom 12. November 2014 bekannt gewesen, weshalb es ihr oblegen habe, verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen.
In der mündlichen Verhandlung vom 4. August 2020 hat die Beklagte in Bezug auf die Beitragsnachforderung für das Jahr 2010 in Höhe von 3.962,40 EUR und die darauf entfallenden Säumniszuschläge ein Teilanerkenntnis abgegeben. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Mit Urteil vom 4. August 2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne für die noch streitigen Kalenderjahre 2011 bis 2013 nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben. Zur Überzeugung der Kammer stehe fest, dass zumindest von einem bedingten Vorsatz der verantwortlichen Personen der Klägerin auszugehen sei. In Streit stehe die Verbeitragung eines verbreiteten geldwerten Vorteils, nämlich einer privaten Nutzung von betriebseigenen Fahrzeugen, dessen Steuer- und Beitragspflicht im Allgemeinen bekannt sei. Bereits dieser Umstand lege einen mindestens bedingten Vorsatz nahe. Hinzu komme, dass die Beitragspflicht der privaten Kfz-Nutzung im konkreten Fall der Klägerin Gegenstand von mindestens zwei vorangegangenen Betriebsprüfungen gewesen sei. Sowohl bei der Betriebsprüfung von 2010 als auch bei der Betriebsprüfung von 2014 seien Beiträge für diesen Sachverhalt nachgefordert worden. Die der steuerlichen Behandlung folgende Beitragspflicht privater Kfz-Nutzung müsse nicht nur U., sondern auch der weiteren Bürokraft A. bekannt gewesen sein, die offenbar an der Betriebsprüfung von 2014 als verantwortliche Person beteiligt gewesen sei. Auch an dem Geschäftsführer und Betriebsinhaber der Klägerin werde der wiederholte Sachverhalt nicht vorbeigegangen sein, zumal auch schon die früheren Steuer- und Beitragsnachforderungen u.a. seinen Sohn betroffen hätten und nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass sie auch im familiären Rahmen diskutiert worden seien. In dem Bescheid aus vorangegangener Betriebsprüfung vom 12. November 2014 werde zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung noch nicht vorliegende Lohnsteuerhaftungsbescheid nach Erhalt sozialversicherungsrechtlich ausgewertet werden müsse. Im Übrigen liege ein Organisationsverschulden vor. Der Geschäftsführer der Klägerin hätte die häufige Arbeitsunfähigkeit der U., die nach seinem eigenen Vortrag die im Betrieb anfallenden Formalitäten übernommen und ihn nur „über die wichtigen Sachen" informiert habe, zum Anlass nehmen müssen, die Organisationsstruktur anzupassen, sodass rechtlich relevante Informationen aufgenommen und intern weitergeleitet werden könnten. Weiter sei zu beachten, dass der Haftungsbescheid vom 20. August 2015 den Steuerberatern der Klägerin vorgelegen habe. Die bei den Steuerberatern zweifellos vorliegende Kenntnis von der Parallelität der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der privaten Kfz-Nutzung müsse sich die Klägerin analog § 278 BGB zurechnen lassen.
Mit Bescheid vom 30. September 2020 hat die Beklagte in Ausführung des Teilanerkenntnisses vom 4. August 2020 die Nachforderung in Höhe von insgesamt 26.135,49 EUR festgesetzt, wovon 6.623,94 EUR auf Nachforderungen für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2013 sowie 5.564 EUR auf Säumniszuschläge entfielen.
Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 19. August 2020 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 9 September 2020 bei dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegten Berufung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren. Ergänzend trägt sie vor, die U. habe sich aufgrund ihrer Erkrankung nur noch in geringem Umfang ihren (bis dahin) gewohnten Bürotätigkeiten gewidmet. Lediglich vereinzelte Tätigkeiten, darunter die Erstellung der Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Klägerin (zeitlicher Umfang: etwa ein Tag monatlich), hätten noch zu ihrem Aufgabenbereich gehört. Um einen reibungslosen Büroablauf zu gewährleisten und um die zuvor von U. übernommenen Aufgaben verteilen zu können, habe die Klägerin im betreffenden Zeitraum zusätzliche Bürokräfte angestellt, darunter auch die (nicht mit dem Geschäftsführer der Klägerin verwandte) A., welche die Betreuung der Betriebsprüfung übernommen habe. Soweit sich das SG mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob durch U. der Lohnsteuerhaftungsbescheid vom 20. August 2015 „verpasst" worden sein könnte, liege eine unzutreffende Würdigung des klägerischen Vortrags vor. U. habe krankheitsbedingt an der sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfung des Jahres 2014 nicht teilnehmen können. Es stehe zu befürchten, dass ihr der im Bescheid vom 12. November 2014 enthaltene Hinweis nicht zur Kenntnis gelangt sei, wonach eine Auswertung des ausstehenden Lohnsteuerprüfberichts erbeten worden sei. Ein versehentliches Abheften des Bescheides durch eine der Bürokräfte nach Abschluss des Betriebsprüfungsverfahrens hätte zur Folge gehabt, dass U. über ein erforderliches Tätigwerden im Nachgang zur Prüfung in Unkenntnis gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei insbesondere anzumerken, dass es im Betrieb der Klägerin in der jüngeren Vergangenheit noch nicht vorgekommen sei, dass ein Lohnsteuerhaftungsbescheid erst nach Abschluss des sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungsverfahrens vorgelegen habe. Auch soweit das SG davon ausgehe, dass ein Organisationsverschulden des Geschäftsführers der Klägerin vorliege, werde die Entscheidung nicht durch hierfür erforderliche tatsächliche Feststellungen getragen. Den Ausführungen des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung sei klar zu entnehmen gewesen, dass dem krankheitsbedingten Ausfall von U. durch die Einstellung weiteren Personals entgegengewirkt worden sei. Mangels Entscheidungserheblichkeit könne dahinstehen, inwiefern eine vom SG unterstellte Kenntnis der Beitragsrelevanz des Steuerberaters bzw. Jahresabschlussbearbeiters der Klägerin auch ohne entsprechendes Mandat zuzurechnen sei. Die stattdessen gegebenenfalls relevanten Kenntnisse des Jahresabschlussbearbeiters im Verfahrensrecht der Betriebsprüfung hätte jedenfalls einer Negativfeststellung bedurft. Nach alledem greife, soweit der Beitragsnachforderung nicht bereits die materielle Bindungswirkung des Bescheides vom 12. November 2014 entgegenstehe, für die Beitragsjahre 2011 bis 2013 die erhobene Einrede der Verjährung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 4. August 2020 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2019 und des Ausführungsbescheides vom 30. September 2020 insoweit aufzuheben, als für die Kalenderjahre 2011 bis 2013 Beitragsnachforderungen nebst Säumniszuschlägen festgesetzt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und dem ersten Rechtszug wiederholt und vertieft.
Mit Beschluss vom 8. August 2022 hat der Senat die betroffenen Mitarbeiter der Klägerin, die Beigeladenen zu 1 bis 3, zu dem Verfahren gemäß § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) notwendig beigeladen. Die Beigeladenen haben sich in der Sache nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG, da über eine Beitragsnachforderung von 6.623,94 EUR gestritten wird, so dass der Beschwerdewert von 750,00 EUR (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.
2. Die Berufung der Klägerin ist indes unbegründet.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist – neben der erstinstanzlichen Entscheidung – der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Mai 2019 (§ 95 SGG) in der Gestalt des Ausführungsbescheides vom 30. September 2020, mit welchem die Beklagte nach der Abgabe des Teilanerkenntnisses in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 4. August 2020 (noch) Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 6.623,94 EUR für die Kalenderjahre 2011 bis 2013 sowie hierauf festgesetzte Säumniszuschläge fordert und der gemäß § 96 Abs. 1 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist. Hiergegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der Anfechtungsklage.
Das SG hat die Klage jedoch zutreffend abgewiesen. Der Bescheid vom 9. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Mai 2019 in der Gestalt des Ausführungsbescheides vom 30. September 2020 ist, soweit er angefochten ist, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).
Der Bescheid vom 9. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 2. Mai 2019 in der Gestalt des Ausführungsbescheides vom 30. September 2020 ist zunächst formell rechtmäßig. Insbesondere hat die Beklagte die nach § 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erforderliche Anhörung mit Anhörungsschreiben vom 16. Oktober 2018 und vom 21. November 2018 durchgeführt.
Die streitgegenständlichen Bescheide sind auch in materieller Hinsicht nicht zu beanstanden, soweit darin Beiträge für die Jahre 2011 bis 2013 sowie hierauf entfallende Säumniszuschläge festgesetzt worden sind.
Nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken‑, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV); insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Mit § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht. § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz stellt die Umlagen zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2019 – B 12 R 9/18 R – juris Rdnr. 12).
In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung das Arbeitsentgelt zugrunde gelegt (§ 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 162 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI], § 342 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Der gesetzlich nicht definierte Begriff der Einnahmen umfasst jeden geldwerten Vorteil (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 10/02 R – juris Rdnr. 29), der dem Versicherten in ursächlichem Zusammenhang mit einer Beschäftigung zufließt (BSG, Urteil vom 26. April 2018 – B 5 R 26/16 R – juris Rdnr. 22 m.w.N.). Hierzu gehören die Gegenleistungen des Arbeitgebers für die erbrachte Arbeitsleistung des Beschäftigten (BSG, Urteil vom 7. März 2007 – B 12 KR 4/06 R – juris Rdnr. 15 m.w.N.). Darunter fallen in erster Linie der tarif- oder einzelvertraglich vereinbarte Bruttoverdienst (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 2004 – B 12 KR 7/04 R – juris Rdnr. 19), aber auch Sachbezüge (vgl. BT-Drucks 7/4122 S. 32), also Sachgüter in Geldeswert (BSG, Urteil vom 23. Februar 2021 – B 12 R 21/18 R – juris Rdnr. 11).
Die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung stellt (unstreitig) einen solchen Sachbezug dar. Seine beitragsrechtliche Bewertung richtet sich nach den Bestimmungen der auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 3 und 4 SGB IV erlassenen Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (Sozialversicherungsentgeltverordnung – SvEV). Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ist dabei eine möglichst weitgehende Übereinstimmung mit den Regelungen des Steuerrechts sicherzustellen. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, stellt die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung einen sonstigen Sachbezug im Sinne des § 3 SvEV dar, der nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 des Einkommenssteuergesetzes (EStG) zu bewerten ist. Den Beigeladenen wurden nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Beklagten und des Finanzamtes T. betriebseigene Fahrzeuge zur privaten Nutzung überlassen. Der sich hieraus ergebende geldwerte Vorteil unterliegt als Arbeitsentgelt der Sozialversicherungspflicht. Auch der Höhe nach sind die Beiträge, die die Beklagte unter Zugrundelegung des finanzamtlichen Haftungsbescheides festgesetzt hat, nicht zu beanstanden.
Anders als die Klägerin meint, steht der Beitragsnachforderung, soweit sie die private KFZ-Nutzung durch den Beigeladenen zu 1 in den Jahren 2011 bis 2013 betrifft, nicht die Bestandskraft des bereits ergangenen Bescheides vom 12. November 2014 entgegen.
Zwar kommt nach einer Betriebsprüfung ergangenen Verwaltungsakten eine materielle Bindungswirkung insoweit zu, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht und Beitragshöhe personenbezogen für bestimmte Zeiträume festgestellt worden sind (stRspr. des BSG, vgl. nur BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R – juris Rdnr. 29 ff.; BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 R 7/20 R – juris Rdnr. 13). Die materielle Bindungswirkung besteht allerdings nur insoweit, als der aus der vorangegangenen Betriebsprüfung resultierende Verwaltungsakt und der aus der nachfolgenden Betriebsprüfung resultierende Verwaltungsakt eine Personen- und Zeitraumidentität aufweisen (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R – juris Rdnr. 18; BSG, Urteil vom 18. Oktober 2022 – B 12 R 7/20 R – juris Rdnr. 16).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe steht der erneuten Beitragsfestsetzung hinsichtlich des Beigeladenen zu 1 für die Zeit ab Januar 2011 nicht die Bestandskraft des bereits ergangenen Bescheides vom 12. November 2014 entgegen. Nach dem für die Auslegung von Verwaltungsakten maßgebenden objektiven Empfängerhorizont (BSG, Urteil vom 29. März 2022 – B 12 R 2/20 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 29. Juni 2021 – B 12 KR 2/20 R – juris Rdnr. 28 m.w.N.) regelt dieser Bescheid abschließend die konkrete Beitragspflicht und -höhe für den Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 1. Januar 2010 bis 1. September 2010. Eine darüber hinausgehende Regelung dergestalt, dass für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 hinsichtlich des Beigeladenen zu 1 im Übrigen „alles in Ordnung“ sei und kein (weiterer) Beitragsanspruch besteht, enthält der Bescheid vom 12. November 2014 nicht.
Bezüglich der Beigeladenen zu 2 und 3 ist in dem Bescheid vom 12. November 2014 bereits keine personenbezogene Feststellung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht erfolgt.
Anhaltspunkte dafür, dass die Höhe der Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge zum Nachteil der Klägerin falsch berechnet worden sein sollte, sind nicht erkennbar. Diesbezüglich hat die Klägerin weder im Verwaltungs-, noch im Klage- oder Berufungsverfahren etwas vorgetragen. Gleiches gilt für die Höhe der Säumniszuschläge. Weitere Ausführungen erübrigen sich daher.
Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg die Einrede der Verjährung erheben.
Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren (Satz 1) oder, sofern sie vorsätzlich vorenthalten wurden, in 30 Jahren (Satz 2) nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ein solch vorsätzliches Verhalten liegt vor, wenn der Schuldner die Beiträge mit zumindest bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (stRspr des BSG; vgl. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rdnr. 64; BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R – juris Rdnr. 27 m.w.N.). Der Arbeitgeber muss es zumindest für denkbar halten, dass bestimmte Zuwendungen an die Arbeitnehmer dem Grunde nach beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und, sofern noch nicht geschehen, Beiträge und die Umlage zu zahlen sind. Die dreißigjährige Verjährungsfrist ist auch anzuwenden, wenn ein anfänglich gutgläubiger Beitragsschuldner vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist. Ist eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten hat. Bei juristischen Personen kommt es zunächst auf die Kenntnis zumindest eines Mitglieds eines Organs von der Beitragspflicht an. Das Wissen eines vertretungsberechtigten Organmitglieds ist als Wissen des Organs anzusehen und damit auch der juristischen Person zuzurechnen. Darüber hinaus kann jedoch auch die Kenntnis weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen der betroffenen juristischen Person zuzurechnen sein, nämlich dann, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R – juris Rdnr. 64 ff.)
„Kenntnis“ im vorstehend beschriebenen Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Solche den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht kann nach der Rechtsprechung des BSG regelmäßig angenommen werden, wenn etwa Beiträge für verbreitete „Nebenleistungen“ zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder zumindest ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – juris Rdnr. 25). Auf das Wissen des Beitragspflichtigen um die Beitragspflicht, namentlich von Bestandteilen des Arbeitsentgelts seiner Beschäftigten, wie von Sachbezügen, kann zudem regelmäßig dann geschlossen werden, wenn in einem Lohnsteuerprüfbericht bzw. Lohnsteuerhaftungsbescheid der Finanzverwaltung die fehlende Versteuerung dieser Entgeltbestandteile festgestellt worden ist; dies folgt aus der weitgehenden Übereinstimmung zwischen Steuer- und Beitragspflicht von Lohn i.S.d. § 19 EStG bzw. Arbeitsentgelt i.S.d. §§ 14, 17 SGB IV (vgl. dazu näher Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021 [Stand 1. August 2021], § 25 Rdnr. 34; Zieglmeier in BeckOGK, Stand März 2022, § 25 SGB IV Rdnr. 51; LSG B.-W. Urteil vom 14. Dezember 2016 – L 5 R 3187/15 – juris Rdnr. 45; Freudenberg, B+P 2017, 485 [487]).
Um einen für eine die Verjährungsfrist verschiebende Beitragsvorenthaltung erforderlichen Vorsatz bejahen zu können, ist jedoch das Vorliegen des dafür erforderlichen inneren (subjektiven) Tatbestandes festzustellen. Dieser darf regelmäßig nicht pauschal aufgrund allgemeiner rechtlicher Erwägungen unterstellt werden, sondern ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell zu ermitteln (BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R – juris Rdnr. 27).
In Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass zumindest von einem bedingten Vorsatz der für die Klägerin handelnden verantwortlichen Personen auszugehen ist. Die Klägerin kann sich dabei nicht darauf berufen, dass der (damalige) Geschäftsführer und Betriebsinhaber G. B. nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG „den Papierkram“ nicht selbst gemacht und den Lohnsteuerhaftungsbescheid nie gesehen habe. Er hat diesbezüglich nämlich weiter angegeben, dass er Kenntnis von der Prüfung des Finanzamtes und der daraus resultierenden Nachforderung hatte. Schon diese Kenntnis legt einen bedingten Vorsatz nahe, nachdem – worauf auch schon das SG zutreffend hingewiesen hat – Gegenstand der Nachforderung u.a. die Verbeitragung eines verbreiteten geldwerten Vorteils, nämlich einer privaten Nutzung von betriebseigenen Fahrzeugen, u.a. durch den Beigeladenen zu 1, also den Sohn des (damaligen) Geschäftsführers gewesen ist. Für eine Kenntnis, dass Lohnsteuerhaftungsbescheide in aller Regel auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht Konsequenzen haben (vgl. hierzu Zieglmeier in BeckOGK, Stand März 2022, § 25 SGB IV Rdnr. 51, BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R – juris) spricht insbesondere, dass die Problematik der privaten KFZ-Nutzung und die Auswertung der Lohnsteuerhaftungsbescheide bereits Gegenstand der zuvor durchgeführten Betriebsprüfung im Jahr 2010 war. Auch insoweit war eine Nachforderung anhand des Lohnsteuerhaftungsbescheides erfolgt. Dass keine beitragsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheides aus dem Jahr 2015 stattfand, lässt sich nur mit einer bedingten Vorsatz begründenden Haltung erklären, wonach der (damalige) Geschäftsführer hinnahm, dass die beitragsrechtlichen Forderungen unerfüllt blieben.
Auch wenn man aber eine Unkenntnis des (damaligen) Geschäftsführers annehmen wollte, so würde diese Unkenntnis auf dem Fehlen ausreichender organisatorischer Vorkehrungen beruhen (sog. Organisationsverschulden). Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation hat sicherzustellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können. Sie muss es deshalb so einrichten, dass ihre Repräsentanten, die dazu berufen sind, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten. Hieraus folgt die Notwendigkeit eines internen Informationsaustausches. Dazu kann ein Informationsfluss von unten nach oben, aber auch ein horizontaler Austausch erforderlich sein. Die Notwendigkeit eines Informationsaustausches bedingt entsprechende organisatorische Maßnahmen. Jedenfalls dann, wenn es an derartigen organisatorischen Maßnahmen fehlt, muss sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter – auf welcher Ebene auch immer diese angesiedelt sind – zurechnen lassen (BSG, Urteil vom 17. April 2008 – B 13 R 123/07 R – juris Rdnr. 19). Der (damalige) Geschäftsführer hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem SG dargelegt, dass in der streitigen Zeit seine frühere Ehefrau U. für die Abrechnung der Löhne zuständig war. Zu Lebzeiten der U. sei es so gewesen, dass sie den Papierkram selbst gemacht und ihm nur die wichtigen Dinge gezeigt habe. Auch wenn diese während der Betriebsprüfung im Jahr 2014 selbst krankheitsbedingt abwesend gewesen ist, ist der Senat davon überzeugt, dass U. Kenntnis von der Pflicht hatte, den Lohnsteuerhaftungsbescheid sozialversicherungsrechtlich auszuwerten. In dem Bescheid vom 12. November 2014 waren ausdrückliche Hinweise darauf enthalten, dass der zum Zeitpunkt der Betriebsprüfung noch nicht vorliegende Lohnsteuerhaftungsbescheid nach Erhalt sozialversicherungsrechtlich auszuwerten sein werde. Nach Erhalt einer derartigen Information ist der Nachweis des bedingt vorsätzlichen Verhaltens nur schwerlich zu widerlegen (vgl. Segebrecht in jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021 [Stand 1. August 2021], § 25 Rdnr. 34), worauf auch das SG schon zutreffend hingewiesen hat. Zum anderen war die Problematik der privaten KFZ-Nutzung und die Auswertung der Lohnsteuerhaftungsbescheide aber auch bereits Gegenstand der vorangegangenen Betriebsprüfung im Jahr 2010, so dass sich die beitragsrechtliche Konsequenz sowohl U. als auch dem (damaligen) Geschäftsführer der Klägerin aufdrängen musste. Soweit der Gesundheitszustand der U. eine sorgfältige Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht mehr zugelassen hat, wie von der Klägerin vorgetragen, hätte es dem (damaligen) Geschäftsführer oblegen, die Aufgaben an fachkundiges Personal zu übertragen. Bei Wahrnehmung der Aufgaben durch eine Bürohilfskraft wäre eine entsprechende Überwachung sicherzustellen gewesen.
Darüber hinaus waren, anders als vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin dargestellt, sowohl bei der Lohnsteuerprüfung als auch bei der Schlussbesprechung des Finanzamtes am 31. Juli 2015 Mitarbeiter des Steuerberatungsbüros der Klägerin anwesend. Nachdem sich hierbei Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Bewertung der privaten KFZ-Nutzung ergeben haben, hätte sich diesen aufdrängen müssen, dass auch eine beitragsrechtliche Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheides zu erfolgen hat, auch wenn sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen zu diesem Zeitpunkt nicht Gegenstand des Mandats waren.
Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungs-gerichtsordnung (VwGO). Den Beigeladenen waren Kosten nicht zu erstatten, da sie keine Anträge gestellt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.